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Josua

Das Buch Josua

Das Buch Josua ist einerseits Erfüllung und Ziel einer langen Vorgeschichte, andererseits aber auch Neuonfang einer neuen Geschichte. Darin geht in Erfüllung, was Gott den Erzvätern verheißen hatte: Ihre Nachfahren bekommen das Land zur ewigen Heimat. Es werden, um an eben diese Tatsache zu erinnern, eingangs die in
 1. Mose 15,18 genannten Grenzen des ganzen Landes wiederholt {Jos 1,4). Vierhundert Jahre hatten Abrahams Nachfahren auf diesen Tag gewartet! Wenn wir das bedenken, verstehen wir die kapitellangen Beschreibungen von Landschaften und Grenzen mit nicht enden wollenden Aufzählungen von Dörfern und Städten. Wenn wir jahrelang darauf gewartet hätten, ein Grundstück zu bekommen, würden wir uns an jedem Stein und Sträuchlein ergötzen und könnten uns an unserem Erbe kaum sattsehen. Für den Betroffenen kann die Landschaftsbeschreibung nicht ausführlich und an Einzelheiten reich genug sein.

Das Buch markiert auch den Anfang einer achthundertjährigen wechselvollen Geschichte, die mit der Vertreibung aus dem Land endet. Diese wird umso schmerzlicher, je kostbarer der verlorene Besitz ist. Wehmütig werden aus Jerusalem vertriebene Juden in den Jahrzehnten des babylonischen Exils dieses Buch gelesen haben, und In Gedanken werden sie jeden Bach und jede Quelle, jede Niederung und jeden Hügel, jeden Olivenhain und jeden Weinberg vor sich gesehen haben. Wie konnte man nur so töricht sein und sich die guten Gaben Gottes verscherzeni Und wie überwältigend war die Freundlichkeit und Treue Gottes, die jedem Willigen nach bitteren Jahren der Verbannung den Weg zurück ins Land der Väter wies.

Gottes Gnade
In welcher Weise wird das nun uns zur Belehrung?

Das Buch Josua ist Erfüllung, das haben wir gehört. Warum konnte sich denn erfüllen, was Gott Abraham versprochen hatte? Weil Gott treu istl Die ganze Landnahme ist ein gigantischer Beweis dafür, dass Gott der große Geber ist, der uns in seiner Gnade nicht allein Verheißungen macht.

sondern sie auch nie zurücknimmt. „Die Gnadengaben und die Beru fung Gottes sind unbereubar" (Röm 11,29). Das ist grossartig, und ich werde durch dieses Buch in wunderbarer Weise daran erinnert.
Gott hat den Vätern das Land verheißen,
Er hat das Land bereitet,
Er führt das Volk in das Land ein.

Der inspirierte Historiker versäumt darum nicht zu vermerken:
„Und so gab der Herr Israel das ganze Land, das er ihren Vätern zu geben geschworen hatte ...
Kein Wort fiel dahin von all den guten Worten, die der Herr zum Haus Israel geredet hat te; alles traf ein" (Jos 21,43.45). In der Sprache des Neuen Testaments heißt das:

Gott hat uns in seinem Sohn ein ewiges Erbe verheißen. Er hat dieses Erbe bereitet, und Er selbst führt uns in dieses Erbe ein. Alles, was wir als Erlöste sind und haben, verdanken wir Gottes Gnade. Er hat uns in seinem Sohn unverdient alles geschenkt. Das ist die lebendige Botschaft dieses Buches - und da sage einer, die Geschichtsbücher der Bibel seien der vielen Kriege wegen fragwürdige Lektüre, voller altertümlicher Barbareien und für uns kaum von Beiang.

Unsere Verantwortung

Mit Josua stehen wir am Anfang einer langen Geschichte, die uns auch eine andere Seite der Wahrheit zeigt: Es liegt in unserer Verant wortung, inwieweit wir das von Gott Geschenkte in Besitz nehmen, damit leben und es auskosten. Das sagt uns der Verfasser des Buches Josua wiederholt mit Sätzen wie diesen: „Dieses Buch des Gesetzes soll nicht von deinem Mund weichen, und du sollst darüber nachsin nen Tag und Nacht, damit du darauf achtest, zu tun nach allem, was darin geschrieben ist; denn dann wirst du auf deinem Weg Erfolg haben, und dann wird es dir gelingen" (Jos 1,8).

