JAHR-TAG-TRADITION
millennialistische
Als einer der frühesten Ansätze der
Heilsgeschichte unter den frühen
Kirchenvätern kann der Gedanke des
Jahr-Tag-Prinzips angesehen werden. Das war
der heilsgeschichtliche Rahmen für erste
Versuche einiger Kirchenväter, ein
heilsgeschichtliches Verständnis für Gottes
Erlösungshandeln durch die Zeitalter
hindurch zu entwickeln. Diese Tradition
gründete sich auf drei Beobachtungen:
1. Den sechs Tagen der Schöpfung folgte ein siebenter, ein Ruhetag (
1Mo 2 ).
2. Im Hebräerbrief ist von einer Sabbatruhe die Rede (siehe
Hebr 3,11; 4,1.3.5.8-9.11
) und
3. in der biblischen Chronologie kann ein Tag tausend Jahre repräsentieren
(vgl.
2Petr 3,8; Ps 90,4
).
Viele der Kirchenväter verstanden diese
Textstellen durch Analogien und durch
prophetischen Symbolismus so, dass unsere
Welt eine Dauer von sechstausend Jahren habe
(dargestellt durch die sechs Tage der
Schöpfung) und dann eine tausendjährige
Sabbatruhe folge (dargestellt durch den der
Schöpfung folgenden siebenten Tag, den
Ruhetag).
Einige Kirchenväter fügten dem noch einen
achten Tag hinzu, um die Ewigkeit
darzustellen. Nahezu jeder vornicäische
Kirchenvater, der sich der
Jahr-Tag-Tradition verpflichtet fühlte,
vertrat auch den Prämillennialismus.
Befürworter der Jahr-Tag-Theorie, die nicht gleichzeitig
Prämillennialisten waren (z.B. Augustinus),
gab es erst in der nachnicäischen Periode,
nämlich nachdem der vergeistigende Einfluss
(Allegorisierung) der alexandrinischen
Schule zur dominierenden Kraft in der
Bibelauslegung geworden war.
Schon vor der Heilszeit der Gemeinde hielten
Juden und andere an der Jahr-Tag-Tradition
fest.
Aber der Brief des Barnabas (verfasst ca.
70/117-138 n.Chr.) zeigt den Eingang dieser
Tradition in die christliche Literatur.
Barnabas umriss die Menschheitsgeschichte
(siehe Brief des Barnabas 15) so:
1.-5. Tag (5000 Jahre) = die vergangene
Menschheitsgeschichte;
6. Tag (1000 Jahre) = die Gegenwart (auf der
Grundlage seines Glaubens an die unmittelbar
bevorstehende Rückkehr Christi ordnete
Barnabas sich selbst und die Gemeinde am
Ende des 6. Tages ein);
7. Tag (1000 Jahre) = das Tausendjährige
Reich;
8. Tag (ohne Ende) = die Ewigkeit.
Barnabas teilte lediglich die Geschichte der
Welt in sieben gleich lange Tausend-Jahre-
Zeitalter auf und verwies auf Gottes
besonderes Handeln mit der Menschheit nur in
der siebenten Ära, also auf Geschehnisse,
die sich während des Ruhetages ereignen
würden. Jedenfalls führte seine Darstellung
der Jahr-Tag-Tradition zu einem tieferen
Verständnis des Handelns Gottes mit der
Menschheit bei den Autoren, die ihm folgten.
Larry V. Crutchfield
A. D. Ehlert:
A Bibliographic History of Dispensationalism
(Grand Rapids 1965, Baker); L.
Crutchfield: »Ages & Dispensations in the
Ante-Nicene Fathers« in:
Vit al Prophetic Issues
(Grand Rapids
1995, Kregel), S. 44-60; J. Quasten und J.
C. Plumpe:
Ancient Christian Writers: The Didache, The
Epistle of Barnabas, The Epistles and The
Martyrdom of St. Polycarp, The Fragments of
Papias, The Epistle to Diognetus,
übers.
v. James A. Kleist (New York 1946, Newman
Press, Ramsey N.J.), S. 27-65.
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