2. Thessalonicher (Thomas L. Constable)
EINFÜHRUNG
Verfasserfrage
Auch der zweite Brief an die Gemeinde in
Thessalonich beansprucht für sich Authentizität
als echter Brief des Apostels Paulus (vgl.
1Thes 1,1 ). In den Schriften der frühen
Kirchenväter finden sich keinerlei Hinweise
darauf, daß die Echtheit des Briefes damals
angezweifelt wurde, vielmehr erwähnen mehrere
von ihnen ausdrücklich, daß Paulus ihn
tatsächlich persönlich geschrieben habe. Erst zu
Beginn des 19. Jahrhunderts wurde die
Verfasserschaft des Apostels von seiten der
historisch-kritischen Forschung, die die
Verbalinspiration der Bibel bestreitet, in Frage
gestellt. Da jedoch andererseits die
Authentizität dieser und anderer
neutestamentlicher Schriften bis heute immer
wieder nachgewiesen wurde, konnten sich die
kritischen Ansätze nicht allgemein durchsetzen.
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2. Thessalonicher
Abfassungsort
Alle Gelehrten des konservativen Lagers sind
sich darüber einig, daß Paulus den 2.
Thessalonicherbrief von Korinth aus geschrieben
hat. Ihre Überzeugung gründet sich auf die
Tatsache, daß sich Paulus, Silvanus und
Timotheus gemeinsam in der Stadt aufhielten (
Apg 18,5 ). Nirgends in den
neutestamentlichen Schriften wird berichtet, daß
sie zu einem späteren Zeitpunkt nochmals alle
drei beisammen waren - auch wenn das durchaus
der Fall gewesen sein mag. Da auch der 1.
Thessalonicherbrief in Korinth entstand (vgl.
die
Einführung zu 1. Thess) und da die Themen
des zweiten Briefes an die des ersten
anzuknüpfen scheinen und auf eine ganz ähnliche
Ausgangslage in der thessalonischen Gemeinde
hindeuten, erscheint Korinth in vieler Hinsicht
als Abfassungsort am plausibelsten.
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2. Thessalonicher
Anlaß und Zweck des Briefes
Im Brief selbst finden sich Hinweise, daß Paulus
kurz zuvor Nachricht über die Zustände in der
thessalonischen Gemeinde erhalten hatte,
möglicherweise durch den Boten, der den ersten
Brief des Apostels nach Thessalonich brachte und
dann nach Korinth zurückkehrte. Vielleicht
wurden die drei Missionare (Paulus, Silvanus und
Timotheus) aber auch von anderer Seite
informiert. Es gab gute Neuigkeiten: Trotz aller
Verfolgungen nahm die thessalonische Gemeinde im
Glauben zu und blieb Christus treu. Doch es war
auch Negatives zu vermelden: Falsche Lehren über
den sogenannten "Tag des Herrn" waren in der
Gemeinde aufgetaucht, hatten die Gläubigen in
die Irre geführt und manche Gemeindeglieder
sogar dazu veranlaßt, in der Erwartung der
baldigen Wiederkunft des Herrn ihren Beruf
aufzugeben.
Angesichts dieser Vorkommnisse sah Paulus sich
gezwungen, den Thessalonichern abermals einen
Brief zu schreiben. Er lobte darin seine "Kinder
im Glauben" für ihre zunehmende geistliche
Reife, bezog Stellung zu den Irrlehren über den
"Tag des Herrn" und warnte die Gemeindeglieder
vor den Folgen übereilter Handlungen.
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2. Thessalonicher
GLIEDERUNG
I. Grußwort (
1,1-2 )
II. Lob für die Fortschritte der Gemeinde in der
Vergangenheit (
1,3-12 )
A. Dank für das geistliche Wachstum der
Gemeinde (
1,3-4 )
B. Ermahnung zur Beständigkeit (
1,5-10 )
C. Gebet um die Vollendung der
Thessalonicher (
1,11-12 )
III. Richtigstellung der eschatologischen
Irrümer in der Gemeinde (
2,1-12 )
A. Der Anbruch des Tages des Herrn (
2,1-5 )
B. Das Geheimnis der Bosheit (
2,6-12 )
IV. Danksagung und Gebet (
2,13-17 )
A. Dank des Apostels für die Berufung der
Thessalonicher (
2,13-15 )
B. Bitte um Kraft für die Gemeinde (
2,16-17 )
V. Ermahnungen für ein künftiges geistliches
Wachstum (
3,1-15 )
A. Fürbitte für die Apostel (
3,1-2 )
B. Zuversicht der Apostel (
3,3-5 )
C. Umgang mit den "Unordentlichen" (
3,6-10 )
D. Gebote für die "Unordentlichen" (
3,11-13 )
E. disziplinierung der Ungehorsamen (
3,14-15 )
VI. Schluß (
3,16-18 )
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2. Thessalonicher
AUSLEGUNG
I. Grußwort
(
1,1-2 )
2Thes 1,1
Der Brief setzt mit der Erwähnung jener drei
Männer ein, die auch im 1. Thessalonicherbrief (
2Thes 1,1 ) als Verfasser genannt werden.
Wie dort ist
Paulus der unmittelbare Briefschreiber, der
im Laufe des Briefes immer wieder auch
persönlich hervortritt (
2Thes 2,5;3,17 ).
Silvanus und Timotheus schließen sich jedoch
seinen Worten an, wie an der Verwendung
zahlreicher "Wir"-Formulierungen deutlich wird (
2Thes 1,3-4.11-12; usw.). (Weitere
Informationen zu den Autoren gibt der Kommentar
zu
1Thes 1,1 .)
Auch die Adressaten des Briefes sind dieselben:
"die Gemeinde in Thessalonich in Gott, unserm
Vater, und dem Herrn Jesus Christus" . Wie
an vielen anderen Stellen in den
neutestamentlichen Briefen wird Jesus Gott dem
Vater hier völlig gleichgestellt. Gott ist der
Vater jedes einzelnen Christen, eine Wahrheit,
die Jesus Christus den Menschen offenbart hat (
Mt 6,9 ). Eine christliche Gemeinde ist eine
Gemeinschaft von Einzelpersonen, die im Glauben
an den versöhnenden Tod Jesu Christi
in Christus und damit Kinder Gottes sind.
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2. Thessalonicher
2Thes 1,2
Paulus erinnert seine Leser in seiner Grußformel
daran, daß sie Empfänger der Gnade und des
Friedens Gottes sind, und wünscht ihnen, daß sie
diesen göttlichen Frieden zutiefst empfinden
mögen. In der
Gnade manifestiert sich der Reichtum Gottes,
den Christus für die Menschen erworben hat; sie
ist die unverdiente Zuwendung Gottes, die er
allen, die Jesu stellvertretendes Sühnewerk am
Kreuz im Glauben annehmen, zukommen läßt. Gottes
Gnade wird darin deutlich, daß er den Menschen
das Gegenteil dessen gibt, was sie verdienen:
Segen statt Gericht. Der
Friede Gottes beschreibt einen Zustand ohne
jede Feindseligkeit, der durch den Tod Christi
für die Christen erwirkt wurde. Gott und die
Menschen können miteinander versöhnt sein, weil
Christus die Schuld für die menschliche Sünde
bezahlt hat. Die Christen haben durch den Tod
Christi Frieden
mit Gott, aber sie erleben durch die Tat
Christi auch den
von Gott kommenden Frieden.
Selbst inmitten von Bedrängnissen und
Verfolgungen können sie in diesem inneren
Frieden leben. Das ist auch der Wunsch des
Apostels für die Gemeinde in Thessalonich. In
beiden Briefen an die Thessalonicher benutzt
Paulus die Wendung "Gnade und Friede mit euch",
doch nur hier fügt er hinzu:
"von Gott, unserm Vater, und dem Herrn Jesus
Christus" . Gnade und Frieden sind Gaben
Gottes, die durch den Herrn Jesus Christus über
die Gläubigen ausgegossen werden.
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2. Thessalonicher
II. Lob für die Fortschritte der Gemeinde in der
Vergangenheit
(
1,3 - 12 )
In diesem Abschnitt geht Paulus in leichtem
Konversationsstil auf ganz verschiedene Themen
ein. Er dankt Gott für das geistliche Wachstum
der Gläubigen in Thessalonich und ermutigt sie,
bei ihrer Standhaftigkeit zu bleiben.
Schließlich spricht er von der Fürbitte, die er
und seine Mitarbeiter für das geistliche
Weiterkommen der Gemeinde darbringen.
A. Dank für das geistliche Wachstum der Gemeinde
(
1,3-4 )
In diesen beiden Versen erklärt der Apostel den
Grund seiner Dankbarkeit und die Folgen, die sie
hat.
2Thes 1,3
Paulus und seine Mitstreiter in Thessalonich
haben guten Grund,
Gott für die Gläubigen dort zu
danken , und tun dies auch immer wieder
(vgl.
1Thes 1,2 ). Ja, Paulus empfindet es
geradezu als eine Pflicht, die er nur zu gerne
auf sich nimmt, Gott für die Erfolge der Mission
in Thessalonich zu danken, denn der
Glaube der Gemeinde hat immer mehr
zugenommen (
hyperauxanei ). Das griechische Verb
auxanO wird in den Evangelien im
Zusammenhang mit dem Wachsen von Pflanzen und
kleinen Kindern gebraucht, in den Briefen
dagegen steht es grundsätzlich für geistliches
Wachstum (z. B.
Eph 4,15; Kol 1,6.10; die Steigerungsform
hyperauxanei kommt im Neuen Testament nur an
dieser einen Stelle vor). Dieses
Glaubenswachstum soll im christlichen Leben nie
zum Stillstand kommen. Die thessalonischen
Gläubigen sollen Gott im Laufe der Zeit immer
fester und ausschließlicher vertrauen lernen.
