Lieber Bruder Holger
Da mal einige Auszüge aus den "Handreichungen"
Frage 11
Wie stimmen die verschiedenen Zeitangaben in den Evangelien über die
Verleugnung des Petrus zusammen, vgl. Matth. 26,34; Mark. 14,30;
Luk. 22,34; Joh. 13,38 („Ehe der Hahn kräht“ - „ehe der Hahn zweimal
kräht“ [Mark.])?
Antwort A
Eine Hilfe zur Erklärung der Verschiedenheit der Berichte über den
Hahnenschrei finden wir in Mark. 13,35.
Die Römer teilten die Nacht in vier Nachtwachen. (6 Uhr abends bis 6
Uhr morgens.) Und da in
dortiger Gegend mit ziemlicher Regelmäßigkeit der erste Hahnenschrei
im Anfang und der zweite und hauptsächliche am Ende der dritten
Nachtwache gehört wurden, so wurde diese Nachtwache (von 12-3 Uhr)
kurzweg mit dem Ausdruck „Der Hahnenschrei“ bezeichnet.
Aus dieser Stelle sehen wir, daß auch der HErr diesen landläufigen
Ausdruck für die Zeit der dritten Nachtwache gebrauchte.
Matthäus, Lukas und Johannes berichten nicht von den Einzelheiten,
sondern nur von diesem charakteristischen Hahnenschrei, dem zweiten
der dritten Nachtwache, daß, ehe der Hahn krähen würde, in anderen
Worten: ehe die dritte Nachtwache beendet sei, Petrus den HErrn
schon dreimal verleugnet haben würde. Sie übergehen die
Einzelheiten, die Markus bringt. Bei ihnen scheint mehr die
Vorhersage der Zeit, in der Petrus den HErrn verleugnen würde, im
Vordergrunde zu stehen. Lukas berichtet auch, daß zwischen der
zweiten und dritten Verleugnung ein Zeitraum von ca. einer Stunde
lag. Die erste Verleugnung muß somit schon bald nach der
Einlieferung des HErrn im Anfang der dritten Nachtwache geschehen
sein, die letzte am Ende derselben.
Wenn Petrus nur ein wenig auf die Worte des HErrn geachtet hätte, so
hätte er sich, als die dritte Nachtwache nahte, sagen müssen: Jetzt
kommt die Zeit, von der der HErr geredet hat, daß, ehe sie
beendet - „ehe der
Hahn kräht“ - du Ihn dreimal verleugnen wirst. So wenig Eindruck
aber hatten die Worte auf ihn gemacht, daß wir lesen, daß er nicht
früher daran dachte, als bis alles geschehen und es zu spät war.
In Markus finden wir eine genauere Beschreibung dieses Umstandes.
Während in den anderen Evangelien, wie gesagt, es mehr der
charakteristische Hahnenschrei am Ende der dritten Wache - mehr die Zeit ist,
die im Vordergrunde steht (daß, ehe der Hahn kräht, ehe die dritte
Wache beendet sei, er schon den HErrn dreimal verleugnet haben
würde), scheint bei Markus mehr die treue
Warnung des
„vollkommenen Knechtes“ im Vordergrunde zu stehen.
Markus berichtet uns, daß der HErr dem Petrus nach der ersten
Verleugnung durch das erste Krähen des Hahnes noch gleichsam eine
letzte Warnung gibt, nicht weiter zu gehen. Aber Petrus hört sie
nicht. Nach dieser ersten Verleugnung fühlt er sich augenscheinlich
durch die Begegnung mit der Magd im inneren Hofe des Hauses nicht
mehr sicher. Er steht auf und geht in den äußeren - den Vorhof -, da
kräht ihm der Hahn zum erstenmal entgegen. Aber Petrus denkt
trotzdem nicht an die Worte des HErrn.
Wir sehen aus allem, wie genau der HErr Petri Verleugnung zuvor
beschrieb: 1. daß sie eine dreimalige sein würde; 2. ihre Art, Ihn
nicht zu kennen - Ihm nicht anzugehören; 3. die Zeit, die Schnelle,
ehe das Krähen des Hahnes das Ende der dritten Nachtwache ankündigen
würde.
Wir finden in den Evangelien öfter solche Verschiedenheiten, die
durch das Berichten von verschiedenen Gesichtspunkten aus oder durch
das in den Vordergrundstellen gewisser Einzelheiten bedingt sind. Z.
B. Matthäus (20,30) berichtet von zwei Blinden, Markus (10,46) und
Lukas (18,35) nur von einem Blinden. Markus nennt ihn sogar mit
Namen. Ohne Zweifel waren es zwei Blinde, aber Bartimäus war
die Hauptfigur in dieser Geschichte, und Markus und Lukas berichten
nur von ihm allein. Noch ein Beispiel: Matthäus (26,7) berichtet,
daß Sein Haupt gesalbt wurde, Johannes (12,3) dagegen, daß Seine
Füße gesalbt wurden. Es ist keine Frage, Maria salbte Ihm Haupt und Füße.
Aber der Heilige Geist leitete den einen Schreiber, die Salbung
Seines Hauptes zu berichten und den
anderen die Seiner Füße. Der eine mußte dieses, der andere jenes in
den Vordergrund stellen, und Weisheit Gottes lag darin. So auch in
dieser Frage betreffs das Krähen des Hahnes.
v. d. K.
