Der Begriff Bibel ist abgeleitet von dem griech. Wort biblos, was einfach Buch bedeutet.
In der Tat umfaßt die Bibel eine Bibliothek von 66 Büchern.
Zu den Fragen von Schriftverständnis, Schriftauslegung etc.
→ Begriffserklärungen Syngrammata Lehre auf Youtube
I) DAS ALTE TESTAMENT
1) DER BESTAND DES AT
Das uns vorliegende AT ist eine gegliederte Ganzheit von 39 Schriften verschiedener Art und verschiedener Verfasser, die nach ihrem Inhalt in drei Gruppen gefasst sind, und zwar
a) Geschichtsbücher, Darstellungen aus der Geschichte des Volkes Gottes;
b) Lehrbücher, das ein Problem in Gesprächsform behandelnde Buch Hiob und die poetischen Schriften;
c) prophetische Bücher, die Reden der Propheten.
Die Gruppen sind nach dem Gegenstand zusammengestellt ohne Rücksicht auf Verfasser und Entstehungszeit der einzelnen Bücher.
Die Einteilung geht auf die LXX zurück, von der sie die Vulgata und die späteren Übersetzungen übernahmen. Im hebr. AT war die Zahl der Bücher bei gleichem Bestand 24,
da je zwei der heute geteilten Geschichtsbücher zu einem zusammengefasst waren, und zwar:
1 u. 2Sam;
1 u. 2Kön; 1 u. 2Chr; dazu Esra u. Nehemia.
Außerdem bildeten die 12 kleinen Propheten ein einziges Buch.
Durch eine weitere Vereinigung von Ruth mit Richterund von Klagelieder mit Jeremia kam man auf 22 Bücher (Josephus).
Diese waren in drei Gruppen geordnet:
a) Torah , die 5 Mosebücher (Pentateuch).
b) Nebiim (Propheten), eingeteilt in die früheren und späteren Propheten. Die früheren waren Josua, Richter , Samuel , Könige , denn nach jüd. Tradition waren diese Bücher von Propheten geschrieben, Könife z.B. durch Jeremia.
Die späteren oder hinteren Propheten sind:
Jesaja, Jeremia, Hesekiel und die 12 kleinen Propheten.
c) Kerubim (Schriften): Psalmen , Hiob, Sprüche ., Ruth, Hohe Lied , Prediger , Klagelieder, Esther , Daniel, Esra-Nehemia , Chronika .
Wie schon der Name andeutet, haben die Bücher dieser Gruppe kein einheitliches Gepräge, sind auch unter sich weder nach dem Gegenstand noch nach der Zeit, die sie behandeln, geordnet.
So kam man in neuerer Zeit zu der Vermutung, daß sie in der Reihenfolge ihrer Entstehung oder Anerkennung hinzugenommen seien.
Eine Sonderstellung hatten die megillot (Rollen) inne, die im Synagogengottesdienst an Festtagen verlesen wurden:
Hohelied (am Passa),
Ruth (am Pfingstfest),
Klagelied (am Fasttag zur Erinnerung an die Zerstörung Jerusalems),
Prediger (am Laubhüttenfest) und
Esther (am Purimfest).
Die Einteilung in diese drei Gruppen finden wir bei Jesus Sirach »Gesetz, Propheten, die anderen Bücher« ( Sir 1,3. 7 ).
Im NT bestätigt sie Jesus ( Lk 24,44 : Gesetz Moses, Propheten, Psalmen), wobei die Psalmen wohl für die ganze Gruppe der Schriften genannt sind.
2) DIE SPRACHE
Die Sprache des AT ist die - hebr ., nur geringe Teile sind - aram . abgefaßt worden.
3) DER KANON
Das AT umfaßt nicht das gesamte Schrifttum Israels, auch nicht alle religiösen Schriften ( 4Mo 21,14 ; Jos 10,13 ; 2Sam 1,18 ) oder die Schriften der ältesten Zeit.
So ergibt sich die Frage, warum gerade diese Bücher sich als heilige Schriften für den Gottesdienst aus dem übrigen reichen Schrifttum heraushoben als Kanon, d.h. Norm, Regel und Grundlage der Lehre.
Vgl. dazu Heilige https://www.bbkr.ch/module/BWS4@RL@1.0.0/Tribl.gif Schrift II B.
Daß Jesus das AT im gleichen Umfang gekannt und benutzt hat, wie es uns heute vorliegt, zeigt sein Wort über das Blut Abels und Secharjas ( Mt 23,35 ), denn diese werden am Anfang ( 1Mo 4,8 ) und Ende ( 2Chr 24,20. 22 ) des hebr. AT genannt.