Der Glaube ist nichts Statisches - da er sich
auf eine Person richtet, kann er jederzeit
wachsen oder abnehmen. Ein zunehmender Glaube
aber ist ein Zeichen für geistliches Wachstum.
Doch die Thessalonicher haben sich nicht nur in
ihrer Beziehung zu Gott weiterentwickelt, auch
ihr zwischenmenschlicher Umgang hat sich
verändert. Echter Glaube an Gott geht immer Hand
in Hand mit der Liebe zum Nächsten (
Jak 2,14-17 ). Der Glaube ist gleichsam die
Wurzel, die die Liebe als Frucht hervorbringt.
So
nimmt denn auch die
gegenseitige Liebe der Thessalonicher immer
mehr
zu
(pleonaxei ). Im 1. Thessalonicherbrief (
3, 12 ) hatte Paulus sie in dieser Haltung
bestärkt (
pleonasei ) und stellt nun zu seiner Freude
fest, daß seine Mahnung auf fruchtbaren Boden
fiel - Glaube und Liebe gedeihen in der Gemeinde
wie gut gedüngte Pflanzen über alle Erwartungen
hinaus. Die Thessalonicher sind in dieser
Hinsicht ein herausragender Einzelfall in der
missionarischen Praxis des Apostels.
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2Thes 1,4
Wegen dieser überaus positiven Entwicklung
sprechen die Apostel anderen
Gemeinden gegenüber häufig mit berechtigtem
Stolz von der thessalonischen Kirche und stellen
sie als nachahmenswertes Vorbild hin. Besonders
ihre
Geduld (
hypomonEs ; vgl.
1Thes 1,3; 2Thes 3,5 ) inmitten von
Verfolgungen ist bewundernswert. Die
Thessalonicher reagierten auf die widrigen
Umstände, mit denen sie konfrontiert waren,
offensichtlich nicht so wie viele Christen, die
Unannehmlichkeiten lieber aus dem Wege gehen.
Sie betrachteten das, was mit ihnen geschah,
vielmehr als Gottes Willen und waren
entschlossen, dem Druck nichtnachzugeben. Dabei
verließen sie sich keineswegs auf ihre eigene
Kraft, sondern stützten sich ganz auf ihren
Glauben. Sie erwarteten von Gott, daß er ihnen
die Gnade schenken möge, die Anfeindungen zu
ertragen, und sie akzeptierten das, was sie
durchzumachen hatten, als einen Weg, auf dem
Gott seine Herrlichkeit offenbar machen will.
Deshalb ertrugen sie geduldig alle
Verfolgungen (
diOgmois ) von seiten der Feinde des
Evangeliums (vgl.
1Thes 3,3-4 ). Die zahlreichen
Bedrängnisse (
thlipsesin ; vgl. V.
6-7 ), denen sie ausgesetzt waren, gingen
sowohl von den Juden als auch von den Heiden aus
(vgl.
1Thes 1,6;2,14; Apg 17,5-9 ). Doch ihre
Angriffe konnten die Thessalonicher nicht in
ihrem Glauben irremachen.
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2. Thessalonicher
B. Ermahnung zur Beständigkeit
(
1,5 - 10 )
Paulus bemüht sich, den Seelen der bedrängten
Heiligen in Thessalonich Nahrung zu geben, damit
sie dem Druck der Versuchung weiter standhalten
können.
2Thes 1,5
Die gegenwärtigen Erfahrungen der
Thessalonicher, so macht Paulus ihnen ermutigend
klar, sind
ein Anzeichen dafür, daß Gott recht richten wird
, sie sind nichts anderes als ein Zeichen
seiner Gerechtigkeit.
Wenn Gott am Ende die Menschen richten wird,
wird er die Gläubigen aus Thessalonich für
würdig halten, in sein Reich einzugehen. Es
wäre sicherlich ein Mißverständnis, aus diesem
Satz abzuleiten, daß das Ausharren in
Bedrängnissen die Menschen des Himmelreiches
würdig macht - man verdient sich den Himmel
nicht durch Leiden. Doch an der Geduld in der
Not zeigt sich die Würdigkeit des Menschen.
Würdig aber wird der Christ allein durch die
Gnade Gottes, die er durch den Glauben an Jesus
Christus als ein Geschenk empfängt. Seine
Bedrängnisse machen lediglich deutlich, was er
bereits besitzt, und da die Festigkeit, die im
Läuterfeuer der Prüfungen zutage tritt, etwas
Gottgegebenes ist, gebührt Gott allein der Ruhm
dafür. Es ist die göttliche Gnade, die es dem
Christen ermöglicht, menschliche Erfahrungen,
die einen Nichtchristen vernichten würden,
auszuhalten, und sie ist es, die ihn des
Reiches Gottes würdig macht. Dieses Reich
manifestiert sich in der vollkommenen Herrschaft
Gottes, an der die Christen als seine Kinder
teilhaben.
Der Zweck der Leiden der Thessalonicher war es
also, Gott dadurch zu verherrlichen, daß in der
Art, wie sie ihre Beschwernisse ertrugen, seine
Gnade nur um so deutlicher zum Ausdruck kam. In
gewissem Sinne nahmen sie die Strapazen der
Verfolgung auch als Soldaten Christi auf sich.
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2Thes 1,6
Paulus erklärt seinen Lesern, inwiefern in ihrer
Bedrängnis Gottes Gerechtigkeit zutage tritt. Er
beginnt mit jener großen Wahrheit, die sich vom
1. Buch Mose bis zur Offenbarung durch die ganze
Heilige Schrift zieht: "Gott ist gerecht." Er
wird die Waagschalen der Gerechtigkeit im
Gleichgewicht halten und
mit Bedrängnis (
thlipsin ; vgl. V.
4 )
vergelten denen, die jetzt die
Thessalonicher
bedrängen (
thlibousin ; vgl.
Gal 6,7 ).
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2Thes 1,7
Zugleich aber wird Gott denjenigen, die zu
Unrecht von ihren Feinden verfolgt (wörtlich:
"bedrängt, bedrückt",
thlibomenois ; vgl. V.
4.6 ) werden, Erleichterung verschaffen. Auf
diesen Moment dürfen sich die Thessalonicher wie
die Apostel und alle anderen Christen, die unter
Repressalien leiden, freuen. Diese endgültige
Ruhe (
anesin ; das Wort kommt nur fünfmal im Neuen
Testament vor:
Apg 24,23; 2Kor 2,13;7,5;8,13 ) wird mit der
Offenbarung Christi einkehren. Paulus beschreibt
den Vorgang so, als würde ein Schleier vor
Christus fortgezogen, wenn er sich "in
Feuerflammen" offenbaren wird (V.
8 ; vgl.
2Mo 3,2; 19,18; 24,17; Ps 18,12; Jes 30,27-30;
Jes 66,15; Dan 7,9-10 ). Dann wird der Herr
herrschen, wie es jetzt die Verfolger der
Christen tun; er wird bei seinem Kommen von
den Engeln seiner Macht begleitet, die für
die Durchführung seiner Gebote sorgen werden.
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2Thes 1,8
Wenn diese Zeit angebrochen ist, wird Jesus
Christus an zwei Gruppen von Menschen
Vergeltung üben : an denen,
die Gott nicht kennen (
Röm 1,18-32 ), und an denen,
die nicht gehorsam sind dem Evangelium (vgl.
Joh 3,36 ). Die Schuld der letzteren ist
dabei größer, weil sie die besseren
Ausgangsmöglichkeiten hatten. Das bewußte
Verschmähen der Offenbarung Gottes ist letztlich
eine gegen Gott selbst gerichtete Zurückweisung,
die Gottes vollkommen gerechtes Urteil
heraufbeschwören wird.
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2Thes 1,9
Hier wird die Vernichtung beschrieben, die über
die beiden Gruppen kommen wird.
"Die werden Strafe erleiden" heißt wörtlich:
"Sie werden eine Strafe zahlen" (
dikEn tisousin ). Als Strafe für ihre
Verwerfung der Gnade Gottes werden sie das
ewige Verderben erleiden (
olethron aiOnion ) - das ist "die am
schärfsten formulierte Aussage zur ewigen Dauer
der künftigen Strafe in den paulinischen
Briefen" (Edward Headland und Henry B. Swete,
The Epistle to the Thessalonians , London
1863, S. 137). Die Bestrafung der Bösen wird
weder zeitlich begrenzt sein noch auf die
Auslöschung ihrer Existenz hinauslaufen, sondern
sie wird ewig währen, und die Bestraften werden
sie bei vollem Bewußtsein erleben. Es ist der
ewige Tod, der hier dem ewigen Leben
entgegengesetzt wird (
Mt 25,46 ). Im folgenden wird noch genauer
ausgeführt, wie dieses Verderben aussehen wird.
Die ewige Strafe besteht in der Trennung
vom Angesicht Gottes . Während die Hoffnung
der Christen sich darauf richtet, den Herrn zu
sehen und bei dem zu sein, dessen Gegenwart den
Himmel erst zum Himmel macht, werden die
Ungläubigen durch Gottes Urteil dazu verdammt,
auf ewig von seiner Gegenwart ausgeschlossen zu
sein (vgl.
Röm 1,18; Röm 2,5-9; Röm 6,21; Phil 3,19; 1Thes
1,10;4,17 ).
Mit
"seiner herrlichen Macht" ist der sichtbare
Glanz der Gegenwart Gottes gemeint, die in einem
majestätischen Schauspiel sichtbar werden wird
(vgl.
Offb 19,11-16 ).
