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14.06.2025
Interlinear Griechisch Deutsch

1. Korinther Walvoord David K. Lowery


1. Korinther Kapitel 07

 

 

IV. Schwierigkeiten in der Gemeinde

( 1Kor 7-15 )

 

Die Bemerkung, mit der Paulus Kapitel 6 abschließt, "preist Gott mit eurem Leibe", könnte gleichzeitig als Leitmotiv für den folgenden Abschnitt dienen, in dem er Fragen der Korinther in bezug auf die Ehe ( 1Kor 7 ), die persönliche Freiheit ( 1Kor 8,1-11,1 ), die Kirchenordnung ( 1Kor 11,2-14,40 ) und die Lehre ( 1Kor 15 ) beantwortet.

 

 

A. Ratschläge in bezug auf die Ehe

( 1Kor 7 )

 

1. Ehe und Ehelosigkeit

( 7,1-9 )

 

In Kapitel 6 hat Paulus sich mit den Gefahren der Sexualität außerhalb der Ehe befaßt. Nun wendet er sich dem Verhalten der Christen innerhalb der Ehe zu. Die Vernachlässigung der ehelichen Pflichten, derer sich manche Korinther offenbar schuldig gemacht haben, war wohl mit ein Grund für die Unmoral, die der Apostel soeben verurteilt hat.

 

 

1Kor 7,1

 

Die Wendung "keine Frau zu berühren" - wahrscheinlich ein Euphemismus, mit dem Paulus den Geschlechtsverkehr umschreibt (vgl. 1Mo 20,6; Spr 6,29 ) - benutzen manche Korinther anscheinend als Vorwand, auch in der Ehe enthaltsam zu leben. Paulus wollte damit jedoch lediglich verhindern, daß der Zustand der Ehelosigkeit abgewertet wurde.

 

 

1Kor 7,2

 

Das Normale ist auf jeden Fall, daß man heiratet und mit seinem Ehepartner auch Geschlechtsverkehr hat. Wenn der einzelne versucht, im Zölibat zu leben, ohne von Gott dazu berufen zu sein (vgl. V. 7 ), setzt er sich leicht der Gefahr aus, der Unzucht zu erliegen. Aus diesem Grund ermutigt Paulus die Menschen zu heiraten.

 

1Kor 7,3-4

 

Dabei stellt er die Gleichberechtigung und gegenseitige Verpflichtung in der sexuellen Beziehung zwischen Mann und Frau in den Vordergrund, indem er betont, daß jeder dafür verantwortlich ist, den anderen zufriedenzustellen.

 

 

1Kor 7,5

 

Offensichtlich haben manche Korinther versucht, auch in der Ehe enthaltsam zu leben, diesen Entschluß anscheinend jedoch ganz allein, ohne das Einverständnis ihres Ehepartners, gefaßt (V. 3-4 ), was daher in manchen Fällen den anderen zur Unzucht verleitete (V. 5 b; vgl. V. 2 ). Paulus empfiehlt den Korinthern deshalb, derartige einseitige Beschlüsse zu unterlassen. Um in der Ehe enthaltsam zu leben, müssen drei Bedingungen erfüllt sein: (a) Die Enthaltsamkeit soll nur dann geübt werden, wenn beide es wollen . (b) Sie sollen zuvor eine Zeit ausmachen und danach wieder wie Mann und Frau zusammenleben. (c) Eine solche Zeit sexueller Enthaltsamkeit soll den Eheleuten Ruhe zum Beten verschaffen.

 

 

1Kor 7,6

 

Diese Möglichkeit der zeitweiligen Enthaltsamkeit ist jedoch lediglich eine Empfehlung, die die Eheleute wirklich nur dann befolgen sollen, wenn die drei genannten Bedingungen gegeben sind. Paulus weist ausdrücklich darauf hin, daß sie kein Gebot darstellt. Die Vermutung, daß er hier davon spricht, daß die Ehe ein Zugeständnis ist, scheint angesichts von 1Mo 1,28 ,dem ersten Gebot in der Bibel, und angesichts der jüdischen Auffassung, in der Paulus groß geworden ist und die die Ehe als für alle Menschen - ausgenommen die sexuell Impotenten - obligatorisch betrachtet (Mishna Niddah 5. 9), unwahrscheinlich.

