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Haggai Walvoord


Haggai (F. Duane Lindsey)


EINLEITUNG


Bedeutung


Das Buch Haggai ist das zweitkürzeste Buch des Alten Testaments; nur Obadja ist noch kürzer. Sein Stil ist einfach und deutlich. Es enthält vier Botschaften von einem wohl relativ unbedeutenden nachexilischen Propheten, dessen Amt anscheinend nur von kurzer Dauer war.

Nichtsdestoweniger sollte man die Bedeutung seiner Botschaft und seine Rolle beim Wiederaufbau des Tempels nicht unterschätzen. "Tatsache ist, daß nur wenige Propheten in einen so kurzen Text soviel gesundes religiöses Empfinden hineingepackt haben" (Frank E. Gaebelein, Four Minor Prophets: Obadiah, Jonah, Habakkuk, and Haggai , S. 199). Auffallend ist vor allem, wie sehr sich Haggai des göttlichen Ursprungs seiner Botschaft bewußt war. Nicht weniger als 25mal betont er in den beiden kurzen Kapiteln, daß seine Botschaft von Gott selbst stammt. Seine Aussagen beginnen und schließen jeweils mit der Formel: "So spricht der Herr Zebaoth", und im Laufe seiner Ausführungen kommt er immer wieder auf die göttliche Autorität, die hinter seinen Worten steht, zurück. Haggai war ein Bote Gottes, und das wußte er auch ( Hag 1,13 ).


Haggai, der Prophet


Über Leben und Amt Haggais, des ersten Propheten, durch den Gott zur nachexilischen jüdischen Gemeinde sprach, ist vergleichsweise wenig bekannt. Seine vier Botschaften fielen in das 2. Regierungsjahr des persischen Königs Darius I. (520 v. Chr.). Bald nach ihm trat der Prophet Sacharja auf; er setzte Haggais Aufgabe, die Menschen zum Wiederaufbau des Tempel zu ermutigen, fort und vollendete sie (vgl. Esr 5,1-2; 6,14 ). (Zu einem Vergleich der Daten im Buch Haggai und im Buch Sacharja vgl. die Auflistung in der Einführung zum Buch Sacharja.)

Haggai nennt sich selbst schlicht "den Propheten Haggai" ( Hag 1,1 usw.; vgl. Esr 5,1; 6,14 ). Über seine Eltern oder seine Herkunft ist nichts bekannt. Sein Name, der von dem hebräischen Wort HAG ("ein Fest") abgeleitet ist, bedeutet anscheinend "Festlichkeit" oder "Fest". Manche Forscher nehmen daher an, daß Haggai an einem Festtag geboren wurde; der Text selbst liefert jedoch keine Anhaltspunkte für diese Vermutung. Andere sind der Ansicht, daß er zu den Exilanten gehörte, die die Zerstörung des Tempels im Jahr 586 v. Chr. miterlebten, weil er den salomonischen Tempel ( Hag 2,3 ) erwähnt. Falls das zutrifft, so muß Haggai zum Zeitpunkt seiner Prophezeiung bereits recht alt gewesen sein.

Interessanterweise schreiben manche ältere Versionen des Alten Testaments Haggai bzw. Sacharja auch die Verfasserschaft einiger Psalmen zu: So die Ps 137 und Ps 145-148 in manchen Handschriften der Septuaginta (das ist die griechische Übersetzung des Alten Testaments) und die Psalmen 125 - 126 und 145 - 147 in der lateinischen Vulgata. Diese wahrscheinlich falsche Überlieferung geht anscheinend auf die enge Beziehung dieser beiden Propheten zum Tempel, in dem die Psalmen gesungen wurden, zurück.

 

Historischer Hintergrund


Die Zerstörung des Tempels in Jerusalem durch die babylonischen Truppen im Jahr 586 v. Chr. bedeutete das Ende einer Ära jüdischen Lebens und jüdischer Religion. Als Exilanten in Babylon besaßen die Juden keinen Tempel und konnten keine Opfer darbringen. Obwohl sie ihre Gebete nach Jerusalem richten durften ( 1Kö 8,48; Dan 6,11 ), wurde erst unter der großzügigen Herrschaft Kyrus' des Großen, des Königs von Persien, etwa 50 000 Juden unter der Führung Serubbabels und in der Begleitung des Hohenpriesters Jeschua sowie der Propheten Haggai und Sacharja die Rückkehr nach Jerusalem gestattet ( Esr 1,2-4 ; vgl. Jes 44,28 ). Dort nahmen sie, auf einem neuerbauten Altar für Brandopfer, die levitischen Opferungen schon bald wieder auf ( Esr 3,1-6 ), und im zweiten Jahr der Rückkehr wurde der Grundstein für die Wiedererrichtung des Tempels gelegt ( Esr 3,8-13; 5,16 ).