Anmerkung des Schriftleiters F. K.
Zu der Frage selbst ist nichts Besonderes mehr zu sagen. Ein
Widerspruch zwischen jenen Stellen besteht nicht, wie nirgends in
der Schrift, wenngleich für unser stückweises Erkennen manches
schwer zu verstehen und zu vereinigen sein mag. Aber das berührt nie
die Frage des Glaubens bei denen, denen „alle Schrift“ als unbedingt
„von Gott eingegeben“ feststeht (2. Tim. 3,16).
Und in diesem Sinne möchte ich hier einen sehr bezeichnenden Punkt
des Markus-Evangeliums, das uns, wie auch obige Antwort sagt
- vgl. auch meine Worte darüber am Schluß von Frage 6 in Heft 3 d.
Js. -, den Herrn Jesus als den vollkommenen Knecht Gottes schildert,
hervorheben, einen Punkt, der gewiß auch zu der Knechtestreue in
Beziehung steht: Nur im Markus-Evangelium finden sich solche
Stellen, in denen Petrus in ganz offensichtlicher Weise belastet
wird; so z. B. heißt es in Kap. 8,33: „Er strafte den Petrus“
(Matth.: „Er sprach zu Petrus“), und in 14,37 wird Petrus angeredet:
„Simon, schläfst du?“ Demgegenüber ist Mark. 16,7 ein Beweis
besonderer Barmherzigkeit des HErrn, da Petrus auch in besonderer
Weise durch seine schwere Verleugnung der Barmherzigkeit des HErrn
bedurfte (vgl. oben erwähnte Frage 6 in Heft 3!). Sicherlich
entspricht es dem wahren Knechtscharakter, es genau zu nehmen mit
jeder scheinbaren Kleinigkeit, und darum finden wir solche und
andere Einzelheiten in diesem Evangelium.
Aber da ist noch etwas anderes, was mir köstlich zu sein scheint,
und es ist ein Beweis - wenn es eines solchen bedürfte - für die
wörtliche göttliche Inspiration (Eingebung) der Heiligen Schrift. Es
ist Markus, der diese den Petrus belastenden Einzelheiten
aufzeichnet, zu denen die genauere Zeitangabe der Verleugnung auch
gehört - hätte Petrus doch durch das erste Krähen des Hahnes sich
warnen lassen müssen! - Markus aber ist augenscheinlich das geistige
Kind des Apostels Petrus (1. Petri 5,13!). Könnte man nun wohl
annehmen, daß er diese seinen geistigen geliebten Vater so
bloßstellenden Bemerkungen, die ihm der demütige Petrus persönlich
mitgeteilt haben mag, dem sein Evangelium lesenden Volke Gottes
nicht nur, sondern auch der ungläubigen Welt so offen berichtet
haben würde, wenn er nicht vom Heiligen Geist inspiriert worden
wäre, so treu und wörtlich jede
Einzelheit niederzuschreiben?! - Und so trägt jedes Stück des teuren
Wortes Gottes den Stempel göttlicher wörtlicher Eingebung an oder in
sich selbst für jeden, der die menschliche Weisheit und Philosophie
beiseite lassen und Dem glauben will, der da sagt und tausendfach
bestätigt: „Siehe, Ich lege Meine Worte in deinen Mund“, und dessen
Wort selbst bezeugt: „Heilige Männer Gottes redeten, getrieben durch
den Heiligen Geist“ und „des HErrn Wort bleibt in Ewigkeit“ usw. (2.
Petri 1,21; 1. Petri 1,25). Dafür sind auch die oben dargebotenen
Einzelheiten aus dem Markus-Evangelium eine sprechend klare
Bezeugung. Gelobt sei Er, der „das Wort Gottes“ heißt (Joh. 1,1ff.;
Offenb. 19,13!).
Möchten wir beim Betreten des unbekannten Landes eines dunkel vor
uns liegenden neuen Jahres uns dessen erinnern, daß der HErr uns für
die „geöffnete Tür“ in Seiner Arbeit - eine ernste und kostbare
Vorbedingung gegeben hat in Offenb. 3,8: „Ich kenne deine Werke.
Siehe, Ich habe eine geöffnete Tür vor dir gegeben, die niemand zu
schließen vermag; denn du hast eine kleine Kraft und
hast Mein
Wort bewahrt und Meinen Namen nicht verleugnet.“
- Der HErr helfe uns in Gnaden, diese Bedingung für eine gesegnete
und von Ihm anerkannte Tätigkeit stets aufs neue bei uns zu
verwirklichen!
-*-*
Der Gerechte aber wird aus Glauben leben.
(Hebr. 11,15-19.) (Schluß.)
Der 15. Vers unseres Kapitels enthält das ernste Wort
„zurückkehren“. Es führt uns vor Augen, daß es eine Möglichkeit
gibt, zurückzugehen. Von jedem neuen Licht, von jedem neuen
Segensweg, den Gott uns zeigt, können wir, wenn wir es wollen, uns
zurückziehen. Man verstehe mich nicht falsch, ich meine nicht, daß
ein Gläubiger verloren gehen kann, sondern daß, wenn Gott den
Gläubigen durch das Wort der Wahrheit weiteres Licht gibt, es an dem
Gläubigen ist, durch seinen Gehorsam zu beweisen, daß Gottes Gnade
ihn frei gemacht hat von allem eigenen Willen, um dem HErrn zu
folgen. Wir sind ein für allemal errettet, aber dann überläßt Er es
sozusagen uns, ob wir Ihm von Herzen
folgen wollen. Er zwingt uns nicht, Ihm zu folgen, wir können es tun
und auch lassen.
