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AUSLEGUNG
I. Die persönliche Geschichte Daniels
( Dan 1 )
A. Daniels Wegführung aus Israel
( 1,1 - 7 )
Dan 1,1-2 a
Die ersten beiden Verse des Buches Daniel zeigen, wann und wie der Prophet nach
Babylon kam. Die Ereignisse, von denen dieses Buch berichtet, begannen im
dritten Jahr der Regierungszeit von Jojakim, König von Juda . Dies scheint der
Aussage Jeremias zu widersprechen, daß das erste Jahr von Nebukadnezar, König
von Babel, das vierte Jahr der Herrschaft Jojakims war ( Jer 25,1 ). Für diesen
anscheinenden Widerspruch gibt es wenigstens zwei mögliche Erklärungen. Die
erste ist der Unterschied zwischen dem babylonischen und dem jüdischen Kalender.
Der jüdische Kalender begann im Monat Tischri (September/Oktober), während der
babylonische im Frühling mit dem Monat Nisan (März/April) anfing. Nach
babylonischer Zählweise war das erste Jahr Nebukadnezars das vierte Jahr der
Herrschaft Jojakims. Aber nach jüdischer Zählweise war es erst das dritte Jahr.
Es ist sehr gut möglich, daß sich Daniel, ein Jude, nach dem jüdischen Kalender
gerichtet hat.
Die zweite mögliche Erklärung geht von der babylonischen Methode der Berechnung
der Herrschaft eines Königs aus. Der Teil des Jahres, der vor dem Beginn eines
neuen Jahres im Monat Nisan lag, das Krönungsjahr des Königs also, wurde das
erste Jahr des Königs genannt, selbst wenn es nur von kurzer Dauer war. Wenn
Jeremia diese Zählweise übernommen hat, dann hat er das Krönungsjahr Jojakims
(das in Wirklichkeit nur ein Teil eines ganzen Jahres war) als erstes Jahr
gezählt. Wenn Daniel die jüdische Art der Zählung benutzte (die die ersten
Monate der Regierungszeit eines Königs vor dem neuen Jahr nicht mitzählte), dann
rechnete er nur die drei ganzen Jahre der Herrschaft Jojakims. Dieses Jahr war
das Jahr 605 v. Chr.
Daniel spricht von Nebukadnezar (dessen Name bedeutet "Nabu hat mein Erbe
beschützt") als dem König von Babel . Zu dieser Zeit (605) war Nabopolassar
jedoch noch König in Babel und Nebukadnezar noch nicht auf dem Thron. Aber
während Nebukadnezar noch im Krieg war, hörte er von dem Tod seines Vaters und
eilte schnell nach Babel, um dort gekrönt zu werden (vgl. den Abschnitt
"Historischer Hintergrund" in der Einführung ). Daniel, der dies zu einem
späteren Zeitpunkt schrieb, spricht von Nebukadnezar, der in der Erwartung
seiner Thronbesteigung lebte.
Nebukadnezars Belagerung von Jerusalem geschah während der Herrschaft von
Jojakim, dem siebzehnten König von Juda und ältesten Sohn von Josia (vgl. 2Chr
36,2 mit 2Chr 36,5 ). Jojakims jüngerer Bruder Joahas war auf Judas Thron
gekommen, nachdem Pharao Necho 609 v. Chr. König Josia getötet hatte (vgl. die
Tabelle "Die letzten fünf Könige Judas" zu 2Kö 23,31-35 ). Aber Necho setzte
Joahas wieder ab und machte dafür Jojakim zum König ( 2Chr 36,3-4 ).
Jeremia hatte Jojakim vor der drohenden Invasion durch Babylon gewarnt. Jojakim
hatte die Anweisungen des Propheten an Gottes Volk, sich Babylon ohne Widerstand
zu ergeben, gehört. Als Nebukadnezar die Stadt besiegte, gab es daher kaum oder
keinen Widerstand und Jojakim wurde gefangengenommen und nach Babel gebracht. So
kam Juda unter die Oberherrschaft Nebukadnezars.
Mit diesem Streifzug Nebukadnezars begann eine entscheidende prophetische
Periode - die Zeit der Heiden ( Lk 21,24 ). Die Zeit der Heiden ist jene Zeit,
in der das Land, das Gott durch einen Bund an Abraham und seine Nachkommen
gegeben hat, von heidnischen Mächten beherrscht wird und der davidische Thron
ohne einen rechtmäßigen Erben aus der Familie Davids ist. Die mit Nebukadnezars
Invasion 605 v. Chr. beginnende Zeit wird andauern, bis der Messias wiederkommt.
Dann wird Christus die Nationen unterwerfen, das Land von seinen heidnischen
Besitzern wegnehmen und Israel geben und das Volk Israel im Tausendjährigen
Reich unter den Segen seines Bundes stellen.
Gott hatte in Moab einen Bund mit Israel gemacht ( 5Mo 28-30 ), kurz bevor es in
das Land gekommen war ( 5Mo 29,1 ). In diesem Bund macht er deutlich, nach
welchen Richtlinien er mit seinem Volk handeln wird. Sein Gehorsam ihm gegenüber
wird ihm Segen bringen ( 5Mo 28,1-14 ), sein Ungehorsam dagegen seine Züchtigung
herbeiführen ( 5Mo 28,15-68 ). In diesem zweiten Teil zeigt Gott die Strafen,
die er benutzen wird, um die Menschen zurechtzubringen, wenn sie außerhalb
seines offenbarten Gesetzes wandeln. Diese Strafen werden dazu dienen, sie
seinen Ansprüchen gerecht zu machen, damit sie seinen Segen empfangen können.
Die letzte Strafe, die er benutzen wird, ist die Eroberung des Landes durch
heidnische Nationen, die Israel unter ihre Herrschaft zwingen und aus dem Land
vertreiben werden ( 5Mo 28,49-68 ).
Mose erklärt dann, daß die Strafe, unter die Israel wegen seines Ungehorsams
kommen wird, nicht weggenommen werden wird, bevor das Volk seine Sünde nicht
eingesehen, im Glauben zu Gott zurückgekehrt und seinen Anforderungen gehorsam
geworden ist ( 5Mo 30,1-10 ). Das Nordreich Israel war 722 v. Chr. in die
Gefangenschaft geführt worden. Dies war die Folge der in 5Mo 28 verkündigten
Richtlinien Gottes. Mehrfach (wenn auch nicht dauerhaft) hatte sich das Südreich
(Juda) unter den Ermahnungen der Propheten und angesichts des Unterganges des
Nordreiches zu Gott zurückgewandt. Das Südreich bestand noch über zwei
Jahrhunderte länger, weil es unter den frommen Königen, die es zeitweilig hatte,
Buße tat und Gott gehorsam wurde.