Störungen durch die Samariter und auch gelegentlicher Druck von seiten der Perser brachten die Bautätigkeiten jedoch rasch zum Erliegen. Danach griff eine religiöse Apathie um sich, die den Weiterbau über 16 Jahre lang unterbrach - bis zur Regierung des persischen Königs Darius Hystaspes (521 - 486 v. Chr.). Im zweiten Jahr der Regierungszeit des Darius (520 v. Chr.) beauftragte Gott den Propheten Haggai, die Juden zum Weiterbau am Tempel zu ermutigen ( Esr 5,1-2; Hag 1,1 ). Er sollte die Führer und das Volk von Juda aus ihrer Lethargie aufrütteln und zur Wiederaufnahme der Arbeit am Tempel anspornen. Der anfängliche Erfolg, den Haggai mit seiner Mission (vgl. Hag 1,12-15 ) hatte, wurde durch die fortgesetzten Bemühungen Sacharjas weitergeführt, bis der Tempel dann im Jahr 515 v. Chr. fertiggestellt war. (Die Probleme der historischen Kritik zum Buch Haggai sind unbedeutend; sie sind zusammengefaßt bei Hobart E. Freeman, An Introduction to the Old Testament Prophets , Chicago: Moody Press, 1968, S. 330 - 332.)



GLIEDERUNG


I. Die erste Botschaft: Der Aufruf zum Tempelbau ( Kap.1 )

     A. Die Überschrift ( 1,1 )
     B. Der Vorwurf der Verzögerung ( 1,2-6 )
     C. Die Ermahnung, den Tempel wieder aufzubauen ( 1,7-8 )
     D. Die Erklärung für die Verarmung der Menschen ( 1,9-11 )
     E. Die Antwort der Führer und des Volkes auf die Botschaft des Propheten ( 1,12-15 )

II. Die zweite Botschaft: Die Prophetisch Verheißung der künftige Herrlchkeit des Tempels ( 2,1-9 )

     A. Die Überschrift ( 2,1-2 )
     B. Die Verheißung der Gegenwart desHerrn als Ermutigung zum Bau des Tempels ( 2,3-5 )
     C. Die Verkündigung der kvnftigen Herrlichkeit des Tempels ( 2,6-8 )

III. Die dritte Botschaft: Der Urteilsspruch der Priesterschaft als Veranschaulichung des Segens des Gehorsam ( 2,10-19 )

     A. Die Überschrift ( 2,10 )
     B. Der verderbliche Einfluß der Sünde ( 2,11-14 )
     C. Die Verheißung der gegenwärtigen Segnungen im Gegensatz zu den früheren Züchtigungen ( 2,15-19 )

IV. Die vierte Botschaft: Die messianische Prophezeiung über Serubbabe ( 2,20-23 )

     A. Die Überschrift ( 2,20-21 a)
     B. Die Verkündigung der zukünftigen Überwindung der heidnischen Königreiche ( 2,21 b. 21-22 )
     C. Die Verkündigung der Wiederherstellung des davidischen Königreches ( 2,23 )


AUSLEGUNG


Haggai, der Bote des Herrn ( Hag 1,13 ), überbrachte vier genau datierte Botschaften des Herrn, die die Führer und das Volk von Juda zum Wiederaufbau des Tempels ermutigen sollten. (Zu der These mancher Forscher, daß das Buch fünf Botschaften enthalte, vgl. den Kommentar zu V. 12 - 15 .)