4) DIE ÜBERLIEFERUNG DES AT
Die Beschäftigung mit dem Text des hebr. AT und seine Überlieferung lag bis zum Humanismus ganz in den Händen der Juden, die auf die getreue Bewahrung des Wortlauts größten Wert legten und die Überlieferung ( Masora ) zu einer besonderen Wissenschaft ausbildeten.
Bei diesen Bemühungen gingen die Masoreten in Mesopotamien andere Wege als die in Palästina und Syrien, doch schließlich setzte sich die Schule von Tiberias durch.
Hier stellte die Familie Ben Ascher durch mehrere Generationen hindurch die führenden Männer. Als Zeugnisse ihrer Arbeit sind bzw. waren uns bis vor kurzem folgende Handschriften. erhalten:
Der Codex Cairensis (vordere und hintere Propheten), geschrieben 895 n.Chr. von Mosche ben Ascher;
der Kodex der Synagoge von Aleppo (das ganze AT), kurz nach 900 n.Chr. von Ahron ben Moscheben Ascher fertiggestellt;
der Codex Leningradensis, eine 1008 hergestellte Abschrift der letztgenannten, kürzlich verbrannten Hs.
Eine andere Textfassung, die von Ben Naphthali, enthalten der Erfurter Kodex Nr. 3 aus dem 11. Jh. und der
Codex Reuchlianus von 1105 (für die Propheten). Eine weitere wichtige Hs. ist der
Leningrader Prophetenkodex von 916, er umfaßt Jes, Jer, Hes und die 12 kleinen Propheten.
Der Text der spätmittelalterlichen Hss., die dann auch den ersten Drucken zugrunde lagen, entstand aus einer Verbindung der beiden Überlieferungen von Ben Ascher und Ben Naphthali.
Mit den Handschriften vom Toten Meer ,
die seit 1947 entdeckt wurden, verlängert sich die für uns überschaubare Textgeschichte des hebr. AT um rund 1000 Jahre.
Vorher war der Papyrus Nash, geschrieben etwa zwischen dem 2. Jh. v.Chr. und 70 n.Chr., der älteste Zeuge des hebr. Textes; er enthält nur die Zehn Gebote.
Jetzt besitzen wir aus demselben Zeitraum eine Fülle von Hss. und Bruchstücken, die im allg. schon in der heute üblichen Quadratschrift, z.T. aber auch noch in althebr. Schrift (Bruchstücke von 1, 2, 3, 5Mo und Hiob) geschrieben sind.
Dazukommen die früheren Funde aus der Geniza (dem Ablageraum für unbrauchbare Hss.) der Synagoge in Kairo, die z.T. bis ins 5. Jh. n.Chr. zurückgehen und so das Bindeglied zwischen den Hss. vom Toten Meer und denen des 10. Jh. s bilden.
Für die Mosebücher besteht daneben die gesonderte Textüberlieferung im Pentateuch der Samariter ,
der bis heute in althebr. Schrift abgeschrieben wird.
Veröffentlicht sind hier von nur spätere Hss., die älteren hüten die Samariter sorgfältig. Nach der Erfindung des Buchdrucks begannen auch hebr. Bibeldrucke zu erscheinen.
Die berühmtesten hebr. Frühdrucker waren die Soncinos, eine jüd. Druckerfamilie aus Speyer, die sich nach ihrem italienischen Druckort nannte.
Hier kam 1488 das gesamte AT heraus, das dann in der Ausgabe von 1494 Luther als Unterlage zu seiner Übersetzung diente.
Von besonderer Bedeutung waren die Rabbinerbibeln, deren erste, hrsg. von Felix Pratensis, 1516/17 in Venedig erschien. Ihr folgte schon 1524/25 in derselben Druckerei von Daniel Bomberg eine bessere Ausgabe von Jakob ben Chajjim.
Sie enthält neben dem hebr. Text die aram. Übersetzung (Targum), rabbinische Kommentare und zum ersten Mal die gesamte Masora .
Diese Ausgabe wurde fast vier Jahrhunderte als die maßgebende nachgedruckt, bis die Biblia Hebraica von Kittel von der 3. Auflage ab die Leningrader Hs. mit der Masora des Ahron ben Mosche ben Ascher (s.o.) zugrundelegte.