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2Thes 1,10
Das Gericht über die Ungläubigen wird
stattfinden, wenn der Herr auf die Erde
kommen und durch das Leben der Gläubigen,
die er von Sündern in Heilige verwandelt hat,
verherrlicht wird. Paulus spricht hier nicht
von der Entrückung (
Joh 14,2-3; 1Thes 4,13-18 ), die nicht vom
Gericht begleitet wird, sondern hier geht es um
das Offenbarwerden Jesu Christi in Macht und
Herrlichkeit (
Ps 2,1-9; Mt 25,31 ), wenn er sein Reich auf
Erden errichtet (
Offb 19,11-20,4 ). Bei seiner Wiederkunft
wird er die gegen ihn zusammengezogenen Heere
bei Harmagedon schlagen (
Offb 16,12-16;19,19-21 ) und danach die
Juden (
Hes 20,33-38 ) und Heiden (
Mt 24,31-46 ) richten, die dann noch leben.
Der genaue Zeitpunkt der Wiederkunft des Herrn
ist den Menschen nicht bekannt. Auf jeden Fall
wird dieser Augenblick für die Verlorenen ein
Tag des Gerichts und für die Gläubigen ein Tag
der Herrlichkeit und des Staunens sein. An
diesem Tag wird Christus
in seinen Heiligen (nicht "von" ihnen)
verherrlicht werden, d. h., seine Herrlichkeit
wird sich in ihnen spiegeln, und die Christen
werden ihren Herrn für alles, was er für sie
getan hat, anbeten. Es werden alle Gläubigen
versammelt sein - nicht nur die zu dieser Zeit
auf der Erde lebenden und jene, die bei Christi
Wiederkunft auferweckt wurden, sondern auch die,
die mit ihm zur Erde zurückkommen, nachdem sie
ihm bei der Entrückung entgegengegangen sind.
Zu dieser letzteren Gruppe werden nach Paulus'
Überzeugung auch die thessalonischen Gläubigen
gehören. Weil sie
geglaubt haben , was der Apostel ihnen
bezeugt hat, werden sie diesen großen Tag
miterleben.
Diese Hoffnung müßte eigentlich jedem Gläubigen,
der unter dem Druck von Verfolgungen steht,
Kraft geben (V.
4 ). Zweifellos ermutigte der Blick in die
Zukunft die Leser des Briefes - wie er auch den
Gläubigen von heute Mut machen kann.
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C. Gebet um die Vollendung der Thessalonicher
(
2Thes 1,11-12 )
Die vorangehenden Ausführungen sind für Paulus
ein Anlaß zur Fürbitte für seine thessalonischen
Brüder und Schwestern. Sie sollen imstande sein,
ihr Leben auf eine Art und Weise zu leben, die
mit ihrer Berufung und ihrer göttlichen
Bestimmung in Einklang steht.
2Thes 1,11
Paulus und seine Mitarbeiter beten beständig für
die Thessalonicher, denn das geistliche Wohl der
Gemeinde liegt ihnen in besonderer Weise am
Herzen.
Sie bitten Gott, die Gemeindeglieder der
Berufung , die sie von ihm empfangen haben,
würdig zu machen, so daß sie durch ihren
Glauben an Jesus Christus zu Gott finden (vgl.
Röm 8,30; Eph 4,1; 1Thes 4,7 ). Wenn Paulus
für seine Gemeinden um die Befähigung zu einer
wahrhaft christlichen Lebensführung bat, so ging
er dabei von dem aus, was Gott bereits für die
Gläubigen getan hatte: Christen leben ja nicht
nach dem Willen Gottes, um erlöst zu werden,
sondern weil ihnen die Erlösung bereits
geschenkt ist.
Eine zweite Bitte der Apostel richtet sich
darauf, daß Gott
alles Wohlgefallen am Guten in der Gemeinde
wecken und
das Werk des Glaubens in ihr zur Vollendung
bringen möge. Beides hat seinen Ursprung in Gott
(
Phil 2,13 ) und kann daher nur
in seiner Kraft erreicht werden.
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2Thes 1,12
Der eigentliche Sinn des Gebetes aber ist das
Gotteslob und die Bitte um das Deutlichwerden
der göttlichen Herrlichkeit in den und durch die
thessalonischen Gläubigen, sowohl in der
unmittelbaren Gegenwart (V.
12 ) als auch in der Zeit des
Offenbarwerdens Jesu Christi (V.
10 ). Dann werden auch die Gefäße, in denen
sich jetzt die Herrlichkeit Gottes spiegelt,
durch ihre Verbundenheit mit ihm
verherrlicht werden. In der Bibel steht der
Terminus
"der Name" stets für die ganze Person, für
ihren Charakter, ihren Lebenswandel und ihren
Ruf. Indem Paulus diesen Begriff verwendet,
bittet er Gott darum, Jesus in diesen seinen
Heiligen in Thessalonich herrlich werden zu
lassen. Er stellt dabei die Person des
Herrn Jesus Christus Gott, den er als
"unseren" Gott bezeichnet, gleich (vgl. V.
1 ;
1Thes 1,1 ). Die Erfüllung von Gebeten hängt
allein von Gottes
Gnade ab. Nur durch diese Gnade können so
hochfliegende Wünsche, wie Paulus sie hier
äußert, wahr werden.
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2. Thessalonicher
III. Richtigstellung der eschatologischen
Irrtümer in der Gemeinde
(
2,1 - 12 )
Der zweite, entscheidende Teil des 2.
Thessalonicherbriefes enthält Aussagen, wie sie
sonst an keiner Stelle in der Bibel zu finden
sind. Sie enthalten den Schlüssel zum
Verständnis der zukünftigen Ereignisse, die die
Christenheit erleben wird. Paulus befaßt sich
hier mit einer Irrlehre im Zusammenhang mit der
Eschatologie (der Lehre von den letzten Dingen),
die in der thessalonischen Gemeinde aufgekommen
war. Im zweiten Kapitel geht er zunächst auf den
theologischen Aspekt dieser Irrlehre ein und
setzt sich dann im dritten Kapitel mit
praktischen Problemen in der Gemeinde
auseinander, die aus diesem Irrtum heraus
entstanden waren.
A. Der Anbruch des Tages des Herrn
(
2,1-5 )
Paulus hatte den Thessalonichern schon vom "Tag
des Herrn", wie er im Alten Testament
beschrieben ist, erzählt, als er bei ihnen war.
Dieser "Tag des Gerichts" spielt in den
alttestamentlichen Texten eine wichtige Rolle
als die Zeit, in der Gott in direkterer und
drastischerer Weise als je zuvor seine Strafe
und seinen Segen über die Menschen ausgießen
wird (vgl.
Jes 13,6.9; Zeph 1,14-16 ). Aus weiteren
Offenbarungen im Neuen Testament, die diese
Zeitperiode betreffen, wird geschlossen, daß sie
nach der Entrückung der Kirche einsetzen wird
und die Zeit der großen Trübsal und das
Tausendjährige Reich umfaßt.
In seinem ersten Brief an die Thessalonicher
hatte Paulus der Gemeinde geschrieben, daß der
Tag des Herrn kommen werde "wie ein Dieb in der
Nacht" (
1Thes 5,2 ). Dieser Gedanke machte seinen
Lesern offensichtlich zu schaffen. Es hat den
Anschein, als ob einige von ihnen daraufhin
dachten, der Tag des Herrn sei bereits gekommen.
Immerhin schienen die Verfolgungen, denen sie
ausgesetzt waren, ganz zu dem zu passen, was die
Propheten des Alten Testaments über die großen
Bedrängnisse gesagt hatten, die am Tag des Herrn
über das Gottesvolk und die ganze Welt
hereinbrechen werden. Offenbar hatten gewisse
andere Lehrer die Thessalonicher noch in dieser
Ansicht bestärkt. Doch nun stellte sich für sie
die Frage, wie dann Paulus' frühere Aussage, daß
sie entrückt und dem Zorn Gottes entzogen
würden, wahr sein konnte. Um diesen irrigen
Meinungen entgegenzutreten, geht der Apostel
hier nochmals ausführlich auf die ganze Frage
ein (
2Thes 2,1-5 ).
2Thes 2,1
Durch seine Ausführungen zum Kommen Christi (
2Thes 1,5-10 ) waren die Gedanken seiner
Leser schon auf das Thema eingestimmt, auf das
er nun detaillierter zu sprechen kommt. Das
"Kommen (
parousias )
unseres Herrn Jesus Christus ... und unsere
Vereinigung mit ihm" bezieht sich auf die
Entrückung. Wieder spricht Paulus seine Leser in
warmem, herzlichem Ton an und macht ganz
deutlich, daß er sie als seine
Brüder und Schwestern im Glauben empfindet,
die er in seiner brüderlichen Sorge und Liebe
fast mehr noch "beschwört" als "bittet" (
erOtOmen ), auf dem rechten Weg zu
bleiben. Daß Paulus hier den vollen Titel des
Gottessohnes - "unser Herr Jesus Christus" -
gebraucht, unterstreicht den Ernst und die
Feierlichkeit seines Anliegens.
|
2Thes 2,2
Der Apostel warnt seine Leser eindringlich
davor, sich die Irrlehren, die unter ihnen im
Umlauf sind, ihr geistliches Gleichgewicht
durcheinanderbringen und sie ängstigen, zu eigen
zu machen. Anscheinend wurde die Parole, daß
der Tag des Herrn schon da sei, auf ganz
verschiedene Weise (durch
Weissagung, Wort, Brief ) vermittelt, was
die Thessalonicher noch stärker dazu bewog, sie
als autoritativ zu betrachten. Einige
behaupteten sogar, diese Lehre sei ihnen vom
Herrn selbst offenbart worden. Andere gaben nur
das wieder, was sie selbst von anderen gehört
hatten, und zu alledem erhielten die
Thessalonicher einen Brief, der angeblich von
Paulus stammte und denselben Irrtum vertrat
(vgl.
2Thes 3,17 ). Angesichts so vieler Einflüsse
ist es kein Wunder, daß die noch junge Gemeinde
in ihren Überzeugungen erschüttert war.