I. Die erste Botschaft: Der Aufruf zum Tempelbau
( Hag 1 )


A. Die Überschrift
(
1,1 )


Hag 1,1


In der Überschrift des ersten Kapitels sind das genaue Datum der Prophezeiung, der Name des Propheten und die Adressaten angegeben. Daß die Zeitangabe " im zweiten Jahr des persischen Königs Darius " sich nicht an der Regierungszeit eines jüdischen Königs orientiert, ist eine deutliche Erinnerung daran, daß Haggais Amt in die "Zeit der Heiden" fiel, als Israel keinen eigenen König hatte (vgl. Sach 1,1; Dan 2; Lk 21,24 ). Nach dem nachexilischen Kalender, den Juda von den Babyloniern übernommen hatte und in dem das neue Jahr im Frühling statt im Herbst begann (vgl. 2Mo 23,16; 34,22 ), war dieses Datum der 1. Elul (der 29. August) des Jahres 520 v. Chr. Am ersten Tage des Monats war wahrscheinlich ein geheiligter Festtag in Jerusalem (vgl. Jes 1,14; Hos 2,13 ), an dem der Prophet Haggai mit einem bereitwilligen Publikum für das erste Wort des HERRN , das das nachexilische Schweigen der Propheten brach, rechnen konnte. Haggais Rolle als Werkzeug, als Prophet und "Bote des Herrn" ( Hag 1,13 ) wird immer wieder hervorgehoben. Man könnte sagen, daß das Buch gleichsam mit der "Botenformel" interpunktiert ist ("So spricht der Herr Zebaoth" und ähnliche Wendungen; V. 2.7.13 ; Hag 2,4.6-9.11.14.23 ). Darüber hinaus ist jede Botschaft einzeln als " des HERRN Wort " gekennzeichnet ( Hag 1,1; 2,1.10.20 ). Am göttlichen Ursprung der Prophezeiung Haggais besteht also keinerlei Zweifel.

Obwohl in Hag 1,3 das ganze Volk angesprochen wird, richtet sich diese erste Botschaft doch vor allem an die beiden Führer, Serubbabel, den Statthalter von Juda, und Jeschua, den Hohenpriester . Serubbabel war der gesetzliche Thronfolger Davids, ein Enkel König Jojachins ( 1Chr 3,17-19 ; vgl. Mt 1,12 ). Daß Serubbabel sowohl als Sohn Schealtiels als auch als Sohn von Schealtiels Bruder Pedaja ( 1Chr 3,17-19 ) bezeichnet wird, ist wahrscheinlich auf eine Schwagerehe zurückzuführen (vgl. 5Mo 25,5-10 ). Vielleicht hat Schealtiel nach dem Tod Pedajas die Witwe seines Bruders geheiratet, die daraufhin Serubbabel zur Welt brachte. Jeschuas Vater Jozadak war der Hohepriester, der im Jahr 586 v. Chr. aus Jerusalem nach Babel deportiert worden war ( 1Chr 5,41 ).



B. Der Vorwurf der Verzögerung
(
1,2 - 6 )


Hag 1,2


Daß Haggai sich als erstes an die Führer wendet (V. 1 ), betont die besondere Verantwortung, die ihnen zufällt. Die Botschaft, die er ihnen überbringt, kommt von dem HERRN Zebaoth (wörtlich: dem "Herrn (Jahwe) der Heerscharen"). Haggai gebraucht diesen Titel Gottes vierzehnmal! Die Bezeichnung Judas als " dies Volk " statt "mein Volk" beinhaltet einen Verweis Gottes für die Menschen, die sich nicht wie das Volk des Herrn verhielten. Ihre Ausrede dafür, daß sie den Tempel noch nicht wiederaufgebaut haben ( Die Zeit ist noch nicht da ), wird in den nächsten Versen, in denen es um ihre falschen Prioritäten geht, bloßgelegt.



Hag 1,3-4


Im folgenden ergeht des Herrn Wort nun auch an die Menschen, von denen in Vers 2 die Rede war, nicht mehr nur an die Führer. Haggai tadelt sie für ihre selbstsüchtige Gleichgültigkeit und Nachlässigkeit. Sie bauten ihre eigenen Häuser und vernachlässigten das Haus Gottes (vgl.V. 9 ). Der Ausdruck " getäfelte Häuser " meint wohl lediglich, daß sie ein Dach über dem Kopf hatten, bezieht sich vielleicht jedoch auch auf die luxuriösen Vertäfelungen, mit denen die Häuser der Führer und der Wohlhabenden geschmückt waren.



