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1. Petrus Walvoord


1. Petrus (Roger M. Raymer)


EINFÜHRUNG


Der 1. Petrusbrief wurde für Christen geschrieben, die verschiedenen Formen der Verfolgung ausgesetzt waren - Männer und Frauen, deren Einstehen für Jesus sie in der heidnischen Gesellschaft, in der sie lebten, zu Fremden und Ausgestoßenen machte. Petrus ermahnt sie zu standhaftem Ausharren und zu beispielhafter Nachfolge. Die Herzlichkeit des Briefes in Verbindung mit seinen praktischen Anweisungen machen ihn zu einer einzigartigen Quelle der Ermutigung für alle Gläubigen, die ein Leben im Konflikt mit ihrem kulturellen Umfeld führen müssen.



Verfasserfrage


Der Verfasser des Briefes wird im ersten Vers eindeutig als "Petrus, ein Apostel Jesu Christi", identifiziert. Sein eigentlicher Name war Simon, doch Jesus hatte ihm den Beinamen Kephas (aramäisch: "Stein" oder "Felsen"; Joh 1,42 ) gegeben, der ins Griechische übertragen " petros " lautet. Nach Jesu Worten entsprach dieser neue Name der späteren Funktion Simons in der Urkirche. Interessanterweise ist er die einzige Gestalt im Neuen Testament, die den Namen "Petrus" trägt.

Lange Zeit waren die Authentizität des 1. Petrusbriefes und seine apostolische Verfasserschaft unbestritten. In der neueren Forschung wurde dann jedoch der Einwand laut, daß Petrus von den jüdischen Theologen seiner Zeit als "ungelehrt" und "einfach" bezeichnet worden sei ( Apg 4,13 ), während der hervorragende literarische Stil und der gelehrte Wortschatz des 1. Petrusbriefes auf einen Verfasser hindeuten, der ein Meister der griechischen Sprache war. Die Wissenschaftler berufen sich darauf, daß ein so kunstvolles Stück griechischer Literatur unmöglich aus der Feder eines galiläischen Fischers geflossen sein kann.

Doch wenn Petrus auch "ungelehrt" gewesen sein mag und das Griechische nicht seine Muttersprache war, so war er doch keinesfalls ein Durchschnittsmensch. Die jüdischen Schriftgelehrten sahen ihn wahrscheinlich lediglich deshalb als ungelehrt an, weil er kein Rabbiner und nicht, weil er tatsächlich ungebildet war. Immerhin berichtet Lukas ( Apg 4,13 ), daß sie von dem Freimut und der Vollmacht der geisterfüllten Persönlichkeit des Apostels tief beeindruckt waren. Das öffentliche Wirken des Apostels währte insgesamt mehr als dreißig Jahre und führte ihn von Jerusalem bis nach Rom. Er lebte und predigte in einer vielsprachigen Welt. Vor diesem Hintergrund ist es mehr als wahrscheinlich, daß er nach so langer Zeit auch die Sprache der Mehrheit der Gemeinden, denen er das Wort Gottes brachte, beherrschte.

Petrus hatte sicherlich Zeit und Talent genug, um seine rhetorischen Fähigkeiten als Verkünder des Evangeliums auch in griechischer Sprache zu vervollkommnen. Der Stil und der Metapherngebrauch im 1. Petrusbrief aber könnten genausogut von einem gewandten Redner wie von einem literarisch gebildeten Gelehrten stammen.

Allen weiteren Zweifeln an der Verfasserschaft des Apostels, die an linguistischen Aspekten ansetzen, ist darüber hinaus entgegenzuhalten, daß Petrus offensichtlich häufig einen Sekretär beschäftigte ( 1Pet 5,12 ). Dieser Sekretär aber - Silvanus, ein Judenchrist aus Jerusalem - besaß das römische Bürgerrecht ( Apg 16,36-37 ) undkönnte also durchaus des Griechischen in besonderem Maße mächtig gewesen sein. Ob Silvanus Petrus nun bei der Ausarbeitung stilistischer Feinheiten behilflich war oder nicht, ist letztlich ohnehin zweitrangig. Der Inhalt des Briefes bleibt die persönliche Botschaft des Apostels, die den Stempel seiner Autorität trägt.

Dabei fallen vor allem die Parallelen zwischen dem vorliegenden Brief und den Predigten des Petrus, die in der Apostelgeschichte aufgezeichnet sind, ins Auge (vgl. 1Pet 1,20 mit Apg 2,23 und 1Pet 4,5 mit Apg 10,42 ). Eines der verblüffendsten Beispiele ist die Ähnlichkeit zwischen 1Pet 2,7-8 und Apg 4,10-11 .In beiden Passagen wird Ps 118,22 zitiert und auf Christus bezogen. Es ist faszinierend zu denken, daß Petrus persönlich dabei war, als Christus selbst diese Stelle aus dem Alten Testament mit seiner Verwerfung durch die jüdischen Religionsführer in Verbindung brachte ( Mt 21,42 ).

Eine weitere Anspielung auf das Wirken Jesu, die ebenfalls für die Verfasserschaft des Petrus spricht, ist die Weisung an die Ältesten in 1Pet 5,2 : "Weidet die Herde Gottes." Die einzige andere Stelle im Neuen Testament, an der diese Wendung in derselben Form gebraucht wird, ist Joh 21,16 ,wo Jesus Petrus diesen Auftrag erteilt. Auch an verschiedenen anderen Punkten läßt der Verfasser des Briefes durchblicken, daß er ein Augenzeuge des irdischen Wirkens Christi war ( 1Pet 1,8;2,23;5,1 ).

Der 1. Petrusbrief übte großen Einfluß auf die frühchristliche Literatur aus. Die Briefe des Polykarp, des Clemens und des Irenäus, um nur einige wenige zu nennen, beweisen deutlich, daß die frühe Kirche die Authentizität des 1. Petrusbriefes nie in Frage stellte. Der Inhalt des Briefes und das Zeugnis der Kirchengeschichte unterstützen also die einfache Feststellung von Vers 1 : Der Brief stammt in der Tat von Petrus, einem "Apostel Jesu Christi".



Datierung


Petrus schrieb seinen Brief offenbar kurz vor oder nach dem Beginn der neronischen Christenverfolgung im Jahre 64 n. Chr. Da der Verfasser die öffentlichen Organe (deren Aufgabe es ist, jene, die recht handeln, zu loben und die, die unrecht tun, zu bestrafen; 1Pet 2,13-14 ) noch als in ihrer Funktion intakt beschreibt, glauben manche Wissenschaftler, daß die Kirche es zum Zeitpunkt der Abfassung des Briefes noch nicht mit einer organisierten römischen Verfolgungskampagne zu tun hatte. Anscheinend waren noch keine besonderen Gesetze gegen die Christen erlassen worden, so daß es den Lesern des Briefes noch möglich war, "den König zu ehren" ( 1Pet 2,17 ). Die Anfeindungen und Leiden, auf die Petrus sich in seinem Schreiben bezieht, waren insgesamt eher sozialer und religiöser als rechtlicher Art. Eine feindselige heidnische Umwelt war immer leicht bereit, jene, deren Leben sich durch ihren Glauben an Christus radikal verändert hatte, zu verleumden, zu verlachen, sie zu diskriminieren oder ihnen sogar materiellen und physischen Schaden zuzufügen.

Aus dem Brief geht jedoch auch hervor, daß eine massivere Verfolgung zu befürchten stand. Petrus versichert seine Leser ( 1Pet 1,6 ), daß sie sich später freuen werden können, auch wenn "ihr jetzt eine kleine Zeit, wenn es sein soll, traurig seid in mancherlei Anfechtungen". Er ermahnt sie, bereit und nüchtern zu sein ( 1Pet 1,13 ) und, wenn es nötig ist, nach Gottes Willen zu leiden ( 1Pet 4,19 ). Vielleicht hatte die schwere Verfolgung unter Nero in Rom also doch bereits begonnen und griff nun langsam auf die Provinzen über, an die Petrus schrieb. In diesem Fall wäre der Brief spät im Jahr 64 bzw. zu Beginn des Jahres 65 n. Chr. entstanden.

Die Annahme, daß die Verfolgungen in Rom schon eingesetzt hatten, würde auch erklären, warum Petrus seinen Aufenthaltsort so rätselhaft mit "Babylon" ( 1Pet 5,13 ) angibt. Wir wissen, daß der Apostel sich in den letzten zehn Jahren seines Lebens in Rom aufgehalten hat. Sein Märtyrertod wird um das Jahr 67 n. Chr. angesetzt. Zur Zeit der Entstehung des 1. Petrusbriefes stand er nicht unter römischem Arrest und wollte offenbar seinen wahren Aufenthaltsort nicht nennen. (Es gibt allerdings auch die These, daß Petrus sich tatsächlich in der Stadt Babylon aufgehalten habe, wo eine blühende jüdische Gemeinde existierte.)




Adressaten


Der 1. Petrusbrief ist an die Christen gerichtet, die verstreut in den fünf römischen Provinzen der Halbinsel von Kleinasien, im Gebiet der heutigen nördlichen Türkei, lebten. Die Gemeinden in diesen Provinzen setzten sich aus ehemaligen Juden und Heiden zusammen. Der Brief ist denn auch voll von Anspielungen und Zitaten aus dem Alten Testament. Für die Judenchristen muß außerdem das Wort diasporas , "zerstreut", das im einleitenden Grußwort auftaucht, einen besonderen Klang gehabt haben, denn mit diesem Begriff wurden schon immer Juden, die außerhalb von Jerusalem lebten, bezeichnet.

Die heidnischen Leser dagegen haben sich wohl angesichts ihrer früheren völligen Ahnungslosigkeit in bezug auf Gottes Wort besonders von der Mahnung des Apostels zu einem heiligen Lebenswandel angesprochen gefühlt ( 1Pet 1,14 ). Es muß ihnen Mut gemacht haben, daß sie, auch wenn sie einst unwissend waren, nun zu "Gottes Volk" gerechnet werden ( 1Pet 2,10 ). Petrus berücksichtigte in seinem seelsorgerlichen Brief an die Gemeinden in Kleinasien also offensichtlich bewußt sowohl Juden- als auch Heidenchristen.




Zweck des Briefes


Der Brief liest sich wie ein Handbuch für Botschafter in einem fremden, feindlichen Land. In der Erwartung unmittelbar bevorstehender Verfolgungen versieht der Verfasser seine Boten mit genauen Verhaltensmaßregeln, damit sie für den, den sie vertreten, Ehre einlegen können. Der Zweck des 1. Petrusbriefes war es also, den Christen im Angesicht der Verfolgung Mut zuzusprechen, damit die wahre Gnade Jesu Christi an ihnen sichtbar würde ( 1Pet 5,12 ).

Die Theologie des 1. Petrusbriefes konzentriert sich auf Trost und Ermahnung für die Gläubigen in ihren täglichen Nöten. Petrus verbindet dabei die christliche Lehre in sehr konkreter Weise mit der Praxis. Daß sie neu geboren sind, gibt den Christen inmitten von Verfolgungen eine lebendige Hoffnung. Sie müssen sich eine neue Lebensführung zu eigen machen, weil auch Christus zu Unrecht gelitten hat. Um in einer ungläubigen und feindseligen Welt zu einem Zeugnis der Gnade Gottes zu werden ist es außerdem nötig, ein ganz neues Verhalten zu zeigen. Und schließlich lasten neue Verantwortungen auf den Gemeindeleitern und -gliedern des Leibes Christi: Sie sollen der anbrandenden Flut der Verfolgung als lebende Mauer standhalten.

Die Leser des 1. Petrusbriefes werden dazu ermutigt, die Augen von ihren gegenwärtigen Problemen und Anfechtungen zu erheben und den Blick auf ihre Zukunft in der Ewigkeit zu richten. Denn wenn die Gläubigen jetzt auch für eine Zeitlang leiden, so erwartet sie doch ein unvergängliches und unzerstörbares Erbe.




GLIEDERUNG


I. Grußformel ( 1,1-2 )

     A. Identifikation des Verfassers ( 1,1 a)
     B. Identifikation der Adressaten ( 1,1 b. 2 )

II. Erwählung zur Wiedergeburt ( 1,3-2,10 )

     A. Die lebendige Hoffnung der Wiedergeburt ( 1,3-12 )
          1. Das zukünfige Erbe ( 1,3-5 )
          2. Die gegenwärtige Freude ( 1,6-9 )
          3. Die vergangene Erlösung ( 1,10-12 )

     B. Die Heiligung durch die Weidergeburt ( 1,13-2,10 )
          1. Die Vorbereitung ( 1,13-16 )
          2. Der Preis ( 1,17-21 )
          3. Die Reinigung ( 1,22-2,3 )
          4. Die Praxis ( 2,4-10 )

III. Aufforderung zu neuem Verhalten ( 2,11-3,7 )

     A. Das neue Verhalten vor der Welt ( 2,11-25 )
          1. Christlicher Lebenswandel als Zeuge ( 2,11-12 )
          2. Christlicher Lebenswandel als Staatsbürger ( 2,13-17 )
          3. Christlicher Lebenswandel als Sklave ( 2,18-25 )

     B. Das neue Verhalten in der Familie ( 3,1-7 )
          1. Christlicher Lebenswandel als Ehefrau ( 3,1-6 )
          2. Christlicher Lebenswandel als Ehemann ( 3,7 )

IV. Warnung vor neuer Verfogung ( 3,8-4,19 )

     A. Die Überwindung von Ungerechtigkeit ( 3,8-22 )
          1. Ein barmherziger Lebenswandel ( 3,8-12 )
          2. Ein gutes Gewissen ( 3,13-22 )

     B. Das Ertragen von Leiben ( Kap.4 )
          1. Christliche Haltung ( 4,1-6 )
          2. Christlicher Dienst ( 4,7-11 )
          3. Christlicher Glaube ( 4,12-19 )

V. Beauftragung mit neuer Verantwortung ( 5,1-11 )

     A. Das Hirtenamt der Ä ltesen ( 5,1-4 )
     B. Die Unterordnung der Jüngeren ( 5,5-7 )
     C. Die Standhaftigkeit aller Gläubigen ( 5,8-11 )

VI. Schluß ( 5,12-14 )


 

AUSLEGUNG


I. Grußformel
( 1,1-2 )


Der einleitende Gruß des 1. Petrusbriefes orientiert sich an der gebräuchlichen Grußformel der Briefschreiber des 1. Jahrhunderts, mit der auch die Briefe des Apostels Paulus beginnen und in der jeweils zunächst der Verfasser und die Adressaten des Briefes genannt werden.



A. Identifikation des Verfassers
( 1,1 a)


1Pet 1,1 a


Petrus ist die griechische Übersetzung des aramäischen Wortes "Kephas", jenes Beinamens, den Jesus Simon gab, als er ihn zum Jünger berief ( Joh 1,42 ). Keine andere Persönlichkeit aus der Zeit des Neuen Testaments konnte sich als Petrus, ein Apostel Jesu Christi , ausweisen. Diese selbstbewußte Inanspruchnahme apostolischer Autorität wird sowohl durch interne Belege im Text als auch durch die frühzeitige und allgemeine Anerkennung des Briefes als Teil des Schriftenkanons gestützt.




B. Identifikation der Adressaten
( 1,1 b - 2 )


1Pet 1,1-2 (1Pet 1,1b-2)


Schon in den ersten tröstenden und ermutigenden Worten des Briefes kommt die zutiefst seelsorgerliche Intention des ganzen Schreibens zum Ausdruck. Gott hat die Christen nicht nach den Gesetzen des Zufalls oder nach menschlichem Ermessen zu seinen Auserwählten (vgl. 1Pet 2,9 ) gemacht, sondern nach seiner souveränen, unbedingten Gnadenwahl. Die Erwählung ist Teil seines vorherbestimmten Planes. Sie gründet sich nicht auf das Verdienst derer, die erwählt sind, sondern allein auf die Gnade und Liebe Gottes, die ihnen von Anbeginn der Welt an galten. Es geht dabei um mehr als um ein nur passives Vorausblicken: "ausersehen" (V. 2 ) bedeutet soviel wie "sorgen für", "achten auf". Derselbe Begriff ist in 1Pet 1,20 für Christus gebraucht, der bereits vor der Schöpfung der Welt vom Vater "ausersehen" wurde. Doch der Vater kannte nicht nur die Zukunft seines Sohnes; er kannte ihn selbst ganz und gar. So wie Christus hat Gott auch alle die "ausersehen", auf die er (aus Gnade, nicht wegen ihrer Verdienste) geblickt hat. Einst konnte sich allerdings nur das Volk Israel als "auserwählt" betrachten und diesen Ehrentitel für sich in Anspruch nehmen.