So sehen wir es bei dem blinden Bartimäus;
als der Herr Jesus ihm die Augen geöffnet hatte, zwingt Er ihn
nicht, Ihm zu folgen. Er sagt: „Gehe hin“. Aber was tut Bartimäus? Wir
lesen, er folgte Ihm nach auf dem Wege. Er hätte mit der Volksmenge
gehen können, aber er ging mit Jesus. Jesus hatte ihm sein
Augenlicht gegeben, und er wollte jetzt Ihm folgen. (Mark.
10,46-52.)
So war es auch bei den Heiligen des Alten Testamentes. Sie kehrten
nicht zurück, sondern sie gingen hin, ein besseres Vaterland zu
suchen. Heute aber können wir Christen sehen, die, obgleich sie
Christum als ihren Heiland angenommen haben, wieder zur Welt
zurückkehren. Weil ihr Herz dorthin zurückgekehrt ist, deshalb
wandeln sie wieder mit der Welt, als gehörten sie zu ihr, obgleich
sie niemals wieder zur Welt gehören können. Das Kreuz, das uns von
dem ewigen Verderben befreit hat, hat uns auch für immer von der
Welt frei gemacht. Zwischen uns und der Welt steht das Kreuz
Christi. Ich muß, wenn ich zur Welt umkehren will, gleichsam über
das Kreuz Christi hinwegschreiten. Dies ist ein sehr ernster
Gedanke.
Wenn die Heiligen des Alten Testamentes im Glauben die Verheißungen
festhielten, wieviel mehr sollten wir, die wir einen lebendigen
Heiland haben, der für uns bittet, dieses tun. Sie begehrten ein
besseres Vaterland, und deshalb schämte Sich Gott nicht, ihr Gott
genannt zu werden. Wie köstlich und gesegnet ist dieses! Abraham
vertraute Gott in bezug auf eine Stadt, und Gott schämte Sich nicht,
sein Gott genannt zu werden, denn Er hatte ihm eine Stadt bereitet.
Wenn nicht Seine unumschränkte Gnade über uns waltete, ich denke,
Gott müßte Sich sehr oft Seines Volkes schämen, Sich schämen, von
ihnen als ihr Gott angerufen zu werden. Nicht, weil Er sie nicht als
Seine Kinder anerkennen möchte, das tut Er um Seines Sohnes willen,
sondern weil Er Sich um ihrer Wege willen schämen muß, ihr Gott
genannt zu werden. Wir wissen, was es ist, wenn wir uns des
schlechten Wandels wegen eines Bruders oder einer Schwester schämen.
Wenn wir mit jemand beisammen sind, an dessen guter Meinung uns viel
liegt, und wir dann jenen Bruder oder
jene Schwester treffen, wie gern möchten wir dann an solchen
vorübergehen, als hätten wir keine Beziehungen zu ihnen, und werden
wir dann zur Rede gestellt, wie möchten wir dann so wenig wie
möglich sagen von dem, was wir wissen!
Schämte Sich Gott Lots, als Er nicht in sein Haus gehen wollte? Die
Engel wollten nicht in sein Haus hineingehen, als schämten sie sich
seiner und seines Hauses. Und als sie hineingingen, taten sie es, um
Lot zu schirmen und ihn dann so schnell wie möglich herauszuführen.
„Gehet heraus,“ war ihr Wort zu Lot, „gehet heraus aus diesem Ort
usw.“ Und sobald sie es konnten, verließen sie ihn. Wie ganz anders
war es bei Abraham. Er wird „Freund Gottes“ genannt. (Jak. 2,23.)
Gott sagt: „Soll Ich vor Abraham verbergen, was Ich tun will? Wie
wenige mag es heute geben, die Gott so nennen und anerkennen kann.
Wir jagen oft so unseren eigenen Dingen nach, daß wir Gott gar nicht
soviel Raum lassen, daß Er mit uns wandeln und uns zu Seinen
Freunden machen kann. Ist das nicht beschämend und demütigend?! Und
andererseits wieder, wie gesegnet ist es, daß, obgleich Gott Sich
oft Seines Volkes schämen mußte, Er doch niemals etwas von dem
zurücknahm, was Er ihnen einmal gegeben hatte. Wen Er errettet, den
errettet Er völlig. Sehen wir auf Petrus; er fehlte und er fehlte
schrecklich. Nahm der HErr ihm die anvertrauten Schlüssel des
Reiches weg? Nein, Er führte ihn zurück, Er stellte seine Seele
wieder her und gab ihm noch Größeres, Herrlicheres, als das Reich
war, hinzu, nämlich die Sorge für Seine Lämmer und Seine Schafe.
