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JEREMIA
Eschatologie
Die künftige Wiederherstellung Judas und
Jerusalems
Erneuerte Bundesbeziehung zu Gott:
Der neue Bund
Den Höhepunkt der Eschatologie im
Jeremiabuch bildet der neue Bund (
31,31-34; 32,40; 50,4-5
). Im Gegensatz
zum mosaischen Bund, den Juda und Israel
während ihrer gesamten Geschichte brachen,
wird Jahwe mit Juda und Israel zur Zeit des
zweiten Auszugs einen neuen Bund (auch
»ewiger Bund« genannt) einführen (
31,31-34; 32,37-41; 50,4-5
). Dies wird
in Verbindung mit der künftigen Buße des
Volkes geschehen, wenn sich Juda und Israel
in einer neuen Bundesbeziehung für immer an
Jahwe binden (
50,5 ).
Der neue Bund wird Vergebung ermöglichen,
die jenseits der Vergebungspraxis der
levitischen Ordnung steht (
31,34 ). Der Herr wird die Angehörigen
Judas und Israels von allen ihren Sünden und
ihrer Rebellion reinigen (
33,8 ). Man wird nach ihrer Schuld
suchen, sie aber nicht finden, weil Gott
alle ihre Sünden vergeben wird (
50,20 ). Im mosaischen Bund stand Gottes
Gesetz auf Steintafeln, während es im neuen
Bund auf die Herzen geschrieben sein wird (
31,33 ).
Im neuen Bund wird Gott den Angehörigen
Judas und Israels Einfalt des Herzens und
einmütiges Handeln ermöglichen, sodass sie
ihn stets fürchten und sich nie von ihm
abwenden werden (
32,39-40 ). Durch ihn wird der Herr
seinem Volk ein Herz geben, das ihn als
Herrn (Jahwe) erkennt (
24,7 ). In späteren Offenbarungen wird
erklärt, dass dieses Werk des neuen Bundes
durch den Geist vollbracht werden wird (
Hes 36,24-28
).
Aufgrund des neuen Bundes wird es zur
geistlichen Erneuerung des ganzen Volkes
kommen (
31,34 ). Jahwe wird allen Angehörigen
des Volkes das Heil im juristischen Sinne
ermöglichen und sie in die vollkommene
Bundesgemeinschaft mit ihm bringen (
31,33 ). Anders als im mosaischen Bund,
den das Volk wiederholt gebrochen hat, wird
die neue Bundesbeziehung für immer
unversehrt bleiben. Das Volk wird auch das
Ziel des Bundesverhältnisses verwirklichen:
»Sie werden mein Volk sein, und
ich werde ihr Gott sein; denn sie werden
mit ihrem ganzen Herzen zu mir umkehren« (
24,7 ). So wie Jahwe als der bundestreue
Gott Mose zusagte, dass er mit ihm sein
werde (
2Mo 3,12 ), wird er mit Juda und Israel
sein (
Jer 30,11; 46,28
).
Im Gegensatz zum mosaischen Bund, in dessen
Rahmen Gottes Segnungen nach Maßgabe des
schwankenden Gehorsams Israels ausgeteilt
wurden, wird der neue Bund dafür sorgen,
dass der Herr nie aufhören wird, Gutes zu
tun und Israel zu segnen (
31,40 ) weil er konsequenten Gehorsam
auf Seiten Israels ermöglichen wird. Der
neue Bund wird sicherstellen, dass Israel
und Juda vor Gott genauso lange existieren
werden, wie sein Bund mit der Schöpfung
besteht (
31,35-37 ). Gott wird Israel und Juda
nie wieder in die Verbannung schicken (
31,37 ).
Der neue Bund unterscheidet sich vom
mosaischen Bund und tritt an dessen Stelle (
31,32 ). Der Unterschied wird nicht in
einer Änderung der grundlegenden
Bundesforderungen, sondern in der Fähigkeit
des Volkes liegen, jene Gebote befolgen zu
können (
31,33; 32,39-40
). Im Rahmen des
mosaischen Bundes rebellierten die
Angehörigen des Volkes Israel fortwährend,
indem sie die Bundesforderungen brachen. Im
neuen Bund wird Gott nicht nur ihre früheren
Sünden vergeben, sondern sie auch befähigen
und in ihnen das Verlangen wecken, ihm
völlig zu gehorchen. Im Rahmen des alten
Bundes mussten die Israeliten einander zum
Gehorsam gegenüber dem Herrn ermahnen, weil
sie dazu neigten, sich von ihm zu entfernen.
Im neuen Bund wird dies jedoch unnötig sein,
weil jeder Angehörige des Volkes den Herrn
kennen sowie fürchten wird. Jeder wird das
Verlangen und die Fähigkeit besitzen, ihm in
Ewigkeit zu gehorchen (
31,34; 32,40
).
Es stimmt, dass der neue Bund ursprünglich
Israel gegeben wurde (
Jer 31,31-34
) und dass die Gemeinde
gegenwärtig schon an den Segnungen des neuen
Bundes Anteil hat (
2Kor 3,4-6 ). Amillennialisten und
Bundestheologen folgern daraus jedoch
fälschlicherweise, dass die Gemeinde Israels
Identität angenommen habe oder an Israels
Stelle getreten sei. Während jüdische
Gläubige Erben des neuen Bundes sind, wurden
nichtjüdische Gläubige vielmehr nur zu
Miterben dieses Bundes (
Eph 3,2-6 ).
Im Alten Testament wird verheißen, dass
gläubige Heiden an den Segnungen des neuen
Bundes Anteil haben werden, obwohl sie sich
weiterhin von Israel unterscheiden (z.B.
Jes 56,3-8 ). Das Verhältnis des neuen
Bundes zum abrahamitischen Bund
gewährleistet indirekt, dass gläubige
Nichtjuden die Segnungen des neuen Bundes
empfangen werden, obgleich sie neben Israel
eigenständig bleiben. Die Segnungen des
neuen Bundes stellen die endgültige
Erfüllung der Segensverheißung des
abrahamitischen Bundes dar (
Jes 44,3 ). Die im abrahamitischen Bund
enthaltene Segensverheißung für die
heidnischen Völker (
1Mo 12,3 ) findet ihre letzte Erfüllung
in den Segnungen des neuen Bundes, die
gläubigen Nichtjuden gelten (
Gal 3,6-9 ). Paulus hat nicht die den
Heiden geltenden Segnungen des neuen Bundes
auf die Segnungen bezogen, die den
leiblichen Nachkommen Abrahams im
abrahamitischen Bund zugedacht sind (
1Mo 12,2 ). Vielmehr bezog er sie auf
die allumfassenden Segnungen für die
Nationen (
1Mo 12,3 ).
Siehe auch:
Abrahamitischer Bund
;
Davidischer Bund
;
Neuer Bund
.
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