Es ist nicht verwunderlich, daß diejenigen, die von Gott ausersehen wurden, Fremdlinge ( parepidEmois ; das Wort drückt sowohl eine fremde Nationalität als auch das Vorübergehende der weltlichen Zugehörigkeit der Christen aus; vgl. 1Pet 2,11 ) in der Welt sind. Die Christen, deren Heimat im Himmel ist (vgl. Phil 3,20 ), leben als Fremde und Durchreisende in einer heidnischen Gesellschaft. Sie sind gleichsam im Exil, und ihre Gedanken schweifen oft zu ihrer wahren Heimat.

Die Adressaten des 1. Petrusbriefes (wohnen) verstreut ... in Pontus, Galatien, Kappadozien, der Provinz Asien und Bithynien , wie verwehte Salzkörner in fünf der römischen Provinzen von Kleinasien. Der Brief war offensichtlich als Rundschreiben an die Gemeinden in diesem Gebiet gedacht. Für die Judenchristen hatte der Begriff "verstreut" ( diasporas ) eine ganz besondere Bedeutung: "Diaspora" war normalerweise der Ausdruck für Juden, die außerhalb ihres Mutterlandes lebten. Petrus greift dieses Wort, das früher nur für Israel galt, hier auf, um die Situation der Urkirche anschaulich zu machen.

Die Erwählten sind durch die Heiligung des Geistes für den Dienst Gottes ausgesondert, um seine Wahl und seinen Willen zu verwirklichen. Das Resultat des Wirkens des Geistes ist Gehorsam und ... Besprengung mit dem Blut Jesu Christi . "Gehorsam" ( hypakoEn , von hypakouO , "hören auf jemand, Gehör geben") bezeichnet die Pflicht des Menschen, sich dem Wort Gottes zu unterwerfen (vgl. 2Mo 24,7; Röm 1,5; 15,18; 16,26 ). Wer in Gehorsam lebt, ist durch Christi Blut gereinigt und damit von der Welt "abgesondert" (vgl. 1Joh 1,7.9 ). Die "Besprengung mit dem Blut" erinnert an den priesterlichen Dienst in der Stiftshütte im Alten Testament ( 3Mo 7,14; 14,7.16.51; 16,14-15; vgl. Hebr 9,13;12,24 ). Dabei war vorausgesetzt, daß diejenigen, die das Opfer darbrachten, gehorsam waren. Der einzige Anlaß in der Bibel, bei dem auch Menschen "mit Blut besprengt" wurden, war die Stiftung des mosaischen Bundes ( 2Mo 24,8 ).

Mit diesen Worten ( 1Pet 1,2 ) legt Petrus das theologische Fundament für sein seelsorgerliches Schreiben. Gott der Vater hat die Adressaten in seiner Gnade erwählt, und "Gott der Geist" hat sie durch das sühnende Blut "Gottes des Sohnes", Jesu Christi , geheiligt. (Alle drei Personen der Trinität sind in diesem Vers genannt.) Daher grüßt Petrus seine Leser mit dem inständigen Wunsch, daß sie Gottes Gnade (charis) und Frieden ( eirEnE , das griechische Äquivalent des hebräischen SAlNm ; vgl. 1Pet 5,14 ) überreichlich ( viel ) erfahren. Die Formulierung (wörtlich) "Gnade mit euch und Friede im Überfluß" steht auch in 2Pet 1,2 .Die Gnade Gottes war Petrus kostbar; allein in diesem Brief erwähnt er sie zehnmal ( 1Pet 1,2.10.13;2,19-20 [in diesen beiden Versen mit "löblich" zu übersetzen]; 1Pet 3,7;4,10;5,5.10.12 ).




II. Erwählung zur Wiedergeburt
( 1,3 - 2,10 )


Petrus fährt in seiner theologischen Grundlegung zum Thema des Trostes in der Verfolgung fort. Im folgenden Abschnitt liegt das Hauptgewicht seiner Argumentation auf der göttlichen Gnade, die dem Gläubigen zuteil wird. Sie findet ihren Ausdruck in Gottes souveräner Berufung des Christen zum Heil und in den Auswirkungen dieser Berufung auf das Leben des Gläubigen. Inmitten aller Anfechtungen ist die Wiedergeburt die Quelle einer lebendigen Hoffnung und der Anlaß zu einem Leben in Heiligkeit.



A. Die lebendige Hoffnung der Wiedergeburt
( 1,3 - 12 )


Im Rahmen einer Doxologie spricht Petrus seinen Lesern Mut zu und erinnert sie daran, daß sie durch ihre Wiedergeburt die lebendige Hoffnung auf ein unvergängliches zukünftiges Erbe empfangen haben. Dieses Erbe ist ihnen sicher, denn die Gläubigen stehen unter dem Schutz der göttlichen Macht, bis die Zeit kommt, da ihnen das Verheißene offenbart wird. Christen können sich deshalb auch dann freuen, wenn die äußeren Umstände keinen Anlaß dazu geben, denn solche Anfechtungen sind eine Gelegenheit, ihren Glauben zu beweisen, und dienen damit der Verherrlichung Christi. Die Hoffnung der Wiedergeburt gründet sich jedoch nicht nur auf das künftige Erbe und das gegenwärtige segensreiche Wirken des Geistes, sondern auch auf das geschriebene Wort Gottes.



1. Das zukünftige Erbe
( 1,3 - 5 )


1Pet 1,3


Im Gedenken an Gottes Gnade preist Petrus Gott, den Stifter des Heils und die Quelle der Hoffnung. Die Worte "gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus" decken sich mit 2Kor 1,3 . Die Wendung "nach seiner großen Barmherzigkeit" bezieht sich auf Gottes unverdiente Zuwendung zu den ausweglos in der Sünde gefangenen Menschen. Er (hat) uns ... wiedergeboren ( anagennEsas , von dem Verb "wiedererzeugen, neu schaffen"; es steht nur zweimal im Neuen Testament, beide Male in diesem Kapitel 1 . 1Pet 1,3.23 ) - ein solches Geschenk läßt sich nicht verdienen. Vielleicht dachte Petrus dabei an das Gespräch zwischen Jesus und Nikodemus ( Joh 3,1-21 ). Die "Wiedergeburt" führt zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten . Die Hoffnung der Christen gründet sich also auf den auferstandenen Christus (vgl. 1Pet 1,21 ). Ihre Zuversicht ist so gewiß und sicher wie die Tatsache, daß Christus lebt. Sechsmal gebraucht Petrus in diesem Zusammenhang das Wort "lebendig" oder "Leben" ( 1Pet 1,3.23;2,4-5;4,5-6 ). An dieser Stelle bedeutet "lebendig", daß die Hoffnung der Gläubigen gewiß und real ist, im Gegensatz zu den täuschenden Lehren und falschen Hoffnungen, die die Welt den Menschen anbietet.




1Pet 1,4


Diese absolut sichere Hoffnung der Christen richtet sich auf ein zukünftiges Erbe ( klEronomian ). Derselbe Begriff wird in der Septuaginta für den Israel verheißenen Besitz des gelobten Landes benutzt (vgl. 4Mo 26,54.56; 34,2; Jos 11,23 ). Das Land war Israels Eigentum, das ihm von Gott geschenkt wurde. Das Erbe eines Christen kann nicht durch feindliche Mächte zerstört werden, und es kann auch nicht wie eine überreife Frucht verderben oder wie eine welkende Blume verblassen. Der Apostel verwendet in einer Steigerung drei Begriffe, die alle mit dem gleichen Buchstaben beginnen und auf derselben Silbe enden, um die Dauerhaftigkeit dieses Erbes zu beschreiben: unvergänglich ( aphtharton ), unbefleckt ( amianton ), unverwelklich ( amaranton ). Das Erbe der Christen ist so unzerstörbar wie das Wort Gottes (vgl. 1Pet 1,23 ,wo Petrus wieder das Wort aphtharton gebraucht). Es wird von Gott für die Gläubigen im Himmel aufbewahrt oder "bewacht", so daß es ihnen nicht verlorengehen kann (vgl. Gal 5,5 ).




1Pet 1,5


Doch nicht nur das Erbe, auch die Erben selbst werden aus Gottes Macht ... bewahrt ( phrouroumenous ; ein militärischer Terminus, der die Belegung einer Stadt mit einer Garnison bezeichnet; vgl. Phil 4,7 ). Was könnte den Verfolgten größere Hoffnung geben als das Wissen darum, daß Gottes Macht sie innerlich beschützt, um sie für das Erbe des Heils zu bewahren, bis es ihnen vor Gottes Angesicht gänzlich offenbar werden wird? Zwar besitzen die Gläubigen das Heil schon jetzt, doch in seiner ganzen Fülle werden sie es erst bei der Wiederkunft Christi zu der letzten Zeit erleben. Dieser letzte Schritt, die Vollendung der "Seelen Seligkeit" ( 1Pet 1,9 ), wird vollzogen "in der Offenbarung Jesu Christi" (V. 7. 13 ).




2. Die gegenwärtige Freude
( 1,6 - 9 )


1Pet 1,6


Eine lebendige Hoffnung führt zur Freude in der Gegenwart. Das "dann" bezieht sich wahrscheinlich auf Vers 3 - 5 . Petrus ermutigt seine Leser, ihr Wissen in die Tat umzusetzen. Als Antwort auf die überwältigenden theologischen Wahrheiten, die er ihnen mitgeteilt hat, sollen sie sich freuen . Die Erkenntnis allein bewirkt noch nicht die große Freude, die die Erfahrung absoluter Sicherheit und Freiheit von Furcht im Angesicht von Verfolgungen hervorruft. Gottes allmächtige Souveränität muß mit menschlicher Verantwortung Hand in Hand gehen. Erst der Glaube verwandelt die "heilsame Lehre" in eine heilsame Praxis. Er basiert auf theologischen Inhalten und führt zu einem Lebenswandel, der mit diesen Inhalten in Einklang steht. Der Glaube macht die theologisch begründete Sicherheit zu einer Erfahrungstatsache. Der Apostel Johannes schrieb: "Unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat" ( 1Joh 5,4 ). Dieser Glaube bzw. diese lebendige Hoffnung schenkt den Gläubigen Freude, auch wenn sie in mancherlei Anfechtungen sind.

Petrus betont, daß die Freude der Christen nicht von ihrer äußerlichen Lage abhängig ist. Die gleiche griechische Wendung ( poikilois peirasmois , "mancherlei Anfechtungen") verwendet Jakobus. Auch er betrachtet Anfechtungen als Anlaß zur Freude ( Jak 1,2 ). Sie mögen zwar vorübergehendes Leid bringen, doch sie können die tiefe, unvergängliche Freude, die in der lebendigen Hoffnung auf Christus Jesus wurzelt, nicht auslöschen.




1Pet 1,7


Die verschiedenen Anfechtungen, auf die Petrus hier anspielt und die eher mit Verfolgungen als mit alltäglichen Problemen in Zusammenhang zu stehen scheinen, lösen zwei Dinge aus: (1) Sie läutern oder reinigen den Glauben - wie Gold ... durchs Feuer geläutert wird , wenn seine Schlacken entfernt werden, und (2) sie prüfen die Echtheit des Glaubens. Belastung vertieft und verstärkt den christlichen Glauben und bringt seine Wahrhaftigkeit an den Tag. Das Wort dokimazomenou , "als echt befunden" , bedeutet soviel wie "prüfen, für bewährt erklären, nach vorangegangener Prüfung auswählen" (vgl. dokimion , "Prüfung, Bewährung, Prüfstein", in V. 7 und Jak 1,3 ,und dokimon , "Prüfung", in Jak 1,12 ).

Doch Petrus vergleicht den Glauben nicht nur mit Gold, er setzt den geläuterten Glauben sogar weit über geläutertes Gold. Der Glaube ist viel kostbarer ... als das vergängliche Gold . Selbst geläutertes Gold, das doch wirklich eine lange Lebensdauer hat, wird irgendwann einmal vergehen (vgl. 1Pet 1,18; vgl. Jak 5,3 ). Auf dem Markt der Ewigkeit hat es keinen Wert. Der Glaube dagegen erwirbt ein Erbe, das unvergänglich ist.

Wahrer Glaube ist nicht nur für seinen Besitzer von höchstem Wert, sondern bringt auch Lob, Preis und Ehre für den, dessen Namen die Christen tragen, wenn er wiederkommt ( offenbart wird ; vgl. 1Pet 5,1 ), um die Seinen zu sich zu nehmen. "Offenbart wird" ist die Übersetzung von apokalypsei , von dem auch unser Lehnwort "Apokalypse" stammt (vgl. 1Pet 1,5.12 und den Kommentar zu V. 13 ).




1Pet 1,8


Hier folgt nun der Höhepunkt der Freude des Glaubens. Gott hat die Erlösung durch das Werk seines Sohnes Jesus Christus vollendet. Der Glaube der Christen zielt also nicht auf eine abstrakte Erkenntnis, sondern auf die Person Christi. Petrus ist von warmer Zuneigung für die erfüllt, die Christus lieben und an ihn glauben, ohne ihn - wie er selbst - gesehen zu haben, als er auf der Erde lebte. Vielleicht dachte er an das Jesuswort "Selig sind, die nicht sehen und doch glauben" ( Joh 20,29 ). Obwohl die Christen ihn jetzt nicht sehen, haben sie ihn doch lieb , glauben an ihn und freuen ( agalliasthe ; das Verb taucht auch noch in 1Pet 1,6 und in der Form agalliOmenoi in 1Pet 4,13 auf) sich mit unaussprechlicher und herrlicher Freude .



1Pet 1,9


Die Gläubigen können sich freuen, weil sie erlangen ( komizomenoi , "als Belohnung bekommen"), was ihnen verheißen ist: "Der Seelen Seligkeit", das Ziel ( telos ) ihres Glaubens . Für jene, die Jesus Christus lieben und an ihn glauben, ist die Erlösung etwas bereits Vollendetes ("der uns wiedergeboren hat ", V. 3 ), das in die Gegenwart hineinragt ("aus Gottes Macht durch den Glauben bewahrt", V. 5 ) und sich in die Zukunft erstreckt (es ist ihr "Erbe", V. 4 , das ihnen "zu der letzten Zeit" offenbar wird, V. 5 , und das "Ziel" ihres Glaubens, V. 9 ). Da jeder einzelne Tag die Gläubigen diesem Ziel näher bringt, empfangen sie es schon jetzt. Zweifellos ist all dies - trotz der Verfolgung, die den Glauben vertiefen und an den Tag bringen kann - ein Grund zu "unaussprechlicher und herrlicher Freude" (V. 8 ).



3. Die vergangene Erlösung
( 1,10-12 )


1Pet 1,10-12


Die lebendige Hoffnung der Wiedergeburt gründet sich aber nicht nur auf das künftige Erbe und die gegenwärtige Erfahrung der Gläubigen, sondern auch auf ihren Glauben an Gottes Wort (V. 11 ). Petrus wiederholt, daß der Glaube seinen Anhalt nicht in menschlichen Schriften, sondern im Wort Gottes selbst hat. Nach dieser Seligkeit (vgl. "Seligkeit" in V. 5. 9 ) haben gesucht und geforscht die Propheten . Das Resultat dieses Suchens sind ihre vom Heiligen Geist erfüllten Schriften. Sie sehnten sich danach, am Heil und der kommenden Zeit der Gnade teilzuhaben, und versuchten herauszufinden, auf welche und was für eine Zeit der Geist Christi deutete, der in ihnen war . Sie dachten darüber nach, wie der herrliche Messias in Leiden geraten könnte. Damit nimmt Petrus erneut die Lehren Christi auf (vgl. Mt 13,17 ).

