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Ölbergrede Matthäusevangelium
ÖLBERGREDE Um zu einer richtigen Auslegung der Ölbergrede
Jesu in Mt 24-25 zu kommen, müssen zunächst einige Fragen beantwortet
werden. Eine entscheidende Frage in diesem Zusammenhang ist, ob hier
die Gemeinde im Blickfeld steht. Einige meinen, dass in Mt 24 die
Entrückung der Gemeinde dargestellt werde. Matthäus spricht allerdings
nicht über die Gemeinde. Das Wort ekklesia (Gemeinde) kommt bei
Matthäus nur dreimal vor: einmal in Mt 16,18 und zweimal in Kapitel
18,17 . Dabei ist das Wort nur in Mt 16,18 im Sinne von Gemeinde Jesu
Christi zu verstehen; die beiden Male in Kapitel 18,17 bezeichnen
einfach eine »Zusammenkunft« oder »Versammlung«. Mt 16,18 bezieht sich
auf die Zukunft, in der Christus die Gemeinde baut. Anscheinend ist
die Gemeinde im Matthäus-Evangelium kein Hauptthema, da hier einer
jüdischen Zuhörerschaft die Person Jesu und die Zukunft des jüdischen
Volkes erklärt wird. Daher spricht Matthäus nicht über die Entrückung,
da diese in Beziehung zur Gemeinde steht und Paulus sie in 1Thes
4,13-18 bespricht. Wenn Mt 24 von der Gemeinde handelte, dann
müsste sie durch die Trübsal gehen. Dies kann aber sowohl exegetisch
als auch theologisch widerlegt werden. Exegetisch belegen Verse wie
Röm 5,9 und 1Thes 5,9 , dass die Gemeinde vor dem Zorn Gottes - vor
der Trübsal - verschont bleibt. Theologisch löst sich das Problem
durch die Beantwortung der Frage: Wozu dient die Trübsal? Die Trübsal
ist eine Zeit der Ausgießung des Zornes Gottes über Ungläubige ( Offb
6,16-17; 11,18; 14,19; 15,1.7; 16,1.19 ; vgl. Jes 24,5-6.21; Offb 3,10
). In welcher Beziehung steht die Gemeinde zum Zorn Gottes? In keiner.
Christus trug Gottes Zorn für die Gläubigen. Müsste die Gemeinde durch
die Trübsal gehen, dann würde Gott Sünde zweimal bestrafen, und das
ist undenkbar ( Röm 5,1; 8,1 ). Außerdem beabsichtigt Gott, sein Volk
Israel durch die Trübsal zu erziehen und zur Buße zu führen ( Dan
9,24; Jer 30,7 ). ÖLBERGREDE Die Zeit des Übergangs ( Mt 23,37-39 ) Nach dem Verrat Jesu durch die jüdischen Führer
( 23,13-36 ) kündigte er die künftigen Leiden Jerusalems und der Juden
an. Der Grund für Israels kommende Leiden war die Verwerfung des
Messias ( 23,37 ). Jesus nennt die Folge: »Euer Haus wird euch öde
gelassen.« Diese Aussage bezieht sich vermutlich auf den Tempel,
könnte aber ebenso auf das Volk oder auf die Stadt hinweisen. Mt 23,38
sollte mit Kapitel 24,1-2 verknüpft werden. Dort erklärt Jesus, dass
der wunderbare herodianische Tempel mit seinen massiven Steinquadern
Stein für Stein abgerissen werden wird. Diese Prophezeiung fand ihre
Erfüllung im Jahr 70 n. Chr., als Kaiser Titus Jerusalem zerstörte.