Dies war aber nie von Dauer. Auch Juda mißachtete den Bund Gottes, hielt den
Sabbat und das Sabbatjahr nicht ( Jer 34,12-22 ) und beging Götzendienst ( Jer
7,30-31 ). Deshalb kam das Gericht aufgrund des Bundes von 5Mo 28 auch über
Juda. Gott erwählte sich Nebukadnezar als sein Werkzeug, um die Strafe über das
ungehorsame Volk zu bringen (vgl. Jer 27,6; Hab 1,6 ).
Dan 1,2-3 (Dan 1,2b-3)
Als Nebukadnezar von seiner Invasion Judas nach Babel zurückkehrte, brachte er
auch Kriegsbeute mit, um die Unterwerfung Judas in Babel zu zeigen. Als erstes
brachte er einige wertvolle Gegenstände aus dem Tempel in Jerusalem mit, die er
in den Tempel seines Gottes in Babel stellte (vgl. 2Chr 36,7 ). "Sein Gott"
könnte Bel gewesen sein, der auch Marduk genannt wurde, der Hauptgott der
Babylonier (vgl. die Anmerkungen zu Dan 4,8 ). (Im Hebr. ist das Wort, das mit
Babel übersetzt wird, Schinar, ein alter Name für dieses Land; vgl. 1Mo 10,10;
11,2; 14,1; Jes 11,1; Sach 5,11 .) Dies sollte die Niederlage des Gottes von
Juda unter die babylonische Gottheit demonstrieren.
Außerdem brachte Nebukadnezar einige von den Israeliten (Juden) mit sich, aus
der königlichen Familie und von den Edlen . Wie in der Einführung gesagt, wurden
diese königlichen Fürsten vielleicht als Geiseln betrachtet, die Babylons
Herrschaft über Juda sichern sollten. Oder sie wurden nach Babel gebracht, um
sie für eine politische Aufgabe vorzubereiten, falls Nebukadnezar noch einmal
zurückkehren müßte, um Juda zu unterwerfen. Aschpenas war der oberste unter den
Hofkämmerern . Er wird nur hier im Alten Testament bei seinem Namen genannt und
sonst als "der Kämmerer" oder "der oberste Kämmerer" bezeichnet ( Dan
1,7-11.18 ). Es ist nicht klar, ob das Wort für "Kämmerer" (sar¯s) einen
Eunuchen oder nur einen gewöhnlichen Hofdiener meint. Kitchen glaubt, daß es zur
Zeit Daniels Eunuch bedeutete (Kenneth A. Kitchen, Ancient Orient and Old
Testament . Downers Grove, Ill.: Inter Varsity Press, 1966, S. 165f).
Dan 1,4-5
Diese Gefangenen waren auserlesene junge Männer , sowohl körperlich als auch
geistig, und als solche konnten sie eine Bereicherung für den Palast des
Königs sein. Man versuchte daher, sie in die Kultur des Hofes einzugewöhnen,
denn sie mußten die Sprache und die Literatur des Volkes, unter dem sie wohnten,
kennenlernen. Sie mußten ein strenges dreijähriges Trainingsprogramm erfüllen,
nach dem sie in den Dienst des Königs treten sollten. Zu diesem
Erziehungsprogramm gehörte vermutlich das Studium von Ackerbau, Architektur,
Astrologie, Astronomie, Jura, Mathematik und der schwierigen akkadischen
Sprache.
Dan 1,6-7
Es wird nicht gesagt, wieviele Gefangene ausgewählt wurden, aber vier werden
namentlich angeführt, weil sie später eine wichtige Funktion in Babel spielen
würden. Alle vier trugen Namen, die Jahwe, den Gott Israels, ehrten. Deshalb
wurden ihre Namen geändert. El bedeutet Gott, und -iah (oder -yah ) ist eine
Abkürzung für Jahwe. Es liegt daher nahe, daß die Eltern der jungen Leute
gottesfürchtige Menschen waren, weil sie ihren Kindern diese Namen
gaben. Daniel , dessen Name "Gott hat gerichtet" (oder "Gott ist mein Richter")
bedeutet, erhielt den Namen Beltschazar (im Akkadischen: B Elet-SaruQur ), was
"Bel schütze sein Leben" bedeutet. Acht der zehn Vorkommen von "Beltschazar" im
Alten Testament finden sich in dem aramäischen Abschnitt des Buches Daniel ( Dan
2,26;4,5-6.15-16 [dreimal]; Dan 5,12 ). Die anderen beiden sind in Dan 1,7;
10,1 .
Hananja ("Jahwe ist gnädig gewesen") erhielt den Namen Schadrach , der
vermutlich von der akkadischen Verbform SAdurAku abgeleitet ist, was "Ich
fürchte mich (vor einem Gott)" bedeutet.
Mischaël ("Wer ist wie Gott") wurde in Meschach umbenannt, was vermutlich von
dem akkadischen Verb mESAku kommt und "Ich bin verachtet, nichtswürdig, demütig
(vor meinem Gott)" bedeutet.
Asarja ("Jahwe hat geholfen") erhielt den Namen Abed-Nego , "Knecht Nebos" (Nego
ist eine hebr. Abänderung des babylonischen Gottesnamens Nebo). Nebo (vgl. Jes
46,1 ), der Sohn von Bel, war der babylonische Gott des Schreibens und der
Vegetation. Er ist auch als Nabu bekannt (vgl. in den Anmerkungen zu Dan
1,1 über den Namen Nebukadnezars).
So schien also der oberste Kämmerer (Aschpenas, V. 3 ) jedes Zeugnis an den Gott
Israels vom babylonischen Hof verbannen zu wollen. Die Namen, die er den vier
Männern gab, zeigten, daß sie sich den babylonischen Göttern zu unterwerfen
hatten.
B. Daniels Hingabe an Gott
( 1,8 - 16 )
1. Die Bitte
( 1,8 )
Dan 1,8
Nebukadnezar hatte für die Gefangenen reichlich Vorsorge getroffen. Sie sollten
ein Leben im Luxus führen, nicht in der Armut, denn ihnen gehörte ein Teil von
der Speise und dem Wein , die täglich für den Tisch des Königs bestimmt waren.