 Gott hat uns in seinem Sohn zwar alles geschenkt, aber wir müssen dennoch durch Glauben, Gehorsam und Kampf das Geschenkte er ringen. In neutestamentliche Sprache übersetzt, sagen wir: Gott hat uns in Christus in eine vollkommene Stellung uneingeschränkter Seg nungen versetzt (Eph 1,3). Es liegt an uns, inwieweit wir diese Stel lung in Wandel und Kampf verwirklichen, inwieweit unser Zusfond zur Stellung passt.

Gnade und Verantwortung sind zwei miteinander verwobene Stränge, an denen unser ganzes Leben hängt; mein ganzes Gelingen in der Nachfolge Jesu Christi „hängt" davon ab, wie tief ich beides ver standen habe, ln irgendeiner Form hat auch alles Straucheln oder Stagnieren damit zu tun, dass ich mindestens eines von beiden nicht richtig verstanden habe, sei es, dass ich „an der Gnade Gottes
Mangel leide" (Heb 12,15), sei es, dass ich nicht „kämpfend ringe gemäß seiner Wirksamkeit, die in mir wirkt in Kraft" {Kol 1,29).

Wir tun gut daran, zu beten:
„0 Gott, lass mich deine Gnade verstehen!
"0 Gott, lass mich meine Verantwortung verstehen!"

Wie Paulus die beiden miteinander verwob, kann
1. Korinther 15,10 zeigen, und wie er uns auffordert, es ihm darin gleichzutun, lesen wir in
2. Korinther 6,1. Von Mose zu Josua Die ersten Verse dieses Buches stellen die geschichtliche und die heilsgeschichtliche Verbindung zum fünften Buch Mose her: „Und es geschah nach dem Tod Moses, des Knechtes des Herrn, da sprach der Herr zu Josua, dem Sohn Nuns, dem Diener Moses, und sagte: Mein Knecht Mose ist gestorben; und nun, mach dich auf, geh über diesen Jordan, du und dieses ganze Volk, in das Land, das ich ihnen, den Kindern Israel, gebe" (Jos 1,1.2). Zunächst wird die geschichtliche Kontinuität hergestellt: Josua führt das von Mose angefangene Werk fort. Es steckt aber eine wichtige Belehrung im nicht zufällig gemachten Hinweis, dass Mose gestorben ist; An ihm, dem Gesetzesgeber, verkörpert sich die un erbittliche Härte des Gesetzes.

Einer Sünde wegen kann er nicht in das Land der Verheißung einziehen (4Mo 20,12).
An ihm, dem Mittler des Gesetzesbundes, wird exemplarisch gezeigt, dass „aus Gesetzeswerken ... kein Fleisch vor ihm gerechtfertigt" wird (Röm 3,20),
weil das Gesetz so unerbittlich ist; „Wer irgend das ganze Gesetz hält, aber in einem strauchelt, ist aller Gebote schuldig ge worden" (Jak 2,10).

Von dieser einen Sünde, die Mose den Einzug ins Land kostete, lesen wir im vierten Buch Mose. Weil er gesündigt hatte, wird er von Gott bestraft. In 5. Mose aber sagt Mose dreimal, dass Gott ihm der Israeliten wegen gezürnt habe (5Mo 1,37; 3,26; 4,21).
Darin gleicht

er Christus im Fleisch, der unserer Sünde wegen den Zorn Gottes auf sich lud. Als Er am Kreuz hing, traf Ihn der Fluch des Gesetzes (Gal 3,13). Nachdem Jesus als Mensch für uns gelitten hat, geht Er uns als der Auferweckte voran. So wie Mose, der außerhalb des gelobten Landes stirbt, ein Bild auf Jesus „in den Tagen seines Fleisches" ist (Heb 5,7), ist Josua ein Bild auf den auferstandenen und erhöhten Urheber unserer Errettung (Heb 2,10).

 In der Tat ist der Eigenname Jesus nichts anderes als die griechische Form des hebräischen Josua. Während Josua lediglich Kanaan durchschritt, ist Jesus durch die Himmel geschritten und führt uns in alle himmlischen Segnungen ein. Und während Josua menschliche Fürsten niederrang,
hat der Herr Jesus die Fürstentümer und Gewalten satanischer Mächte besiegt (Kol 2,15).

 Wollten die Israeliten siegreich kämpfen, mussten sie ihrem Anführer folgen. Wollen wir unseren geistlichen Kampf,
der „nicht gegen Fleisch und Blut" ist (Eph 6,12), siegreich kämpfen, müssen wir uns unserem Haupt und Anführer unterstellen.
 „Seid stark in dem Herrn und in der Macht seiner Stärke" (Eph 6,10).

Benedikt Peters