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Edwin A. Blum
Johannes Kapitel 11
Johannes 11 Zusammenfassung
E. Die Auferweckung des Lazarus
( 11,1 - 44 )
Der Höhepunkt der Wunder Jesu, die Auferweckung des Lazarus, war der
öffentliche Beweis für die Wahrheit seines Anspruchs: "Ich bin die
Auferstehung und das Leben." Der Tod ist der große Schrecken, den die
Sünde in die Welt gebracht hat ( Röm 5,12; Jak 1,15 ). Der physische Tod
ist gleichsam das "Lehrbeispiel" Gottes für das, was die Sünde im
geistlichen Leben des Menschen bewirkt. Wie der physische Tod das Leben
beendet und die Menschen voneinander trennt, so bedeutet der geistliche
Tod die Trennung der Menschen von Gott und den Verlustdes Lebens, das in
Gott ist ( Joh 1,4 ). Jesus ist gekommen, damit die Menschen das volle
Leben haben können ( Joh 10,10 ). Wer ihn verwirft, wird das Leben nicht
"sehen" ( Joh 3,36 ) und am Ende in den "zweiten Tod", den Feuersee,
geworfen werden ( Offb 20,14-15 ).
Joh 11,1-2
Von Lazarus ist im Neuen Testament nur an dieser Stelle und in Kap.
12 die Rede. Betanien (vgl. Joh 11,18 ) lag östlich des Ölbergs (ein
zweites Betanien gab es in Peräa; vgl. Joh 1,28 ). Das Lukasevangelium
berichtet etwas ausführlicher über die beiden Schwestern des
Lazarus, Maria und Marta ( Lk 10,38-42 ). Maria war dieselbe, die den
Herrn später (vgl. Joh 12,1-10 ) mit Salböl salbte und seine Füße mit
ihrem Haar trocknete . Wahrscheinlich setzt der Evangelist Johannes hier
voraus, daß die Leser seines Evangeliums Maria kannten (vgl. Mk
14,3-9 ).
Joh 11,3
Anscheinend hatten die Schwestern gedacht, daß Jesus, der ja die Macht
hatte, Menschen zu heilen, und Lazarus zudem sehr liebte, sofort auf
ihre Nachricht, daß er erkrankt war, reagieren und kommen würde.
Joh 11,4
Doch Jesus machte sich keineswegs sofort nach Betanien auf (vgl. V. 6 ).
Diese Verzögerung hatte nichts damit zu tun, daß er Lazarus nicht
genügend liebte (vgl. V. 5 ) oder Angst vor den Juden hatte; er wartete
vielmehr, bis der richtige Moment im Plan des Vaters gekommen war.
Lazarus' Krankheit sollte nicht zum Tode , d. h. nicht zum dauernden Tod
führen, sondern in ihr sollte Jesus verherrlicht werden (vgl. Joh 9,3 ).
Darin liegt auch eine gewisse Paradoxie: Jesu Macht und Gehorsam
gegenüber dem Vater waren bereits ausreichend erwiesen, die Auferweckung
des Lazarus aber führte schließlich zu seinem Tod (vgl. Joh 11,50-53 ),
der zugleich seine wahre Herrlichkeit an den Tag brachte ( Joh 17,1 ).
Joh 11,5-6
Trotz seiner Liebe zu allen dreien ( Marta und ihre Schwester und
Lazarus ) wartete Jesus also noch zwei Tage, bevor er sich auf den Weg
machte. Möglicherweise (V. 11.39 ) war Lazarus auch bereits tot, als
Jesus von seiner Krankheit hörte. Jedenfalls tat er alles, was er tat,
unter der Führung Gottes (vgl. Joh 7,8 ).
Joh 11,7-10
Seine Jünger wußten, daß es gefährlich für ihn war, nach Judäa zu gehen
( Joh 10,31 ), und versuchten daher, ihn von der Reise abzubringen. Um
ihnen klar zu machen, daß er nicht in Gefahr war, sprach Jesus hier
"verhüllt", wie in einem Gleichnis, zu ihnen. Er verglich das Tun des
Willens Gottes mit dem Gehen (Leben) bei Tageslicht. Das Leben im
Bereich des Bösen, in der Dunkelheit, ist dagegen gefährlich. So lange
die Menschen dem Plan Gottes folgen, kann ihnen vor der Zeit, die ihnen
bestimmt ist, nichts geschehen. Auf die Menschen damals angewandt hieß
das, sie hätten Jesus annehmen sollen, solange er als das Licht in der
Welt war (vgl. Joh 1,4-7;3,19; 8,12;9,5 ). Mit ihm verließ sie auch
diese einzigartige Möglichkeit.
