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Daniel Walvoord Pentecost 9 und 10


B. Die Vision der Jahrwochen

( Dan 9 )

 

1. Der Anlaß der Vision

( 9,1 - 2 )

 

Dan 9,1-2

 

Es war nun das erste Jahr der Herrschaft von Darius, dem Meder . (Zu der Identifizierung dieses Darius vgl. die Anmerkungen zu Dan 6,1 .) Dies war im Jahr 539 v. Chr., 66 Jahre nachdem Daniel in die Gefangenschaft geführt worden war.

Die Eroberung des babylonischen Reiches durch die Medo-Perser war in der Tat ein gewaltiges Ereignis gewesen. Es war Belsazar durch die Interpretation der Schrift auf der Wand durch Daniel angekündigt worden ( Dan 5,25-28.30 ). Die Unterwerfung der Babylonier bereitete den Weg vor für die Befreiung der Juden, die seit der ersten Invasion Jerusalems durch Nebukadnezar im Jahr 605 v. Chr. ins Exil geführt worden waren. Jeremia , der den Untergang Israels vorausgesagt hatte, hatte aber auch angekündigt, daß Israels Aufenthalt in Babylon 70 Jahre dauern würde ( Jer 25,11-12 ).

Offenbar durch den Sieg von Darius bewegt, untersuchte Daniel die Schriften , um die Ereignisse, in denen er eine wichtige Rolle spielte, zu verstehen. Er begriff, daß der Sieg von Darius bedeutete, daß das Ende der siebzigjährigen Gefangenschaft nahe war. Die entscheidenden Ereignisse seiner Zeit wurden so noch wichtiger für Daniel.

 

 

2. Das Gebet Daniels

( 9,3 - 19 )

 

a. Bekenntnis

( 9,3 - 13 )

 

Dan 9,3-6

 

Daniels Studium der Schrift brachte ihn dazu, sich Gott zuzuwenden und ein Gebet des Bekenntnisses (V. 3 - 14 ), und der Bitte (V. 15 - 19 ) zu beten und zu fasten . Das Tragen von Sackleinen und/oder Benutzen von Asche war ein Zeichen für Trauer, für Leid und Buße (vgl. 1Mo 37,34; Neh 9,1; Est 4,1.3; Jes 58,5; Jer 49,3; Hes 7,18; Joe 1,8; Mt 11,21 ).

Mose hatte das Prinzip offenbart, nach dem Gott mit seinem Bundesvolk handelte: Gehorsam bringt Segen, Ungehorsam Strafe. Eine Form dieser Strafe war, daß Israel von heidnischen Mächten unterworfen würde ( 5Mo 28,48-57.64-68 ). Was Israel nun in Babylon erlebte, war die Anwendung dieses Prinzips.

Dann hatte Mose aber auch offenbart, wodurch das Volk wieder erhoben und erneut zum Segen eingesetzt werden würde ( 5Mo 30 ). Es muß umkehren zu Gott und seiner Stimme gehorchen. Dann wird Gott es aus der Gefangenschaft zurückbringen und das Volk wieder in das Land bringen, aus dem es vertrieben worden war, und wird es wieder segnen.

Daniel war sich offenbar völlig bewußt, daß die Jahre in Babylon eine göttliche Strafe und Züchtigung über Israel bedeuteten. Da er wußte, daß das Bekenntnis der Schuld eine Voraussetzung für die Erneuerung war, bekannte er die Sünde seines Volkes, indem er sich selbst mit dessen Sünde identifizierte, so, als ob er persönlich dafür verantwortlich wäre.

Daniel hatte bemerkt, daß Segen von Gehorsam abhängt, denn Gott hält seinen Bund der Liebe ( HeseD , "treue Liebe") mit allen, die ihn lieben und ihm gehorchen . Auch ein Bundesvolk kann nicht gesegnet werden, wenn es ungehorsam ist. Viermal bekennt Daniel, daß sein Volk gesündigt hat ( Dan 9,5.8.11.15 ). Dessen Sünde war die Sünde der Rebellion (vgl. V. 9 ) gegen Gott. Es hatte sich von dem Wort Gottes (seinen Gesetzen ; vgl. V. 10 - 11 ), das es kannte, weggewandt (vgl. V. 11 ). Gott, in seiner Gnade, hatte Propheten geschickt (vgl. V. 10 ), um die Menschen zu ermahnen, zu ihm zurückzukehren. Aber sie wollten nicht auf deren Botschaften hören ( wir haben nicht gehört ). Könige und Volk waren vor Gott gleich schuldig.

 

 

Dan 9,7-11 a

 

Daniel bekräftigte dann, daß Gott gerecht ist (vgl. V. 14.16 ) und daß seine Züchtigung Israels für dessen Untreue richtig war. Israel war mit Schande bedeckt (V. 7 - 8 ) und verstreut in fremde Länder. Gottes Strafe bedeutete nicht, daß er seine Gnade (vgl. V. 18 ) und Vergebung vor seinem Volk verbarg, sondern daß er, der Gerechte, die Auflehnung und den Ungehorsam des Volkes bestrafen mußte (V. 10 ). Es wollte Gottes Gesetze nicht halten (V. 10 ; vgl. V. 5 ), denn es übertrat sein Gesetz (V. 11 ) und wandte sich von Gott ab (vgl. V. 5 ). Es war beharrlich in seinem Ungehorsam ( wollte nicht hören ).