Dieses Essen entsprach jedoch nicht den Bestimmungen des mosaischen Gesetzes.
Die Tatsache, daß es von Heiden zubereitet worden war, machte es unrein.
Außerdem wurden auf dem Tisch des Königs viele Dinge serviert, die durch das
Gesetz verboten waren. Diese Speise zu sich zu nehmen würde die jüdischen jungen
Männer verunreinigen. Sicher war das königliche Essen, bevor es vor den König
gebracht wurde, den heidnischen Göttern geweiht und ein Teil davon ihnen
geopfert worden. An solch einer Mahlzeit teilzunehmen wäre eine Verletzung
von 2Mo 34,15 ,wo es den Juden verboten wird, Fleisch zu essen, das heidnischen
Göttern geopfert worden ist.
Ähnliche Schwierigkeiten hätten sich beim Wein ergeben. Um das alttestamentliche
Verbot von "starkem Getränk" (z. B. Spr 20,1; Jes 5,11 ) nicht zu verletzen,
tranken die Juden den Wein gewöhnlich mit Wasser verdünnt. Manche gaben drei
Teile, andere sechs und einige bis zu zehn Teilen Wasser zu einem Teil Wein
dazu. Die Babylonier aber verdünnten ihren Wein nicht. Also hätten sowohl die
Speise als auch das Getränk diese jüdischen jungen Männer verunreinigt. Daniel
wußte, was das Gesetz verlangte, was er essen und trinken durfte und was nicht.
Sein Verlangen war, Gott in allem zu gefallen, was er tat. Deshalb beschloß er,
daß er sich auch in diesem fremden Land und der fremden Kultur, die Gottes
Gesetze nicht kannte, als unter diesem Gesetz betrachten würde. Er bat daher den
obersten Kämmerer, daß er die Speise nicht essen und den Wein nicht trinken
müsse, die der König so großzügig zur Verfügung stellte. Daniel war mutig, hatte
einen festen Willen und gehorchte Gott.
2. Die Erfüllung der Bitte
( 1,9 - 14 )
Dan 1,9-10
Der Widerstand des obersten Kämmerers gegen die Bitte Daniels ist nur zu
verständlich. Er hatte die Verantwortung für die körperliche und geistige
Entwicklung der jungen Gefangenen und mußte dafür sorgen, daß sie für ihre
Aufgaben, die der König für sie vorgesehen hatte, vorbereitet wurden.
Offensichtlich hatten diese jungen Leute eine strategische Funktion im Plan des
Königs, und er wollte, daß sie gut vorbereitet wurden. Wenn die Männer den König
nicht allzusehr interessiert hätten, wäre ihr körperlicher Zustand gleichgültig
gewesen und Aschpenas hätte nicht den Verlust seines Lebens riskiert.
Daniel hatte diese ganze Frage an Gott abgegeben, der anstelle von Daniel das
Herz des Kämmerers bewegte, so daß dieser Daniel Gunst ( HeseD , "loyale
Liebe") und Gnade ( raHXmIm , "Mitleid") zeigte .
Dan 1,11-14
Als Daniels Bitte von dem obersten Kämmerer abgelehnt worden war, ging Daniel zu
dem Aufseher , den Aschpenas über die vier Jugendlichen gesetzt hatte, und bat
um eine zehntägige Probezeit, in der Daniel und seine Freunde nur Gemüse und
Wasser erhalten sollten. (Das hebr. Wort für Gemüse bedeutet "Ausgesätes", wozu
also auch Korn gehört haben könnte.) Da das mosaische Gesetz kein Gemüse als
unrein bezeichnete, konnte Daniel alles Gemüse, was man ihm vorsetzte, essen,
ohne sich zu verunreinigen. In so einer kurzen Zeit ( zehn Tage ) konnte sich
nichts so sehr verschlechtern, daß das Leben irgendeines Aufsehers gefährdet
worden wäre. Daniel deutet vielmehr an, daß ihr Aussehen besser sein würde als
das der anderen, die von den Speisen des Königs aßen.
Da der Aufseher unter der Weisung des obersten Kämmerers stand, kann er nicht
auf eigene Faust gehandelt haben, sondern nur mit der Genehmigung durch
Aschpenas. Dies zeigt, daß Gott sich für die einsetzt, die ihm vertrauen, und
die beschützt und bewahrt, die ihm gehorchen, auch unter einer heidnischen
Herrschaft.
3. Das Resultat
( 1,15 - 16 )
Dan 1,15-16
Nach den zehn Tagen sahen die vier, die nur von Gemüse gelebt
hatten, gesünder aus als alle anderen, die von der Speise des Königs gegessen
hatten. Da sie besser aussahen - und nicht schlechter, wie Aschpenas befürchtet
hatte (V. 10 ) - hatte er nun nichts mehr gegen die Nahrung, die Daniel für sich
und seine Freunde erbeten hatte. Man gab ihnen also die Erlaubnis, auch weiter
nur Gemüse zu essen.
Zwar hat Gott das Essen von Fleisch nicht verboten (vgl. 1Mo 9,3; Röm 14,14;
1Kor 10,25-26 ), aber die Gemüsediät war doch dem königlichen Speiseplan
überlegen. Dies zeigt auch, daß Gott die segnet, die seinen Anordnungen
gehorchen, und denen hilft, die auf ihn vertrauen. Dies konnte eine Lektion für
ganz Israel sein. Gott hatte Gehorsam gegenüber dem Gesetz verlangt. Aus dem
Ungehorsam folgte die Strafe, aber auch während einer Zeit der Züchtigung
beschützt und erhält Gott die, die ihm gehorchen und im Blick auf ihren
Lebensunterhalt vertrauen.
C. Daniels Stellung
( 1,17 - 21 )
Dan 1,17
Diese vier Männer , die von Nebukadnezar für verantwortliche Positionen und
Verantwortung am Königshof vorbereitet wurden, wurden in Wirklichkeit von Gott
selbst vorbereitet. Denn Gott gab ihnen Kenntnis und Einsicht auf vielen
Gebieten. Kenntnis hat mit der Fähigkeit zu überlegen und zu denken zu tun. Sie
waren also Männer, die klar und logisch denken konnten. Einsicht hängt mit
Verständnis zusammen. Sie waren also fähig, das Wesen der Dinge klar zu sehen
und in ihrem wahren Licht zu verstehen. Die Schrift und Weisheit , in denen Gott
ihnen Fähigkeiten gab, betraf viele Gebiete (vgl. die Anmerkungen zu V. 4 ).
