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EINLEITUNG
Das Buch Daniel, das in den meisten
Übersetzungen (auch in der LXX und der Vulgata)
direkt hinter dem Propheten Hesekiel zu finden
ist, steht in der hebräischen Bibel an einer
anderen Stelle. Die hebräische Bibel ist in drei
große Teile gegliedert. Der erste besteht aus
den fünf Büchern Mose und wird "Gesetz" genannt.
Den zweiten Teil bilden die "Propheten", wozu
Josua, Richter, 1. und 2.Samuel (im Hebräischen
ein Buch), 1. und 2. Könige (ebenfalls als ein
Buch gerechnet), Jesaja, Jeremia, Hesekiel und
die zwölf kleinen Propheten (wiederum als ein
Buch) zählen. Der dritte Teil schließlich
besteht aus den sogenannten "Schriften" und
enthält zwölf Bücher: Psalmen, Sprüche, Hiob,
Hohelied, Rut, Klagelieder, Prediger, Ester,
Daniel, Esra, Nehemia und 1. und 2.Chronik ( die
als ein Buch zählen). Das Buch Daniel gehört
also hier nicht zu den Propheten, dem zweiten
großen Teil des Alten Testamentes. Auch der Mann
Daniel wird in dem Buch Daniel nicht als Prophet
bezeichnet. An keiner Stelle ließ Gott ihn eine
öffentliche Botschaft an das Volk Israel
ausrichten. Dennoch nennt Jesus Daniel einen
Propheten ( Mt 24,15 ). Daniel war ein Mann, der
als Botschafter Gottes die Botschaft Gottes
empfangen hatte und die Wahrheiten Gottes
offenbaren sollte, die ihm anvertraut worden
waren.
Autor
Dieses Buch trägt den einfachen Titel "Daniel",
nicht nur weil er die Hauptperson des Buches
ist, sondern vielmehr weil dies einer
(allerdings nicht durchgängigen) Sitte folgt,
das Buch nach dem Autor zu benennen, der es
geschrieben hat. Wir wissen nur wenig über den
familiären Hintergrund von Daniel. Aus dem
Zeugnis seiner Zeitgenossen sehen wir, daß er
für seine Gerechtigkeit ( Hes 14,14.20 ) und für
seine Weisheit ( Hes 28,3 ) bekannt war. An
diesen Stellen wird er neben Noah und Hiob
erwähnt, die beide historische Personen sind.
Daniel ist also ebenfalls eine historische
Person, keine erfundene.
Daniel wurde in die königliche Linie
hineingeboren und gehörte zu den angesehenen
Familien Israels ( Dan 1,3.6 ). Er war
körperlich attraktiv und besaß einen scharfen
Geist ( Dan 1,4 ). Er lebte mindestens bis in
das dritte Jahr von Kyrus, d. h. bis 536 v. Chr.
( Dan 10,1 ). Er muß also ein junger Mann
gewesen sein, als er 605 v. Chr. von
Nebukadnezar als Gefangener weggeführt wurde.
(In Dan1,4 ist Daniel einer der "jungen" Männer
Israels.) Wenn er 16 Jahre alt war, als er
gefangengenommen wurde, dann war er im dritten
Jahr von Kyrus 85.
Literarische Form
Die Weissagung Daniels ist in der Bibel das
erste große Buch mit apokalyptischer Literatur.
Das griechische Wort apokalypsis , aus dem das
deutsche "Apokalypse" abgeleitet ist, bedeutet
"Enthüllung" oder "Offenbarung". Zwar ist die
ganze Schrift eine Offenbarung von Gott, aber
bestimmte Abschnitte darin sind doch einzigartig
in der Weise, in der sie offenbaren und in den
Mitteln, durch die sie überbracht wurden.
Die apokalyptische Literatur in der Bibel
besitzt bestimmte Merkmale: (1) In der
apokalyptischen Literatur schreibt ein Mensch,
der die Wahrheiten Gottes in Visionen empfängt,
auf, was er gesehen hat. (2) Die apokalyptische
Literatur benutzt sehr ausführlich Symbole und
Zeichen. (3) Solche Literatur enthält gewöhnlich
Informationen über den Plan Gottes für die
Zukunft seines Volkes Israel. (4) In der
apokalyptischen Literatur wird gewöhnlich die
Prosa-Form benutzt, während der poetische Stil
der meisten prophetischen Literatur eigen ist.
