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Pniel  html

 

Nach der Bitte eines alten Freund und Bruder in Christus ein Autorenkollektiv zusammengestellt:

• John Nelson Darby
• Charles Andrew Coates
• Frank Binford Hole
• John Gifford Bellett
• Charles Henry Mackintosh
• William Kelly
• Werner Mücher
• Jean Jeannin
• Ernst Eugen Hücking
• Aus dem ABC des Christen
• Marco Leßmann
 Bible Monthly
 W.J.H. Im Glauben leben (Frage - Antwort)
• Bibellexikon Pniel (www.bibelkommentare.de)


PNIEL Angesicht Gottes

1. Mose 32, 22-32



[22]Und er stand in jener Nacht auf und nahm seine zwei Weiber und seine zwei Mägde und seine elf Söhne und zog über die Furt des Jabbok;
[23]und er nahm sie und führte sie über den Fluß und führte hinüber, was er hatte.
[24]Und Jakob blieb allein übrig; und es rang ein Mann mit ihm, bis die Morgenröte aufging.
[25]Und als er sah, daß er ihn nicht übermochte, da rührte er sein Hüftgelenk an; und das Hüftgelenk Jakobs ward verrenkt, indem er mit ihm rang.
[26]Da sprach er: Laß mich los, denn die Morgenröte ist aufgegangen; und er sprach: Ich lasse dich nicht los, du habest mich denn gesegnet.
[27]Da sprach er zu ihm: Was ist dein Name? Und er sprach: Jakob.
[28]Da sprach er: Nicht Jakob soll hinfort dein Name heißen, sondern Israel; denn du hast mit Gott und mit Menschen gerungen und hast obsiegt.
[29]Und Jakob fragte und sprach: Tue mir doch deinen Namen kund! Da sprach er: Warum doch fragst du nach meinem Namen? Und er segnete ihn daselbst.
[30]Und Jakob gab dem Orte den Namen Pniel: denn ich habe Gott von Angesicht zu Angesicht gesehen, und meine Seele ist gerettet worden!
[31]Und die Sonne ging ihm auf, als er über Pniel hinaus war; und er hinkte an seiner Hüfte.
[32]Darum essen die Kinder Israel nicht die Spannader, die über dem Hüftgelenk ist, bis auf den heutigen Tag, weil er das Hüftgelenk Jakobs, die Spannader, angerührt hat.



23. Und er stand in jener Nacht auf, nahm seine beiden Frauen, seine beiden Mägde und seine elf Söhne und zog über die Furt des Jabbok;
24. und er nahm sie und führte sie über den Fluss und führte hinüber, was er hatte.
25. Und Jakob blieb allein zurück. Da rang ein Mann mit ihm, bis die Morgenröte heraufkam.
26. Und als er sah, dass er ihn nicht überwältigen konnte, berührte er sein Hüftgelenk; und das Hüftgelenk Jakobs wurde verrenkt, während er mit ihm rang.
27. Da sagte er: Lass mich los, denn die Morgenröte ist aufgegangen! Er aber sagte: Ich lasse dich nicht los, es sei denn, du hast mich ⟨vorher⟩ gesegnet.
28. Da sprach er zu ihm: Was ist dein Name? Er sagte: Jakob.
29. Da sprach er: Nicht mehr Jakob soll dein Name heißen, sondern Israel; denn du hast mit Gott und mit Menschen gekämpft und hast überwältigt.
30. Und Jakob fragte und sagte: Teile ⟨mir⟩ doch deinen Namen mit! Er aber sagte: Warum fragst du denn nach meinem Namen? Und er segnete ihn dort.
31. Und Jakob gab der Stätte den Namen Pnuël; denn ich habe Gott von Angesicht zu Angesicht gesehen, und meine Seele ist gerettet worden!
32. Und die Sonne ging ihm auf, als er an Pnuël vorüberkam; und er hinkte an seiner Hüfte.
33. Darum essen die Söhne Israel bis zum heutigen Tag nicht den Hüftmuskel, der über dem Hüftgelenk ist, weil er das Hüftgelenk Jakobs, den Hüftmuskel, berührt hat.

*(23)* *Doch mitten in der Nacht stand er auf, nahm seine beiden Frauen, die beiden Sklavinnen und seine elf Söhne und überquerte mit ihnen den Jabbok an einer Furt.
*(24)* Auch alle seine Herden und seinen Besitz brachte er über den Fluss.
*(25)* Nur Jakob selbst blieb zurück. Da rang ein Mann mit ihm, bis die Morgenröte heraufzog.
*(26)* Als jener merkte, dass Jakob sich nicht niederringen ließ, schlug er auf dessen Hüftgelenk, sodass es sich ausrenkte.
*(27)* Dann sagte er: »Lass mich los, die Morgenröte zieht schon herauf!« Doch Jakob erwiderte: »Ich lass dich nicht los, wenn du mich nicht vorher segnest!«
*(28)* »Wie heißt du?«, fragte der Mann. »Jakob«, erwiderte er.
*(29)* Da sagte er: »Du sollst nicht mehr Jakob heißen, sondern *Israel*, Gotteskämpfer! Denn du hast mit Gott und mit Menschen gekämpft und hast gesiegt.«
*(30)* Da bat Jakob: »Sag mir doch, wie du heißt!« Doch er erwiderte nur: »Warum fragst du?«; und er segnete ihn.
*(31)* »Ich habe Gott ins Gesicht gesehen«, sagte Jakob, »und ich lebe noch!« Darum nannte er jenen Ort Pnuël, Gottes Gesicht.
*(32)* Als Jakob Pnuël verließ, ging die Sonne über ihm auf. Er hinkte wegen seiner Hüfte.
*(33)* Deshalb lehnen es die Israeliten bis heute ab, den Muskel zu essen, der über dem Hüftgelenk liegt, weil Jakob an dieser Stelle von Gott geschlagen worden war.

Betrachtungen zum prüfen anhand des Wortes Gottes

John Nelson Darby schreibt:

Bei der Rückkehr Jakobs begegnen ihm Engel Gottes. Er empfängt einen neuen und wunderbaren Beweis der mächtigen und gnädigen Fürsorge Gottes, was ihn an Bethel hätte erinnern sollen. Dies beseitigt aber nicht seine Furcht. Erneut muß er die Mittel des Unglaubens gebrauchen, und er sendet Weiber und Kinder und viele Geschenke voraus, um Esau zu beschwichtigen; seine Kraft lag aber nicht darin. Gott wollte ihn nicht in den Händen Esaus lassen, sondern Er verfährt Selbst mit ihm. Er rang mit ihm, gleichzeitig hält Er seinen Glauben in dem Kampf aufrecht; und nachdem Er ihn seine Schwachheit spüren läßt, und zwar für sein ganzes Leben, gibt Er ihm in der Schwachheit die Stellung und das Teil eines Siegers. Er ist ein Fürst bei Gott und obsiegt bei Gott und bei Menschen - es ist ein Sieg im Ringen mit einem Gott, der mit ihm handelt; es besteht aber keine Offenbarung von Ihm noch Gemeinschaft mit Ihm.

Charles Andrew Coates schreibt:

Jakob musste lernen, dass all seine Intrigen und Planungen nutzlos waren; er musste am Ende jedes Zwecks kommen. Er musste lernen, nur auf Gott zu warten und kein anderes Vertrauen zu haben. Gott hatte eine Kontroverse mit Jakob und war bestrebt, ihm das wahre Geheimnis der göttlichen Stärke beizubringen. Am Ende wurde Jakob allein gelassen, und Gott rang mit ihm. Hosea Kapitel 12 ist sehr interessant, da es zeigt, wie Gott die Lehre davon an einem späteren Tag auf Israel anwandte. Sie schauten auf dies und das um Hilfe, genau wie Jakob es tat. Gott sagt zu ihnen: Du hast einen Bund mit Assyrien geschlossen und Öl nach Ägypten getragen; Ihr habt alle möglichen Mittel ausprobiert, um unabhängig von Mir zu sein. Aber denkt daran, wie Jakob Segen bekam. er musste am Ende all seiner Intrigen kommen und sich durch Weinen und Bittgeben durchsetzen.

Jakob wurde Gott von Angesicht zu Angesicht gestellt und lernte seine eigene völlige Schwäche, aber er lernte auch, dass Schwäche und Abhängigkeit einen an den Platz brachten.

Die Macht ist alleine bei Gott. Aber dann muss er das Bewusstsein der Schwäche sein ganzes Leben lang tragen; er blieb an seinem Oberschenkel stehen; er war ein Krüppel bis zum Ende seiner Tage.

Aber Peniel war nicht der Ort, an dem sich Gottes Interessen konzentrierten, und deshalb erhielt er keine Offenbarung von Gottes Namen. In der Tat waren seine Assoziationen so, dass sie dies unmöglich machten; Götzendienst war in seinem Haus. Und das erklärt wahrscheinlich seinen Stopp in Succoth, den Bau eines Hauses und den Kauf eines Feldes. Es gab eine Schrumpfung vor den heiligen Forderungen, die Bethel stellen würde. Shalem (Safe) stellte nicht die Frage nach all den geheimen Dingen, wie Bethel es tun würde. Es ist wahr, dass Jakob dort einen Altar hatte, den er nicht in Padan-Aram hatte, aber es war kein sehr hoher Altar. Er nannte es El-Elohe-Israel – Gott, den Gott Israels. Wie viele haben so einen Altar! Sie denken an Gott in Bezug auf sich selbst; aber Sein Gedanke soll in Bezug auf Sein Haus - El-Bethel - den Gott des Hauses Gottes bekannt sein. . – Herr Präsident, Es ist Gottes Absicht, sich uns in Bezug auf seinen eigenen Kreis der Dinge bekannt zu machen und uns dort einen Platz und teil zu geben.

Frank Binford Hole schreibt:

Jakobs Plan war es, Esau mit einem Geschenk zu besänftigen, wie in Vers 20 beschrieben. Alle - sogar Frauen und Söhne - wurden über den Bach an der Furt Jabbok geschickt, und er wurde allein zurückgelassen, weit hinten. Kein sehr würdevolles oder mutiges Vorgehen! Doch Gott war an all dem beteiligt, denn als er allein zurückgelassen wurde, war der Moment gekommen, in dem er Gott selbst von Angesicht zu Angesicht gegenüberstand, um eine Erfahrung zu machen, deren Wirkung er nie verlieren würde. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte sein Leben hauptsächlich aus Intrigen und Kämpfen mit den Menschen bestanden. Nun wollte Gott durch seinen Gesandten mit ihm ringen.

"Es rang ein Mann mit ihm", heißt es im Bericht, und zweifellos war der unbekannte Fremde zu Beginn dieses Vorfalls für Jakob nur ein Mensch. Wer war Jakob, dass er einem anderen Mann nachgeben konnte? Deshalb war er gezwungen, sich zu wehren. Der Fremde versuchte, ihn zu überwältigen, und bis zum Anbruch des Tages leistete er Widerstand. Dann offenbarte sich die übernatürliche Natur des Fremden durch die kraftvolle Berührung, die ihn an seiner stärksten Stelle lähmte.

