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Hesekiel (Charles H. Dyer)

Übersicht  Literatur zum Propheten Hesekiel    Hesekiel auf  Elberfelder 2023   Walvoord

Hesekiel Walvoord Hesekiel (Charles H. Dyer)

Hesekiel 44 und  45
 

 

2. Ein neuer Gottesdienst

( Hes 44-46 )

 

Nachdem er die Beschreibung des Tempels erhalten hatte, wurden Hesekiel die täglichen Verrichtungen erläutert. Die Menschen werden während des Tausendjährigen Reiches eine neue Art des Lebens und Dienstes praktizieren. Indem Hesekiel die heiligen Anweisungen für den zukünftigen Gottesdienst Israels beschrieb, forderte er zugleich die Menschen seiner Zeit auf, ihr gegenwärtiges Tun zu überdenken. Er erklärte die Verpflichtungen der Tempeldiener ( Hes 44 ), beschrieb die Zuteilung von Land für die Tempelpriester ( Hes 45,1-12 ) und sprach dann von den Opfern, die für den Herrn dargebracht werden ( Hes 45,13-46,24 ).

 

 

a. Die Tempeldiener

( Hes 44 )

 

Hes 44,1-3

 

Hesekiel stand im Innenhof des Tempels, wo er die Anweisungen über den Altar empfing ( Hes 43,5 ). Nun wurde er aus dem Innenhof zum Osttor des äußeren Vorhofes hinausgeführt, und es wurde geschlossen. Dieses Tor des Vorhofes öffnete sich zum Kidrontal und dem Ölberg hin. Hesekiel hatte gerade gesehen, wie der Herr durch es hindurch in seinen Tempel zurückgekehrt war ( Hes 43,4 ). Gottes Gegenwart hatte das Tor geheiligt. Deshalb sollte es geschlossen bleiben, denn der Herr, der Gott Israels, ist durch es hindurchgegangen. Niemand darf es mehr wagen, durch dieses Tor zu gehen, durch das Gott selbst eingetreten war.

Manche Ausleger meinen, daß das heute verschlossene "Goldene Tor" von Jerusalem dieses Tor ist, von dem hier gesprochen wird. Aber die Ausmaße dieses Tores stimmen nicht mit dem Tor überein, von dem Hesekiel spricht und das noch zukünftig ist.

Nur einer wird noch durch das Osttor in den Tempelbezirk einziehen dürfen: der Fürst selbst (vgl. Hes 46,2 ). Dieser "Fürst" ist bereits als König David identifiziert worden (vgl. Hes 34,24; 37,24-25 ). Er wird in dem Tor essen dürfen, vermutlich eine Anspielung auf das Dankopfer, von dem die Gläubigen essen dürfen, nachdem sie es Gott geopfert haben (vgl. 3Mo 7,15-21 ). Die Vorhalle öffnet sich in den Innenhof hinein (vgl. das östliche G1 in der Skizze "Der Tempel des Tausendjährigen Reiches" zu Hes 40,1-4 ), so daß David, vom äußeren Vorhof her kommend, durch diesen Torkomplex ziehen wird.

 

 

Hes 44,4-9

 

Als Hesekiel durch das Nordtor in den Innenhof zurückging, sah er die Herrlichkeit des HERRN (vgl. die Anmerkungen zu Hes 1,28 ), die den Tempel des HERRN erfüllte . Hesekiel muß dem Volk, dem Haus des Widerspruchs (vgl. Hes 2,5-6.8; 3,9.26-27; 12,3.9.25; 17,12; 24,3 ), wegen der Heiligkeit Gottes verkündigen, daß Gott gesagt hat: Genug von deinen Greueltaten, o Haus Israel! Gott verlangte von seinen Leuten Heiligkeit. Er wollte, daß sie aufhören, unbeschnittene Fremde in dem Tempel zuzulassen ( Hes 44,9 ; vgl. V. 7 ). Die Juden, die aus der babylonischen Gefangenschaft zurückgekehrt waren, legten auf dieses Verbot besondere Betonung (vgl. Esr 4,1-3; Neh 13,1-9 ; vgl. Apg 21,27-32 ).

 

 

Hes 44,10-14

 

Die Aufgaben der Leviten im neuen Tempel wurden Hesekiel erklärt. Weil sie vor dem Fall Israels unter Babylon so gesündigt hatten, wird ihre Stellung im neuen Tempel von Dienern zu Sklaven erniedrigt. Sie werden als Torhüter, beim Schlachten der Opfer und als Hilfe für die Gläubigen dienen dürfen. Aber dem Herrn werden sie nicht als Priester dienen oder nahe an eines seiner heiligen Geräte oder Opfer kommen dürfen. Die Aufgaben der Leviten im salomonischen Tempel waren sehr viel weiter gespannt ( 1Chr 15,16; 16,4; 23,28-31 ).