Hag 1,5-6


Der Herr ermahnt die Menschen, ihr Verhalten angesichts ihrer gegenwärtigen Armut zu überdenken. " Achtet doch darauf, wie es euch geht " heißt wörtlich: "Verlegt eure Herzen darauf". Noch viermal nimmt Haggai diese Wendung auf: "Achtet doch darauf" (V. 7 ; Hag 2,15.18 [zweimal]). Die Menschen sollen ihre verdrehten Prioritäten überdenken und endlich Gott und ihrer Beziehung zu ihm den Vorrang geben. Bis jetzt war ihre Handlungsweise verkehrt und zudem vergeblich gewesen. Ihre Selbstbezogenheit hatte ihnen keineswegs zu wirtschaftlicher Stabilität verholfen. Die reichliche Aussaat erbrachte nur magere Ernten (vgl. Hag 1,10-11; 2,16-17.19 ), und sie besaßen nicht einmal das zum Leben unbedingt Notwendige - Nahrung, Trank und Kleidung. Die Inflation, eine Folge dieser Gesamtsituation, ist bildlich dargestellt: " Wer Geld verdient, der legt's in einen löchrigen Beutel. " Die Schlußfolgerung liegt nahe, daß diese wirtschaftlichen Zustände die göttliche Strafe für ihren Ungehorsam sind (vgl. 3Mo 26,18-20; 5Mo 28,38-40 ). Alle ihre Anstrengungen als Bauern und Lohnarbeiter brachten ihnen letztlich nichts ein, weil sie bei ihrem Tun nicht an den Herrn dachten. Ihre Vorfahren, die in Gefangenschaft gehen mußten, hatten dieselbe Vergeltung für ihre Fehler empfangen (vgl. 5Mo 28,41 ), doch von den aus dem Exil Zurückgekehrten hatte Gott Besseres erwartet.


C. Die Ermahnung, den Tempel wieder aufzubauen
(
1,7 - 8 )


Hag 1,7-8


Nochmals (vgl. V. 5 ) ermahnt der Herr die Menschen zum Nachdenken und zum richtigen Handeln. Nachdem er sie für das, was sie nicht taten , getadelt hat und ihnen die Fruchtlosigkeit dessen, was sie taten , vor Augen geführt hat, fordert er sie auf zu tun, was sie tun sollen - zur Ehre Gottes den Tempel errichten. Die implizite Botschaft in den Versen 2 - 4 wird jetzt deutlich ausgesprochen: Baut das Haus (d. h. Gottes Tempel). Daß sie Holz aus dem Gebirge holen mußten, kommt vielleicht daher, daß sie das Holz, das sie ein paar Jahre zuvor für den Tempelbau erworben hatten (vgl. Esr 3,7 ), für ihre eigenen Häuser verwendet hatten. Steine scheinen von dem zerstörten Tempel genügend vorhanden gewesen zu sein, so daß sie nur noch Holz zur Fertigstellung der Wände und des Daches benötigten. Die Vollendung des Tempels wird Gott wohlgefällig sein ( das soll mir angenehm sein ). Es wird ihm Ehre und Ruhm bringen und den Völkern zeigen, daß der Gott Israels es wert ist, von seinen Knechten an einem solchen Ort angebetet zu werden.



D. Die Erklärung für die Verarmung der Menschen
(
1,9 - 11 )


Die göttliche Strafe, von der in Vers 5 - 7 die Rede ist, wird nun genauer erklärt und ausgedeutet. Das Versagen der Menschen in dem, was sie tun sollen - dem Tempelbau -, führte zu wirtschaftlichem Ruin und Armut.



Hag 1,9 a


Aus zwei Gründen sind sie arm geworden: (a) die Ernte war weit geringer als erwartet, denn ungeachtet ihrer großen Hoffnungen waren die Erträge niedrig, und (b) das, was sie erhielten, verschwand plötzlich auf Gottes Veranlassung, wie das Bild, und wenn ihr's schon heimbringt, so blase ich's weg , veranschaulicht.



Hag 1,9 b


Der Grund für diese Züchtigung ist nach Gottes Worten die selbstsüchtige Vernachlässigung des Tempelbaus. Er wiederholt die Worte von Vers 4 mit stärkerer Betonung ( weil mein Haus so wüst dasteht und ein jeder nur eilt, für sein Haus zu sorgen ). Während die Menschen emsig mit ihren eigenen Angelegenheiten beschäftigt waren, vernachlässigten sie ihre religiöse Verantwortung.