Neben Daniel und Offenbarung finden wir
apokalyptische Literatur in Hes 37-48 und Sach
1,7-7,8 .Selten ist man bei der Auslegung der
Visionen, Symbole und Zeichen in der
apokalyptischen Literatur auf seinen eigenen
Scharfsinn angewiesen, wenn man die Wahrheit
erkennen will. Meistens zeigt eine Untersuchung
des Kontextes oder ein Vergleich mit einer
parallelen Bibelstelle die der Schrift eigene
Interpretation der Visionen oder der benutzten
Bilder. Die apokalyptische Literatur verlangt
also von dem Ausleger, daß er sehr sorgfältig
die Schrift mit der Schrift vergleicht, um zu
einem zutreffenden Verständnis der Offenbarung
zu kommen, die darin gegeben wird.
Sprache
Das Buch Daniel ist dadurch ungewöhnlich, daß es
in zwei Sprachen geschrieben ist: Dan 1,1-2,4 a
und Kapitel 8 - 12 sind in hebräisch und Dan
2,4-7,28 in aramäisch abgefaßt, der
Verkehrssprache zur Zeit der Propheten.
Hebräisch war die Sprache des Bundesvolkes
Israel, aramäisch die Sprache der Heidenwelt.
Obwohl das Buch Daniel literarisch gesehen ein
zusammengehöriges Werk ist, hat es doch zwei
große Schwerpunkte. Der eine hat mit Gottes Plan
für die Heiden zu tun. Dies finden wir in Dan
2,4-7,28 . Es ist nur angepaßt, diese
Weissagungen über die Heiden auch in ihrer
Sprache abzufassen. Daher benutzt der Prophet in
diesem Teil des Buches das Aramäische.
Der zweite große Schwerpunkt liegt auf dem Volk
Israel und dem Einfluß, bzw. der Auswirkung der
Heiden auf Israel. Dieses Thema wird in Dan
1,1-2,4 a und Kapitel 8 - 12 entfaltet. Deshalb
ist es völlig richtig, daß diese Teile in
hebräisch geschrieben sind, der Sprache der
Juden.
Einheit
Manche Ausleger haben die Einheit des Buches
Daniel in Frage gestellt. Sie weisen darauf hin,
daß die Kapitel 1 - 6 historische Ereignisse im
Leben Daniels enthalten, während in Kapitel 7 -
12 prophetische Visionen niedergeschrieben sind,
die Daniel empfangen hat. Diese Beobachtung,
zusammen mit der Tatsache, daß Daniel zwei
verschiedene Sprachen benutzt, haben manche
Theologen dazu geführt, von mehreren Autoren
auszugehen.
Aber diese Beobachtungen unterstützen keineswegs
solch eine Schlußfolgerung. Wie schon gezeigt,
hatte Daniel Gründe für den Gebrauch von zwei
unterschiedlichen Sprachen. Häufig finden wir in
der Literatur jener Zeit die Verwendung
verschiedener literarischer Formen zur
Hervorhebung eines Gegensatzes. Das Buch Hiob
zum Beispiel ist in der Hauptsache poetisch
abgefaßt, aber der Prolog ( Hi 1-2 ) und der
Epilog ( Hi 42,7-17 ) stehen in Prosa. Nichts in
der literarischen Form des Buches Daniel macht
also die Annahme von mehreren Autoren zwingend.
Die Einheit des Buches Daniel wird außerdem
durch die Abhängigkeit der beiden Teile
voneinander deutlich. Die Offenbarung in Kapitel
2 steht eng im Zusammenhang mit Kapitel 7 .
Einige der Ausdrücke und theologischen Gedanken
in der ersten Hälfte gleichen denen in der
zweiten Hälfte. "Träume, Gesichte und Visionen"
werden in Dan 1,17;2,28 und 7,1 erwähnt. Von dem
Liegen "im (auf dem) ... Bett" sprechen Dan
2,29; 4,7; 7,1 . Daß Gottes "Königreich" ewig
ist, wird viermal in der ersten ( Dan
2,44;3,33;4,31;6,27 ) und dreimal in der zweiten
Hälfte ( Dan 7,14.18.27 ) gesagt. Gottes ewige
"Herrschaft" wird in Dan
3,33;6,27 und 7,14 betont. In der ersten Hälfte
wird Gott neunmal "der Höchste" oder "Gott der
Höchste" genannt ( Dan
3,26.32;4,14.21-22.29.31;5,18.21 ), in der
zweiten viermal ( Dan 7,18.22.25.27 ).
