ABFALL Das griechische Wort apostasia wird im Neuen
Testament zweimal gebraucht und wird wie folgt übersetzt: »im Stich
lassen«, »abwenden«, »den Rücken zuwenden« ( Apg 21,21 ) beziehungsweise
»Abfall«, »Abtrünnigkeit«, »Rebellion« oder »endgültige Auflehnung« (
2Thes 2,3 ). Das Wort findet sich auch einige Male in der Septuaginta (
Jos 22,22; 2Chr 29,19 ; 1Esd 2,14.17; Esr 4,12.15 ; 1Makk 2,15). Im
attischen Griechisch bedeutete das Wort »Auflehnung« oder »Lossagung«
und fand auch Verwendung in den Papyri, um politische Aufständische zu
bezeichnen, aber die meisten der biblischen und apokryphen
Verweisstellen zielen auf den Glaubensabfall. Auf der Grundlage der
Etymologie (griechisch apo [weg von] und stasis [stehend]) und der
Bedeutung einiger verwandter Formen (aphistemi , apostasios ) haben
einige Gelehrte auf die Wortbedeutung »körperliches Verlassens«
geschlossen (besonders E. Schuyler English, K. Wuest und weitere,
neuerlich auch H. Wayne House). Die theologisch bedeutsamste
Schriftstelle ist 2Thes 2,3 , wo apostasia als eines von zwei
Ereignissen erwähnt wird, die dem Tag des Herrn vorausgehen müssen. In
diesem Text gibt es mindestens vier Sichtweisen über die Bedeutung von
apostasia : 1. eine Bezeichnung für den Menschen der Sünde
(Chrysostomus, Theophylaktus, Augustinus, Alford, Moffatt); 2. der
Glaubensab fall, der dem zweiten Kommen Christi vorausgehen wird
(Calvin, Chafer, Walvoord, Ryrie, Gundry); 3. die religionspolitische
Rebellion gegen Christus, die in der Schlacht von Harmagedon ihren
Höhepunkt findet (Hogg und Vine, Moore, Morris, Bruce) und 4. die
Entrückung der Gemeinde im Sinne des körperlichen Fortgangs von der Erde
(English, Wuest, House). Ein entsprechender Begriff ist das griechische
aphistemi (zurücktreten, fortgehen, abfallen oder verlassen). Es wird in
1Tim 4,1 verwendet, wo es mit »manche werden vom Glauben abfallen«
übersetzt wird. Dieser Abfall soll sich in den späteren Zeiten ereignen.
Er resultiert aus der Beachtung betrügerischer Geister und der Lehren
von Dämonen. Dieser Wort wird auch übersetzt mit »fortgehen«,
»abwenden«, »irreführen«, »das Ziel verfehlen«, »Schiffbruch erleiden«.
In Hebräer 3,12 wird aphistemi für Menschen gebraucht, die den
lebendigen Gott verlassen haben. Es meint hier eine vorsätzliche Abkehr
von persönlichen Überzeugungen. Zu den biblischen Beispielen Abgefallener gehören
Judas Ischariot, Demas, Hymenäus und Alexander (vgl. 2Kor 4,10; 1Tim
1,20 ). Die Kirchengeschichte verzeichnet diesbezüglich neben anderen
Julian den Apostaten (361-363 n.Chr.), den römischen Kaiser, der dem
Christentum abschwor und die Rückkehr zum heidnischen Götzendienst im
römischen Reich förderte. Ob solche Glaubensverleugnung offenbart, dass
einer niemals wirklich wie dergeboren war oder dass einer sein Heil
verloren habe, wird von der persönlichen Ansicht des Beurteilenden über
Heilsgewissheit und Heilssicherheit der Heiligen abhängen. J. Dwight Pentecost (S. 155) listet die folgenden
Wesenszüge der künftigen abgefallenen Christenheit auf: 1. Leugnung Gottes ( 2Tim 3,4-5 ) 2. Leugnung Christi ( 1Jo 2,18; 4,3 ) 3. Leugnung der Rückkehr Christi ( 2Petr 3,3-4 ) 4. Verleugnung des Glaubens ( 1Tim 4,1-2 ) 5. Verleugnung der gesunden Lehre ( 2Tim 4,3-4 ) 6. Leugnung der Moral ( 2Tim 3,1-8 ) 7. Leugnung der göttlichen Autorität ( 2Tim 3,4 ) Siehe auch: Entrückung, biblisches Studium. George Gunn und Edward Hindson Bauer,
Danker, Gingrich (Hrsg.), A GreekEnglish Lexicon of the New Testament
and Other Early Christian Literature (Chicago: University of Chicago
Press, 1979); Colin Brown (Hrsg.), New International Dictionary of New
Testament Theology , Bd. 1 (Grand Rapids: Zondervan, 1975); E. Schuyler
English, ReThinking the Rapture (South Carolina: Southern Bible Book
House, 1975); H. Wayne House, a paper presented to the Pre-Tribulation
Study Group (1994); Liddell und Scott (Hrsg.), Greek-English Lexicon
(Oxford: Clarendon, 1940); J. Dwight Pentecost, Bibel und Zukunft
(Dillenburg: CV, 1993); Arthur T. Robertson, Word Pictures in the New
Testament , Bd. 4 (Grand Rapids: Baker, 1971); L. G. Whitlock, Apostasy
in: Evangelical Dictionary of Theology , hrsg. von Walter Elwell (Grand
Rapids: Baker, 1984). |