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Johannesevangelium Walvoord  Edwin A. Blum

Johannes Kapitel 11

Johannes 11 Zusammenfassung

  1. Lazarus: Der Bruder von Maria und Marta, der krank ist.
  2. Bethanien: Das Dorf, in dem Lazarus, Maria und Marta leben.
  3. Krankheit: Die Krankheit von Lazarus.
  4. Jesus' Liebe: Jesus liebt Lazarus, Maria und Marta.
  5. Verzögerung: Jesus zögert, nach Bethanien zu gehen.
  6. Tod: Lazarus stirbt.
  7. Trauer: Maria und Marta trauern um ihren Bruder.
  8. Glaube: Marta bekennt ihren Glauben an Jesus.
  9. Auferstehung: Jesus spricht über die Auferstehung.
  10. Ich bin die Auferstehung: Jesus offenbart sich als die Auferstehung und das Leben.
  11. Weinen: Jesus weint mit den Trauernden.
  12. Grab: Jesus geht zum Grab von Lazarus.
  13. Stein: Der Stein vor dem Grab wird weggenommen.
  14. Lazarus, komm heraus!: Jesus ruft Lazarus aus dem Grab.
  15. Auferweckung: Lazarus wird von den Toten auferweckt.
  16. Zeichen: Die Auferweckung von Lazarus ist ein großes Zeichen.
  17. Glaube: Viele Juden kommen zum Glauben an Jesus.
  18. Pharisäer: Die Pharisäer planen, Jesus zu töten.
  19. Hoher Rat: Der Hohe Rat berät über Jesus.
  20. Kajaphas: Der Hohepriester Kajaphas spricht über den Tod Jesu für das Volk.


 

E. Die Auferweckung des Lazarus

( 11,1 - 44 )

 

Der Höhepunkt der Wunder Jesu, die Auferweckung des Lazarus, war der öffentliche Beweis für die Wahrheit seines Anspruchs: "Ich bin die Auferstehung und das Leben." Der Tod ist der große Schrecken, den die Sünde in die Welt gebracht hat ( Röm 5,12; Jak 1,15 ). Der physische Tod ist gleichsam das "Lehrbeispiel" Gottes für das, was die Sünde im geistlichen Leben des Menschen bewirkt. Wie der physische Tod das Leben beendet und die Menschen voneinander trennt, so bedeutet der geistliche Tod die Trennung der Menschen von Gott und den Verlustdes Lebens, das in Gott ist ( Joh 1,4 ). Jesus ist gekommen, damit die Menschen das volle Leben haben können ( Joh 10,10 ). Wer ihn verwirft, wird das Leben nicht "sehen" ( Joh 3,36 ) und am Ende in den "zweiten Tod", den Feuersee, geworfen werden ( Offb 20,14-15 ).

 

 

Joh 11,1-2

 

Von Lazarus ist im Neuen Testament nur an dieser Stelle und in Kap. 12 die Rede. Betanien (vgl. Joh 11,18 ) lag östlich des Ölbergs (ein zweites Betanien gab es in Peräa; vgl. Joh 1,28 ). Das Lukasevangelium berichtet etwas ausführlicher über die beiden Schwestern des Lazarus, Maria und Marta ( Lk 10,38-42 ). Maria war dieselbe, die den Herrn später (vgl. Joh 12,1-10 ) mit Salböl salbte und seine Füße mit ihrem Haar trocknete . Wahrscheinlich setzt der Evangelist Johannes hier voraus, daß die Leser seines Evangeliums Maria kannten (vgl. Mk 14,3-9 ).

 

 

Joh 11,3

 

Anscheinend hatten die Schwestern gedacht, daß Jesus, der ja die Macht hatte, Menschen zu heilen, und Lazarus zudem sehr liebte, sofort auf ihre Nachricht, daß er erkrankt war, reagieren und kommen würde.