5) JÜD. ÜBERSETZUNGEN DES AT
Übersetzungen des AT für den Synagogengottesdienst wurden notwendig, als die Juden in Palästina und Mesopotamien das Aram., in den Mittelmeerländern das Griech. als Alltagssprache übernahmen.
a) Die aram. Übersetzungen ( https://www.bbkr.ch/module/BWS4@RL@1.0.0/Tribl.gif Targum ) wurden erst verhältnismäßig spät schriftlich aufgezeichnet. Die früheste Nachricht spricht davon, daß dem Lehrer des Paulus, Rabbi Gamaliel, eine Targum Rolle des Buches Hiob vorgelegt wurde.
Aus der Vielfalt der Übertragungen gewannen einzelne offizielle Geltung. Das Targum Onkel ös für die Mosebücher und das Targum Jonathan für die Propheten, beide nach ihren angeblichen Übersetzern genannt, sind urspr. in Palästina entstanden, erhielten ihre endgültige Gestalt aber erst in Babylonien im 5. Jh. n.Chr. Dem Targum Onkelos als der anerkannten Auslegung wurde eine Masora beigegeben.
Auch zum samaritanischen Pentateuch haben sich Bruchstücke einer Reihe von Targumen erhalten. b) Größere Bedeutung als die aram. Übersetzungen gewann die griech. der https://www.bbkr.ch/module/BWS4@RL@1.0.0/Tribl.gif Septuaginta (LXX), die seit dem 3. Jh. v.Chr. in Alexandria entstand. Als sie aber im 1. Jh. n.Chr. zur Bibel der Urgemeinde wurde, wandten sich die Juden von ihr ab und suchten sie durch neue Übertragungen zu ersetzen. Aquila, ein Proselytund Schüler Rabbi Akibas, stellte um 130 n.Chr. eine sklavisch genaue Übersetzung des AT ins Griech. her, die großes Ansehen gewann. Theodotion, vermutlich ebenfalls ein Proselyt, beschränkte sich auf die Revision eines älteren griech. Textes (um 150); welche Vorlage er benutzte, ist nicht sicher bekannt.
Schließlich übersetzte Symmachus, der viell. ein Judenchrist war, um 170 das AT in gutes Griech.
Erhalten sind uns Teile dieser Übersetzungen durch das Riesenwerk, das Origenes 240 - 245 als Hexapla (»Die Sechsfache«) ausarbeitete. Um angesichts der Verwirrung in den LXX-Hss. seiner Zeit zu einem gesicherten Text zu gelangen, stellte er folgende sechs Texte nebeneinander und merkte ihre gegenseitigen Abweichungen an:
1. den hebr. MT;
2. dessen Umschrift in griech. Buchstaben;
3. die Übersetzung des Aquila;
4. die des Symmachus;
5. die LXX;
6. die Übersetzung des Theodotion. Das Gesamtwerk soll 50 Bände umfaßt haben, ist aber bis auf geringe Reste verloren.
c) Die Notwendigkeit der Übersetzung aus dem Hebr. blieb auch im Mittelalter bestehen.
So besitzen wir seit dem 13. Jh. jüd.-dt. Übertragungen der für den Synagogengottesdienst wichtigen atl. Abschnitte. Vollständige jüd.-dt. Übersetzungen des AT erschienen seit dem 18. Jh., die erste wurde von Moses Mendelssohn begonnen (1780ff).
Die neueste von Martin Buber und Franz Rosenzweig versucht mit erstaunlicher Sprachbeherrschung Satzbau und Klang des Hebr. im Dt. wiederzugeben und ist weithin von überraschender Ausdruckskraft, z.T. allerdings in ihren Wortprägungen nur noch vom Original her verständlich.
II) DAS NEUE TESTAMENT
1) DER BESTAND DES NT
Das NT umfaßt die grundlegenden Schriften des neuen, auf Jesus Christus als Mittler gestellten Bundes. Es enthält 27 Bücher, welche wie die des AT in drei Gruppen angeordnet sind.
An erster Stelle stehen die Geschichtsbücher
(Evangelien), die das Leben, Wirken, Leiden, Sterben und Auferstehen des Herrn darstellen und damit das Fundament des Glaubens legen.
Hinzu kommt in der Apostelgeschichte der Bericht über das siegreiche Vordringen des Glaubens auch in die Heidenwelt bis nach Rom.