Aus Mt 23,39 und aus der ganzen Ölbergrede deutlich, dass die
Ereignisse der Kapitel 24-25 nicht in der Vergangenheit gänzlich
erfüllt sein können. In Kapitel 23,39 verweist Jesus auf die
eschatologische Erfüllung der Ölbergrede indem er ankündigt: »Denn ich
sage euch: Ihr werdet mich von jetzt an nicht sehen, bis ihr sprecht:
���Gepriesen sei, der da kommt im Namen des Herrn���!« Damit verwies
Jesus auf sein zweites Kommen als Erfüllung der Ereignisse von Mt
24-25 . Auch Micha 4,1 verweist auf ein eschatologisches Ereignis, da
die Zerstörung des Tempels seinem Wiederaufbau vorausgehen muss, wenn
die Menschen im Tausendjährigen Reich dorthin kommen sollen. ÖLBERGREDE Die Frage nach der Zukunft ( Mt 24,1-3 ) Jesu Ankündigung, »hier wird nicht ein Stein
auf dem anderen gelassen werden, der nicht abgebrochen werden wird«,
flößte den Jüngern Furcht ein und veranlasste sie zu zwei Fragen: 1.
Wann wird das geschehen und 2. was wird das Zeichen deines Kommens
sein und des Endes des Zeitalters? ÖLBERGREDE Die Trübsalszeit ( Mt 24,4-26 ) In Kapitel 24,4-8 beschreibt Jesus die Zeichen
während der ersten Hälfte der Trübsal. Sie betreffen nicht die
Gemeinde, denn diese wird vor der Trübsal entrückt werden. Die Zeichen
entsprechen denen in Offb 6 . Christus prophezeit die falschen
Messiasse ( Vers 5 , vgl. Offb 6,2 ) und deren Höhepunkt im
Antichristen ( 2Thes 2,4.9; Offb 13,4.11-12 ). Es wird beispiellose
Kriege geben (vgl. Offb 6,4 ). Dazu gehört die Invasion Israels aus
dem Norden ( Hes 38,8; Dan 9,27 ) mit ihrem Höhepunkt in der Schlacht
von Harmagedon ( Dan 11,40-45 ). Es werden sich Hungersnöte und
Erdbeben ereignen (vgl. Offb 6,5-6; 16,18-19 ), und viele werden zu
Tode kommen ( Offb 6,7-8 ). Das aber ist nur der Anfang, die erste
Hälfte der Trübsal. In der zweiten Hälfte der Trübsal (Verse 9-14 )
werden die Leiden zunehmen. Das »dann« in Vers 9 markiert einen
Übergang, der sich ereignet, wenn der Antichrist seinen Bund mit
Israel bricht und beginnt, das Volk zu verfolgen ( Dan 9,27 ). Die
Juden fliehen aus dem Land Israel unter die Nationen ( Offb 12,13 ff),
wenn die Verfolgung Israels übermächtig wird. Die Verführung durch die
falschen Propheten bezieht sich auf die Machttaten, Zeichen und
falsche Wunder des Antichristen ( 2Thes 2,9 ). Gläubigen, die
überwinden, das heißt die Schrecken dieses Zeitalters ( Offb 6-19 )
überleben, gehen in das Tausendjährige Reich ein. Trotz allen
Widerstands gegen das Evangelium wird es - durch den Dienst der 144
000 ( Offb 7,1-8 ) und der beiden Zeugen ( Offb 11,3 ) - während der
Trübsal erstaunliche Bekehrungen geben (Vers 14 ). Mt 24,15-26 erläutert die Zeit, die Jesus in
24,9-14 ankündigt und für die er viele Zeichen voraussagt. Er hebt ein
Zeichen besonders hervor: den Gräuel der Verwüstung (Vers 15 ).
Historisch verweist dies auf Antiochus Epiphanes, der 171 v. Chr. in
den Tempel eindrang und auf dem Altar ein Schwein opferte. Aber
Antiochus war nur ein Bild für den weitaus größeren Gräuel der
Verwüstung - den Antichristen, der sich dort selbst zum Gott erheben
und ein Götzenbild von sich selbst aufstellen ( Dan 11,36; 2Thes
2,3-4; Offb 13,8 ) und das jüdische Volk erbarmungslos verfolgt wird
(Verse 16-20 ). Das »dann« in Vers 21 markiert einen weiteren
Übergang und bezieht sich auf die zweite Hälfte der Trübsal, in der
die Verfolgung besonders heftig wird. »Und wenn jene Tage nicht
verkürzt würden, so würde kein Fleisch gerettet werden« (Vers 22 ).