Mit einem Mal änderte sich Jakobs Haltung. Anstatt zu ringen, was ihm nun unmöglich geworden war, klammerte er sich an seinen Bezwinger. Er hörte auf zu kämpfen und fing an zu vertrauen, weil er erkannte, dass derjenige, der ihn überwunden hatte, dies zu seinem Segen getan hatte, und dass er in der Gegenwart Gottes war. Der Name des Fremden wurde nicht offenbart, aber der Segen, den Jakob von Jugend an ersehnt hatte, wurde ihm an Ort und Stelle zuteil.

"Er segnete ihn dort", am Ort der Einsamkeit mit Gott, und als seine natürliche Kraft verkrüppelt und niedergeschlagen war. Der lebenswichtige Segen Gottes kam nicht auf sein Haupt herab, als er den listigen Handel mit Esau abschloss, und auch nicht, als sein blinder Vater, getäuscht durch seine Verkörperung als Esau, den patriarchalischen Segen auf sein Haupt sprach. Nein, es war, als Gott mit ihm persönlich in der Einsamkeit verhandelte und seinen starrköpfigen Willen brach. In all dem können wir ein Bild dafür sehen, wie Gott heute mit unseren Seelen umgeht, obwohl die Gnade, zu der wir berufen sind, so viel reicher ist als alles, was Jakob kannte.

Indem er den Ort Peniel - "das Angesicht Gottes" - nannte, offenbarte Jakob sein tiefes Gefühl, dass er Gott von Angesicht zu Angesicht begegnet war und dass das Ergebnis Bewahrung und nicht Zerstörung war. Dies war für ihn ein guter Grund, seinen früheren Gedanken zu revidieren, dass das Haus Gottes und die Pforte des Himmels ein "furchtbarer" Ort sei.

In dieser Begebenheit sehen wir mehrere bemerkenswerte Dinge vorausgesagt. Erstens, dass Gott selbst sich zum Menschen herablassen würde, um mit dem Menschen vollständig und endgültig zu handeln, da Jakob Gott "von Angesicht zu Angesicht" als "Mensch" sah. Zweitens, dass Gottes Gedanke an uns, selbst an die Widerspenstigen unter uns, segnend ist. Drittens, dass menschliches Ringen und Kämpfen nichts bewirkt, sondern dass Hingabe oder Unterwerfung und Ehrlichkeit im Bekenntnis der Weg zum Segen sind. Viertens: Als er sich an denjenigen klammerte, der ihn besiegt hatte, und sich zu seinem Namen Jakob - was so viel bedeutet wie Verführer - bekannte, wurde sein Name in Israel - was so viel bedeutet wie Fürst Gottes - geändert, und es wurde ihm gesagt, dass er nicht nur bei den Menschen, sondern auch bei Gott Macht hatte, und dass er gesiegt hatte. Durch die Änderung seines Namens beanspruchte Gott, dass Jakob nun zu ihm gehörte.

Damit war ein großer Moment in seiner Geschichte erreicht, und als er erkannte, dass er Gott von Angesicht zu Angesicht gesehen hatte, mit der Erlösung als Ergebnis, ging die Sonne über ihm auf. Eine Erfahrung dieser Art in der Geschichte einer jeden Seele markiert in der Tat den Anbruch eines neuen Tages. In Jakobs Fall wurde die Erfahrung für seine Kinder durch ein einfaches Verbot des Essens festgehalten, wie der letzte Vers des Kapitels berichtet.

Aber noch war Jakob seinem neuen Namen kaum gewachsen, so dass der inspirierte Geschichtsschreiber ihn erst viel später in seiner Geschichte verwendet. Alle seine alten Eigenschaften kommen in Genesis 33 zum Vorschein, bis hin zu einem hohen Grad an Unterwürfigkeit. Die Verbeugung vor sich selbst, seinen Frauen und Kindern hätte kaum vollständiger sein können, und seine angebotenen Geschenke waren groß, da er sich entschlossen hatte, "ihn mit einem Geschenk zu besänftigen".

Die Haltung von Esau war jedoch nicht die, die er erwartet hatte. Sein Zorn hatte sich in der Zwischenzeit abgekühlt, und er war zum Anführer von Hunderten von Männern und damit zu einem Mann mit Einfluss und großem Besitz geworden. Obwohl er Jakobs Geschenk schließlich annahm, lehnte er es zunächst mit den Worten ab: "Ich habe genug", oder wörtlicher: "Ich habe viel." In Vers 11 sagt Jakob: "Ich habe genug", aber er benutzt ein anderes Wort, das "alles" bedeutet. Dieses Wort konnte er verwenden, weil er sagen konnte: "Gott hat mich gnädig behandelt." Der Weltmensch mag sagen können: "Ich habe viel", aber nur der Heilige, der bewusst von Gott gesegnet ist, kann sagen: "Ich habe alles." Das ist es, was der Apostel Paulus in Philipper 4,18 sagt.

Jakob nannte sein Geschenk "meinen Segen", aber trotzdem war er keineswegs bestrebt, Esaus Gesellschaft auf seiner weiteren Reise zu haben. Seine Bitte, die in Vers 13 aufgezeichnet ist, war zweifellos echt. Sie lässt sich auch auf das heutige Volk Gottes anwenden. Es gibt immer welche, die noch jung und zart sind und nicht überfordert werden dürfen. Diejenigen, die die Statur und Aktivität erwachsener Männer erreicht haben, müssen dies bedenken und dürfen das Tempo ihrer schwächeren Brüder nicht zu ihrem Verderben forcieren. So mancher junge und zarte Gläubige ist durch solche Dinge geschädigt worden.

Nachdem Jakob die angebotene Hilfe abgelehnt hat und Esau weggegangen ist, zeigt sich erneut die Krummheit, die anscheinend seine natürliche Neigung war. Nachdem er zu Esau gesagt hatte: "Ich komme zu meinem Herrn nach Seir", machte er sich sofort auf den Weg nach Sukkot, das in einer ganz anderen Richtung lag. Als er dort ankam, wurde berichtet, dass er ein Haus baute und Ställe für sein Vieh errichtete, was darauf hindeutet, dass er sich eher im Land niederlassen wollte, als den Charakter eines Fremden zu bewahren und den Spuren seines Großvaters Abraham zu folgen.

Als nächster Schritt wird sein Umzug nach Schalem, jenseits des Jordans und in der Mitte des Landes, erwähnt. Hier hatte er zwar ein Zelt und einen Altar, aber auch hier wird deutlich, dass die Trennung von den Bewohnern des Landes immer schwieriger wurde. Er schlug sein Zelt in der Nähe der Stadt auf und kaufte dann das Land, in dem er sich niedergelassen hatte. Auch der Name, den er seinem Altar gab, erzählt eine ähnliche Geschichte. Der Name El-elohe-Israel bedeutet: "Gott, der Gott Israels". Er benutzte zwar seinen neuen, von Gott gegebenen Namen und nicht seinen alten Namen Jakob, aber dennoch verband er Gott mit sich selbst, anstatt sich selbst mit Gott zu verbinden. In der Tat sagte er: "Gott gehört zu mir", anstatt: "Ich gehöre zu Gott".

Zwischen diesen beiden Gefühlen scheint es keinen großen Unterschied zu geben, aber zwischen den Praktiken, die sie hervorrufen, klafft eine große Lücke, wie wir bald in unserer eigenen Geschichte sehen werden. Wir mögen erkennen, dass wir als "aus Gott geboren" und "in Christus Jesus" einen neuen Namen haben, doch wenn wir Gott herabsetzen, um ihn mit unserem neuen Namen zu verbinden, können wir leicht annehmen, dass wir ihn mit unseren Dingen verbinden können - Dinge, die seiner Berufung oder seiner Herrlichkeit keineswegs würdig sind. Andererseits, wenn wir erkennen, dass er uns berufen hat, um uns mit sich selbst zu verbinden, durchforstet er sofort unsere Herzen und erhebt uns über viele Dinge, die uns verstricken würden.

John Gifford Bellett schreibt:

Jakob hat kein Vertrauen in Gott, um ihn zwischen sich und Esau zu bringen. Er zittert, betet, rechnet und versammelt seinen Haushalt. Die Umstände haben sich als zu groß für ihn erwiesen. Aber gleich danach, wenn der Herr selbst ihm widersteht, wenn es eine Frage zwischen ihm und Gott wird, dann ist er mutig und setzt sich durch. Er wird nicht ohnmächtig, obwohl er vom Herrn zurechtgewiesen wird, und zwar heftig. Er verhält sich wie ein Kämpfer des Glaubens und erhält ein gutes Zeugnis. Er führt sich auf wie ein Fürst und erlangt neue Ehren. Das ist eine häufige Erfahrung, und dieser Augenblick in Jakobs Geschichte am Jabbok bringt sie zum Ausdruck.

Ein solcher Sieg ist jedoch nicht notwendigerweise eine Heilung für den Leichtsinn, der den vorangegangenen Konflikt verursacht hatte. Und Jakob ist nun dabei, dies zu unserer weiteren Ermahnung zu veranschaulichen. Schon im nächsten Kapitel (1. Mose 33), das nur die Fortsetzung oder eine weitere Etappe derselben Handlung ist, finden wir ihn in Gegenwart Esaus als denselben ängstlichen, ungläubigen, berechnenden Mann, der er gewesen war, bevor er mit dem Ringer am Jabbok siegte.

Dies ist eine Ermahnung für uns. Es kann eine Übung des Geistes vor Gott geben und dennoch keinen großen Fortschritt in der Stärke der Seele, ihren Konflikt mit der Welt zu führen. In keinem Abschnitt seiner Geschichte erscheint Jakob moralisch niedriger als in dem Abschnitt, der unmittelbar auf Peniel folgt. Er ist in keiner Weise von sich selbst geläutert. Er kalkuliert, er schwindelt, er gibt sich freundlich und zuversichtlich, er lügt, er schmeichelt. Er stellte sich gegen den Fremden am Jabbok. Er war stark im Glauben und verherrlichte die Gnade Gottes, selbst als der Weg Gottes mit ihm in Streit geriet. Aber vor Esau übt und spielt er den alten Mann in beschämender Vollkommenheit. Er entledigt sich seines Bruders durch eine grob falsche Vorspiegelung. Er ist nichts anderes als ein gemeiner Schmeichler, ein unterwürfiger Höfling, der schamlos vom Antlitz Esaus wie vom Antlitz Gottes spricht. Es ist alles erbärmlich - ein demütigendes Bild des moralischen Zustands, in den ein Heiliger eine Zeit lang geraten kann, wenn die Natur es zulässt.

Es gibt Momente der Erheiterung des Geistes, für die wir dankbar sein können, wie zum Beispiel, als Jakob im vorangegangenen Kapitel sagte: "Dies ist Gottes Heer", und dann: "Ich habe Gott von Angesicht zu Angesicht gesehen, und mein Leben ist erhalten." Das sind Momente der Erleichterung des Geistes. Aber vielleicht sind sie auch nur eine Erfrischung und keine solide Erbauung. Und es ist in der Tat traurig zu sehen, wie ein Heiliger nach ihnen so schnell zu sich selbst zurückkehrt. "Wo ist denn die Seligkeit, von der ihr spracht?"