Die zweite Gruppe, die der Lehrbücher, umfaßt die Briefe, die die rechte Lehre von Christusdarstellen und gegen Irrlehren abgrenzen, vor allem aber das ordnende Eingreifen der Apostel in das Leben der Gemeinden bezeugen und die Zurechtweisung, wo es in falsche Bahnen abzugleiten droht. Hier folgen auf die Paulusbriefe, unter denen wieder die sog. Pastoralbriefe (Die Briefe an Timotheus und Titus; weil sie sich nicht an Gemeinden richten, sondern an einzelne Mitarbeiter, »Hirten«, lat. pastores , werden sie Pastoralbriefe genannt) eine bes. Gruppebilden, die übrigen sog. allgemeinen oder Katholischen Briefe (1Petr-Jud - der Name kommt von griech.katholikos , allgemein alle betreffend, weil sie sich nicht an eine bestimmte Gemeinde richten, sondern allgemein, an alle). In der dritten Gruppe steht als prophetisches Buch nur die Offb. In ihr berichtet Johannes, wie er die Herrlichkeit und den Sieg des Herrn schaute, dazu das kommende Gericht über die Welt und alles, was zur Welt gehört.
2) DIE SPRACHE
Die Sprache des NT ist das sog. Koine-griech. (die griech. Gemeinsprache der Jahrhunderte um Christi Geburt). Nach den Eroberungszügen Alexanders d. Gr. wurde diese Sprache in der ganzen damaligen zivilisierten Welt verstanden, gesprochen und geschrieben. Da sie nun aber zur Darstellung neuer göttlicher Gedanken verwendet wurde, sind ihre Worte weithin mit einem neuen Inhalt erfüllt, was bei Übersetzung und Auslegung zu beachten ist.
3) ZUM KANON
vgl. Heilige https://www.bbkr.ch/module/BWS4@RL@1.0.0/Tribl.gif Schrift IIC.
4) DIE ÜBERLIEFERUNG DES NT
a) Die handschriftliche Überlieferung des NT ist besser und umfangreicher als die jedes anderen antiken Literaturdenkmals. Die ältesten Textzeugen liegen der Entstehungszeit der Originale so nahe, daß der Abstand praktisch bedeutungslos wird. Unter den über 2600 nachgewiesenen Hss. unterscheiden wir Papyri (2. - 6. Jh.) und Pergament-Hss. (vom 4. Jh. ab), die man weiter einteilt in die älteren Majuskeln (bis zum 10. Jh.), die mit Großbuchstaben ohne Worttrennung geschrieben sind, und die späteren Minuskeln (vom 9. Jh. ab), deren Schrift der heute gebräuchlichen griech. Schreibschrift ähnelt. Das älteste Papyrusbruchstück, ein Teil des Joh.-Ev., kommt aus Ägypten und stammt von etwa 125 n.Chr. Die drei Bände der Chester-Beatty-Papyri von 200 bzw. 220 n.Chr. umfassen Teile der Evv. und Apg, der Paulusbriefe und der Offb. Die wichtigsten Majuskel-Hss., alle vier urspr. Vollbibeln, sind: Codex Vaticanus (4. Jh.), das NT enthaltend ohne Hebr 9,15 , Pastoralbriefe, Phlm, Offb; Codex Sinaiticus (4. Jh.) mit dem ganzen NT, Codex Alexandrinus (5. Jh.) und Codex Ephraemi rescriptus (5. Jh.), beide das NT mit Lücken enthaltend.
b) Nach ihrem Inhalt, d.h. nach den Abweichungen bzw. Übereinstimmungen ihrer einzelnen Lesarten, teilt man die ntl. Hss. in mehrere große Textgruppen ein. Zur ägypt. oder alexandrinischen Gruppe gehören Vaticanus, Sinaiticus und Ephraemi rescriptus; von der Apg an auch Alexandrinus. Eineandere Gruppe ist die byzantinische, vor allem in Antiochien und Konstantinopel verbreitete Textform, auch Reichstext genannt. Weiter unterscheidet man noch eine Textform von Cäsarea und einen westlichen Text, über die Abgrenzung dieser Textgruppen und die Zuweisung der einzelnen Hss. zu ihnen gehen die Meinungen aber auseinander.
c) Aus diesem Material gilt es, den möglichst zuverlässigen Text zu gewinnen.
Die ersten, die diese Aufgabe in Angriff nahmen, waren die Theologen der spanischen Universität Alcala (Complutum), die seit 1502 an der Herausgabe der Complutensischen Polyglotte (einer vielsprachigen Bibelausgabe) arbeiteten. Deren 6. Band, gedruckt 1514 - 17, enthielt u.a. den griech. Text des NT. Da die päpstliche Erlaubnis zur Veröffentlichung aber auf sich warten ließ, konnte Erasmus den Spaniern zuvorkommen. 1516 veröffentlichte er einen aus wenigen spätmittelalterlichen Basler Hss. gewonnenen griech. Text mit eigener lat. Übersetzung, dessen 2. Aufl. von 1519 Luther als griech.-lat. Übersetzungsvorlage für sein NT diente. Das spanische Werk erschien erst 1522.