Der Kern der irreführenden Botschaft, die von
diesen ganz verschiedenen Quellen verbreitet
wurde, war, daß der Tag des Herrn bereits
angebrochen sei und die Thessalonicher sich
mitten darin befänden. Wenn dies tatsächlich der
Fall war, so fragten sich die Gläubigen, wie
hatte Paulus dann behaupten können, daß die
Wiederkunft des Herrn dem Tag des Herrn vor sich
gehe (
1Thes 1,10 )? Und was war von den
Versprechungen zu halten, daß sie Gottes Zorn
nicht sehen würden (
1Thes 1,10;5,9 )? Paulus hatte sie gelehrt,
daß die Kirche vor der Zeit der großen Trübsal
entrückt würde. Die Verwirrung in der Gemeinde
war nun darauf zurückzuführen, daß sie keinen
Unterschied zwischen ihren gegenwärtigen
Bedrängnissen und denen, die für den Tag des
Herrn prophezeit waren, sehen konnten.
|
2Thes 2,3
Nachdem Paulus die falsche Lehre und die
Quellen, denen sie entstammte, kenntlich gemacht
hat, warnt er seine Leser nochmals nachdrücklich
davor, sich täuschen zu lassen. Die
Thessalonicher sollen sich durch keinen Menschen
irreführen lassen, ganz gleich, wie glaubwürdig
er auftreten mag oder wie gut er seine Lehre
"verkauft", indem er die Autorität Gottes oder
gottesfürchtiger Männer für sich in Anspruch
nimmt. Christen, die neu im Glauben sind, neigen
natürlicherweise zu einer gewissen
Leichtgläubigkeit, weil sie noch nicht fest in
der Wahrheit des Gotteswortes verwurzelt sind
(vgl.
Eph 4,14 ). Doch auch erfahrene Christen
sind nicht gegen die Verblendung durch eine
beeindruckende Persönlichkeit oder ein
spektakuläres Auftreten gefeit. Das beste
Gegengift gegen einen solchen vergiftenden
Einfluß ist eine starke Dosis Wahrheit, wie sie
Paulus der Gemeinde in Thessalonich im folgenden
verabreicht.
Er spricht von drei Ereignissen, die auf jeden
Fall
vor dem Gericht am Tage des Herrn eintreten
müssen: der Abfall (
2Thes 2,3 ), das Offenbarwerden des Menschen
der Bosheit (V.
3-4.8 ) und das Wegfallen aller Schranken
gegen die Bosheit (V.
6-7 ). (Dies ist nicht unbedingt die genaue
chronologische Reihenfolge der drei Vorgänge;
vgl. den Kommentar zu den Versen
3.7 .)
Ein Ereignis von großer Wichtigkeit ist
der Abfall (
hE apostasia , daher der Begriff
"Apostasie"), die Auflehnung gegen eine zuvor
vertretene Überzeugung und deren Verwerfung.
Dieser Abfall, der innerhalb der Kirche
stattfinden wird, wird eine Abkehr von der
Wahrheit mit sich bringen, die Gott in seinem
Wort offenbart hat. Es ist zwar richtig, daß es
in der Kirche von Anbeginn an immer wieder zu
derartigen Gegenbewegungen gekommen ist, doch
Paulus bezieht sich hier auf eine ganz
bestimmte, noch in der Zukunft liegende
Apostasie, die sich deutlich von allen
vorherigen abhebt (vgl.
1Tim 4,1-3; 2Tim 3,1-5;4,3-4; 2Pet 2;3,3-6; Jak
5,1-8; Jud) und von der er der
thessalonischen Gemeinde bereits bei seinem
Aufenthalt in Thessalonich erzählte (
2Thes 2,5 ).
Manche Exegeten sehen in der "Abkehr", von der
der Apostel hier spricht, einen Hinweis auf die
Entrückung der Kirche (z. B. E. Schuyler
English,
Rethinking the Rapture , New York 1954, S.
67 - 71), doch das ist eher unwahrscheinlich,
und D. Edmond Hiebert widerlegt denn auch die
These, daß sich
apostasia an dieser Stelle auf die
Entrückung bezieht (
The Thessalonian Epistles , S. 306). Andere
Bibelforscher sind der Ansicht, daß dieser
Abfall (von Paulus "der" Abfall genannt) darin
bestehen wird, daß die Menschen sich von der
göttlichen Wahrheit ab- und dem Antichristen
zuwenden, der sich im Tempel Gottes niederlassen
und als Gott ausgeben wird (V.
4 ). Wenn das stimmt, dann findet das
Gericht in der zweiten Hälfte der sieben Jahre,
die dem zweiten Advent Christi vorangehen,
statt.
Ein weiteres Ereignis, das vor dem Tag des Herrn
stattfinden muß, ist das Offenbarwerden "des
Menschen der Bosheit" (
ho anthrOpos tEs anomias ). Die Verbform
"muß ... offenbart werden" zeigt an, daß es
sich dabei um einen konkreten Vorgang handelt,
der zu einer ganz bestimmten Zeit in der
Geschichte ablaufen wird (vgl. V.
6.8 ). Dieses Wesen wird ganz und gar durch
"Bosheit" (oder "Sünde", wie manche
Übersetzungen schreiben) gekennzeichnet sein. Es
wird auch als
"der Sohn des Verderbens" bezeichnet. Sein
zerstörerischer Auftrag ist das Gegenstück zur
Erlösung - eine immerwährende Qual der Menschen.
Möglicherweise wird der "Mensch der Bosheit" von
einigen bereits dann erkannt werden, wenn er zu
Beginn der siebzigsten Woche Daniels (vgl.
Dan 9,27 a) einen Bund mit Israel schließt;
doch wenn er diesen Bund dreieinhalb Jahre
später (
Dan 9,27 b) bricht, wird auf jeden Fall
offen zutage liegen, wer er wirklich ist
(Charles C. Ryrie,
First and Second Thessalonians , S. 104).
Wahrscheinlich meint Paulus diesen späteren
Zeitpunkt, wenn er vom Offenbarwerden des
"Menschen der Bosheit" redet.
|
2Thes 2,4
"Der Sohn des Verderbens" ist der Widersacher
Gottes und wird versuchen, den Gottesdienst des
wahren Gottes - und aller falschen Götter -
durch die Verehrung seiner selbst zu ersetzen,
indem er
vorgibt, er sei Gott . "Das Tier" wird
keinen Gottesdienst als seinen eigenen dulden
(vgl.
Offb 13,5-8 ). Es wird sich auf Gottes Thron
im inneren Heiligtum des
Tempels Gottes setzen. Damit könnte ein
wirklicher Tempel gemeint sein, wie die frühen
Kirchenväter und verschiedene moderne Ausleger
glauben. Nach Ansicht anderer Exegeten ist dies
jedoch eine bildliche Anspielung darauf, daß der
Widersacher Gottes das Allerheiligste in der
menschlichen Gottesverehrung, das rechtmäßig nur
Gott gehört, für sich in Besitz nehmen wird. In
der Offenbarung des Johannes wird der
Widersacher auch als "das Tier aus dem Meer" (
Offb 13,1-10 ), als "scharlachrotes Tier" (
Offb 17,3 ) oder einfach als "das Tier" (
Offb 17,8.16;19,19-20;20,10 ) bezeichnet. Er
ist der "Antichrist" (
1Joh 2,18 ), ein Pseudochristus, der dem
Erlöser feindlich gegenübersteht. Es handelt
sich bei ihm jedoch um einen wirklichen
Menschen, nicht etwa um ein Prinzip, ein
Herrschaftssystem oder eine Dynastie. Bis jetzt
ist eine solche Gestalt noch nicht auf der Bühne
der Menschheitsgeschichte erschienen.
|
2Thes 2,5
Für die Thessalonicher war das hier Gesagte
nicht neu; Paulus hatte sie schon bei seinem
Besuch in der Stadt mit diesen Vorstellungen
vertraut gemacht und ruft sie ihnen nun wieder
ins Gedächtnis. Er weist dabei - zum ersten Mal
im 2. Thessalonicherbrief - explizit darauf hin,
daß er ganz persönlich (Singular) die Gemeinde
in diesen Dingen unterwiesen hat, und
unterstreicht damit die Wahrhaftigkeit seiner
Botschaft, denn er war in Thessalonich der
Wortführer der Missionare gewesen.
Offensichtlich erachtete der Apostel
prophetische Wahrheiten wie die Vision des
Antichristen keineswegs als zu tiefschürfend,
unwichtig oder widersprüchlich für die
neubekehrten Christen. Für ihn waren sie ein
wichtiger Teil des göttlichen Ratschlusses, den
er ohne Zögern oder Abschwächung an die Gemeinde
weitergab.
|
B. Das Geheimnis der Bosheit
(
2,6 - 12 )
In Fortführung seiner Richtigstellung geht der
Apostel nochmals genauer auf den "Menschen der
Bosheit" und auf die Entfernung jener Instanz,
die die Bosheit momentan noch teilweise
zurückhält, ein. Die "Bosheit" bildet das
zentrale Thema dieses ganzen Briefabschnittes.
Das Entfallen aller die Bosheit eindämmenden
Schranken ist ein drittes Geschehen, das vor dem
Anbruch des Tages des Herrn eintreten muß.