Darüber hinaus ist es Daniel selbst, der die
beiden Teile des Buches vereinigt. In beiden
Teilen ist die Botschaft die gleiche. Gott ist
der Höchste. Er regiert über die Völker und
beherrscht sie. Sie werden seinen Willen
erfüllen. In seiner Allmacht bewahrt er das Volk
Israel und führt es bis zur Erfüllung des
Bundes, den er mit Abraham geschlossen hat.
Entstehungszeit und Verfasserfrage
Das Buch Daniel selbst zeigt, daß es im sechsten
Jahrhundert v. Chr. durch Daniel geschrieben
wurde, der die in ihm beschriebenen Ereignisse
erlebt hat. Immer wieder wird Daniel als
Empfänger der göttlichen Offenbarungen erwähnt.
An vielen der historischen Ereignisse, die im
Buch enthalten sind, war er aktiv beteiligt.
Jesus selbst schreibt das Buch Daniel zu ( Mt
24,15 ). Daniels Vertrautheit mit den im Buch
beschriebenen Personen und den historischen
Ereignissen und Sitten, von denen das Buch
berichtet, machen eine Entstehungszeit im
sechsten Jahrhundert v. Chr. zur Voraussetzung.
Die exakten Details, die im Buch enthalten sind,
könnten sich wohl kaum über etwa 400 Jahre
mündlicher Tradition erhalten haben, wie jene,
die eine so späte Abfassungszeit für
wahrscheinlich halten, behaupten. Auch die
Tatsache, daß man Manuskript-Fragmente des
Buches Daniel unter den Funden von Qumran
entdeckt hat, die eventuell bis ins zweite
Jahrhundert v. Chr. zurückreichen, schließt die
Möglichkeit aus, daß Daniel erst 165 v. Chr.
geschrieben wurde, wie viele kritische Theologen
es vermuten. Es fehlt einfach an Zeit, die nötig
wäre, damit das Buch die Gemeinschaft der
Essener erreicht haben und dort kopiert worden
sein könnte. Auch die Tatsache, daß die Juden
das Buch Daniel in den Kanon der Schrift
aufgenommen haben, spricht für seine
Authentizität.
Die liberale Theologie lehnt ein frühes Datum
für das Buch Daniel hauptsächlich deswegen ab,
weil sie auch echte, voraussagende Prophetie
ablehnt. Das Buch spricht über Einzelheiten in
der Geschichte von Babylon, Medo-Persien,
Griechenland und Rom. Dinge, die in Daniel 11,5
- 35 sehr ausführlich beschrieben sind, haben
sich zwischen dem vierten und dem zweiten
Jahrhundert v. Chr. erfüllt. Die Kritik geht
davon aus, daß Daniel diese Details nicht
voraussehen konnte, sondern daß das Buch nach
diesen Ereignissen geschrieben worden sein muß,
und zwar in Form einer Prophetie, um dem
Schreiben Autorität zu verleihen. (Es muß also
jemand anders als Daniel das Buch im zweiten
Jahrhundert v. Chr. geschrieben und seinen Namen
benutzt haben.) Diese Sicht leugnet natürlich
die Macht Gottes, die offenbaren kann, was er
vorausbestimmt hat.
Viele andere Gründe sind gegen das frühe Datum
der Entstehung des Buches angeführt worden. So
behaupten manche z. B., daß die verschiedenen
persischen und griechischen Worte im Buch zeigen
würden, daß es viel später als im sechsten
Jahrhundert v. Chr. geschrieben worden sei. Aber
die Archäologie hat gezeigt, daß schon vor
Daniels Zeit ein ausgiebiger Handel zwischen
Griechenland und Babylon existierte. Dies würde
die griechischen Worte im Text erklären. Die
persischen Worte stammen aus einer offiziellen
Schriftform der persischen Sprache, die im
ganzen Nahen Osten weit verbreitet war (vgl.