Und wer wird seinem eigenen Herzen trauen, wenn wir so sehen, dass Jakobs Herz so untreu war? Jakob hatte das Wissen um den Namen Gottes verloren. Er musste nach ihm fragen, anstatt ihn zu benutzen und sich an ihm zu erfreuen. Dieser Name war "Allmächtiger", der Name, der ihm sagte, dass er für alle seine Bedürfnisse ausreichen würde. Aber Jakob hatte ihn in 1. Mose 32 verloren, und in 1. Mose 33 ist er nicht wie jemand, der ihn wiedergefunden hat. Er ist dabei, sich selbst etwas zurechtzulegen. Und so können auch wir den Namen verlieren, der uns offenbart worden ist. Dieser Name ist "Vater" - ein Name, der der Seele dauerhafte Ruhe, Kraft und Freiheit geben kann. Er bereitet dem Herzen ein Zuhause. "Wer in der Liebe wohnt, wohnt in Gott." Dieses Zuhause ist genug, um unsere Freude zu erfüllen, wie Johannes sagt.
Und wenn wir auch wie Jakob unter seiner züchtigenden Hand stehen, so sollen wir doch die Kraft dieses Namens, die volle, geheime, unveränderliche Liebe eines Vaters erfahren. Wie Jakob in diesen beiden Kapiteln haben wir den Namen Gottes verloren, wenn es nicht so mit unseren Seelen ist. "Ihr habt die Ermahnung vergessen, die zu euch redet wie zu Kindern", sagt der Apostel zu uns. Und so mag Jakob für uns nicht mehr ein solches Wunder sein, sondern wir mögen vielmehr zuweilen für uns selbst ein Wunder sein.

Danach, auf seiner Weiterreise von dem Ort, an dem er und Esau sich trennten, kommt er nach Sukkot und dann nach Sichem, und wir können sagen, dass er dann nach Kanaan zurückgekehrt war. Aber es geht ihm nur noch schlechter und schlechter. Eine Zeit lang scheint er sich selbst und den Ruf Gottes völlig vergessen zu haben. Und daraus muss Unheil folgen. Es wird nach der Übereinstimmung mit unserer Berufung gesucht. Wir alle sind ihr vielleicht auf tausend Arten untreu; aber wenn sie durch ein leichtes, entspanntes Gewissen willentlich missachtet wird, können die gewöhnlichsten moralischen Abwehrmechanismen bald nachgeben. Wahrheit und Rechtschaffenheit können gezwungen werden, nachzugeben, und es können schließlich solche Verunreinigungen gefunden werden, die, wie der Apostel sagt, unter den Heiden nicht genannt werden würden.

Charles Henry Mackintosh schreibt:

Nachdem Jakob alle seine klugen Maßnahmen getroffen hatte, lesen wir: „Und Jakob blieb allein übrig; und es rang ein Mann mit ihm, bis die Morgenröte aufging“ (V. 25). Hier ist ein Wendepunkt in der Geschichte dieses merkwürdigen Mannes. Allein gelassen zu sein mit Gott, das ist der einzige Weg, uns selbst und unsere Wege zu erkennen. Um den wahren Wert der Natur und ihrer Handlungen zu sehen, müssen wir sie auf die Waage des Heiligtums legen. Es hängt wenig davon ab, was wir oder andere Menschen von uns halten. Die wichtige Frage ist, was Gott von uns denkt, und um das zu erfahren, müssen wir mit Gott „allein gelassen“ sein, fern von der Welt, fern vom Ich, fern von allen Gedanken, Urteilen, Einbildungen und Überlegungen der Natur, „allein“ mit Gott.
„Und Jakob blieb allein übrig; und es rang ein Mann mit ihm“. Beachten wir, dass es nicht heißt: Jakob rang mit einem Mann, sondern: ein Mann rang mit Jakob. Man hat dieses Ereignis oft dargestellt als ein Beispiel der Kraft, mit der Jakob betete. Dass dies verkehrt ist, beweist der Wortlaut der Stelle. Es ist ein Unterschied, ob ich mit jemand ringe oder ob jemand mit mir ringt. Wenn ich mit einem anderen ringe, will ich etwas von ihm, im umgekehrten Fall der andere von mir. In diesem Fall rang Gott mit Jakob, um ihn fühlen zu lassen, was für ein armer und schwacher Mensch er war, und als Jakob sich der Erreichung dieses Ziels hartnäckig widersetzte, „rührte er sein Hüftgelenk an; und das Hüftgelenk Jakobs wurde verrenkt, als er mit ihm rang“ (V. 26). Vom Urteil des Todes muss das Fleisch gekennzeichnet sein, die Tragweite des Kreuzes Christi muss verstanden werden, ehe wir beständig und glücklich mit Gott leben können. Wir haben bisher die verschiedenen Züge des außergewöhnlichen Charakters Jakobs kennengelernt, wir haben ihn planen und handeln sehen, während seines zwanzigjährigen Aufenthalts bei Laban, aber erst als er „allein gelassen“ ist, bekommt er eine richtige Vorstellung davon, wie schwach und ohnmächtig er in sich selbst ist. Dann aber, nachdem der Sitz seiner Kraft getroffen ist, kann er sagen: „Ich lasse dich nicht los“ (V. 27).
Damit beginnt ein ganz neuer Abschnitt in der Geschichte Jakobs. Bisher hatte er an seinen eigenen Methoden festgehalten. Jetzt aber wird er dahin gebracht zu sagen: „Ich lasse dich nicht los!“ Der Leser muss jedoch beachten, dass er erst dann diese Worte sagte, als „sein Hüftgelenk verrenkt war“. Diese Tatsache gibt uns den Schlüssel zur Erklärung der ganzen Begebenheit. Gott rang mit Jakob, um ihn an diesen Punkt zu bringen. Wenn es sich um Jakobs Kraft im Gebet handelt, so haben wir bereits gesehen, dass er schon gleich nach seiner Bitte das Geheimnis seines Vertrauens mit den Worten offenbarte: „Ich will Esau versöhnen mit einem Geschenk“. Hätte er so reden können, wenn er die wirkliche Bedeutung des Gebets oder die wahre Abhängigkeit von Gott verstanden hätte? Gott und das Geschöpf müssen getrennt bleiben, und dies wird bei jeder Seele der Fall sein, die die heilige Wirklichkeit eines Lebens aus Glauben kennt.

NAMENSÄNDERUNG: JAKOB WIRD ZU ISRAEL
In diesem Punkt versagen wir jedoch so oft. Wir verbergen oft großen Unglauben hinter dem scheinbar einleuchtenden und frommen Vorwand, Mittel anzuwenden, von denen wir meinen, Gott könne sie segnen, während wir ihn in Wirklichkeit ausschließen und nur auf die Mittel vertrauen. Möchten doch unsere Herzen das Schlechte dieser Handlungsweise erkennen! Möchten sie lernen, mit mehr Einfalt auf Gott allein zu schauen, damit unser Leben mehr durch eine heilige Würde charakterisiert wird, die uns über die Umstände erhebt, durch die wir zu gehen haben! Es ist durchaus nicht leicht, mit dem Geschöpf in jeder Art und Form so völlig ein Ende zu machen, dass man sagen kann: „Ich lasse dich nicht los, es sei denn, du segnest mich“ (V. 27). Das von Herzen zu sagen und in der Kraft zu bleiben, die diese Worte ausdrücken, ist das Geheimnis wirklicher Stärke. Jakob redete erst dann so, als sein Hüftgelenk angerührt war, nicht vorher. Er rang lange, bevor er nachgab, weil sein Vertrauen auf das Fleisch stark war. Aber Gott kann den hartnäckigsten Charakter in den Staub beugen. Er weiß die Quelle der natürlichen Kraft zu erreichen und sie zum Tod zu bringen, und ehe dies geschehen ist, kann man keine Kraft vor Gott und Menschen haben. Wir müssen schwach sein, bevor wir stark sein können. Die Kraft Christi kann nur in Verbindung mit der Erkenntnis unserer Schwachheit in uns sein. Christus kann die Kraft der Natur und ihre Weisheit niemals billigen. Diese Dinge müssen abnehmen, damit Er wachsen kann. Nie kann die Natur in irgendeiner Weise der Entfaltung der Gnade oder der Kraft Christi zur Grundlage dienen.
Da also die Entfaltung der Herrlichkeit Gottes mit der totalen Beiseitesetzung der Natur verbunden ist, kann die Seele sich über diese Entfaltung nicht eher freuen, bis diese Beiseitesetzung wirklich erfolgt ist. Obwohl Jakob aufgefordert wird, seinen Namen zu nennen und anzuerkennen, dass er „Jakob“ oder „Überlister“ heißt, wird ihm dennoch nicht der Name dessen offenbart, der mit ihm gerungen und ihn in den Staub gebeugt hat. Er empfängt für sich selbst den Namen „Israel“ oder „Kämpfer Gottes“, und das ist ein großer Fortschritt, aber als er sagt: „Sage mir doch deinen Namen!“ – erhält er zur Antwort: „Warum doch fragst du nach meinem Namen?“ (V. 30). Der Herr weigert sich, ihm seinen Namen zu nennen, obschon Jakob die Wahrheit über sich selbst bekannt hatte, und deshalb gesegnet wird. Wie viele ähnliche Fälle enthält die Geschichte der Familie Gottes! Das Ich wird in seiner ganzen Hässlichkeit aufgedeckt, aber wir kommen praktisch nicht so weit, zu erkennen, was Gott ist, obwohl er uns so nahe ist und uns segnet.
Jakob empfing den neuen Namen „Israel“ nachdem seine Hüfte angerührt worden war und er so erfahren und anerkannt hatte, dass er ein schwacher Mensch war. Dennoch musste der Herr zu ihm sagen: „Warum doch fragst du nach meinem Namen?“ und Er offenbarte ihm nicht den Namen dessen, der den wahren Namen und den wahren Zustand Jakobs ans Licht gebracht hatte. Dies lehrt uns, dass es etwas ganz anderes ist, von Gott gesegnet zu werden, als durch den Geist die Offenbarung des Charakters Gottes für unsere Herzen zu empfangen. „Er segnete ihn dort“ (V. 30), aber Er nannte ihm nicht seinen Namen. Es ist stets ein Segen, in irgendeinem Maß zur Selbsterkenntnis geführt zu werden, denn wir werden dadurch auf einen Weg gebracht, auf dem wir klarer unterscheiden können, was Gott in allen Einzelheiten für uns ist. So war es bei Jakob. Sobald sein Hüftgelenk angerührt worden war, war er in einem Zustand, in dem Gott allein genügen konnte. Ein armer hinkender Mann konnte wenig ausrichten. Es blieb ihm daher nichts übrig, als sich an den zu klammern, der allmächtig ist.
Ehe wir die Betrachtung dieses Kapitels abschließen, möchte ich noch bemerken, dass das Buch Hiob in gewissem Sinn eine Erklärung zu dem soeben betrachteten Abschnitt der Geschichte Jakobs gibt. In den ersten 31 Kapiteln streitet Hiob mit seinen Freunden und hält seine Behauptungen allen ihren Beweisgründen gegenüber aufrecht. In Kapitel 32 aber beginnt Gott durch Elihu mit ihm zu ringen, und in Kapitel 38 greift Er ihn unmittelbar an in der ganzen Majestät seiner Kraft, überwältigt ihn durch die Offenbarung seiner Größe und Herrlichkeit und dann spricht Hiob die bekannten Worte: „Mit dem Gehör des Ohres hatte ich von dir gehört, aber nun hat mein Auge dich gesehen. Darum verabscheue ich mich und bereue in Staub und Asche“ (Hiob 42,5.6). Gott hatte sein Hüftgelenk angerührt. Man beachte den Ausdruck: „Mein Auge hat dich gesehen“. Hiob sagt nicht: „Ich sehe mich“, sondern: „Ich habe dich gesehen“. Nur ein Blick auf das, was Gott ist, führt zu wahrer Buße und Verabscheuung unseres Ich. So wird es auch mit dem Volk Israel sein, dessen Geschichte mit derjenigen Hiobs sehr verwandt ist. Wenn sie auf den blicken werden, den sie durchbohrt haben, werden sie wehklagen (Sach 12,10); und dann wird Gott sie segnen und völlig wiederherstellen.

