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Jeremia  Wallvoord für Youtube  
Verfasser: 
Charles H. Dyer
Jeremia Kp  40 & 41 & 42 & 43 & 44


 

3. Nach dem Untergang

( Jer 40-45 )

 

Man würde annehmen, daß der Untergang Jerusalems Juda eine Lektion erteilt hatte, die es nie wieder vergessen würde. Aber Jeremia machte anhand der Ereignisse, die nach dem Fall der Stadt stattfanden, deutlich, daß das Wesen der Menschen, die im Land zurückgeblieben waren, sich nicht verändert hatte. Noch immer lehnten sie es ab, auf Gott zu vertrauen oder sich Babylon zu unterwerfen (vgl. Hes 33,23-29 ).

 

 

a. Jeremias Wirken unter dem Überrest in Palästina

( Jer 40-42 )

 

(1) Die Statthalterschaft Gedaljas ( Jer 40,1-12 )

 

 

Jer 40,1-6

 

Jeremia wurde in Rama freigelassen, wohin er, mit Fesseln gebunden , zusammen mit den anderen Gefangenen geführt worden war. Als Nebusaradan Jeremia zu sich holte, zeigte es sich, daß er dessen Prophezeiungen kannte. Ohne Zweifel hatten einige der Übergelaufenen oder der bereits nach Babylon Weggeführten den Babyloniern von den Weissagungen Jeremias berichtet. Nebusaradan sagte zu Jeremia, daß dessen Gott das von Jeremia angekündigte Unglück über Jerusalem gebracht habe, weil das Volk gesündigt hatte wider ihn . Jeremia aber werde von seinen Fesseln befreit, weil er an Judas Revolte gegen Babel unschuldig sei.

Jeremia sei frei zu ziehen , wohin er wolle. Wenn er mit den anderen Gefangenen nach Babel gehen würde, dann - so versprach Nebusaradan - würde er ihm befohlen sein (vgl. Jer 39,12 ). Wenn er in Juda bleiben wollte, dann könne er sich niederlassen, wo immer es ihm gefalle. Wenn er sich für Juda entschließen würde, könne er zu Gedalja gehen, um bei ihm zu bleiben. Gewiß könnte der Statthalter Gedalja sowohl den Schutz als auch den Unterhalt bieten, den Jeremia benötigen würde. Als Jeremia Rama verließ, um die fünf Kilometer nach Mizpa - dem Verwaltungszentrum Judas nach der Zerstörung Jerusalems - zurückzulegen, zeigte Nebusaradan seine Freundlichkeit, indem er Jeremia Wegzehrung und Geschenke mitgab.

 

 

Jer 40,7-12

 

Bei vielen Kriegen bleiben Überreste des Heeres im Land verstreut übrig, nachdem der Hauptteil sich dem Feind ergeben hat. Die Haupttruppen Judas, die in Jerusalem, Lachisch und Aseka lagen, waren aufgerieben worden. Aber noch gab es Gruppen von Hauptleuten mit ihren Männern, die noch im Lande verstreut waren. Als diese Soldaten erfuhren, daß Gedalja nun Statthalter über das Land war, kamen sie zu ihm nach Mizpa. Zwei der aufgeführten Hauptleute verdienen wegen späterer Ereignisse (V. 8 ) besondere Erwähnung. Der eine ist Jismael, der Sohn Netanjas (vgl. V. 14 - 15 ). Er gehörte zu den Nachkommen König Davids (vgl. Jer 41,1 ) und war einer der Oberen unter König Zedekia gewesen. Der zweite ist Johanan , einer der beiden Söhne Kareachs (vgl. Jer 40,13-16 ). Über ihn liefert uns die Bibel keine weiteren Informationen.

Die in Vers 8 genannten Hauptleute wollten wissen, was geschehen würde, wenn sie ihre Waffen niederlegen und sich ergeben würden. Gedalja versicherte ihnen, daß ihnen nichts geschehen werde. Er ermutigte sie, sich im Lande niederzulassen und Babel untertan zu sein. Gedalja versprach, sie vor den Chaldäern zu vertreten, so daß sie sich auf das Ernten von Wein, Feigen und Öl konzentrieren könnten. Sie wären frei, in den Städten zu wohnen, die sie wieder in Besitz genommen hätten.