 

 

1Kor 7,7

 

Da der Apostel jedoch auf jeden Fall vermeiden will, daß die Ehelosigkeit mit einem Stigma versehen wird, bestätigt er nochmals (vgl. V. 1 ), daß auch sie etwas Gutes ist. Er selbst hält sie sogar für einen ausgezeichneten Zustand und wünscht sich, daß jeder ihre Vorteile einsieht. Doch er weiß, daß es bei der Entscheidung für oder gegen die Ehe um mehr als um ein Abwägen von Vor- oder Nachteilen geht; beides, Ehe und Ehelosigkeit, sind Gaben von Gott . Gott ist es, der einen jeden Christen dazu beruft, zu heiraten oder ledig zu bleiben (vgl. Mt 19,12 ).

 

 

1Kor 7,8-9

 

Das in Vers 1-2 Gesagte gilt auch für die, die nicht verheiratet sind, aber bereits Geschlechtsverkehr hatten (vgl. "Jungfrauen", V. 25 ). Zu den Ledigen gehören sowohl Geschiedene beider Geschlechter als auch Witwer (die Witwen werden gesondert erwähnt; vgl. 39-40 ). Ihnen sagt er, daß es gut ist, wenn sie ledig bleiben, doch nur, wenn Gott ihnen die Kraft dazu gibt (V. 7 ). Paulus, der als Theologe keineswegs im Elfenbeinturm lebte, ahnt die praktische Frage, die seine Leser ihm stellen würden, voraus: wie ein Mensch wissen kann, ob es ihm gelingen wird, enthaltsam zu leben. Er antwortet ihnen, was er sich dazu überlegt hat: Wer sich nicht enthalten kann, besitzt diese Gabe nun einmal nicht und soll heiraten .

 

 

2. Ehe und Scheidung

( 7,10-24 )

 

In Vers 24 sind Paulus' Ratschläge für die Verheirateten zusammengefaßt, nachdem er zuvor zu den verheirateten Christen (V. 10-11 ) und zu denen, die eine Mischehe (mit Nicht-Christen verheiratete Christen; V. 12-16 ) führen,gesprochen und andere physische und die Berufung betreffende Probleme abgehandelt hat (V. 17-23 ).

 

 

1Kor 7,10-11

 

Paulus' Anweisung für die verheirateten Christen entspricht der, die auch Jesus gegeben hat ( Mk 10,2-12 ): die Ehescheidung ist nicht gestattet (vgl. Mt 5,32 ). Der Unterschied in der Formulierung zwischen scheiden ( chOristhEnai ) - von der Frau her ( 1Kor 7,10 ) - und verstoßen ( aphienai ) - vom Mann her gesehen (V. 11 ) - ist wahrscheinlich nur eine stilistische Variation, denn das mit "scheiden" übersetzte Verb ( chOrizO ) bedeutete in der Umgangssprache dasselbe wie "verstoßen" (William F. Arndt und F. Wilbur Gingrich, A Greek-English Lexicon of the New Testament , Chicago 19574, S. 899). Wenn in einer christlichen Ehe Probleme auftreten, sollen die Eheleute versuchen, sich zu versöhnen (vgl. Eph 4,32 ) und nicht auseinandergehen.