Joh 11,11-12
Dann sagte Jesus: Lazarus, unser Freund, schläft . (Das Wort "Freund"
hat in der Schrift eine ganz besondere Bedeutung, vgl. Joh 15,13-14; Jak
2,23 .) Bei diesem "Schlaf" handelte es sich um den Schlaf des Todes.
Seit dem Kommen Christi wird der Tod eines Gläubigen als "Schlaf"
bezeichnet (vgl. Apg 7,60; 1Kor 15,20; 1Thes 4,13-18 ). Die toten
Christen liegen jedoch nicht in einem unbewußten "Schlaf der Seele", nur
ihr Körper scheint zu schlafen. Die Jünger aber gingen irrigerweise
davon aus, daß Jesus meinte, Lazarus sei nicht gestorben, sondern
eingeschlafen (vgl. Joh 11,13 ) und befände sich auf dem Wege der
Besserung: Herr, wenn er schläft, wird's besser mit ihm.
Joh 11,13-15
Wie so oft in den Evangelien sprach Jesus auch hier von einer Sache,
doch die Jünger dachten an eine andere. Die Worte "Lazarus ist
gestorben; und ich bin froh um euretwillen, daß ich nicht dagewesen
bin" scheinen im ersten Moment schockierend. Doch wenn Lazarus nicht
gestorben wäre, hätten die Jünger (und alle späteren Leser des
Evangeliums) nicht die einzigartige Möglichkeit gehabt, durch dieses
Ereignis neue Glaubenskraft zu gewinnen. Lazarus starb, damit ihr
glaubt .
Joh 11,16
Thomas wird wegen des Zwischenfalls, von dem in Joh 20,24-25 die Rede
ist häufig auch der "ungläubige Thomas" genannt. Hier übernahm er jedoch
die Führung und bewies seine Treue zu Jesus, die bis in den Tod ging. In
der Äußerung "daß wir mit ihm sterben" liegt nichtsdestoweniger eine
gewisse Ironie. Auf der einen Seite enthüllt sie Thomas' Unwissenheit in
bezug auf die Einzigartigkeit des Sühnetods Christi. Auf der anderen
Seite ist sie eine Prophezeiung des Schicksals vieler Jünger ( Joh
12,25 ).
Joh 11,17
Lazarus war anscheinend schon bald nach der Abreise der Boten gestorben,
als Jesus noch eine Tagesreise entfernt war. Da es in Palästina sehr
warm ist und die Verwesung rasch eintritt, wurde ein Mensch gewöhnlich
noch an demselben Tag, an dem er gestorben war, begraben (vgl. V. 39 ).
Joh 11,18-19
Die Tatsache, daß Betanien nahe bei Jerusalem war, etwa eine halbe
Stunde entfernt , weist auf zweierlei hin. Erstens erklärt sie, warum so
viele Juden aus Jerusalem Zeuge der Auferweckung des Lazarus wurden
(V. 45 - 46 ), und zweitens bereitet sie den Leser auf den kommenden
Höhepunkt des Wirkens Jesu, der in dieser Stadt geschehen sollte, vor.
Wenn ein Mensch starb, trauerten die Juden längere Zeit. Es galt dabei
als fromme Pflicht, die trauernden Hinterbliebenen zu trösten .
Joh 11,20-22
Marta, die Tatkräftige, ging Jesus entgegen, während Maria , die
kontemplative Schwester, wartete. (Vgl. Lk 10,39-42 ,wo die beiden
Schwestern ähnlich charakterisiert werden.) Martas Gruß war so etwas wie
ein Glaubensbekenntnis. Sie war überzeugt, daß Jesus ihren Bruder hätte
heilen können, wenn er da gewesen wäre. Darin scheint keine Kritik an
Jesus zu stecken, denn sie wußte ja, daß ihr Bruder bereits tot war, als
die Boten bei Jesus anlangten. Ihre Worte "aber auch jetzt weiß ich: was
du bittest von Gott, das wird dir Gott geben" könnten zwar als Hinweis
auf die Aufweckung ihres Bruders verstanden werden, doch ihr Protest vor
dem Grab ( Joh 11,39 ) und ihre Worte in Vers 24 widersprechen dieser
Interpretation. Was sie hier sagte, war also wohl nur ganz allgemein ein
Ausdruck ihrer Überzeugung, daß Jesus den Segen des Vaters besaß.