Die Nachricht von der Ernennung Gedaljas zum Statthalter erreichte nicht nur die zerstreuten Widerstandskämpfer Judas, sondern gelangte auch zu den Judäern in Moab, Ammon, Edom und an anderen Orten. Alle diese Flüchtlinge kamen zurück in das Land , ließen sich erneut darin nieder und halfen dabei, Wein und Sommerfrüchte zu ernten (vgl. V. 10 ).

 

 

Jer 40,13-16

 

(2) Die Ermordung Gedaljas ( Jer 40,13-41,15 )

 

Judas Zukunft schien sich positiv zu gestalten. Frieden und Stabilität kehrten in das Land zurück. Die kriegführenden Gruppierungen hatten sich der Herrschaft Gedaljas untergeordnet, und ein Teil der Flüchtlinge war zurückgekehrt. Aber direkt unter dieser Oberfläche brodelten Intrigen und Rebellion. Es war nur eine Frage der Zeit, wann sie an die Oberfläche kommen würden.

Das erste Problem wurde von Johanan, dem Sohn Kareachs (vgl. V. 8 ), übermittelt. Er kam mit allen Hauptleuten zu Gedalja und berichtete ihm, daß Baalis, der König der Ammoniter , Jismael, den Sohn Netanjas (vgl. V. 8 ), gesandt habe, um Gedalja zu erschlagen. Welche Gründe mochte der König von Ammon haben, um sich mit Jismael zu verbünden und Gedalja nach dem Leben zu trachten? Die Antwort liegt in dem besonderen Verhältnis zwischen Juda und Ammon begründet. Beide Nationen waren Vasallen Babylons und hatten im Jahre 593 V. Chr. an einem geheimen Treffen der Vertreter mehrerer Völker teilgenommen, um ihre Aussichten auf den Erfolg einer Rebellion gegen Babylon zu prüfen (vgl. Jer 27,1-11 ). Dieses Treffen führte zu keinem konkreten Ergebnis.

Aber 588 V. Chr. bewog der neue ägyptische Pharao Hofra Juda, Ammon und Tyrus dazu, sich gemeinsam gegen Babylon zu erheben. Nebukadnezar beschloß, Juda - und nicht Ammon - zuerst anzugreifen (vgl. Hes 21,18-23 ). Juda und Ammon waren noch immer Verbündete, und Zedekia wollte vermutlich nach Ammon fliehen, als er gefangengenommen wurde ( Jer 39,4-5 ). Abgesehen von ihrem militärischen Bündnis bestanden jedoch zwischen Juda und Ammon keinerlei Beziehungen. Ihr Verhältnis war eher einer "Zweckehe" vergleichbar. So freute sich Ammon über den Untergang Jerusalems, denn wenn Nebukadnezar gegen Jerusalem vorging, konnte er nicht gleichzeitig Ammon angreifen (vgl. die Anmerkungen zu Jer 49,1-6; Hes 25,1-7 ). Gedaljas Unterordnung unter Babylon war daher für Ammon beunruhigend. Wenn Juda sich Babylon unterwarf, dann würde Nebukadnezar, wenn er seine Belagerung von Tyrus beendet hätte (vgl. Hes 29,17-18 ), vermutlich als nächstes Ammon angreifen. Ein politisch instabiles Juda dagegen könnte Nebukadnezar dazu zwingen, einen Großteil seiner Truppen dort zu stationieren, um die Ordnung aufrechtzuerhalten. Dies wiederum würde die Aussichten Ammons verbessern. Es konnte also für Ammon nur günstig sein, wenn der pro-babylonische Gedalja durch den anti-babylonischen Jismael ersetzt wurde.