Nach weiteren Überarbeitungen des Erasmustextes durch Robert Stephanus (1546 - 1551), Beza (1565 - 1604) und Elzevir (1624) erklärte der letzte im Vorwort seiner 2. Aufl. (Leiden 1633) diese Textform als den »überall angenommenen Text«, wodurch sie wirklich allgemeine Geltung erhielt. Erst Johann Albrecht Bengel erkannte die Schwächen dieses » Textus receptus « und veröffentlichte 1734 in seiner Ausgabe des griech. NT mit Lesartenapparat den ersten Versuch, durch umfangreichen Hss.-Vergleich einen verläßlichen Text zu erhalten.
Das 19. Jh brachte dann die großen wissenschaftlichen Ausgaben. Tischendorf, der selber viele Hss., darunter den Sinaiticus, entdeckt hatte, brachte 1869 bis 72 als Abschluß seiner verschiedenen Editionen (seit 1841) die große Ausgabe des griech. NT heraus, gestützt auf die ägypt. Textform, vor allem auf den Sinaiticus. Aus derselben Textgruppe, aber unter Bevorzugung des Vaticanus, erarbeiteten Westcott-Hort ihr 1881 erschienenes NT. 1894 - 1900 gab Bernhard Weiß seinen ntl. Text heraus. Unter umfassender Registrierung aller erreichbaren Hss. suchte v. Soden (1902 - 13) auf Grund der frühesten Zeugen die älteste Textgestalt des NT zu finden.
Durch Zusammenarbeit des in diesen Ausgaben gebotenen Stoffes und unter Hinzuziehen weiterer Lesarten aus den Hss. entstand das invielen Aufl. (seit 1898) immer wieder verbesserte und auf dem neuesten Stand gehaltene NT von Nestle, später von Aland (seit1952 dabei) weitergeführt (26. Aufl. 1979), das allg. der wissenschaftlichen Arbeit zugrunde gelegt wird.
III) CHRISTLICHE BIBELÜBERSETZUNGEN
Als das Evangelium sich immer weiter ausbreitete, mußten seine grundlegenden Schriften auch in die Sprachen der Völkerübertragen werden, zu denen es durchbrach.
Man begann dabei mit der Übersetzung des NT, der die des AT folgte. Das AT war nun
keine selbständige Größe mehr, wie bei den jüd. Übersetzungen (vgl. oben II,5), sondern der erste Teil der gesamten Bibel.
1) Wenn auch die Gottesdienstsprache der röm. Gemeinde bis ins 2. Jh. hinein das Griech. war, so herrschte doch im westl. Teil des röm. Reiches allg. das Latein vor. Lat. Übertragungen traten schon früh auf und zeigten im einzelnen beträchtliche Unterschiede. Man faßt sie unter der Sammelbezeichnung der Altlat. Übersetzung ( Vetus Latina ) zusammen.
Im Auftrag des Papstes Damasus revidierte Hieronymus seit 383 denlat. Text und übersetzte ihn im AT großenteils neu aus dem Hebr. Die so entstandene https://www.bbkr.ch/module/BWS4@RL@1.0.0/Tribl.gif Vulgata wurde zur allg. anerkannten lat. Bibel; das Konzil von Trient erklärte sie 1546 zum authentischen Text, der für alle Lehrfragen innerhalb der kath. Kirche grundlegend ist.
Bei der Erfindung des Buchdrucks schwankte man offenbar zunächst, ob der erste Druck ein Missale (Meßbuch) oder die Bibel sein sollte.
Die Entscheidung fiel für die B., und so enthält das erste gedruckte Buch die lat. Vulgata. Diese 42 - zeilige Gutenbergbibel von 1455 ist als Druck in der Schönheit und Vollendung bes. ihrer auf Pergament gedruckten und mit der Handausgemalten Exemplare bis heute unerreicht geblieben.
2) Von großer Bedeutung sind auch die frühen Bibelübersetzungen ins Syr. ( https://www.bbkr.ch/module/BWS4@RL@1.0.0/Tribl.gif Peschitta ) und Ägypt. (Koptische). Hier unterscheidet man vor allem die bohairische (unterägypt.), wohl aus dem 7. Jh., und die sahidische (oberägypt.) Übersetzung aus dem 3. Jh. Weiter sind zu nennen die äthiopische (viell. aus dem 4. - 6. Jh., die armenische (5. Jh.), die georgische (5. Jh.), die arab. (sicher belegt seit dem 9. Jh.) und die altslawische Übersetzung (seit dem 9. Jh.).
