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Edwin A. Blum
Johannes Kapitel 5
Johannes 5 Zusammenfassung:
B. Jesu Kontroverse in Jerusalem
( Joh 5 )
1. Die Heilung eines Gelähmten
( 5,1 - 15 )
Joh 5,1
Danach war ein Fest der Juden, und Jesus zog hinauf nach Jerusalem .
Dieses "Fest" wird nicht genauer bezeichnet (in manchen Handschriften
fehlt der Hinweis darauf sogar ganz), doch es ist möglich, daß es sich
um das Passafest handelte. Jesus nahm noch an drei weiteren Passafesten
teil ( Joh 2,23;6,4;11,55 ). Wahrscheinlich wollte Johannes hier nur
begründen, warum Jesus sich in Jerusalem aufhielt.
Joh 5,2
Nördlich des Tempelbezirks befand sich ein Teich, der heißt hebräisch
Betesda (vgl. die Karte zur Lage des Teiches). Ausgrabungen eines
Brunnens in der Nähe des Schaftores haben fünf Säulenhallen bzw.
überdachte Hallen zutage gefördert, die die Genauigkeit dieser
Beschreibung bestätigen. Betesda bestand genaugenommen aus zwei Brunnen,
die direkt nebeneinander lagen.
Joh 5,3 a
Die vielen Kranken sind zugleich ein Bild für die große geistliche Not
in der Welt.
Joh 5,3-4 (Joh 5,3b-4)
In den frühesten Handschriften fehlen diese Verse. Wahrscheinlich wurden
sie später eingefügt als Erklärung, warum das Wasser des Teiches sich
"bewegte" (V. 7 ). Die Menschen glaubten, daß in regelmäßigen Abständen
ein Engel käme und das Wasser berühre. Nach der Überlieferung sollte der
erste, der danach hineinstieg, geheilt werden. In der Bibel ist
allerdings nirgendwo sonst von diesem Aberglauben, einer Situation, die
wohl jedesmal in einen für die meisten Kranken sehr grausamen Wettkampf
ausartete, die Rede. Keine einzige Handschrift vor 400 n. Chr. enthält
einen Hinweis darauf.
Joh 5,5
Am Sabbat (V. 9 ) dieses Festes nun wandte Jesus sich einem Menschen zu,
der bereits seit achtunddreißig Jahren krank war. Johannes sagt nicht,
an welcher Krankheit er litt oder ob er von Geburt an krank war. Auf
jeden Fall war seine Lage aussichtslos.
Joh 5,6
Das Wort vernahm bedeutet nicht, daß Jesus von anderen erfuhr, daß der
Mann schon so lange krank war, sondern daß er es einfach wußte (im
Griechischen gnous , "wissend"; vgl. Joh 1,48;2,24-25;4,18 ). Seine so
seltsam klingende Frage " willst du gesund werden? " diente dazu, die
Aufmerksamkeit des Mannes auf sich zu lenken und seinen Willen und seine
Hoffnung zu wecken. Das größte Problem in geistlicher Hinsicht ist ja
immer wieder, daß die Menschen entweder nicht erkennen, daß sie krank
sind (vgl. Jes 1,5-6; Lk 5,31 ), oder nicht geheilt werden wollen.
Meistens sind sie - zumindest für eine Weile - ganz glücklich in ihrer
Sünde.
Joh 5,7
Der Mann antwortete, daß ihm nicht der Wunsch, geheilt zu werden, fehle,
sondern die Möglichkeit dazu, denn er hatte keinen Menschen, der ihn in
den Teich brachte, wenn das Wasser sich bewegte . Er hatte es versucht,
war jedoch immer zu spät gekommen.