Leider wollte Gedalja diesen Hauptleuten nicht glauben. Johanan traf heimlich mit Gedalja zusammen und bot ihm an, Jismael zu erschlagen. Er wollte dies im Verborgenen tun, damit niemand wisse, wer dafür die Verantwortung trage. Johanan meinte, daß Jismael um Judas willen ermordet werden müsse. Wenn Jismael Gedalja tötete, könnte dies dazu führen, daß alle Judäer im Land zerstreut würden und umkämen . Gedalja aber befahl Johanan, das nicht zu tun. Er war davon überzeugt, daß die Gerüchte über Jismael unbegründet ( nicht wahr ) seien. Gedalja war ein ehrenhafter Mann, der hier jedoch einen tödlichen Fehler beging, indem er Jismaels Charakter falsch einschätzte.

 

 

Jer 41,1-3

 

Jismael kam im siebenten Monat (September/Oktober) zu Gedalja. Leider wird das Jahr nicht erwähnt. Das genaue Datum der Ermordung Gedaljas ist also nicht bekannt. Es wäre schwierig, alle diese Ereignisse noch im Jahre 586 V. Chr. unterzubringen, denn am 17. August dieses Jahres war das babylonische Heer noch in Jerusalem ( Jer 52,12 ). Dies hätte den Babyloniern weniger als zwei Monate Zeit gelassen, das Volk von Juda zu deportieren, eine Regierung einzusetzen, das Land aufzuteilen und den größten Teil ihrer Truppen abzuziehen. Die Ermordung Gedaljas muß also zu einem späteren Zeitpunkt geschehen sein. Aber in welchem Jahr? Ein Vorschlag stützt sich auf eine wenig bekannte Deportation in den Jahren 583 - 582 V. Chr. (vgl. Jer 52,30 ). Warum kam Nebukadnezar zu diesem Zeitpunkt noch einmal in das Land? Es wäre durchaus denkbar, daß der Grund dafür die Wiederherstellung der Ordnung nach der Ermordung des Statthalters und die Stationierung eines kleineren Truppenkontingentes in Juda war (vgl. Jer 41,2-3 ). Wenn die Ereignisse in dieser Weise miteinander zusammenhingen, dann begann der "siebente Monat", in dem Gedalja ermordet wurde, am 4. Oktober 583 V. Chr.

Jismael kam zu Gedalja mit zehn Männern. Als sie "friedlich" beisammensaßen und aßen, erschlugen Jismael und seine Männer Gedalja. Und sie töteten auch alle Judäer (vermutlich alle, die an dem Mahl teilnahmen) und die babylonischen Kriegsleute, die dort stationiert waren (vgl. 2Kö 25,25 ).

 

 

Jer 41,4-9

 

Diese Morde geschahen vermutlich am Abend. Die Verschwörung war so gut gelungen, daß am Morgen des anderen Tages es noch niemand wußte . An diesem Tag zogen achtzig Männer trauernd ( mit abgeschorenen Bärten, zerrissenen Kleidern und Verletzungen, die sie sich selbst zugefügt hatten; vgl. die Anmerkungen zu Jer 16,6 ) von Sichem, von Silo und von Samaria - drei Städte, die zum Nordreich Israel gehört hatten - nach Jerusalem. Daß diese Männer aus dem Nordreich stammten, zeigt, daß zumindest einige der Reformen König Josias (vgl. 2Kö 23,15-20; 2Chr 34,33 ) einen bleibenden Eindruck hinterlassen hatten. Diese Männer führten Speiseopfer und Weihrauch mit sich, die sie im Tempel darbringen wollten. Zwar war der Tempel selbst zerstört worden (vgl. Jer 52,13.17-23 ), aber noch immer brachten die Menschen an diesem Ort Opfer dar. Ohne Zweifel waren diese Pilger nach Jerusalem gekommen, um eines der drei Feste zu feiern, die im siebten Monat abgehalten wurden (vgl. 3Mo 23,23-44 ).