 

 

Dan 9,11-14 (Dan 9,11b-14)

 

Wegen seiner Rebellion und seinem Ungehorsam erlebte Israel nun die Flüche und Gerichte , von denen Mose in 5Mo 28,15-68 geschrieben hatte (vgl. V. 13 ). Aber trotz des strengen Gerichtes, trotz dem großen nationalen Unglück ( Dan 9,12 ) wandte sich das Volk nicht von seinen Sünden ab und ordnete sich der Autorität des Gesetzes, der Wahrheit Gottes, nicht unter. Dieses Unglück, der Untergang Jerusalems, war gekommen, weil Gott gerecht ist (vgl. V. 7.16 ) und weil Israel ihm nicht gehorcht hatte (vgl. V. 10 - 11 ).

 

 

b. Bitte

( 9,15 - 19 )

 

Dan 9,15-16

 

Daniel begann seine Bitte (V. 15 ), indem er zwei der Dinge erwähnte, mit denen er sein Bekenntnis begonnen hatte (V. 4 - 5 ): Gottes Größe und die Sünde des Volkes. Daniel sprach davon, daß Gott Israel durch seine große Macht (mit einer mächtigen Hand) aus Ägypten errettet hatte. Gott wurde durch die Befreiung seines Volkes verherrlicht. Aber weil das Volk gesündigt hatte (Daniels vierte Erwähnung der Sünde seines Volkes; vgl. V. 5.8.11 ), war es zu einem Objekt des Spottes für die Völker um es herum geworden. Daniel betete, daß Gott um seiner Gerechtigkeit willen (vgl. V. 7.14 ) seinen Zorn und Grimm von Jerusalem abwenden möge. Er bat, daß Gottes Züchtigung aufgehoben und das Volk aus seiner gegenwärtigen Versklavung befreit würde. (Jerusalem ist Gottes Stadt; vgl. V. 24 , und sein heiliger Hügel ; vgl. V. 20 ; Joe 2,1;4,17; Zeph 3,11 .)

Noch einmal verband Daniel den gegenwärtigen Zustand des Volkes mit seiner Sünde in der Vergangenheit, den Sünden und Vergehen unserer Väter (vgl. Dan 9,6.8 ).

 

 

Dan 9,17-19

 

Nachdem der Prophet darum gebetet hatte, daß Gottes Zorn sich abwenden möge (V. 15 - 16 ), betete er nun um Gottes Gnade, Barmherzigkeit und Vergebung (V. 17 - 19 ). Daniel bat Gott, daß er seine Gebete hören und das Heiligtum (den Tempel in Jerusalem) um seinetwillen wieder aufrichten möge (wohlwollend schauen auf, vgl. V. 19 ). Er bat, daß Gott seine Bitte hören ( das Ohr leihen ) und die Zerstörung der Stadt sehen möge ( öffne deine Augen ). Es ist interessant, daß Daniel nicht genau sagte, was Gott tun solle. Vielmehr bat er, daß Gott auf das Heiligtum "schauen" und die Stadt "sehen" möge, die beide seit so vielen Jahren zerstört waren.

Daniel gründete seine Bitten auf Gottes große Barmherzigkeit (vgl. V. 9 ), nicht auf die Gerechtigkeit des Volkes, denn es hatte keine. Aber weil Gott barmherzig und vergebend ist, betete er: O HERR, höre! O HERR, vergib! Um den Ruf Gottes besorgt, bittet Daniel, daß der Herr schnell handeln ( verzögere nicht ) und der Stadt und dem Volk, die seinen Namen trugen, helfen möge. Dies würde Gott verherrlichen, denn es war um seinetwillen (vgl. V. 17 ).

 

 

3. Die Antwort des Herrn

( 9,20 - 27 )

 

a. Die Botschaft Gabriels

( 9,20 - 23 )

 

Dan 9,20-21

 

Daniel hatte in seinem Gebet das Bekenntnis seiner Sünde und der Sünde des Volkes abgelegt und an Gott die Bitte gerichtet, daß er Jerusalem ( Gottes heiliger Berg ) wieder aufrichten möge. Die Antwort auf dieses Gebet Daniels wurde nicht verzögert (vgl. "verzögere nicht", V. 19 ). Denn er wurde durch die Erscheinung von Gabriel unterbrochen, der schon früher zu ihm gekommen war und ihm seine Gesichte über den Widder und die Ziege erläutert hatte ( Dan 8,15 ). Gabriel kam schnell, um die Zeit des Abendopfers . Dies war eines der beiden täglichen Opfer, die von dem Gesetz verlangt wurden ( 2Mo 19,38-39; 4Mo 28,3-4 vgl. "Abende und Morgen" in Dan 8,14 ). Auch wenn der Tempel zerstört war, so daß man in den letzten 66 Jahren keine Opfer mehr hatte bringen können, beachtete Daniel dennoch diese Zeit des Tages als Zeit der Anbetung Gottes. Vielleicht war dies eine von den drei Zeiten am Tag, an denen er betete ( Dan 6,11 ).

l

 

Dan 9,22-23

 

Zwar hatte Daniel es in seinem Gebet nicht ausdrücklich so gesagt, aber er war offensichtlich sehr beunruhigt über Gottes weiteres Programm für Israel (vgl. V. 2 ). Jeremias Weissagung ( Jer 25,11-12 ) sprach nur von Gottes Plan für das Volk bis zum Ende der siebzigjährigen babylonischen Gefangenschaft. Daniel wollte wissen, was nach dieser geschehen werde. Die beiden vorangehenden Visionen ( Dan 7-8 ) über die zukünftigen Dinge hatten hauptsächlich von den heidnischen Nationen gesprochen, die nach Babylon kommen würden. Deshalb hatte Gabriel von Gott den Auftrag, Daniels Verlangen zu erfüllen und Gottes Programm für sein Volk bis zu dessen Vollendung in dem verheißenen Königreich und unter der Herrschaft des Messias Israels zu offenbaren. Gabriel sollte Daniel Einsicht in Gottes Vorhaben mit seinem Volk geben. Weil der Prophet bei Gott hoch geachtet war (vgl. Dan 10,11.19 ), hatte Gabriel eine Antwort für Daniel empfangen, sobald Daniel begonnen hatte zu beten .