Bes. Bedeutung als erste germanische Bibelübersetzung hat die gotische des Bischofs Ulfila (gest. 383), von der uns nur geringe Reste des AT, aber große Teile des NT erhalten sind (Codex Argenteus in Uppsala, 6. Jh.). Dieses Werk zeugt von überlegener Sprachbeherrschung und sicherem Sprachgefühl, es gelingt Ulfila vielfach, Satzbau, Klang und Rhythmus seiner griech. Vorlage wirklich ins Gotische zu übertragen. Bis hin zu Luther findet sich keine Übersetzungsleistung von vergleichbarer Vollendung.
Alle bisher angeführten Übersetzungen spielen noch eine Rolle für die Herstellung des ntl. Textes, weil sie Rückschlüsse auf ihre nicht mehr erhaltenen, z.T. aber sehr alten handschriftlichen Vorlagen erlauben. Daher werden ihre wichtigen Lesarten im Apparat der griech. Ausgabe von Nestle mit angeführt.
3) Das Mittelalter hindurch eroberte sich die Bibel nacheinander sämtliche europäischen Sprachen. Ausgangspunkt war dabei stets der lat. Vulgatatext. Seit der Reformationszeit ging man dann bei den evangelischen Übersetzungen grundsätzlich auf den hebr. und griech. Grundtext zurück. Mit dem Beginn der Weltmission und dem Aufkommen der Bibelgesellschaften am Anfang des 19. Jh. weitete sich die Aufgabe aus auf alle Sprachen der Erde. Im 20. Jh. hat sich die in Amerika entstandene Arbeit der Wycliffe Bible Translators das Ziel gesetzt, mit modernsten sprachwissenschaftlichen und technischen Methoden allen Völkern oder sprachlich selbständigen Stämmen, die die Bibel noch nicht in ihrer Muttersprache besitzen, eine entsprechende Übersetzung in die Hand zu geben.
4) DEUTSCHE BIBELÜBERSETZUNGEN
Die christliche Mission ist von verschiedenen Seiten nach Deutschland vorgedrungen, die frühe gotische Mission arbeitete im SO, die irischen Mönche des 7. Jh. im S und die fränkisch-angelsächsische Mission (Bonifatius, Alkuin) des 8. Jh. im W und NW. Spuren ihrer verschiedenen Übersetzungstraditionen zeigen sich noch im Wortschatz der althochdt. Denkmäler (vgl. https://www.bbkr.ch/module/BWS4@RL@1.0.0/Tribl.gif Gnade I,2).
Reste vom Anfang der Bemühungen um das Evangelium in dt. Sprache aus der Zeit Karls d. Gr. finden wir in Wortlisten (Vokabularien), im dt. Vaterunser und Glaubensbekenntnis und einer Mt-Übersetzung des 8. Jh Im 9. Jh folgt die Übersetzung der Evv.-Harmonie des Tatian aus dem Lat. in Fulda und die dichterische Behandlung des Lebens Jesu im altsächsischen Heliand und dem oberdt. Evangelienbuch Otfrids, die ihren Stoff aber theologisch nicht umformen. Höhepunkt und Abschluß der althochdt. Zeit bilden die Arbeiten Notkers des Deutschen von St. Gallen (um1000), neben der verlorenen Hiob-Übertragung vor allem sein dt.-lat. Psalmenkommentar, den er für die Klosterschule schrieb. Der dt. Psalmentext wurde schon bald aus dem Kommentar herausgelöst und für sich überliefert. Seine Nachwirkung können wir durch die ganze mittelalterliche Psalmenverdeutschung verfolgen, teilweise bis zu Luther hin.
Der Beginn der frühmittelhochdt. Zeit brachte eine neue Blüte atl. und ntl. Bibeldichtung. Ihre Werke wurden später z.T. in Prosa aufgelöst und mit inzwischen entstandenen Prosaübersetzungen anderer Bibelteile zu den sog. Historienbibeln vereinigt. Diese Sammelwerke, die im 13. - 15. Jh weit verbreitet waren, enthielten häufig auch Legendenstoffe und Kommentare, in einzelnen Ausgaben wird aber zwischen dem eigentlichen Bibeltext und allen außerbibl. Zutaten sorgfältig unterschieden.