Jismael ging heraus , den Pilgern entgegen, und weinte dabei. Nachdem er so seine Sympathie vorgetäuscht hatte, lud er sie ein, zu Gedalja zu kommen. Eine Einladung des Statthalters konnte man kaum ausschlagen. Deshalb gingen sie in die Stadt . Als sie dort ankamen, ermordete Jismael zusammen mit seinen Leuten siebzig der achtzig Männer, und sie warfen ihre Leichen in die Zisterne . Weshalb tat Jismael dies? Es wird zwar nicht ausdrücklich gesagt, aber Jer 41,8 deutet an, daß er seine Opfer ausrauben und ihre Vorräte an sich bringen wollte. Ein Trupp von 80 Pilgern hatte ja sicher eine große Menge an Nahrungsmitteln und Geld bei sich. Nur zehn der achtzig Männer gelang es, sich ihr Leben zu erkaufen, indem sie angaben, daß noch weitere Vorräte an Weizen, Gerste, Öl und Honig in einem Acker verborgen seien. Wenn er sie am Leben ließe, dann würden sie ihm dieses Versteck zeigen. Jismaels Habgier gewann die Oberhand, und er tötete sie nicht .

Auf die Bedeutung des Ortes, an dem dieses Massaker geschah, wird am Rande hingewiesen (V. 9 ). Die Zisterne, in die Jismael die Leichname der siebzig Männer und den Gedaljas werfen ließ, war fast 200 Jahre zuvor durch König Asa erbaut worden. Sie hatte als Teil der Verteidigung Asas gegen Bascha gedient, als der König von Juda versuchte, den Vormarsch jenes Königs von Israel aufzuhalten (vgl. 1Kö 15,16-22 ). Die Zisterne, die einmal geholfen hatte, Leben zu erhalten, wurde nun mit den Erschlagenen gefüllt.

 

 

Jer 41,10-15

 

Jismael hatte nur eine ausgewählte Gruppe derer, die in Mizpa lebten, getötet (V. 2 ). Er führte alle, die dort übriggeblieben waren, gefangen weg . Zu ihnen gehörten auch die Königstöchter und alle die, welche Gedalja anbefohlen waren. Ohne Zweifel war auch Jeremia unter diesen Gefangenen (vgl. Jer 40,6 ). Die Gruppe zog von Mizpa fort in Richtung Ammon, das Jismaels Verbündeter war ( Jer 40,14 ).

Das Massaker konnte natürlich nicht auf Dauer verborgen bleiben. Entweder hatte es jemand beobachtet, oder einer der Gefangenen entkam und erstattete den anderen Befehlshabern

Bericht. Als Johanan, der Sohn Kareachs, und die anderen Hauptleute des Heeres von all dem Bösen erfuhren , mobilisierten sie alle Männer und machten sich auf, um mit Jismael zu kämpfen. Die Soldaten holten den langsameren Trupp mit den Gefangenen an dem großen Wasser bei Gibeon (vgl. 2Sam 2,12-16 ) ein. Als die Gefangenen ihre Befreier sahen, wurden sie froh und liefen in der Überraschung und dem Durcheinander zu Johanan über. Jismael und acht seiner Männer entkamen und flohen zu den Ammonitern . Zwei der zehn Männer Jismaels müssen daher während des Kampfes getötet oder gefangengenommen worden sein (vgl. Jer 41,1 ).

 

 

Jer 41,16-18

 

(3) Die Führerschaft Johanans ( 41, 16-42,22 )

 

Johanan nahm das übriggebliebene Volk zu sich , das er und seine Leute von Jismael befreit hatten. Zu dieser Gruppe gehörten Kriegsleute, Frauen, Kinder und Hofleute . Aber statt nach Mizpa zurückzukehren, zogen sie weiter. Den ersten Halt machten sie in der Herberge Kimhams bei Bethlehem , etwa zwanzig Kilometer von Gibeon entfernt. Sie wollten nach Ägypten ziehen, aus Furcht vor den Chaldäern, denn sie fürchteten, daß der König von Babylon für den Tod Gedaljas Rache nehmen würde.

 

 

Jer 42,1-6

 

Bevor sie jedoch weiterzogen, beschlossen alle Hauptleute des Heeres, darunter auch Johanan und Jesanja (in Jer 43,2 Asarja genannt), der Sohn Hoschajas, - und das ganze Volk, für ihre Reise Gottes Führung zu erbitten. Sie baten Jeremia, für sie zum HERRN zu beten . Gott sollte ihnen sagen, wohin sie ziehen und was sie tun sollten . Sie hatten sich bereits dazu entschlossen, aus Israel zu fliehen, aber ihr Ziel war noch unklar (obwohl Jer 42,14 und Jer 43,7 zeigen, daß sie vorhatten, nach Ägypten zu gehen).