 

 

b. Der Plan Gottes in den 70 "Jahrwochen"

( 9,24 )

 

Dan 9,24

 

Zuerst wurde Daniel mitgeteilt, daß Gottes Plan in 70 Wochen (wörtl.: " 70 Siebener ") vollendet würde. Da Daniel im Blick auf Gottes Vorhaben offenbar in Jahresabschnitten dachte (V. 1 ; vgl. Jer 25,11-12; 2Chr 36,21 ), war es nur natürlich, daß er unter diesen "Wochen" Jahre verstand. Heute denken wir gewöhnlich in Zehnerschritten (z. B. Jahrzehnt, Jahrhundert ...). Daniels Volk dachte in Siebenerschritten (Heptaden). Sieben Tage sind eine Woche. Jedes siebte Jahr war ein Sabbatjahr ( 3Mo 25,1-7 ). Sieben "Siebener" waren ein Jubeljahr ( 3Mo 25,8-12 ); siebzig "Siebener" folglich eine Spanne von 490 Jahren. Diese 490 konnten nicht Tage meinen (etwa eineinhalb Jahre zusammen), denn dies würde nicht genügend Zeit lassen für die Ereignisse, die in Dan 9,24-27 angekündigt werden. Dies gilt auch für 490 Wochen a sieben Tage (d. h. 3 430 Tage, etwa 912 Jahre). Auch müßte man dann erwarten, daß Daniel nach "70 Siebenern" noch "an Tagen" zugefügt hätte, denn in Dan 10,2-3 schreibt er wörtlich: "drei Siebener an Tagen" (d. h. "drei Wochen").

Ein weiteres Argument ist, daß Israel und Juda im Laufe ihrer Geschichte die Sabbatjahre nicht gehalten hatten (jedes siebte Jahr sollte das Land brachliegen; 3Mo 25,1-7 ). Deshalb legte der Herr dem Land siebzig "Sabbate" auf (vgl. 3Mo 26,34-35 ). Es wurden also 490 Jahre benötigt, um diese 70 Sabbatjahre zu erfüllen, wenn alle sieben Jahre ein solches Sabbatjahr sein sollte.

Diese Zeitspanne war für Daniels Volk (vgl. "dein Volk" in Dan 10,14;11,14 ) und für die Heilige Stadt (vgl. Dan 9,16.24 ) bestimmt worden. Diese Weissagung handelt also nicht von der Welt- oder Kirchengeschichte, sondern von der Geschichte Israels und der Stadt Jerusalem. Wenn die 490 Jahre vorbei sind, wird Gott sechs Dinge für Israel getan haben. Die ersten drei wird er mit der Sünde, die zweiten drei mit dem Königreich tun. Die Grundlage für die ersten drei wurde in dem Werk Christi am Kreuz gelegt, aber alle sechs werden von Israel verwirklicht werden, wenn Christus wiederkommt.

1. Am Ende der 490 Jahre wird Gott die Übertretungen Israels beenden . Das Verb "beenden" ( kAlA? ) bedeutet "etwas zu einem Ende bringen". Israels Sünde des Ungehorsams wird zu Ende sein, wenn Christus wiederkommt. Dann wird Israel umkehren und sich zu ihm als seinem Messias und Retter wenden. Es wird wieder in sein Land eingesetzt und gesegnet werden, so wie Daniel gebetet hatte.

In den Tagen des Alten Testamentes war der Höhepunkt im israelitischen Jahr der große Versöhnungstag ( 3Mo 16 ). An diesem Tag versammelte sich das ganze Volk vor Gott, bekannte seine Sünde und brachte Opfer zur Vergebung dieser Sünde. Dieses Opfer bedeckte die Sünde Israels für zwölf Monate, konnte sie aber nicht wirklich beseitigen ( Hebr 10,1-3 ). Es mußte daher ein Opfer gebracht werden, das alle angesammelten Sünden endgültig beseitigen konnte. Dieses Opfer wurde von Jesus Christus gebracht, der durch seinen Tod auch für alle die Sünden bezahlte, die in der Vergangenheit nicht hatten entfernt werden können (vgl. Röm 3,25 ). Sein Versöhnungswerk am Kreuz hat also dieses zukünftige "Beenden" der Übertretungen Israels möglich gemacht.

2. Gott wird die Sünde beseitigen . Das Verb HATam trägt die Bedeutung des Versiegelns. Gemeint ist, daß etwas im Blick auf die Strafe versiegelt wird (vgl. 5Mo 32,34; Hi 14,17 ). Dies macht deutlich, daß Israels Sünde, die unbestraft geblieben war, bestraft würde - in oder durch Jesus Christus, den Stellvertreter, der die Sünden der Welt an das Kreuz getragen hat. Dann, wenn Christus wiederkommt, wird er Israels Sünde beseitigen ( Hes 37,23; Röm 11,20-27 ).