Joh 11,23-24
Dein Bruder wird auferstehen . Mit diesen Worten eröffnete Jesus sein
Gespräch mit Marta. Diese dachte dabei jedoch nicht an eine sofortige
Auferstehung, sondern an die Auferstehung am Jüngsten Tage .
Joh 11,25-26
Ich bin die Auferstehung und das Leben . Das ist die fünfte von Jesu
großen "Ich bin"-Aussagen. Die Auferstehung und das neue Zeitalter sind
bereits jetzt Wirklichkeit, weil Jesus Herr über das Leben ist ( Joh
1,4 ). Seine Worte über Leben und Tod scheinen paradox: Der Tod eines
Gläubigen führt in das neue Leben. Ein Gläubiger lebt so, daß er in
geistlicher Hinsicht nimmermehr sterben wird . Er hat das ewige Leben
( Joh 3,16;5,24;10,28 ); das Ende des physischen Lebens ist nur ein
Schlaf des Körpers, bis er auferweckt wird zum Leben. Im Tod geht der
geistige Teil seines Körpers, die Seele, zum Herrn (vgl. 2Kor 5,6.8;
Phil 1,23 ).
Joh 11,27
Marta bekannte ihren Glauben an Christus. Sie stimmte Jesu Aussage über
das ewige Leben für die, die glauben, zu. Dann bekannte sie drei Dinge:
Jesus ist (a) der Christus ("Messias"), (b) der Sohn Gottes - das ist
wahrscheinlich ein Messiastitel (vgl. Joh 1,49; Ps 2,7 ) - und (c)
der, der in die Welt gekommen ist (wörtlich: "der Kommende"; vgl. Joh
12,13 ). Marta glaubte, daß Jesus der Messias war, der gekommen war, um
Gottes Willen zu tun, doch sie hatte bis jetzt noch keinen Hinweis auf
das Wunder, das er an ihrem Bruder vollbringen würde.
Joh 11,28-30
Dann richtete Marta ihrer Schwester Maria aus, daß Jesus, der Meister,
da sei und nach ihr rufe. Offensichtlich wünschte Jesus eine private
Unterredung mit Maria, vielleicht, um sie zu trösten und zu unterweisen.
Der Titel "Meister", den Marta hier verwendete, ist bemerkenswert, denn
gewöhnlich lehrte ein jüdischer Rabbi keine Frauen (vgl. Joh 4,1-42 ).
Joh 11,31-32
Marias plötzlicher Aufbruch, um Jesus zu sehen, veranlaßte die
Juden, die bei ihr im Hause waren und sie trösteten, ihr zu folgen ,
daher wurde ein privates Gespräch mit Jesus unmöglich. Als Maria zu
Jesus kam, fiel sie ihm zu Füßen . Sie hatte schon einmal zu Jesu Füßen
gesessen und seiner Lehre zugehört ( Lk 10,39 ) und begrüßte ihn nun auf
dieselbe Weise wie zuvor ihre Schwester ( Joh 11,21 ). Auch sie gab der
Ansicht Ausdruck, daß die Tragödie nicht eingetreten wäre, wenn Jesus da
gewesen wäre. Ihr Glaube war aufrichtig, doch begrenzt.
Joh 11,33-34
In schroffem Kontrast zu der Gleichgültigkeit oder dem fehlenden
Mitgefühl, die etwa die griechischen Götter kennzeichnen, bestätigten
Jesu Gefühle in dieser Situation, daß er wirklich mit den Menschen
verbunden war. Er ergrimmte im Geist ( enebrimEsato , von enebrimaomai ;
dieses griechische Verb steht nur fünfmal im Neuen Testament und bezieht
sich jedesmal auf Gefühle oder Worte des Herrn oder der Jünger; Mt 9,30;
Mk 1,43;14,5; Joh 11,33.38 ).
Warum war Jesus zornig? Manche Forscher sind der Ansicht, daß er sich
über den Unglauben und die geheuchelte Trauer der Menschen ärgerte. Das
scheint vom Text her jedoch nicht sehr plausibel. Eher trifft es zu, daß
Jesus zornig war über die Tyrannei Satans, der durch die Sünde Leid und
Tod über die Menschen gebracht hatte (vgl. Joh 8,44; Hebr 2,14-15 ). Er
war sehr betrübt ( etaraxen , wörtlich: "bewegt", wie das Wasser im
Teich in Joh 5,7; vgl. Joh 12,27;13,21;14,1.27 ); seine Trauer war wohl
auf den Konflikt mit der Sünde, dem Tod und Satan zurückzuführen.