 

 

Joh 11,4

 

Doch Jesus machte sich keineswegs sofort nach Betanien auf (vgl. V. 6 ). Diese Verzögerung hatte nichts damit zu tun, daß er Lazarus nicht genügend liebte (vgl. V. 5 ) oder Angst vor den Juden hatte; er wartete vielmehr, bis der richtige Moment im Plan des Vaters gekommen war. Lazarus' Krankheit sollte nicht zum Tode , d. h. nicht zum dauernden Tod führen, sondern in ihr sollte Jesus verherrlicht werden (vgl. Joh 9,3 ). Darin liegt auch eine gewisse Paradoxie: Jesu Macht und Gehorsam gegenüber dem Vater waren bereits ausreichend erwiesen, die Auferweckung des Lazarus aber führte schließlich zu seinem Tod (vgl. Joh 11,50-53 ), der zugleich seine wahre Herrlichkeit an den Tag brachte ( Joh 17,1 ).

 

 

Joh 11,5-6

 

Trotz seiner Liebe zu allen dreien ( Marta und ihre Schwester und Lazarus ) wartete Jesus also noch zwei Tage, bevor er sich auf den Weg machte. Möglicherweise (V. 11.39 ) war Lazarus auch bereits tot, als Jesus von seiner Krankheit hörte. Jedenfalls tat er alles, was er tat, unter der Führung Gottes (vgl. Joh 7,8 ).

 

 

Joh 11,7-10

 

Seine Jünger wußten, daß es gefährlich für ihn war, nach Judäa zu gehen ( Joh 10,31 ), und versuchten daher, ihn von der Reise abzubringen. Um ihnen klar zu machen, daß er nicht in Gefahr war, sprach Jesus hier "verhüllt", wie in einem Gleichnis, zu ihnen. Er verglich das Tun des Willens Gottes mit dem Gehen (Leben) bei Tageslicht. Das Leben im Bereich des Bösen, in der Dunkelheit, ist dagegen gefährlich. So lange die Menschen dem Plan Gottes folgen, kann ihnen vor der Zeit, die ihnen bestimmt ist, nichts geschehen. Auf die Menschen damals angewandt hieß das, sie hätten Jesus annehmen sollen, solange er als das Licht in der Welt war (vgl. Joh 1,4-7;3,19; 8,12;9,5 ). Mit ihm verließ sie auch diese einzigartige Möglichkeit.

 

 

Joh 11,11-12

 

Dann sagte Jesus: Lazarus, unser Freund, schläft . (Das Wort "Freund" hat in der Schrift eine ganz besondere Bedeutung, vgl. Joh 15,13-14; Jak 2,23 .) Bei diesem "Schlaf" handelte es sich um den Schlaf des Todes. Seit dem Kommen Christi wird der Tod eines Gläubigen als "Schlaf" bezeichnet (vgl. Apg 7,60; 1Kor 15,20; 1Thes 4,13-18 ). Die toten Christen liegen jedoch nicht in einem unbewußten "Schlaf der Seele", nur ihr Körper scheint zu schlafen. Die Jünger aber gingen irrigerweise davon aus, daß Jesus meinte, Lazarus sei nicht gestorben, sondern eingeschlafen (vgl. Joh 11,13 ) und befände sich auf dem Wege der Besserung: Herr, wenn er schläft, wird's besser mit ihm.

 

 

Joh 11,13-15

 

Wie so oft in den Evangelien sprach Jesus auch hier von einer Sache, doch die Jünger dachten an eine andere. Die Worte "Lazarus ist gestorben; und ich bin froh um euretwillen, daß ich nicht dagewesen bin" scheinen im ersten Moment schockierend. Doch wenn Lazarus nicht gestorben wäre, hätten die Jünger (und alle späteren Leser des Evangeliums) nicht die einzigartige Möglichkeit gehabt, durch dieses Ereignis neue Glaubenskraft zu gewinnen. Lazarus starb, damit ihr glaubt .