In 1Pet 1,10-12 veranschaulicht der Apostel die Lehre von der Verbalinspiration der Schrift, die er in 2Pet 1,20-21 so deutlich vertritt. Die Propheten verstanden nicht alles, was der Heilige Geist durch sie sagen ließ. Es war der Geist, der die Leiden, die über Christus kommen sollten ( Jes 53 ), und die Herrlichkeit danach ( Jes 11 ) vorhersagte. Die Adressaten des Briefes sollen sich durch die Erinnerung daran, daß Christi Leiden den Weissagungen zufolge in Herrlichkeit übergehen wird, getröstet fühlen. Auch sie werden nach allem Erlittenen verherrlicht werden (vgl. 1Pet 5,10 ).

Petrus unterstreicht diesen Gedanken ( 1Pet 1,12 ) durch die Feststellung, daß schon die Propheten wußten, daß sie nicht für sich und ihre Generation schrieben, sondern für jene, die nach ihnen leben würden, die das Evangelium ... durch den Heiligen Geist (vgl. "der Geist Christi" in V. 11 ) verkündigt hören und Christus nachfolgen würden. Im letzten Stadium der Erlösung werden die Christen nicht weitere Leiden, sondern die Herrlichkeit erwarten. Der Verfasser des Hebräerbriefes bezieht sich ebenfalls auf dieses "endgültige Heil", das den Gläubigen zuteil wird ( Hebr 1,14;2,3 ).

Die Realität der lebendigen Hoffnung der Christen wird auch von den Engeln im Himmel mit Ehrfurcht betrachtet. Die Propheten und die Engel staunen beide über "die Gnade, ... die für euch bestimmt ist" (V. 10 ).




B. Die Heiligung durch die Wiedergeburt
( 1,13 - 2,10 )


Die lebendige Hoffnung der Gläubigen, die auf ihre Wiedergeburt gegründet ist, soll sie zu einem Leben in Heiligung führen. Die zur Wiedergeburt berufen sind, sind auch zur Heiligung berufen. Petrus ermutigt seine Leser dazu, sich der Herausforderung des Gehorsams zu stellen und eine neue innere Haltung anzunehmen. Der Preis, der für ihre Erlösung bezahlt wurde, soll sie mit Ehrfurcht und Bereitschaft zum Gehorsam erfüllen. Ein solcher Gehorsam impliziert von seiten der Christen innere Reinigung, das Bemühen um ein heiliges Leben und die Darbringung geistlicher Opfer in ihrer Funktion als "königliche Priester".



1. Die Vorbereitung
( 1,13 - 16 )


1Pet 1,13-16


In den folgenden Versen fordert Petrus seine Leser auf: "Umgürtet die Lenden eures Gemüts, seid nüchtern und setzt eure Hoffnung ganz auf die Gnade ... gebt euch nicht den Begierden hin, sondern seid heilig." Im griechischen Urtext stehen für den ersten, zweiten und vierten Imperativ Partizipien, die ihrerseits von zwei Befehlen abhängig sind: "habt Hoffnung" und "seid heilig". Die Partizipformen bekräftigen diese Aufforderung (sie besagen: "habt" insofern "Hoffnung", als ihr vorbereitet und nüchtern seid, und "seid heilig", indem ihr euch nicht von euren Begierden beherrschen laßt); sie lassen sich alle selbst auch als Imperative verstehen.

1) "Umgürtet die Lenden eures Gemüts" (V. 13 ). Glaubensgehorsam ist ein bewußter Willensakt. Christen, die in Konflikt mit der Welt stehen, müssen sich eine entschlossene Haltung der Heiligkeit zu eigen machen, die sie zum Handeln befähigt.

2) "Seid nüchtern" (V. 13 ; vgl. 1Pet 4,7;5,8; 1Thes 5,6.8 ). Das hier gebrauchte griechische Wort nEphontes , von dem Verb nEphO ("nüchtern sein"), wird im Neuen Testament immer bildlich verwendet. Es beschreibt einen Zustand frei von jeder Form geistiger oder religiöser "Trunkenheit" oder Ausschweifung. Statt von äußeren Dingen gelenkt zu sein, sollen die Christen von ihrem Inneren, ihrem Glauben, bestimmt sein.

3) "Setzt eure Hoffnung ganz" (1. Petr. 1Pet 1,13 ). Ein heiliges Leben verlangt eine klare Zielsetzung. Die Hoffnung der Gläubigen muß sich vollkommen ( teleiOs , "völlig, unveränderlich") und ohne Vorbehalt auf die Gnade (vgl. V. 10 ) stützen, die ihnen in der Offenbarung Jesu Christi ( apokalypsei ; vgl. das gleiche Wort in V. 7 ; vgl. auch das Verb apokalyphtEnai , "offenbar werden" in V. 5 ) geschenkt wird. Schon viermal sprach Petrus in seinem Brief von der Wiederkehr des Heilands und der damit einhergehenden letzten Stufe des Heils, "der Seelen Seligkeit" (V. 5.7.9. 13 ).

Die intensive geistige Vorbereitung, die in den drei Ermahnungen in Vers 13 zum Ausdruck kommt, ist erforderlich, damit die Christen (4) sich nicht den Begierden hingeben ( syschEmatizomenoi ; vgl. auch Röm 12,1 ), die ihr früheres sündiges Leben (vgl. Eph 2,3 ), als sie noch nichts von Gott wußten (vgl. Eph 4,18 ), beherrschten ( 1Pet 1,14 ). Statt dessen sollen sie als gehorsame Kinder (wörtlich: "Kinder des Gehorsams") ihr Wesen so verändern, daß sie (5) in ihrem ganzen Wandel (heilig) sind ( 1Pet 1,15 ). Ihr Leben soll also nicht ihre frühere Unwissenheit ( agnoia ), sondern das heilige ( hagioi ) Wesen ihres himmlischen Vaters, der sie wiedergeboren und als sein Eigentum berufen (vgl. "berufen" in 2Pet 1,3 ) hat, spiegeln. Die Verse 15.16 formulieren keine Vorschriften, sie sind lediglich eine Mahnung an die christliche Verantwortung sowohl im inneren Glaubensleben als auch in der äußeren Lebensgestaltung. Auch wenn niemand in diesem Leben zur absoluten Heiligkeit kommen kann, so sollen doch alle Lebensbereiche sich in einem ständigen Verwandlungsprozeß hin zu dem vollkommenen und heiligen Willen Gottes befinden. Das Zitat in Vers 16 war den Kennern des Alten Testamentes vertraut ( 3Mo 11,44-45; 19,2; 20,7 ).




2. Der Preis
( 1,17 - 21 )


Der hohe Preis der Erlösung, den Gott bezahlt hat, das kostbare Blut des geliebten Sohnes, ist für die Gläubigen ein Ansporn zu einem Leben in Demut und Ehrfurcht vor Gott. Ein gottesfürchtiger Glaube, der nicht leichtfertig hinnimmt, was um so hohen Preis erworben wurde, führt zwangsläufig zur Bemühung um ein heiliges Leben.



1Pet 1,17-19


Gehorsame Kinder kennen die Heiligkeit und Gerechtigkeit dessen, der ohne Ansehen der Person einen jeden richtet nach seinem Werk . Ihr Recht, Gott Vater zu nennen, führt sie zu Gehorsam in Gottesfurcht . Auf diese Weise leben sie in der Fremde (vgl. "Fremdlinge" in 1Pet 2,11 ), d. h. in der Umgebung der sich wandelnden ethischen Maßstäbe der Welt, nach seinem absoluten Maßstab. "Gottesfurcht" zeigt sich in einem empfindlichen Gewissen, in der Wachsamkeit gegenüber Versuchungen und im Meiden der Dinge, die Gott mißfallen. Kinder des Gehorsams sollen aber auch Fremde sein gegenüber ihrem eigenen nichtigen Wandel (vgl. V. 14 ), den sie von ihren Vorvätern übernommen haben, denn sie sind erlöst ( elytrOthEte , von lytroO , "ein Lösegeld zahlen") ... mit dem teuren (vgl. 1Pet 2,4.6-7 ) Blut Christi (vgl. 1Pet 1,2 ). Diese Erlösung kaufte sie mit einem Lösegeld von der Sünde los, das nicht in vergänglichem (vgl. V. 7 ) Silber oder Gold bestand, sondern mit dem unermeßlich kostbaren Blut des unschuldigen und unbefleckten Lammes bezahlt wurde. Wie die Opferlämmer im Alten Testament, die ohne Fehler sein mußten, war Christus sündlos und damit in einzigartiger Weise zum "Lamm Gottes, das der Welt Sünde trägt" ( Joh 1,29; vgl. Hebr 9,14 ), berufen.




1Pet 1,20-21


Diese Bezahlung für die Sünde lag schon bereit, ehe der Welt Grund gelegt wurde , und wurde um der Menschen willen in der Inkarnation Jesu Christi offenbart . (Das gegenwärtige Zeitalter ist das "Ende der Zeiten", V. 20 , während das kommende "die letzte Zeit", V. 5 , ist.) Durch Christus, den der Vater auferweckt hat von den Toten (vgl. V. 3 ) und dem er in seiner Himmelfahrt die Herrlichkeit gegeben hat ( Joh 17,5; Hebr 1,3 ), können die Menschen zu Gott kommen und auf ihn vertrauen. In seinem ewigen Plan und durch das unermeßliche Lösegeld, das er für die Sünde bezahlt hat, hat Gott es möglich gemacht, daß die Menschen Glauben und Hoffnung auf ihn setzen können (vgl. "Glauben" in 1Pet 1,5.7.9; und "Hoffnung" in V. 3.13 ).


3. Die Reinigung
( 1,22 - 2,3 )


Die christliche Antwort eines heiligen Lebens, die aus der Wiedergeburt erwachsen soll, wird im folgenden an drei Bereichen gezeigt. Gehorsam gegenüber der Wahrheit macht rein und erzeugt (a) aufrichtige Nächstenliebe ( 1Pet 1,22-25 ), (b) Reue über die Sünde ( 1Pet 2,1 ) und (c) den Wunsch nach geistlichem Wachstum ( 1Pet 2,2 ).



1Pet 1,22


Ein heiliges Leben verlangt Reinigung, die aus dem Gehorsam der Wahrheit erwächst (vgl. V. 2 b). "Wie wird ein junger Mann seinen Weg unsträflich gehen? Wenn er sich hält an deine Worte" ( Ps 119,9 ). Wie Anfechtungen den Glauben läutern, so läutert der Gehorsam gegen Gottes Wort den Charakter. Wer sich selbst gereinigt hat, indem er nach Gottes Wort lebt, entdeckt dabei auch die Freude des Gehorsams.

Dieses veränderte Leben muß auch auf das Verhältnis zu anderen Gotteskindern ausstrahlen. Wer rein ist, kann seinen Glaubensbrüdern in reiner Liebe begegnen. Aus reinem Herzen ( anypokriton ) heißt soviel wie "ohne Heuchelei". Alle bösen Gedanken und negativen Gefühle gegenüber den Glaubensbrüdern und -schwestern müssen verbannt werden, denn diejenigen, die Christus nachfolgen, sollen sich untereinander beständig ... aus reinem Herzen lieben. Diese besondere Art der Liebe ( agapEsate , von agapE ) kann nur aus dem inneren Wandel, aus lauteren Motiven und aus Selbstlosigkeit erwachsen. Sie soll nicht zurückgehalten werden, sondern zum Ausdruck kommen ( ektenOs , "inbrünstig"; vgl. ektenE in 1Pet 4,8 ).



1Pet 1,23-25


Noch einmal erinnert Petrus seine Leser an die Erfahrung der Wiedergeburt (vgl. V. 3 ): Denn ihr seid wiederboren . Durch dieses Ereignis sind sie fähig, der Wahrheit zu gehorchen, sich selbst zu reinigen und ihre Brüder zu lieben. Der Wandel in ihrem Leben wird Bestand haben, weil er durch das Wort Gottes, das da bleibt ( aphthartou , dasselbe Wort, das in V. 4 auf das "Erbe" des Gläubigen bezogen wird), bewirkt wurde. Der Apostel unterstreicht seine Mahnung (V. 22 ) durch ein Zitat aus Jes 40,6-8 ( 1Pet 1,24-25 ). Alles, was aus vergänglicher Saat geboren ist, welkt und geht dahin, aber des Herrn Wort bleibt in Ewigkeit . Dieses unvergängliche Wort ist der Inhalt der Verkündigung des Apostels (vgl. V. 12 ). Seine Hörer müssen von der verändernden Macht dieses Wortes berührt werden, wie in den folgenden Versen ( 1Pet 2,1-3 ) ausgeführt wird.



1Pet 2,1


Buße tut not: "So legt nun ab ..." Petrus zählt fünf verschiedene Sünden der inneren Haltung und der Rede auf, die Zwietracht unter den Gläubigen säen. Bosheit ( kakian ) ist böser Wille; Betrug ( dolon ) ist bewußte Unehrlichkeit; Heuchelei ( hypokriseis ) ist vorgetäuschte Frömmigkeit und Liebe; Neid ( phthonous ) ist Mißgunst; und üble Nachrede ( katalalias ) ist Verleumdung. Nichts von alldem sollte in den Wiedergeborenen Raum haben. Vielmehr wird von ihnen erwartet, daß sie in Gehorsam gegen das Wort vollständig mit ihrer sündigen Vergangenheit brechen.



1Pet 2,2


Petrus wünscht sich, daß seine Leser genauso begierig nach dem Wort verlangen wie ein Kleinkind nach Milch . Wenn sie ihre unlauteren Begierden und Motive abgelegt haben (V. 1 ), bedürfen sie der heilsamen geistlichen Nahrung, die zu innerem Wachstum führt. ("Lauter", adolon , bildet einen bewußten Gegensatz zu "Betrug", dolon , in V. 1 .) Gottes Wort täuscht die Menschen nicht. Ebensowenig sollen die Kinder Gottes einander oder andere betrügen. Die Christen sollen sich dem Wort Gottes mit reinem Herzen und reiner Gesinnung (V. 1 ), mit erwartungsvoller Vorfreude und dem sehnlichen Wunsch nach geistlicher Reife nähern. Die Worte "zu eurem Heil" rufen den Gläubigen die Vollendung des Heils, von dem in 1Pet 1,5.7.9.13 die Rede war, in Erinnerung.



1Pet 2,3


Mit einem Zitat aus Ps 34,9 ,das die Milch-Metapher fortführt, setzt Petrus das gegenwärtige Wissen der Christen über Christus mit dem Geschmackssinn gleich. Sie haben bereits einen Vorgeschmack erlebt, haben die Gnade Gottes in ihrer Wiedergeburt erfahren und festgestellt, daß der Herr freundlich ist .



4. Die Praxis
( 2,4 - 10 )


Hier geht Petrus zu einer neuen Metapher für den heiligen Lebenswandel über. Seine Leser, die sich gereinigt haben, sind bereit für die Praxis oder den Dienst der Heiligung. Sie stehen nicht mehr am Beginn ihrer geistlichen Entwicklung, sondern müssen miteinander reifer werden und als "auserwählte königliche Priesterschaft" geistliche Opfer darbringen.



1Pet 2,4


"Zu ihm kommt" bedeutet in diesem Fall nicht die Reaktion eines Sünders, der sich zu Christus wendet, um gerettet zu werden. Die Zeit dieser Verbform und der Ton des ganzen Satzes deuten darauf hin, daß es hier um eine persönliche, zur Gewohnheit gewordene Begegnung des Christen mit Gott geht. Zwischen den Gläubigen und ihrem Herrn besteht eine enge gemeinschaftliche und freundschaftliche Verbindung.