2Thes 2,6
Das Wörtchen
"und" (
kai ) wirkt als Bindeglied, das das
Vorherige mit dem Folgenden verbindet. Nach
Paulus wissen die Thessalonicher, welche Macht
das Offenbarwerden des "Menschen der Bosheit"
verhindert, er selbst geht hier nicht näher
darauf ein. Möglicherweise hatte er die
Gläubigen bei seinem Aufenthalt in Thessalonich
darüber unterrichtet. Jemand oder etwas sorgt
dafür, daß die Bosheit nicht überhandnehmen
kann, und zwar zum Teil, damit der "Mensch der
Bosheit" nicht zu früh in Erscheinung tritt.
|
2Thes 2,7
Dieser Vers ist eine Erklärung und Erweiterung
von Vers
6 . Paulus erinnert seine Leser daran, daß
sich das
Geheimnis der Bosheit schon regt . Dieses
"Geheimnis" (
mystErion ) ist eines der Geheimnisse des
Neuen Testamentes (
Röm 16,25; 1Kor 2,6-12; Eph 1,9;3,3-5; Kol
1,25-27 ). Ein solches "Mysterium" ist immer
eine neue Wahrheit, die den Menschen bis zu
ihrer Enthüllung in der gegenwärtigen Zeit
verschlossen war. Im vorliegenden Fall ist es
die Offenbarung einer in der Zukunft liegenden
Übersteigerung der Bosheit in der Welt. Damals
wie heute war und ist eine von Satan gelenkte
Gegenströmung gegen das göttliche Gesetz
wirksam. Doch diese Gegenströmung wird noch
zurückgehalten, bis schließlich der Zeitpunkt
für das Offenbarwerden des "Menschen der
Bosheit" und die letzte Klimax der Bosheit
gekommen ist.
Wer oder was hält diese satanischen Bestrebungen
gegen das Gesetz Gottes und damit das
Offenbarwerden des "Menschen der Bosheit"
zurück? Manche Ausleger verstehen die
rätselhafte Andeutung des Apostels als einen
Hinweis auf das Römische Reich. Doch das
römische Imperium ist schon langeversunken, und
doch ist die geheimnisvolle eindämmende Macht
noch immer am Werk. Einer anderen These zufolge
ist es Satan selbst, wenngleich es schwer
einzusehen ist, warum ausgerechnet er die Sünde
zurückhalten sollte. Wieder andere sind der
Auffassung, daß die Regierungen und Staatsformen
auf der Welt ganz allgemein der Sünde Schranken
setzen und so das Erscheinen des Antichristen
verhindern. Doch andererseits werden diese
Regierungen ihrerseits erst beim Auftreten des
Antichristen verschwinden. Im übrigen setzen
keineswegs alle Regierungen der Sünde Grenzen -
viele fördern sie sogar!
Die einzige denkbare Instanz, die genügend
(übernatürliche) Macht besitzt, um eine solche
Funktion auszuüben, ist der Heilige Geist. Aber
auch diese Deutung ist nicht unwidersprochen
geblieben, weil
to katechon in
2Thes 2,6 eine Neutrumform ist ("
was hält zurück"). Aus zwei Gründen stellt
das jedoch kein Problem dar: Zum einen wird der
Heilige Geist mehrfach als Neutrum behandelt (
Joh 14,26; 15,26; 16,13-14 ). Zum anderen
wechselt das Genus im zweiten Teil von Vers
7 ins Maskulinum: "
ho katechOn " (
der, der es aufhält ). Auf welche Weise aber
wirkt der Heilige Geist als die Sünde
eindämmende Macht? Er nimmt Wohnung in den
Christen und baut durch sie in der Gesellschaft
gleichsam einen Wall gegen die steigende Flut
der Schlechtigkeit. Damit erklärt sich auch, wie
es kommt, daß der Hinderer der Sünde
weggetan wird, denn wenn die Kirche von der
Erde entrückt wird, wird auch der Heilige Geist
insofern verschwinden, als sein einzigartiges
Wirken durch die Christen ein Ende haben wird
(vgl.
1Mo 6,3 ). Die Entfernung der dämmenden
Kraft in der Zeit der Entrückung muß dem Tag des
Herrn offensichtlich vorausgehen. Paulus'
Gedankengang kann daher als Argument für die
These der Entrückung vor der Zeit der großen
Trübsal herangezogen werden: Die Thessalonicher
befinden sich demzufolge momentan keineswegs in
der Zeit der großen Trübsal, weil es noch keine
Entrückung gegeben hat.
|
2Thes 2,8
Wenn die Sünde nicht mehr zurückgedrängt wird,
wird die Welt restlos in Bosheit versinken, und
der "Mensch der Bosheit" wird offenbar werden
(vgl. den Kommentar zu V.
3 ). Der Name dieses Menschen wird an keiner
Stelle in der Bibel genannt, doch er wird an
seinen Taten zu erkennen sein (vgl.
2Thes 2,3 sowie
Dan 9,26-27 und
Dan 11,36-12,1 ). Paulus war sich der
Kräfte, die hinter dieser Person stehen, bewußt,
deshalb beschreibt er ihr Erscheinen als ein
Geschehen, das durch die Macht eines anderen,
nicht durch sie selbst bewirkt wird.
Diese böse Macht wird
der Herr Jesus durch den
Hauch seines Mundes vernichten. Der
Antichrist mag die Kontrolle über die Menschheit
erlangen, doch er ist kein Gegner für den
Messias. Jesus ist wahrhaftig der Herr. "Der
bloße Atem des verherrlichten Jesus wird den
Bösen wie in einem Feuerofen verglühen lassen"
(Hiebert,
The Thessalonian Epistles , S. 315) - er
wird tot sein, und sein Werk wird vernichtet
werden. Die strahlende Helligkeit der Gegenwart
Christi bei seinem Kommen auf die Erde wird die
Pläne des Antichristen vereiteln, wie einst die
Offenbarung des verherrlichten Christus Saulus
auf der Straße nach Damaskus niederwarf und
seinen widergöttlichen Bestrebungen ein Ende
machte.
Vers
8 umspannt die siebenjährige Herrschaftszeit
des Antichristen von seinem kurz nach der
Entrückung geschlossenen Bund mit Israel bis zu
seiner Überwindung durch Christus,
wenn er am Ende der Zeit der großen Trübsal
kommt .
|
2Thes 2,9
In Vers
9 - 11 wird diese Herrschaft des Bösen
genauer beschrieben. Er wird gestützt von Satan
(vgl.
Offb 13,2 b) und hält sich an der Macht
durch dessen Lieblingswerkzeuge: Lüge und
Täuschung. Das Streben Satans, die Wunder Gottes
in der Welt nachzuäffen, läßt sich vom 1. Buch
Mose bis zur Offenbarung des Johannes in der
ganzen Heiligen Schrift verfolgen. Paulus
verwendet drei Termini zurSchilderung der
übernatürlichen Machtmanifestationen des
"Menschen der Bosheit": (1) Er tritt
mit großer Kraft (
dynamei ) auf, d. h., hinter den Dingen, die
er bewirkt, steht eine starke Macht. (2) Seine
Herrschaft wird von
lügenhaften Zeichen (
sEmeiois ) begleitet, d. h., er täuscht
vor, daß die Wunder, die er tut,
Zeichencharakter haben. (3) Daß sie mit
Wundern (
terasin ) gleichgesetzt werden, zeigt die
Ehrfurcht und Bewunderung, die sie bei den
Menschen, die sie sehen, auslösen. Kurz, er
vollbringt so große Wunder, daß alle, die sie
miterleben, spüren werden, daß er übernatürliche
Macht besitzt, und ihn verehren werden. Ein
Beispiel für ein solches Wunder und die
Ehrfurcht, die es bei den Menschen erweckt, wird
in
Offb 13,2 b.3-4 und
Offb 17,8 geschildert.
|
2Thes 2,10
Doch die Wunder, die der Böse tun wird, werden
nicht das einzige sein, was die Menschen dazu
bewegt, ihn für göttlich zu halten. Alles, was
er tut, wird die Leute in die Irre führen, ganz
besonders jene, deren Augen für sein wahres
Gesicht und sein Handeln blind sind, weil sie
nicht an Gottes Wort glauben. Das soll nicht
heißen, daß alles, was er tut, von den Menschen
als böse erkannt wird, sondern daß es seinem
Wesen nach böse ist, weil es die
Wahrheit verfälscht und die Menschen von der
Anbetung Gottes abhält. Die gleichen
griechischen Begriffe, mit denen in Vers
9 das Wirken des Antichristen beschrieben
wird, werden in
Apg 2,22 in bezug auf das Wirken Jesu und in
Hebr 2,4 für die Arbeit der Apostel
gebraucht. Für die Menschen, die in dieser Zeit
auf der Erde leben werden, wird es in der Tat
den Anschein haben, als sei der Antichrist Gott.
Er wird sich als Gott ausgeben, und ihm wird
auch die Verehrung eines Gottes zuteil werden.
Diejenigen, die sich durch den "Menschen der
Bosheit" täuschen lassen, sind
verloren (
apollymenois , Partizip Präsens; das
Substantiv dazu, "Verderben" [
apOleias ], steht in
2Thes 2,3 ), weil sie die Liebe zur Wahrheit
Gottes nicht angenommen und die von ihm
geschenkte Erlösung verschmäht haben. Trotz der
Überzeugungskraft, die dieser rettenden Wahrheit
innewohnt, verschließen sich die Ungläubigen
davor. Sie haben damit ihr eigenes
Verdammungsurteil gefällt.
Die Liebe zur Wahrheit des Evangeliums
dagegen ist ein Zeichen echter Bekehrung; es
gehört dazu nicht mehr als die Bereitschaft, das
Evangelium im Glauben anzunehmen. Die "Wahrheit
des Evangeliums" verkörpert den Gegenpol zu den
"lügenhaften Zeichen" des Bösen. Wer der
Wahrheit glaubt und sie liebgewinnt, ist
gerettet. Die Reaktion auf das Evangelium kommt
also ebensosehr oder fast noch stärker aus dem
Herzen als aus dem Kopf.
|
2Thes 2,11
Gott will, daß alle Menschen gerettet werden und
zur Erkenntnis der Wahrheit kommen (
1Tim 2,4-6 ). Wenn die Menschen die Wahrheit
jedoch ablehnen, läßt er sie die Folgen der Lüge
spüren (vgl.