Durch die göttliche Befähigung und durch Jahre der Unterweisung durch fähige
Lehrer erlangte Daniel ein breites Wissen über Kunst und Wissenschaften.
Auch wenn das Wissen anderer in Babel durchaus dem von Daniel ebenbürtig gewesen
sein mag, auf einem Gebiet jedenfalls übertraf er sie alle: Er besaß die von
Gott verliehene Fähigkeit, Visionen und Träume zu verstehen . Menschen haben
schon immer versucht, die Zukunft zu kennen, und verschiedene Wege erdacht,
zukünftige Ereignisse vorauszusagen. Als z. B. Israel in das Land Kanaan
gekommen war, begegnete es vielen, die auf mancherlei Weise versuchten, die
Zukunft zu weissagen. Aber Israel wurde es verboten, irgendeine dieser Praktiken
zu übernehmen ( 5Mo 18,9-13 ), die auch in Babel herrschten.
Dan 1,18-21
Am Ende der vom König bestimmten Zeit (d. h. nach der dreijährigen
Ausbildungszeit; vgl. V. 5 ) prüfte der König Daniel und seine drei Freunde und
fand, daß niemand ihnen gleichkam. Ja, sie waren zehnmal besser als alle , die
die verschiedenen Künste der Wahrsagerei beherrschten (zu Magier und Zauberer
vgl. die Anmerkungen zu V. 17 ). "Zehnmal" ist ein Bildwort und bedeutet "viele
Male" (vgl. 1Mo 31,7.41; 4Mo 14,22; Hi 19,3 ).
Der König holte sich seinen Rat bei Magiern, Zauberern, Hexern, Astrologen,
Weisen und Wahrsagern. "Magier" ( HarFVmmIm ) war das allgemeine Wort für
Männer, die okkulte Praktiken vollzogen. "Zauberer" ( ?aSSAPIm ) könnte sich auf
solche beziehen, die mit Zauberformeln Exorzismen betrieben. Das Wort "Hexer"
( m+kaSS+pIm ) stammt vermutlich von dem akkadischen Verb kaSApu , "verhexen,
verfluchen". "Astrologen" (hebr.: kaRdIm ; aram.: kaRdA?In ) scheint sich auf
eine Priesterklasse in der babylonischen Religion zu beziehen (in manchen
Übersetzungen wird es irreführenderweise mit Chaldäer wiedergeben), die an
Offenbarungen durch die Sterne glaubten, die sie anbeteten. Mit "Wahrsager"
( gAz+rIn , Dan 2,27;5,7.11 ) könnten jene gemeint sein, die das Schicksal
anderer herauszufinden oder zu bestimmen versuchten.
Die Praktiken dieser fünf Gruppen haben sich vermutlich auf vielen Gebieten
stark überlappt. Mehrere Male wird von ihnen im Buch Daniel einfach als den
"Weisen" gesprochen ( Dan 2,12-14.18.24 [zweimal]. 48; Dan 4,3-4;5,7-8.15 ).
Daniels Dienst am königlichen Hof in Babel dauerte an, bis das babylonische
Weltreich durch Kyrus 539 v. Chr. überrollt wurde. Gott hatte gesagt: "Wer mich
ehrt, den will ich auch ehren." ( 1Sam 2,30 ). Daniel hatte beschlossen, Gott zu
ehren, obwohl er an einem Ort lebte, an dem die Menschen sich nicht nach den
hohen Maßstäben Gottes richteten. Gott ehrte Daniels Gehorsam gegenüber dem
Gesetz und unterstützte ihn am Königshof. Dies hätte Israel daran erinnern
sollen, daß Gehorsam Segen bringt und daß Gerechtigkeit eine Voraussetzung für
das Erleben des Bundessegens Gottes ist.
Daß Gott Daniel die Fähigkeit gab, Visionen und Träume zu verstehen ( Dan
1,17 ), bedeutete, daß Nebukadnezar während seiner ganzen Regierungszeit von
Daniel abhängig war, um die zukünftigen Ereignisse zu verstehen, die ihm durch
Träume und Visionen gezeigt wurden. Dies war ein Vorbild auf den Dienst, den
Israel eines Tages vollbringen wird. Gott hatte Israel zu einem Königreich von
Priestern bestimmt ( 2Mo 19,6 ). Als solches sollte es Gottes Licht für die Welt
sein ( Jes 42,6; 49,6 ). Es sollte Gottes Offenbarung empfangen und den Völkern,
die Gott nicht kennen, weitergeben. Beständig wurde es an diese Rolle durch den
Leuchter, der im Tempel stand, erinnert. Daniel erfüllte durch seinen Dienst am
Königshof in Babel diese Aufgabe als Sprecher Gottes unter den Heiden. Wenn
Israel im Tausendjährigen Reich den Segen Gottes erleben wird, dann wird es auch
die Aufgabe erfüllen, für die Gott es ausgesondert hat, und die Wahrheit Gottes
den Heiden verkündigen ( Sach 8,21-23 ).
II. Die prophetische Geschichte der Heiden während der Zeit der Heiden
( Dan 2,7 )
A. Der Traum Nebukadnezars
( Dan 2 )
1. Der Traum des Königs
( 2,1 - 16 )
a. Der Traum
( 2,1 - 3 )
Dan 2,1
Bald nachdem Nebukadnezar auf den Thron gekommen war, wurde er von einem Traum
geplagt. Dieser Traum, so war Nebukadnezar klar, hatte eine große Bedeutung,
denn er war so beunruhigt (vgl. V. 3 ) durch ihn, daß er nicht mehr schlafen
konnte.
Dan 2,2-3
Der König rief die weisen Männer in seinem ganzen Herrschaftsgebiet zusammen.