Der erste Schritt zu einer praktizierten Heiligung ist die Verbundenheit mit Jesus Christus, dem lebendigen Stein . Damit gebraucht Petrus eine ganz besondere Redewendung. In 1Pet 1,3 sprach er von der "lebendigen Hoffnung" und in 1Pet 1,23 vom "lebendigen Wort". Hier in 1Pet 2,4 nun setzt er Christus mit dem "lebendigen Stein" gleich. Er führt diese Metapher im folgenden Vers weiter aus und erläutert sie. Zunächst stellt er fest, daß der Stein lebendig ist. Er hat Leben in sich und spendet Leben. Die Menschen können in eine persönliche, lebendige Beziehung mit diesem "Stein" treten. Gott hat Christus, der von den Menschen verworfen wurde, auserwählt (vgl. 1Pet 1,20 ) und für kostbar (vgl. 1Pet 1,19;2,4.7 ) erachtet. Deshalb können auch die Christen, wenn sie von der Welt zurückgestoßen werden, Zuversicht aus dem Wissen schöpfen, daß sie die von Gott Auserwählten ( 1Pet 1,1 ) und teuer Erkauften ( 1Pet 1,18.19 ) sind.

 

1Pet 2,5


Die Gläubigen werden mit Christus identifiziert: Er ist der lebendige Stein, und sie wirken als lebendige Steine . Je ähnlicher sie ihm werden und je mehr sie seinem Bild entsprechen, desto stärker werden sie erbaut ... zum geistlichen Hause . Jesus hatte zu Petrus gesagt: "Auf diesen Felsen will ich meine Gemeinde bauen" ( Mt 16,18 ). Nun beschreibt Petrus seinerseits Christus als den Felsen, auf dem die Kirche erbaut ist. Der Apostel Paulus bezeichnet die Kirche als einen "Tempel" ( 1Kor 3,16; Eph 2,21 ) und als eine "Wohnung" ( Eph 2,22 ). Die Gläubigen bilden nicht nur die Kirche, sie dienen auch in ihr. Sie sind eine heilige Priesterschaft, zu opfern geistliche Opfer . Alle Gläubigen sind Priester (vgl. 1Pet 2,9; Offb 1,6 ) und brauchen keinen andern Mittler als Jesus Christus, um sich Gott zu nähern. Ein solcher priesterlicher Dienst verlangt von denen, die ihn ausüben, Heiligung (vgl. 1Pet 1,16.22 ). Gott zu loben und andern Gutes zu tun, das sind geistliche Opfer, die Gott gefallen ( Hebr 13,15 ). Doch die lebendigen Steine können sich auch selbst als "lebendige Opfer" ( Röm 12,1 ) darbringen, die Gott wohlgefällig sind durch Jesus Christus .

 

1Pet 2,6


In den Versen 6 - 8 führt Petrus drei alttestamentliche Passagen an, in denen das Bild des Steines ebenfalls eine wichtige Rolle spielt. Sein erster Gewährsmann ist Jesaja ( Jes 28,16 ), der Christus als auserwählten, kostbaren (vgl. "kostbar" in 1Pet 1,19;2,4.7 ) Eckstein bezeichnet. Der "Eckstein" ist der sichtbare Stützstein, auf dem das Gebäude ruht und der seine Stabilität garantiert. Die Gläubigen vertrauen so fest auf Christus, wie ein Gebäude fest auf seinem Eckstein ruht. Sie sollen deshalb nicht zuschanden werden . Die griechische doppelte Verneinung ou mE , hier im Konjunktiv, drückt eine betonte negative Feststellung aus, die sich auf die Zukunft bezieht: Sie werden niemals zuschanden werden. Auf diese Weise ermutigt der Apostel seine Leser mit einer klaren Verheißung der Schrift für den am Ende stehenden Sieg all jener, die Christus vertrauen.



1Pet 2,7-8


In den vorliegenden Versen wird ein scharfer Kontrast zwischen Gläubigen und Ungläubigen herausgearbeitet. Für diejenigen, die glauben, ist Christus "kostbar", von höchstem Wert. Für diejenigen aber, die ihn verworfen haben , ist der Stein (dieses Zitat stammt aus Ps 118,22 ) wegen ihres Ungehorsams ein Stein des Anstoßes . So erging es den Hohenpriestern und Pharisäern, denen gegenüber Jesus selbst diesen Psalmvers zitierte ( Mt 21,42; vgl. Mt 21,43-46 ).

Der dritte alttestamentliche Beleg stammt wieder aus dem Buch Jesaja ( Jes 8,14 ). Jesus Christus zu verwerfen ist tödlich und geht Hand in Hand mit dem Ungehorsam gegenüber dem Wort Gottes ( Jes 2,8 b). Nicht an das Wort zu glauben (vgl. 1Pet 4,17 ) heißt, es verwerfen; ihm zu gehorchen, heißt glauben (vgl. "Gehorsam" in 1Pet 1,14.22 ,und "dem Glauben gehorsam" in Apg 6,7 ). Alle, die Christus nicht als ihren Heiland annehmen, werden ihm eines Tages als ihrem Richter gegenüberstehen. Wegen ihrer Sünden sind alle ungehorsamen Ungläubigen dazu bestimmt , sich an Christus zu "stoßen" und damit der ewigen Verdammnis anheimzufallen.



1Pet 2,9-10


Petrus schließt diesen Abschnitt seines seelsorgerlichen Schreibens mit einer eindringlichen Mahnung an seine Leser, den Weg der Heiligung in die Praxis umzusetzen. Er erinnert sie nochmals daran, daß sie im Gegensatz zu den Ungehorsamen, deren Schicksal die Vernichtung ist, das auserwählte ( eklekton ; vgl. eklektois ; 1Pet 1,1 ) Geschlecht sind. Auch hier knüpft er wieder an das Alte Testament, vor allem an die Aussage in Jes 43,20 ,an. Der Titel "auserwähltes Geschlecht", der ursprünglich nur Israel gebührte, gilt nun den Heidenchristen ebenso wie den Judenchristen. Die Verantwortung, die einst allein auf der Nation Israel ruhte, ist jetzt, im Zeitalter der Gnade, auf die Kirche übertragen worden. Am Sinai trug Gott Mose auf, dem Volk zu verkünden: "Ihr sollt mir ein Königreich von Priestern und ein heiliges Volk sein" ( 2Mo 19,6 ).

Nun, im Kirchenzeitalter, werden die Gläubigen als königliche Priesterschaft, das heilige Volk, das Volk des Eigentums bezeichnet. Petrus gebraucht für die Christen den Begriff "heilige Priesterschaft" ( 1Pet 2,5 ) und "königliche Priesterschaft" ( 1Pet 2,9; vgl. Offb 1,6 ). Die Wendung "Volk des Eigentums" ist eine freie Wiedergabe der griechischen Worte eis peripoiEsin , wörtlich "zur Bewahrung" (vgl. auch Hebr 10,39 ). Die Christen sind ein besonderes Volk, weil Gott sie für sich bewahrt hat. Die Beschreibung der Kirche ähnelt damit zwar derjenigen Israels im Alten Testament, doch es gibt keinerlei Anzeichen dafür, daß sie an die Stelle Israels getreten ist und die nationalen Verheißungen Israels, die im Tausendjährigen Reich erfüllt werden, auf sie übertragen wurden. Der Apostel gebraucht hier einfach ähnliche Begriffe für ähnliche Sachverhalte. So wie Israel "das auserwählte Geschlecht, die königliche Priesterschaft, das heilige Volk, das Volk des Eigentums" war, so sind jetzt die Gläubigen "auserwählt", haben priesterliche Funktionen, sind heilig und Gottes Eigentum. Doch Ähnlichkeit bedeutet noch nicht Gleichheit.

Gottes Plan in der Erwählung der Gläubigen zu seinem Volk ist es, daß sie verkündigen ... die Wohltaten dessen, der sie berufen hat . Statt "Wohltaten" könnte man auch "hervorragende Eigenschaften", "außergewöhnliche Qualitäten" oder "Tugenden" ( aretos ; das Wort taucht nur viermal im Neuen Testament auf; Phil 4,8; 1Pet 2,9; 2Pet 1,3.5 ) schreiben. Die priesterlichen Gläubigen sollen so leben, daß das Wesen ihres himmlischen Vaters in ihrer Lebensführung zum Ausdruck kommt. Sie sollen die Herrlichkeit und Gnade Gottes bezeugen, der sie von der Finsternis zu seinem wunderbaren Licht berufen hat. Petrus ( 1Pet 2,10 ) macht diesen Satz mit einem Zitat aus Hosea ( 1Pet 2,25 ) deutlich. "Finsternis" ist ein Bild für die Zeit, in der die jetzigen Christen noch Heiden waren und nichts von Gottes Heilsplan wußten (vgl. Kol 1,13 ), als sie "nicht ein Volk" waren und nicht in Gnaden lebten. Nun aber, wo sie in Gnaden sind, sind sie "Gottes Volk" und erleuchtet von einem "wunderbaren Licht". Die Praxis der Heiligung, in der das Volk Gottes als heilige und königliche Priesterschaft dient, seinem Herrn geistliche Opfer bringt und seine Herrlichkeit preist, ist die rechte Antwort auf die Gnade (vgl. 1Pet 1,13 ), die diesen Menschen zuteil wurde.


III. Aufforderung zu neuem Verhalten
( 2,11-3,7 )


Wie können die Christen als ein Volk, das Gottes Eigentum ist, die Wohltaten ihres Herrn vor anderen preisen? Petrus beantwortet diese Frage im folgenden Abschnitt mit einigen spezifischen Vorschlägen, wie die Christen sich in ihrer Rolle als Staatsbürger, als Sklaven und als Ehepartner von den rein weltlich orientierten Menschen abheben können. Auch in der eigenen Familie sollen sie sich anders verhalten, als es allgemein üblich ist.



A. Das neue Verhalten vor der Welt
( 2,11-25 )


Die "Welt", an die Petrus hier dachte, setzte sich aus den Leuten zusammen, mit denen seine Leser täglich als Zeugen, Bürger und Sklaven zu tun hatten. Der Apostel ruft die Christen dazu auf, der Sünde zu widerstehen, sich der Obrigkeit zu unterwerfen und strenge Herren in Geduld zu ertragen. Ein solches Verhalten ist dazu angetan, andere für den Glauben zu gewinnen, die Törichten zum Verstummen zu bringen und Gottes Wohlgefallen zu erregen.



1. Christlicher Lebenswandel als Zeuge
( 2,11 - 12 )


1Pet 2,11


In warmem Ton redet Petrus seine Leser als "liebe Brüder" ( agapEtoi ) an. Die von Gott Geliebten werden dazu ermahnt, als Fremdlinge (paroikous , "Menschen, die fern ihrer Heimat leben", ein Bild für die Christen, deren eigentliche Heimat im Himmel ist) und Pilger (vgl. den Kommentar zu "Fremdlinge" in 1Pet 1,1 ) in der Welt zu leben. Im gleichen Maße, in dem ihre christlichen Werte und Überzeugungen von der Welt abgelehnt werden, sollen sie sich ihrerseits von der Unmoral und den fleischlichen Begierden ihrer Umwelt fernhalten. Die Verbform "enthaltet" ( apechesthai ) kommt von dem Verb "ablassen von, meiden". Die Christen sollen den sündhaften Versuchungen der weltlichen Begierden, die gegen die Seele streiten (vgl. Jak 4,1 ), widerstehen. In diesem geistlichen Kampf werden die Gläubigen nach einer dämonischen Strategie stets an ihren schwächsten Stellen angegriffen.



1Pet 2,12


Die Christen sollen sich jedoch nicht nur um ihres eigenen geistlichen Wohlergehens willen von sündigen Begierden fernhalten, sondern auch, um ein eindrucksvolles Zeugnis vor den Ungläubigen abzulegen. Die negativ formulierte Ermahnung in Vers 11 wird nun durch eine positive Anweisung ergänzt. Ein richtiger christlicher Lebensstil ist ein wirksames Mittel, der Welt ihre Sünde vor Augen zu halten (vgl. Mt 5,16 ). Petrus gebraucht zweimal im Vers das griechische Wort kalos, das einmal mit rechtschaffen übersetzt ist und das Leben charakterisiert und das andere Mal die guten Werke der Christen bezeichnet. Ein "gutes" Leben besteht aus "guten Werken" (vgl. Mt 5,16; Eph 2,10; Tit 3,8; Jak 2,18 ). Vor den kritischen Augen verleumderischer Menschen und ihren falschen Anschuldigungen können die guten Taten der Gläubigen Gott preisen (vgl. Mt 5,16; Röm 15,6; 1Kor 6,20 ) und andere für den Glauben gewinnen. Die Wendung "am Tag der Heimsuchung" ( en hEmera episkopEs ; vgl. Lk 19,44 ) wird von manchen Exegeten auf das Gericht über die schlechten Menschen bezogen, meint jedoch wohl eher ihre Rettung (d. h. den Moment, in dem Gott gnädig auf sie blickt und sie zur Bekehrung führt; vgl. epeskepsato , Apg 15,14 ).



2. Christlicher Lebenswandel als Staatsbürger
( 2,13 - 17 )


1Pet 2,13-15


Die Christen müssen das Gesetz anerkennen (vgl. Röm 13,1-7; Tit 3,1-2 ). Petrus mahnt seine Leser, der Obrigkeit zu gehorchen und aller menschlichen ( anthrOpinE ) Ordnung ( ktisei , wörtlich "Schöpfung" oder hier "Institution oder Gesetz") untertan zu sein. Dieser Gehorsam soll nicht aus dem Bedürfnis erwachsen, Strafe zu vermeiden, sondern um des Herrn willen geübt werden. Um Gott, der die Obrigkeit eingesetzt hat, zu ehren, sollen die Christen die menschlichen Gesetze befolgen - aber nur, solange sie nicht mit der Lehre der Schrift in Konflikt geraten (vgl. Apg 4,19 ). Die Obrigkeit ist zur Bestrafung der Übeltäter und zum Lob derer, die Gutes tun , da. Anscheinend wurden die Christen oft verleumdet und fälschlicherweise irgendwelcher Vergehen beschuldigt, denn Petrus betont ausdrücklich, daß es der Wille Gottes ( thelEma , ein Begriff, der das Resultat einer Absicht oder eines Wunsches ausdrückt, vgl. "Gottes Wille" in 1Pet 3,17;4,2.19 ) ist, daß sie durch ein untadeliges Betragen den unwissenden und törichten Menschen das Maul stopfen ( phimoun , "mundtot machen"). Alle drei griechischen Worte, die mit der Wendung "den unwissenden und törichten Menschen" übersetzt sind, beginnen mit dem Buchstaben Alpha. (Vgl. die drei griechischen Worte in 1Pet 1,4 ,die mit "unvergänglich, unbefleckt und unverwelklich" wiedergegeben sind; Petrus hatte also offensichtlich eine Vorliebe für das Stilmittel der Alliteration.)

Viele Ausleger sehen in dieser Passage einen Beleg dafür, daß die in Dekreten verordnete offizielle Christenverfolgung zum Zeitpunkt der Abfassung des Briefes noch nicht begonnen oder die Provinzen von Kleinasien noch nicht erreicht hatte. Die Adressaten dieses Briefes hatten es offensichtlich mit Lügen und verbalen Angriffen, nicht aber mit Folter und Tod zu tun. Noch genossen sie den Schutz der Gesetze, der denen galt, die das Gesetz befolgten. In dieser Situation war ein einwandfreies Betragen die beste Verteidigung eines Gläubigen gegen verleumderische Anschuldigungen.


1Pet 2,16


Die Unterwerfung unter die staatliche Autorität negiert nicht die christliche Freiheit (vgl. Gal 5,1.18 ). Die Christen sollen den bürgerlichen Gesetzen aus freiem Willen gehorchen, weil Gott es so will und nicht aus Furcht. Die christliche Freiheit ist stets von der christlichen Verantwortung begrenzt (vgl. Gal 5,13 ) und darf nie als Deckmantel ( epikalymma , wörtlich "Schleier") der Bosheit benutzt werden. Die wahre Freiheit erleben die Christen dann, wenn sie Gott gehorchen. Auch als Freie sollen sie die Knechte ( douloi , wörtlich "Sklaven"; vgl. Röm 6,22 ) Gottes sein.