D.J. Wiseman et al., Notes on Some Problemes in
the Book of Daniel , S. 23-27, 35-50).
Ein anderer Einwand beruht auf der Tatsache, daß
wir in dem Buch apokalyptische Literatur finden.
Solche Literatur tauchte in sehr ausgeprägter
Weise während der Spätzeit der Makkabäer auf
(sie wurde nicht in den Kanon der Schrift
aufgenommen). Deshalb glauben manche Theologen,
daß das Buch in dieser Periode (168 - 134 v.
Chr.) geschrieben worden sein müsse. Aber wie
schon erwähnt (vgl. "Literarische Form"), finden
wir auch im Buch Hesekiel solche apokalyptische
Literatur, und er ist, wie Daniel, ein Prophet
des sechsten Jahrhunderts v. Chr.
Andere Einwände gegen ein frühes Datum beruhen
auf der ausgeprägten Theologie, die dem Buch
zugrunde liegt. Kritiker behaupten, daß die
häufige Erwähnung von Engeln und eine Bezugnahme
auf die Auferstehung von den Toten ( Dan 12,2 )
eine späte, postexilische Abfassungszeit
notwendig machen. Dabei wird jedoch die Tatsache
übersehen, daß immer wieder in der langen
Geschichte Israels von Engeln gesprochen wird
und daß die Auferstehung auch an Stellen wie Ps
16,10 und Jes 26,19 erwähnt wird, die sicher
noch vor der Zeit von Daniel abgefaßt wurden.
Manche haben den Einwand vorgebracht, daß das
Buch zu den "Schriften" gehöre, dem dritten Teil
in der hebräischen Bibel, und nicht zu den
"Propheten", dem zweiten Teil. Das letzte
prophetische Buch (Maleachi) wurde im fünften
Jahrhundert v. Chr. abgefaßt. Deshalb sei das
Buch Daniel erst später geschrieben worden, denn
sonst wäre es sicher in die zweite Gruppierung
(die "Propheten") aufgenommen worden. Aber wie
schon gesagt, sind die Propheten von Gott als
seine Boten für einen besonderen Dienst an dem
Volk Israel bestimmt und ausgesondert worden. Da
Daniel von seinen Zeitgenossen jedoch eher als
politischer Führer denn als Prophet angesehen
wurde, wurden seine Schriften auch in die dritte
Gruppe der "Schriften" aufgenommen. Die
Entscheidung, in welchem Teil ein Buch in der
hebräischen Bibel steht, richtete sich also eher
nach dem Autor als nach dem Datum der
Entstehungszeit.
Manche behaupten, daß das Buch Daniel später
verfaßt sein müsse, weil der Gottesname Jahwe,
der zur Zeit Daniels häufig benutzt wurde, von
Daniel nicht gebraucht wird. Dabei wird jedoch
offensichtlich übersehen, daß dieser Name
in Kapitel 9 (in best. Übersetzungen) sogar
achtmal benutzt wird ( Dan
9,2.4.8.10.13-14 [dreimal]. 20 ). Der Name, den
ein Autor für Gott benutzt, wird eher durch den
Inhalt des Textes als durch die allgemein
übliche Verwendung dieses Namens bestimmt.
Andere lehnen Daniels Autorschaft ab, weil sie
glauben, in seinem Buch historische Fehler zu
finden. So ist z. B. behauptet worden, daß
Nebukadnezar nicht der Vater von Belsazar
gewesen sei, wie dies in Daniel 5,2.11.13.18
(vgl. V. 22 ) erscheint. Wenn Daniel dieses Buch
geschrieben hätte, so meinen sie, hätte es einen
solchen Fehler nicht gegeben. Es gibt jedoch
klare Beweise dafür, daß ein Nachfolger auf dem
Königsthron selbst dann "Sohn" ( Dan 5,22 )
seines Vorgängers genannt wird, wenn keine
Blutsverwandtschaft zwischen beiden besteht.
(Vgl. dazu die Tabelle "Könige des
neubabylonischen Königreiches".)