Sie gaben ja vor, auf die eine oder andere Weise (vgl. die Anmerkungen zu Dan
1,17 ) die Zukunft voraussagen zu können. Wenn die Methode des einen das
gewünschte Ergebnis nicht brachte, dann würde vielleicht die des anderen die
Bedeutung des Traumes offenbaren. Sie wurden zusammengerufen, um ihre
Zauberkräfte dazu zu verwenden, dem König die Auslegung seines Traumes zu
vermitteln. Der König forderte die Weisen auf und sagte: Ich möchte wissen, was
er bedeutet .
b. Die Verzweiflung der Weisen
( 2,4 - 11 )
Dan 2,4
Offenbar waren die Weisen schon öfter gebeten worden, einen Traum auszulegen
(V. 3 ). Darum waren sie nicht erstaunt über dieses Anliegen. (Wie unter
"Sprache" in der Einführung gesagt, ist Dan 1,1-2,4 a in Hebräisch abgefaßt. Mit
den Worten Der König in V. 4 b wechselt die Sprache bis Dan
7,28 ins Aramäische über.) Die Weisen bestätigten, daß, wenn der König ihnen den
Traum erzählen würde, sie ihn auslegen könnten. Sie vertrauten darauf, daß sie
mit ihrer vereinten Weisheit dem König eine zufriedenstellende Auslegung liefern
konnten.
Dan 2,5-6
Zwar hatte der König schon öfter von den Weisen verlangt, daß sie ihm einen
Traum auslegten, und war mit ihren Antworten zufriedengestellt worden. Aber
offenbar hatte er sie noch nie gebeten, einen so wichtigen Traum zu deuten.
Deshalb beschloß er, sie zu testen. Wenn sie wirklich die Zukunft durch die
Deutung von Träumen voraussagen konnten, dann müßten sie auch in der Lage sein,
den Traum des Königs zu wiederholen . Deshalb lehnte er es ab, ihnen zu
erzählen, was er geträumt hatte. Das bedeutet nicht, daß er ihn wirklich
vergessen hatte. Wenn dies der Fall gewesen wäre, hätten die Weisen ohne
Schwierigkeiten einen Traum erfinden und dann auslegen können, um ihre Haut zu
retten. Der König kam zu dem Ergebnis, daß, wenn sie seinen Traum aus der
Vergangenheit nicht wiederholen konnten, auch die Deutung im Blick auf die
Zukunft nicht zuverlässig sei.
Der König versprach den Weisen, die seinen Traum erzählen und deuten konnten,
Lohn und Ehre. Aber er drohte ihnen mit dem Tod (sie würden in Stücke
geschlagen ) und ihre Häuser würden zu Schutthaufen niedergebrannt, wenn sie
sich als falsche Zukunftsdeuter erweisen würden und den Traum nicht erzählen
könnten.
Dan 2,7-9
Erneut baten die Weisen (vgl. V. 4 ), daß der König ihnen den Traum mitteilen
möge, und versprachen, daß sie ihn auslegen würden. Der König aber beklagte
sich, daß sie nur Zeit zu gewinnen suchten. Noch einmal machte er
ihre Strafe deutlich (vgl. V. 5 ), wenn sie ihm den Traum nicht sagen könnten.
Er hielt es für die einzige Möglichkeit zu testen, ob er auf ihre Deutung der
Zukunft vertrauen konnte, wenn er sie zuerst den Traum wiederholen ließ.
Ansonsten würden sie ihm, so schloß er, irreführende und böse Dinge sagen .
Vielleicht war Nebukadnezar mit den Weisen, die vermutlich älter waren als er,
da er sie als Ratgeber von seinem Vater übernommen hatte, auch ungeduldig
geworden. Vielleicht mißtraute er ihrer angeblichen Weisheit und wollte sie auch
deshalb testen.
Dan 2,10-11
Zu ihrer Verteidigung behaupteten die Weisen, daß der König etwas Unmögliches
von ihnen verlange, etwas, das kein anderer Herr jemals verlangt habe. Sie
erklärten, daß die Zukunft den Göttern gehöre, nicht den Menschen. Dies war ein
erstaunliches Eingeständnis, mit dem sie im Grunde zugaben, daß sie den König
bei ihren Deutungen in der Vergangenheit betrogen hatten, eine erschreckende
Enthüllung von den Männern, die am Königshof so hoch in Ehren gehalten wurden.
c. Der Erlass des Königs
( 2,12 - 13 )
Dan 2,12-13
Nachdem die Weisen zugegeben hatten, daß sie die Forderungen des Königs nicht
erfüllen konnten, wurde der König zornig und wütend (vgl. Dan 3,13.19 ). Er
erließ eine Verfügung, daß alle Weisen Babels umgebracht werden sollten . Der
Erlaß betraf nicht nur jene, die zur Zeit am Königshof dienten, sondern auch
alle anderen, die behaupteten, die Zukunft enthüllen zu können. Da Daniel und
seine drei Freunde ebenfalls zu den Weisen zählten, fiel das Gerichtsurteil auch
auf sie.
d. Die Erklärung Daniels
( 2,14 - 16 )
Dan 2,14-16
Was am königlichen Hof geschehen war, wußte Daniel nicht. Vielleicht war er der
königlichen Sammlung der Weisen nicht gefolgt (V. 2 ), um den Kontakt mit den
heidnischen Führern zu vermeiden. Als die Nachricht kam, daß er unter dem
Todesurteil stehe, fragte er vorsichtig Arjoch, den Befehlshaber der königlichen
Garde , nach dem Grund dafür. Arjoch erläuterte ihm das Ereignis, das die Weisen
beim König hatte in Ungnade fallen lassen.
Mutig ging Daniel daraufhin mit der Bitte zum König, die Todesurteile für eine
kurze Zeit auszusetzen, damit er den Traum des Königs deuten könne . Zu diesem
Schritt war Mut nötig, denn der König hatte ja bereits den Weisen vorgeworfen,
daß sie Zeit schinden würden (V. 8 ).
Daniel stand beim König offensichtlich in hohen Ehren, weil er die Erlaubnis
hatte, vor den König zu treten und ihn direkt um etwas zu bitten. Es wird zwar
nicht berichtet, aber vielleicht hatte Daniel bereits vorher schon Träume
gedeutet, wenn auch nicht unbedingt für den König. Er war sich wohl sicher, daß
er den Traum erzählen und ihn deuten könne.
2. Der Traum wird Daniel offenbart
( 2,17 - 23 )
a. Die Bitte
( 2,17 - 18 )
Dan 2,17-18
Daniel war in dieser Zeit der Prüfung ganz ruhig. Er kehrte in sein Haus
zurück und suchte seine drei Freunde. Zusammen beteten sie um Gnade von dem Gott
des Himmels . ("Gott des Himmels" ist ein Titel Gottes, der von Daniel viermal
benutzt wird; Dan 2,18-19.37.44 .Neunmal kommt er bei Esra vor und viermal bei
Nehemia. An anderen Stellen des AT taucht er nur noch in 1Mo 24,3.7; Ps
136,26 und Jon 1,9 auf.)