3. Gott wird die Schuld sühnen . Das Verb "sühnen" ( kAPar ) bedeutet "bedecken" oder "wiedergutmachen". Auch dies spricht von Gottes endgültiger Versöhnung Israels, wenn es bei der Wiederkunft Christi umkehrt, denn die Vorsorge für diese Versöhnung ist am Kreuz bereits getroffen. Man sollte hier auch an den großen Versöhnungstag in Israel denken, so wie in der ersten dieser sechs Aussagen. An diesem Tag schuf Gott eine gerechte Grundlage, auf der er mit einem schuldigen Volk handeln konnte. Das Blut, das auf den Gnadenstuhl ("der Sühnedeckel"; 3Mo 16,14 ) über der Bundelade gesprengt wurde, machte es möglich, daß er unter diesem sündigen Volk lebte. In ähnlicher Weise verheißt Daniels Weissagung, daß Gott aufgrund des von Christus am Kreuz vergossenen Blutes mit Sündern umgehen wird, hier in besonderer Weise mit den Sündern in Israel.

Da Gott durch das Blut Christi versöhnt ist, kann er die Sünde austilgen. Die griechischen Worte für "Sühnedeckel" ( hilasmos , "Gnadenstuhl") und "versöhnen" ( hilaskomai ) sind miteinander verwandt.

4. Die zweiten drei Dinge, die Gott in dieser Zeit vollenden wird, handeln von den positiven Aspekten des Planes Gottes. Gott wird, durch den Tod Christi versöhnt, ewige Gerechtigkeit bringen . Die Form des Verbes "bringen" macht deutlich, daß es darum geht, etwas kommen zu lassen. Das Wort "ewig" (hier im hebr. im Pl.) bedeutet eigentlich Zeitalter. Dieser Ausdruck (wörtl.: "die Gerechtigkeit der Zeitalter kommen lassen") ist daher eine Prophezeiung, daß Gott ein Zeitalter aufrichten wird, das von Gerechtigkeit gekennzeichnet ist. Er spricht also vom Tausendjährigen Reich ( Jes 60,21; Jer 23,5-6 ).

5. Gott wird Gesicht und Weissagung versiegeln . Alles, was Gott durch die Propheten gesagt hat, wird er tun. Er wird seinen Bund mit Israel erfüllen. Im Tausendjährigen Reich werden alle Verheißungen seines Bundes vollkommen erfüllt werden. Bis zu ihrer Erfüllung sind Weissagungen "unversiegelt". ("Versiegeln" ist hier die Übersetzung des gleichen Verbes, das in der zweiten dieser sechs Aussagen benutzt wurde, HATam .)

6. Gott wird das Allerheiligste salben . Dies könnte die Einweihung des Allerheiligsten im Tempel des Tausendjährigen Reiches (wie er in Hes 41-46 beschrieben wird) meinen. Oder es bezieht sich auf keinen heiligen Ort, sondern auf eine heilige Person, Christus. Dann spricht diese Stelle von der Krönung Christi, des "Gesalbten" ( Dan 7,25-27 ), im Tausendjährigen Reich als König der Könige und Herr der Herren.

Diese sechs Dinge sprechen also von der Errichtung des Bundesreiches für Israel im Tausendjährigen Reich unter der Herrschaft des verheißenen Königs. Sie fassen den gesamten Plan Gottes zusammen, durch den er dem Volk Israel den Segen bringen wird, den er durch seine Bundesverheißungen versprochen hat ( 1Mo 15,18-21; 1Sam 7,16; Jer 31,31-34 ).

 

 

c. Die Einteilung der 70 "Jahrwochen"

( 9,25 - 27 )

 

Dan 9,25

 

Daniel erhielt nun eine sehr wichtige Offenbarung über diese Zeitperiode und ihre Unterteilung. Die 70 "Wochen" werden, laut Gabriel, mit der Verkündigung des Erlasses beginnen, Jerusalem zu erneuern und wieder aufzubauen. Dies war der vierte von vier Erlassen, den die persischen Herrscher im Blick auf die Juden machten.Der erste war der Erlaß von Kyrus im Jahr 538 v. Chr. (2. Ch. 36,22 - 23; Esr 1,1-4; 5,13 ). Der zweite war der Erlaß des Darius I. (522 - 486) im Jahr 512 v. Chr. ( Esr 6,1.6-12 ). Er war im Grunde nur eine Bestätigung des ersten Erlasses. Der dritte war der Erlaß von Artaxerxes Longimanus (465 - 423) im Jahr 457 v. Chr. ( Esr 7,11-26 ). Die ersten beiden Erlasse bezogen sich auf die Erneuerung des Tempels in Jerusalem, der dritte auf die Finanzierung der Tieropfer im Tempel. Sie sagen nichts über den Wiederaufbau der Stadt selbst aus. Da eine Stadt ohne Mauern keinerlei militärische Bedrohung darstellte, war der Wiederaufbau eines religiösen Tempels keine Herausforderung der militärischen Autorität der Herrschenden. Keiner dieser Erlasse kann also derjenige sein, von dem hier gesprochen wird und der den Beginn der 70 Jahrwochen bilden sollte.

Der vierte Erlaß stammte ebenfalls von Artaxerxes Longimanus und wurde am 5. März 444 v. Chr. verkündet ( Neh 2,1-8 ). In ihm gab Artaxerxes den Juden die Genehmigung, die Mauern der Stadt Jerusalem wieder aufzubauen. Dies ist der Erlaß, von dem Daniel 9,25 spricht.