Schließlich wird die Autorschaft Daniels
abgelehnt, weil der Schreiber in Dan 1,21 vom
Tod Daniels spreche. Dieser Vers sagt jedoch
nicht, daß Daniel starb, sondern nur, daß er bis
in das erste Jahr des Königs Kyrus "dort blieb"
(in Babylon). Kyrus erließ eine Verordnung, die
die Juden aus ihrem Exil in Babylon befreite und
so die 70jährige Gefangenschaft beendete. Dan
1,21 sagt lediglich aus, daß Daniel während
dieser gesamten Zeitspanne in der Gefangenschaft
lebte. Die Zeit seines Todes wird darin nicht
angesprochen. Er lebte vielmehr mindestens bis
ins dritte Jahr des Königs Kyrus ( Dan 10,1 ).
Historischer Hintergrund
Ninive, die assyrische Hauptstadt, fiel unter
dem Ansturm der babylonischen und medischen
Truppen 612 v. Chr. Unter der Führung von
Aschurubalit flohen einige Assyrer westwärts
nach Haran, von wo aus sie die Herrschaft über
ganz Assyrien beanspruchten. Nabopolassar, der
König von Babel, zog 611 v. Chr. gegen die in
Haran liegenden assyrischen Truppen. Im nächsten
Jahr, 610 v. Chr., verbündete sich Babylon mit
Medien und griff die Assyrer in Haran an.
Assyrien zog sich von Haran nach Westen zurück,
hinter den Euphrat, und überließ Haran den
Babyloniern.
609 v. Chr. ersuchten die Assyrer um die Hilfe
Ägyptens, und Pharao Necho II. führte ein Heer
von Ägypten aus, um sich mit den Assyrern zu
verbünden. Josia, der König von Juda, versuchte
- in der Hoffnung, auf diese Weise die Gunst der
Babylonier zu gewinnen -, die Ägypter davon
abzuhalten, und stellte sich der ägyptischen
Armee bei Megiddo entgegen. Josias Heer wurde
besiegt und er selbst bei diesem Versuch getötet
( 2Kö 23,28-30; 2Chr 35,24 ).
Pharao Necho zog weiter und griff dann, zusammen
mit den Assyrern, Babylon bei Haran an, hatte
jedoch keinen Erfolg. Assyrien scheint damals
die internationale Szene verlassen zu haben,
aber zwischen Ägypten und Babylon ging der
Konflikt weiter.
605 v. Chr. führte Nebukadnezar das babylonische
Heer gegen Ägypten. In dem Kampf bei Karkemisch
wurde Ägypten besiegt und Karkemisch von Babylon
im Mai/Juni dieses Jahres zerstört. Während der
Verfolgung der besiegten Ägypter dehnte
Nebukadnezar seine Eroberungen südwärts bis nach
Syrien und Palästina hinein aus. Da er von dem
Tod seines Vaters Nabopolassar erfahren hatte,
kehrte Nebukadnezar im August 605 von Ribla nach
Babylon zurück, um die Krone zu empfangen. Dann
zog er wieder nach Palästina und griff im
September 605 auch Jerusalem an. Bei dieser
Gelegenheit kamen Daniel und seine Freunde als
Gefangene nach Babylon. Vielleicht sah
Nebukadnezar in ihnen Geiseln, durch die das
Volk von Juda von einer Rebellion zurückgehalten
werden sollte. Oder sie wurden nach Babylon
gebracht, um sie dort für politische
Leitungsaufgaben vorzubereiten, falls
Nebukadnezar zurückkehren und Juda erobern
müßte. Nach seiner Heimkehr nach Babylon
regierte Nebukadnezar noch 43 Jahre lang (605 -
562 v. Chr.).
Nebukadnezar kam 597 v. Chr. als Antwort auf die
Rebellion Jojachins noch ein zweites Mal nach
Juda zurück. Bei diesem Streifzug unterwarf er
sich die Stadt Jerusalem und brachte 10 000
Gefangene nach Babylon, unter ihnen auch den
Propheten Hesekiel ( Hes 1,1-3; 2Kö24,8-20; 2Chr
36,6-10 ).
Schließlich kehrte er 588 v. Chr. ein drittes
Mal nach Juda zurück. Nach einer langen
Belagerung eroberte er 586 die Stadt Jerusalem,
riß ihre Mauern nieder, zerstörte sie und legte
den Tempel in Schutt und Asche. Die meisten
Juden, die bei dieser Eroberung nicht getötet
wurden, deportierte er nach Babylon (
2 2Kö5,1-7; Jer 34,1-7; 39,1-7; 52,2-11 ).
