Handelt es sich bei Matth. 27,52.53 um eine Auferstehung
zur Herrlichkeit oder um eine Auferstehung zum Weiterleben im
Fleisch? (Vergl. Joh. 11,43.44.)
Antwort A
Meiner Überzeugung nach handelt es sich weder um das eine noch
um das andere.
Daß es sich nicht um eine Auferstehung zum Weiterleben im
Fleisch handelt, wie z. B. bei Lazarus, sehen wir schon aus den
Worten: „und erschienen vielen“ (V. 53 Schluß). Daß sie
„erschienen“, zeigt, daß sie an sich dem leiblichen Auge nicht
sichtbar waren, was auch noch daraus sich ergibt, daß sie
„vielen“ erschienen, also nicht von allen gesehen wurden. Bei
einem Menschen „im Fleische“ (d. h. also im Leibe) kann aber von
einem „Erscheinen“ in diesem Sinne nicht die Rede sein, da er
eben von allen gesehen wird, vor deren Augen er kommt. Von
Lazarus lesen wir nicht, daß er „erschien“, aber wir lesen, daß
viele kamen, um ihn zu sehen (Joh. 12,9).
Von Herrlichkeit ist in Bezug auf die nach Matth. 27,52.53
Auferweckten aber auch nicht die Rede, noch davon, daß sie etwa
in die Herrlichkeit aufgenommen worden wären. Das ist nur von
dem Herrn Jesus gesagt, dem „Erstling der Entschlafenen“ (1.
Kor. 15,20.23a; 1.Tim. 3,16 Schluß).
Nach alledem kann ich, solange ich nicht auf Grund des Wortes
eines anderen belehrt werde, nur zu der Überzeugung gelangen,
daß die hier behandelte Auferweckung nur eine vorübergehende war
zu dem bestimmten Zwecke, die mächtige Wirkung des Todes des
Herrn Jesu zu zeigen; daß die Auferweckten einen Leib hatten
derselben Art wie der Herr Jesus nach Seiner Auferstehung, als
Er noch nicht verherrlicht war und den Seinen erschien und mit
ihnen verkehrte (s. Luk. 24,15.16.30.31.34.36-43; Joh.
20,14.19.20.26; Apgesch. 1,3; 10,40.41; 1. Kor. 15,5-8), und daß
sie dann, nach Erfüllung des Zweckes ihrer Auferweckung,
zurückkehrten in ihren vorherigen Zustand, um weiter zu warten
auf den wunderbaren Augenblick der Auferstehung zur
Herrlichkeit.
Th. K.
Antwort B
Daß es sich in der erstgenannten Schriftstelle um die
Auferstehung zur Herrlichkeit handelt, in der zweitgenannten
aber um die Auferstehung zum Weiterleben im Fleische, geht aus
folgenden Merkmalen und Schriftworten hervor:
1. wird in Matth. 27 ausdrücklich gesagt: „Sie gingen nach
Seiner Auferstehung aus den Grüften.“ Christus ist der Erstling
der Entschlafenen (1. Kor. 15,20). Demnach waren sie ihrer Leiblichkeit
nach Ihm, dem Auferstandenen,
gleich.
2. „Sie erschienen vielen.“ Es heißt hier nicht „allen“, was
wahr sein würde, wenn sie im „Leibe der Niedrigkeit gewesen
wären, sondern „vielen“; und „erschienen“ kann nur Bezug haben
auf den geistigen Leib. Sie erschienen den „vielen“ deutet aber
auch klar an, daß nur eine Auswahl von Menschen sie sahen. Genau
so wird vom HErrn nach Seiner Auferstehung gesprochen (vergl.
1.Kor. 15,4-8). Ganz andere Begleitumstände finden wir, wenn es
sich um die Auferstehung zum Weiterleben im Fleische handelt.