William Kelly schreibt:

Die verschiedenen Bande in der Reihenfolge sollten als Wellenbrecher zwischen dem beleidigten Bruder Esau und dem zitternden Jakob dienen. Aber schließlich, als alle genommen oder über die Furt
Jabbok geschickt wurden, kam ein anderer, mit dem Jakob nicht gerechnet hatte, als er allein war. Ein Mann kämpfte mit ihm in dieser
Nacht bis zum Anbruch des Tages.
Aber es ist gut zu bemerken, obwohl es oft bemerkt wurde, dass
es nicht zur Ehre Jakobs dargelegt wird, dass er mit dem Mann gerungen hat, denn es war eher der Mann oder Gott selbst, der mit
ihm gerungen hat. Es war immer noch nicht wenig in ihm, mit dem
Gott einen Streit zum Wohle Jakobs hatte, nicht ohne seine Erniedrigung. Kurzum, Gott hatte es mit der Abhängigkeit seines Knechtes
von seiner eigenen Kraft, seinen eigenen Geräten und Mitteln zu
tun und legte diese in jeder Hinsicht nieder. Daher war das, was berührt wurde und schrumpfte, als Symbol dafür das bekannte Zeichen für die Stärke des Menschen. Die Sehne des Schenkels wurde
zum Verdorren gebracht. Aber gerade die Hand, die den Sitz der natürlichen Kraft berührte, vermittelte eine Kraft von oben; und Jakob wurde bei dieser Gelegenheit ein neuer Name gegeben. „Dein Name soll nicht mehr Jakob heißen, sondern Israel; denn als Fürst hast
du Macht bei Gott und bei den Menschen, und du hast dich durchgesetzt.“ Er fragte nach dem Namen Gottes, aber dieser konnte, in Übereinstimmung mit seinem Charakter, noch nicht offenbart werden. Gott hält seinen Namen nun im Verborgenen. Jakob kämpft die ganze Nacht, damit er gesegnet wird. Es war keine Frage der friedlichen Gemeinschaft, noch weniger der ernsthaften Fürbitte für andere. Es war in der Tat höchst bezeichnend für göttliche Barmherzigkeit; aber für Gottes Barmherzigkeit im Dunkeln, wo es noch keine Gemeinschaft geben konnte. So konnte nichts wahrhaftiger auf den Zustand von Jakob antworten. Er wurde zweifellos von Gott gestärkt, aber es war mitfühlende Barmherzigkeit, die ihn stärkte, um
von einer notwendigen und dauerhaften Niederlegung all seiner eigenen Kraft zu profitieren – einer Liebe, die sie verkümmern lassen musste, aber dennoch sich selbst erhalten würde.

Werner Mücher schreibt:

Und die Sonne ging ihm auf, als er über Pnuel hinaus war; und er hinkte an seiner Hüfte: Ein neuer Tag beginnt. Die Sonne geht nicht nur auf, sie geht ihm (= für ihn) auf (vgl. 28,21). Zugleich dämmert ein
neuer Lebensabschnitt für Jakob. In seinem Leben ging die Sonne auf. Das Licht Gottes (1Mo 1) schien
am ersten Tag (Bekehrung), doch erst am vierten Tag wurde die Sonne geschaffen (Herrschaft Gottes im Leben von Jakob).
Anwendung: Die Sonne ist ein Bild von Christus. Kann Christus in unserem Leben bestimmen? Das ge-
schieht am Pniel (= Angesicht Gottes).

Hinkte an seiner Hüfte: Jakob ist fortan ein humpelnder Mann. Er kann noch in eigener Kraft gehen,
aber nur mit Beschwerde. Die Hüfte, der Sitz seiner Kraft, ist verrenkt. Esau gegenüber ist er nicht ehrlich (Kap. 33).

Darum essen die Kinder Israel bis auf den heutigen Tag nicht den Hüftmuskel, der über dem Hüftgelenk ist, weil er das Hüftgelenk Jakobs, den Hüftmuskel, angerührt hat: Es ist gut, dass die Nachkommen Jakobs so beeindruckt waren von dem, was Gott mit Jakob getan hatte. Noch besser wäre es gewesen, wenn sie die geistliche Lektion aus diesem Handeln Gottes mit Jakob gelernt hätten. Doch sie werden sie lernen in der Drangsal Jakobs (Jer 30,7). Haben wir sie gelernt?

Jakob zieht bei Nacht mit allem, was er hat, durch den Jabbok, einen kleinen Seitenfluss des Jordan, der etwa 40 km oberhalb vom Toten Meer bei Adama in den Jordan einmündet. Er befindet jetzt sich auf der südlichen Seite des Jabbok und bleibt noch allein zurück. Da kommt plötzlich ein Mann zu ihm und beginnt einen Ringkampf. Dieser Kampf dauert bis in die frühen Morgenstunden, bis zur Morgenröte. Wer ist dieser Mann?

Hosea 12,3–5

Um diese Frage beantworten zu können, wollen wir zwei Verse aus Hosea 12 dazunehmen: Der HERR … wird Jakob heimsuchen … Im Mutterleib
hielt er die Ferse seines Bruders, und in seiner Manneskraft kämpfte er mit Gott: Er kämpfte mit dem Engel und überwand, er weinte und flehte zu ihm (V. 3–5).
Hier heißt es, dass Jakob mit Gott bzw. einem Engel kämpfte, aber zuvor heißt es, dass er mit Gott kämpfte. Der Engel wird mit Gott identifiziert: Es ist der Engel der Engel des HERRN, eine Erscheinung des Sohnes Gottes. Gott selbst – der Herr Jesus. – kam also zu Jakob, um in sein Leben einzugreifen.
Doch Gott vermag ihn bei diesem Ringkampf nicht zu überwältigen!
Wie soll man das verstehen? Gibt es etwas, was für Gott unmöglich wäre? Ja, das gibt es. Darin steckt eine wichtige
Belehrung für uns. Der üble Charakter Jakobs, seine sündige Art, war unverbesserlich. Gott kann unsere sündige Natur nicht verbessern! Das stimmt mit der Aussage des Apostels in Römer 7 über: „Denn ich weiß, dass in mir, das ist in meinem Fleisch, nichts Gutes wohnt“ (V. 18).

(Wie ganz anders war die Begegnung Gottes damals mit dem Großvater Abraham Jakobs (1Mo 18). Das war Abraham auf der Höhe seines Glaubens. Gott konnte ihm besondere Offenbarungen und Verheißungen geben, außerdem er wurde zur einem Fürbitter für andere.)

Wie viele Gläubige versuchen, sich selbst zu bessern. Jungen Gläubigen kann man das nicht verübeln, möglicherweise müssen sie noch die Erfahrungen von Römer 7 machen, doch wenn ältere Gläubige nicht über Römer 7 hinauskommen, ist das sehr bedauerlich. Gott kann Jakob nicht niederringen. Da greift Er zu einem anderen Mittel: Er verrenkt ihm die Hüfte. Jetzt ist Jakob kampfunfähig. Damit findet das Ringen ein jähes Ende. Jakob kann sich kaum noch auf den Beinen halten. Er hat entsetzliche Schmerzen.
Lass mich los! Gott fordert Jakob auf, ihn loszulassen. Offensichtlich klammert er sich mit ganzer Kraft an den Engel.3 Was sollte er auch anderes machen? Er kann nicht allein weitergehen; so kann er auch Esau nicht begegnen. Man kann nur jedem Kind Gottes heutzutage wünschen, dass es sich ganz und gar an den Herrn Jesus hängt. Katharina von Bora hat einmal gesagt: Ich möchte an Christus kleben wie die Klette am Kleid. Klammere dich in deiner Not an Ihn und lass Ihn nicht mehr los. Es sei denn, Du segnest mich Jakob kämpft immer noch. Doch jetzt ist es eine ganz andere Art von Kampf: „Er weinte und flehte zu ihm“ (Hos 12,5). Er weint vor Schmerzen, und in seiner Not fleht er den Engel an, Ihm zu helfen. Jetzt kämpft Jakob im Gebet. Die einzige Lösung für ihn ist nun, Gott um Hilfe anzuflehen.

(Ist es nicht schön, in diesem Zusammenhang daran zu denken, dass der Herr Jesus hier mit Jakob handelte? Hier lernen wir den Herrn auf eine eindrucksvolle Weise
kennen. Er trägt nicht nur das Weltall, sondern kümmert sich auch um eine einzelne Seele.)

Das heißt nun nicht, dass Gott das Flehen in der Weise erhörte, dass Jakob wieder beschwerdefrei wurde. Gott hat Jakob geholfen, indem er Gott auf eine völlig neue Weise kennenlernte.
Das war zugleich der Sieg Jakobs. Gott will sich ja erbitten lassen.
Was tut Er lieber, als einem Menschen in seiner Not zu helfen? Deshalb hat Gott ihn doch in diese Notlage gebracht.
Siege werden im Gebet errungen, mit Weinen und Flehen. Ein Beispiel dafür ist Paulus, der zwar keine verrenkte Hüfte hatte, wohl aber einen Dorn im Fleisch, was auch immer das gewesen sein mag:
Und damit ich mich nicht durch das Übermaß der Offenbarungen
überhebe, wurde mir ein Dorn für das Fleisch gegeben, ein Engel Satans, damit er mich mit Fäusten schlage, damit ich mich nicht überhebe. Für dieses flehte ich dreimal zum Herrn, damit er von mir abstehen möge.
Und er hat zu mir gesagt: Meine Gnade genügt dir, denn meine Kraft wird in Schwachheit vollbracht (2Kor 12,7–9).
Auch Paulus hat gefleht. Hat der Herr sein mehrmaliges Beten nicht erhört? Sicher, wenn auch in einer anderen Weise, als Paulus sich das vorstellte. Die Kraft des Herrn sollte sich in seinem Leben in Schwachheit erweisen. So würde es auch bei Jakob sein.
War Jakob ab dieser Zeit nun ein durch und durch geistlicher Mann? Durchaus nicht. Doch Pniel hat sein Leben radikal verändert, und zwar in eine gute Richtung.