Röm 1,18-25 ). Im Augenblick ihrer
Auflehnung tritt Gott in sein Amt als Richter
der Menschheit ein und setzt sie der
Macht der Verführung (
energeian planEs ) aus, die daraus
erwächst, daß die Menschen sich bewußt dafür
entscheiden,
der Lüge zu glauben und dem Irrtum vor der
Wahrheit den Vorzug zu geben. Der Richterspruch
Gottes ist also durch die Entscheidung der
Ungläubigen gerechtfertigt. "Die Lüge", auf die
sie hereinfallen, ist der Anspruch des Bösen,
Gott zu sein.
|
2Thes 2,12
Das eigentliche Ziel des göttlichen Handelns ist
Gerechtigkeit (vgl.
2Thes 1,6 ). Ewige Verdammnis ist das
Schicksal all derer, die sich
der Wahrheit verschließen und die Freude
an der Ungerechtigkeit haben. Ihre
Lust ... an der Ungerechtigkeit ist das
Gegenstück zum christlichen Glauben an die
Wahrheit - in beiden kommt eine geistliche
Entscheidung zum Ausdruck. Auch wenn es Paulus
hier natürlich in erster Linie um die
Ungläubigen, die beim Offenbarwerden des
"Menschen der Bosheit" leben, geht, so sehen die
Folgen des Unglaubens letztlich doch immer
gleich aus. Das Grundprinzip der göttlichen
Gerechtigkeit bleibt über die Zeitenhinweg
bestehen und ist heute noch ebenso gültig wie
zur Zeit des Apostels.
Wird in dieser Passage ausgesagt, daß jene, die
zur Zeit des "Menschen der Bosheit" nicht an das
Evangelium glauben und die deshalb nicht
entrückt werden, sondern weiter auf der Erde
leben, nicht mehr gerettet werden können? Oder
können Menschen, die die Wahrheit des
Evangeliums vor der Entrückung zwar kennen, aber
bewußt zurückweisen, danach noch zum Glauben
kommen? Die "Macht der Verführung" (V.
11 ), der Gott diese Menschen aussetzen
wird, legt die Annahme nahe, daß allenfalls
wenige der dann Lebenden noch erlöst werden.
Es scheint sich hier um ein besonderes
Gottesurteil nur an diesem einen Punkt in der
Geschichte zu handeln. Bei den vielen Heiligen,
von denen das Buch der Offenbarung sagt, daß sie
die Zeit der großen Trübsal miterleben werden,
handelt es sich also wahrscheinlich um Menschen,
die das Evangelium bis zur Entrückung nicht
kannten und deshalb auch nicht abgelehnt haben (
Offb 7,4 ).
Paulus führt seinen Lesern vor Augen, daß die
Bedrängnisse und Verfolgungen, denen sie sich
ausgesetzt sehen (
2Thes 1,4 ), in keiner Weise als Anzeichen
dafür zu werten sind, daß sie nun das
Strafgericht am Tag des Herrn erleben. Sie
müssen nicht befürchten, bei der Entrückung
übergangen worden zu sein, denn vor dem
endgültigen Gericht am Tag des Herrn werden
mehrere eindeutig identifizierbare Ereignisse
eintreten, die bis jetzt noch ausstehen. Es sind
dies die Apostasie - der bewußte Abfall von der
Wahrheit Gottes -, die Entfernung der die
Bosheit bändigenden Macht bei der Entrückung, d.
h. die Entfernung des Heiligen Geistes, der
durch die Gläubigen das Böse in der Welt im Zaum
hält, und schließlich das Offenbarwerden des
Antichristen, des "Menschen der Bosheit". Da
diese drei Ereignisse damals noch nicht
eingetreten waren (und bis heute noch nicht
Realität geworden sind), waren die
Thessalonicher also offensichtlich einem
Irrglauben erlegen, als sie meinten, der Tag des
Herrn sei bereits da.
|
IV. Danksagung und Gebet
(
2,13 - 17 )
Die anschließende Passage bildet ein
überleitendes Versatzstück zwischen der Lehre
vom Tag des Herrn (
2Thes 2,1-12 ) und den Verhaltensmaßregeln
des Apostels für eine christliche Lebensführung,
die auf diesen Tag ausgerichtet ist und die
Gemeinde in Thessalonich für ihn bereitmachen
soll (
2Thes 3,1-15 ).
A. Dank des Apostels für die Berufung der
Thessalonicher
(
2,13 - 15 )
2Thes 2,13
Im Gegensatz zu den Ungläubigen, von denen zuvor
die Rede war, machen die Thessalonicher den
Aposteln wirklich Freude. Ja, Paulus hat das
starke Bedürfnis, Gott
allezeit für sie zu danken. Er sieht in
ihnen seine
Brüder (vgl. V.
1.15 ) und Schwestern im Glauben, die
vom Herrn geliebt sind, auch wenn sie von
ihren gottlosen Mitbürgern gehaßt und verfolgt
werden.
Die Freude und Dankbarkeit des Apostels hat
ihren Grund darin, daß
Gott die thessalonischen Gläubigen zum
ewigen Heil
erwählt (
heilato , Imperfekt von
aireO , "ergreifen, erwählen"; das Wort
steht außer an dieser Stelle nur noch in
Phil 1,22 ) hat - und zwar
als erste (vgl. "ehe der Welt Grund gelegt
war";
Eph 1,4 ), also nicht aufgrund ihrer Liebe
oder eines anderen Verdienstes von ihrer Seite,
sondern weil er sie liebt (vgl.
1Thes 1,4 ). Paulus lehrte immer wieder, daß
die Initiative zur Erlösung von Gott ausgeht und
nicht vom Menschen. Das Werkzeug, dessen er sich
dazu bedient, ist das Wirken des Heiligen
Geistes, der die Erwählten zu einem Leben der
Heiligung und Sündlosigkeit aussondert (vgl.
Joh 16,7-11 ). Er erneuert, erfüllt und
tauft die Christen und macht sie damit zu
Gliedern des Leibes Christi. Der menschliche
Anteil an der Erlösung liegt im
Glauben an die Wahrheit des Evangeliums. Wo
dieser Glaube vorhanden ist, reinigt der Geist
das Leben der Gläubigen durch das Wort Gottes (
Joh 17,17 ).
Daß Gott, der ja alle Menschen liebt, manche von
ihnen für die Erlösung erwählt, sollte die
Gläubigen mit Dank für die Gnade dieser
Erwählung erfüllen.
|
2Thes 2,14
Gott selbst hat die Leser dieses Briefes durch
das
Evangelium , wie es von den Aposteln in
Thessalonich verkündigt wurde, zum Heil
berufen . Er wollte, daß die Gläubigen eines
Tages
die Herrlichkeit und Ehre, die
Jesus Christus , der zur Rechten des Vaters
sitzt, schon jetzt hat, mit ihm teilen (vgl.
2Thes 1,10-12 ).
|
2Thes 2,15
Deshalb sollen die thessalonischen Gläubigen im
Angesicht ihrer Berufung nicht in ihrer
Glaubensfestigkeit, ihrer vorbildlichen,
brüderlichen Fürsorge und in ihrer Hoffnung auf
die unmittelbar bevorstehende Wiederkunft Jesu
Christi wankend werden (vgl.
1Thes 1,3 ), sondern
feststehen (
stEkete ; vgl.
1Kor 16,13; 1Thes 3,8 ). Die Christen sind
immer in Gefahr, von den Strömungen der sie
umgebenden, ihrer Religion meist feindlich
gegenüberstehenden Kultur erfaßt zu werden. Und
sie neigen allzuoft dazu, die Wahrheit, die
ihnen offenbart wurde, zu vergessen und ihre
Beziehung zu Gott erkalten zu lassen. Sie haben
es daher dringend nötig, sich an dem
festzuhalten, was ihnen die Diener Gottes gesagt
haben. Die Thessalonicher standen im Begriff,
sich von den - persönlich wie brieflich
empfangenen - Lehren der Apostel zu lösen (vgl.
2Thes 3,6 ). Die ständigen Bedrängnisse,
denen sie ausgesetzt waren, aber auch der
negative Einfluß der Welt, des Fleisches und des
Bösen drohten, sie in ihrer Glaubensentwicklung
zurückzuwerfen.
|
B. Bitte um Kraft für die Gemeinde
(
2,16 - 17 )
Paulus betet für die Standfestigkeit der
Thessalonicher, daß Gott ihnen Mut und Kraft
geben möge (vgl.
1Thes 3,2.13; 2Thes 3,3 ).
2Thes 2,16
Wieder werden der Sohn und der Vater einander
gleichgestellt und als eins betrachtet. Gottes
Liebe und
Gnade sind die Grundlage für einen
ewigen (d. h. nie versiegenden)
Trost (
paraklEsin aiOnian ) in allen zeitlichen
Nöten. Aber Gott gibt seinen Gläubigen auch eine
gute (
agathEn )
Hoffnung , die ihnen die Gewißheit der
Rückkehr ihres siegreichen Erlösers gibt.
|
2Thes 2,17
Zwei Dinge wünscht Paulus den Thessalonichern in
all den Ängsten und Befürchtungen, die durch die
Irrlehren in bezug auf den Tag des Herrn geweckt
wurden: Trost und Mut (das Verb "trösten",
parakalesai , vereinigt beide Bedeutungen in
sich; an anderer Stelle [
1Thes 4,1.10; 2Thes 3,12 ] heißt es auch
"ermahnen"), und Gottes Gnade, um sie zu
festigen und zu stärken (
stErizai ; vgl. auch
1Thes 3,2.13 )
in allem guten Werk ("gut" im Sinne von
gottgefällig) und
Wort , das sie zur Verteidigung und
Bekräftigung des Evangeliums sprechen.
|
V. Ermahnungen für ein künftiges geistliches
Wachstum
(
3,1 - 15 )
In diesem letzten Teil des Briefes werden die
Leser zu einem Leben im Lichte der zuvor
verkündeten Wahrheit und in der Gnade Gottes
aufgerufen.