Wir finden da Worte, die uns klar zeigen, daß es sich um den
Leib der Niedrigkeit handelt: „Es lebte auf“ (1. Kön. 17,22b);
„er nieste siebenmal ... schlug seine Augen auf“ (2. Kön. 4,35);
„er erhob sich auf seine Füße“ (2. Kön. 13,21b); „Er hieß ihr zu
essen zu geben“ (Mark. 5,43); „löset ihn und lasst ihn gehen“
(Joh. 11,44; vergl. noch Apgesch.9,40). Christus aß auch, aber
nur, um zu zeigen, daß Er wirklich der auferstandene Mensch war
(vergl. Luk.24,41-43). In jenem Leibe können wir essen, obwohl
wir nicht essen müssen. Lazarus mußte gelöst werden, was
keineswegs getan zu werden brauchte mit dem Leibe der
Herrlichkeit (vergl.
Joh. 20,7). Der Leser möge für sich selbst die angeführten
Stellen nachlesen, um den Unterschied noch klarer zu sehen.
K. O. St.
Antwort C
Die Leiber der entschlafenen Heiligen wurden auferweckt. Das
waren nicht Geistererscheinungen. Es war auch keine Auferweckung
für ein diesseitiges Leben wie bei Lazarus. Ebenso haben wir
auch nicht den geringsten Anhalt für die Meinung, daß diese
Auferstandenen wieder zu ihren Gräbern zurückkehrten. Sie
gehörten mit dem Auferstandenen jetzt einer anderen Welt an. Als
der HErr Sein Haupt im Tode neigt und den Geist aufgibt, öffnen
sich die Grüfte, und als Er aus dem Grabe steigt, gehen auch sie
in Auferstehung aus den Grüften. Nichtfrüher als nach Seiner
Auferstehung kommen sie hervor. Es muß bleiben - und es kann
nicht anders sein: Er ist der Erstling der Entschlafenen (1.
Kor. 15,20). Er muß den Weg öffnen. Er ist der Anfang - der
Erstgeborene aus den Toten (Kol.1,18).
Nur Matthäus allein berichtet die Auferstehung dieser
entschlafenen Heiligen, und es ist köstlich, zu sehen, wie durch
die Verschiedenheit der Berichte jedes Evangelium die
Herrlichkeit des HErrn in einem bestimmten Lichte zeigt. Der
Unglaube in seiner Blindheit gebraucht die Verschiedenheit, um
das Wort Gottes zu verwerfen. Für uns ist sie ein Schlüssel zum
tieferen Verständnis der Evangelien. Wir wissen, jedes
Evangelium gibt uns von einem besonderen Gesichtspunkte aus
einen Bericht von dem HErrn.
Johannes zeichnet uns Christus den
Sohn Gottes, der Sich als Brandopfer Gott darbringt. Der Auferstehungsbericht zeigt
uns den Auferstandenen, wie Er die himmlische Verwandtschaft
verkündigt und die himmlische Familie um Sich schart. Er ist der
Sammelpunkt der zerstreuten Kinder Gottes, und der Auferstandene
tritt in ihre Mitte (Joh. 20,19).
Lukas zeichnet uns Christus den
verheißenen Samen des Weibes, den Sohn des Menschen, den zweiten
Menschen, in dem alle Vorsätze Gottes ihre Erfüllung finden und
der als das Friedensopfer Frieden macht. Der Auferstehungsbericht zeigt
uns den Auferstandenen im Lichte der Schrift nach den Vorsätzen
Gottes. Die Jünger müssen an Hand der Schrift lernen,
daß es in dem Plane Gottes war, daß also Christus leiden und
auferstehen musste (Luk. 24,27.32.45.46).
Markus zeichnet uns Christus, den
Sohn Gottes. Der in Knechtsgestalt der Mund (Prophet) Gottes ist
und in unermüdeter Geduld den Dienst und das Zeugnis der Gnade
ausrichtet; der Selbst das Sündopfer wird, als Er rief: „Eloi,
Eloi ...!“ (Mark. 15,34.) Durch den Auferstehungsbericht geht
der Ton der Gnade. Kein Niederschlagen der Hüter wie in
Matthäus. - Nur hier finden wir den Zusatz „und Petrus“ (Mark.
16,7). Der gefallene Petrus empfängt den Gruß der Gnade ...