Die Weissagung zielt auf das Erscheinen des Gesalbten, des Herrschers . Dies bezieht sich auf Christus selbst. Gott, der Vater, hat Christus bei seiner Taufe im Jordan mit dem Geist gesalbt ( Apg 10,38 ). Hier meint die Salbung jedoch die Salbung Christi als Herrscher über sein Königreich (vgl. die Anmerkungen zu "das Allerheiligste salben" in Dan 9,24 ). Die Weissagung der 70 Jahrwochen endet also nicht mit dem ersten Kommen Christi, wie manche Ausleger meinen, sondern vielmehr mit seiner Wiederkunft und der Aufrichtung des Tausendjährigen Reiches.

Diese Zeit von 490 Jahren ist in drei Teile geteilt: (a) Sieben "Wochen" (49 Jahre), (b) 62 "Wochen" (434 Jahre) und (c) eine "Woche" (V. 27 ; sieben Jahre). Der erste Abschnitt von 49 Jahren könnte sich auf die Zeit beziehen, in der die Stadt Jerusalem, nachdem Artaxerxes in seinem Erlaß die Genehmigung erteilt hatte, wieder aufgebaut wurde (444 - 395 v. Chr.). Zwar nahm die Erneuerung der Mauer unter Nehemia nur 52 Tage in Anspruch, aber sicher hat es noch viele Jahre gedauert, bis die Ruinen in der Stadt entfernt waren (nach so vielen Jahrzehnten des Verfalls), geeignete Häuser gebaut und die Straßen und Gräben erneuert worden waren.

 

 

Dan 9,26 a

 

Die 62 " Wochen " (434 Jahre) erstrecken sich bis zur Einführung des Messias in dem Volk Israel. Dieser zweite Abschnitt schloß an dem Tag, als Christus im Triumph nach Jerusalem zog, kurz bevor er ausgerottet , d. h. gekreuzigt wurde. Durch seinen triumphalen Einzug zeigte sich Christus, in Erfüllung von Sach 9,9 , dem Volk Israel als Messias. Er kannte offensichtlich auch diese Stelle aus Daniels Weissagung gut, denn bei eben diesem Ereignis sagte er: Wenn ihr doch nur an diesem Tag erkannt hättet, was euch Frieden gebracht hätte - aber nun ist es vor euren Augen verborgen ( Lk 19,42 ).

Die ersten beiden Teile dieses wichtigen Zeitabschnittes - die sieben Wochen (49 Jahre) und die 62 Wochen (434 Jahre) - folgten also ohne Zwischenzeit direkt aufeinander. Zusammen ergaben sie 483 Jahre und gingen vom 5. März 444 v. Chr. bis zum 30. März 33 n. Chr. Wie kommt man nun von 444 v. Chr. bis 33 n. Chr. auf insgesamt 483 Jahre? Die Antwort auf diese Frage findet sich in der Tabelle "Die 483 Jahre im jüdischen und gregorianischen Kalender". (Für nähere Einzelheiten vgl. Harold W. Hoehner, Chronological Aspects of the Life of Chris t. Grand Rapids: Zondervan Publishing House, 1977, und Alva J. McClain, Daniel's Prophecy of the Seventy Weeks . Grand Rapids: Zondervan Publishing House, 1969.)

Nach Dan 9,26 wurde der Gesalbte nicht in der 70sten Jahrwoche "ausgerottet", sondern nachdem die sieben und die 62 Jahrwochen vorbei waren. Dies bedeutet, daß es zwischen der 69sten und der 70sten Jahrwoche einen Einschnitt gibt. Die Kreuzigung Christi lag in diesem Zeitintervall, kurz nach seinem triumphalen Einzug, der die 69ste Jahrwoche beschloß. Dieses Intervall wurde von Christus vorhergesehen, als er die Errichtung der Gemeinde prophezeite ( Mt 16,18 ). Dazu mußte notwendigerweise das Volk Israel für eine gewisse Zeit zur Seite gestellt werden, damit sein neuer Plan für die Gemeinde erfüllt werden konnte. Christus spricht von dieser Beiseitestellung Israels ( Mt 21,42-43 ). Das gegenwärtige Gemeindezeitalter liegt also zwischen der 69sten und der 70sten Jahrwoche.

 

 

Amilleniaristen lehren, daß die Zeit, in der Christus bei seinem ersten Kommen auf dieser Erde war, in dieser 70sten Jahrwoche lag und es keinen Einschnitt zwischen der 69sten und der 70sten Woche gibt. Daher sind nach ihrer Meinung auch die sechs Aussagen aus Dan 9,24 heute erfüllt, und zwar in der Gemeinde. Diese Sicht hat jedoch schwere Mängel. Sie (a) ignoriert die Tatsache, daß es in Vers 26 heißt: " nach den 62 Wochen", nicht " in der 70sten Woche", (b) übersieht die Tatsache, daß der Dienst Christi auf dieser Erde dreieinhalb Jahre lang gedauert hat, nicht sieben Jahre, und (c) ignoriert die Tatsache, daß die sechs Aussagen aus Vers 24 von Daniels "Volk" (Israel) und seiner "heiligen Stadt" (Jerusalem) gesagt sind, nicht von der Gemeinde.

