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JOHANNESBRIEFE
Eschatologie
Der erste Johannesbrief wurde an christliche
Leser geschrieben. Er warnt vor falscher
Lehre und ermutigt die Gläubigen, ein Leben
des Gehorsams zu führen. Johannes schrieb
diesen Brief als Reaktion auf das Anwachsen
philosophischer Einflüsse, welche Frühformen
des Gnostizismus darstellten. Diese
philosophische Lehre besagte, dass das Heil
allein auf Erkenntnis beruhe. Als Irrlehre
hatte sie begonnen, in die Gemeinden
Kleinasiens einzudringen. Johannes reagierte
auf diese Irrlehre, indem er die
Menschwerdung und das Vorbild des
menschlichen Lebens Christi hervorhob. Die
humanistisch-philosophische Lehre der Gnosis
führte zum Doketismus (Christus hat nur
scheinbar einen menschlichen Leib besessen),
zur Askese (man kann einen höheren
geistlichen Stand durch rigorose
Selbstdisziplin und Selbstverleugnung
erreichen) und zur Gesetzlosigkeit (zu der
Überzeugung, dass allein der Glauben
heilsnotwendig sei und das Sittengesetz für
Gläubige ohne Nutzen und daher nicht
verpflichtend sei). Der zweite Johannesbrief
stellt das Liebesgebot heraus. Er warnt vor
falschen Lehrern (V.
7 ) und sagt, dass man die Irrlehrer
unnachgiebig behandeln und ihnen die
Gastfreundschaft verwehren solle. Der
Schlüsselbegriff in diesem Brief ist »die
319 Wahrheit«. Im dritten Brief werden jene
Gemeindeglieder offen zurechtgewiesen, die
Diotrephes gewähren lassen. Dieser hatte die
apostolische Autorität abgelehnt und übte
statt dessen die eigene Autorität in der
Gemeinde aus. Dieser Brief betont die
persönliche Verantwortung in einer Zeit des
Niedergangs.
Die Verfasserschaft aller drei Briefe wird
traditionell dem Apostel Johannes
zugeschrieben. Der Ton dieser Briefe lässt
erkennen, dass der Autor geistliche
Autorität besaß sowie ein Augenzeuge des
irdischen Lebens Jesu Christi war. Darüber
hinaus führen Schreiber des Frühchristentums
- darunter Irenäus, Tertullian und Clemens
von Alexandria - den Apostel Johannes als
Autor an. Alle drei Briefe wurden um 90 n.
Chr. in Ephesus geschrieben.
Von diesen drei Briefen ist der erste
Johannesbrief der einzige, der einige
prophetische Aussagen enthält. Die Schreiber
beschäftigt sich hauptsächlich mit dem
christlichen Wandel in Gemeinschaft mit
Gott, dem Vater. Zunächst wird die Tatsache,
dass der Wille Gottes ewig Bestand hat, der
Vergänglichkeit der weltliche Dinge
gegenübergestellt (
2,17 ). Dies beinhaltet eine Warnung vor
dem Abfall. Als Nächstes wird speziell vor
der Erscheinung des Antichristen gewarnt (
2,18 ). Johannes warnt vor dem Auftreten
vieler, die ihre Feindseligkeit gegenüber
Jesus Christus kundtun. Diese Warnung hat
einen realen Hintergrund und ist auch heute
gültig, da die Gläubigen die Entrückung der
Gemeinde und die Wiederkunft Jesu Christi
erwarten. Angesichts dessen werden Gläubige
ermutigt, eifrig zu sein, dem Herrn zu
dienen, sodass sie bei seiner Ankunft vor
ihm nicht beschämt werden (
2,28 ). Christen müssen dem Herrn
gegenüber vor der
Bema , dem Richterstuhl, über ihr Leben
Rechenschaft ablegen, wo sie hinsichtlich
ihrer Werke als Gläubige beurteilt werden.
Diese Beurteilung findet nach der Entrückung
im Himmel und vor der Wiederkunft statt. Die
Beurteilung ist notwendig, damit Gläubige in
Herrschafts- und Autoritätsstellungen
berufen werden können, die sie zusammen mit
Christus in seiner Funktion als König der
Könige und Herr der Herren ausüben werden,
während er im wörtlichen Sinne auf Erden
herrscht. Diese Warnung betont, wie wichtig
es ist, ein geheiligtes Leben zu führen,
damit die Beurteilung positiv ausfällt.
Schließlich gibt Johannes die Verheißung,
dass die Gläubigen Christus gleich sein
werden (
3,2-3 ). Wenn Christus erscheint, werden
die Gläubigen ihn sehen und erleben, wie ihr
Körper in einen Herrlichkeitsleib der
Auferstehung verwandelt wird - so wie es
damals bei Christus geschah. Diese
Verheißung wird bei der Entrückung der
Gemeinde dem Herrn entgegen in die Luft
erfüllt werden (
1Kor 15,51-58 ). Dann werden die
Gläubigen Christus in seinem
Herrlichkeitsleib sehen, wie er ist. Die
Welt wird den König bis zu seiner
Wiederkunft in Macht und Herrlichkeit nicht
sehen.
Diese Prophezeiungen dienen dazu, die
Verbindung zwischen dem gegenwärtigen Leben
als Christ und der Hoffnung (Erwartung) auf
Entrückung und Wiederkunft Christi
herzustellen. Dann wird er die Gemeinde aus
der Welt herausrufen, damit sie für immer
bei ihm ist. Der zweite und dritte
Johannesbrief enthalten keinerlei
prophetische Aussagen.
Siehe auch:
Antichrist ;
Gerichte, verschiedene .
Rick Bowman
Everett F. Harrison und Charles F. Pfeiffer,
Hrsg.,
Wycliffe Bible Commentary (Chicago:
Moody Press, 1962); John F. Walvoord,
The Prophecy Knowledge Handbook
(Wheaton: Victor Books, 1990); John F.
Walvoord und Roy B. Zuck, Hrsg.,
Walvoord Bibelkommentar (Holzgerlingen:
Hänssler-Verlag, 1992)
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