1Pet 2,17


Die ganze Passage schließt mit einer in vier Punkten zusammengefaßten Anweisung für das Leben der Christen innerhalb eines Staatswesens. Erstens: Die Christen sollen jedermann (vgl. Röm 12,10; 13,7 ) ehren ( timEsate , "ehren, hochschätzen", vgl. timEn , "Achtung, Ehre" in 1Pet 3,7 ). Sie sollen sich immer der Tatsache bewußt sein, daß jeder Mensch in einzigartiger Weise nach dem Bild Gottes geschaffen ist. Zweitens: Die Christen sollen die Brüder, ihre Geschwister in Christus, liebhaben . Gottes Kinder sollen einander lieben. Drittens: Die Christen sollen Gott fürchten. Das Verb "fürchten" ( phobeisthe ) bedeutet hier nicht "in Angst sein", sondern Ehrfurcht und Ehrerbietung empfinden, die zu bereitwilligem Gehorsam führen (vgl. phobO in 1Pet 1,17; phobou in 1Pet 3,16 und phobon in 2Kor 7,11 ). Niemand kann den Menschen wirklichen Respekt entgegenbringen, bevor er Gott nicht wirklich achtet. Viertens: Die Christen sollen den König ehren. Das hier verwendete Verb ist timaO wie am Anfang des Verses. Die Achtung oder Ehre, die allen gebührt, ist in besonderer Weise jenen zu zollen, denen Gott Autorität verliehen hat (vgl. "dem König" in 1Pet 2,13 ,und "den Statthaltern" in V. 14 ; vgl. Röm 13,1 ).



3. Christlicher Lebenswandel als Sklave
( 2,18 - 25 )


In seiner Anweisung an die Sklaven nennt der Apostel zwei Gründe, warum es ihre Pflicht ist, persönliche Ungerechtigkeit geduldig zu ertragen. Zum einen ist eine solche Haltung Gott wohlgefällig, und zum andern folgen sie darin Christus nach.



1Pet 2,18


Das griechische Wort für Sklaven ist an dieser Stelle nicht douloi , der allgemein übliche Begriff (vgl. V. 16 ), sondern oiketai , ein Terminus, der sich auf die Haussklaven bezog (vgl. Lk 16,13; Röm 14,4 ). Das Wort, das mit "ordnet euch unter" ( hypotassomenoi ) übersetzt ist, ist der Nominativ eines Partizips, das den Gedanken der Unterordnung, der schon in 1Pet 2,13 durch den Aorist Imperativ hypotagEte anklingt, fortführt. Diese Mahnung sprach einen großen Teil der Leser des 1. Petrusbriefes an. Immerhin machten Dienstboten und Sklaven einen hohen Prozentsatz der Glieder der frühen Kirche aus, und unverdiente Bestrafung und Quälerei waren für sie an der Tagesordnung. Sicherlich gab es auch gütige und freundliche Herren, und vor allem die Christen unter ihnen waren wohl eher dieser Kategorie zuzuordnen. Doch Petrus fordert die christlichen Sklaven zu einem neuen Verhalten auf, das von ihnen Unterordnung und Ehrerbietung selbst solchen Herren gegenüber verlangt, die sehr streng sind. Das deutsche Wort wunderlich gibt das griechische skolios , wörtlich "krumm, verdreht, falsch" wieder (der medizinische Fachbegriff "Skoliose", der eine Verkrümmung des Rückgrats bezeichnet, kommt von diesem Wort).



1Pet 2,19-20


Hier propagiert Petrus ein Prinzip, das überall Gültigkeit hat, wo jemand zu Unrecht leidet. Die Bereitschaft, das Unrecht geduldig zu ertragen, erwächst aus dem Bewußtsein des Gläubigen, daß Gott gegenwärtig ist. Um schlechter Taten willen bestraft zu werden, bringt keinen Ruhm . Gott wohlgefällig ist vielmehr ein demütiges Auf-sich-Nehmen unverdienten Leidens, denn eine solche Haltung ist Gnade .



1Pet 2,21-22


Der Apostel untermauert seine Mahnung an die Sklaven durch den Hinweis darauf, daß auch Christus seine ungerechten Leiden geduldig ertragen hat. Die Lutherübersetzung gibt die einleitende Wendung dieses Verses mit "denn dazu seid ihr berufen" wieder und bezieht sie damit zurück auf das Leiden für das rechte Verhalten. Die Christen sind dazu berufen ( eklEthEte ; vgl. 1Pet 1,15;2,9 ), Christus nachzufolgen und sein Wesen und sein Verhalten nachzuahmen, weil er für sie gelitten hat . Der Begriff "ein Vorbild" ( hypogrammon ), der nur an dieser Stelle im Neuen Testament auftaucht, bezeichnet einen Text oder eine Skizze, die ein Schüler kopiert. Der Apostel macht das beispielhafte Verhalten Christi in Vers 22 an einem Zitat aus Jes 53,9 fest. Jesus (hat) keine Sünde getan , weder vor noch nach seinen Leiden (vgl. 2Kor 5,21; 1Joh 3,5; Hebr 4,15 ). Er war vollkommen unschuldig, in Worten und Werken, kein Betrug ( dolos , vgl. 1Pet 2,1 ) fand sich in seinem Mund.



1Pet 2,23-25


Christus war das vollkommene Vorbild geduldiger Unterwerfung unter ungerechtes Leiden, weil er nicht widerschmähte und nicht drohte (vgl. Röm 12,19-20 ). Aus menschlicher Sicht war die Versuchung bei der Verhaftung, der Verhandlung und der Kreuzigung Christi zurückzuschlagen, riesengroß. Trotzdem litt Jesus schweigend und befahl sich in Gottes Hände. In Vers 24 erläutert Petrus, warum der, der seine Feinde mit einem Wort hätte vernichten können, geduldig den Schmerz und die Erniedrigung des Kreuzes ertrug. Dieses Schicksal war die gerechte Strafe für unsere Sünde , die der Sohn Gottes zum Kreuz hinaufgetragen hat (vgl. 2Kor 5,21 ). Im Griechischen stehen die Worte "unsere Sünde" am Anfang des Satzes und damit an betonter Stelle, während das Wörtchen "selbst" Christi persönliche Hingabe verdeutlicht. Sein Tod ermöglicht es den Gläubigen, der Strafe und Macht der Sünde zu entgehen und für Christus zu leben, damit wir, der Sünde abgestorben, der Gerechtigkeit leben (vgl. Röm 6,2.13 ). Christus hat gelitten, damit die Christen seinem Vorbild im Leiden und im rechtschaffenen Lebenswandel nachfolgen können. Petrus zitiert an dieser Stelle eine allgemeine Aussage zur Erlösung: "Durch seine Wunden seid ihr heil geworden" ( Jes 53,5 ). Diese Feststellung bezieht sich nicht auf die physische Wiederherstellung, denn die Vergangenheitsform des Verbs weist auf eine bereits abgeschlossene Handlung hin, die "Heilung" ist also eine vollendete Tatsache. Sie zielt vielmehr eindeutig auf die Erlösung. Christi Leiden (wörtlich "Wunden", mOlOpi , "Striemen", das bezieht sich auf Jesu Geißelung) und Tod haben die "Heilung", die Erlösung jedes Menschen, der Christus als seinen Heiland annimmt, vollendet.

Christus ist nicht nur das Vorbild und der Retter, er führt und beschützt auch die Verirrten ( wie die irrenden Schafe ), die von ihm fortgelaufen sind, dann aber zu dem Hirten und Bischof ( episkopon ) ihrer Seelen umkehrten, d. h. bekehrt wurden. Die Titel "Hirte" und "Bischof" versinnbildlichen die unvergleichliche Führung und Fürsorge, die Christus denen angedeihen läßt, die sich ihm anvertrauen (vgl. Hes 34,11-16 ).



B. Das neue Verhalten in der Familie
( 3,1-7 )


Was Petrus über die Achtung und Unterordnung gegenüber der Obrigkeit und den weltlichen Institutionen gesagt hat, dehnt er im folgenden auf den privaten Bereich aus. Er fordert seine Leser zu einem neuen Verhalten der ehelichen Rücksichtnahme und Besonnenheit auf.



1. Christlicher Lebenswandel als Ehefrau
( 3,1-6 )


1Pet 3,1-4


Das Partizip, das im Deutschen mit "sollt ihr (euch) unterordnen" ( hypotassomenai , wörtlich "sich unterwerfen") übersetzt ist, hat das Gepräge eines Befehls (vgl. 1Pet 2,18 ). Dieses Gebot schreibt den Frauen vor, ihren Männern unbedingt gehorsam zu sein (vgl. Eph 5,22; Kol 3,18 ). Es beschränkt die Subordination der Frauen allerdings auf den Bereich des Hauses, da es nur den Ehemännern gegenübergilt. Gott hat sie als "Häupter" der Familie eingesetzt, deren Autorität die Frauen akzeptieren sollen. Von der Frau wird erwartet, daß sie ihren Platz in der Familienhierarchie ausfüllt. Die Frauen sollen sich ihren Ehemännern auch dann unterwerfen, wenn diese Ungläubige sind, damit sie durch das Leben ihrer Frauen ohne Worte für den Glauben gewonnen werden . Die überzeugende Reinheit einer gottesfürchtigen Frau wird selbst einen völlig uneinsichtigen Mann mit der Zeit beeindrucken (vgl. Tit 2,5 ).

Eine Frau, die einen solchen Sieg erringt, hat eine herzbezwingende Liebenswürdigkeit, die nicht von äußerem Schmuck , sondern aus dem unvergänglichen Schmuck des sanften und stillen Geistes (vgl. 1Tim 2,9-11 ) kommt. Dieser Schmuck des Geistes ist köstlich vor Gott . Während die Welt kostbare Gewänder und Juwelen liebt, ist in Gottes Augen eine Frau von sanftem und stillem Gemüt "köstlich". Petrus wollte damit nicht sagen, daß Frauen keinen Schmuck oder schöne Kleider tragen sollen, sondern daß eine Christin nicht in äußeren Dingen die Quelle wahrer Schönheit suchen soll.



1Pet 3,5-6


Der Apostel stützt seine Mahnung an die Frauen mit Beispielen von heiligen Frauen aus dem Alten Testament. Ein reines Leben (V. 2 ) und ein sanftes Gemüt (V. 4 ) haben zu allen Zeiten den Liebreiz und die Schönheit gottesfürchtiger Frauen ausgemacht. So verkörpert Sara für Petrus in besonderer Weise eine Frau, die ihrem Ehemann gehorsam war . Sie gehorchte Abraham und nannte ihn Herr , d. h., sie erkannte ihn als Führer und Oberhaupt des Haushaltes an ( 1Mo 18,12 ). Wie andere heilige Frauen in der Vergangenheit setzte Sara ihre Hoffnung auf Gott . Eine Frau, die ihrem Beispiel nacheifert, tritt auch ihr geistliches Erbe an: "Deren Töchter seid ihr geworden, wenn ihr recht tut und euch durch nichts beirren laßt" ( ptoEsin , "Furcht"; das Wort steht nur an dieser einen Stelle im Neuen Testament). Frauen, die sich fürchten (vielleicht, weil sie ihren Männern nicht gehorsam waren), setzen nicht ihr ganzes Vertrauen auf Gott.



2. Christlicher Lebenswandel als Ehemann
( 3,7 )


Die christlichen Ehemänner schulden ihren Frauen zwei Liebesgaben: Verständnis und Achtung.



1Pet 3,7


Die mit dem Wort vernünftig übersetzte Wendung ( kata gnOsin , wörtlich "nach bestem Wissen, mit Verstand") macht deutlich, daß die Ehemänner die geistlichen, emotionalen und körperlichen Bedürfnisse ihrer Frauen verstehen und sich um sie kümmern sollen. Auch der Apostel Paulus wies darauf hin, daß ein Mann seine Frau schützen und für sie sorgen muß, "wie auch Christus" für "die Gemeinde" sorgt ( Eph 5,28-30 ).

Daneben haben die Ehemänner ihren Frauen als dem schwächeren (Geschlecht) die Ehre zu geben. "Schwächer" ( asthenesterO ) bezieht sich auf körperliche oder gefühlsmäßige Schwäche, nicht auf geistige Unterlegenheit, denn die Frauen sind Miterben der Gnade des Lebens . Wenn Petrus hier an christliche Ehemänner denkt, deren Frauen ebenfalls Christinnen sind, dann könnte mit der "Gnade des Lebens" die Erlösung gemeint sein (vgl. Röm 8,17; Eph 3,6 ). Wenn sich die Ermahnung jedoch an christliche Ehemänner richtet, deren Frauen ungläubig sind (wie 1Pet 3,1-2 sich an Ehefrauen mit ungläubigen Männern richtet), dann ist damit wohl das Zusammenleben von Mann und Frau gemeint. Petrus fügt hinzu, daß Männer, die ihre Frauen nicht mit Verständnis und Ehrerbietung ( timEn , "Achtung, Ehre"; vgl. 1Pet 2,17 ) behandeln, nicht erwarten können, daß ihr Gebet erhört wird.



IV. Warnung vor neuer Verfolgung
( 3,8 - 4,19 )


In den beiden ersten Kapiteln des Briefes sprach Petrus von "mancherlei Anfechtungen" ( 1Pet 1,6 ), von Verleumdungen "als Übeltäter" ( 1Pet 2,12 ), vom Geschwätz der "unwissenden und törichten Menschen" ( 1Pet 2,15 ) und vom Ertragen ungerechten "Übels" ( 1Pet 2,19 ). Alle diese Bedrängnisse scheinen mit der natürlichen Reaktion einer heidnischen Gesellschaft auf Christen, die Jesus Christus im Glauben gehorsam sind, zusammenzuhängen.

Im folgenden warnt der Apostel vor einer Zeit sehr viel schwererer Verfolgungen und Leiden, die unmittelbar bevorstehe. Er ermahnt die Christen, sich ein reines Gewissen zu bewahren, wenn sie mit Ungerechtigkeit konfrontiert werden, und das unausweichliche Leiden mit dem Mut Christi auf sich zu nehmen.



A. Die Überwindung von Ungerechtigkeit
( 3,8 - 22 )


Am Beispiel Christi und Noahs zeigt Petrus, daß ein richtiges christliches Verhalten im Angesicht von Ungerechtigkeit in Zeiten wachsender Bedrängnis sich schließlich segensreich auswirkt.



1. Ein barmherziger Lebenswandel
( 3,8 - 12 )


1Pet 3,8-12


Das Wort "endlich" markiert den Beginn eines neuen Abschnittes, nicht einer Zusammenfassung der vorigen Ermahnungen für einzelne Gruppen in der christlichen Gemeinschaft. Jetzt wendet Petrus sich an alle seine Leser ( allesamt ) und versucht ihnen praktische Maßregeln für ein friedfertiges Leben inmitten einer feindlichen heidnischen Kultur zu geben. 1Pet 3,8-9 ist eine Exposition von Ps 34,13-17 ,der im Anschluß daran zitiert wird ( 1Pet 3,10-12 ). Petrus benutzt die drei Ermahnungen im Ps. als Gerüst für seine Argumentation.

Wer das Leben lieben ... will, der hüte seine Zunge, daß sie nichts Böses rede ( 1Pet 3,10 ). Vers 8 enthält eine Auflistung jener christlichen Eigenschaften, die den Menschen vor bösen Reden bewahren. Die Christen sollen gleichgesinnt ( homophrones ), mitleidig (sympatheis ), brüderlich ( philadelphoi ), barmherzig ( eusplanchnoi ; vgl. splanchna in Phil 2,2; Phim1,7.20 ) und demütig ( tapeinophrones ) sein. Die hier genannten Charakteristika tauchen bis auf das Wort "barmherzig" nur an dieser einen Stelle im Neuen Testament auf; und auch dieses wird nur zweimal - hier und in Eph 4,32 - gebraucht. Das ungewöhnliche Vokabular unterstreicht die Bedeutung der betreffenden christlichen Tugenden, die die Lippen der Christen davor bewahren, daß sie ... betrügen ( dolon ; vgl. 1Pet 2,1.22 ).