Wenn wir doch ebenfalls als Volk Gottes erkennten, dass mit unserer Kraft nichts getan ist! Hat Gott uns, sein Volk, nicht auch sehr geschwächt? Würden wir doch weinen und zu Gott flehen, so würde Er auch heute noch das Volk Gottes erretten und uns auf eine ganz neue und tiefere Weise segnen können.
Bisher hat Jakob immer versucht, den Segen (oder seinen Vorteil) durch List zu erlangen, jetzt endlich sucht er den Segen da, wo er wirklich zu finden ist: bei Gott. Gott entspricht der Bitte Jakobs und segnet ihn.

Jakobs neuer Name: Israel

Jetzt ist der Augenblick da, wo Gott ihm einen neuen Namen gibt: Kämpfer oder Fürst Gottes. Er hat tatsächlich mit Menschenund mit Gott gerungen. Nun will Gott ihn zu einem Menschen machen, der für Ihn kämpft und für seine Rechte eintritt. Der neue Name soll Jakob immer daran erinnern, dass er ab nun unter der Herrschaft Gottes steht. Jakob macht zwar noch vieles falsch, wie gerade auch die beiden nächsten Kapitel 33 und 34 zeigen, doch der Anfang ist gemacht.

(An dieser Stelle wollen wir eine prophetische Anwendung auf das Volk Israel machen, dessen Stammvater Jakob ist. Das Volk Israel ist gegenwärtig im eigentlichen Sinn noch nicht Israel, sondern Jakob. Es muss noch eine entsetzliche Bedrängnis durchmachen: „Wehe, denn groß ist jener Tag, ohnegleichen, und es ist eine Zeit der
Drangsal für Jakob! Doch er wird aus ihr gerettet werden“ (Jer 30,7). Die Zeit der Drangsal für Jakob sind die letzten 3½ Jahre vor dem Friedensreich. Das Volk muss noch sein Pniel erleben, den Ort, wo es das „Angesicht Gottes“ sieht. Gott wird das Volk verwunden, so dass es nicht mehr auf seine eigene Kraft vertraut, sondern allein auf Gott. Das wird der Augenblick sein, wo das Volk den Herrn Jesus nicht nur als seinen Messias erkennen wird, sondern auch verstehen wird, dass Er ihre Sünden getragen hat (Jes 53). Dann erst kann Gott dem Volk den Sieg über seine Feinde geben, ihm gleichsam den Namen „Israel“ (= Kämpfer oder Fürst Gottes) geben und es im tieferen Sinn in das Land der Verheißung führen.)

Sage mir doch deinen Namen!
Jakob beginnt nun einen neuen Lebensabschnitt, und auf diesem Weg wird Gott sich ihm in einer tieferen Weise offenbaren. Deshalb nennt Gott hier seinen Namen nicht. Jakob ist jetzt noch nicht in der Lage, eine weitergehende Offenbarung Gottes zu empfangen. Drei Kapitel später wird Gott sich Jakob mit dem Namen „Gott der Allmächtige“ offenbaren (1Mo 35,11).
Wir denken noch einmal daran, dass der Engel ja Christus ist.
Darüber lag im Alten Testament ein Schleier; die völlige Offenbarung Christi sollte erst etwa 2000 Jahre später erfolgen, als Er Mensch wurde. Wie glücklich können wir sein, dass wir den Herrn jetzt in einer viel tieferen Weise kennen dürfen, als Jakob Ihn je kannte. Und wir kennen nicht nur den Namen des Sohnes, sondern auch den Namen des Vaters, den der Sohn offenbart hat. Wie viele Gläubige sind dankbar, dass Gott sie segnet und bewahrt und dass sie auch die Sicherheit des Heils haben, doch kennen sie auch den vertrauten Umgang mit Gott als ihrem Vater, in dessen Liebe sie völlig ruhen (1Joh 1,3)?
Was bedeutet ihnen die tagtägliche enge Beziehung zu dem Herrn Jesus, mit dem sie durch die Zugehörigkeit zu seinem Leib auf denkbar enge Weise verbunden sind?
Gott von Angesicht zu Angesicht gesehen.
Damals hatte Jakob Gott in einem Traum gesehen (1Mo 28), nun hat er Ihn von Angesicht zu Angesicht gesehen. Deshalb gibt er diesem Ort den Namen Pniel. Der Name soll ihn selbst, dann das spätere Volk Israel und auch uns an die besondere Begegnung Jakobs mit Gott erinnern.

Wir denken an das große Vorrecht, dass wir die Herrlichkeit Gottes im Angesicht Jesu Christi sehen können (2Kor 4,6). Je mehr wir Christus betrachten, umso mehr werden wir in sein Bild verwandelt: „Wir alle aber, mit aufgedecktem Angesicht die Herrlichkeit des Herrn anschauend, werden verwandelt nach demselben Bild von Herrlichkeit zu Herrlichkeit, als durch den Herrn, den Geist“ (2Kor 3,18).
Die Sonne ging ihm auf Ein neuer Tag beginnt für Jakob, ein neuer Lebensabschnitt. In seinem Leben geht nun wirklich die Sonne auf. Wenn im Leben eines Gläubigen die Sonne aufgeht, bedeutet das, dass Christus – von dem die Sonne ein Bild ist (vgl. Mal 3,20) – das Leben hell und warm macht. Und es bedeutet, dass Christus seine Herrschaft antreten kann (1Mo 1,16).5 Kann Christus als die Sonne auch dein Leben hell machen und heilen? Das wird geschieht, wenn du anfängst, Ihn bestimmen lassen.
Der hinkende Jakob Jakob ist nun ein humpelnder Mann. Er wird sich noch oft an Pniel erinnern. Er kann zwar noch selbständig gehen, jedoch nur mit Beschwerde. Seine natürliche Kraft ist gebrochen.

[Gott hat das Licht am ersten Tag herbeigerufen, doch die Sonne erst am vierten Tag erschaffen. So war auch Jakob lange bekehrt, doch Gott hatte noch nicht die Herrschaft in seinem Leben. Das änderte sich nun mit dem Sonnenaufgang. Dabei würde das Licht der Sonne stets heller erstrahlen bis zur Tageshöhe (Spr 4,18). Die Sonne
sollte ihre heilende Wirkung im Leben Jakobs entfalten, wie das in Zukunft beim
Volk Israel ebenfalls der Fall sein wird (Mal 3,20)]

Der Hüftmuskel

Schön, dass die Nachkommen Jakobs so beeindruckt waren von dem Handeln Gottes mit Jakob. Ich weiß nicht, ob das noch heute bei den Nachkommen Jakobs so ist. Es war allerdings keine Anweisung Gottes. Es ist schon merkwürdig, dass viele Christen in der Befolgung von Traditionen häufig sorgfältiger sind als in der Befolgung des Wortes Gottes. Ist das auch bei dir so?
Besser wäre es gewesen, wenn die Kinder Israel die geistliche Lektion aus diesem Handeln Gottes mit Jakob gelernt hätten.
Davon sehen wir bis heute wenig, bei Einzelnen wohl, nicht aber bei der Gesamtheit des Volkes Israel. Sie werden die Lektion jedoch bald lernen, wenn Gott sie in die „Drangsal Jakobs“ bringt (Jer 30,7).
Haben du und ich diese Lektion schon gelernt? Kennen wir die Bedeutung von Pniel für unser Leben als Christen?

Jean Jeannin schreibt:

„Und Jakob blieb allein zurück.“ Diese Nacht erinnert an die von Bethel. Gott nimmt ihn zur Seite, denn Er hat ihn etwas zu lehren. Das Gebet Jakobs (V. 10-13) zeigt, dass er immer noch von der Angst vor Esau befallen ist. Die Zeit löscht die Fehltritte nicht aus; selbst wenn mehr als 20 Jahre verstrichen sind, muss man sie im Licht Gottes verurteilen. Vor allem aber muss Jakob verstehen, dass er sich als „Überlister“ gegen Gott vergangen hat. Er muss sich dessen bewusst werden und es rückhaltlos bekennen, indem er seinen Namen offen legt (V. 28). Dann erst wird Gott sein Gebet erhören können: Er wird ihn erretten und segnen.

Nach Einbruch der Nacht versperrt ein geheimnisvoller „Mann“ Jakob den Weg beim Eintritt in das Land und kämpft mit ihm. Jakob kennt seinen Gegner (Gott selbst) noch nicht und führt einen heftigen Kampf die ganze Nacht hindurch. Wir verstehen die geistliche Bedeutung davon: Dieser Kampf zeigt das, was der Wille des Menschen in Jakob während so vieler Jahre gewesen ist, und dem will Gott ein Ende setzen. Das Fleisch ist nicht zu zähmen, es stellt sich Gott entgegen und kann weder verbessert noch unterjocht werden. Zu allen Zeiten haben sittliche Gebote, soziale Einrichtungen und religiöser Beistand nicht weiter geführt, als das zu verdecken, was den Menschen von Natur kennzeichnet, nämlich „Feindschaft gegen Gott“ (Röm 8,7).

Das Fleisch ist also unverbesserlich, und der Kampf endet, als der Beweis erbracht ist, dass der alte Jakob immer die Oberhand behält. Gott beendet ihn durch einen ganz kurzen Handgriff, indem Er die Hüfte dieses Kämpfers verrenkt und damit symbolisch die fleischliche Stütze in seinem Wandel zerbricht, damit dieser hinkende Mann sich künftig auf Gott allein stützt. Wir unsererseits haben verstanden, dass das Kreuz Christi das Ende der Kraft des Menschen in Adam ist. Dieses Kreuz drückt von nun an all unseren Wegen seinen Stempel auf; es öffnet den Zugang zu einem „Wandel durch den Geist“.

In Vers 27 beginnt ein anderer Kampf (Hos 12,5). Jakob nimmt einen großartigen Kampf mit Gott auf, der am Ende durch Glauben gekennzeichnet ist. Er hat gelernt, dass in Dem, der ihn körperlich geschlagen hat, alle Kraft ist, aber auch die Macht, zu segnen. Und diesen Segen will Jakob erlangen; er weint und fleht, während der Engel sich anschickt, zu gehen. „Was ist dein Name?“ Es ist sehr nötig, den jetzt anzuerkennen: Jakob, der Betrüger, „der Überlister“. Auf dieses Bekenntnis hin gewährt Gott ihm den Sieg (Israel: Gotteskämpfer).

Jakob hat durch Glauben den begehrten Segen erlangt (V. 27.30), und darin besteht sein Sieg. Trotz allem steht dieser Vorgang unter dem Zeichen der Zucht. Es wird ihm nämlich im Moment noch nicht erlaubt, den Namen Dessen zu kennen, der ihn gesegnet hat, nachdem Er ihn zerbrochen hatte; er kann also die Gemeinschaft mit Ihm noch nicht genießen. Dazu muss er erst in Bethel ankommen (Kap. 35).