Gottes Antwort auf die Notlage eines Menschen ist Barmherzigkeit. Daniel
erkannte seine Hilflosigkeit in der gegenwärtigen Notlage, wandte sich
vertrauensvoll an Gott und erwartete, daß der Herr ihm helfen werde.
b. Die Offenbarung
( 2,19 a)
Dan 2,19 a
Als Antwort auf das Gebet der vier wurde der Traum Daniel anscheinend noch in
der gleichen Nacht offenbart.
c. Das Lob
( 2,19 b. 20-23 )
Dan 2,19-23 (Dan 2,19b-23)
Daniel reagiert darauf, indem er Gott Lob spendet. Er erkennt, daß Gott ein Gott
der Weisheit ist und alles weiß und ein Gott der Macht, der alles, was er will,
tun kann. Daniel beginnt und beendet sein Gebet, indem er von Gottes Weisheit
und Macht spricht (vgl. V. 23 ).
Der Beweis seiner Macht wird darin deutlich, daß er Ereignisse ( Er ändert Zeit
und Stunde ) und das Geschick von Völkern in seiner Hand hält ( Er setzt Könige
ein und ab ). Nebukadnezar war auf seinem Thron, weil Gott beschlossen hatte,
ihn zur Erfüllung seines Willens zu benutzen.
Der Beweis seiner Weisheit liegt darin, daß er seine Weisheit den Weisen schenkt
(V. 21 b) und tiefe und dunkle Dinge offenbart (V. 22 ). Licht wohnt bei Gott ;
alle Dinge sind für ihn klar und durchschaubar, auch wenn die Menschen von
Finsternis umgeben sind. Gott kennt die Zukunft und kann sie enthüllen. Gott,
nicht die Erkenntnis Daniels, gab ihm den Traum und seine Deutung. Daniels Gebet
schließt mit seinem Dank dafür, daß Gott den Traum des Königs den vieren, die
auf ihn vertraut haben, offenbart hat.
3. Der Traum wird Nebukadnezar ausgelegt
( 2,24 - 45 a)
a. Die Erklärung durch Daniel
( 2,24 - 30 )
Dan 2,24-25
Nachdem er von Gott die Kenntnis des Traumes und seine Auslegung erfahren hatte
(V. 19 ), ging Daniel zu Arjoch , dem Scharfrichter des Königs (vgl. V. 14 ),
und teilte ihm mit, daß er bereit sei, den Traum des Königs zu deuten . Offenbar
wußte man am ganzen Königshof von der Erregung des Königs über diesen Traum,
denn Arjoch nahm Daniel und brachte ihn sofort zum König. Der königliche
Befehlshaber Arjoch behauptete dabei entgegen den Tatsachen, daß er einen
Ausleger für den Traum des Königs gefunden habe, denn eigentlich war es Daniel,
der "zu Arjoch gegangen" war. Offenbar erwartete Arjoch eine hohe Belohnung
dafür, jemanden gefunden zu haben, der die Unruhe des Königs beenden konnte.
Dan 2,26-28
Der König fragte, ob Daniel in der Lage sei, ihm zu sagen, was er geträumt habe,
und es dann auszulegen. Daniel wurde dem gleichen Wahrheitstest unterworfen, den
der König auch von seinen Weisen verlangt hatte. Sie hatten ihm gesagt, daß nur
Götter dem Menschen die Zukunft enthüllen könnten (V. 11 ). Daniel bestätigte
noch einmal, daß es die Weisen Babylons nicht konnten (V. 27 ), indem sie ihre
falschen Gottheiten anriefen. Er, Daniel, könne es tun, weil es einen Gott im
Himmel gibt (vgl. die Anmerkungen zu V. 18 ), der Geheimnisse offenbart (V. 28 ;
vgl. V. 47 ). Daniel nahm für sich selbst keine Ehre (vgl. V. 23 ).
Dan 2,29-30
Zunächst machte Daniel deutlich, daß der Traum des Königs prophetischer Natur
war (vgl. V. 45 "was dereinst geschehen wird") und daß es um zukünftige
Dinge ging, um das, was geschehen wird . Nebukadnezars Traum ist ein
prophetisches Panorama über die Geschichte der Heiden, von seiner Zeit
angefangen bis zur schließlichen Unterwerfung der heidnischen Mächte durch den
Messias Israels. Diese Zeitspanne wird "Zeiten der Heiden" genannt ( Lk 21,24 ).
Der Traum war Nebukadnezar gegeben worden, dem ersten von vielen heidnischen
Herrschern, die aufgrund göttlicher Bestimmung in dieser Zeit der Heiden ihre
Macht ausüben würden. Gott offenbarte Nebukadnezar keine geistlichen
Geheimnisse, sondern Tatsachen über die politische Herrschaft der Heiden.
Nebukadnezar konnte den gesamten Traum recht gut verstehen.
Noch einmal bekräftigte Daniel demütig, daß dies Geheimnis ihm nicht offenbart
worden sei, weil er weiser wäre als andere (vgl. Dan 2,27-28 ).
b. Der Traum wird erzählt
( 2,31 - 35 )
Dan 2,31-33
Der Traum des Königs war recht einfach. Der König hatte ein ungeheuer großes
Standbild gesehen. Seine Größe und sein Aussehen waren furchterregend . Es ließ
den König unwichtig erscheinen, als er vor ihm stand. Das Standbild glänzte
aufgrund der Metalle, aus denen es gemacht war. Der Kopf der Statue war
aus reinem Gold hergestellt, die Brust und die Arme aus Silber , der Bauch und
die Hüften bestanden aus Kupfer und die Beine aus Eisen , wobei seine Füße teils
Eisen und teils gebrannter Ton waren. Diese verschiedenen Teile der Statue waren
auf einen Blick zu sehen.