A. Fürbitte für die Apostel
(
3,1-2 )
Paulus und seine Mitarbeiter bitten die
thessalonischen Brüder, für die sie immer wieder
beten, ebenfalls um ihre Fürbitte.
2Thes 3,1
Das Bindewort
"weiter" leitet den letzten Hauptteil des
Briefes ein. Die Gläubigen in Thessalonich
bedürfen in den Anfechtungen, die sie
durchmachen, der Fürbitte, aber sie sind
zugleich auch dazu aufgerufen, selbst für andere
zu beten. Wer die Fürbitte für andere auf sich
nimmt, macht damitseine eigene Last leichter.
Die Apostel unterscheiden sich darin nicht von
den thessalonischen Christen. Sie bitten aus
zwei Gründen um Beistand im Gebet. Zum einen
sind sie sich dessen bewußt, daß der Erfolg
ihrer missionarischen Arbeit allein davon
abhängt, daß Gott das Wort, das sie verkünden,
segnet. Die Verbreitung des Evangeliums ist
allein Gottes Werk, und die Aufnahme der frohen
Botschaft bei denen, die sie hören, hängt davon
ab, wie er die Herzen bereitet hat. Die
Thessalonicher wußten aus eigener Erfahrung, wie
Gott in den Herzen der Menschen wirken und sie
für die Aufnahme des Evangeliums bereitmachen
kann. So konnten sie aus Überzeugung darum
beten, daß Gott zur Verherrlichung seines Wortes
beitragen möge, indem er auch anderen, die es
hören, Glauben schenkt.
|
2Thes 3,2
Die zweite Bitte der Apostel richtet sich
darauf, daß sie von den Feinden des Evangeliums,
die ihnen auf ihren Reisen von Stadt zu Stadt
immer wieder in den Weg treten und versuchen,
ihre Bemühungen zunichte zu machen,
erlöst werden möchten. Auch darüber wußten
die Thessalonicher aus eigener Erfahrung nur zu
gut Bescheid (
Apg 17,5-9 ). Die Feinde des Evangeliums tun
etwas im Grunde genommen Unvernünftiges: sie
widerstehen dem Geschenk Gottes. Durch ihre
Haltung zerstören sie zum Teil aber auch das
geistige Wohl anderer. Ihre Feindseligkeit
entspringt dem Mangel an
Glauben an die Botschaft des Heils, der sie
zu
falschen (
atopOn , "verderbt")
und bösen (
ponErOn , "vorsätzlich zerstörerisch")
Menschen macht. Vers
1.2 zeigen ganz deutlich die positiven und
negativen Reaktionen, die die Predigt des
Evangeliums hervorruft.
|
B. Zuversicht der Apostel
(
3,3 - 5 )
Die Apostel fühlen sich durch die gegenwärtige
Situation in der thessalonischen Gemeinde
keineswegs entmutigt, sondern sind voller
Zuversicht.
2Thes 3,3
Ihre Zuversicht gründet sich dabei eher auf
ihren Glauben an die Treue Gottes, nicht so sehr
auf ihr Vertrauen in die Thessalonicher. Gottes
Wesen sollte denn auch die eigentliche Basis für
die Zuversicht der Christen sein. Weil Gott
zugesagt hat, die Nöte der Gläubigen zu stillen,
kann Paulus in der Gewißheit ruhig sein, daß
Gott ihnen die Kraft geben wird (vgl.
1Thes 3,2.13; 2Thes 2,17 ), der Anfechtung
und Bedrängnis zu widerstehen. Und er weiß, daß
er sie vor dem Bösen und seinen Sendboten
bewahren wird (vgl.
Phil 1,6; 1Thes 5,24 ). (Vgl. "die bösen
Menschen" in
2Thes 3,2 mit
"dem Bösen" in V.
3 .)
|
2Thes 3,4
Ein weiterer Grund für das
Vertrauen der Apostel ist ihre Überzeugung,
daß die Thessalonicher den Anweisungen, die sie
in diesem Brief erhalten haben, Folge leisten
werden. Die Missionare verlassen sich auch dabei
nicht auf die Kraft ihrer Leser, das Rechte zu
tun; ihr Vertrauen richtet sich vielmehr darauf,
daß sie, weil sie in dem Herrn sind, von Gott
selbst dazu befähigt werden, im Sinne des
Briefes zu handeln.
|
2Thes 3,5
Paulus bittet deshalb darum, daß Jesus Christus
der Gemeinde Gehorsam schenken möge - einen
Gehorsam, der aus einer wachsenden Erkenntnis
der
Liebe Gottes und, damit einhergehend, aus
einer immer größeren Liebe zu Gott erwächst. Er
erbittet für die Gläubigen eine Standhaftigkeit,
wie sie die
Geduld (
hypomonEn ; vgl.
1Thes 1,3; 2Thes 1,4; Hebr 12,1-2 ) Christi
hervorbringt. Die Versenkung in die Liebe Gottes
und das geduldige Ausharren Christi soll den
Christen Mut machen, dem Wort ihres Herrn zu
gehorchen und geduldig in der Not auszuharren.
(Das Wort
"richte aus" ,
kateuthynai , bedeutet "räume die
Hindernisse aus dem Weg"; vgl.
1Thes 3,11 .)
|
C. Umgang mit den "Unordentlichen"
(
3,6 - 10 )
Theologische Irrtümer über den Anbruch des Tages
des Herrn hatten in der Gemeinde in Thessalonich
zu Unkorrektheiten geführt. Paulus geht
imfolgenden Abschnitt auf diese Mißstände ein.
Auch wenn er im Brief nicht explizit einen
Zusammenhang mit den Mißverständnissen in der
Lehre herstellt, so liegt doch die
Schlußfolgerung nahe, daß das eine aus dem
anderen erwuchs.
2Thes 3,6
Aus der Aufforderung des Apostels, irrende
Brüder zur Ordnung zu rufen, geht eindeutig
hervor, daß sich eine Minderheit der Gemeinde
offensichtlich nicht mehr an den christlichen
Verhaltenskodex hielt. Wie ernst dieser Vorwurf
zu nehmen ist, zeigt die Berufung auf den
Namen Jesu Christi. Um all dessen willen,
was Jesus Christus ihnen bedeutet, sollen die
thessalonischen Christen tun, was Paulus ihnen
hier sagt. Das ist nicht nur ein guter Rat,
sondern ein Gebot. Schon zuvor hatte der Apostel
die Gemeinde dazu aufgerufen, nichts mit
denjenigen zu schaffen zu haben, die seinem
Brief ungehorsam waren (
1Thes 5,14 ).
Aber offenbar hatte diese Warnung nichts
gefruchtet, daher greift Paulus jetzt zu
härteren Mitteln und verlangt von der Gemeinde,
die "Unordentlichen" aus der Gemeinschaft
auszuschließen, was möglicherweise den Ausschluß
aus dem gemeinschaftlichen Leben und aus der
Gemeindeversammlung bedeutete (vgl.
1Kor 5,11 ). Durch die Unterbindung aller
sozialen Kontakte würde die geistliche Kluft,
die das Betragen der "Unordentlichen" geschaffen
hatte, auch äußerlich zum Ausdruck kommen. Ihnen
wird ein unordentlicher Lebenswandel und
untätiges Herumlungern vorgeworfen, was bei
manchen so weit ging, daß sie die Arbeit anderer
störten (V.
11 ) und von ihnen erwarteten, für sie zu
sorgen (V.
12 ). Ein solches Verhalten läuft allen
Anweisungen des Apostels direkt zuwider.
|
2Thes 3,7
Paulus rechtfertigt seinen Befehl mit dem
Beispiel der Missionare bei ihrem Aufenthalt
in Thessalonich (V.
7 - 10 ). Er hatte der Gemeinde geboten, daß
sie diesem Beispiel
nachfolgen sollte (
1Thes 1,6 ), doch manche Gemeindeglieder
sträubten sich dagegen, soweit es um die Arbeit
ging. Ganz offensichtlich betrachtete der
Apostel die Lebensweise, die er und seine
Gefährten den Gläubigen vorlebten, als ein
verbindliches Vorbild für die Bekehrten - sie
sollten sich das
Verhalten ihrer Lehrer ebenso zu eigen
machen wie ihre
Lehre . Paulus und seine Mitarbeiter aber
gaben sich nie der Untätigkeit hin.
|
2Thes 3,8
Sie schmarotzten nicht bei anderen. Das heißt
nicht, daß sie nie ein Geschenk oder eine
Mahlzeit von ihren Glaubensbrüdern annahmen,
doch ihren Lebensunterhalt bestritten sie selbst
(V.
12 ). Sie arbeiteten sogar
Tag und Nacht , um keinem der
thessalonischen Christen finanziell
zur Last zu fallen (vgl.
1Thes 2,9 ).
|
2Thes 3,9
Die Apostel wollten damit den von ihnen
Bekehrten ein Vorbild (
typon ; vgl.
1Thes 1,7 ) für opferbereiten
Gemeinschaftsgeist geben. Sie hatten zwar
durchaus das
Recht , für ihr geistliches Amt materielle
Unterstützung anzunehmen (vgl.
1Kor 9,3-14; 1Tim 5,18 ), doch sie
beschnitten sich freiwillig dieses Rechtes, um
die Bedeutung selbstloser Liebe und selbstlosen
Fleißes anschaulich zu machen. Paulus geht nicht
davon aus, daß das Recht auf Versorgung immer
geopfert werden sollte; an anderer Stelle lehrt
er im Gegenteil, daß es legitim ist, wenn
diejenigen, die Unterweisung empfangen, ihre
Lehrer unterstützen (
Gal 6,6 ). Worum es ihm hier geht, ist, daß
die Christen im allgemeinen nicht von anderen
verlangen dürfen, für sie zu sorgen, sondern so
weit als möglich
ihr eigenes Brot essen sollen.