In der Evv.-Verdeutschung gewann eine neue Übertragung der schon im Althochdt. übersetzten Evv.-Harmonie große Bedeutung. Sie kam aus dem Mittelniederländischen nach Deutschland, und ihre Texte gingen vielfach in die sog. Plenarien oder Perikopenbücher über, die für Verbreitung wie Entwicklung des dt. Bibeltextes eine sehr wichtige Rolle gespielt haben. Es handelt sich hierbei um eine Zusammenstellung der kirchl. Leseabschnitte für das ganze Jahr, deren dt. Text sowohl für die kirchliche Predigt wie für die Privatandacht verwendet wurde. In dieser Übersetzungstradition finden sich z.T. schon seit 250 Jahren vor Luther sprachliche Prägungen wichtiger Bibelstellen, die uns aus der LÜ vertraut sind.
Neben den zahlreichen Plenardrucken von 1473 - 1523 und vier niederdt. Bibeln (1478 - 1522) erschienen zwischen 1466 und 1518 14 Drucke der hochdt. Gesamtbibel. Leider war das 1466 ausgewählte Manuskript eine schon damals sprachlich veraltete Übersetzung. Trotz der ständigen Überarbeitung liegen diese hochdt. Bibeltexte daher unter dem allgemeinen Niveau ihrer Zeit.
Luther steht am Ende der mittelalterlichen Bibelverdeutschung, und wenn auch nicht nachzuweisen ist, daß er einen ihrer Texte bei seiner Arbeit unmittelbar zu Rate gezogen hat, so hatte er doch wohl den Wortlaut der Plenarien im Ohr, wie aus zahlreichen Übereinstimmungen im NT wie in den Bibelzitaten seiner übrigen Schriften hervorgeht. Nach 800 Jahren ständig erneuerter Bemühung um das Evangelium in dt. Sprache brachte Luther die Ernte ein: in einer abschließenden Übersetzung aus dem hebr. und griech. Grundtext, mit deren sprachlich-dichterischer Vollendung und innerer Kraft sich bis heute kein anderer dt. Bibeltext zu messen vermag.
b) Die wichtigsten Übersetzungen seit Luther:
Die Lutherübersetzung (LÜ), deren NT 1522 und deren Vollbibel 1534 zuerst erschien, kam zu Luthers Lebzeiten in zahlreichen, ständig revidierten und verbesserten Ausgaben heraus. Die parallelen niederdt. Ausgaben (Bugenhagenbibel) erschienen 1534 - 1621 (NT seit 1524). Nach Luthers Tod ließ man den Text unverändert, jedoch schlichen sich in den Nachdrucken Fehler und Abweichungen ein. Erst im 19. Jh. begann man mit der durch die Weiterentwicklung der dt. Sprache dringend notwendig gewordenen Revisionsarbeit. Auf einen ersten Versuch von 1892 folgte die Ausgabe von 1912: »Neu durchgesehen nach dem vom Deutschen Evangelischen Kirchenausschuß genehmigten Text«. Eine weitere Überarbeitung führte zu dem 1956 herausgegebenen Text des NT; dem das AT 1964 folgte. Die 1975 vorgenommen Revision der LÜ fand keine große Zustimmung, so daß sie neu vorgenommen wurde. Der revidierte Text von AT und NT erschien 1984. Die Zürcher Übersetzung (ZÜ), die Bibel der Zwinglischen Reformation, baute urspr. auf der Lutherbibel auf, entfernte sich dann aber immer mehr von ihr. Das NT erschien zuerst 1524, die Bibel 1531. Über regelmäßige Revisionen, deren letzte 1931 abgeschlossen wurde, entstand der heutige Text.
Heute nicht mehr verwendet wird die reformierte Herborner Bibel von Joh. Piscator (1602-04), die dem Prinzip möglichster Worttreue folgt. Sie stand seit 1684 in Bern in kirchlichem Gebrauch und wurde 1846/48 zum letzten Mal gedruckt.
Aus der Gemeinschaftsbewegung des 19. Jh. s ist die Elberfelder Bibel hervorgegangen,
die das gleiche Prinzip wie Piscator vertritt. Sie wird vor allem in der »Versammlung« und anderen Gemeinschaftskreisen gebraucht.
Das NT erschien zuerst 1855, die Bibel 1871. Die letzte grundlegende Überarbeitung (RevEB) erfolgte 1984. Das Prinzip der Worttreue wurde beibehalten.