 

 

Joh 11,16

 

Thomas wird wegen des Zwischenfalls, von dem in Joh 20,24-25 die Rede ist häufig auch der "ungläubige Thomas" genannt. Hier übernahm er jedoch die Führung und bewies seine Treue zu Jesus, die bis in den Tod ging. In der Äußerung "daß wir mit ihm sterben" liegt nichtsdestoweniger eine gewisse Ironie. Auf der einen Seite enthüllt sie Thomas' Unwissenheit in bezug auf die Einzigartigkeit des Sühnetods Christi. Auf der anderen Seite ist sie eine Prophezeiung des Schicksals vieler Jünger ( Joh 12,25 ).

 

 

Joh 11,17

 

Lazarus war anscheinend schon bald nach der Abreise der Boten gestorben, als Jesus noch eine Tagesreise entfernt war. Da es in Palästina sehr warm ist und die Verwesung rasch eintritt, wurde ein Mensch gewöhnlich noch an demselben Tag, an dem er gestorben war, begraben (vgl. V. 39 ).

 

Joh 11,18-19

 

Die Tatsache, daß Betanien nahe bei Jerusalem war, etwa eine halbe Stunde entfernt , weist auf zweierlei hin. Erstens erklärt sie, warum so viele Juden aus Jerusalem Zeuge der Auferweckung des Lazarus wurden (V. 45 - 46 ), und zweitens bereitet sie den Leser auf den kommenden Höhepunkt des Wirkens Jesu, der in dieser Stadt geschehen sollte, vor. Wenn ein Mensch starb, trauerten die Juden längere Zeit. Es galt dabei als fromme Pflicht, die trauernden Hinterbliebenen zu trösten .

 

 

Joh 11,20-22

 

Marta, die Tatkräftige, ging Jesus entgegen, während Maria , die kontemplative Schwester, wartete. (Vgl. Lk 10,39-42 ,wo die beiden Schwestern ähnlich charakterisiert werden.) Martas Gruß war so etwas wie ein Glaubensbekenntnis. Sie war überzeugt, daß Jesus ihren Bruder hätte heilen können, wenn er da gewesen wäre. Darin scheint keine Kritik an Jesus zu stecken, denn sie wußte ja, daß ihr Bruder bereits tot war, als die Boten bei Jesus anlangten. Ihre Worte "aber auch jetzt weiß ich: was du bittest von Gott, das wird dir Gott geben" könnten zwar als Hinweis auf die Aufweckung ihres Bruders verstanden werden, doch ihr Protest vor dem Grab ( Joh 11,39 ) und ihre Worte in Vers 24 widersprechen dieser Interpretation. Was sie hier sagte, war also wohl nur ganz allgemein ein Ausdruck ihrer Überzeugung, daß Jesus den Segen des Vaters besaß.

 

 

Joh 11,23-24

 

Dein Bruder wird auferstehen . Mit diesen Worten eröffnete Jesus sein Gespräch mit Marta. Diese dachte dabei jedoch nicht an eine sofortige Auferstehung, sondern an die Auferstehung am Jüngsten Tage .

 

 

Joh 11,25-26

 

Ich bin die Auferstehung und das Leben . Das ist die fünfte von Jesu großen "Ich bin"-Aussagen. Die Auferstehung und das neue Zeitalter sind bereits jetzt Wirklichkeit, weil Jesus Herr über das Leben ist ( Joh 1,4 ). Seine Worte über Leben und Tod scheinen paradox: Der Tod eines Gläubigen führt in das neue Leben. Ein Gläubiger lebt so, daß er in geistlicher Hinsicht nimmermehr sterben wird . Er hat das ewige Leben ( Joh 3,16;5,24;10,28 ); das Ende des physischen Lebens ist nur ein Schlaf des Körpers, bis er auferweckt wird zum Leben. Im Tod geht der geistige Teil seines Körpers, die Seele, zum Herrn (vgl. 2Kor 5,6.8; Phil 1,23 ).