In den Versen 17, 18 und 19 sehen wir den Glauben als die treibende
Kraft der Hingabe an Gott. Diese drei Verse enthalten etwas ganz
anderes, als was wir bisher betrachtet haben. In den anderen Versen
haben wir gesehen, was Gott Abraham gab. In diesen drei Versen
finden wir, wie Abraham Gott etwas zurückgab von dem, was Gottes
Liebe ihm gegeben hatte. Abraham hatte einen Sohn, einen, der ganz
verschieden war von seinen anderen Söhnen. Dieser eine Sohn war ihm
nicht auf dem bloß natürlichen Wege gegeben worden, sondern einzig
und allein als eine Antwort
Auf
seinen Glauben an Gottes Verheißung. Gott hatte ihm gesagt, daß in
Isaak sein Same gefunden werden solle, so daß mit Isaak alles stand
und fiel. Abraham glaubte dies, und er empfing diesen Sohn, als
er hochbetagt und Sarah nicht mehr in dem Alter war, nach der
Naturordnung ihm einen Sohn zu schenken. Nun stellte Gott Abraham
auf die Probe.
Wir wollen hier beachten, daß Gott den Glauben Abrahams nicht im
Anfang prüfte, als Er ihn berief. Er rief ihn zuerst heraus aus Ur
in Chaldäa, dann führte Er ihn Schritt für Schritt, bis Er seinen
Glauben gestärkt hatte. Dann gibt Er ihm das große Geschenk, den
verheißenen Sohn, und alsdann tritt er an Abraham heran und fordert
ihn gleichsam auf, Ihm den Sohn wieder zurückzugeben. Und trotzdem
alle Segensverheißungen in diesem Sohne ihm gegeben waren, findet
Gott Abraham bereit und willig, Ihm Isaak wieder zurückzugeben. Wie
wenig wissen wir von solcher Bereitwilligkeit! Wir sind wohl bereit
und froh, Ihm unsere Sünden zu bringen, weil wir wissen, daß sie uns
in die Verdammnis führen, aber wie wenig sind wir bereit, Ihm etwas
von den Segnungen, die Er uns gegeben hat, zurückzugeben!
Gott hatte Abraham in Hülle und Fülle gesegnet; Er konnte ihm nicht
mehr geben, als Er ihm gab. Abraham wandelte mit Gott in der
Vertrautheit eines Freundes, und Gott prüft jetzt Abraham, ob er
bereit sei, Ihm von dem, was Er ihm gegeben, etwas zurückzugeben (1.
Mos. 22). Er ruft: „Abraham!“, und Abraham Antwortet
sofort: „Hier bin ich!“ Es ist ihm keine Frage, ob Gott auch
wirklich ihn meine oder ihn riefe, sondern er erwidert sofort, so
wie es einer tut, der im freundschaftlichen Verkehr mit dem anderen
steht. Wie einfach spricht er: „Hier bin ich!“ Wie oft hören wir
Gläubige miteinander im natürlichen Tone sprechen, sobald wir sie
aber mit Gott reden hören, verändern sie ganz den Ton ihrer
Stimme und die Weise ihres
Sprechens. Warum das? Es mangelt ihnen an der Einfachheit. Sollten
wir nicht alle in solcher Vertrautheit mit Gott wandeln, daß wir
sagen können: Da ist keiner, mit dem ich so offen reden kann wie mit
Gott? Ich meine, es sei niemand da, mit dem wir so einfach, so
sachlich, so offen und so ungekünstelt reden könnten, als wie mit
Gott.
Man sieht die Leute, wenn sie in die sogenannten Stätten des
Gottesdienstes gehen mit geneigtem Haupte und verhaltenem Atem. Was
beweist das? Sie wandeln in ihrem täglichen Leben nicht mit
Bewußtsein und aus Gewohnheit vor Gottes Angesicht. Gott steht nicht
auf ein geneigtes Haupt; Er sieht auf ein geneigtes Herz. Sicher
geziemt es uns, demütig zu sein. „Er ist der Hohe und Erhabene“,
der, welcher „bei dem, der zerschlagenen und gebeugten Geistes ist“,
wohnt, wie wir lesen in Jesaja 57,15. Wir können gewiß sein, daß
Abraham demütig und zerschlagenen und gebeugten Geistes war, aber er
war dabei einfach. Und, Geliebte, je mehr und je vertrauter der
Verkehr mit Gott ist, desto einfacher werden wir sein. Antwortete
Gott dem Pharisäer, der im Tempel, umgeben von den frommen Dingen
der Religion, lange Gebete sprach? Wie wirklich sprach Gott aber
dagegen mit dem Sünder, als er sich einfach und aufrichtig an Ihn
wandte. Sieh den Herrn Jesus an, den niedrig gesinnten Jesus von
Nazareth, wie Er mit dem Fischer Petrus redet oder mit Jakobus oder
mit Johannes. Sieh, wie Er in Bethanien mit allerlei Leuten beim
Mahle sitzt, Martha dient, Maria sitzt zu Seinen Füßen; schau auf
Abraham, erbittet Gott, bei ihm zu essen, und Er tut es! Dies zeigt
uns, wie einfach Gott mit Seinen Kindern verkehrt. In Jesus, wie Er
mit Petrus redet und verkehrt, können wir Gott sehen im Verkehr mit
Arbeitsleuten, denn Jesus ist Gott.
Wenn Menschen Abrahams Geschichte geschrieben hätten, so würden sie
Einzelheiten und Ausschmückungen für die Bewunderung Abrahams
hinzugefügt haben; wie einfach aber ist Gottes Bericht. Es heißt
nur: „Abraham!“ und dann folgt Abrahams einfache Antwort:
„Hier bin ich“. Gott fährt fort: „Nimm deinen Sohn!“ (Ismael
betrachtet Er gar nicht als seinen Sohn.) „Nimm deinen Sohn, deinen
einzigen“ - wie mußte das Abrahams Herz prüfen! diesen: „einzigen
Sohn, den du lieb hast“ - „und opfere ihn“.