Wenn der Gesalbte ausgerottet sein wird, so erfuhr Daniel weiter, wird er nichts haben . Das Wort, das mit "ausgerottet" übersetzt wird, spricht von der Todesstrafe für einen Kriminellen. Die Weissagung spricht also ganz deutlich von der Kreuzigung Christi. Bei dieser Kreuzigung wird er "nichts haben", da Israel ihn verworfen hat und das Reich zu diesem Zeitpunkt nicht aufgerichtet werden kann. Er hat also nicht damals die königliche Würde als König auf dem Thron Davids über Israel bekommen. Johannes bezieht sich darauf, wenn er schreibt: "Er kam in sein Eigentum [d. h. zu dem Thron, den der Vater für ihn bereitet hatte]; und die Seinen [d. h. sein eigenes Volk] nahmen ihn nicht auf" ( Joh 1,11 ). Daniels Weissagung spricht also davon, wie Christus sich dem Volk als Messias anbietet, wie das Volk ihn als Messias ablehnt und von seiner Kreuzigung.

 

 

Dan 9,26 b

 

Die Weissagung fährt fort mit einer Beschreibung des Gerichtes, das über die Generation kommen wird, die den Messias abgelehnt hat. Die Stadt , in der das Heiligtum ist, Jerusalem also, wird durch das Volk des Herrschers, der kommen wird , zerstört werden. Der Herrscher, der kommen wird, ist das letzte Haupt des römischen Reiches, das kleine Horn aus Dan 7,8 . Es ist wichtig, daß das Volk des Herrschers, nicht der Herrscher selbst, Jerusalem zerstören wird. Da er der letzte römische Herrscher ist, muß das Volk natürlich das Volk der Römer sein. Dies ist also eine Weissagung auf die Zerstörung Jerusalems hin, von der Christus ebenfalls sprach.

Als die Führer des Volkes ihre Verwerfung Christi deutlich machten, indem sie seine Macht von Beelzebul ableiteten, dem Fürsten der Dämonen ( Mt 12,24 ), warnte Christus sie, daß sie sich, wenn sie diese Sicht beibehielten, einer Sünde schuldig machen würden, für die es keine Vergebung gibt ( Mt 12,31-32 ). Er warnte das Volk, daß Jerusalem von den Heiden zerstört werden würde ( Lk 21,24 ), daß es verlassen sein würde ( Mt 23,38 ) und daß die Zerstörung so vollständig sein würde, daß kein Stein mehr auf dem anderen bliebe ( Mt 24,2 ). Diese Zerstörung wurde im Jahr 70 n. Chr. durch Titus durchgeführt, als er die Stadt Jerusalem eroberte und Tausende von Juden tötete. Aber dennoch beendete diese Invasion, so schrecklich sie auch war, das Leiden Israels nicht, denn, so sagte Gabriel, es wird Krieg bis zum Ende geben. Obwohl Israel zur Seite gestellt wird, muß es leiden, bis die Weissagung der 70 Jahrwochen vollständig erfüllt ist. Sein Leiden umspannt die gesamte Periode von der Zerstörung Jerusalems im Jahre 70 n. Chr. bis zur Befreiung Jerusalems von der heidnischen Vorherrschaft bei der Wiederkunft Christi.

 

 

Dan 9,27 a

 

Dieser Vers enthüllt, was in der 70sten Jahrwoche geschehen wird. Diese Zeit von sieben Jahren beginnt nach der Entrückung der Gemeinde (durch die Gottes Plan in diesem gegenwärtigen Zeitalter vollendet werden wird). Die 70ste Woche dauert an, bis Jesus Christus wieder auf die Erde zurückkommt. Jesus hat diese Zeit eine Zeit der "großen Trübsal" genannt ( Mt 24,21 ).

Ein wichtiges Ereignis, das den Beginn dieser siebenjährigen Periode markieren wird, ist die Bekräftigung eines Bundes . Dieser Bund wird mit vielen geschlossen, d. h. mit Daniels Volk, dem Volk Israel. Der Herrscher, der kommen wird ( Dan 9,26 ), wird dabei der Bundespartner sein, denn in Vers 27 ist dieser Herrscher mit dem Wort er gemeint. Er wird einmal das letzte Haupt des vierten Reiches (das kleine Horn des vierten Tieres; Dan 7,8 ) sein.

Der Bund, den er machen wird, ist offensichtlich ein Friedensabkommen, in dem er Israel in seinem Land Frieden zusichert. Dies macht deutlich, daß Israel zu der Zeit zwar in seinem Land, aber nicht in der Lage ist, sich selbst zu verteidigen. Es wird jegliche Unterstützung, die es vielleicht vorher gehabt hat, verloren haben. Daher wird es die Friedensrolle dieses Hauptes der vereinigten zehn (römischen) Nationen brauchen und gerne annehmen. Indem er diesen Bund schließt, wird sich der Herrscher wie ein Friedensfürst verstellen, und Israel wird seine Autorität anerkennen. Aber in der Mitte der Woche , nach dreieinhalb Jahren, wird er den Bund brechen. Nach 11,45 wird er dann in das Land Israel einmarschieren.

Dieser Herrscher wird Schlachtopfer und Speisopfer abschaffen . Hier wird von dem gesamten levitischen Opfersystem gesprochen. Es ist also zu vermuten, daß Israel dieses System in der ersten Hälfte der 70sten Woche wieder eingeführt hat. Nachdem dieser Herrscher weltweite politische Macht bekommen hat, wird er auch auf dem religiösen Gebiet die Macht an sich reißen und die Welt dazu bringen, ihn anzubeten ( 2Thes 2,4; Offb 13,8 ). Um diese Anbetung zu erhalten, wird er jede Form organisierter Religion auslöschen. Nachdem er sich selbst als der rechtmäßige König der Welt und als Friedensfürst Israels hingestellt hat, wird er sich schließlich gegen Israel wenden und sein Zerstörer und Beschmutzer werden.