Die zweite aus Ps 34,15 übernommene Mahnung klingt schon in Vers 9 an: "Vergeltet nicht Böses mit Bösem" (vgl. Röm 12,17 ). Wer sich vom Bösen abwenden will ( 1Pet 3,11 ), muß lernen, üble Behandlung nicht mit gleicher Münze zurückzuzahlen. Dasselbe Liebesgebot lehrte auch Jesus ( Mt 5,39 : "Wenn dich jemand auf deine rechte Backe schlägt, dem biete die andere auch dar").

Drittens sollen die Christen statt, wenn sie beleidigt werden, Böses mit Bösem heimzuzahlen, Frieden ( eirenEn ; vgl. 1Pet 1,2;5,14 ) suchen und ihm nachjagen ( 1Pet 3,11 ). "Segnet" ( eulogountes ) bedeutet in diesem Fall, Gutes von jemand zu sagen. Es unterscheidet sich von dem Begriff "selig" (makarioi , "glücklich oder bevorzugt", in V. 14 ; vgl. 1Pet 4,14; Mt 5,3-11 ). Jesus sagte: "Bittet für die, die euch verfolgen" ( Mt 5,44 ), und Paulus schrieb: "Man schmäht uns, so segnen wir" ( 1Kor 4,12 ). Durch ein solches barmherziges Verhalten "jagen" die Christen "dem Frieden nach". Dafür erben sie den Segen ( 1Pet 3,9; vgl. 1Pet 1,4;3,7 ), ... denn die Augen des Herrn (V. 12 ) sehen auf die Gerechten, und seine Ohren hören auf ihr Gebet . Die "Augen" und "Ohren" Gottes sind Redefiguren, Anthropomorphismen, die Gott mit einer menschlichen Physiognomie ausstatten. Sie stehen für die wachsame Aufsicht und Fürsorge Gottes für die Bedürfnisse seines Volkes (vgl. 1Pet 2,25 ).


2. Ein gutes Gewissen
( 3,13 - 22 )


Trotz des Wunsches der Gläubigen nach einem friedlichen Leben und trotz ihres Bemühens, Gutes zu tun, waren die Christen in der Frühzeit der Kirche Verfolgungen ausgesetzt. Dem stellt Petrus die Verheißung gegenüber, daß geduldig ertragenes Unrecht zur Seligkeit führt. Er bekräftigt diese Aussage in den Versen 13 - 17 mit mehreren Beispielen in den Versen 18 - 22 .



1Pet 3,13-14


Wer ist's, der euch schaden könnte ...? Der Kontext, in dem diese Frage steht, läßt sie eher rhetorisch erscheinen. Auch wenn der Feind durch physisches Leiden oder äußere Beschwernisse denen Schaden zufügt, die dem Guten nacheifern ( zElOtai , wörtlich "Zeloten, Eiferer"), so kann denen, die Christus gehören, doch kein wirkliches Unglück zustoßen. Selbst wenn sie leiden müssen, sind die Christen doch selig und brauchen sich nicht zu fürchten. Das hier mit "selig" übersetzte griechische Wort, makarioi (vgl. 1Pet 4,14 ), gebraucht auch Jesus in der Bergpredigt ( Mt 5,3-11 ). "Selig" zu sein bedeutet nicht, "froh", sondern vielmehr "bevorzugt" zu sein. Die Christen brauchen sich nicht vor dem fürchten, was ihnen Menschen zufügen können (vgl. Mt 10,28 ). Mit logischer Folgerichtigkeit schließt Vers 14 mit einem Zitat aus Jes 8,12 ,in dem es darum geht, daß man Gott fürchten muß und nicht die Menschen.


1Pet 3,15


In ihren Herzen sollen die Christen den Herrn Christus heiligen. Alexander Maclaren schreibt: "Nur wer sagen kann "der Herr ist meines Lebens Kraft", kann auch sagen "vor wem soll ich mich fürchten" ( Expositions of Holy Scriptures , 16,42). Die Christen sollen ihre Angst überwinden, indem sie Christus als ihren Herrn ( kyrion ) heiligen ( hagiasate , "von andern absondern"). Deshalb müssen sie allezeit bereit ( hetoimoi ; vgl. 1Pet 1,5 ) sein zur Verantwortung ( apologian ; die "Verteidigungsrede", die der Verteidiger vor dem Richter hält; vgl. Apg 22,1; 25,16 ) über ihre Hoffnung auf Christus. Eine solche verbale Verteidigung muß im Einklang mit einem der Heiligung geweihten Lebenswandel stehen.



1Pet 3,16


Das Zeugnis des Gläubigen darf nicht hochmütig sein, sondern muß mit Sanftmut und Gottesfurcht abgelegt werden. ("Gottesfurcht" kommt von phobos , "Furcht", während die "Achtung" gegenüber der Ehefrau, von der in V. 7 die Rede war, dem griechischen Wort timE , "Ehre", entspricht.) Die Christen, die im Angesicht der Verfolgung unerschrocken sind, legen ein gottesfürchtiges Bekenntnis ihres Glaubens an Christus ab. Sie haben ein gutes ( agathEn ) Gewissen ( syneidEsin ; vgl. 1Pet 2,19;3,21 ). Vielleicht spielt Petrus an dieser Stelle auf den Vorfall an, als er selbst Christus aus Furcht in einer Weise verleugnete, die weder sanftmütig noch gottesfürchtig war.

Christen, die ungerechtes Leiden ertragen und sich ein gutes Gewissen bewahren, lassen die, die sie verleumden und ihren guten Wandel in Christus schmähen , in eindrucksvoller Weise zuschanden werden . Wieder ermutigt der Apostel seine Leser mit dem Hinweis auf die Tatsache, daß ein untadeliger Lebenswandel ihre beste Verteidigung gegen ungerechte Bestrafung und Verfolgung ist.



1Pet 3,17


Er räumt jedoch ein, daß es durchaus auch Gottes Wille ( thelEma , vgl. 1Pet 2,15; 4,2.19 ) sein kann, daß sie um guter Taten willen leiden müssen (vgl. 1Pet 1,6;4,16.19 ), denn das ist, wie er schon früher gesagt hat, "Gnade bei Gott" ( 1Pet 2,20 ) und deshalb besser als verdientes Leiden um böser Taten willen (vgl. 1Pet 2,14 ). Vers 17 ist also die Zusammenfassung des Inhaltes von 1Pet 2,15.19-20 .



1Pet 3,18


In den Versen 18 - 22 macht der Apostel die zuvor gegebenen Verhaltensanweisungen an Beispielen anschaulich. Auch hier dient wieder Christus als das vollkommene Vorbild für seine Gemeinde. Er litt dafür, daß er Gutes tat ( 1Pet 3,21 ). Sein sündloses Leben rief die ungerechte Feindseligkeit schlechter Menschen hervor. Und doch fürchtete er die Menschen nicht, sondern befahl sich Gott. Christus steckte sich ein klares Ziel und tat, was er tun mußte. Er starb für die Menschheit und bewahrte sich ein gutes Gewissen (vgl. 1Pet 2,23 ). Dafür empfing er am Ende unendliche Seligkeit und höchsten Lohn in seiner Auferstehung und Erhöhung.

J.M.E. Ross schrieb, daß Vers 18 "eine der kürzesten und einfachsten und zugleich reichhaltigsten Aussagen des Neuen Testaments zur Bedeutung des Kreuzes Jesu ist" ("The First Epistle of Peter", in: A Devotional Commentary . London, o.J., S. 151/52). Christus hat ... für die Sünden gelitten (vgl. 1Pet 2,21.24 ). Die Wendung "für die Sünden", peri hamartiOn , wird in der Septuaginta für das Sühnopfer gebraucht. Doch der Ausdruck einmal (vgl. Röm 6,10; Hebr 9,26.28;10,10 ) bildet einen deutlichen Kontrast zu den jährlichen Opfern am Versöhnungsfest im Alten Testament und stellt die Vollkommenheit und Endgültigkeit des Opfers Christi in den Vordergrund. Das Stellvertretende am Tode Christi zeigt sich in der Wendung "der Gerechte für die Ungerechten" ( dikaios hyper adikOn ). Christus, der "Gerechte" ( dikaios ), ist in einzigartiger Weise dafür qualifiziert, anstelle der ( hyper , "für, anstelle von") "Ungerechten" ( adikOn ) zu sterben. Das göttliche Ziel, das durch Christi Opfertod erreicht wurde, war die Versöhnung der Menschen ( damit er euch zu Gott führte ).

Petrus schließt seine Aussagen zum Erlösungswerk Christi mit dem Hinweis auf seine Auferweckung. Auch wenn Christus nach dem Fleisch ( sarki ) tot war, so ist er doch lebendig gemacht nach dem Geist . "Nach dem Geist" gibt ein einziges griechisches Wort, pneumati , wieder, das vielleicht auf die dritte Person der Trinität als wirkende Kraft in der Auferstehung Christi deutet. Es kann aber auch Christi menschlicher Geist im Gegensatz zu seinem menschlichen Körper gemeint sein (vgl. 1Pet 4,6 ).



1Pet 3,19-20


Der Satz "in ihm ... hat (er) gepredigt den Geistern im Gefängnis" hat schon viele verschiedene Deutungen erfahren. Manche Exegeten sind der Ansicht, daß Petrus hier vom Abstieg des Geistes Christi in "das Reich der Toten" spricht, wo er zwischen seinem Tod und seiner Auferstehung den Menschen, die vor der Sintflut lebten, das Heil anbot. Für diese Auslegung gibt es jedoch keine Schriftbelege.

Andere beziehen den Abschnitt auf Christi Höllenfahrt nach seiner Kreuzigung, wo er den gefangengehaltenen gefallenen Engeln ( 2Pet 2,4-5 ,vgl. die "Gottessöhne" in 1Mo 6,2 ) seinen Sieg verkündete. Obwohl vieles für diese Auslegung spricht, so scheint es doch vom Kontext her plausibler, daß hier von menschlichen Wesen und nicht von Engeln die Rede ist.

Die "Geister" ( pneumasin , ein Terminus, der normalerweise für übernatürliche Wesen gebraucht wird, jedoch mindestens in einem Fall auch auf menschliche "Geister" bezogen wird, vgl. Hebr 12,23 ) werden in 1Pet 3,20 als jene gekennzeichnet, die einst ungehorsam waren, als Gott harrte und Geduld hatte zur Zeit Noahs, als man die Arche baute . Sie hatten sich in den 120 Jahren, die der Bau der Arche in Anspruch nahm, gegen die Botschaft Gottes aufgelehnt. Gott hatte erklärt, daß er die Schlechtigkeit der Menschen nicht für immer hinnehmen, sondern seine Geduld nur noch um 120 Jahre verlängern würde ( 1Mo 6,3 ). Da die gesamte Menschheit außer Noah ( 1Mo 6,5-9 ) böse war, beschloß Gott, "die Menschen von der Erde zu vertilgen". Die "Geister", von denen Petrus in 1Pet 3,19 spricht, sind wahrscheinlich die Seelen dieser schlechten Menschen, die zur Zeit Noahs lebten. Ihre "Geister" sind nun "im Gefängnis" und warten auf das Jüngste Gericht am Ende der Zeiten.

Problematisch bleibt die Frage, wann Christus diesen "Geistern" predigte. Die Erklärung zur Auferstehung Christi in 1Pet 3,18- "nach dem Geist" - enthält möglicherweise die Vorstellung, daß der präexistente Christus tatsächlich in Noah war und mit Hilfe des Wirkens des Heiligen Geistes durch ihn predigte. Petrus ( 1Pet 1,11 ) spricht auch vom "Geist Christi" in den alttestamentlichen Propheten. An anderer Stelle bezeichnet er Noah als "den Prediger der Gerechtigkeit" ( 2Pet 2,5 ). Der Geist Christi predigte durch Noah vor den gottlosen Menschen, die zur Zeit der Abfassung des Petrusbriefes "Geister im Gefängnis" waren und auf das Gericht warteten.

Diese Deutung scheint dem Tenor dieses ganzen Abschnittes ( 1Pet 3,13-22 ), sich in ungerechter Bedrängnis ein gutes Gewissen zu bewahren, am ehesten zu entsprechen. Noah wird zum Beispiel eines Menschen, der seinem Gewissen entsprechend handelte, obwohl er sich damit öffentlich lächerlich machte. Er schämte sich nicht vor seinen Zeitgenossen, sondern gehorchte Gott und verkündete die ihm aufgetragene Botschaft. Die Belohnung, die ihm dafür zuteil wurde, daß er, um sein Gewissen rein zu halten, die Schmähungen seiner Umwelt in Kauf nahm, war die Rettung seiner selbst und seiner ganzen Familie, die gerettet wurden durchs Wasser hindurch .



1Pet 3,21


Das ( ho , ein Relativpronomen, das sich auf das "Wasser" zurückbezieht) Wasser ist ein Vorbild der Taufe ( baptisma ). Die Taufe stellt einen völligen Bruch mit der Vergangenheit dar. Wie die Sintflut die alte sündige Welt fortschwemmte, so symbolisiert die Taufe das Fortschwemmen des alten, sündigen Lebens und den Eintritt des Getauften in ein neues Leben in Christus. Petrus macht das zuvor Gesagte nun für seine Leser fruchtbar. Er ermahnt sie zu mutigem Handeln, indem sie durch die Taufe öffentlich für Christus eintreten. Der öffentliche Akt der Taufe wird sie vor der Versuchung "retten", ihr gutes Gewissen zu verraten, um Verfolgungen zu entgehen. Für die Christen des 1. Jahrhunderts bedeutete die Taufe den entscheidenden Schritt in die Nachfolge Christi, ohne Rücksicht auf etwaige negative Folgen.

Die Taufe rettet nicht von der Sünde, aber sie bewahrt den Menschen vor einem schlechten Gewissen. Petrus lehrt an dieser Stelle, daß die Taufe nicht nur ein äußeres Reinigungszeremoniell ist, sondern ( alla ; ein stark kontrastierendes Wort) die Bitte ( eperOtEma ) der Christen um ein gutes Gewissen ( syneidEseOs ; vgl. V. 16 ) vor Gott. Sie ist ein Sinnbild des Vorgangs, den der Getaufte, der sich Christus als seinem Heiland anvertraut hat, innerlich und in seinem Leben bereits durchlaufen hat (vgl. Röm 6,3-5; Gal 3,27; Kol 2,12 ). Um den Ursprung der Rettung ganz deutlich zu machen, setzt Petrus hinzu: durch die Auferstehung Jesu Christi (vgl. 1Pet 1,3 ).


1Pet 3,22


Durch den Verweis auf die Auferstehung Christi schließt sich der Kreis der Argumentation, und Petrus ist wieder bei seinem ersten und wichtigsten Beispiel angelangt. Er ergänzt es mit dem Hinweis auf die Belohnung und Verherrlichung Christi. Als Zeuge der Himmelfahrt des Herrn (vgl. Mk 16,19; Lk 24,51; Apg 1,6-11 ) schreibt er, daß Christus gen Himmel ... aufgefahren ... ist . Der Lohn für seine Treue wird in seiner Erhöhung über alle Dinge offenbar. Er sitzt zur Rechten Gottes (vgl. Ps 110,1; Hebr 1,13;8,1;10,12;12,2 ), auf dem Platz der höchsten Ehre, von wo aus er über die ganze Schöpfung herrscht (vgl. Kol 1,15-16;2,15 ).


B. Das Ertragen von Leiden
( 1Pet 4 )


Kapitel 4 ist das Herzstück des 1. Petrusbriefes. Es enthält die praktischen Anweisungen, die der Apostel vom vorbildhaften Leiden Christi für die Gemeinde ableitet. Um Leiden ertragen zu können, müssen sich die Christen mit Christi Mut wappnen, einander in christlicher Liebe dienen und sich Gott in festem Glauben anvertrauen.



1. Christliche Haltung
( 4,1-6 )


Standhaftigkeit im Leiden erfordert eine christliche Grundhaltung, ein Leben in der Gegenwart nach dem Willen Gottes in dem klaren Bewußtsein, daß die Gläubigen in Ewigkeit vor seinem Angesicht leben werden.