 

 

1Kor 7,12-13

 

Mit den andern sind die Christen gemeint, die in einer Mischehe leben. Jesus hat diese Frage während seines Wirkens auf Erden nicht angesprochen (vgl. V. 10.25 ). Paulus aber versucht nun, sie zu beantworten, und zwar in derselben Vollmacht, in der Jesus selbst gepredigt hat (vgl. V. 25 ). Manche Scheidungen in damaliger Zeit gingen sicherlich auf das nachexilische Gebot des Propheten Esra zurück, Ehen zwischen Juden und Nicht-Juden aufzulösen ( Esr 10,11 ). Nach Paulus soll in einer Ehe zwischen einem Gläubigen und einem Ungläubigen jedoch dasselbe Gebot herrschen wie in einer Ehe zwischen Christen: die Scheidung ist nicht gestattet. Ein christlicher Ehemann soll ... sich nicht von seiner ungläubigen Frau , und eine christliche Ehefrau soll ... sich nicht von ihrem nicht-christlichen Mann scheiden lassen ( aphietO ).

 

 

1Kor 7,14

 

Die beiden sollen beisammen bleiben, weil der christliche Partner in der Ehe zum Werkzeug der Gnade Gottes werden kann. In der ehelichen Beziehung, in der die Menschen "ein Fleisch" werden, kommt der Segen Gottes, den die Christen besitzen, der ganzen Familie zugute (vgl. Jakob im Haus von Laban, 1Mo 30,27 ,und Josef im Haus des Potifar, 1Mo 39,5; vgl. auch Röm 11,16 ). Darauf bezieht sich die Aussage, daß der jeweils ungläubige Partner und auch die Kinder geheiligt sind.

 

 

1Kor 7,15

 

Doch es gibt auch Ausnahmen von diesem Gebot. Wenn der Ungläubige auf der Scheidung besteht, soll sie ihm nicht verweigert werden. In diesem Fall ist der christliche Partner nicht gebunden , die Ehe aufrechtzuerhalten, sondern frei, sich wieder zu verheiraten (vgl. V. 39 ). Paulus sagt hier nicht wie in Vers 11 , daß der Christ ledig bleiben soll. (Dennoch interpretieren manche Bibelforscher das "nicht gebunden" an dieser Stelle dahingehend, daß die Christen sich in diesem Fall zwar scheiden lassen dürfen, jedoch nicht wieder heiraten sollen.)

Der zweite Teil des Verses, in dem Paulus die Korinther daran erinnert, daß Gott die Christen zu einem Leben in Frieden ... berufen hat, könnte als eigenständige Aussage aufgefaßt werden. Paulus wiederholt hier die Konjunktion ( de , "aber" ), mit der er die Ausnahme am Anfang dieses Verses einleitete, wahrscheinlich um deutlich zu machen, daß er sich nun einem anderen Gedanken zuwendet und zum eigentlichen Anliegen dieses Abschnitts, der Aufgabe des christlichen Ehepartners, die Ehe fortzusetzen und mit dem Nicht-Christen in Frieden zu leben, zurückkehrt. (Zu einer ähnlichen Abschweifung in einem Diskurs über das allgemeine Verbot der Scheidung vgl. Mt 19,9 .) Es geht ihm hier darum, daß ein Christ sich - allerdings unter der Vorraussetzung, daß eine Ehe eine wechselseitige und keine einseitige Beziehung ist - bemühen soll, das Zusammenleben fortzusetzen und den Frieden zu wahren.

 

 

1Kor 7,16   Korrektur zu der Aussage von Lowery:
→→→↓↓↓↓↓↓

https://www.youtube.com/watch?v=OUEdkD43byI&t=57s


Die Bibel - 1. Korinther 7,8; Empfehlung zur Ehelosigkeit
https://www.youtube.com/watch?v=3CF4FizQEqQ&t=276s



 

Danach kommt der Apostel auf einen zweiten (vgl. V. 14 ) und damit den entscheidenden Grund, warum ein Christ die Ehe mit einem Nicht-Christen fortsetzen soll, zu sprechen: Gott könnte den gläubigen Ehepartner als Werkzeug seiner Gnade benutzen (vgl.V. 14 ), durch das er den Ungläubigen schließlich zum Glauben an die Botschaft vom Kreuz führen und retten will (vgl. 1Pet 3,1-2 ).