Dan 2,34-35
Das Standbild war nichts Beständiges. Es wurde an den Füßen von einem Felsen
getroffen ( nicht durch Menschenhände gelöst ), der die gesamte Statue wie
Spreu zermalmte, die weggeblasen wurde. Spreu ist der leichte, nicht eßbare Teil
des Korns, der an einem windigen Sommertag beim Worfeln auf der Tenne
weggeblasen wird. Der Fels, der das Standbild zermalmt hatte, wuchs zu einem
großen Berg, der die ganze Erde erfüllte . Der Traum selbst war einfach. Es war
die Bedeutung dieses Traumes, die den König beunruhigte.
c. Die Deutung des Traumes
( 2,36 - 45 a)
Dan 2,36-38
Daniels Auslegung macht klar, daß das Bild den Verlauf der Geschichte der Heiden
und ihrer Königreiche darstellt, die jeweils für eine bestimmte Zeit über
Palästina und das Volk Israel herrschen werden. Nebukadnezar, das Haupt des
babylonischen Reiches, war das goldene Haupt (V. 38 ). Sein Vater hatte die
Macht in Babylon durch seine militärischen Eroberungen gewonnen, aber
Nebukadnezar hatte seine Herrschaft und Macht und Kraft und Herrlichkeit von
Gott erhalten (der Könige einsetzt und absetzt, V. 21 ). (Zu der Gott des
Himmels vgl. die Anmerkungen zu V. 18 .)
Nebukadnezars Herrschaft wird als eine weltweite Herrschaft betrachtet, in der
er über alle Menschen und auch über Tiere und Vögel herrscht. Gott hatte bei der
Schöpfung die Herrschaft über die ganze Erde dem Menschen gegeben. Er sollte
über sie und über alle Kreatur auf ihr regieren ( 1Mo 1,26 ). Nebukadnezar
erfüllt also aufgrund des göttlichen Auftrages, was Gott für den Menschen
geplant hatte.
Dan 2,39
Der zweite Teil der Statue, die Brust und die Arme aus Silber, stehen für das
Aufkommen der Meder und Perser (vgl. Dan 5,28;6,9 ; siehe auch Dan 6,1 ). Die
Meder und Perser eroberten das babylonische Reich 539 v. Chr. Die silbernen Arme
stehen dabei offenbar für die beiden Völker der Meder und der Perser, die
gemeinsam Babylon besiegten. Obwohl dieses Königreich über 200 Jahre bestehen
blieb (539 - 330 v. Chr.), länger als das neobabylonische Reich, das nur 87
Jahre bestand (626 - 539), war das medo-persische Reich doch geringer
als dieses, so wie Silber im Gegensatz zu Gold.
Der Bauch und die Hüfte aus Kupfer stellen ein drittes Reich dar, das nach
diesem aufkommen wird, das griechische Reich (vgl. Dan 8,20-21 ). Alexander der
Große eroberte das medo-persische Reich zwischen 334 und 330 v. Chr. und zwang
seine Völker und Gebiete unter seine Herrschaft. Durch Alexanders Eroberungen
erstreckte sich das griechische Weltreich nach Osten bis an den Nordwesten
Indiens - ein ungeheuer großes Reich, das augenscheinlich über die ganze
Erde herrschte.
Dan 2,40
Die Beine aus Eisen sind das römische Reich. Dieses vierte Königreich eroberte
das griechische Reich 63 v. Chr. Obwohl das römische Reich in zwei Beine geteilt
war und schließlich aus einer Mischung von Eisen und Ton bestand, war es dennoch
ein Reich. Es ist vor allem durch seine Härte bekannt geworden, denn Eisen ist
härter als Kupfer, Silber oder Gold. Das römische Reich war mächtiger als alle
vorhergehenden Reiche. Es vernichtete alle die Reiche, die ihm vorausgegangen
waren. Rom verschlang auf seinen grausamen Eroberungsfeldzügen die Länder und
Völker, die zu den vorhergehenden drei Reichen gehört hatten, und verleibte sie
sich ein.
Dan 2,41-43
Das Reich, das als Eisen begonnen hatte, wurde zu einem Staat, in dem Ton mit
Eisen gemischt war. Diese Mischung spricht von zunehmender Schwäche und immer
größer werdendem Zerfall. Zwei Metalle können miteinander eine Legierung bilden,
die stärker sein kann als die beiden Metalle für sich. Aber Eisen und Ton lassen
sich nicht verbinden. Wenn man Eisen und Ton in einen Schmelztiegel gibt, bis
zum Schmelzpunkt erhitzt und dann in eine Form gießt, wird das Ergebnis
zerbrechen, es wird, wenn es abgekühlt ist, dennoch wieder aus Eisen und Ton
bestehen. Man kann den Ton herausbrechen, und zurück bleibt ein schwacher Guß.
Das römische Reich war durch seine Teilung (es war ein zerteiltes Königreich )
und seinen Zerfall (es war teils stark und teils brüchig ) gekennzeichnet. Zwar
gelang es Rom, immer mehr Gebiete zu erobern, aber es konnte die Völker nicht
vereinigen und daraus ein einheitliches Reich bilden. In diesem Sinn waren die
Völker eine Mischung und nicht vereint. (Noch in anderer Hinsicht war das
römische Reich eine Mischung aus Stärke und Schwäche: [a] es war organisatorisch
stark, aber moralisch schwach; [b] Imperialismus und Demokratie waren erfolglos
vereinigt; [c] die Regierung wurde von den Massen bedrängt, d. h. der Mob
regierte; [d] das Reich war eine Mischung aus unzähligen Rassen und Kulturen.)
Dan 2,44-45 a
Nach diesen Erläuterungen kam Daniel auf die Zerstörung dieser Königreiche zu
sprechen. Die Zeit dieser Könige kann sich auf die vier Reiche beziehen, oder,
was wahrscheinlicher ist, auf die zehn Zehen (V. 42 ), da die ersten vier Reiche
offensichtlich nicht mehr existierten, als die "Zehen" auftraten (vgl. die
Anmerkungen zu den zehn Hörnern des vierten Tieres; Dan 7,24 ). Nebukadnezar
hatte einen Felsen gesehen, der das Standbild traf und zerschmetterte ( Dan
2,34 ). Das Standbild wurde nicht von menschlichen Händen zerstört, sondern
durch den Felsen. Der Fels bezieht sich in der Bibel oft auf Jesus Christus, den
Messias Israels (z. B. Ps 118,22; Jes 8,14; 28,16; 1Pet 2,6-8 ). Gott, der
Nebukadnezar auf den Thron gesetzt hatte und die Macht von Babylon zunächst auf
Medo-Persien, dann auf Griechenland und schließlich auf Rom übertragen hatte,
wird eines Tages die politische Macht auf einen König übertragen, der über die
Erde herrschen und so die ursprüngliche Bestimmung des Menschen in seiner Person
zusammenfassen wird ( 1Mo 1,27 ).