1Pet 4,1


Mit dem Kausalpronomen weil (die griechische Partikel oun , die hier folgernde Bedeutung hat) kehrt Petrus zum Thema des Leidens Christi (vgl. 1Pet 3,18 ) zurück und überträgt das Prinzip des geduldigen Ausharrens in zu Unrecht erfahrenem Leiden auf die momentane Situation seiner Leser. Er ermahnt die Gläubigen, sich mit demselben mutigen Sinn oder der gleichen Haltung zu wappnen, die Christus in seinem Leiden an den Tag legte. Das mit "sich wappnen" übersetzte Wort hoplisasthe , das nur an dieser Stelle im Neuen Testament auftaucht, stammt aus dem militärischen Sprachgebrauch und bezeichnet das Anlegen der Rüstung bei einem Soldaten (vgl. Eph 6,13 ). Mit der gleichen Entschlossenheit und Sorgfalt, mit der sich ein Soldat für die Schlacht rüstet, sollen sich die Christen den "Sinn" ( ennoian , wörtlich "Gedanken"; das Wort taucht in der Bibel sonst nur Hebr 4,12 auf) Christi in der Verfolgung zu eigen machen: die unbeugsame Entschlossenheit, den Willen Gottes zu tun.

Das Gleichwerden mit Christus, das Anlegen dieser geistlichen Rüstung, bedeutet auch das Hineingezogenwerden in sein Leiden und seinen Tod. Christus litt im Fleisch , und genauso leiden die Christen im Fleisch . Wer das auf sich nimmt, der hat aufgehört mit der Sünde , d. h., er ist Christus gleichgeworden (wie es auch in der Taufe deutlich wird) und hat mit seinem bisherigen sündigen Leben gebrochen. Weil Christus gestorben ist, sollen die Christen "hinfort der Sünde nicht dienen. Denn wer gestorben ist, der ist frei geworden von der Sünde" ( Röm 6,6-7 ).



1Pet 4,2


Christen, die ihrem Herrn in dieser Weise gleichgeworden sind, sind der Sünde gestorben. Sie können die noch übrige Zeit ihres Lebens nicht den Begierden der Menschheit, sondern dem Willen Gottes leben (vgl. 1Pet 2,15;3,17;4,19 ).



1Pet 4,3


Die Gläubigen werden aufgefordert, ihr jetziges Leben auf den Willen Gottes auszurichten, weil all ihre schlechten Gewohnheiten nun der Vergangenheit angehören. Petrus sagt hier ganz unmißverständlich, daß es im Leben der Christen einen klaren Bruch zwischen dem vergangenen, nach heidnischem Willen ( boulEma tOn ethnOn ) verbrachten Leben, den vergeudeten Jahren der Ausschweifung, Begierden, Trunkenheit, Fresserei, Sauferei und greulichem Götzendienst (vgl. Gal 5,19-21 ), und dem neuen Leben geben muß. Wahrscheinlich machte diese eindringliche Mahnung vor allem den Heidenchristen, die vor ihrer Bekehrung ein besonders sündiges Leben zu führen pflegten, Eindruck.

 

1Pet 4,4


Christen sollen nach dem Willen Gottes leben, weil aus ihren alten Bekannten nun ihre Verfolger geworden sind. Die Gottlosen in ihrer Umgebung waren zutiefst überrascht und irritiert ( befremdet , xenizontai , von xenos , "Fremder"; vgl. V. 12 ) von der Wandlung, die mit ihren einstigen Genossen vorgegangen war. Ein verändertes Leben ruft die Feindseligkeit derer hervor, die die verändernde Kraft des Evangeliums nicht annehmen und deshalb die Gläubigen lästern ( blasphEmountes ).

 

1Pet 4,5


All jene, die ihr Leben in Ausschweifung und Götzendienst verbracht haben, werden eines Tages Rechenschaft geben ( apodOsousin logon , wörtlich "eine Rechnung begleichen"; vgl. Mt 12,36; Lk 16,2; Apg 19,40; Hebr 13,17 ) müssen. Petrus hebt warnend hervor, daß diese Menschen dem, der bereit (d. h. willens) ist, zu richten , gegenübertreten müssen. Keiner wird diesem letzten Gericht seiner irdischen Worte und Taten entgehen, wenn Christus die Lebenden ( zOntas ) und die Toten ( nekrous ) richten wird (vgl. Apg 10,42; Röm 14,9; 1Thes 4,15; 2Tim 4,1 ).



1Pet 4,6


Denn dazu , weil jeder vor Gott Rechenschaft ablegen muß, ist auch den Toten das Evangelium verkündigt . Dieser Satz ist verschieden ausgelegt worden: (a) "Die Toten" bezieht sich auf diejenigen Menschen, die durch die Sünde geistlich tot sind. (b) Der Begriff bezieht sich auf jene, die das Evangelium gehört und ihm geglaubt haben,doch in der Zwischenzeit gestorben sind. (c) Gemeint sind diejenigen, die gestorben sind, ohne das Evangelium gehört und daran geglaubt zu haben. Barclay plädiert für die dritte Deutung und nimmt an, daß 1Pet 3,19 sich auf die Verkündigung des Evangeliums vor den Toten bezieht. Er spricht deshalb von einem "atemberaubenden Blick auf ein Evangelium, das den Menschen eine zweite Chance einräumt". Seine Auslegung hat allerdings keinen Anhalt in der Schrift und widerspricht auch der orthodoxen christlichen Lehre (vgl. V. 5 ). Im vorliegenden Vers ermutigt Petrus seine Leser, im Gegensatz zu Vers 5 , mit der Tatsache, daß diejenigen, die das Evangelium von Jesus Christus gehört und daran geglaubt haben, nicht dem Gericht für ihre Sünden, sondern einer vollkommen anderen Zukunft entgegengehen. Die Strafe für ihre Sünden ist von Christus am Kreuz bezahlt worden. Einzig der leibliche Tod besteht als Wirkung der Sünde auf Erden noch fort. Auch die Gläubigen sterben noch; sie werden nach Menschenweise gerichtet (vgl. das Leiden im Leben, "im Fleisch", V. 1 ). Doch ihr leiblicher Tod mündet nicht in das Gericht, sondern in das ewige Leben: Nach Gottes Weise haben sie das Leben ... im Geist . Wer sich mit dem "Sinn Christi" wappnet, wird auf ewig bei Gott leben.



2. Christlicher Dienst
( 4,7 - 11 )


Der Mut zu geduldigem Ausharren kommt nicht nur aus der zukünftigen Hoffnung der Gläubigen, sondern auch aus dem brüderlichen Dienst der Christen untereinander.



1Pet 4,7


Es ist aber nahe gekommen ( Engiken ; dasselbe Wort bezieht sich in Jak 5,8 auf die Wiederkunft Christi) das Ende aller Dinge . Der Hinweis auf die Verstorbenen der christlichen Gemeinschaft ( 1Pet 4,6 ) geht über auf den Hinweis auf die nahe bevorstehende Rückkehr Christi zu seiner Kirche. Die Kürze der verbleibenden Zeit ist ein Ansporn für die Gläubigen, ein Leben im Dienste Jesu Christi zu führen (V. 2 ). Sie müssen dafür besonnen ( sOphronEsate , wörtlich "vernünftig"; vgl. Mk 5,15 ) und nüchtern ( nEpsate ; vgl. 1Pet 1,13;5,8 ) zum Gebet sein (vgl. Eph 6,18 ). Das Gebet, das in der Verfolgung eine entscheidende Rolle spielt, soll ein klares, vernünftiges und nüchternes Gespräch mit Gott sein.


1Pet 4,8-9


Habt untereinander beständige Liebe ( agapEn ... echontes ). Mit dem Adjektiv "beständig" (ektene, "gestreckt, gedehnt") wurden die angespannten Muskeln eines Athleten beschrieben, der sich anstrengt, um ein Rennen zu gewinnen (vgl. ektenOs in 1Pet 1,22 ). Die selbstlose Liebe und Fürsorge der Christen für andere muß so weit gehen, daß sie sich für ihre Nächsten aufopfern. Die Liebe deckt ( kalyptei , wörtlich "verbirgt") auch der Sünden Menge . Eine solche tatkräftige Liebe ist nicht blind, sondern sie sieht die Fehler der anderen und nimmt sie an (vgl. Spr 10,12; 1Kor 13,4-7 ). Sie kann sich in der Ausgabe kostenlosen Essens und im Anbieten von Schlafmöglichkeiten äußern, also in einer großherzigen Gastfreundschaft ( philoxenoi , wörtlich "freundlich zu Fremden sein"), die ohne Murren allen Reisenden offensteht. In Zeiten der Verfolgung war das Gastrecht für Christen, die ihre Heimat verlassen und in neue Gebiete ziehen mußten, von besonderer Bedeutung.



1Pet 4,10


Die Gläubigen sollen jede Gabe ( charisma ), die Gott ihnen verliehen hat, mit Bedacht und zum Dienst ( diakonountes ; vgl. diakonos , "Diakon") für andere einsetzen. Die Wendung "als die guten Haushalter" ( hOs kaloi oikonomoi ) deutet an, wie die Christen mit ihren geistlichen Gaben umgehen sollen. Ein Haushalter steht dem Hauswesen vor. Er ist nicht selbst reich, sondern verwaltet den ihm anvertrauten Besitz nach dem Willen und der Anweisung seines Herrn. Die anvertraute "Gabe" ( charisma ) der Christen kommt aus der Gnade Gottes ( charitos ), die sich in mancherlei Gestalt ( poikilEs ; vgl. 1Pet 1,6 ,wo Petrus von "mancherlei", poikilois , Anfechtungen spricht) äußert. Innerhalb der Kirche manifestiert sie sich darin, daß die Gläubigen ihre Geistesgaben zum Dienst am Nächsten gebrauchen.



1Pet 4,11


Der Apostel unterteilt den Dienst Christi in zwei Kategorien: Diener Christi ist einer, der predigt, daß er's rede ( lalei ), und einer, der dient, daß er's tue ( diakonei ; vgl. V. 10 ). Diese Unterscheidung bezieht sich auf die Ämterteilung in der Gemeinde, die die Zwölf vornahmen ( Apg 6,2-4 ). Diese beiden allgemeinen Amtsfunktionen überlappen einander jedoch häufig. Beide sind von dem gnädigen Beistand Gottes abhängig. Der Grund dafür, daß die Christen sich auf das Wort (vgl. Apg 7,38; Röm 3,2; Hebr 5,12 ) und die Kraft ( ischyos ) Gottes verlassen sollen, ist, daß Gott in allen Dingen ... gepriesen wird durch Jesus Christus . An die Erwähnung des Namens Christi schließt Petrus eine doxologische Formel an: "Sein ist die Ehre und Gewalt ( kratos , "Macht") von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen" (vgl. dieselbe Formel in 1Pet 5,11 ). Der Ruhm und die Ehre des christlichen Dienstes gebühren in jedem Fall Jesus Christus.



3. Christlicher Glaube
( 4,12 - 19 )


In der Vorahnung der Bedrängnisse, die den Gläubigen in Kleinasien bevorstanden, ermutigt Petrus seine Leser zum Ausharren in festem christlichen Glauben, damit sie auch darin Christus ganz gleichkommen, den Segen des Glaubens erfahren und ihr Vertrauen in Gott vollkommen werde.



1Pet 4,12


Der Apostel warnt die Gläubigen vor der bevorstehenden Zeit schwerer Bedrängnis und bestärkt sie erneut in ihrer geistigen Bereitschaft für das Kommende (vgl. 1Pet 1,13;4,7 ): "Laßt euch durch die Hitze (wörtlich: "die unter euch brennende" Versuchung; das Verb pyrOsei kommt von pyroO , "brennen") nicht befremden ( xenizesthe , "überraschen"; vgl. V. 4 ), die euch widerfährt zu eurer Versuchung . Das Bild der Hitze ist hier vielleicht im gleichen Sinn gemeint wie in 1Pet 1,7 ,wo in einem ganz ähnlichen Kontext vom Läuterfeuer die Rede ist. Es läßt sich aber auch konkret auf die historische Situation der neronischen Christenverfolgung beziehen: Die Christen wurden beschuldigt, den Brand Roms verursacht zu haben, und im Zuge der anschließenden Greueltaten wurden manche von ihnen mit Pech übergossen und bei Nacht als lebendige Fackeln in den kaiserlichen Gärten verwendet. Möglicherweise befürchtete Petrus, daß die Provinzialbeamten dem Beispiel ihres Kaisers folgen und auch in Kleinasien Christen bei lebendigem Leibe verbrennen würden. Derartige Auswüchse sollten nicht ohne Vorwarnung über die dortigen Christen kommen, als widerführe ihnen etwas Seltsames ( xenou ).



1Pet 4,13


Sondern freut euch, daß ihr mit Christus leidet ( koinOneite , von koinOneO , "Gemeinschaft haben mit"; verwandte Substantive sind: koinOnia , "Gemeinschaft, enge Verbundenheit", und koinOnos , "Teilhaber"; vgl. 1Pet 5,1 ). Das Leiden um Christi willen soll den Christen ein Grund zur Freude sein, weil sie dadurch noch stärker in die Nachfolge einbezogen werden. Dieses Leiden führt (a) zur Freude mit Christus (das Wort Wonne ist in 1Pet 1,6 mit "Freude" übersetzt), (b) zur Gemeinschaft mit ihm ( Phil 3,10 ), (c) zur Verherrlichung mit dem Herrn ( Röm 8,17 ) und (d) zur gemeinsamen Herrschaft mit ihm ( 2Tim 2,12 ). Das Neue Testament sagt eindeutig aus, daß alle diejenigen, die am Leiden Christi teilhaben, zur Zeit der Offenbarung ( apokalypsei ; vgl. 1Pet 1,7;5,1 ) auch an seiner Herrlichkeit teilhaben werden. Der Apostel Petrus führt diese Wahrheit als Grund für die künftige Hoffnung und die gegenwärtige Freude der Christen inmitten von Verfolgungen an.



1Pet 4,14


Nochmals bezieht er sich auf ein Jesuswort ( Mt 5,11 ). Wenn ein Christ geschmäht wird (vgl. 1Pet 3,9 ) um des Namens Christi willen , so ist er selig ( makarioi ; vgl. 1Pet 3,14 ) zu nennen. Alles, was wir um Christi willen zu erdulden haben, ist als Vorteil und nicht als Strafe zu erachten. Die Wendung "ein Geist der Herrlichkeit und Gottes" (vgl. Jes 11,2; Mt 3,16 ) nimmt Bezug auf die Einwohnung des HeiligenGeistes in all denen, die mit dem "Namen Christi" bezeichnet werden und deshalb Verfolgung leiden (vgl. 1Pet 4,16 ).



1Pet 4,15


Petrus betont, daß Bedrängnis von außen keine Entschuldigung für Gesetzesübertretungen ist. Die Christen sollen nie Gleiches mit Gleichem vergelten ( 1Pet 3,9 ), auf physische Gewalt nicht mit Mord, auf die Beschlagnahmung ihrer Güter nicht mit Diebstahl reagieren. Ganz gleich, was mit ihnen geschieht, dürfen sie nichts tun, was ihre Bestrafung als Übeltäter rechtfertigen würde (vgl. 1Pet 2,19;3,17 ). Sie sollen nicht als ein Mörder oder Dieb oder Übeltäter oder als einer, der in ein fremdes Amt greift , verurteilt werden und leiden. Es ist den Christen auch nicht erlaubt, sich in die Angelegenheiten anderer einzumischen (vgl. 1Tim 5,13 ).

 

1Pet 4,16


Es ist keine Schande, als ein Christ zu leiden, wohl aber als ein Verbrecher. Ja, das Leiden eines Christen in diesem Namen ist vielmehr ein Anlaß, Gott zu loben, denn mit ihm wird sein Träger auch mit den Segnungen der Erlösung gleichgesetzt (vgl. V. 11 ). Der Terminus "Christ" ( Christianos ) kommt in der Bibel nur dreimal vor (an dieser Stelle und in Apg 11,26; Apg 26,28 ). Vielleicht wurde der Begriff von den Ungläubigen in pejorativer Weise, als Beleidigung, gebraucht.