Joh 11,35-37
Jesus weinte anders als die Menschen weinten. Sein stilles
Tränenvergießen ( edakrysen ) unterschied sich von ihrem lauten
Wehklagen ( klaiontas ; V. 33 ). Er weinte über die tragischen Folgen
der Sünde. Die Menge aber deutete seine Tränen als Ausdruck der Liebe
oder der Trauer, weil er nicht dagewesen war, um Lazarus zu retten.
Joh 11,38-39
Noch ganz aufgewühlt (vgl. den Kommentar zu "ergrimmte im Geist";
V. 33 ) kam er zum Grab . Die jüdischen Gräber waren meist in Kalkstein
gehauene Nischen oder Höhlen in einer Steinmauer. Vor der Nische lag ein
Stein. Jesus befahl: "Hebt den Stein weg!" Wer diesem Befehl nachkam,
lief zwar Gefahr, sich zu verunreinigen, doch es war unbedingter
Gehorsam nötig, wenn Jesu Vorhaben in die Tat umgesetzt werden sollte.
Die ganze Szene war hochdramatisch. Die Menge stand schweigend da,
wartete und hörte zu. Maria weinte laut, und Marta protestierte, weil
nach den vier Tagen , die ihr Bruder bereits im Grab lag, mit Sicherheit
bereits die Verwesung eingesetzt hatte.
Joh 11,40
Jesus aber erinnerte Marta an seine zuvor gegebene Verheißung (V. 25 -
26 ; vgl. V. 4 ). Wenn sie seinem Wort, daß er die Auferstehung und das
Leben sei, glaubte und sich darauf verließ, sollte sie die Herrlichkeit
Gottes sehen . Doch wenn die Schwestern Jesus nicht sowieso vertraut
hätten, hätten sie ihm wohl kaum die Erlaubnis gegeben, das Grab zu
öffnen.
Joh 11,41-42
Als der Stein entfernt worden war, stieg die allgemeine Spannung. Was
würde Jesus nun tun? Er dankte einfach nur seinem Vater, daß er ihn
erhört hatte . Jesus wußte, daß er in dieser Manifestation seiner Liebe
und seiner Macht den Willen Gottes tat. Sein Dankgebet war für die
Öffentlichkeit gedacht, nicht, damit er als Wundertäter verehrt, sondern
damit der Gehorsam des Sohnes gegenüber dem Vater deutlich würde. Daß
der Vater seine Bitte erfüllte, sollte für das Volk der Beweis sein, daß
er von ihm gesandt war, und den Glauben der Menschen wecken (vgl. Elias
Gebet, 1Kö 18,37 ).
Joh 11,43-44
An anderer Stelle hatte Jesus gesagt, daß die Menschen seine Stimme
vernehmen und aus ihren Gräbern herauskommen werden ( Joh 5,28-29 ) und
daß seine Schafe seine Stimme hören ( Joh 10,16.27 ). Nach kurzem
Gebet rief ( ekraugasen ) er Lazarus mit lauter Stimme beim Namen. Das
hier verwendete Verb für "rufen" kommt nur neunmal im Neuen Testament
vor, davon achtmal in den Evangelien ( Mt 12,19; Lk 4,41; Joh
11,43;12,13;18,40;19,6.12.15; Apg 22,23 ).
Jesus rief nur drei Worte: "Lazarus, komm heraus!" (Augustinus hat
einmal gesagt, daß, wenn Jesus nicht Lazarus' Namen gesagt hätte, alle
Toten aus den Gräbern gekommen wären.) Sofort kam der Verstorbene
heraus . Da er mit Grabtüchern an Füßen und Händen gebunden war, mußte
allein Gottes Macht ihn herausgebracht haben. Jesu Anweisung "löst die
Binden" ermöglichte es ihm, wieder aus eigener Kraft zu gehen und war
gleichzeitig der Beweis, daß er lebendig und kein Geist war.
Dieses Ereignis veranschaulicht in eindrücklichster Weise, wie der Sohn
Gottes den Menschen das Leben schenkt. Den Heiligen des
Kirchenzeitalters wird er es bei der Entrückung bringen ( 1Thes 4,16 ),
den Heiligen des Alten Testaments ( Dan 12,2 ) und den Heiligen der Zeit
der großen Trübsal ( Offb 20,4.6 ) bei seiner Rückkehr. Doch schon jetzt
beruft er die geistlich Toten zum geistlichen Leben. Viele, die durch
Sünden und Vergehen bereits tot sind, glauben und kommen durch die Macht
Gottes zum Leben ( Eph 2,1-10 ).