 

 

Joh 11,27

 

Marta bekannte ihren Glauben an Christus. Sie stimmte Jesu Aussage über das ewige Leben für die, die glauben, zu. Dann bekannte sie drei Dinge: Jesus ist (a) der Christus ("Messias"), (b) der Sohn Gottes - das ist wahrscheinlich ein Messiastitel (vgl. Joh 1,49; Ps 2,7 ) - und (c) der, der in die Welt gekommen ist (wörtlich: "der Kommende"; vgl. Joh 12,13 ). Marta glaubte, daß Jesus der Messias war, der gekommen war, um Gottes Willen zu tun, doch sie hatte bis jetzt noch keinen Hinweis auf das Wunder, das er an ihrem Bruder vollbringen würde.

 

 

Joh 11,28-30

 

Dann richtete Marta ihrer Schwester Maria aus, daß Jesus, der Meister, da sei und nach ihr rufe. Offensichtlich wünschte Jesus eine private Unterredung mit Maria, vielleicht, um sie zu trösten und zu unterweisen. Der Titel "Meister", den Marta hier verwendete, ist bemerkenswert, denn gewöhnlich lehrte ein jüdischer Rabbi keine Frauen (vgl. Joh 4,1-42 ).

 

 

Joh 11,31-32

 

Marias plötzlicher Aufbruch, um Jesus zu sehen, veranlaßte die Juden, die bei ihr im Hause waren und sie trösteten, ihr zu folgen , daher wurde ein privates Gespräch mit Jesus unmöglich. Als Maria zu Jesus kam, fiel sie ihm zu Füßen . Sie hatte schon einmal zu Jesu Füßen gesessen und seiner Lehre zugehört ( Lk 10,39 ) und begrüßte ihn nun auf dieselbe Weise wie zuvor ihre Schwester ( Joh 11,21 ). Auch sie gab der Ansicht Ausdruck, daß die Tragödie nicht eingetreten wäre, wenn Jesus da gewesen wäre. Ihr Glaube war aufrichtig, doch begrenzt.

 

 

Joh 11,33-34

 

In schroffem Kontrast zu der Gleichgültigkeit oder dem fehlenden Mitgefühl, die etwa die griechischen Götter kennzeichnen, bestätigten Jesu Gefühle in dieser Situation, daß er wirklich mit den Menschen verbunden war. Er ergrimmte im Geist ( enebrimEsato , von enebrimaomai ; dieses griechische Verb steht nur fünfmal im Neuen Testament und bezieht sich jedesmal auf Gefühle oder Worte des Herrn oder der Jünger; Mt 9,30; Mk 1,43;14,5; Joh 11,33.38 ).

Warum war Jesus zornig? Manche Forscher sind der Ansicht, daß er sich über den Unglauben und die geheuchelte Trauer der Menschen ärgerte. Das scheint vom Text her jedoch nicht sehr plausibel. Eher trifft es zu, daß Jesus zornig war über die Tyrannei Satans, der durch die Sünde Leid und Tod über die Menschen gebracht hatte (vgl. Joh 8,44; Hebr 2,14-15 ). Er war sehr betrübt ( etaraxen , wörtlich: "bewegt", wie das Wasser im Teich in Joh 5,7; vgl. Joh 12,27;13,21;14,1.27 ); seine Trauer war wohl auf den Konflikt mit der Sünde, dem Tod und Satan zurückzuführen.

 

 

Joh 11,35-37

 

Jesus weinte anders als die Menschen weinten. Sein stilles Tränenvergießen ( edakrysen ) unterschied sich von ihrem lauten Wehklagen ( klaiontas ; V. 33 ). Er weinte über die tragischen Folgen der Sünde. Die Menge aber deutete seine Tränen als Ausdruck der Liebe oder der Trauer, weil er nicht dagewesen war, um Lazarus zu retten.