Joh 5,8
Da sprach Jesus zu ihm: Steh auf, nimm dein Bett und geh hin! Zugleich
mit dem Aussprechen dieses Befehls wurde der Mann in die Lage versetzt,
ihm zu gehorchen. Wie bei dem toten Lazarus ( Joh 11,43 ) bewirkte Jesu
Wort gleichzeitig auch seine Erfüllung - ein Bild für die Bekehrung. In
dem Menschen, der Gottes Forderung zu glauben gehorcht, wirkt Gott durch
sein Wort.
Joh 5,9-10
In der sofortigen Heilung des Mannes trat Gottes übernatürliche Macht
zutage, denn er nahm sein Bett und ging hin . Die so lange gelähmten
Muskeln waren urplötzlich wieder voll funktionsfähig. Schon Jesaja hatte
prophezeit, daß die Lahmen in den Tagen des Messias "springen (werden)
wie ein Hirsch" ( Jes 35,1-7 ). Hier in Jerusalem geschah nun das
öffentliche Zeichen, daß der Messias gekommen war.
Der Sabbat gab ständig Anlaß zu Streitigkeiten zwischen Jesus und seinen
theologischen Gegnern (vgl. Mk 2,23-3,4 ). Das mosaische Gesetz verbot
jegliche Arbeit am siebten Tag der Woche. Die späteren jüdischen
religiösen Machthaber fügten dem weitere, außerordentlich komplizierte
und beschwerliche Gesetze hinzu. Häufig verschleierten diese
menschlichen Überlieferungen die ursprüngliche Absicht, die den Geboten
Gottes zugrunde lag. "Der Sabbat ist um des Menschen willen gemacht"
( Mk 2,27 ), an diesem Tag soll er sich ausruhen und Zeit zum
Gottesdienst und zur Freude haben. Die strengen Traditionen der Juden
(nicht etwa das Alte Testament) schrieben vor, daß, wer an einem Sabbat
etwas aus einem bestimmten Zweck von einem öffentlichen an einen
privaten Ort beförderte, zu steinigen sei. Der Mann, den Jesus soeben
geheilt hatte, war also in Gefahr, sein Leben zu verlieren.
Joh 5,11
Der Geheilte wußte das jedoch und kam dem Vorwurf, die Tradition
verletzt zu haben, zuvor, indem er sagte, daß er nur einen Befehl
ausgeführt habe.
Joh 5,12-13
Natürlich waren die Machthaber an der Identität dieses Menschen, der dem
Invaliden quasi befohlen hatte, ihre Regeln zu übertreten,
interessiert. Der aber gesund geworden war, wußte nicht, wer es war ; es
scheint sich hier also um eine Heilung gehandelt zu haben, bei der der
Glaube keine Rolle spielte. Der Gelähmte war von Jesus aus Gnade erwählt
worden, weil er in Not war und weil Jesus Gottes Herrlichkeit an ihm
erweisen wollte. Unmittelbar darauf war Jesus entwichen, da so viel Volk
an dem Ort war (vgl. Joh 8,59;10,39;12,36 ). Daher wußte niemand, wer
den Mann geheilt hatte.
Joh 5,14-15
Später fand Jesus den Geheilten im Tempel . Das Verb "finden" setzt
voraus, daß er ihn suchte, weil er mit ihm sprechen wollte. Doch der
vormals Gelähmte schien Jesus nicht besonders dankbar zu sein; sein
Verhalten setzt ihn jedenfalls in ziemlich schlechtes Licht. Jesu
Warnung ( sündige hinfort nicht mehr, daß dir nicht etwas Schlimmeres
widerfahre ) bedeutet nicht, daß die Lähmung durch eine bestimmte Sünde
hervorgerufen wurde (vgl. Joh 9,3 ), wenngleich alle Krankheit und auch
der Tod letztlich aus der Sünde kommen, sondern sollte ihn darauf
hinweisen, daß sein tragisches Leben - 38 Jahre der Krankheit - nichts
waren angesichts der Verdammung in der Hölle, die ihm drohte, wenn er
weiter sündigte. Jesus wollte nicht nur den Körper heilen, weit
wichtiger war ihm die Heilung der Seele.