F. Der Plan, Jesus zu töten
( 11,45 - 57 )
Joh 11,45-47 a
Jesu Selbstoffenbarungen provozierten jeweils zweierlei Reaktionen.
Für viele von den Juden war dieses Wunder ein eindeutiger Beweis für die
Wahrheit seines Anspruchs, und sie glaubten an ihn . Andere dagegen
wurden nur noch verstockter oder wußten überhaupt nicht mehr, was sie
denken sollten. Sie gingen hin zu seinen Feinden, den Pharisäern, und
sagten ihnen, was Jesus getan hatte . Dieses letzte wunderbare Zeichen
war so bedeutsam, daß die Hohenpriester und die Pharisäer beschlossen,
eine Krisensitzung des Hohen Rats einzuberufen (zum Hohen Rat vgl. den
Kommentar zu Joh 3,1 ). Zweifellos dachten sie, Jesus sei eine Art
Zauberer, der mittels irgendwelcher geheimnisvoller Künste die Menschen
verführte.
Joh 11,47-48 (Joh 11,47b-48)
Der Hohe Rat erkannte, daß er Jesus mit den bisherigen Mitteln nicht
ausschalten konnte. Durch offizielle Mißbilligung, "Exkommunikation" und
Streitgespräche war seinem Einfluß kein Einhalt mehr zu gebieten. Sie
befürchteten einen Aufstand, der die Römer auf den Plan riefe, die ihnen
Land (den Tempel) und Leute nehmen würden.
Joh 11,49-50
Kaiphas war in dem Jahr Hoherpriester (vgl. Joh 18,13-14.24.28 ).
Ursprünglich wurde der Hohepriester lebenslang in sein Amt berufen, doch
die Römer wollten verhindern, daß ein einzelner Mann zu großen Einfluß
gewann, und behielten sich daher seine Ernennung vor. Kaiphas amtierte
von 18 bis 36 n. Chr. Wie sehr er Jesus verachtete, zeigte sich an
seinen Worten: "Ihr wißt nichts!" Er war der Ansicht, daß dieser Mensch
geopfert werden müsse, wenn die römische Besatzungsmacht dem Volk
weiterhin wohlgesonnen bleiben sollte. Die Alternative war seiner
Ansicht nach die Zerstörung des jüdischen Volkes durch einen Krieg ( Joh
11,48 ). Sein Entschluß sollte jedoch den Krieg nicht verhindern können.
Das jüdische Volk folgte falschen Hirten in einen Krieg gegen Rom (66 -
70 n. Chr.), nach dem es dann als Nation tatsächlich zerstreut wurde.
Joh 11,51-53
Dem Evangelisten Johannes war die tiefe Ironie, die in Kaiphas' Worten
lag, klar. Als Hoherpriester wies er in einer prophetischen Äußerung,
von der er nicht einmal wußte, daß er sie aussprach, auf das letzte
Opferlamm hin. Kaiphas war der Ansicht, daß Jesus getötet werden müsse,
und Gott machte seine Worte zu einem Hinweis auf den stellvertretenden
Sühnetod Jesu. Jesu Tod sollte in Gottes Augen als vollkommene Erfüllung
des Gesetzes das alte System aufheben. Er starb nicht nur für die Juden,
sondern für die ganze Welt und schuf auf diese Weise etwas Neues
(vgl. Eph 2,14-18;3,6 ). Der Hohe Rat faßte also den Beschluß, Jesus zu
töten.
Joh 11,54
Jesus aber zog sich von Betanien etwa 20 Kilometer nördlich in eine
Stadt mit Namen Ephraim zurück. Die kleine Ortschaft bot ihm Zuflucht
und lag nahe genug bei der Wüste, so daß er, falls es nötig würde,
fliehen konnte.
Joh 11,55-57 Zum Passafest gingen viele jüdische Pilger nach Jerusalem und fragten dort nach Jesus . Bis jetzt ( Joh 2,13-25 ) hatte er stets an den nationalen Festen teilgenommen und bei dieser Gelegenheit öffentlich im Tempel gepredigt. Würde er das weiterhin tun? Große Volksmengen versammelten sich in der Stadt und warteten auf ihn. Die religiösen Machthaber aber hatten Befehl gegeben: Wenn jemand weiß, wo er ist, soll er's anzeigen, damit sie ihn ergreifen könnten . |