1Pet 4,17-18


Petrus hat in seinem Schreiben bereits darauf hingewiesen ( 1Pet 3,17 ), daß Verfolgung und Leiden, wenn man sie nach dem Willen Gottes annimmt, dazu dienen können, den Glauben zu läutern und zu erproben ( 1Pet 1,6-7 ). Hier fügt er ergänzend hinzu, daß Gott solche Bedrängnisse als Disziplinierungsmaßnahme und vorweggenommenes Gericht zuläßt, um das Leben derer, die im Hause Gottes sind, zu reinigen. Wenn die Gläubigen ein irdisches Gericht nötig haben ( wenn aber zuerst an uns , eine Bedingung ersten Grades, die voraussetzt, daß die Prämisse richtig ist), wieviel mehr verdienen diejenigen, die dem Evangelium Gottes nicht glauben (vgl. 1Pet 2,7 ), der Gottlose und der Sünder , das ewige Gericht. Der Apostel zitiert Spr 11,31 nach der Fassung der Septuaginta: Wenn der Gerechte kaum gerettet wird - eine Bekräftigung der Forderungen Gottes an seine Kinder. Die Schicksalsschläge des Lebens sind Teil der ständigen Fürsorge Gottes, auch wenn eine "Strafe" vom menschlichen Standpunkt aus immer als "Härte" erscheint. Petrus stellt hier nicht die These auf, daß die Erlösung durch das Ertragen persönlicher Anfechtungen oder durch Werke erlangt werden kann, sondern sagt einfach, daß die Geretteten nicht von zeitweiligen Bestrafungen, die die natürliche Folge der Sünde sind, ausgenommen sind. Das bekräftigt auch der Verfasser des Hebräerbriefes: "Wen der Herr lieb hat, den züchtigt er ... Es dient zu eurer Erziehung, wenn ihr dulden müßt" ( Hebr 12,6-7 ).



1Pet 4,19


Wenn die Gläubigen sich nichts zuschulden kommen ließen, sondern einzig und allein deshalb leiden, weil sie Christi Namen tragen, so können sie gewiß sein, daß sie damit nach Gottes Willen leiden (vgl. 1Pet 2,15;3,17;4,2 ). Sie sollen in diesem Fall in beispielhafter Weise an ihrem Glauben festhalten - wie Christus sich seinem Vater anvertraut hat, der gerecht richtet ( 1Pet 2,23 ), so sollen auch die Gläubigen ihm ihre Seelen ( psychas autOn ) anbefehlen ( paratithesthOsan , "anvertrauen") als dem treuen Schöpfer und Gutes tun (vgl. 1Pet 2,15.20 ).



V. Beauftragung mit neuer Verantwortung
( 5,1 - 11 )


Im letzten Kapitel seines Briefes geht Petrus auf die neue Verantwortung in der Gemeinde ein, die sich angesichts der schweren Zeiten stellt. Er ermahnt die Ältesten, die Gemeinde wie Hirten zu führen, die jungen Männer, sich den älteren unterzuordnen, und schließlich jedermann, im Glauben standhaft zu bleiben.



A. Das Hirtenamt der Ältesten
( 5,1-4 )


Die Anweisungen an die Ältesten sind in drei paarweisen negativen und positiven Mahnungen zusammengefaßt. Sie orientieren sich an Hes 34,1-16 ,wo die falschen Hirten dem Guten Hirten gegenübergestellt werden.



1Pet 5,1


Petrus bezieht sich in seiner Anrede an die Ältesten ( presbyterous ; vgl. Apg 11,30; Apg 20,17 ) selbst mit ein ( sympresbyteros , "Mit-Ältester"). Als ein Mann, der dasselbe Amt innehat, spricht er an dieser Stelle aus Erfahrung. Seine eigentliche Autorität gründet sich jedoch auf sein Apostolat ( 1Pet 1,1 ) und darauf, daß er ein Zeuge ( martys ; vgl. Apg 3,15; 10,39 ) der Leiden Christi war. Darüber hinaus sieht er sich als einen Menschen, der an der Herrlichkeit, die offenbart werden soll , teilhat ( koinOnos ; vgl. 1Pet 4,13 ). Der Apostel hat bereits deutlich gemacht, daß all jene, die Christi Leiden teilen, auch an seiner Herrlichkeit teilhaben werden ( 1Pet 4,13 ). Einen weiteren Identifikationspunkt mit seinen Lesern schafft er mit dem Hinweis auf sein eigenes Leiden um Christi willen ( Apg 5,40 ).



1Pet 5,2


Den Befehl "weidet ( poimanate , "sich kümmern um") die Herde Gottes" gab ursprünglich Jesus seinem Jünger Petrus ( Joh 21,16 ). Dazu gehört Vorsorge für Nahrung, Betreuung, Führung und Schutz - alles Aufgaben und Pflichten, die ein Hirte seiner Herde gegenüber hat. Mit dem griechischen Partizip episkopountes ( achtet auf sie ) ist das Substantiv episkopos ("Bischof") verwandt, das noch fünfmal im Neuen Testament auftaucht ( Phil 1,1; 1Tim 3,1-2; Tit 1,7; 1Pet 2,25 ). Die Amtsbezeichnung "Bischof" scheint mit der des "Ältesten" austauschbar zu sein und sowohl geistliche als auch leibliche Führung und Fürsorge einzuschließen. (In einigen griechischen Manuskripten fehlt der Begriff episkopountes .)

Mit scharf kontrastierenden Mitteln macht Petrus klar, aus welchen Motiven heraus und in welcher Weise das Amt des Bischofs oder Ältesten verwaltet werden muß. Der Älteste muß aus freiem Antrieb und nicht aus dem Gefühl äußeren Drucks handeln: Nicht gezwungen, sondern freiwillig . Soziale oder finanzielle Beweggründe dürfen nicht an die Stelle des reinen Wunsches treten, Gottes Willen zu erfüllen und ihm engagiert zu dienen: Nicht um schändlichen Gewinns willen, sondern von Herzensgrund (vgl. 1Tim 3,8; Tit 1,7.11 ). Ein Hirte, der aus falschen Motiven heraus für seine Herde sorgt, "bringt nur sein eigenes Schäfchen ins Trockne" und läßt die Herde verderben ( Hes 34,2-3 ).



1Pet 5,3


Die Wendung nicht als Herren ( katakyrieuontes ) läßt an eine Herrschaft der Starken über die Schwachen denken (vgl. Mt 20,25; Mk 10,42 ). Der Prophet Hesekiel warf den falschen Hirten vor: "Das Schwache stärkt ihr nicht, und das Kranke heilt ihr nicht, das Verwundete verbindet ihr nicht, das Verirrte holt ihr nicht zurück, und das Verlorene sucht ihr nicht; das Starke aber tretet ihr nieder mit Gewalt, und meine Schafe sind zerstreut, weil sie keinen Hirten haben" ( Hes 34,4-5 ). Demgegenüber mahnt der Apostel Petrus die Ältesten, Vorbilder (typoi ) der Herde zu sein und der Gemeinde in beispielhafter Weise voranzugehen. Sie sollen Gottes Volk nicht vor sich her treiben, sondern ihm mit dem Beispiel ihrer christlichen Reife vorangehen.


1Pet 5,4


Christus, der Erzhirte ( archipoimenos ), ist der "wahre" ( Hes 34,11-16 ), "gute" ( Joh 10,11-14 ) und "große Hirte" ( Hebr 13,20 ). Wenn er wiederkommt, werden seine treuen Stellvertreter an seiner Herrlichkeit teilhaben ( 1Pet 5,1 ) und die unvergängliche Krone empfangen (vgl. 1Pet 1,4 ).



B. Die Unterordnung der Jüngeren
( 5,5 - 7 )


Nach den Anweisungen für die Leiter der Gemeinde, die Hirten, wendet sich Petrus nun an die Herde selbst. Gute Leiter verdienen eine gute Gefolgschaft, die sich ihrer Abhängigkeit von den Vorstehern und von Gott bewußt ist.



1Pet 5,5


Ihr Jüngeren, ordnet euch den Ältesten unter ( hypotagEte ; vgl. 1Pet 3,1 ). Die Gemeindevorsteher waren im allgemeinen ältere Männer. Die jüngeren Gemeindeglieder sollen sich der Autorität derjenigen, denen dieses verantwortliche Amt übertragen wurde, bereitwillig unterstellen. Beiden, Jungen und Alten, legt Petrus ans Herz, miteinander ... an der Demut festzuhalten ( enkombOsasthe , "sich mit etwas umkleiden"; eine enkombOma war der Mantel eines Sklaven). Wahre Demut ist ein schönes Gewand (vgl. 1Pet 3,8 ). Vielleicht wollte Petrus hier auf die Fußwaschung Jesu anspielen, bei der dieser seine Jünger lehrte, daß Demut die Vorbedingung allen Dienstes und der Dienst die Ausübung der Demut ist ( Joh 13,14-15 ).

Um Gottes Haltung gegenüber den Stolzen und den Demütigen deutlich zu machen, zitiert der Apostel Spr 3,34 : "Gott widersteht den Hochmütigen, aber den Demütigen gibt er Gnade."



1Pet 5,6-7


In diesem Wissen soll es den Christen nicht nur leichtfallen, sich andern zu unterstellen, sondern auch, sich aus freien Stücken Gottes souveräner Herrschaft unterzuordnen. Das Gebot demütigt euch ( tapeinOthEte ) könnte auch mit "laßt euch demütigen" übersetzt werden. Die um Christi willen Verfolgung leiden, können sich daran aufrichten, daß die gleiche gewaltige Hand , die sie ins Leiden führte, sie eines Tages auch erhöhen ( hypsOsE ) wird (vgl. Jak 4,10 ).

Schließlich ruft der Apostel seinen Lesern den klassischen Zuspruch Christi in der Bergpredigt ( Mt 6,25-32 ) ins Gedächtnis, wo er Ps 55,23 zitiert: "Wirf dein Anliegen auf den Herrn, der wird dich versorgen." Alle Ängste und Befürchtungen der Gläubigen können auf ihn geworfen werden. Christus wird ihnen Kraft geben, denn er sorgt für sie . Das ist das Fundament des christlichen Vertrauens, daß Christus wirklich für das Wohl der Seinen sorgt.


C. Die Standhaftigkeit aller Gläubigen
( 5,8 - 11 )


Die Gläubigen sollen zwar ihr Vertrauen ganz auf Gott setzen, doch sie dürfen nicht nachlässig werden. Christen in bedrängter Lage müssen wachsam, stark und standhaft sein durch Christus selbst.



1Pet 5,8


Seid nüchtern ( nEpsate ; vgl. 1Pet 1,13;4,7 ) und wacht ( grEgorEsate ; vgl. 1Thes 5,6.10 ). Die Christen müssen ständig auf der Hut sein, weil der Widersacher ( antidikos ), der Teufel ( diabolos , "Verleumder"), ständig nach einer Gelegenheit sucht, um sie anzugreifen. Dieser Vers könnte auch eine verschleierte Anspielung auf die Schrecken der neronischen Greueltaten im römischen Kolosseum sein, wo die Christen Löwen vorgeworfen wurden. Das gleiche will der Satan im geistlichen Bereich tun; er will das Zeugnis der Gläubigen auslöschen.

 

1Pet 5,9


Dem Teufel kann und muß widerstanden werden. Widersteht ( antistEte ) taucht in derselben Bedeutung auch in Jak 4,7 auf (vgl. antidikos , "Widersacher", in 1Pet 5,8 ). Das Wort drückt eher eine Verteidigungs- als eine Angriffshaltung aus. Die Christen können dem Satan nur Widerstand leisten, wenn sie sich ganz auf Christus verlassen und fest im Glauben bleiben (vgl. V. 12 ; Kol 2,5 ). Einen weiteren Trost für seine Leser sieht Petrus darin, daß sie in ihren Leiden nicht allein sind. Das Bewußtsein, daß andere Christen - eure Brüder in der Welt - dasselbe durchmachen, müßte sie in ihrer Entschlossenheit und Standhaftigkeit bestärken.


1Pet 5,10


Der Apostel hat in seinem Brief großen Wert darauf gelegt, seine Leser darauf einzustimmen, Bedrängnisse so zu ertragen, daß in ihrem Leben die Gnade Gottes offenbar wird. In seinem abschließenden Segenswort befiehlt er sie dem Gott aller Gnade an (vgl. 1Pet 4,10 ). Alle seine seelsorgerlichen Ermahnungen fließen noch einmal in diesem Segen zusammen. Das Leiden der Christen wird nur eine kleine Zeit dauern, die Herrlichkeit in Christus Jesus , zu der sie berufen sind, aber wird ewig währen (vgl. Röm 8,17.18; 2Kor 4,16-18 ). (Hier gebraucht Petrus zum achten Mal in seinem Brief das Wort "Herrlichkeit": 1Pet 1,7.11.21.24;2,20;4,14;5,1.10 .) Gott selbst wird sie aufrichten, stärken ( stErixei ; vgl. 2Thes 2,17 ), kräftigen ( sthenOsei ; das Wort steht nur an dieser Stelle im Neuen Testament) und gründen ( themeliosei , "gegründet"; vgl. Eph 3,17; Kol 1,23 ).



1Pet 5,11


Ihm sei die Macht ( kratos ) von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen . In dieser Segensformel, die der in 1Pet 4,11 gleicht, lobt Petrus Christus, der für alle Zeiten alle Macht hat (vgl. Röm 11,36; 1Tim 6,16 ). Ganz sicher hat er auch die Macht, den Seinen in der Verfolgung Kraft zu geben.


VI. Schluß
( 5,12 - 14 )


1Pet 5,12


Wie Paulus am Ende seiner Briefe, so hat wohl auch Petrus diese letzten Zeilen selbst geschrieben. Das übrige hatte er wahrscheinlich seinem Sekretär Silvanus diktiert ( durch Silvanus ... habe ich euch ... geschrieben ), der den Brief vermutlich auch persönlich an die verschiedenen Gemeinden in Kleinasien überbrachte, und zwar auf der in 1Pet 1,1 beschriebenen, festgelegten Route. Es war wahrscheinlich derselbe Silvanus, der Paulus auf seiner zweiten Missionsreise begleitete ( Apg 15,40 ). In den Worten "zu ermahnen ( parakalOn ; vgl. 1Pet 5,1 ) und zu bezeugen" ( epimartyrOn ) faßt der Apostel nochmals den Zweck seines Schreibens zusammen: Es ging ihm darum, den Christen Mut zu machen, Verfolgungen geduldig zu ertragen und standhaft zu bleiben, damit die rechte Gnade Gottes (vgl. 1Pet 1,13;4,10 ) an ihnen für die ungläubige Welt deutlich werde.



1Pet 5,13


Den historischen Belegen zufolge hielt sich Petrus in den letzten Jahren seines Lebens in Rom auf. Babylon mag also ein Deckname für Rom sein, den der Apostel benutzte, um die römische Gemeinde und sich selbst vor der neronischen Verfolgung zu schützen. (Es gibt allerdings auch die These, daß er tatsächlich aus Babylon am Euphrat schrieb.) Den Grüßen des Apostels schließt sich auch sein Sohn im Glauben, Markus , an. Paulus ( Kol 4,10 ) ließ Johannes Markus, den Vetter des Barnabas, bei einer früheren Gelegenheit in Rom zurück. Daher stimmen die meisten Exegeten darin überein, daß er sich zur Abfassungszeit des 1. Petrusbriefes in Rom aufhielt. Das spricht für die Annahme, daß "Babylon" sich tatsächlich auf Rom bezieht.



1Pet 5,14


Die häufige Erwähnung des "Kusses" im Neuen Testament deutet darauf hin, daß es sich dabei um ein übliches Zeichen der Gemeinschaft und der christlichen Liebe handelte (vgl. Röm 16,16; 1Kor 16,20; 2Kor 13,12; 1Thes 5,26 ).

Petrus schließt seinen Brief, wie er ihn begann ( 1Pet 1,2 ), indem er den Christen inmitten von Verfolgung Mut zuspricht und um den Frieden ( eirEnE ) Gottes für sie bittet, der allen, die in Christus , dem Friedenskönig, sind, so überreich gewährt wird.



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