Jeremia war bereit, für die Menschen zu beten, und versprach, ihnen alles kundzutun, was Gott ihm sagte. Die Menschen riefen den Herrn als ihren Zeugen an und versprachen, alles zu tun, was Gott ihnen befehlen würde, ob es nun Gutes oder Böses war. Nachdem sie gesehen hatten, wie Gott ihr Volk wegen seines Ungehorsams vernichtet hatte, wollten sie sorgfältig darauf achten, dem Herrn zu gehorchen.

 

 

Jer 42,7-12

 

Jeremia betete für die Menschen, und nach zehn Tagen antwortete Gott auf seine Bitte. Jeremia rief die Leute zusammen und gab ihnen die Antwort Gottes weiter. Wenn sie im Lande bleiben wollten, dann würde Gott sie "bauen". Sie sollten sich nicht vor den Babyloniern fürchten, denn Gott würde sie aus ihrer Hand erretten . Gott versprach, daß er ihnen Barmherzigkeit ( rAHam , "liebevolle Barmherzigkeit zeigen") erweisen werde, eine Eigenschaft, die im Zusammenhang mit den Babyloniern ungewöhnlich war (vgl. Jer 6,23; Jer 21,7 ). Wenn die Leute sich den Babyloniern unterwarfen, dann würde Gott dafür sorgen, daß Nebukadnezar sie wieder auf ihre Äcker brachte.

 

Jer 42,13-18

 

Ähnlich dem Segen und Fluch in 5Mo 28 setzte auch Jeremia seine Beschreibung des Segens für den Gehorsam durch eine Schilderung des Gerichts für den Ungehorsam fort. Wenn sich die Menschen weigerten, im Lande zu bleiben, und beschlossen, Gott nicht zu gehorchen, sondern nach Ägyptenland zu ziehen , dann würden sie Gottes Gericht für die Verletzung ihres Schwures ( Jer 42,5-6 ) erleben. Ihr Wunsch, nach Ägypten zu ziehen, war unter den gegebenen Umständen durchaus verständlich. Hier würden sie weder Krieg sehen noch den Schall der Posaune hören , die einen bevorstehenden Angriff ankündigte (vgl. Jer 4,5.19-21;6,1 ). Hier, in Ägypten, würden sie nicht mehr Hunger nach Brot leiden wie während und nach der Belagerung Jerusalems (vgl. Kl 1,11;5,6.9 ). Dennoch warnte sie Jeremia, daß sie durch Schwert, Hunger und Pest sterben würden (vgl. Jer 14,12;42,22 ). Genau die Gefahren, die sie durch ihre Flucht nach Ägypten zu vermeiden suchten, würden ihnen dort begegnen. Niemand würde dem Unheil entrinnen , und alle, die das Land Israel verließen, würden es nie mehr sehen .

 

 

Jer 42,19-22

 

Jeremia beschloß seine Botschaft, indem er noch einmal Gottes Befehl, nicht nach Ägypten zu gehen, wiederholte. Gott kannte die Herzen der Menschen und warnte sie, daß sie ihr Leben in Gefahr gebracht hätten, als sie Jeremia baten, für sie zu beten. Denn obwohl sie geschworen hatten, alles zu tun, was Gott ihnen sagte (vgl. V. 6 ), wollten sie nun, als sie sein Wort vernommen hatten, nicht gehorchen. Deshalb mahnte Jeremia sie, daß das einzige, was ihnen sicher sei, der Tod durch Schwert, Hunger und Pest (vgl. V. 17 ) sei, wenn sie nach Ägypten zögen.