 

 

1Kor 7,17

 

Der allgemeine Grundsatz, den Paulus seiner Entscheidung hinsichtlich des ehelichen Status der Christen zugrunde legt, wird ebenfalls dreimal wiederholt (V. 17.20.24; vgl. auch V. 26 ). Er lautet in Kürze: "Bleibt, wie ihr seid." Der Ruf zur Bekehrung verändert die geistliche Befindlichkeit eines Menschen zwar auf radikale Weise, er macht jedoch keinerlei Veränderungen innerhalb bestehender Beziehungen notwendig, solange sie nicht unmoralisch sind.

 

 

1Kor 7,18-19

 

Der äußerliche Vorgang der Beschneidung oder ihre Unterlassung (vgl. 1. Makk 1,15 - 16) ist unwichtig im Vergleich zu der Pflicht, die Gebote Gottes zu halten , was für Paulus nichts anderes heißt, als sich dem Heiligen Geist zu unterstellen (vgl. Röm 2,25-29 ).

 

 

1Kor 7,20-23

 

Ebenso unwichtig ist letztlich der Beruf des Christen (wenn er seine gesellschaftliche Stellung verändern kann, ist es gut; wenn nicht, so sollte das kein Anlaß zur Unzufriedenheit sein). Was zählt, ist, daß jeder Christ einsieht, daß er als Knecht Christi Christus Gehorsam schuldet. Damit wird jeder Beruf zu einem christlichen Dienst, der dem Herrn dargebracht wird (vgl. Eph 6,5-8 ).

 

 

1Kor 7,24

 

Die Tatsache, daß Gott jeden in einen ganz bestimmten Beruf berufen hat und von ihm verlangt, in dieser Berufung treu seinen Pflichten nachzukommen, erhöht und heiligt sowohl die Arbeit als auch den Arbeiter. Ein Christ kann also "in Frieden" (V. 15 ) in seiner Berufung leben und sie in dem Bewußtsein, daß er nur Gott darin verantwortlich ist, ausüben.

 

 

3. Ehe und christlicher Dienst

( 7,25-38 )

 

Das grundlegende Prinzip, um das es Paulus hier geht (im gegenwärtigen Stand zu bleiben), wendet er zum Schluß noch auf die an, die niemals geheiratet haben. Anscheinend beantwortet er mit den folgenden Ausführungen eine Frage, die ihm gestellt wurde. Paulus gibt den Betreffenden den Rat, ledig zu bleiben, und führt drei Gründe dafür an: (a) den Christen stehen schlimme Zeiten bevor (V. 26-28 ), (b) Christus wird schon bald zurückkommen (V. 29-31 ), und (c) als Ledige können sie sich ganz dem Dienst für den Herrn widmen (V. 32-35 ).

 

 

1Kor 7,25

 

Als Jungfrauen wurden Mädchen bezeichnet, die noch keine sexuellen Erfahrungen hatten, d. h. die nicht verheiratet waren. Jesus hat sich mit dieser Frage nie ausdrücklich befaßt (vgl. Mt 19,10-12.29 ); Paulus kann den Korinthern hierzu also nur seine eigene Meinung - kein Gebot des Herrn - sagen, die sie aber getrost übernehmen dürfen, weil er ihr Vertrauen verdient . (Paulus schreibt selbstverständlich unter der Inspiration des Heiligen Geistes, daher besitzt seine "Meinung" ebenso große Vollmacht wie die Worte Christi selbst; vgl. 1Kor 7,40 .)

 

 

1Kor 7,26-28

 

Der Ausdruck "kommende Not" bezieht sich wahrscheinlich auf Verfolgungen, denen die Korinther ausgesetzt sein würden (vgl. Joh 16,33; 2Tim 3,12; 1Pet 4,12 ), oder auf eine leidvolle Erfahrung, die ihnen bevorstand und die Paulus voraussieht. Wenn diese Verfolgungen eintreten, was nach Paulus ganz sicher geschehen wird, so sind sie für die Ledigen leichter zu ertragen als für die Verheirateten. Wie schrecklich der Gedanke an das Martyrium (vgl. 1Kor 13,3 ) für einen Ledigen auch immer sein mag, für einen Verheirateten ist es doppelt so schwer, weil er auch noch für Frau und Kinder verantwortlich ist. Angesichts dieser Umstände ist es zwar nicht falsch, zu heiraten ( "wenn du aber doch heiratest, sündigst du nicht" ), doch es scheint nicht ratsam.