Matthäus zeichnet uns Christus den
König Israels; Christus in Beziehung zu den Verheißungen Gottes
und der Hoffnung Israels. Seine Seele stellt das Schuldopfer,
und der Wille Jehovas kommt durch Seine Hand zur Ausführung
(Jes.53,10). Er ist Jehovas Arm, durch den Er Seine Macht
offenbart. Die Beweise Seiner Macht, Seiner königlichen Majestät
kennzeichnen den Auferstehungsbericht: Erdbeben,
Engel in der Gestalt des Blitzes, der Stein, der versiegelte,
abgetan („der HErr lachet ihrer“) usw. Der König ist da. Der
Starke ist besiegt. Überall Triumph. Er hat alle Gewalt (Matth.
28,18). Er kommt als der große Hirte der Schafe (Hebr. 13,20) in
Auferstehung zu Seinen irdischen „Brüdern“ (Israel). Überall
tritt in Matthäus Seine Beziehung zu Israel,
zu den Verheißungen und Vorbildern hervor. In der Webegarbe
(3.Mose 23,10-13) hatte Gott das Vorbild der Auferstehung
niedergelegt. Als das Weizenkorn (einzeln) war Er in die Erde
gefallen, aber eine Webegarbe (viele entschlafene Heilige)
bringt Er mit Sich in Auferstehung. In dem Auferstehungsleib
„erscheinen“ sie vielen. Der „heiligen Stadt“ bringen sieden
Beweis des Sieges, daß der „Hirte“ da ist (vergl. Hebr. 13,20
mit Hes. 34,11-16).
Wer diese auferweckten Heiligen sind, sagt die Schrift nicht,
und was wir darüber sagen, ist wertlos.
Von diesen Heiligen zu folgern, daß heute noch besonders treue
Gläubige fortgesetzt auferweckt werden, gibt die Schrift uns
nicht nur keinen Grund, sondern es hieße auch den Charakter des
Matthäus-Evangeliums verkennen und das Vorbild der Webegarbe
zerstören. Nach der Schrift ist die „Ordnung: Der Erstling
Christus; sodann die, welche des Christus sind bei Seiner
Ankunft“ (1. Kor. 15,23).Das „sodann“ läßt keinen Raum für
Auferstehungen zwischen Christus als Erstling
(mit der Erstlingsgarbe) und der „Sodann“-Auferstehung
bei Seiner Ankunft.
v. d. K.
Anmerkung des Herausgebers
Es ist ein der Schrift gänzlich fern liegender Gedanke, daß
fortgesetzt Gläubige auferstehen. Ja, er widerspricht aufs
klarste den Ausführungen über die Auferstehung in 1. Kor. 15 und
1. Thess. 4 u. a. m. Wonach würde sich denn diese Bevorzugung
einzelner richten? Gilt denn bei diesen ein Verdienst? Oder wenn
es Gnade ist, gibt uns die Schrift Grund zu der Annahme dieser
sonderbaren Begnadigung einzelner? - Wir wissen gar wohl, daß
man von gewissen treuen Männern sagt, sie seien schon
auferstanden; aber wir müssen diese schriftwidrige Behauptung
ins Reich der „frommen Legende“ verweisen. Da übrigens in
unserer Stelle deutlich steht, daß jene Auferweckten „vielen
erschienen“, so müßte man füglich erwarten können, daß die jetzt
so nach und nach auferweckten Heiligen das auch getan hätten;
aber davon wissen die Gewährsmänner für obige Behauptungen doch
nichts zu berichten! Wie wäre es auch möglich, wenn das
untrügliche Wort Gottes keinen Grund dazu gibt! Es ist ein
gefährlich Ding, aus einer in einem ganz bestimmtem Zusammenhang
stehenden einzigartigen Stelle Folgerungen zu ziehen, die der
übrigen Schrift widersprechen!
übrigen Schrift widersprechen!
Auch wir glauben, daß die hier geschehene Auferstehung, wie die
des HErrn, zur Herrlichkeit war: diese Auferweckten hatten einen
Leib wie Christus. Sollten sie mit einem solchen wieder ins Grab
zurückgegangen sein? Oder wurden sie in den alten Zustand
zurückverwandelt? Gewiß sollte ihre Auferstehung auch die
„mächtige Wirkung des Todes des HErrn“ zeigen; aber diese
Wirkung, die sich hier vorbildlich an diesen „Heiligen“ zeigte,
wäre doch sehr eingeschränkt gewesen, wenn jene wieder hätten
ins Grab zurückkehren müssen.
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