 

 

Dan 9,27 b

 

Daniel wurde gesagt, daß der Herrscher, der kommen wird (V. 26 ), in einem Flügel des Tempels einen Greuel aufrichten wird. Christus spricht von diesem Geschehen: "Ihr [werdet] stehen sehen an dem heiligen Ort den Greuel, der die Verwüstung bringt" ( Mt 24,15 ). Johannes schreibt, daß der falsche Prophet ein Bildnis für seinen Herrscher aufrichten wird und daß die Welt dieses Bildnis anbeten muß ( Offb 13,14-15 ). Aber dann wird dies ein Ende haben ( das Ende, das bestimmt ist, wird über ihn ausgegossen ). Zusammen mit seinem falschen Propheten wird er in den Feuersee geworfen werden, wenn Christus auf die Erde zurückkehrt ( Offb 19,20 ; vgl. Dan 7,11.26 ).

Dieser Bund, von dem hier die Rede ist, kann nicht von Christus bei seinem ersten Kommen aufgerichtet worden sein, wie die Amilleniaristen behaupten, denn: (a) sein Wirken dauerte keine sieben Jahre, (b) sein Tod beendete Schlachtopfer und Speisopfer nicht, (c) er richtete "den Greuel, der die Verwüstung bringt", nicht auf ( Mt 24,15 ). Amilleniaristen behaupten, daß Christus den Abraham-Bund bestätigte (im Sinne von einer Erfüllung), als er auf der Erde wirkte, aber die Evangelien schreiben davon nichts.

Der Antichrist wird, wie schon gesagt, seinen Bund mit Israel zu Beginn der zweiten Hälfte der 70sten Jahrwoche brechen. Er wird also dreieinhalb Jahre lang gebrochen sein. Dies wird "eine Zeit, Zeiten und eine halbe Zeit" genannt ( Dan 7,25;12,7; Offb 12,14 ). Diese Zeit von dreieinhalb Jahren kann mit 1 260 Tagen ( Offb 11,3; 12,6 ) und mit 42 Monaten ( Offb 11,2; 13,5 ) gleichgesetzt werden, da der Monat nach jüdischer Rechnung 30 Tage und das Jahr 360 Tage hat. Dieses Jahr von 360 Tagen liegt auch der Berechnung in der Tabelle "Die 483 Jahre im jüdischen und gregorianischen Kalender" (bei Dan 9,26 a) zugrunde. Da die Ereignisse in den 69 Jahrwochen (V. 24 - 26 ) wörtlich erfüllt wurden, wird auch die noch unerfüllte 70ste Woche ebenfalls wörtlich erfüllt werden.

 

 

C. Die abschließende Vision

( Dan 10-12 )

 

1. Die Vorbereitung des Propheten

( 10,1 - 11,1 )

 

a. Der Anlass für die Vision

( 10,1 - 3 )

 

Dan 10,1-3

 

Die abschließende Vision, die Daniel empfing, kam im dritten Jahr der Regierung von Kyrus, also im Jahr 536 v. Chr. Einige der Weggeführten waren bereits wieder von Babylon zurückgekehrt und hatten begonnen, den Tempel wieder aufzubauen. (Vielleicht war Daniel wegen seines Alters nicht mit ihnen gegangen.) Israels Gefangenschaft war zu Ende. Jerusalem war wieder bewohnt, und das Volk schien in Frieden leben zu können. Die Offenbarung , die Daniel in dieser Vision erhielt, zerschlug jegliche Hoffnung, die der Prophet vielleicht gehabt hatte, daß Israel die Freiheit und den Frieden, die es gerade gewonnen hatte, lange behalten würde. Denn Gott offenbarte, daß die Nation in viele Streitigkeiten verwickelt werden würde ( einen großen Krieg ). Daniel, der die Bedeutung dieser Vision verstand, fastete drei Wochen lang (wörtl.: "drei Siebener von Tagen"; vgl. die Anmerkungen zu Dan 9,25 ). Während dieser Zeit der Klage und Trauer enthielt er sich auserwählter Speisen und wandte sich Gott zu (vgl. Dan 10,12 ), um Auskunft über die Bestimmung seines Volkes zu erhalten.

 

b. Der himmlische Botschafter

( 10,4 - 11 )

 

Dan 10,4-11

 

Nach drei Wochen (vgl. V. 3 ) wurde Daniel von einem Boten aufgesucht, als er an dem Fluß Tigris stand (vgl. Dan 12,5 ). Der Bote war ein Engel vom Himmel, kein menschliches Wesen. Er war in Leinen gekleidet (vgl. Dan 12,7 ) und von einer strahlenden Helligkeit umgeben. Vermutlich handelte es sich hier ebenfalls wieder um Gabriel, der ja schon einmal mit einer Botschaft zu Daniel geschickt worden war ( Dan 8,16 ). Engel, die in der Gegenwart Gottes wohnen, der das Licht ist, sind selbst mit Licht gekleidet. Daniel sah hier etwas von der himmlischen Herrlichkeit, die in dem Besucher widerstrahlte ( Dan 10,5-6 ).