2. Die Lehre Jesu
( 5,16-47 )
Joh 5,16
All dies hatte Jesus am Sabbat getan . Außer von der Heilung des
Gelähmten ( Joh 5,1-15 ) berichtet Johannes später noch von der Heilung
eines Blinden, die ebenfalls am Sabbat geschah ( Joh 9 ). Auch das
Ährenraufen ( Mk 2,23-28 ), die Heilung des Mannes mit der verdorrten
Hand ( Mk 3,1-5 ), die Heilung der Frau, die 18 Jahre gelähmt gewesen
war ( Lk 13,10-17 ), und die Heilung des Wassersüchtigen ( Lk 14,1-6 )
fanden am Sabbat statt. Hier zeigt sich, daß Jesus eine völlig andere
Auffassung vom Sabbat hatte als seine Widersacher. Letzere mußten im
Laufe der Kontroversen immer häufiger Niederlagen einstecken, während
die Menge sich immer stärker Jesus zuwandte. Doch das führte lediglich
dazu, daß sie ihn nun verfolgten und zu töten versuchten ( Joh
5,16.18;7,19.25 ).
Joh 5,17
Am siebten Tag ruhte Gott von seinem Schöpfungswerk ( 1Mo 2,2-3 ). Doch
Jesus wies zur Rechtfertigung dafür, daß er am Sabbat heilte, auf
das ständige Wirken Gottes hin. In jeder Sekunde erhält Gott das
Universum, bringt neues Leben hervor und sucht die Menschen heim. Daher
konnte es auch kein Unrecht sein, wenn sein Sohn am Sabbat Werke der
Gnade und Barmherzigkeit tat. Vor allem die Worte mein Vater sind
wichtig. Jesus sagte nicht "euer" oder wenigstens "unser Vater". Der
Anspruch auf Gottheit, der sich darin manifestierte, entging seinen
Gegnern nicht.
Joh 5,18
Hatte bereits der Streit um den Sabbat genügt, um den Haß der religiösen
Machthaber gegen Jesus zu schüren, so konnten sie seinen implizit zum
Ausdruck gebrachten Anspruch, daß Gott sein Vater sei, auf keinen Fall
hinnehmen. Für die Juden ist Gott einer und einzig, niemand kommt ihm
gleich. Was Jesus hier behauptete, war deshalb in ihren Augen eine
ungeheuerliche Gotteslästerung. Wer behauptete, Gott gleich zu sein,
postulierte im Grunde genommen den Polytheismus. Die anmaßende und
arrogante Unabhängigkeit, die in dieser Aussage steckte, war zutiefst zu
verurteilen. Im Talmud wurden vier Menschen als hochmütig gebrandmarkt,
weil sie sich Gott gleichgesetzt hatten: der heidnische Herrscher Hiram,
Nebukadnezar, Pharao und der jüdische König Joasch.
Joh 5,19
Doch Jesus erklärte gleichzeitig, daß er keinesfalls unabhängig vom
Vater sei oder sich ihm widersetze. Er tat nichts von sich aus . Der
Vater hat den Sohn gesandt und leitet ihn. Das Wirken des Sohnes ahmt
das Wirken des Vaters nach, beide sind immer zusammen am Werk. (Zu der
Wendung wahrlich, wahrlich, ich sage euch vgl. den Kommentar zu Joh
1,51 .)
Joh 5,20
Der Sohn ist in nichts unabhängig vom Vater oder lehnt sich gar gegen
ihn auf. Sie sind in beständiger Liebe miteinander verbunden. Der Sohn
tut nicht einfach einen Teil von Gottes Willen; er weiß um alles, was
der Vater tut. Durch den Vater sollte Jesus noch weit überraschendere
Werke vollbringen, als es die Heilungen waren.