Die Verkürzung jener Tage heißt nicht, dass sie weniger als 24 Stunden
haben. Es bedeutet vielmehr, dass ihre Zahl begrenzt sein wird. Die
Dauer dieser schweren Verfolgung und der damit verbundenen Leiden ist
auf dreieinhalb Jahre begrenzt ( Dan 7,25; 12,7; Offb 11,2; 12,6.14;
13,5 ). ÖLBERGREDE Das zweite Kommen ( Mt 24,27-51 ) Die Trübsal endet mit der triumphalen Rückkehr
Christi, hier verglichen mit dem Blitz, wenn der verherrlichte
Christus im Glanz der Schechina erscheint, der Herrlichkeit Gottes,
die vom Osten bis zum Westen leuchtet (Vers 27; vgl. Hes 10,19; 11,23
). Die Schechina ist das Zeichen, das am Himmel sichtbar wird (Vers 30
). Sie erinnert das jüdische Volk an die Rückkehr des Messias und
führt es zur Buße (Vers 30 ; Sach 12,10-14 ). Aber die Rückkehr
Christi ist auch eine Zeit des Gerichts (Vers 28; 25,1-46 ). Die ungeahnte plötzliche Rückkehr Christi wird
durch drei Bilder dargestellt ( 24,32-41 ). Im Gleichnis vom
Feigenbaum (Verse 32-36 ) sagt Jesus, dass der Sommer nahe ist, wenn
der Feigenbaum Blätter treibt (im April). Ebenso wird die Generation,
die die Zeichen seiner nahe bevorstehenden Ankunft in Mt 24,9-26
sieht, auch durch die Große Trübsal gehen, während der diese Zeichen
geschehen; diese Generation wird Augenzeuge der Wiederkunft Christi
sein. Das zweite Bild (Noah und die Flut, Verse 37-39 ) zeigt die
Abgestumpftheit und Teilnahmslosigkeit dieser Generation. Die Menschen
sind beschäftigt mit Essen, Trinken und Heiraten und werden bei der
Rückkehr Christi im Gericht weggerissen. Das dritte Bild (Menschen bei
der täglichen Arbeit) stellt ebenfalls Christi zweites Kommen zum
Gericht dar. Es ist kein Hinweis auf die Entrückung. Der eine, der
genommen wird (Verse 40-41 ) wird im Gericht hinweggenommen. Der eine,
der gelassen wird, bleibt, um in das Tausendjährige Reich einzugehen. Jesus fordert in Mt 24,42-51 auf: »Seid
wachsam!« (Vers 42 ). Dies ist eine Ermahnung an jene Generation,
wachsam auf die Zeichen der Zeit zu achten, die die nahe bevorstehende
Rückkehr Christi ankündigen, und auf seine Rückkehr vorbereitet zu
sein. ÖLBERGREDE Gericht über Israel ( Mt 25,1-30 ) Die Gleichnisse in Kapitel 25 folgen zeitlich
den Ereignissen von Kapitel 24 . Auch hier ermahnt Jesus zur
Wachsamkeit und zur Vorbereitung auf seine Wiederkunft. Die
Gleichnisse von Kapitel 25,1-30 werden gewöhnlich als Aufruf an Israel
verstanden, da die Gemeinde zu diesem Zeitpunkt bereits entrückt
worden ist. Die Entrückung ist im Kapitel 25 kein Thema mehr. Im Gleichnis von den zehn Jungfrauen (Verse
1-13 ) repräsentieren die fünf törichten das ungläubige Volk Israel,
das sich nicht auf die Rückkehr des Messias vorbereitet. Das von ihnen
vergessene Öl kann entweder den Heiligen Geist in der Wiedergeburt
repräsentieren ( Hes 36,26-27; Tit 3,5 ) oder sich auf die Kenntnis
der Wiederkunft des Messias und die Vorbereitung darauf beziehen. Jene
Juden, die nicht auf das Kommen des Messias vorbereitet sind, werden
vom Tausendjährigen Reich ausgeschlossen sein, das durch das
Hochzeitsfest dargestellt wird (Vers 10 ). Das Gleichnis von den Talenten zeigt Christi