Die Rückkehr der Juden in ihr Land wurde
möglich, als Kyrus 539 v. Chr. das babylonische
Reich besiegte und das medo-persische
errichtete. Zu seiner Politik gehörte es, die
entwurzelten Völker wieder in ihre Länder
zurückkehren zu lassen. Daher erließ Kyrus 538
ein Dekret, nach dem die Juden, die dies
wünschten, nach Jerusalem zurückkehren durften
( 2Chr 36,22-23; Esr 1,1-4 ). Etwa 50 000
jüdische Gefangene kehrten in das Land zurück
und begannen, den Tempel wiederaufzubauen. Dies
geschah während der Zeit des Gebetes Daniels
( Dan 9,4-19 ). Der Tempel wurde 515 v. Chr.
fertiggestellt ( Esr 6,15 ). (Vgl. die Tabelle
"Die dreifache Rückkehr aus dem Exil" in der
Einführung zu Esra.) Von der ersten Unterwerfung
Jerusalems (605 v. Chr.) bis zur Rückkehr der
Juden und der Grundsteinlegung des Tempels (536)
waren es etwa 70 Jahre. Von der Zerstörung des
Tempels (586) bis zu seiner Wiederherstellung
(515) ebenfalls. Die Weissagung Jeremias über
die 70jährige Dauer des babylonischen Exils
wurde also wortwörtlich erfüllt ( Jer
25,11-12 ).
Zweck
Der Zweck des Buches kann aus seinem Inhalt
abgeleitet werden:
1. Daniels persönliche Hingabe an Gott ( Dan 1 )
sollte ein Beispiel für die Deportierten sein,
wie sie in einer heidnischen Gesellschaft leben
konnten. Daniel diente als besonderes Beispiel
für die Frömmigkeit unter den Weggeführten.
2. Das Buch betont Gottes souveräne Autorität
über die heidnischen Nationen, wie er Könige
einsetzt und wieder absetzt und Weltreiche
gründet oder ihre Macht beendet. Es war diese
große Wahrheit, die Nebukadnezar lernen mußte
( Dan 4,34 ).
3. Das Buch gibt uns ein Beispiel der Treue
Gottes gegen sein Bundesvolk, wie er es
beschützt und bewahrt, obwohl es eigentlich
wegen seinem Ungehorsam von ihm gezüchtigt wird.
Gott verwirft sein Bundesvolk nicht. Er geht mit
ihm voller Geduld um und möchte es wieder unter
seinen Segen bringen.
4. Das Buch wurde auch geschrieben, um die
prophetische Periode, die als "Zeiten der
Heiden" bekannt ist ( Lk 21,24 ), aufzuzeigen.
Das Buch Daniel verfolgt den Lauf der
heidnischen Geschichte durch jene lange Zeit, in
der Israel durch die Heiden gezüchtigt wurde und
wird. Der Plan Gottes mit den Heiden wird in der
großen Trübsal zu seiner Vollendung kommen. Das
Buch zeigt sehr sorgfältig und in Einzelheiten,
was diese Zeiten der Heiden für Israel, das
darauf wartet, daß Gottes Bund mit ihm unter der
Herrschaft des Messias erfüllt wird, bedeutet.
5. Schließlich offenbart das Buch Daniel auch
die zukünftige Erlösung Israels und den Segen,
den es im kommenden Tausendjährigen Reich
erleben wird. So wie Gott es im Bund mit Abraham
zugesagt hat, werden seine Nachkommen das Land
besitzen, das Gott ihnen verheißen hat. Auch
wenn das Volk für seinen Ungehorsam bestraft
werden muß, wird es doch zur Umkehr, zum
Bekenntnis seiner Schuld und zur Erneuerung
geführt werden. Gott bleibt treu. Er bewahrt
sein Bundesvolk und wird es in seinem
verheißenen Königreich auf dieser Erde segnen.
Bedeutung des Buches
Das Buch Daniel ist historisch sehr wichtig. Es
füllt verschiedene Lücken in den historischen
Büchern Israels und des Neuen Testamentes aus.