Joh 5,21
Eines der Vorrechte der Gottheit ist die Macht über Leben und Tod. (Ein
König von Israel fragte Naaman: "Bin ich denn Gott, daß ich töten und
lebendig machen könnte?"; 2Kö 5,7 .) Zu den größten Wundern ( Joh
5,20 ), die Jesus tat, zählte, daß er den Menschen das Leben
brachte. Der Sohn (macht) lebendig, welche er will - so wie er auch aus
der Menge der Kranken, die ihn umgaben, einen auswählte, um ihn zu
heilen. Zum Geschenk des Lebens gehören das geistliche (ewige) Leben und
der auferstandene Körper, wie die Auferweckung des Lazarus zeigt ( Joh
11 ).
Joh 5,22
Die Macht des Sohnes, das Leben zu bringen, ist allerdings auch unlösbar
verbunden mit seinem Recht, die Menschheit zu richten (vgl. V. 27 ). Der
Vater hat sein eschatologisches Vorrecht in Jesu Hände gelegt.
Joh 5,23
Jesu Einheit mit seinem Vater ist so vollkommen, daß die Ehre Gottes an
ihn gebunden ist. Gott, den Sohn , zu verwerfen oder ihm nicht die Ehre
zu geben, heißt, Gott, den Vater , abzulehnen oder zu mißachten.
Joh 5,24
Da Jesus eins mit Gott ist und die göttlichen Vorrechte, von denen
in 19-23 die Rede war, besitzt, hat, wer seiner Botschaft und seinem
Vater vertraut, schon jetzt das ewige Leben (vgl. Joh 3,36 ). Er wird am
Ende der Zeit nicht dem Gericht übergeben werden ("er wird nicht
gerichtet"; vgl. Joh 3,18; Röm 6,13; 8,1 ), weil er schon jetzt aus
demeinen Reich - dem Tod - in das andere - das Leben - eingegangen ist
(vgl. Eph 2,1.5 ). Nur noch ein einziges Mal im Neuen Testament (in 1Joh
3,14 ) steht die Wendung "daß wir aus dem Tode in das Leben gekommen
sind".
Joh 5,25
Jesu lebenschenkende Macht kann einen Menschen vom Tod auferwecken ( Joh
11,43 ), alle, die in den Gräbern sind ( Joh 5,28-29 ), auferstehen
lassen und einen jeden aus dem geistlichen Tod in das ewige Leben
(V. 24 ) berufen. (Die Worte es kommt die Stunde stehen viermal im
Johannesevangelium: Joh 4,21.23;5,25.28 .)
Joh 5,26-27
Hier sprach Jesus nochmals von den beiden wichtigsten Vorrechten, die
ihm Gott übertragen hat: der Macht über Leben und Tod (V. 21.24 - 26 )
und der Vollmacht zum Gericht (vgl. V. 22.24 - 25.27 ). Beide besaß er,
weil der Vater ... das Leben ... dem Sohn ... gegeben hat. Das gilt für
Zeit und Ewigkeit. Christus, der Logos , besitzt in sich selbst das
Leben als ewiges Geschenk seines Vaters ( Joh 1,4 ), und in der
Inkarnation wurde ihm zusätzlich die Vollmacht gegeben, das Gericht zu
halten . Als der Menschensohn (vgl. Dan 7,13 ) hat er also alle
Vollmacht.
Joh 5,28-29
Seine Hörer sollten sich nicht wundern , daß diejenigen, die glauben,
vom Tode zum Leben hindurchdringen (V. 24 ), denn in der Zukunft werden
alle auf sein Gebot hin auferstehen. Von dieser universalen Auferstehung
ist bereits in Dan 12,1 - 2 die Rede. Andere Textstellen sprechen davon,
daß die Auferstehung zum Leben, "die erste Auferstehung", in Stufen vor
sich gehen wird: die Gemeinde wird entrückt werden, die Heiligen aus der
Zeit der großen Trübsal werden beim zweiten Kommen des Herrn am Ende
dieser Zeit auferstehen. Die Auferstehung derer, die gerichtet werden,
wird dann am Ende des Tausendjährigen Reiches erfolgen ( Offb
20,11-15 ). Joh 5,28-29 ist eine der wenigen Stellen im
Johannesevangelium, die einen ausdrücklich eschatologischen Inhalt
haben.