 

1Kor 7,29-31

 

Der zweite Grund, aus dem Paulus den ledigen Stand für vorteilhaft hält, ist, daß man in ihm leichter auf zeitliche Dinge verzichten kann.Die Wendung "die Zeit ist kurz" bezieht sich auf die Rückkehr des Herrn (vgl. Röm 13,11 ), ist jedoch darüber hinaus eine Zusammenfassung der Lebensphilosophie von Paulus, der nicht für die Zeit, sondern für die Ewigkeit lebt (vgl. 2Kor 4,18 ). Diese Abwendung von zeitlichen, begrenzten Dingen sollte eigentlich ein Anliegen aller Christen sein; sie fällt den Verheirateten jedoch sehr viel schwerer als den Ledigen (vgl. Mk 13,12 ). Dennoch soll auch in ihrem Leben die Hingabe an den Herrn den ersten Platz einnehmen ( Lk 14,26 ). Damit spricht sich Paulus allerdings mit Sicherheit nicht für die Vernachlässigung der ehelichen Pflichten aus (vgl. 1Kor 7,3-5 ).

Statt dessen fordert er die unbedingte Hingabe an die "ewigen" Dinge und - damit einhergehend - die Abwendung von den Institutionen, Werten und dem Wesen dieser Welt , die vergehen wird (V. 31 ). All das ist für Unverheiratete leichter.

 

 

1Kor 7,32-35

 

Paulus' dritter Grund ergibt sich aus dem zweiten. Der Ledige ist wahrscheinlich weniger Belastungen und Ablenkungen ausgesetzt als der Verheiratete, daher kann er sich sehr viel konzentrierter um die Sache des Herrn kümmern. In der Bergpredigt forderte Jesus diejenigen, die bereit waren, ihm nachzufolgen, auf, sich nicht durch Sorgen um die materiellen Dinge des Lebens von der Hingabe an Gott ablenken zu lassen ( Mt 6,25-34 ). Die arme Witwe ( Mk 12,44 ) gab alles, was sie zum Leben hatte, und bewies damit ihre einzigartige Treue. Ein verheirateter Mann oder eine verheiratete Frau jedoch, denen wahrscheinlich in erster Linie das Wohl ihrer Familie am Herzen liegt, hätte sich wohl anders verhalten. Paulus ist überzeugt, daß das Leben eines Ledigen, der weniger weltliche Verpflichtungen hat, es ihm erlaubt, dem Herrn mehr Zeit und Mittel und auch einen größeren Teil seiner selbst zu widmen, als es einem Verheirateten möglich ist, der die materiellen und familiären Pflichten, die mit diesem Stand verbunden sind, zu erfüllen hat.

 

 

1Kor 7,36-38

 