 

 

Joh 11,38-39

 

Noch ganz aufgewühlt (vgl. den Kommentar zu "ergrimmte im Geist"; V. 33 ) kam er zum Grab . Die jüdischen Gräber waren meist in Kalkstein gehauene Nischen oder Höhlen in einer Steinmauer. Vor der Nische lag ein Stein. Jesus befahl: "Hebt den Stein weg!" Wer diesem Befehl nachkam, lief zwar Gefahr, sich zu verunreinigen, doch es war unbedingter Gehorsam nötig, wenn Jesu Vorhaben in die Tat umgesetzt werden sollte. Die ganze Szene war hochdramatisch. Die Menge stand schweigend da, wartete und hörte zu. Maria weinte laut, und Marta protestierte, weil nach den vier Tagen , die ihr Bruder bereits im Grab lag, mit Sicherheit bereits die Verwesung eingesetzt hatte.

 

 

Joh 11,40

 

Jesus aber erinnerte Marta an seine zuvor gegebene Verheißung (V. 25 - 26 ; vgl. V. 4 ). Wenn sie seinem Wort, daß er die Auferstehung und das Leben sei, glaubte und sich darauf verließ, sollte sie die Herrlichkeit Gottes sehen . Doch wenn die Schwestern Jesus nicht sowieso vertraut hätten, hätten sie ihm wohl kaum die Erlaubnis gegeben, das Grab zu öffnen.

 

 

Joh 11,41-42

 

Als der Stein entfernt worden war, stieg die allgemeine Spannung. Was würde Jesus nun tun? Er dankte einfach nur seinem Vater, daß er ihn erhört hatte . Jesus wußte, daß er in dieser Manifestation seiner Liebe und seiner Macht den Willen Gottes tat. Sein Dankgebet war für die Öffentlichkeit gedacht, nicht, damit er als Wundertäter verehrt, sondern damit der Gehorsam des Sohnes gegenüber dem Vater deutlich würde. Daß der Vater seine Bitte erfüllte, sollte für das Volk der Beweis sein, daß er von ihm gesandt war, und den Glauben der Menschen wecken (vgl. Elias Gebet, 1Kö 18,37 ).

 

 

Joh 11,43-44

 

An anderer Stelle hatte Jesus gesagt, daß die Menschen seine Stimme vernehmen und aus ihren Gräbern herauskommen werden ( Joh 5,28-29 ) und daß seine Schafe seine Stimme hören ( Joh 10,16.27 ). Nach kurzem Gebet rief ( ekraugasen ) er Lazarus mit lauter Stimme beim Namen. Das hier verwendete Verb für "rufen" kommt nur neunmal im Neuen Testament vor, davon achtmal in den Evangelien ( Mt 12,19; Lk 4,41; Joh 11,43;12,13;18,40;19,6.12.15; Apg 22,23 ).

Jesus rief nur drei Worte: "Lazarus, komm heraus!" (Augustinus hat einmal gesagt, daß, wenn Jesus nicht Lazarus' Namen gesagt hätte, alle Toten aus den Gräbern gekommen wären.) Sofort kam der Verstorbene heraus . Da er mit Grabtüchern an Füßen und Händen gebunden war, mußte allein Gottes Macht ihn herausgebracht haben. Jesu Anweisung "löst die Binden" ermöglichte es ihm, wieder aus eigener Kraft zu gehen und war gleichzeitig der Beweis, daß er lebendig und kein Geist war.

Dieses Ereignis veranschaulicht in eindrücklichster Weise, wie der Sohn Gottes den Menschen das Leben schenkt. Den Heiligen des Kirchenzeitalters wird er es bei der Entrückung bringen ( 1Thes 4,16 ), den Heiligen des Alten Testaments ( Dan 12,2 ) und den Heiligen der Zeit der großen Trübsal ( Offb 20,4.6 ) bei seiner Rückkehr. Doch schon jetzt beruft er die geistlich Toten zum geistlichen Leben. Viele, die durch Sünden und Vergehen bereits tot sind, glauben und kommen durch die Macht Gottes zum Leben ( Eph 2,1-10 ).