Dennoch geht ein neuer Tag über ihm auf (V. 32). Er hat einige Strahlen der Herrlichkeit Gottes ergreifen können, den er von Angesicht zu Angesicht gesehen hat („Pniel“), und seine Seele ist gerettet worden. Von nun an lebt er im Licht Gottes. Er kann jetzt mit besserem Schritt vorangehen – trotz seiner verrenkten Hüfte -, denn seine Schwachheit wird ihn ständig daran erinnern, dass die Kraft Gottes in Schwachheit des Menschen vollbracht wird – aufgrund einer Gnade, die für alles genügt (2. Kor 12,9.10).

In Vers 33 wird die Erinnerung an diesen Kampf im Gedächtnis der Söhne Israels zu ihrer Belehrung verankert: Sie essen nicht vom Hüftmuskel. Wir wollen, geistlich gesprochen, dasselbe tun und darauf verzichten, uns selbstgefällig von dem zu „nähren“, was an Nachteiligem bei unseren Brüdern zu finden ist. Vielmehr wollen wir das in ihnen suchen, was von Christus ist: Seine Kraft und nicht ihre Schwachheit.

Ernst Eugen Hücking schreibt:

Jakob war auf dem Rückweg von Paddan-Aram, der ihn zunächst nach Bethel und schließlich zurück bis nach Hebron zu seinem Vater Isaak führte. Eine wechselvolle Zeit lag hinter ihm, seit er auf der Flucht vor seinem Bruder Esau an dem Ort, den er dann Bethel nannte, eine erste Begegnung mit Gott gehabt hatte. Damals hatte er ein Gelübde getan: „Wenn Gott mit mir ist und mich behütet … und mir Brot zu essen gibt und Kleider anzuziehen und ich in Frieden zurückkehre …, so soll der Herr mein Gott sein“ (1. Mo 28,20.21). Nun hatte Gott ihn in jeder Beziehung reich gesegnet, und die Rückkehr hatte begonnen. Doch bevor er ein zweites Mal nach Bethel kam, erwartete ihn eine Begegnung, von der er nichts ahnen konnte. Noch galt seine ganze Sorge der zu erwartenden Begegnung mit Esau, zu dessen Besänftigung er ganz nach seiner Art die klügsten Vorkehrungen traf.

Da begann am Abend vor der Überquerung des Flüsschens Jabbok, als Jakob allein zurückgeblieben war, im Dunkel der Nacht ein Mann mit ihm zu ringen. Der heftige Kampf muss einige Zeit gedauert haben, denn der Mann wandte einen Kunstgriff an und verrenkte eine Hüfte Jakobs mit den Worten: „Lass mich los, denn die Morgenröte ist aufgegangen.“ Wer war dieser Geheimnisvolle, dessen Auftreten unter keinen Umständen von eines Menschen Auge gesehen werden durfte? Jakob muss es erfasst haben, denn er antwortet: „Ich lasse dich nicht los, es sei denn, du segnest mich.“ Darauf gibt der Mann Jakob einen neuen Namen: „Israel“, Kämpfer Gottes, „denn du hast mit Gott und mit Menschen gerungen und hast gesiegt“ (V. 27-29).

Mit Menschen gerungen und gesiegt? Ja, seinen älteren Bruder hatte er überlistet, und auch seinem geschäftstüchtigen Onkel Laban war er gewachsen gewesen. Aber kann ein Mensch denn Gott „besiegen“? Der Prophet Hosea sagt hierzu: „Im Mutterleib hielt er die Ferse seines Bruders, und in seiner Manneskraft kämpfte er mit Gott: Er kämpfte mit dem Engel und überwand, er weinte und flehte zu ihm …“ (Kap 12,4.5). Das ist das Geheimnis: Durch Weinen und Flehen, wenn es aus einem gebeugten und aufrichtigen Herzen kommt, bringt man Gott auf seine Seite, denn „die Opfer Gottes sind ein zerbrochener Geist; ein zerbrochenes und zerschlagenes Herz wirst du, Gott, nicht verachten“ (Ps 51,19).

In diesem Sinn hat auch Jakob „gewonnen“. Darum gab er dem Ort den Namen Pniel („Angesicht Gottes“) mit den Worten: „Denn ich habe Gott von Angesicht zu Angesicht gesehen, und meine Seele ist gerettet worden!“ (V. 31). Hier hat er die Untauglichkeit seiner selbst im Herzen erfasst und ist – äußerlich hinkend – als Überwinder daraus hervorgegangen.

Vielleicht hat Gott das Gelübde Jakobs damals in Bethel ernster genommen als wir manchmal meinen. Nur bedurfte es Seines besonderen Eingreifens, damit es sich erfüllte. Jetzt, als Jakob „über Pniel hinaus“ war und ihm die Sonne aufging, während sie damals untergegangen war – hatte er jetzt nicht wirklich den Herrn als „seinen Gott“ ergriffen? Von jetzt an bedeutete Bethel für ihn nicht nur ein „Denkmal“ der Erinnerung, sondern wurde zu einem „Altar“ der Anbetung (1. Mo 35,1).

Wie gesegnet ist es auch heute für jeden von uns, wenn wir „über Pniel hinaus“ sind! Die persönliche Gegenwart Gottes muss etwas Erlebtes sein, und das gelingt nur, wenn die Energie des Glaubens: „Ich lasse dich nicht los“, gepaart ist mit einer Gesinnung der Unterwerfung und des Flehens. Gott schenke uns beides!

Aus dem ABC des Christen schreibt:

Diesmal wollen wir uns einige wichtige Einzelheiten aus dem Leben des Patriarchen Jakob in Erinnerung rufen. Auch er wird zu unserer Belehrung verschiedene Male einer anderen Person gegenübergestellt, wodurch wichtige Grundsätze und Lebenswahrheiten besonders deutlich und verständlich gemacht werden.

Nach zwanzig Jahren harter Erfahrungen bei Laban war Jakob noch nicht bei dem Punkt angelangt, wo Gott ihn haben wollte. Als er mit seiner Familie und seinen Herden den Onkel verliess, da bereitete er sich sogleich, in eigener Kraft und Weisheit, auf das gefürchtete Zusammentreffen mit Esau vor. Wohl wandte er sich jetzt an Gott, in einem Gebet, das von einem gewissen Erfassen der Gnade Gottes zeugte; aber er war mit sich selbst noch nicht zu Ende gekommen. Kaum erhob er sich vom Gebet, ging er wieder an sein Planen und seine Anordnungen, die nicht frei waren von seiner angeborenen List und Schlauheit.

Nun sah Gott den Augenblick zu einem weiteren Eingreifen gekommen. Die Herden und die Familien waren auf dem Weg, und Jakob allein war zurückgeblieben. Und da kam ein Mann und rang mit ihm, bis die Morgenröte aufging (1. Mo 32,24). Da ging es nicht um einen sportlichen Ringkampf, auch nicht um einen Feind oder Räuber, der ihn anfiel. Dieser Mann hier rang mit ihm, um ihn in seiner fleischlichen Gesinnung zu überwinden.

In allen seinen Bemühungen der Zucht gegenüber Jakob ist Gott nicht darauf ausgegangen, dessen Charakterveranlagungen zu verbessern, sondern um ihm die Verwerflichkeit und Unverbesserlichkeit seines Fleisches vor Augen zu führen. Hier, in Pniel, trat nun deutlich zutage, dass Gott und das Fleisch in Jakob unversöhnliche Gegensätze waren (der Ringer war kein anderer als der Herr in engelhafter Gestalt). Beim Gläubigen darf nur Gott die Oberhand haben und wirksam sein. Es entspann sich daher ein unnachgiebiger Kampf: Entweder der eine oder der andere. Gott war entschlossen, bei Jakob dem Leben nach dem Fleisch ein Ende zu setzen und ihn dazu zu bringen, sich an Ihn, an sein Tun und an seinen Segen zu klammem. Da dieses Ziel nicht anders erreicht werden konnte, musste der Herr das Hüftgelenk Jakobs anrühren und verrenken.

Und wirklich, Jakob rief am Ende des Kampfes aus: «Ich lasse dich nicht los, es sei denn, du segnest mich!» Welch ein Gewinn für ihn! Er war fortan ein Hinkender, der sich seiner eigenen Kraftlosigkeit bewusst blieb, aber er hatte gelernt und lernte es wohl immer mehr, sich auf Gottes Kraft und Weisheit und Segen zu stützen. Er war nun Israel, ein «Kämpfer Gottes» geworden.

Der Christ sollte in Bezug auf das Fleisch in ihm dreierlei wissen:

• Es ist völlig verdorben (Röm 7,18)

• Das Kreuz Christi hat mich vom Fleisch befreit: «Die aber des Christus sind, haben das Fleisch gekreuzigt samt den Leidenschaften und den Begierden» (Gal 5,24)

• Der Heilige Geist, diese göttliche Person, die in mir bleibt ist dem Fleisch entgegengesetzt; Er ist während meines ganzen Lebens auf der Erde der treue Zeuge gegen das Fleisch in mir, der dessen Wirksamkeit anzeigt, dessen Gesinnung beleuchtet, wo immer es sich zeigt, und mir Kraft gibt, in der Gesinnung des Geistes zu wandeln

Für den einfältig auf Christus gerichteten Sinn und das von Ihm erfüllte Herz ist es daher nicht schwierig, zwischen Fleisch und Geist zu unterscheiden, sich vom Geist leiten und seine Frucht hervorbringen zu lassen (Gal 5,22). Der Herr sagte zu den Jüngern: «Der Geist … bleibt bei euch und wird in euch sein» (Joh 14,17); möchten auch wir zum Herrn sagen: «Ich lasse dich nicht los, es sei denn, du segnest mich!»

Marco Leßmann schreibt:

Jakob war ein Gläubiger. Ihm war sehr an dem Segen Gottes gelegen, doch er suchte ihn auf eigene Faust zu erlangen. Sein Leben ist geprägt vom Planen, Täuschen, Intrigieren und Betrügen. Selbst die 20 bitteren Jahre bei seinem Onkel Laban haben daran im Prinzip nichts geändert. Auf Gottes Geheiß macht er sich auf den Rückweg nach Kanaan. Engel Gottes begegnen ihm, um seinen Glauben zu stärken. Jakob betet auch zu Gott um Rettung aus der Hand Esaus, vor dem er sich sehr fürchtet. Doch sein Vertrauen in die Wirksamkeit des Gebets ist beschränkt, denn direkt danach beginnt er wieder zu planen und zu intrigieren, sich auf die eigenen Mittel zu stützen, statt auf den, zu dem er gerade gebetet hat.

Aber dann kommt „jene Nacht“ – eine Nacht, die zum Wendepunkt im Leben Jakobs wird. Gott tritt ihm in den Weg, bricht seinen Eigenwillen und seine Kraft, auf die er sich bisher gestützt hatte und zwingt ihn sich ganz auf Ihn zu stützen. Diese Nacht beendet seine Betrügereien und macht ihn zu einem gebrochenen aber gesegneten Mann.