Die Formulierungen "die Gutes getan haben" und "die aber Böses getan
haben" ( ta phaula , "nichtsnutzige Dinge; vgl. Joh 3,20 ) mögen, für
sich betrachtet, vielleicht zu der Schlußfolgerung verführen, daß man
durch "gute Werke" gerettet oder aufgrund böser Taten verdammt wird,
doch wenn man die johanneische Theologie im Zusammenhang betrachtet,
verbietet sich ein solcher Gedanke (vgl. Joh 3,17-21;6,28-29 ). Die, die
wirklich wiedergeboren sind, leben ein anderes Leben. Sie gehorchen Gott
( Joh 14,15 ), sie verlassen sich auf ihn ( Joh 15,5-7 ), und sie
wandeln im Licht ( Joh 8,12; 1Joh 1,7 ). Sie sind gerettet durch das
Lamm Gottes, das stellvertretend für sie die Strafe ihrer Sünde auf sich
nimmt. Rettung bringt nur der Glaube an Christus. Doch wer den Sohn
Gottes verwirft, verfällt dem Gericht ( Joh 3,36 ).
Joh 5,30
Dieser Vers bildet eine Überleitung; er beschließt die Aussagen über die
Einheit Jesu mit dem Vater (V. 19 - 30 ). Der Abschnitt endet, wie er
begann: mit dem Hinweis, daß der Sohn nichts von sich aus tut (vgl.
V. 19 ). Das Gericht , das er halten wird, geht, wie alles, was er tut,
auf den ausdrücklichen Willen des Vaters zurück. Er ist das Sprachrohr
des Vaters, dessen Willen er ausführt. Sein Wille ist es, den Willen des
Vaters zu tun (vgl. Joh 4,34;8,29 ) - ein Beweis dafür, daß er selbst
göttlichen Wesens ist.
Joh 5,31-32
Auf das Thema der Einheit Jesu mit dem Vater folgt nun das Zeugnis des
Vaters für Jesus. Dabei scheinen sich Joh 5,31 und Joh 8,14 zu
widersprechen, in Wirklichkeit sprechen sie jedoch nur von verschiedenen
Dingen. In Joh 5,31 ging es Jesus darum, daß er, wenn er für sich selbst
zeugte, von den jüdischen Machthabern nicht akzeptiert würde. Sie würden
sein Zeugnis als anmaßende Selbsterhöhung sehen. In einem anderen Umfeld
( 8, 14 ) ist sein Zeugnis für sich selbst jedoch vollkommen gültig, da
der Mensch selbst seine eigenen Erfahrungen immer am besten kennt. Jesus
versicherte, daß es ihm nicht um unabhängige Selbstbestätigung ging. Er
unterwarf sich dem Willen des Vaters und ließ sich vom Vater bezeugen.
Joh 5,33-34
Wie bereits erwähnt (vgl. Joh 1,7 ), spielt der Begriff des "Zeugnisses"
im Johannesevangelium eine wichtige Rolle (vgl. dazu auch die Tabelle
zum Begriff "Zeugnis").
So war es die Aufgabe Johannes' des Täufers, Zeugnis zu geben. Ein guter
Zeuge sagt die Wahrheit nach bestem Wissen und Gewissen. Das Zeugnis des
Täufers für Jesus ist unvergänglich ( hat bezeugt ist im Griechischen
Perfekt). Doch nicht Jesus bedurfte des Zeugnisses von einem Menschen ;
Johannes half damit vielmehr den Menschen: Er wies ihnen, die in
Finsternis lebten, das Licht, damit ihr selig werdet . Die große
Bewegung, die er im Volk hervorrief, war nur eine antizipatorische, die
auf Jesus als Lamm Gottes vorauswies.