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2Thes 3,10
Die paulinischen Missionare hatten den
Thessalonichern Fleiß sowohl theoretisch als
auch praktisch nahegebracht, und Paulus möchte
nicht, daß sie das wieder vergessen. Immerhin
handelt es sich dabei um ein feststehendes Gebot
für die christliche Lebensführung, das er in
diesem Zusammenhang entweder wörtlich zitiert
oder in der gerafften Form eines Merksatzes
wiedergibt. Es gilt ausschließlich denen, die
nicht arbeiten
wollen , und keineswegs denen, die es aus
bestimmten Gründen nicht
können . Diese Arbeitsunwilligen sollen von
den andern Christen nicht aus einer falsch
verstandenenNächstenliebe heraus
"durchgefüttert" werden. Das Beste, was man für
sie tun kann, ist vielmehr, sie leer ausgehen zu
lassen, damit sie auf diese Weise wieder auf den
rechten Weg und zur Arbeit zurückgeführt werden.
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D. Gebote für die "Unordentlichen"
(
3,11 - 13 )
Nachdem er vom Beispiel der Apostel und dem
allgemeinen christlichen Arbeitsethos gesprochen
hat, wendet Paulus sich nun nochmals direkt an
die arbeitsunwilligen Gemeindeglieder.
2Thes 3,11
Die Apostel
hören immer wieder (die Wiederholung wird
durch das Präsens,
akouomen , ausgedrückt), daß einige
Thessalonicher nicht für ihren Lebensunterhalt
arbeiten. Sie treiben
unnütze Dinge , statt ihrem Beruf
nachzugehen, und mischen sich in die Geschäfte
anderer ein (vgl.
1Tim 5,13 ).
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2Thes 3,12
Paulus und seine Mitarbeiter gebieten (
parangellomen ) diesen Leuten, sich zu
ändern, und ermahnen sie (
parakaloumen ) im Namen ihrer
Eingebundenheit
in Christus dazu. Sie sollen nüchternen
Sinnes, im klaren Bewußtsein all dessen, was sie
über den Tag des Herrn erfahren haben,
still ihrer Arbeit nachgehen (
hEsychia ; vgl.
Apg 22,2; 1Tim 2,2.11; und den Kommentar zu
1Thes 4,11 )
und ihr eigenes Brot essen . Durch
regelmäßige Arbeit müssen sie nicht länger
anderen auf der Tasche liegen. Paulus hatte
schon in seinem vorigen Schreiben diesbezügliche
Anweisungen gegeben (
1Thes 4,11 ), doch da manche Gemeindeglieder
sich nicht daran gebunden fühlten, wiederholt er
dieses Gebot hier in strengerer Form.
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2Thes 3,13
An die gläubige Mehrheit der Gemeinde gerichtet,
bittet Paulus eindringlich darum, weiterhin
recht zu handeln, wie sie es gelernt haben,
ungeachtet des Schmarotzerdaseins der
"Unordentlichen". Wenn andere Christen den
leichten Pfad der Verantwortungslosigkeit
einschlagen und damit auch noch Erfolg zu haben
scheinen, so wirkt das für die anderen leicht
entmutigend und führt sie in Versuchung, es
ebenso zu machen. Auch wenn man es sich
verdrießen lassen könnte,
Gutes zu tun , so sollte man doch dessen nie
müde werden. Indem Paulus die rechtschaffenen
Thessalonicher als
liebe Brüder anredet, während er von den
"Unordentlichen" als "solchen" Leuten (V.
12 ) spricht, macht er deutlich, daß die
Ungehorsamen sich durch ihr Verhalten selbst von
Gott abwenden.
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E. Disziplinierung der Ungehorsamen
(
3,14 - 15 )
In diesen Versen findet Paulus noch härtere
Worte in bezug auf die "Unordentlichen". Er geht
hier darauf ein, wie sich die übrige Gemeinde
ihnen gegenüber verhalten soll, wenn sie nicht
bereuen.
2Thes 3,14
Wenn ein ungehorsames Gemeindeglied zweimal
verwarnt wurde (
1Thes 4,11;5,14 ) und dennoch nicht bereut,
so sollen besondere Maßnahmen gegen die
betreffende Person ergriffen werden. Paulus
betrachtet sein Schreiben in diesem Punkt als
autoritativ für die Gemeinde. Er ist ein von
Gott eingesetzter Apostel, und was er unter der
Leitung des Heiligen Geistes sagt, kommt von
Gott und muß deshalb befolgt werden. Die
Gläubigen sollen sich den Schuldigen merken und
ihn der Gruppe der Ungehorsamen zuordnen. Es
scheint sich dabei um einen persönlichen
Schritt, den jeder Gläubige bei sich tun soll,
zu handeln, während von einer öffentlichen
Brandmarkung und Disziplinierung nicht die Rede
ist.
Die Gläubigen sollen
nichts mit der betreffenden Person
zu schaffen haben , bis sie bereut. Das Ziel
dieser sozialen Ächtung ist es, den Ungehorsamen
schamrot werden zu lassen und ihn dadurch
zur Reue zu bewegen. Die göttliche
Zurechtweisung zielt immer darauf ab, Reue zu
erwecken, und nicht darauf, Spaltung zu
erzeugen. Sozialer Druck kann dabei helfen,
einen Irrenden wieder zur Vernunft zu bringen
und ihm daraufhin die Einbindung wieder zu
ermöglichen. Das ist es, wasPaulus in diesem
Fall bezweckt. Der Ausschluß aus der
Gemeinschaft der Gläubigen soll den Betreffenden
beschämen und ihm seine Trennung vom Haupt
dieser Gemeinschaft, Jesus Christus, bewußt
machen.
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2Thes 3,15
Besorgt darum, daß die Thessalonicher ihre
Disziplinierungsmaßnahmen möglicherweise
übertreiben könnten, legt Paulus ihnen sogleich
noch nahe, den Ungehorsamen
als einen Bruder zu behandeln und
nicht für einen Feind zu halten. Die
Disziplinierung eines Gemeindemitgliedes soll
nicht dazu führen, daß die Strafenden selbst das
rechte Maß verlieren. Es steht ihnen nicht zu,
den Ungehorsamen als persönlichen Gegner zu
betrachten oder ihm gegenüber feindselige
Gefühle zu hegen. Vielmehr soll ihre
Handlungsweise und ihr Empfinden ganz von seiner
objektiven Verbundenheit mit ihnen als Bruder in
Christus bestimmt sein, die subjektiven
Unmutsgefühlen, die möglicherweise durch sein
Verhalten hervorgerufen werden, keinen Raum
läßt. Sie sollen ihn zurechtweisen (
noutheteite ), nicht bezichtigen. Auch wenn
sie den Kontakt zu ihm in bestimmten Bereichen
einschränken, so sollen sie doch nicht jede
Beziehung zu ihm abbrechen, sondern ihn geduldig
immer wieder dazu ermahnen, das Falsche an
seiner Handlungsweise zu erkennen und
aufzugeben.
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VI. Schluß
(
3,16 - 18 )
Der Brief schließt mit einem Gebet, einem
abschließenden Grußwort und einer Segensformel.
2Thes 3,16
Dies ist die vierte Fürbitte des Apostels für
die Gemeinde in Thessalonich im Rahmen des 2.
Thessalonicherbriefes (vgl.
2Thes 1,11-12;2,16-17;3,5 ). Die
Zurechtweisung mündet ein in das Gebet. Ohne das
Wirken des Herrn sind alle Ermahnungen
fruchtlos. Paulus bittet um die Gabe des
Friedens in der Gemeinde, verkörpert in der
Einheit all ihrer Glieder, die der Wahrheit
gehorchen. Die Quelle dieses Friedens ist der
Herr (vgl.
1Thes 5,23 ), und Paulus betet darum, daß er
diesen Frieden den thessalonischen Christen
schenken möge. Jeder einzelne Christ wie die
Gemeinde als ganzes hat Frieden, wenn sie im
Einklang mit dem Willen Gottes stehen. Das ist
es, was Paulus den Thessalonichern
allezeit wünscht, ganz gleich, wie die
äußeren Umstände aussehen und ob sie
Verfolgungen ausgesetzt sind.
Mit der Formel
"der Herr sei mit euch allen" will Paulus
nicht sagen, daß Gott nur zu bestimmten Zeiten
bei den Christen ist (vgl.
Mt 28,20 ). Er betet hier vielmehr darum,
daß die Gemeinschaft mit Christus, die die
Christen nur im Gehorsam gegen Gottes Wort
erfahren können, jedem Gläubigen zuteil werden
möge, also nicht nur den bereits Gehorsamen,
sondern auch jenen, die zur Zeit durch ihre
unordentliche Lebensführung noch nicht
gottgefällig sind.
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2Thes 3,17
Es gibt mehrere Hinweise darauf, daß
Paulus seine Briefe einem Sekretär diktierte
(vgl.
Röm 16,22; 1Kor 16,21; Kol 4,18 ). An dieser
Stelle aber schreibt der Apostel ausdrücklich
einen
Gruß mit eigener Hand . Wahrscheinlich
versah er die meisten seiner Briefe mit einem
handschriftlichen Zusatz, um den Empfängern ihre
Authentizität zu verbürgen. Im Falle dieses
Briefes war ein solcher persönlicher Gruß ganz
besonders nötig (vgl.
2Thes 2,2 ). Zweifellos war seine
Handschrift von der seines Sekretärs klar zu
unterscheiden und den Lesern als die des
Apostels bekannt.
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2Thes 3,18
Die letzten Worte des Briefes enthalten die
gleiche Segensformel wie in
1Thes 5,28 , mit der einzigen Ausnahme, daß
hier das Wörtchen
"allen" hinzugefügt ist. Es klingt wie ein
letzter Appell an die Einheit der Gemeinde im
Gehorsam aller Glieder gegenüber der Lehre und
den Ermahnungen des Apostels. Eine solche
Einheit kann nur durch
die Gnade unseres Herrn Jesus Christus
entstehen.
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