In Nebukadnezars Traum wurde aus dem Felsen schließlich ein Berg , der die ganze
Erde erfüllte ( Dan 2,35 ). Der Berg ist in der Bibel häufig ein Bild für ein
Königreich. Daniel erklärte, daß die vier Königreiche, die über die Welt und das
Volk Israel herrschten, nicht durch menschliche Mittel zerstört werden, sondern
durch das Kommen des Herrn Jesus, des Felsen. Wenn er kommt, wird er das
messianische Königreich aufrichten, das Israel durch David verheißen wurde
( 1Sam 7,16 ). Bei seiner Wiederkunft wird er sich alle Reiche unterwerfen
und sie zerstören (vgl. Offb 11,15; 19,11-20 ). Dann wird er für immer im
Tausendjährigen Reich und in der Ewigkeit herrschen.
Menschen, die ein Tausendjähriges Reich leugnen (Amilleniaristen) behaupten, daß
dieses Königreich von Christus bei seinem ersten Kommen aufgerichtet worden sei
und daß heute die Gemeinde dieses Königreich ist. Sie argumentieren, daß: (a)
die Christenheit, wie ein wachsender Berg, immer größer geworden ist und sich
immer weiter ausgedehnt hat und noch tut; (b) Christus ja in den Tagen des
römischen Reiches gekommen ist; (c) das römische Reich in die Hände von zehn
Königreichen gefallen sei (die zehn Zehen) und (d) Christus der Eckstein ist
( Eph 2,20 ).
Die Vertreter des sogenannten Prämilleniarismus (das Tausendjährige Reich ist
noch Zukunft) halten dem entgegen, daß Christus noch nicht auf dieser Erde
regiert. Mindestens sechs Dinge sprechen für diese Sicht: (1) Der Stein wird
plötzlich, nicht nach und nach, zu einem großen Berg werden. Die Christenheit
aber hat nach dem ersten Kommen Jesu "die ganze Welt" nicht in kurzer Zeit
erfüllt ( Dan 2,35 ). (2) Obwohl Christus in den Tagen des römischen Reiches
kam, zerstörte er es nicht. (3) Das römische Reich hatte in der Zeit, als Jesus
auf dieser Erde war, keine zehn Könige gleichzeitig. Die Statue Nebukadnezars
aber weist darauf hin, daß, wenn Jesus kommt, um sein Reich aufzurichten, zehn
Herrscher regieren und von ihm zerstört werden. (4) Zwar ist Christus heute der
Eckstein der Gemeinde ( Eph 2,20 ) und "ein Stein, der [die Ungläubigen] zum
Stolpern bringt" ( 1Pet 2,8 ), aber er ist noch nicht der Fels, der alles
zerschmettert. Dies wird erst geschehen, wenn er wiederkommt. (5) Der Stein
(Messias) wird alle Königreiche dieser Welt zerschmettern. Die Gemeinde aber hat
die weltlichen Reiche nicht erobert und wird es auch nicht. (6) Die Gemeinde ist
kein Königreich mit einem politischen Herrschaftsgebiet, das zukünftige
Tausendjährige Reich aber wird es sein. Der Traum Nebukadnezars lehrt also
eindeutig den Prämilleniarismus. Wenn Christus auf diese Erde kommen wird und
seine Herrschaft auf ihr errichtet, wird er sich alle Nationen unterwerfen. Die
Gemeinde ist nicht dieses Königreich.
4. Daniel wird geehrt
( 2,45 b - 46-49 )
Dan 2,45 b
Daniel hatte zunächst die Wahrheit seiner Auslegung bestätigt, indem er den
Traum erzählte (V. 31 - 35 ) und dann betonte, daß die Deutung (V. 36-45 a)
wirklich wahrhaftig war, weil sie von Gott kam (vgl. V. 19.23.28.30 ), der das
Geschick jedes Volkes in seiner Hand hält. Er weiß, was in der Zukunft geschehen
wird (vgl. V. 28-29 ).
Dan 2,46-47
Der König war so bewegt von der Auslegung Daniels, daß er sich selbst vor
Daniel niederwarf und ein Opfer befahl , das man Daniel bringen sollte; eine
Ehre, die man in Babylon sonst nur Göttern zuteil werden ließ. Er erkannte auf
diese Weise die göttliche Autorität Daniels an. Durch die Offenbarung und
Deutung des Traumes durch Daniel wurde Nebukadnezar dazu gebracht, zu bekennen,
daß Daniels Gott höher ist als alle Götter Babylons und daß er der HERR über die
Könige der Erde ist. Daniels Gott war in den Augen von Nebukadnezar groß, weil
er durch Daniel offenbart hatte, was in der Zukunft geschehen wird. Gott ist, so
sagte der König, ein Offenbarer von Geheimnissen (vgl. V. 28 ). Offensichtlich
akzeptierte Nebukadnezar auch, daß er selbst durch den Gott Daniels in seine
Machtstellung eingesetzt worden war (vgl. V. 37 - 38 ), und erkannte damit seine
Autorität an.
Dan 2,48-49
Nebukadnezar gab Daniel eine Stellung der Verantwortung innerhalb der Regierung
und belohnte ihn auch materiell mit königlichen Geschenken . Das babylonische
Reich war in viele Provinzen unterteilt, von denen jede unter der Führung eines
Fürsten stand ( Dan 3,2 ). Daniel wurde offenbar zu einem Fürsten über die
Provinz, in der der Königshof lag ( die Provinz von [der Stadt] Babel ). Daniel
vergaß aber seine Freunde nicht, sondern bat, daß auch sie geehrt würden. So
machte der König Schadrach (Hananja), Meschach (Mischael) und Abed-Nego (Asarja)
zu Verwaltern in der gleichen Provinz , in der Daniel Statthalter war. Daniel
konnte so am königlichen Hof bleiben, vielleicht als Berater Nebukadnezars.
Auf bemerkenswerte Weise erhob Gott Daniel in eine hohe Stellung am königlichen
Hof, so daß er als Vermittler zwischen dem König und den aus Juda Weggeführten
dienen konnte, die in Kürze (597 und 586) nach Babylon gebracht werden würden.