Joh 5,35
Johannes war nur ein brennendes und scheinendes Licht , noch nicht das
wahre Licht ( Joh 1,9 ). Für eine kleine Weile wurde das jüdische Volk
von ihm aufgerüttelt und freute sich an seiner Botschaft. Eine kurze
Zeitlang glaubten die Menschen, mit ihm sei das messianische Zeitalter
angebrochen. Obwohl seine Predigt in einigen Punkten scharf mit ihnen
ins Gericht ging, versetzte sie das Volk in freudige Erregung. Israel
wurde zwar zurechtgewiesen, doch die Menschen hofften auch, daß nun die
Feinde endlich vernichtet würden.
Joh 5,36
Johannes der Täufer ließ zwar seine Stimme für Gott erschallen, doch er
tat keine Wunder ( Joh 10,41 ). Die "Zeichen" waren besondere Werke, die
zu vollbringen Gott allein dem Sohn vorbehalten hatte. Bereits im Alten
Testament waren diese Wunder prophezeit worden ( Jes 35,5-6 ). Sie waren
der Beweis, daß Gott mit Jesus war und durch ihn wirkte (vgl. Nikodemus'
Worte, Joh 3,2; Jesu Ausführungen in Mk 3,23-29 und die Aussage eines
vormals Blinden, Joh 9,30-33 ).
Joh 5,37-38
Gott tritt als Zeuge für seinen Sohn auf. Der Vater, der mich gesandt
hat, hat von mir Zeugnis gegeben . Doch wann und wie gab bzw. gibt der
Vater Zeugnis vom Sohn? Hier sind anzuführen: (1) bei Jesu Taufe ( Mt
3,17 ), (2) bei seiner Verklärung ( Mt 17,5 ), (3) beim Einzug in
Jerusalem ( Joh 12,28 ), (4) in Jesu Werken ( Joh 3,2 ), (5) im Geist
und Herzen der Menschen ( Joh 6,45 ). Höchstwahrscheinlich bezog sich
Jesus an dieser Stelle auf das innere Wirken Gottes, der den Menschen
bewußt macht, daß Jesus die Wahrheit ist ( Joh 6,45; 1Joh 5,9-12 ). Im
Gegensatz dazu wissen Jesu Widersacher nichts von Gott. Sie haben keine
Vorstellung von ihm und wenden sich nicht an ihn. Sie haben sein Wort ,
die Heilsbotschaft, nicht gehört ( habt ihr nicht in euch
wohnen [ menonta , von menO , "bleiben, bewahren"], weil sie Jesus
ablehnen.
Joh 5,39-40
Die Domäne der jüdischen Religionsführer war das Alte Testament. Sie
glaubten, daß der, der die Worte dieses Buches verstand, sich damit ein
Anrecht auf die zukünftige Welt verschaffe. Wer das Gesetz nicht kannte,
lebte in ihren Augen unter einem Fluch ( Joh 7,49 ). Auch heute noch ist
das Lesen in der Bibel für manche Menschen Selbstzweck und nicht eine
Möglichkeit, etwas über Gott und sein Wesen zu erfahren. In gewisser
Weise waren die Augen dieser jüdischen Gelehrten gehalten ( 2Kor 3,15 );
sie sahen nicht, daß Jesus der Verheißene war, die Erfüllung des
alttestamentlichen Opfersystems, der wahre, gerechte Gottesknecht, der
kommende Prophet, der Menschensohn, der davidische König und der
verheißene Sohn Gottes und Hohepriester. Trotz der Eindeutigkeit der
Offenbarung weigerten sie sich, zu ihm zu kommen und das Leben zu finden
(vgl. Joh 3,19-20 ).