 

 

Hes 44,15-19

 

Dann besprach Hesekiel die Pflichten der Priester Zadoks. Die Familie Zadoks war eine der priesterlichen Familien, eine kleinere Gruppe von Leviten. Während der salomonischen Regierungszeit (und damit des ersten Tempels) war Zadok der Hohepriester, weil er König Salomo treu unterstützt hatte (vgl. 1Kö 1,32-35; 2,26-27.35 ). Zwar hatten die Menschen gesündigt, aber die Priester aus der Nachkommenschaft Zadoks waren Gott treu geblieben. Deshalb werden sie auch wieder in ihre Ehrenposition eingesetzt werden. Sie sollen die Opfer darbringen ( Hes 44,15 ), und sie alleine dürfen das Heiligtum betreten und dort dienen. Diese Priester werden als Mittler zwischen Israel und Gott dienen, ähnlich wie die Priester zur Zeit des Alten Testamentes.

Verschiedene mosaische Gesetze über die Priester werden von Gott erneuert. Die priesterlichen Kleider sollen aus Leinen hergestellt werden (vgl. 2Mo 28,39-41 ). Leinen ist leichter als Wolle, die nicht erlaubt war, denn der Priester darf nichts tragen, was ihn zum Schwitzen bringen konnte. Bevor die Priester unter die Menschen in den äußeren Vorhof hinausgehen, werden sie ihre Kleider ausziehen, die sie tragen, wenn sie vor dem Herrn dienen. Dies wird den Menschen helfen, zwischen heilig und gemein zu unterscheiden.

 

 

Hes 44,20-23

 

Die Priester dürfen ihre Häupter nicht scheren oder ihr Haar lange wachsen lassen . Das Scheren seines Hauptes war, wie auch das ungepflegte Wachsenlassen, ein Zeichen der Trauer (vgl. 3Mo 10,6; 21,5.10 ). Die Priester dürfen keinen Wein trinken, bevor sie ihren Dienst beginnen, damit sie nicht betrunken werden und ihre Verpflichtungen nicht vernachlässigen (vgl. 3Mo 10,8-9 ). Auch diejenigen, die sie heiraten dürfen, werden näher bezeichnet (vgl. 3Mo 21,7.13-15 ). Dies alles sollte ihre Heiligkeit fördern und dem Volk helfen, den Unterschied zwischen dem Heiligen und dem Gemeinen zu sehen.

 

 

Hes 44,24-27

 

Die Priester werden als Richter dienen und den Anordnungen Gottes bezüglich der Feste und des Sabbats folgen. Sie werden eine rituelle Verunreinigung vermeiden, indem sie nicht in die Nähe eines Toten kommen (vgl. 3Mo 21,1-4 ). Obwohl der Tod im Tausendjährigen Reich ungewöhnlich sein wird (vgl. Jes 65,20 ), wurden Vorbereitungen getroffen für solche Fälle. Eine Ausnahme wurde nur bei nahen Familienangehörigen gemacht, aber dann wird der Priester sieben Tage warten müssen und muß dann ein Sündopfer darbringen , bevor er wieder am Tempeldienst teilnimmt.

 

 

Hes 44,28-31

 

Um die Stellung des Priesters als Diener Gottes zu betonen, wird Gott ihn neben den Grundstücken, die den Tempel umgaben, kein Land in Israel besitzen lassen (vgl. Hes 45,4 ). Der Grund dafür ist, daß er das einzige Erbe sein wird, das die Priester haben. Er wird ihr Besitz sein . Gott wird für jene sorgen, die vor ihm dienen (vgl. 5Mo 18,1-5 ), indem er sie leben läßt von den Opfern, die die Menschen zum Tempel bringen werden.

 

 

b. Das Land der Tempelpriester

( 45,1 - 12 )

 

Weil Hesekiel so ausführlich über die Priester und Leviten gesprochen hatte ( Hes 44,10-31 ), fügte er nun noch an, welches Erbland sie besitzen würden (vgl. Hes 48,9-12 ). Sie werden jedoch keinen Erbbesitz wie die Menschen der anderen Stämme Israels haben ( Hes 44,28 ). (Das Land, das den Priestern gehören wird, ist eingezeichnet in der Karte "Die Aufteilung des Landes im Tausendjährigen Reich" bei Hes 47,13-23 .)