 

 

F. Der Plan, Jesus zu töten

( 11,45 - 57 )

 

Joh 11,45-47 a

 

Jesu Selbstoffenbarungen provozierten jeweils zweierlei Reaktionen. Für viele von den Juden war dieses Wunder ein eindeutiger Beweis für die Wahrheit seines Anspruchs, und sie glaubten an ihn . Andere dagegen wurden nur noch verstockter oder wußten überhaupt nicht mehr, was sie denken sollten. Sie gingen hin zu seinen Feinden, den Pharisäern, und sagten ihnen, was Jesus getan hatte . Dieses letzte wunderbare Zeichen war so bedeutsam, daß die Hohenpriester und die Pharisäer beschlossen, eine Krisensitzung des Hohen Rats einzuberufen (zum Hohen Rat vgl. den Kommentar zu Joh 3,1 ). Zweifellos dachten sie, Jesus sei eine Art Zauberer, der mittels irgendwelcher geheimnisvoller Künste die Menschen verführte.

 

 

Joh 11,47-48 (Joh 11,47b-48)

 

Der Hohe Rat erkannte, daß er Jesus mit den bisherigen Mitteln nicht ausschalten konnte. Durch offizielle Mißbilligung, "Exkommunikation" und Streitgespräche war seinem Einfluß kein Einhalt mehr zu gebieten. Sie befürchteten einen Aufstand, der die Römer auf den Plan riefe, die ihnen Land (den Tempel) und Leute nehmen würden.

 

 

Joh 11,49-50

 

Kaiphas war in dem Jahr Hoherpriester (vgl. Joh 18,13-14.24.28 ). Ursprünglich wurde der Hohepriester lebenslang in sein Amt berufen, doch die Römer wollten verhindern, daß ein einzelner Mann zu großen Einfluß gewann, und behielten sich daher seine Ernennung vor. Kaiphas amtierte von 18 bis 36 n. Chr. Wie sehr er Jesus verachtete, zeigte sich an seinen Worten: "Ihr wißt nichts!" Er war der Ansicht, daß dieser Mensch geopfert werden müsse, wenn die römische Besatzungsmacht dem Volk weiterhin wohlgesonnen bleiben sollte. Die Alternative war seiner Ansicht nach die Zerstörung des jüdischen Volkes durch einen Krieg ( Joh 11,48 ). Sein Entschluß sollte jedoch den Krieg nicht verhindern können. Das jüdische Volk folgte falschen Hirten in einen Krieg gegen Rom (66 - 70 n. Chr.), nach dem es dann als Nation tatsächlich zerstreut wurde.

 

Joh 11,51-53

 

Dem Evangelisten Johannes war die tiefe Ironie, die in Kaiphas' Worten lag, klar. Als Hoherpriester wies er in einer prophetischen Äußerung, von der er nicht einmal wußte, daß er sie aussprach, auf das letzte Opferlamm hin. Kaiphas war der Ansicht, daß Jesus getötet werden müsse, und Gott machte seine Worte zu einem Hinweis auf den stellvertretenden Sühnetod Jesu. Jesu Tod sollte in Gottes Augen als vollkommene Erfüllung des Gesetzes das alte System aufheben. Er starb nicht nur für die Juden, sondern für die ganze Welt und schuf auf diese Weise etwas Neues (vgl. Eph 2,14-18;3,6 ). Der Hohe Rat faßte also den Beschluß, Jesus zu töten.

 

 

Joh 11,54

 

Jesus aber zog sich von Betanien etwa 20 Kilometer nördlich in eine Stadt mit Namen Ephraim zurück. Die kleine Ortschaft bot ihm Zuflucht und lag nahe genug bei der Wüste, so daß er, falls es nötig würde, fliehen konnte.

 

 

Joh 11,55-57

 

Zum Passafest gingen viele jüdische Pilger nach Jerusalem und fragten dort nach Jesus . Bis jetzt ( Joh 2,13-25 ) hatte er stets an den nationalen Festen teilgenommen und bei dieser Gelegenheit öffentlich im Tempel gepredigt. Würde er das weiterhin tun? Große Volksmengen versammelten sich in der Stadt und warteten auf ihn. Die religiösen Machthaber aber hatten Befehl gegeben: Wenn jemand weiß, wo er ist, soll er's anzeigen, damit sie ihn ergreifen könnten .