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70 Die siebzig Jahrwochen Daniels
Bibelstellen: Daniel 9,22-27
Als der Prophet Daniel im Buch Jeremia las, wurde ihm klar: Bald sind die 70 Jahre zu Ende, in denen Jerusalem nach dem Willen Gottes zerstört bleiben wird (Dan 9,2; vgl. Jer 25,11.12; 29,10). Daniel demütigte sich vor seinem Gott und bat um Barmherzigkeit für sein Volk, die Stadt Jerusalem und das Heiligtum (Dan 9,3–19). Während er noch betete, kam der Engel Gabriel zu ihm und überbrachte ihm dazu eine wichtige Botschaft (Dan 9,20–23). Im Kern geht es um 70 Wochen, die vergehen müssen, bis das Volk Israel in den wunderbaren Segen des Friedensreiches eingehen wird.
Die 70 Jahrwochen
Es ist zum Verständnis dieser Botschaft unerlässlich, den Begriff „Woche“ richtig einzuordnen. Das hebräische Wort schabua, das mit „Woche“ wiedergegeben wird, bedeutet: eine Periode von sieben. Normalerweise geht es um sieben Tage. Aber das ist nicht zwingend. In Daniel 9 ist mit „Woche“ eine Periode von sieben Jahren gemeint. Wir haben es also mit 70 Jahrwochen zu tun, die insgesamt eine Zeitspanne von 490 Jahren ergeben (70 x 7 Jahre). Folgende Überlegungen stützen diesen Gedanken:
Der Startpunkt
Die Zählung der 70 Jahrwochen beginnt mit dem Befehl des Perserkönigs Artasasta (Artaxerxes Longimanus), dass Jerusalem wieder aufgebaut werden darf.[1] Das war im zwanzigsten Jahr seiner Regierung, wahrscheinlich im Frühjahr des Jahres 445 v. Chr. (s. Neh 2,1.5–10). Es geht nicht um frühere Erlasse zugunsten der Juden, da sich diese auf den Tempel und Altar in Jerusalem bezogen (Kores in 2. Chr 36,22.23, Esr 1,1–4, Esr 5,13; Darius I. in Esr 6,1.6–12; Artasasta in Esr 7,11–26).
7 Jahrwochen
Die Wiederherstellung der heiligen Stadt dauerte 7 Wochen, also 49 Jahre (Dan 7,25). Das Buch Nehemia berichtet besonders über die Aufrichtung der Stadtmauer, die in nur 52 Tagen erledigt wurde (Neh 6,15). Doch der Ausbau des Straßennetzes benötigte viel Zeit, zumal die Juden von Feinden bei ihren Arbeiten ständig behindert und bedrängt wurden.
62 Jahrwochen
Nach den sieben Jahrwochen war Jerusalem zu einer gut bewohnbaren und befestigten Stadt mit einer gewissen politischen Relevanz geworden. In den darauffolgenden 62 Jahrwochen, die eng mit den 7 Wochen verbunden werden, änderte sich das nicht grundsätzlich. In der 69. Jahrwoche (7 + 62 Wochen) geschah etwas ganz Besonderes: der Messias, der Friedefürst, trat auf.[2]
Nach 69 Jahrwochen
Doch nach den 69 Jahrwochen wurde der Messias ausgerottet (Dan 7,26). Das Volk Daniels verwarf den eigenen Fürsten, der somit seine Rechte über das Volk nicht geltend machen konnte. Das göttliche Gericht folgte auf dem Fuß: Das Volk des kommenden Fürsten zerstörte Jerusalem und das Heiligtum. Mit dem Volk sind die Römer gemeint, die im Jahr 70 n. Chr. Jerusalem verwüsteten (vgl. Joh 11,48), und aus deren Mitte in der Endzeit ein schrecklicher Fürst aufstehen wird (vgl. Off 13,1–8). Bis ans Ende wird die Stadt, die „Gründung des Friedens“ heißt, unwiderruflich durch Krieg und Verwüstungen gekennzeichnet sein. Schließlich wird in der Zeit des Endes eine überströmende Flut heraufsteigen, die alles in Jerusalem zerstören wird: der Assyrer bzw. der König des Nordens (vgl. Jes 8,8; 28,18; Dan 11,40).
Offensichtlich vergeht zwischen der 69. Woche und der 70. Woche eine längere Zeit. Es ist die Zeit der Nationen, in der Jerusalem zertreten ist (Lk 21,24). Aus dem Neuen Testament wissen wir, dass Gott sich in dieser Zeit ein Volk aus den Nationen für seinen Namen sammelt (Apg 15,14). Wenn die Vollzahl der Nationen eingegangen sein wird (Röm 11,25), wird Gott mit seinem irdischen Volk wieder anknüpfen.
Die 70. Jahrwoche
In Daniel 9,27 wird beschrieben, was in der heute noch zukünftigen letzten Jahrwoche geschehen wird, bevor Israel als Nation den ganzen göttlichen Segen empfängt:
Der römische Herrscher wird anstelle dieses Gottesdienstes einen Götzendienst einführen, der in der Anbetung des Teufels, seiner eigenen Person und des Antichristen besteht (Off 13,4; 2. Thes 2,4). Und der Antichrist wird ein Gräuel im Tempel aufstellen: das sprechende Bild des römischen Herrschers (Dan 12,11; Mt 24,15; Off 13,14.15)
Die Vollendung
Es ist bemerkenswert, dass Daniel in der Botschaft Gabriels zuerst auf das herrliche Ergebnis der Wege Gottes hingewiesen wurde (Dan 9,24): Nach 490 Jahren wird Gott seinem Volk alle Sünden vergeben. Dankbar wird der jüdische Überrest glauben und anerkennen, dass der Herr Jesus für ihre ganze Schuld am Kreuz bezahlt hat (vgl. Jes 53). Gott wird aus ihnen ein Volk von Gerechten machen und alle Segensverheißungen der Propheten werden sich erfüllen. Das Allerheiligste des Tempels wird dann gesalbt und ein Dienst zu Gottes Ehre eingerichtet (vgl. Hes 40–48).
Schlussgedanken
Die Prophezeiung über die 70 Jahrwochen macht sehr deutlich, dass Gott seinen Plan mit Israel punktgenau umgesetzt hat und auch noch umsetzen wird. Nachdem das Volk durch große Drangsale gegangen sein wird, wird Gott es unter der Herrschaft des Messias zum ewigen Segen führen.
Mit Interesse dürfen wir verfolgen, welche Wege der große Gott mit seinem irdischen Volk geht. Dabei ist uns bewusst, dass wir in der Zeit leben, die außerhalb der 70 Jahrwochen Daniels liegt. Wir warten deshalb nicht darauf, dass die Prophezeiungen der Endzeit eintreten, sondern wir warten auf den Herrn Jesus, den glänzenden Morgenstern (Off 22,16). Bald wird Er kommen, um uns in das Haus seines Vaters zu führen. Danach wird die „prophetische Uhr“ wieder zu ticken beginnen und die letzte Jahrwoche Daniels sich erfüllen.
Zusammenfassung
Die Weissagung über die 70 Jahrwochen in Daniel 9 ist ein wichtiges Puzzlestück in der Gesamtschau der biblischen Prophetie. Wir bekommen durch sie einen Panoramablick über die Geschichte des Volkes Israels, wobei es besonders um Jerusalem und den Tempeldienst geht:
[Aus: „Im Glauben leben“]
Fußnoten:
Gerrid Setzer