Jakob ist allein mit Gott

Warum Jakob seine ganze Familie und Habe über den Jabbok bringt und allein zurückbleibt, wird nicht berichtet. Aber das Alleinsein und die Stille der Nacht geben Gott die Möglichkeit, mit Jakob zu handeln.

Allein mit Gott, das ist der Weg, uns selbst in seinem Licht zu sehen, ohne Ablenkung durch Gedanken, Meinungen und Urteile von anderen oder unseres eigenen Ichs. Wie wollen wir die Antwort auf die Frage bekommen, wie Gott über uns denkt, wenn wir Ihm nicht die Gelegenheit geben, zu uns zu sprechen. Und dazu braucht es stille Zeit mit Gott.

Jakob kämpft mit Gott

Eigentlich ist es Gott, der mit Jakob kämpft. „Es rang ein Mann mit ihm.“ Gott will das Selbstvertrauen Jakobs niederringen, damit das verschüttete Gottvertrauen bei ihm zum Vorschein kommt. Doch Jakob widersteht. Wie ein Bär kämpft er mit seiner ganzen Kraft gegen den geheimnisvollen Mann. Mehrere Stunden muss der Kampf gedauert haben, „bis die Morgenröte aufging“. Nicht weil dieser Kampf Gott irgendwie angestrengt hätte, sondern weil Er in seiner Langmut darauf wartet, dass Jakob von selbst aufgibt.

Wie schwer tun wir uns, dass Vertrauen auf die eigene Kraft und Weisheit fahren zu lassen und uns allein auf Gott zu stützen. Welche Sondermaßnahmen muss Gott oft ergreifen, um uns unsere Schwachheit bewusst zu machen. 40 Jahre Schafehüten in der Wüste, um aus dem in aller Weisheit der Ägypter unterwiesenen Mose ein brauchbares Werkzeug in der Hand Gottes zu machen.

Jakob klammert sich an Gott

Plötzlich bekommt das Hüftgelenk Jakobs einen übernatürlichen Schlag. Der Sitz seiner Kraft ist getroffen. Auf einmal ist das weg, worauf Jakob bisher vertraut hatte. Der Widerstand ist gebrochen. Der, der seine Geschicke bisher nie aus der Hand gegeben hatte, klammert sich hilflos an den, der ihn bezwungen hat.

Das Eingeständnis der eigenen Kraftlosigkeit ist der erste Schritt zu einem Leben in der Kraft Gottes. Die körperliche Niederlage Jakobs ist sein geistlicher Sieg. Gott prüft ihn noch einmal mit den Worten: „Lass mich los.“ Doch genau das will Jakob nicht mehr. Gott loslassen und es auf eigene Faust probieren, das hatte er lange genug vergeblich versucht.

Jakob weint und fleht zu Gott

Der Prophet Hosea gibt weiteren Aufschluss über das geheimnisvolle Geschehen am Jabbok: „In seiner Manneskraft kämpfte er mit Gott: Er kämpfte mit dem Engel und überwand, er weinte und flehte zu ihm“ (Hos 12,4+5). Bislang hatte der Engel des Herrn mit ihm gekämpft. Jetzt kämpft Jakob mit dem Engel. Aber nicht mit fleischlichen Mitteln wie bisher, sondern mit Weinen und Flehen. „Ich lasse dich nicht los, es sei denn, du segnest mich.“ Und in diesem Kampf lässt Gott sich „überwinden“.

Genau durch dieses Eingeständnis der völligen Abhängigkeit von Gott bringt Gott uns an den Punkt, wo Er uns haben will. Seine Kraft kann niemals an unsere eigene Kraft anknüpfen, sondern nur an unsere Schwachheit (vgl. 2. Kor 12,9+10). „Überwinder“ sollen wir sein, ja, aber nur „durch den, der uns geliebt hat“ (Röm 8,37). Alles hatte Jakob bisher selbst erschlichen, jetzt will er alles nur noch von Gott bekommen. Aber ein entscheidender Punkt fehlt noch.

Jakob bekennt

„Was ist dein Name?“, fragt Gott nun. Bevor Er ihn segnen kann, muss Jakob erst bekennen, wer er ist. „Jakob“, der Fersenhalter, der Überlister. Jakob beschönigt nichts, dieser Name war sein Lebensprogramm. Das „Flehen“ um den Segen Gottes ist begleitet von echtem „Weinen“, von echter Reue über sein bisheriges Leben.

Gott bestätigt diese Sinnesänderung, indem er Jakob einen neuen Namen gibt: Israel – Kämpfer Gottes. Bisher hatte er „mit Gott und Menschen gerungen“. Jetzt, mit verrenktem Hüftgelenk, wird er beginnen für Gott zu kämpfen. Es wird noch manche Rückschläge geben, aber der erste Sieg über das eigenwillige Ich ist errungen, und daran kann Gott anknüpfen.

Den eigenen Stolz überwinden, über die eigenwilligen Wege weinen, sich an Gott klammern und nicht auf Fleisch vertrauen – das sind die Voraussetzungen auch bei uns, wenn wir Diener und Kämpfer Gottes sein wollen (vgl. Phil 3,3).

Jakob fragt nach dem Namen Gottes

So von sich selbst und dem Vertrauen auf die eigene Kraft befreit, bleibt Jakob nichts anderes mehr übrig, als sich an den zu klammern, der ihn überwunden hat. Seine echte Bitte: „Sage mir doch deinen Namen!“, offenbart das neu erwachte Bedürfnis Jakobs, Gott besser kennenzulernen.

Wenn wir ins Licht Gottes kommen und einsehen, dass wir aus uns selbst nichts vermögen, sind wir bereit zu fragen, was wir in dem vermögen, der uns kräftigt. „Ihn zu erkennen“ und seine Auferstehungskraft, dafür hatte Paulus alles für Dreck geachtet, worauf er bisher vertraut hatte (vgl. Phil 3,4–11).

Gott kann sich Jakob noch nicht offenbaren. Erst muss die Gemeinschaft mit Gott völlig wiederhergestellt werden. Und das ist (auch bei uns) nicht innerhalb einer Nacht geschehen. Wenn Jakob sich als echter Kämpfer Gottes erwiesen hat, die fremden Götter weggetan hat, im Gehorsam in das Land zurückgekehrt ist und nach Bethel („Haus Gottes“) kommt, offenbart sich Gott ihm als Gott, der Allmächtige und gibt Jakob zum zweiten Mal den Namen Israel (1. Mo 35).

Jakob geht die Sonne auf

Zwar kann Gott sich ihm noch nicht völlig offenbaren, Er begegnet ihm im Dunkeln und verschwindet auch im Dunkeln wieder. Doch einen Segen bekommt Jakob von Gott. Das ist die Langmut Gottes, der mit seinem Segen nicht wartet, bis Jakob völlig an dem Platz ist, wo Gott ihn haben will.

„Und die Sonne ging ihm auf, als er über Pnuel hinaus war; und er hinkte an seiner Hüfte.“ Damals, auf der Flucht vor Esau, war die Sonne im Leben Jakobs untergegangen (1. Mo 28,11). Doch jetzt durchflutete neues Licht die Seele Jakobs nach einer langen Nacht, aus der ihn Gott selbst im Kampf herausreißen musste. Seine Hüfte würde ihn ständig an seine Kraftlosigkeit erinnern. Er war fortan völlig von der Gnade und Kraft Gottes abhängig, und doch Israel – der Kämpfer Gottes.

So geht der erste Teil der Geschichte Jakobs dem Ende entgegen. Alles hatte sich um ihn selbst gedreht. Im zweiten Teil wird sich alles um eine andere Person drehen: „Dies ist die Geschichte Jakobs: Joseph …“ (1. Mo 37,2). Joseph ist ein schönes Vorausbild auf den Herrn Jesus. Der Wendepunkt im Leben Jakobs war Pniel – „in jener Nacht“.

Hast du dein Pniel-Erlebnis schon gehabt?

Bible Monthly schreibt:

Jakobs natürlicher Charakter war gar nicht liebenswürdig. Sein Name besagt es: er war ein «Überlister». Schon am Anfang seines Lebens trat diese Veranlagung bei ihm zu Tage, und bevor er in Pniel anlangte, wo er völlig überwunden wurde, hatte er immer wieder einen Vorteil für sich einzuhandeln versucht.

Als er das Haus seines Vaters verliess, schloss er mit Gott einen Handel ab. «Wenn Gott mit mir ist», so sagte er, «und mich behütet auf diesem Weg, den ich gehe, und mir Brot zu essen gibt und Kleider anzuziehen, und ich in Frieden zurückkehre zum Haus meines Vaters, so soll der HERR mein Gott sein. Und dieser Stein, den ich als Denkmal aufgestellt habe, soll ein Haus Gottes sein; und von allem, was du mir geben wirst, werde ich dir gewiss den Zehnten geben» (1. Mo 28,20-22).

Auch während seines Aufenthaltes bei Laban trat dieser Charakterzug Jakobs immer wieder hervor. Was für Pläne, was für wohlüberlegte Schliche, um seine vorgefassten Ziele zu erreichen! Wie deutlich zeigte es sich, dass das «Ich» der grosse Gegenstand war, um den sich bei ihm alles kreiste, in all seinem Tun. Und auch in diesem 32. Kapitel wird uns beschrieben, wie sehr er damit beschäftigt war, einen Plan zu ersinnen, um den gefürchteten Zorn seines Bruders Esau abzuwenden, den er so schlecht behandelt hatte.

Jakobs böses Gewissen

Ein Umstand in diesem Kapitel verdient im Hinblick auf Jakob unsere besondere Aufmerksamkeit. Man erkennt deutlich, dass er unter der quälenden Anklage eines schlechten Gewissens an seinen Bruder dachte. Er wusste nur zu gut, dass er durch sein berechnetes, böses Handeln den Zorn und die Rache Esaus herausgefordert hatte, und er fühlte sich daher beim Gedanken an ein Zusammentreffen mit ihm äusserst unbehaglich.

Zuvor aber hatte Gott eine Auseinandersetzung mit Jakob und war gewillt, ihm beizubringen, dass eigene Kraft und Weisheit untauglich ist. Jakobs Gedanken waren nur darauf gerichtet, Esau durch ein Geschenk zu beschwichtigen. Obwohl sich Jakob in seiner Angst mit Gebet und Flehen zu Gott gewandt hatte, war sein Herz hinterher doch mehr mit seinen eigenen Anordnungen, durch die er seinen Bruder zu besänftigen hoffte, beschäftigt als mit dem Beistand Gottes. Aber Gott nahm Kenntnis von allen seinen Machenschaften und bereitete eine heilsame Lektion vor, damit er erkenne, was in seinem eigenen Herzen war.

Jakob allein gelassen

Damit dieses Ziel erreicht werden konnte, musste Jakob allein gelassen werden. Sein ganzer Zug, den er nach eigenem Plan aufgestellt hatte, war an ihm vorüber und vorausgezogen, und er selbst sah nun mit nicht geringer Angst der so sehr gefürchteten Begegnung mit Esau entgegen.