Einige Ausleger denken, daß der Mann , der Daniel besuchte, der präinkarnierte Christus gewesen sei, wegen (a) der Ähnlichkeit zwischen der Beschreibung hier und der von Christus in Offb 1,13-16 , (b) der Antwort Daniels und seiner Freunde ( Dan 10,7-8 ) und (c) der Annahme, daß dieser "Mann" mit dem "Sohn des Menschen" in Dan 7,13 und dem "Mann" in Dan 8,16 identisch sei. Auf der anderen Seite ist es jedoch unwahrscheinlich, daß Christus von dem Fürsten (Dämon) Persiens gehindert wurde und die Hilfe des Engels Michael benötigte. Außerdem vermittelte er hier eine himmlische Botschaft an Daniel.

Daniels Begleiter sahen offenbar den Lichtschein, nicht aber den Besucher, und sie flohen , um sich vor dem Licht zu verstecken. Daniel blieb allein in der Gegenwart des Engels zurück und warf sich vor ihm zu Boden. In dieser Lage fiel Daniel in einen Schlaf . Er wurde von diesem Schlaf durch den Engel geweckt, damit er die Botschaft empfangen konnte, die der Engel überbringen sollte. Der Engel, der den Propheten hoch geschätzt nannte (vgl. Dan 9,23;10,19 ), erklärte: Ich bin von Gott zu dir geschickt worden , der die Bitte Daniels um Verständnis erhört hat.

 

 

c. Die Erläuterung des himmlischen Boten

( 10,12 - 14 )

 

Dan 10,12-14

 

Gabriel ermutigte Daniel zunächst, sich nicht zu fürchten (vgl. V. 8 ). Dann erklärte er den Grund für die Verzögerung der Antwort Gottes auf das Gebet Daniels. Als Daniel mit seinem Beten und Fasten begann, nachdem er die Vision eines großen Krieges gehabt hatte (V. 1 - 2 ), hatte Gott Gabriel mit einer Botschaft für ihn losgesandt. Aber Gabriel war durch den Fürsten des Königreiches Persien (vgl. "der Fürst von Persien"; V. 20 ) gehindert worden. Da Menschen nicht mit Engeln kämpfen können (Jakob kämpfte mit Gott, nicht mit einem Engel; vgl. die Anmerkungen zu 1Mo 32,23-33 ), muß der Prinz, von dem hier gesprochen wird, ein satanischer Widersacher gewesen sein.

Gott hat den Bereich der Engelwelt in verschiedene Stufen eingeteilt, in Herrschaften, Autoritäten, Mächte und Gewalten ( Eph 1,21 ). Gabriel und Michael haben Autorität über andere Engel, die Gottes Handeln an Israel durchführen (vgl. Michael in Dan 10,21;12,1; Jud 1,9 ). Auf ähnliche Weise hat auch Satan offensichtlich hohen Dämonen Machtstellungen über die verschiedenen Reiche dieser Welt gegeben. Der Fürst des persischen Reiches war ein Stellvertreter Satans, dem Persien zugeteilt war. Er versuchte zu verhindern, daß Daniel die Botschaft Gabriels erhielt. Deshalb griff er Gabriel an, der unterwegs war, um seine Mission zu erfüllen. Wir erhalten hier einen kleinen Einblick in den geistlichen Kampf, der in den himmlischen Orten zwischen den Engeln Gottes und den Dämonen Satans gekämpft wird und über den Paulus sagt ( Eph 6,12 ): Unser Kampf ist nicht gegen Fleisch und Blut, sondern gegen die Herrschaften, gegen die Autoritäten, gegen die Mächte der finsteren Welt und gegen die geistlichen Kräfte des Bösen in den himmlischen Orten.

Der Kampf zwischen Gabriel und dem Fürsten (Dämonen) von Persien dauerte drei Wochen lang, bis Michael, einer der höchsten Fürsten der Engelwelt (vgl. Dan 10,21;12,1 ), Gabriel zur Hilfe kam. Während der König von Persien gegen Michael kämpfte, konnte Gabriel seine Botschaft zu Daniel bringen, seine Botschaft über die Zukunft Israels, dem Volk Daniels (vgl. "dein Volk"; Dan 9,24 ). Es handelt sich dabei um eine Offenbarung über den Krieg ( Dan 10,1 ) zwischen Israel und seinen Nachbarn, bis Israel schließlich durch den kommenden Friedensfürsten Frieden erlangt. Diese Vision ist die detaillierteste prophetische Offenbarung des Buches Daniel.

 

 

d. Die Stärkung des Propheten

( 10,15 - 11,1 )

 

Dan 10,15-19

 

Daniel war bereits durch die Erscheinung des Boten kraftlos geworden (V. 8 ; vgl. Dan 7,15; Dan 8,27 ). Nun war er geradezu überwältigt ( sprachlos ; Dan 10,15 ), als er von dem Konflikt zwischen Engeln und Dämonen hörte, der die Antwort auf sein Gebet verzögert hatte. Ja, er wurde von Angst ergriffen (V. 16 ) über den Inhalt der Vision bezüglich des zukünftigen Leidens Israels. Er war völlig entkräftet (vgl. V. 8 ) und rang nach Atem.

Indem Daniel den Boten als mein HERR anspricht (vgl. V. 19 ; Dan 12,8 ), benutzte er einen Ehrentitel, der etwa dem heutigen Gebrauch dieses Ausdruckes entspricht.

Der Engel ging zunächst auf Daniels Zustand ein und beruhigte seine innere Erregung ( Fürchte dich nicht ; vgl. Dan 10,12 ; o du hochgeschätzter Mann ; vgl. Dan 9,23;10,11 ). Er stärkte ihn körperlich und gefühlsmäßig, so daß Daniel fähig wurde, die Einzelheiten der Botschaft zu empfangen.