Abraham sagt kein Wort; er fragt auch nicht, wie Gott dann Seine
Verheißungen zu erfüllen gedenke; er sagt nicht einmal: „Warum?“,
sondern ganz einfach und ohne jede Frage gibt er ihn hin. Sofort
geht er ans Werk. Er weiß, er hat zu der Stätte zu gehen, die Gott
ihm sagen wird, und so macht er sich bereit für die Reise von drei
Tagen. Früh am Morgen steht er auf, dann sattelt er den Esel, nimmt
zwei von seinen jungen Leuten und seinen Sohn Isaak mit, nimmt
Messer und Holz, und ruhig und still bricht er auf. Der Glaube
konnte Abraham dies alles tun lassen, die Natur hatte keinen Anteil
daran.
In dieser dreitägigen Reise liegt mehr als allein, daß Abraham im
Glauben seinen Sohn Isaak an die
In dieser dreitägigen Reise liegt mehr als allein, daß Abraham im
Glauben seinen Sohn Isaak an die Opferstätte führt. Ich glaube, wir
erblicken in dieser ein Vorbild von Gott Selbst, der Seinen eigenen
vielgeliebten Sohn zur Opferstätte führt, um Ihn „für uns alle“
dahinzugeben. Aber doch sehen wir einen großen Unterschied: Er, der
Seinen eigenen Sohn nicht verschonte, verschonte den Sohn Abrahams.
Was mußte Gottes Herz empfinden während jener drei Jahre, in denen
Er Seinen Sohn auf Erden als Opferlamm dem Kreuze auf Golgatha
zuführte.
Am dritten Tage hob Abraham seine Augen auf und sah die Stätte in
der Ferne. Er spricht mit den beiden jungen Leuten und bittet sie,
daselbst zu verweilen, während er dorthin geht, um anzubeten. Isaak
und er gehen jetzt allein weiter. Von diesem Augenblick an dürfen
wir wohl sagen, treten wir in das Wesen und das Geheimnis des ganzen
Vorganges ein. Alles ist jetzt Anbetung. Die wahrhaftigste Anbetung,
möchte ich sagen, ist die, die kein Auge sieht und kein anderes Ohr
vernimmt als Gottes Ohr. Nichts muß so widerwärtig für Gott sein wie
Anbetung, die dargebracht wird, um von Menschen gehört und gesehen
zu werden.
Den Gang Abrahams und Isaaks auf dem Wege zum Berge Morija möchte
ich mit Gethsemane vergleichen. Dann, angekommen an dem Opferplatze,
nimmt Abraham das Holz und legt Isaak darauf. Er ergreift das
Messer, um seinen Sohn zu schlachten - er vollführt den Willen
Gottes, und Gott sieht es als geschehen an, daß Abraham Ihm gegeben,
was Er von ihm verlangt hatte, und Er gibt ihm seinen Sohn wieder.
Wie steht es mit uns? Gehen wir in Abrahams Fußstapfen? Hat
Gottes Gnade nicht auch uns manch köstlichen Besitz anvertraut? Er
gab ihn uns in Seiner Liebe, und wenn Er jetzt von uns fordert, Ihm
denselben zurückzugeben, geben wir ihn bereitwillig und freudig
wieder hin? Es mag der teuerste, süßeste, geliebteste Gegenstand
unseres Herzens sein, wenn wir durch Gnade ihn dem HErrn hingeben,
welch ein Zeugnis ist es für die Kraft des Glaubens! Dies ist etwas,
was wir im Himmel nicht haben werden, nur hier auf Erden haben wir
Glauben, und Gott versucht und prüft ihn
zu Seiner Herrlichkeit und zu unserem Segen. Er prüft unseren
Glauben, um zu erproben, ob wir Ihm vertrauen, und wenn Er sieht,
daß wir Ihm vertrauen, dann gibt Er uns viel mehr zurück, als Er von
uns genommen hat.
Gottes Schatz wird dauernd vermehrt durch den Glauben Seines Volkes.
Er führt uns durch mancherlei Versuchungen, wie Petrus sagt: „Auf
daß die Bewährung unseres Glaubens viel köstlicher als die des
Goldes, das vergeht, aber durch Feuer erprobt wird, erfunden werde
zu Lob und Herrlichkeit und Ehre in der Offenbarung Jesu Christi.“
(1. Petr. 1,7.)
Der HErr gebe, daß wir alle mehr von dem Glauben haben möchten, der
mit offenem Herzen den Segen, den Gott uns geben kann, aufnimmt und
mit offener Hand Ihm im Geiste der Anbetung zurückgibt,
was auch immer Er von uns fordern mag! W. - v. d. K.
-**-*-*
Frage 5
Gehören auch diejenigen zum Leibe Christi und zur Braut, die vor der
Ausgießung des Heiligen Geistes den Herrn Jesus liebten und an Ihn
glaubten, wie u. a. z. B. Simeon (Luk. 2), der Jüngling zu Nain
(Luk. 7), der eine von den zehn Aussätzigen, welcher umkehrte (Luk.