Es berichtet von Ereignissen in der Geschichte
Israels während der 70jährigen babylonischen
Gefangenschaft, die sonst nirgendwo in der Bibel
erwähnt werden (außer einigen kurzen
Informationen bei Hesekiel). Daniel gibt aber
auch einen Überblick über die Zeiten der Heiden
und beschreibt vergangene und zukünftige
Weltreiche, die Palästina beherrschen und über
Israel regieren werden, bis der Messias
zurückkehrt.
Die Weissagungen des Buches über Gottes Plan mit
den Heiden, mit dem Land Palästina und mit
seinem Volk Israel sind die Grundlage seines
eschatologischen Programmes. Einige der im Buch
Daniel mit seiner Betonung der Heidenwelt
eingeführten Gedanken haben eine Parallele im
Buch Sacharja. Die Themen dieser beiden Bücher
werden im Buch der Offenbarung zu ihrem Ziel
geführt. Um die Zuspitzung der Ereignisse, von
denen der Apostel Johannes in der Offenbarung
schreibt, verstehen zu können, muß man zunächst
ihre Grundlegung im Buch Daniel verstanden
haben.
GLIEDERUNG
I. Die persönliche Geschichte Daniels ( Kap. 1 )
A. Daniels Wegführung aus Israel ( 1,1-7 )
B. Daniels Hingabe aus Gott ( 1,8-16 )
1. Die Bitte ( 1,8 )
2. Die Erfüllung der Bitte ( 1,9-14 )
3. Das Resultat ( 1,15-16 )
C. Daniels Stellung ( 1,17-21 )
II. Die prophetesche Geschichte der Heiden
während der Zeit der Heiden ( Kap.2-7 )
A. Der Traum Nebukadnezars ( Kap. 2-7 )
1. Der Traum des Königs ( 2,1-16 )
2. Der Traum wird Daniel offenbart
( 2,17-23 )
3. Der Traum wird Nebukadnezars
ausgelegt ( 2,24-45 a)
4. Daniel wird geehrt ( 2,45 b. 46 -
49 )
B. Das Bildnis Nebukadnezars ( 3,1-30 )
C. Der zweite Traum Nebukadnezars
( 3,31-4,34 )
1. Die Bekanntmachung des Königs
( 3,31-33 )
2. Die Vision des Baumes ( 4,1-15 )
3. Die Vision wird erkärt ( 4,16-24 )
4. Die Vision wird erfüllt ( 4,25-30 )
5. Der König wird gesund ( 4, 31-34 )
D. Das Fest Belsazars ( 5,1-6,1 )
1. Die Lästerung des Königs ( 5,1-4 )
2. Die Offenbarung an den König
( 5,5-12 )
3. Die Bitte des Königs ( 5,13-16 )
4. Die Antwort durch Daniel
( 5,17-28 )
5. Die Weissagung wird erfüllt
( 5,29-6,1 )
E. Die Erlaß von Darius ( Kap. 6,2-29 )
1. Die Vorrangestellung von Daniel
( 6,2-4 )
2. Die Verschwörung der Fürsten
( 6,4-10 )
3. Das Gebet Daniels ( 6,11-12 )
4. Die Verfolgung Daniels ( 6,13-19 )
5. Die Bewahrung Daniels ( 6,20-25 )
6. Die Erklärung des Königs
( 6,26-29 )
F. Die Vision der vier Tiere ( Kap. 7 )
1. Die Vision ( 7,1-14 )
2. Die Auslegung ( 7,15-28 )
III. Die Prophetische Geschichte Israels während
der Zeit der Heiden ( Kap. 8-12 )
A. Die Vision von dem Widder und der Ziege
( Kap. 8 )
1. Die Vision ( 8,1-14 )
2. Die Auslegung ( 8,15-27 )
B. Die Vision der Jahrwochen ( Kap. 8 )
1. Der Anlaß der Vision ( 9,1-2 )
2. Das Gebet Daniels ( 9,3-19 )
3. Die Antwort des Herrn ( 9,20-27 )
C. Die Abschließende Vision ( Kap. 10-12 )
1. Die Vorbereitung des Propheten
( 10,1-11,1 )
2. Die Einzelheiten der Geschichte
Israels unter dem zweiten und dritten Weltreich
( 11,2-35 )
3. Die prophetische Geschichte der
siebzigsten Jahrwoche ( 11,36-12,3 )
4. Schluß ( 12,4-13 )
Neben der Schrift
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J. Dwight Pentecost