Die später erschienenen evangelischen Übersetzungen sind weder durch ihre Entstehung noch Verbreitung mit bestimmten Kirchen oder Gemeinden verbunden. Die Textbibel des AT und NT (1899) vereinigt das NT von Weizsäcker (1875) mit dem AT von Kautzsch. 1905 erschien die Schlachterbibel, eine Überarbeitung, die vom Luthertext ausgeht. Von der weitverbreiteten Menge Bibel kam das NT 1923, die Bibel 1926 heraus. An Übersetzungen nur des NT sind weiter zu nennen die von L. Albrecht (1920), W. Michaelis (1934/35), die sehr freie Wiedergabe von E. Pfäfflin (1939) und die Übersetzung von L. Thimme (1946).
Als freie Übersetzungen sind weiter zu nennen die Gute Nachricht, deren 2. Aufl. 1982 gedruckt wurde. Ähnlichen Prinzipien folgt Hoffnung für alle, von der bisher nur das NT erschienen ist (1983). Großer Beliebtheit erfreuen sich die Übertragungen von Hans Bruns (NT 1959 u. AT 1962) und Jörg Zink (AT 1966 u. NT 1965).
Als Gegengewicht gegen den Erfolg der Übersetzung Luthers brachte Hieronymus Emser 1527 ein eigenes kath. NT heraus, das aber im wesentlichen auf Luthers Text beruhte. Vollbibeln - sprachlich weit hinter Luther zurückstehend - erschienen 1534 von Dietenberger und 1537 von Eck. Die Dietenberger Bibel wurde von Caspar Ulenberg 1630 überarbeitet und fand in dieser Form größte Verbreitung. Damit hatte auch die kath. Übersetzungsarbeit das allg. Niveau der anderen dt. Übersetzungen erreicht. Im 19. Jh trat die Bibel von Allioli (seit 1838) an die Stelle der Ulenbergschen. 1921 erschien die Bibel von Henne (AT) und Rösch (NT), 1924/26 die von Rießler (AT) und Storr (NT). Eine beachtenswerte Übersetzung des NT von Sigge kam 1958 in der Fischerbücherei heraus.
1980 erschien die sog. Einheitsübersetzung. Hier haben evangelische Theologen an der Übersetzung der Psalmen und des NT mitgearbeitet.
IV) KAPITEL- UND VERSEINTEILUNG
Das AT war im Spätjudentum in Leseabschnitte eingeteilt, in Babylon waren es 54 für die Sabbate des Jahres (1. 1Mo 1,1-6,8 ;2. 1Mo 6,9-11,32 usw.), in Palästina 154 entsprechend kürzere Abschnitte, die man auf die Sabbate dreier Jahre verteilte. Ebenso kannte der Talmud eine atl. Verseinteilung, aber noch keine Verszählung.
Für die LXX und das NT zeigen die alten Hss. ebenfalls verschiedene Einteilungen in Leseabschnitte (Perikopen) oder Kapitel, aber keine von ihnen hat allgemeine Geltung erlangt. Von bes. Bedeutung sind darunter die sog. Kanones des Eusebius. Er zerlegte den Text der Evv. in 355 (Mt), 233 (Mk), 342 (Lk) und 232 (Joh) durchgezählte Abschnitte. Mit ihnen stellte er zehn Tabellen (Kanones) zusammen, die das allen, zwei oder drei Ev. Gemeinsame und das Sondergut jedes Ev. zeigen. Diese Einteilung hat in fast alle griech. Hss. Eingang gefunden. Die Tabellen sind in der Einleitung zum griech. NT von Nestle abgedruckt.
Unsere heutige Kapiteleinteilung geht auf Stephan Langton, den Kanzler der Universität Paris zurück, der sie vor 1205 ausarbeitete. Der Dominikaner Hugo von St. Cher übernahm diese Einteilung für seine Bibelkonkordanz (kurz vor 1250) und unterteilte jedes Kapitel weiter in sieben Abschnitte, die er mit den Buchstaben a-g bezeichnete. Im 14. Jh. übernahmen die hebr. Hss. diese Kapiteleinteilung aus der Vulgata, gedruckt wurde sie zuerst im hebr. Text der Rabbinerbibel von 1524/25.
Die heutige Verseinteilung und Zählung ist das Werk des Druckers Robert Stephanus, der sie in seinem griech. NT von 1551 (Genf) und seiner Vulgata von 1555 veröffentlichte.
Die erste Lutherbibel mit Verseinteilung war eine Heidelberger Ausgabe von 1568, die Wittenberger Drucke folgten seit 1586, die Zürcher Übersetzung seit 1589.
BWS V ( 5.04)
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