17), Zachäus (Luk. 19), Bartimäus (Mark.
10), Lazarus (Joh. 11), der Schächer (Luk. 23)?
Antwort
Wir wollen uns mit der Frage zunächst im Blick auf den „Leib
Christi“ beschäftigen und dann noch etwas betreffs der „Braut“
sagen.
Über den „Leib Christi“
im Sinne der Frage gibt uns das Wort Gottes deutliche Belehrungen.
Es handelt sich bei diesem Ausdruck um eins der Bilder, die der
Geist Gottes gebraucht, um uns zu zeigen, in welche Beziehungen wir
als Erlöste gebracht sind oder welche Vorrechte und welche VerAntwortlichkeit
wir haben. Andere solche Bilder sind: „Tempel Gottes“ (1. Kor. 3,16;
2. Kor. 6,16; Eph. 2,20-22); „Haus Gottes“ (1. Tim. 3,15; Hebr.
3,6); „geistliches Haus“ (1. Petr. 2,5); „Braut“ und „Weib des
Lammes“ (Offenb. 19,7; 21,2.9; 22,17). Im Bilde eines Eheweibes wird
auch in Eph. 5,22-32 von der Versammlung (Gemeinde) in ihrer
Beziehung zum HErrn gesprochen.
Das Bild des „Leibes“ finden wir erwähnt: Röm. 12,5; 1. Kor. 10,17;
12,12.13.27; Eph. 1,23; 2,16; 4,4.12.16; 5,23.30; Kol. 1,18; 2,19;
3,15; und zwar in zweierlei Beziehung: in Römer und 1. Korinther im
Blick auf die Verbindung der Gläubigen hier auf der Erde
miteinander, ihre Dienste füreinander und ihre Abhängigkeit
voneinander, und daher beschränkt auf die jeweils auf der Erde
lebenden Gläubigen; in Epheser und Kolosser aber im Blick auf die
Verbindung der Gläubigen mit dem verherrlichten HErrn und die
dadurch ihnen gegebene Stellung und geschenkten Segnungen, und
demgemäß alle Gläubigen umfassend, die je diesem wunderbaren „Leib“
einverleibt worden sind, gleichviel ob sie noch auf der Erde leben
oder bereits entschlafen sind, und die bis zur Entrückung noch
werden hinzugefügt werden. Hierzu erlauben wir uns, auf die
Ausführungen in den „Handreichungen“, Jahrgang 1928 (Bd. 13), S.
eingehend dargelegt ist. Diese unterschiedliche Anwendung des Bildes
hat indessen für unsere Frage keine Bedeutung, da selbstverständlich
im Anfang der „Leib“ in beiderlei Beziehung aus denselben Personen
bestand und für unsere Frage der „Leib“ in beiderlei Beziehung doch
nur in seinem Anfang in Betracht kommt. Deshalb kommt es im Grunde
darauf an, festzustellen, aus welchen Personen im Anfang der „Leib“
gebildet wurde und bestand, womit sich von selbst die Frage nach dem
Wie und Wann verbindet.
Wie wurde
der „Leib“ gebildet? Durch das Herabkommen des Heiligen Geistes und
Seinen Einzug in jeden einzelnen der Gläubigen: „Denn auch in einem
Geiste sind wir alle zu einem Leibe getauft worden, ... und sind
alle mit einem Geiste getränkt worden.“ (1. Kor. 12,13)
Wann geschah
dieses? Zur Zeit des Erdenlebens des Herrn Jesus bestand diese
Tatsache noch nicht, denn Joh. 7,39 lesen wir - nachdem der HErr „an
dem letzten, dem großen Tage des Festes“ an jeden, welchen
„dürstet“, die Einladung hatte ergehen lassen, zu Ihm zu kommen und
zu „trinken“, mit dem Hinzufügen, daß aus dem Leibe dessen, der an
Ihn glaubt, gleichwie die Schrift gesagt hat, „Ströme lebendigen
Wassers“ fließen würden -: „Dieses aber sagte Er von dem Geiste, den
die an Ihn Glaubenden empfangen sollten, denn noch war der Geist
nicht da, weil Jesus noch nicht verherrlicht worden war“, und der
HErr sprach von der Sendung des Heiligen Geistes - auch noch nach
Seiner Auferstehung - immer als etwas Zukünftigem, was nach Seinem
Hingang zum Vater (Seiner Verherrlichung) geschehen sollte. (Joh.
14,16.17.26; 15,26; 16,7.13; Apgesch. 1,4.5.8) Aber nachdem der Herr
Jesus verherrlicht worden war, an dem bald darauffolgenden Tage der
Pfingsten, wie wir Apgesch. 2,1-4 lesen, geschah die verheißene
Sendung des Heiligen Geistes und damit die Bildung des „Leibes
Christi“.