Gericht über Israel wegen seiner mangelnden Wachsamkeit (Verse 14-30
). Es lehrt die Verantwortung derjenigen, die Gott und seinen Willen
kennen (vgl. Röm 9,4-5 ). Israel war von Gott erwählt, Mittler der
Wahrheit und Licht für die Heidennationen zu sein ( 2Mo 19,5; Jes
42,6; 43,10 ). Die Völker der Welt sollten durch Israel gesegnet
werden; Israel als Gottes erwähltes Volk sollte Gottes Wahrheit unter
die Nationen tragen. In diesem Gleichnis sind die Knechte mit den fünf
und den zwei Talenten diejenigen, die die Zeichen während der Trübsal
richtig deuten, sich selbst vorbereiten und andere warnen. Der Knecht
mit dem einen Talent durchlebt die Trübsal, weil er die Zeichen
ignoriert und darum wie die fünf törichten Jungfrauen unerrettet und
daher vom Tausendjährigen Reich ausgeschlossen bleibt. ÖLBERGREDE Gericht über die Heiden ( Mt 25,31-46 ) Dem Gericht über Israel folgt das Gericht über
die Heiden; der Begriff ethne (Vers 32 ) kennzeichnet es als Gericht
über die Menschen aus den Heidennationen. Christus wird auf seinem
Thron der Herrlichkeit sitzen (Vers 31 ), woran wir sehen, dass er im
Tausendjährigen Reich regiert. In dem Gleichnis werden die Schafe, das
sind die Gläubigen, von den Böcken - Ungläubige - getrennt. Grundlage
des Gerichts sind die guten Taten, getan »einem der geringsten dieser
meiner Brüder« (Vers 40 ). Die Brüder Christi sind Glieder des
jüdischen Volkes; vor diesem Hintergrund sind es die 144 000, die die
Nationen evangelisieren ( Offb 7 ). Aber diese 144 000 brauchen
Menschen, die gastfreundlich auf ihre Verkündigung des Evangeliums
reagieren. Die Menschen, die den 144 000 während der Trübsal dienen,
sind dieselben, die deren Botschaft glauben. Sie werden das Reich
erben (Vers 34 ) nicht auf der Grundlage von Werken, sondern wegen
ihrer Annahme des Evangeliums vom Reich, das die 144 000 verkündet
haben. Ihre Gastfreundschaft gegenüber den 144 000 zeigt ihren
Glauben. Die Menschen aber, die das Evangelium des Reiches
zurückweisen, sind auch dieselben, die den Verkündern der Botschaft
nicht gastfreundlich gegenüber sind. Sie »werden hingehen in die ewige
Pein« (Vers 46 ) - nicht, weil sie keine guten Werke getan hätten,
sondern weil sie das Evangelium des Reiches verworfen haben. Siehe auch: Gerichte, verschiedene ; Trübsal,
die Große . Paul P. Enns Louis A. Barbieri Jr.: »Matthäu s« in:
Kommentar zur Bibe l, hrsg. von John F. Walvoord und Roy B. Zuck,
(Holzgerlingen: Hänssler-Verlag, 1992); Homer A. Kent Jr.: »Matthew«
in: Wycliffe Bible Commentar y, hrsg. von Everett F. Harrison und
Charles F. Harrison, (Chicago: Moody Press, 1962); J. Dwight
Pentecost: The Words and Works of Jesus Christ (Grand Rapids:
Zondervan, 1981); ders.: The Parables of Jesus (Grand Rapids:
Zondervan, 1982); Arthur Robertson: Matthew (Chicago: Moody Press,
1983); Stanley D.Toussaint: Behold the King (Portland: Multnomah
Press, 1980); Howard F. Vos: Mattew: A Study Guide Commentary (Grand
Rapids: Zondervan, 1979); John F. Wal voor d: Matthew: Thy Kingdom
Come (Chicago: Moody Press, 1974). |