 

 

b. Jeremias Dienst an dem Überrest in Ägypten

( Jer 43; 44 )

 

(1) Der Überrest flieht nach Ägypten ( Jer 43,1-7 )

 

 

Jer 43,1-3

 

Nachdem Jeremia dem ganzen Volk Gottes Antwort auf seine Frage ausgerichtet hatte, stellten Asarja (in Jer 42,1 Jesanja genannt) und Johanan, zusammen mit allen aufsässigen Männern seine Glaubwürdigkeit in Frage. Sie behaupteten, es sei eine Lüge, zu erklären, daß Gott den Menschen geraten habe, nicht nach Ägypten zu ziehen. Auch beschuldigten sie Baruch , er habe Jeremia beredet, an einer Verschwörung teilzunehmen und diese früheren Rebellen den Chaldäern zu übergeben, die sie dann töten oder nach Babel wegführen würden. Warum sie gerade Baruch herausgriffen, ist nicht bekannt. Aber da er Jeremias Vertrauter und Gefährte war, könnte es sein, daß sie ihn als Drahtzieher hinter seiner Antwort vermuteten.

 

 

Jer 43,4-7

 

Statt nach Mizpa zurückzukehren, marschierte der Trupp von der Herberge Kimhams ( Jer 41,17 ) aus südwärts. Neben den Hauptleuten des Heeres und den Soldaten, die zu Gedalja zurückgekehrt waren ( Jer 40,7-10 ), gehörten auch die Übriggebliebenen derer, die von allen Völkern nach Juda zurückgekehrt waren ( Jer 41,11-12 ), nämlich Männer, Frauen und Kinder , sowie die Königstöchter zu der Gruppe. Die Führer zwangen auch Jeremia und Baruch, mit ihnen zu gehen. Sie zogen nach Ägyptenland und ließen sich in Tachpanhes nieder, einer befestigten Stadt an der Grenze zu Unterägypten (= Nordägypten; vgl. die Karte "Die Welt Jeremias und Hesekiels" in der Einführung ).

 

 

Jer 43,8-13

 

(2) Die Weissagung der Invasion Nebukadnezars ( Jer 43,8-13 )

 

Während die Männer aus Juda zusahen, vollzog Jeremia erneut eine symbolische Handlung, die ihre Aufmerksamkeit erregen sollte (vgl. Jer 13,1-11 ). Er trug einige große Steine zusammen und vergrub sie in dem Boden , d. h. unter dem Ziegelpflaster, das den großen Vorhof am Eingang des Hauses des Pharao bedeckte. Da sich die Hauptresidenz des Pharao zu jener Zeit in Elephantine befand, das in Oberägypten (= Südägypten) lag, ist unter diesem "Haus" vermutlich ein Regierungsgebäude zu verstehen, das als Wohnsitz des Pharao diente, wenn dieser die Stadt Tachpanhes besuchte.

Diese Steine sollten den Platz bezeichnen, an dem Nebukadnezar seinen Thron aufstellen würde, wenn Gott ihn nach Ägypten geführt hätte. Wenn er gekommen wäre, um Ägyptenland zu schlagen , würde der König von Babylon seinen Thronhimmel darüber ausspannen. Das Gespenst von Tod, Gefangenschaft und Schwert, vor dem diese Menschen geflohen waren (vgl. Jer 42,13-17 ), würde ihnen nach Ägypten folgen. Nebukadnezar würde die Tempel Ägyptens in Brand stecken und seine Götter wegführen. Er würde Ägyptenland lausen und wegtragen, wie ein Hirte sein Kleid laust. Der Name Bet-Schemesch ( bLT SemeS ; "Haus der Sonne") bezieht sich vielleicht auf Heliopolis, auch On genannt, das Zentrum des ägyptischen Sonnenkultes (vgl. die Karte "Die Welt Jeremias und Hesekiels" in der Einführung ). Diese Stadt, die voll heiliger Steinmale (vermutlich Obeliske) und Tempel war, würde vernichtet werden.