 

 

Hes 45,1-6

 

Bei der Aufteilung des Landes soll Israel dem HERRN einen Teil des Landes als heiliges Gebiet absondern, 25 000 Ellen lang (etwa 13 km) und 20 000 Ellen (etwa 10,4 km) breit . Innerhalb dieses Gebietes wird der Tempelkomplex liegen, den Hesekiel gerade beschrieben hatte ( Hes 40-43 ). Dieses Rechteck wird in zwei gleiche Teile aufgeteilt, die beide etwa 13 km lang und 5,2 km breit sind. Der erste Teil, auf dem das Heiligtum steht, soll den Priestern zugeteilt werden für ihre Häuser und als heiliger Ort für das Heiligtum. Der zweite Teil gehört den Leviten , die im Tempel dienen, als ihr Besitz, damit sie dort wohnen. Statt in ganz Israel verstreut zu werden, wie dies früher der Fall war ( Jos 21,1-42 ), werden die Priester und Leviten in der Nähe ihres Gottesdienstortes wohnen.

Das Rechteck, das durch die beiden Teile der Priester und der Leviten gebildet wird, wird zu einem Quadrat durch weiteres Land für die Stadt Jerusalem selbst. Die Stadt soll ein Gebiet von 5 000 Ellen (etwa 2,6 km) Breite und 25 000 Ellen (etwa 13 km) Länge umfassen, das an das heilige Gebiet angrenzt. Das Stadtgebiet wiederum wird unterteilt in die Stadt selbst, Weide- und Ackerland (vgl. Hes 48,15-18 ).

 

 

Hes 45,7-8

 

Dieses Quadrat, das in jeder Richtung etwa 13 km lang ist, wird dort liegen, wo sich das heutige Jerusalem befindet. Von der Stadt nach Osten und nach Westen wird sich ein Landstreifen erstrecken. Der Fürst (d. h. David; vgl. die Anmerkungen zu Hes 34,24 ) wird das Land an beiden Seiten des heiligen Bezirkes und des Gebietes der Stadt besitzen. Dieser Landstreifen erstreckte sich im Osten bis an den Jordan und im Westen bis an das Mittelmeer.

 

 

Hes 45,9-12

 

Hesekiel benutzte die Realität der zukünftigen Segnungen Gottes als Sprungbrett, um die Fürsten seiner Zeit zur Umkehr zu rufen. Ihr seid weit genug gegangen, o Fürsten von Israel! (vgl. Hes 44,6 ) Hört auf mit eurer Gewalt und Unterdrückung und tut, was recht und gerecht ist. Israels politische Führer hatten die Rechte derer, die sie beschützen sollten, hartherzig mißachtet (vgl. Hes 19,1-9; 22,25; 34,1-10 ). Ihr Hauptproblem war die Habgier. Deshalb ermahnte Hesekiel sie, rechtes Gewicht, rechten Scheffel und rechtes Maß zu benutzen . Ein Scheffel ( Efa ) war ein Trockenmaß, während ein Maß (Bat) für Flüssigkeiten benutzt wurde. Beide entsprachen sie etwa 19 Litern (vgl. die Tabelle "Biblische Maße und Gewichte" am Anfang des Bandes). Beide waren jeweils ein Zehntel eines Eimers ( Homer ). Ein Eimer entsprach etwa 190 Litern oder sechs "Faß". Das hebräische Wort HOmer ist vermutlich mit HXmNr ("Esel") verwandt und bedeutete eine "Eselsladung".

Hesekiel sprach aber auch von den Gewichten (neben den Maßen für Inhalte): das Lot ( Schekel ) soll aus zwanzig Gramm ( Gera ) bestehen. Ein "Lot" (Schekel) entsprach etwas weniger als 11,5 Gramm. Das "Gramm" (Gera) war die kleinste Gewichtseinheit in Israel. Zwanzig Gramm machten ein Lot (vgl. 2Mo 30,13; 3Mo 27,25; 4Mo 3,47 ). Hesekiel sagte, daß 60 Lot (20+25+15) ein Pfund (Mina) ausmachen. Manche Ausleger und Bibelübersetzungen halten dies für eine Abweichung von dem gewöhnlichen Standard von 50 Lot für ein Pfund, wie dies in ugaritischen Texten gesagt wird. Dennoch scheint es, daß das Pfund, zumindest in Babylon, aus 60 Lot bestand. Daraus würde folgen, daß ein Pfund etwa 690 Gramm war.

Die Gewichte, die man aus jener Zeit des Alten Testamentes gefunden hat, sind zum Teil unterschiedlich. Offenbar benutzte man verschiedene Gewichte, um einander zu betrügen. Hesekiel ermahnte die Führer Israels, ehrliche Maße für alle Israeliten einzurichten.