In den Worten: «Jakob blieb allein zurück» (Vers 25) liegt eine besondere Kraft. So war es mit allen, die je und je in der Schule Gottes erzogen worden sind: Sie wurden in die Stille und Einsamkeit der göttlichen Gegenwart geführt, um hier sich selbst und die eigenen Wege im rechten Licht zu sehen, wie es nirgendwo sonst geschehen kann.

Wäre Jakob inmitten seiner Familie und seines Gesindes, inmitten der blökenden Schafe und brüllenden Rinder geblieben, wäre er niemals zu derselben ruhigen und nüchternen Erkenntnis seiner selbst und seiner bisherigen Wege gelangt. Nur in der Verborgenheit der Gegenwart Gottes in Pniel wurde sie ihm zuteil.

«Jakob blieb allein zurück.» Oh, kein Teilstück der Geschichte eines Menschen hat eine solche Bedeutung, wie die Stunden, die er in der Zurückgezogenheit der göttlichen Gegenwart zubringt. Da lernt er Dinge verstehen, die ihm bis dahin dunkel und unerklärlich waren. Da lernt er Menschen und Dinge im rechten Licht sehen und erkennt seine eigene Nichtigkeit und Hässlichkeit.

Eine irrige Auslegung

Der sorgfältige Leser wird in dieser Stelle, wenn er sie unvoreingenommen betrachtet für die verbreitete Auslegung, dass hier Jakob zu einer besonderen Kraft des Gebetes gelangt sei, keine Grundlage finden. Dass hierin kein solcher Gedanke enthalten ist, geht schon aus den Worten hervor: «Und es rang ein Mann mit ihm».

Wenn wir von Kraft reden wollen, so haben wir hier eher einen Beweis dafür, wie Jakob mit Hartnäckigkeit am Fleisch und seinen Dingen festhielt. In der Tat, das «Vertrauen auf Fleisch» war bei ihm so stark, dass der Kampf die ganze Nacht andauerte. «Der Überlister» ergab sich nicht und zeigte zähen Widerstand, bis der eigentliche Sitz seiner Kraft berührt und verrenkt wurde und er in sich selbst fühlte, dass alle eigene Kraft und Weisheit Trug ist. Das ist die offensichtliche Belehrung aus dieser wichtigen Schriftstelle. Nicht Jakob hatte Geduld und Ausharren im Gebet, sondern Gott zeigte Geduld mit Jakob, dessen «alter Mensch» in den Staub niedergetreten werden musste, damit Gott etwas aus ihm machen konnte!

Diese Szene in Pniel war der grosse Wendepunkt im Leben dieses ausserordentlichen Mannes. Wir sehen da einerseits die zerbrochenen Fragmente eines «Überlisters» und anderseits den Anfang des mächtigen «Fürsten» Gottes.

«Ich lasse dich nicht los»

Was bedeutet der Ausdruck: «Ich lasse dich nicht los, es sei denn, du segnest mich»? Er ist nichts anderes als die Äusserung eines Menschen, der die wundersame Entdeckung gemacht hat, dass in ihm «keine Kraft» ist. Jakob hatte nun das Geheimnis der menschlichen Schwachheit erkannt und fühlte, dass es für ihn nur noch die Kraft Gottes gab und nichts anderes mehr. Gelähmt und zitternd vor dem, der ihn gebändigt hatte, rief er aus: «Ich lasse dich nicht los, es sei denn, du segnest mich.»

Jakob war nun mit dem «Fleisch» sozusagen zu Ende gekommen. Nun sollte es nicht mehr «ich» heissen, sondern «du». Er klammerte sich an Gott wie ein armer schiffbrüchiger Matrose an den Felsen. Alles Selbstvertrauen war verschwunden. Er erwartete nichts mehr von sich selbst und auch nichts von der Welt. Jede Kette selbstgeschmiedeter Sicherheit hatte sich aufgelöst, wie Morgendunst vor den Strahlen der aufgehenden Sonne. All sein eigenes Handeln hatte ihm nichts eingebracht.

«Lass mich los!»

Der mächtige Ringer sagte zu ihm: «Lass mich los, denn die Morgenröte ist aufgegangen.» Wie auffallend sind diese Worte: «Lass mich los!» Was wird Jakob nun tun? Der «Mann» war entschlossen, den Zustand der Seele Jakobs offenbar zu machen. Wenn Jakob ohne Zögern seinen Griff gelöst hätte, so hätte dies bewiesen, dass sein Herz immer noch in seine weltlichen Pläne und Anordnungen eingehüllt war.

Aber Jakob rief aus: «Ich lasse dich nicht los!» und bekannte damit, dass Gott allein die Quelle der Kraft und der Freude seines Herzens geworden war. «Wen habe ich im Himmel? Und neben dir habe ich an nichts Lust auf der Erde.» (Ps 73,25). Die zwölf Jünger gaben derselben Empfindung Ausdruck, als sie sagten: «Herr, zu wem sollen wir gehen? Du hast Worte ewigen Lebens» (Joh 6,68). Wahrer Glaube lässt lieber alles andere fahren als den Herrn. Kein «Vertrauen auf Fleisch» zu haben, gibt dem Vertrauen in Ihn volle Entfaltung.

Jakob wurde ein Fürst

Nun empfing Jakob einen neuen Namen. Er sollte nicht länger als der «Überlister» bekannt sein, sondern als «ein Fürst», besass er doch jetzt die Kraft Gottes durch die Erkenntnis seiner eigenen Schwachheit. Im Neuen Testament wird diese Erfahrung mit den Worten ausgedrückt: «Wenn ich schwach bin, dann bin ich stark» (2. Kor 12,10).

Wir sind dann am stärksten, wenn wir uns selber schwach fühlen, «wie Wasser, das auf die Erde geschüttet ist, das man nicht wieder sammeln kann» (2. Sam 14,14). Umgekehrt sind wir nie so schwach, als wenn wir uns einbilden stark zu sein. Petrus zeigte nie eine kläglichere Schwachheit als da, wo er sich einbildete, eine ungewöhnliche Kraft zu besitzen. Wenn auch er die Erfahrung des hinkenden und doch so glücklichen Jakobs damals schon gemacht hätte, so wäre seine eigene Stärke zusammengebrochen und er hätte anders gedacht, gehandelt und gesprochen.

Das Geheimnis der Kraft des Glaubens

Was war es, das Jakob Kraft gab mit Gott und mit Menschen? «Du hast mit Gott und mit Menschen gerungen und hast gesiegt.» Dieses Geheimnis bestand im Bewusstsein seiner eigenen Nichtigkeit. Sie veranlasste ihn, sich an Gott zu klammern: «Ich lasse dich nicht los, es sei denn, du segnest mich.»

In dieser Stelle deutet nichts auf eine Gebetskraft Jakobs hin. Wenn wir von seiner Kraft sprechen wollen, so war es die Kraft des Fleisches, die Gott zerstören musste; und erst in der Schwachheit seines Fleisches konnte Gott ihn stärken.

«Meine Kraft wird in Schwachheit vollbracht», das ist die grosse Lehre dieser Begebenheit. Jakob war zufrieden, fortan als Hinkender voranzugehen, kannte er doch nun das Geheimnis wahrer Kraft. Gestützt auf die Tatsache der Worte, die der Apostel später aussprach, vermochte er nun als Pilger seine Lebensreise getrost fortzusetzen: «Daher will ich mich am allerliebsten viel mehr meiner Schwachheiten rühmen, damit die Kraft des Christus über mir wohne» (2. Kor 12,9).

Ja, «meine Schwachheiten» auf der einen Seite, und «die Kraft des Christus» auf der andern, das ist der Grundzug des Lebens eines Christen. Das ist das Geheimnis der Überwinderkraft des Glaubens. «Alles vermag ich in dem, der mich kräftigt» (Phil 4,13). Welch gesegnete Kraft! Möchten wir sie täglich mehr und mehr erfahren!

Im Glauben leben (Frage-Antwort) schreibt:

Frage: In 1. Mose 32,30 lesen wir: „Und Jakob gab dem Orte den Namen Pniel (.Angesicht Gottes‘); denn ich habe Gott von Angesicht zu Angesicht gesehen, und meine Seele ist gerettet worden.“ In 1. Joh 4,12 steht dagegen: „Niemand hat Gott jemals gesehen.“ Wie kann man diese Schwierigkeit erklären?

Antwort: Natürlich widersprechen sich diese beiden Schriftstellen nicht. Das wird sogleich deutlich, wenn man verstehen lernt, daß in ihnen in ganz verschiedenem Sinn vom Sehen Gottes gesprochen wird. Der Apostel Johannes spricht offensichtlich von Gott in Seinem Wesen. Als solcher wohnt Er in einem unzugänglichen Licht, und kein Mensch hat Ihn gesehen, noch kann Ihn sehen (1. Tim 6,16). Diese Tatsache stellt Johannes außer in seinem ersten Brief auch in seinem Evangelium heraus: „Niemand hat Gott jemals gesehen“ (Joh 1,18).

Auf der anderen Seite hat es Gott zu gewissen Zeiten gefallen, den Menschen in Gestalt eines Engels oder eines Menschen zu erscheinen. (Natürlich geschah das immer in einer stärkt abgedeckten Herrlichkeit, s. 2. Mose 33,21-23). Von jenen, die solche Erscheinungen Gottes gesehen haben, wird gesagt, sie hätten Gott gesehen (vgl. 1. Mose 16,13; 18,1. 2. 10. 22; 2. Mose 24,10; 33,18-23; Richter 6,22. 23; 13,17-22). In dem Herrn Jesus, dem eingeborenen Sohn, der in des Vaters Schoß ist, ist der unsichtbare Gott und Vater den Menschen geoffenbart worden, so daß jene, die den Sohn sahen, auch den Vater sahen (Joh 1,14. 18; 14,9).

So besteht in Wahrheit keine Schwierigkeit zwischen den beiden Stellen, wenn man im Auge behält, daß in der einen auf Gott Bezug genommen wird, der ein Geist ist und den sterbliche Augen nicht sehen können, und daß in der anderen von besonderen Erscheinungen geredet wird, in denen Sich Gott mit bestimmter Absicht gewissen Personen gegenüber offenbarte – in einer Weise offenbarte, die Menschen wahrnehmen konnten.

Bibellexikon aus www.bibelkommentare.de schreibt:

Pniël (oder Pnuël) = Angesicht Gottes

Quelle: Kleine Namenskonkordanz

1. Der Ort, wo der geheimnisvolle Mann mit Jakob rang. Jakob gab dem Ort diesen Namen, der „Angesicht Gottes" bedeutet, indem er sagte: „Ich habe Gott von Angesicht zu Angesicht gesehen und meine Seele ist gerettet worden." Fünfhundert Jahre später weigerten sich die Männer dieses Ortes, Gideon und seine Männer mit Nahrungsmitteln zu versorgen. Auf seiner Rückkehr riss er den Turm der Stadt nieder und schlug die Männer der Stadt. Jerobeam baute sie wieder auf. Die Stadt lag zwischen Sukkot und dem Jabbok, aber ihre Lage kann heute nicht gefunden werden (1. Mo 32,31; Ri 8,8-17; 1. Kön 12,25).