Die Übersetzung und Deutung dieses Abschnitts ist schwierig, wie bereits der im Text enthaltene Hinweis auf die Sach- und Worterklärungen vermuten läßt. Das Problem ist, ob das unbestimmte Pronomen jemand (V. 36 ) sich auf den Vater oder auf den zukünftigen Bräutigam des Mädchens bezieht. Neuere sprachliche Erkenntnisse deuten eher auf letzteres hin, denn auf diese Weise bleibt das Subjekt für alle Verben des Abschnitts dasselbe, ein Vorteil, den die Anhänger dieser Lesart jedoch häufig wieder preisgeben, indem sie die Jungfrau zum Subjekt der Einfügung "wenn sie erwachsen ist" machen. Diese Entscheidung wird ihnen durch die Notwendigkeit aufgezwungen zu erklären, wie die Meinung entstehen kann, daß der Bräutigam ungehörig handelt (die ungehörige Handlung bestünde in diesem Fall in seinem Hinauszögern der Eheschließung, das sich nachteilig auf die Chancen der älterwerdenden Frau, überhaupt jemals zu heiraten , auswirken könnte). Dieser Interpretation - das Pronomen "jemand" auf den Bräutigam zu beziehen - steht allerdings die Schwierigkeit entgegen, daß im griechischen Urtext zweierlei Verben für "heiraten" verwendet werden: gameO und gamizO . Um die Deutung aufrechterhalten zu können, muß man die beiden Verben als Synonyme Verstehen. Das ist aber nicht ganz einfach, denn gamizO heißt gewöhnlich "in die Ehe geben", und gameO einfach "heiraten", wie aus anderen neutestamentlichen Textstellen, in denen sie zusammen zu finden sind, hervorgeht ( Mt 24,38; Mk 12,25 ). Dieser Bedeutungsunterschied wurde offensichtlich noch im zweiten Jahrhundert anerkannt (Apollonius Dyscolus, Syntax 3. 153). Daher ist wohl der Lesart, daß mit dem "jemand" der Vater des Mädchens gemeint ist, der Vorzug zu geben.

Paulus wendet sich hier also an die Väter, die in der Kultur des 1. Jahrhunderts in allen Dingen, die die Familie betrafen, die absolute Entscheidungsgewalt hatten. Ein Vater hätte - vielleicht aus Gründen wie die, von denenPaulus in 1Kor 7,25 - 34 spricht - beschließen können, daß seine Tochter unverheiratet bleiben soll. Dabei lief er jedoch Gefahr, nicht in Rechnung zu stellen, daß seine Tochter dazu vielleicht nicht in der Lage war, weil ihr dieser Stand von Gott nicht gegeben war (V. 7 ). Wenn sich das herausstellen sollte, so empfiehlt Paulus dem Vater, sich nicht an seine Überzeugung gebunden zu fühlen, sondern seine Tochter heiraten zu lassen. Unter drei Bedingungen darf er allerdings bei seiner Überzeugung bleiben (V. 37 ): (a) Wenn er wirklich fest überzeugt ist, daß es besser sei, wenn seine Tochter nicht heirate. (b) Wenn er tatsächlich die Vollmacht hat, eine solche Entscheidung zu treffen, d. h. wenn er kein Sklave ist, denn in diesem Fall ist es Sache seines Herrn, über das Schicksal der Tochter zu entscheiden. (c) Wenn er nicht unter Zwang steht, d. h. wenn es keine Anhaltspunkte dafür gibt, daß seine Tochter nicht für die Ehelosigkeit geschaffen ist. Wenn alle diese Bedingungen erfüllt sind, tut der Vater gut daran, sie nicht zu verheiraten.

 

 

4. Wiederverheiratung und Witwentum

( 7,39-40 )

 

1Kor 7,39-40

 

Bereits in Vers 8-9 , wo Paulus den Witwen rät, nicht wieder zu heiraten, räumt er ein, daß es nicht allen gegeben ist, einen solchen Entschluß durchzuhalten. Die einzige Bedingung, die er einer Frau, die wieder heiraten möchte, auferlegt, ist daher die Verpflichtung, einen Christen zu heiraten ( "nur daß es in dem Herrn geschehe!" ) - eine Verpflichtung, die, wenngleich davon zuvor nicht die Rede gewesen ist, zweifellos für alle Heiratswilligen gilt. Das ist seine einzige Einschränkung. Unter den Christen darf eine Witwe wählen, wen immer sie möchte, und Paulus wünscht ihr, daß sie mit ihrem Mann glücklich wird, obwohl er hinzufügt, daß sie nach seiner Meinung seliger wird, wenn sie ledig bleibt. Bei diesen Worten handelt es sich nicht einfach nur um einen guten Rat des Menschen Paulus; er wird unter der Einwirkung des Geistes Gottes gegeben, der die Christen sowohl zum ledigen als auch zum verheirateten Stand bestimmt (V. 7 ).