Joh 5,41-42
Vielleicht dachten die Juden, daß Jesus darüber aufgebracht war, daß er
bei ihrer Führungsschicht keine offizielle Anerkennung fand. Doch er
bestritt das. Sie glaubten seine Motivation zu kennen, doch es war
vielmehr so, daß er sie und auch den Grund für ihren Unglauben kannte
(vgl. Joh 2,24-25 ): sie hatten nicht Gottes Liebe (d. h. die
Liebe zu Gott, nicht die Liebe von Gott) in sich. Das größte Gebot aber
lautet, Gott zu lieben ( 2Mo 20,4; 5Mo 6,5 ); die größte Sünde ist es
demgemäß, ihn abzulehnen und statt seiner "das Geschöpf" zu lieben und
ihm zu dienen ( Röm 1,25 ).
Joh 5,43-44
An zwei Dingen zeigte sich die mangelnde Liebe der Menschen zu Gott. (1)
Sie lehnten Christus, den "Stellvertreter" des Vaters, ab. Einen
Botschafter zu schmähen oder zurückzuweisen ist eine Zurückweisung
dessen, der ihn gesandt hat. (2) Sie hörten auf falsche Lehrer oder
Propheten - ein Zeichen, daß sie keinen Bezug zur Wahrheit hatten. Hinzu
kam ihr Wunsch, von der Welt - den sündigen Menschen - akzeptiert und
anerkannt zu werden, während sie die Gnade und den Willen des alleinigen
Gottes ablehnten. Sie besaßen überhaupt nicht die Fähigkeit zu wahrem
Glauben, weil sie sich an der falschen Stelle orientierten: an den
Menschen, nicht an Gott.
Joh 5,45-47
Jesus kam als Retter, nicht als Richter (vgl. Joh 3,17 ). Er wollte die
Menschen nicht verklagen . Mose, dem sie angeblich nachfolgten, hätte
sie verurteilt, weil sie den Bund, den er geschlossen hatte, gebrochen
hatten und nicht auf den, von dem er ihnen gekündet hatte, hörten. Die
Wendung "auf den ihr hofft" impliziert, daß sie glaubten, durch ihre
"guten Werke", d. h. das Halten der Gebote, gerettet zu werden.
Doch wenn die Juden Mose wirklich geglaubt hätten, hätten sie auch
Christus geglaubt, denn Mose hatte über ihn geschrieben . Damit bezog
sich Jesus nicht auf einen bestimmten Text im Alten Testament (vgl. 1Mo
3,15;22,18;49,10; 4Mo 24,17; 5Mo 18,15 ) oder auf ein bestimmtes
Ereignis, einen Gegenstand oder eine Einrichtung (wie z. B. das
Passafest, das Manna, den Felsen, die Opfer oder die
Hohepriesterschaft). Da die Juden jedoch Moses Offenbarung abgelehnt
hatten (vgl. Lk 16,29-31 ), lehnten sie nun auch Jesu Worte ab. An einer
anderen Stelle führte Jesus auch Jesaja als alttestamentlichen Zeugen an
( Mt 13,14.15 ).
C. Jesu Offenbarung in Galiläa
( 6,1 - 7,9 )
1. Jesu Zeichen an Land und auf dem See
( 6,1 - 21 )
a. Die Speisung der Fünftausend
( 6,1 - 15 ) ( Mt 14,13-21; Mk 6,30-44; Lk 9,10-17 )
Die Speisung der Fünftausend ist neben der Auferstehung Jesu das einzige
Wundergeschehen, von dem in allen vier Evangelien berichtet wird. Schon
daran wird deutlich, wie wichtig es war. Jesus selbst legte es in einer
langen Rede aus (V. 22 - 55 ). Eine der Folgen dieses spektakulären
Wunders, das die messianischen Erwartungen des Volkes erneut anheizte,
war jedoch, daß sich viele der Jünger danach von Jesus abwandten
(V. 66 ). |