Und wer waren
diese, aus denen der „Leib“ gebildet wurde? Apgesch. 1 ist von denen
die Rede, mit welchen der HErr vor Seiner Aufnahme in den Himmel
sprach und vor deren Augen Er aufgenommen wurde und die dann auf die
verheißene Sendung des Heiligen Geistes warteten. Als diese werden
uns V. 13 und 14 zunächst die elf Apostel genannt und „etliche
Weiber“ und Maria, die Mutter des Herrn Jesus, und Seine Brüder, und
dann ist in V. 15 „eine Menge von etwa hundertzwanzig“ erwähnt,
welche Zahl sich augenscheinlich nur auf die bei
jener Gelegenheit versammelten Brüder bezieht. Aber die Zahl der
Gläubigen an jenem Pfingsttage war viel großer, denn 1. Kor. 15,6
berichtet Paulus, daß der HErr einmal „mehr als fünfhundert Brüdern
auf einmal“ erschienen ist - also vor Seiner Aufnahme in den Himmel
-, und auch diese Zahl ist nur eine Teilzahl, da hierbei Paulus nur
von „Brüdern“ spricht und daher noch die Gläubigen weiblichen
Geschlechts hinzukommen. Und alle diese, welche glaubten, waren nach
Apgesch. 2,1-4 an jenem denkwürdigen Pfingsttage an einem Orte
versammelt und wurden mit Heiligem Geiste getauft. Von jenem
Augenblick an waren sie „ein Leib“, der „Leib Christi“. Die
Personen, aus denen dieser „Leib“ zu Anfang gebildet wurde und
bestand, waren also alle die, welche in dem Augenblick des
Herabkommens des Heiligen Geistes an den Herrn Jesus gläubig waren.
Die Zugehörigkeit zu dem „Leibe Christi“ war und ist mit dem Empfang
und Innewohnen des Heiligen Geistes verbunden und hat diesen zur
unerläßlichen Voraussetzung!
Aus vorstehender Feststellung finden wir nun leicht die Antwort
Auf
unsere Frage. Diese Antwort ist: Alle
Menschen, die vor der Ausgießung des Heiligen Geistes den Herrn
Jesus liebten und an Ihn glaubten und zu dem Zeitpunkte der
Ausgießung des Heiligen Geistes noch lebten, gehören zu dem„Leibe
Christi“; hingegen alle
diejenigen, welche vor der Ausgießung des Heiligen Geistes aus
diesem Leben geschieden waren, nicht, wie
z. B. Simeon (Luk. 2), der offenbar bald nach der uns berichteten
Begebenheit heimgegangen ist (vgl. V. 26.29.30), und der „Schächer“
(Luk.23), dem der HErr sagte: „Wahrlich, Ich sage dir: Heute wirst
du mit Mir im Paradiese sein“ (V. 43). Wie hätten diese beiden zu
dem durch den Heiligen Geist gebildeten „Leib“ gehören können, da
sie den Heiligen Geist nicht empfangen hatten - der Heilige Geist
nicht in ihnen wohnte? Solche nicht zu dem „Leibe“ gehörende
Gläubige gehören einem anderen Segenskreise an - nach der Auffassung
des Schreibers dieser Zeilen zu dem der alttestamentlichen Heiligen.
(Vgl. Matth. 11,11)
Ob Bartimäus (Mark.
10), der Jüngling zu Nain (Luk. 7), der eine von den zehn
Aussätzigen, welcher umkehrte (Luk. 17), Zachäus (Luk. 19) und
Lazarus (Joh. 11) an jenem Pfingsttage
noch lebten, sagt uns das Wort nicht, es ist möglich, ja,
wahrscheinlich, und wenn sie noch lebten, gehören sie zu dem „Leibe
Christi“. Übrigens waren ja alle, die nach Apgesch. 2,1 an jenem
Pfingsttage „an einem Orte versammelt“ waren, solche, die „vor der
Ausgießung des Heiligen Geistes den Herrn Jesus liebten und an Ihn
glaubten“; der Fragesteller meint aber, wie aus den angeführten
Beispielen geschlossen werden kann, mit dieser Bezeichnung
vielleicht Personen, die während des öffentlichen Dienstes des Herrn
Jesus, vor Seinem Tode, mit Ihm in Berührung gekommen und an Ihn
gläubig geworden waren. Wenn dieses der Sinn der Frage ist, so
ändert dies an dem oben Gesagten nicht das geringste, sondern dann
sei nur noch bemerkt, daß unter denen, die an jenem Pfingsttage
versammelt waren, vielleicht viele solcher waren, die schon vor
Seinem Tode Ihn geliebt und an Ihn geglaubt hatten.
Was die Zugehörigkeit zu der „Braut“
betrifft, so hängt die Antwort
Ebenfalls
wieder davon ab, wer unter diesem Bilde zu verstehen ist. Über
letzteren Punkt bestehen verschiedene Auffassungen, wie es immer
dann der Fall ist, wenn die Schrift nicht selbst den Gegenstand uns
so vorstellt, daß unseren menschlichen Gedanken und Einbildungen
kein Raum gelassen wird.
Schon im Alten Testament ist mehrfach das Bild der „Braut“ gebraucht
(Ps. 45,10 [nach Luther]; Hohel. 4,8.9.10.12; 5,1; Jes. 61,10; 62,5;
Jer. 2,2; vgl. auch Hos. 2,19.20), und es ist kein Zweifel, daß dort
das Bild sich auf das Volk Israel bezw. den gläubigen Überrest aus
demselben bezieht. Aber das meint der Fragesteller
selbstverständlich nicht, sondern er meint die „Braut“ nach dem
Neuen Testament.