Wann ereignete sich dieser Angriff Nebukadnezars auf Ägypten? Da die

bisher entdeckten babylonischen Chroniken nur bis in das Jahr 594 V. Chr. reichen, finden wir kaum außerbiblische Quellen, die uns hierüber Aufschluß geben könnten. Ein Fragment wurde jedoch entdeckt, das einen Angriff Nebukadnezars auf Ägypten in den Jahren 568 - 567 V. Chr. anzudeuten scheint. Dies würde sehr gut zu dem in Hes 29,19 vorausgesagten Ägypten-Feldzug dieses Königs passen. Diese Prophetie, die am 26. April 571 V. Chr. verkündet wurde, sah den Angriff auf Ägypten noch in der Zukunft. Nebukadnezars Invasion hätte dann irgendwann zwischen 571 und 567 V. Chr. stattgefunden.

 

 

Jer 44,1-10

 

(3) Die Warnung vor dem Gericht Gottes ( Jer 44 )

 

Gottes Wort erging ein zweites Mal an Jeremia, während er in Ägypten war (vgl. Jer 43,8 ). Diesmal war es an alle Judäer gerichtet, die dorthin gezogen waren. Gemeint waren jene in Unterägypten (vgl. Jer 43,8 ), wozu die nördlichen Städte Migdol, Tachpanhes und Memfis gehörten. Die Weissagung galt aber auch für die, welche weiter südlich, in Oberägypten ( Patros ), wohnten. Jeremia hat hier eine Stilform benutzt, bei der die beiden Extreme genannt werden und alles dazwischenliegende mit eingeschlossen ist. Seine Botschaft richtete sich also an alle Juden in ganz Ägypten.

Gott erinnerte die Juden an das Unheil , das er über Jerusalem und alle jüdischen Städte gebracht hatte. Ihre Ruinen waren ein stummes Zeugnis für Gottes Gericht für die Bosheit, die sie getan hatten. Die Sünde, auf die Jeremia besonders hinwies, war ihr Dienst an andern Göttern. Immer wieder hatte Gott die Menschen durch seine Knechte, die Propheten, gemahnt, sich von ihrer Sünde zu bekehren, aber sie gehorchten nicht und kehrten ihre Ohren nicht zu ihm . Gottes Zorn und Grimm war daher gegen Juda entbrannt, bis nur noch eine Wüste und Öde übriggeblieben war.

Diese "Lektion der Geschichte" wandte Jeremia nun auf die Juden in Ägypten an. Statt die Torheit des Götzendienstes einzusehen, opferten sie andern Göttern , die in Ägyptenland angebetet wurden. Daher waren sie in Gefahr, zur Schmach (vgl. die Anmerkungen zu Jer 24,9 ) zu werden, denn sie zwangen den heiligen Gott, sie für ihre Sünden zu bestrafen. Es war, als hätten sie vergessen , welche Sünden sie und ihre Vorfahren begangen, und welche Folgen diese Taten gehabt hatten. Sie hatten sich vor Gott nicht gedemütigt und sein Gesetz nicht befolgt. Wie schnell schienen sie Gottes Wort vergessen zu haben!

 

 

Jer 44,11-14

 

Gott würde über alle, die übriggeblieben waren von Juda und in Ägyptenland lebten, ihrer Sünde wegen ebenso Unheil bringen, wie er dies zuvor getan hatte, als das Volk noch im eigenen Land wohnte. Sie würden durch Schwert und Hunger umkommen (vgl. Jer 42,22 ). Dieses Gericht würde fast jeden betreffen, der als Jude in Ägypten lebte. Gott würde sie ebenso strafen, wie er Jerusalem gestraft hatte. Die Flüchtlinge hofften, eines Tages nach Hause zurückkehren zu können. Gott aber schwor, daß keiner von ihnen ins Land Juda zurückkehren würde. Alle, die nach Ägyptenland geflohen waren und so Gottes Befehl verletzt hatten, würden dort sterben, außer einigen Entronnenen , denen Gott diese Rückkehr erlauben würde.