 

 

c. Die Opfer

( 45,13 - 46,24 )

 

Nachdem er die Fürsten Israels für die falschen Gewichte und Maße getadelt hatte, kam Hesekiel wieder auf das Tausendjährige Reich zu sprechen, in dem der Fürst gerechte Gewichte benutzen wird, um Gott Opfer zu bringen ( Hes 45,13-17 ). Diese Erwähnung der Opfer ließ Hesekiel kurz das Opfersystem jener Zeit beschreiben ( Hes 45,18-46,24 ), bevor er wieder auf die Aufteilung des Landes zurückkam.

 

 

Hes 45,13-17

 

Hesekiel führte verschiedene Mengen von Dingen an, die die Menschen dem Fürsten (David; vgl. die Anmerkungen zu Hes 34,24 ) bringen werden. Die vorgeschriebene Abgabe muß in einem Verhältnis stehen zu dem persönlichen Reichtum oder Mangel an Reichtum des einzelnen. Sie sollen ein Sechzigstel von ihrem Weizen und ihrer Gerste geben ( Hes 45,13 ), ein Prozent ihres Olivenöles (V. 14 ) und ein Schaf von jeweils 200 ihrer Herde (V. 15 ). Diese Abgabe müssen alle Menschen zu dem Fürsten von Israel bringen. Als Vertreter des Volkes wird er ihre Gaben sammeln und benutzen, um das Tempelopfer aufrechtzuerhalten, wozu Brandopfer, Speisopfer und Trankopfer an den Festen, zum Neumond und an den Sabbaten gehören (welche Bedeutung diese Opfer im Tausendjährigen Reich haben, wird in den Anmerkungen zu Hes 40,38-43 erläutert).

 

 

Hes 45,18-25

 

Die Feste, auf denen die Gaben geopfert werden, sind das Neujahrsfest (V. 18 - 20 ), das Passafest / Fest der ungesäuerten Brote (V. 21 - 24 ) und das sieben Tage dauernde Laubhüttenfest (V. 25 ). Die Neujahrsfeier am 1. Nisan (Mitte April) wird dazu dienen, das Heiligtum zu reinigen (V. 18 ). Wenn jemand ohne Vorsatz sündigt , wird ein weiteres Mal am ersten Tag des siebten Monats zur Reinigung geopfert werden (V. 20 ). Diese Opferungen und zeremoniellen Reinigungen werden offenbar den großen Versöhnungstag (im siebten Monat, 3Mo 23,26-32 ) ersetzen.

Nach dieser Zeit der Reinigung wird das Passa gefeiert ( Hes 45,21-24 ), das Fest der ungesäuerten Brote. Dieses Fest wird sieben Tage dauern, in denen die Menschen ungesäuertes Brot essen werden. Der Fürst wird die Opfer bringen in dieser Zeit (V. 22 - 24 ). Daß der Fürst dabei auch ein Sündopfer für sich selbst bringen muß, zeigt, daß er nicht Christus ist.

Das dritte Fest wird im siebten Monat, am fünfzehnten Tag beginnen . Dies ist das Laubhüttenfest, ebenfalls eine siebentägige Feier ( 3Mo 23,33-44 ), das letzte Fest in dem jährlichen Kalender Israels.

Warum ließ Hesekiel die anderen Feste Israels aus, das Pfingstfest, das Fest der Posaunen und den großen Versöhnungstag? Es gibt hierfür zwei mögliche Erklärungen. Die erste ist, daß er eine Veränderung in Gottes Programm für Israel anzeigen wollte. Die Einsetzung des neuen Bundes und die Erfüllung der Königreichs-Verheißungen haben diese Feste vielleicht überflüssig gemacht. Deshalb werden nur drei der sechs jährlichen Feste aus dem levitischen System (vgl. 3Mo 23,4-44 ) noch gefeiert: zwei Feste, bei denen es um die nationale Reinigung geht (das Passafest und das Fest der ungesäuerten Brote, die als ein Fest betrachtet werden; vgl. den "Opferkalender" bei 4Mo 28,1-8 ), die zurückweisen auf den Tod Christi, und das Laubhüttenfest, das Israels neue Stellung in Gottes Tausendjährigem Reich deutlich macht. Der zweite Grund könnte sein, daß Hesekiel durch die Erwähnung der ersten beiden Feste im Kalender Israels (das Passafest und das Fest der ungesäuerten Brote) und des letzten (Laubhüttenfest) die anderen Feste Israels ebenfalls mit einschloß.