Im Neuen Testament wird das Bild der „Braut“ einmal Joh. 3,29
gebraucht, ohne daß gesagt ist, wer hier mit der „Braut“ gemeint
ist. Dann schreibt Paulus 2. Kor. 11,2 - also auf die Versammlung
(Gemeinde) bezüglich: „... ich habe euch einem Manne verlobt, um
euch als eine keusche Jungfrau dem Christus darzustellen“, womit
gewissermaßen ein Brautverhältnis ausgedrückt wird. Dann finden wir
Eph. 5,22-32 die Versammlung mit einem Eheweib verglichen als
Vorbild für Schwestern in der Ehe. Dann wird das Bild der „Braut“
(bezw. „Weib“) erst wieder ganz am Ende des Neuen Testamentes
gebraucht. (Offenb. 19,7; 21,2.9; 22,17 [vgl. im Anfang dieser Antwort
Absatz
2!]) Der für diese Antwort
Bemessene
Raum erlaubt uns
nicht, auf den Gegenstand an Hand der einzelnen Schriftstellen näher
einzugehen. Daher nur ganz kurz einiges:
Die von manchen vertretene Auffassung, auch im Neuen Testament sei
Israel (der gläubige Überrest) die „Braut“, lehnen wir ab. Vielmehr
haben wir (auch die Schriftl.) die Überzeugung, daß es eine irdische
„Braut“ gibt, von der im Alten Testament gesprochen wird und die aus
den Heiligen irdischer Berufung besteht, mit irdischen Segnungen,
und eine himmlische „Braut“, von der im Neuen Testament geredet ist
und die aus Heiligen himmlischer Berufung besteht, mit himmlischen
Segnungen. Aber auch bei dieser Einteilung gibt es in bezug auf die
neutestamentliche „Braut“ zwei Auffassungen: Die eine ist, daß die
Versammlung (Gemeinde), „welche Sein Leib ist“ (Eph. 1,23), die
„Braut“ ist. Diese Auffassung ist besonders gestützt durch die
Schriftstellen 2. Kor. 11,2; Eph. 5,22-32 und Offenb. 22,17; und
richtig ist ja auch auf jeden Fall, daß gegenwärtig die Versammlung
sich auch (gemeint ist mit „auch“: neben andersartigen Beziehungen
zum HErrn) in dem Verhältnis zu dem HErrn befindet wie eine Braut zu
ihrem Bräutigam: sich von Ihm geliebt wissend und Ihn liebend, Ihm
allein gehörend, mit Sehnsucht auf Sein Kommen wartend. Wenn diese
Auffassung - daß die Versammlung die „Braut“ ist - zutrifft, gilt
für die Zugehörigkeit zur „Braut“ genau dasselbe, was wir weiter
oben für die Zugehörigkeit zum „Leibe Christi“ festgestellt haben,
und gehören demgemäß nur die Gläubigen zur „Braut“, welche zum
„Leibe Christi“ gehören - und somit alle die Gläubigen nicht, die
vor der Ausgießung des Heiligen Geistes entschlafen sind, wie auch
die nicht, welche nach der Entrückung der Versammlung (d. h. der
Gläubigen der Jetztzeit) erst gläubig werden. - Die andere
Auffassung schließt in die „Braut“ alle ein, welche an der
Auferstehung des Lebens teilhaben, also nicht nur die zur
Versammlung gehörenden Gläubigen, sondern auch alle
alttestamentlichen und vor der Ausgießung des Heiligen Geistes
entschlafenen Heiligen und alle, die nach der Entrückung der
Versammlung bis zum Kommen des HErrn in Herrlichkeit noch werden
gläubig werden und durch den Tod gehen. Diese Auffassung gründet
sich auf die Annahme, daß alle diese an der Auferstehung des Lebens
teilhabenden Heiligen („deren Namen im Buche des Lebens sind“) -
alttestamentliche, wie neutestamentliche, zur Versammlung gehörend
und nicht zur Versammlung gehörend - himmlischer Berufung sind und
durch „die
werden, und in Verbindung hiermit auf die Tatsache, daß Offenb. 21,2
und 9 diese „heilige Stadt, das neue Jerusalem“ als „die Braut, das
Weib des Lammes“ bezeichnet wird. Wenn ebenerwähnte Annahme richtig
ist, dann würde also nach Offenb. 21,2 und 9 die „Braut“ nicht nur
aus der Versammlung (Gemeinde) bestehen, sondern aus dieser und den
alttestamentlichen sowie den neutestamentlichen, nicht zur
Versammlung gehörenden, verherrlichten himmlischen Heiligen, und
solchenfalls würden selbstverständlich auch die von dem Fragesteller
gemeinten, vor der Ausgießung des Heiligen Geistes entschlafenen
Gläubigen mit zur „Braut“ gehören. -
Bei dem Bewußtsein der Mangelhaftigkeit unserer Erkenntnis und
unseres Erfassens der kostbaren Schriftwahrheit ist es ein großer
Trost für uns, daß wir, die wir den HErrn durch Seine Gnade kennen
und lieben, die unschätzbare Gewißheit haben, daß wir zum „Leibe
Christi“ und auch zu Seiner „Braut“ gehören und daß alles herrlich
sein wird, wie immer es auch sein möge mit den Dingen, die uns jetzt
noch nicht ganz klar oder gar dunkel sind, und daß bald „das
Vollkommene gekommen“ und dann auch das Unklare und das Dunkle uns
völlig klar sein wird, zu Seiner Verherrlichung! Gepriesen sei Er!