 

 

Jer 44,15-19

 

Die, welche diese Botschaft Jeremias vernahmen, wollten nicht umkehren. Die Männer, die wußten, daß ihre Frauen Götzendienst betrieben, sagten, daß sie alles ebenso tun würden, wie sie es bisher getan hätten. Zu diesen götzendienerischen Praktiken gehörte es, der Himmelskönigin (vgl. die Anmerkungen zu Jer 7,18 ) Trankopfer zu bringen. Daß diese heidnischen Kulte überall unter den Juden verbreitet waren, steht fest, denn sie selbst, ihre Vorfahren ( Väter ), ihre Könige und ihre Oberen hingen ihnen an. Ja, sie kehrten die Wahrheit sogar um und behaupteten, ihre Schwierigkeiten resultierten aus der mangelhaften Beachtung dieser Rituale. Solange sie der Himmelskönigin geopfert hätten, hätten sie Brot genug gehabt. Erst, als sie aufhörten, der Göttin zu opfern, hätten sie Mangel gelitten und angefangen, durch Schwert und Hunger umzukommen. Offensichtlich waren die Menschen extrem kurzsichtig. Sie konnten sich einfach nicht mehr daran erinnern, daß das genaue Gegenteil der Fall gewesen war (vgl. Jer 14; Hos 2,5-9; Am 4,4-12 ). Treue und Gehorsam Gott gegenüber hatten ihnen Segen, Untreue und Ungehorsam dagegen Unheil gebracht ( 3Mo 26,1-45; 5Mo 28 ). Die Frauen bestätigten, daß ihre Männer von ihren götzendienerischen Praktiken wußten (und sie offensichtlich sogar guthießen).

 

 

Jer 44,20-23

 

Jeremia erinnerte das Volk daran, daß Gott über die Götzenopfer Bescheid wußte. Als er die Sünde nicht mehr leiden konnte, richtete er das Volk, und das Land wurde zum Entsetzen und zum Fluch . Judas Götzendienst hatte ihm keineswegs Segen gebracht, sondern seinen Untergang herbeigeführt. Weil die Menschen den Herrn nicht anerkannt hatten und ihm nicht gefolgt waren, war dieses Unheil über Juda gekommen, so wie es heute war .

 

 

Jer 44,24-28

 

Das Tun des Volkes machte die Ernsthaftigkeit seines Gelübdes gegenüber der Himmelskönigin deutlich, der es mit Räucherwerk und Trankopfern dienen wollte (vgl. V. 17 ). Da die Menschen ihren Götzendienst so ernsthaft betrieben, forderte Gott sie in ironischer Weise auf, ihre Gelübde , die sie dieser falschen Göttin gemacht hatten, zu erfüllen. Aber während sie diesen Götzendienst vollführten, sollten sie auch Gottes Gerichtsbotschaft hören. Gott selbst legte ein Gelübde ab. Er schwor bei seinem großen Namen , daß kein Jude in ganz Ägyptenland jemals wieder seinen Namen nennen werde. Sein Gericht werde sie verfolgen, bis es ein Ende mit ihnen habe. Nur ein geringes Häuflein würde überleben und nach Juda zurückkehren. Dann würden sie erkennen, daß nur Gottes Wort wahr ist - ganz im Gegensatz zu ihrer Behauptung, daß Götzendienst ihnen Wohlstand bringen werde (V. 17 - 18 ).

 

 

Jer 44,29-30

 

Gott gab ihnen nun ein Zeichen , um die Wahrheit dieser Weissagung zu bestätigen. Die Erfüllung dieses Zeichens würde beweisen, daß Gottes Wort des Unheils (vgl. V. 27 ) an die götzendienerischen Juden in Ägypten wahr werden würde. Das Zeichen sollte darin bestehen, daß Pharao Hofra in die Hände seiner Feinde übergeben würde, gleichwie Zedekia in die Hand Nebukadnezars übergeben worden war. Nach dem Historiker Herodot verlor Hofra seinen Thron im Jahre 570 V. Chr. Er hatte Amasis, einen seiner Generäle, entsandt, um eine Revolte in der Armee niederzuschlagen. Die Armee aber stellte sich geschlossen hinter Amasis und machte ihn zum Pharao. Amasis besiegte Hofra im Kampf und ließ ihn festnehmen. Einige Zeit später lieferte er ihn den Ägyptern aus, die seinen Tod verlangten und ihn aufhängten (Herodot 2.161- 3,169).