Hag 1,10-11


Die wirtschaftliche Verarmung war die Folge einer von Gott geschickten Dürre. Wegen des Ungehorsams der Menschen hat der Himmel über euch den Tau zurückgehalten und das Erdreich sein Gewächs . In der trockenen Jahreszeit (April - Oktober) war der Morgentau, der in Palästina meist sehr reichlich ist, unentbehrlich für das Wachstum der Sommerernte. Sein Ausbleiben hatte verheerende Folgen. Die Dürre , die Gott geschickt hatte, betraf die drei wichtigsten landwirtschaftlichen Erzeugnisse Palästinas - Korn, Wein, Öl (von Olivenbäumen) - und alles, was aus der Erde kommt (vgl. Hag 2,16-17.19 ). Das Ausbleiben des Regens und des Taus ist ein Zeichen, daß Gott das Land und seine Bewohner verflucht hat, weil sie den Bund mit ihm nicht hielten (vgl. 3Mo 26,19-20; 5Mo 28,22-24 ). Dieser Ungehorsam brachte Mensch und Vieh um ihre Nahrung. Die Arbeit ihrer Hände sollte vergeblich sein.



E. Die Antwort der Führer und des Volkes auf die Botschaft des Propheten
(
1,12 - 15 )


Wegen des göttlichen Zuspruchs in Vers 13 und einer weiteren, von der ersten abweichenden Datumsangabe in Vers 15 halten manche Forscher diese Passage (V. 12 - 15 ) für eine selbständige prophetische Botschaft, so daß das Buch Haggai insgesamt fünf Botschaften enthielte. Das Datum in Vers 15 bezieht sich jedoch lediglich auf die nun wirklich in Angriff genommene Wiederaufnahme des Baus, die wahrscheinlich auf die Ermutigung hin erfolgte, so daß sich der Abschnitt als Reaktion auf die erste der vier Botschaften ausgezeichnet in die Struktur des Buches einfügt.



Hag 1,12


Haggai berichtet von dem gehorsamen und ehrfürchtigen Verhalten der Führer und des Volkes. Nur selten erlebte ein Prophet Gottes eine so rasche und positive Reaktion auf eine Botschaft, die er im Namen Gottes verkündigt hatte, wie sie Haggais schlichte und klare Worte zur Folge hatten. Die Antwort der Führer und des Volkes kam auf zweierlei Art zum Ausdruck: (a) sie gehorchten der Stimme des HERRN, ihres Gottes, und den Worten des Propheten Haggai (ihr Glaube an die Worte Haggais als Gottes Wort hatte eine wirkliche Veränderung ihrer Einstellung und ihres Handelns zur Folge), und (b) das Volk fürchtete sich vor dem HERRN (als die Menschen über die Bedeutung ihres vergangenen Ungehorsams und ihrer Selbstsucht und über ihren neuen Gehorsam gegenüber den Prioritäten Gottes nachdachten, stieg neue Ehrfurcht und Ehrerbietung für Gott in ihnen auf). Haggai spricht hier vom Volk als von den übrigen (hier und in V. 14 und auch in Hag 2,2 ), nicht nur, weil sie das babylonische Exil überlebten, sondern auch, weil sie nun zu dem wurden, was die übrigen des Volkes Gottes stets sein sollen - diejenigen, die sich in ihrer Bundesbeziehung zum Herrn als gehorsam erweisen (vgl. Jes 10,21 ).

 

Hag 1,13


Dieser Vers spricht stärker als jeder andere von Haggais Rolle als " Bote des HERRN " und von seinen Worten als " Botschaft des HERRN ". Die göttliche Autorität von Haggais Worten wird im ganzen Buch immer wieder bestätigt (vgl. V. 1 ). Hier überbringt er dem Volk ein Wort der Ermutigung vom Herrn, als der Neubau in Angriff genommen wird: Ich bin mit euch (wiederholt in Hag 2,4 ; vgl. Hag 2,5 und Jes 43,5 ). Die Zusicherung der Gegenwart Gottes, der sie leiten und ihnen Kraft geben wird, soll alle Angst und Besorgnis über die Vollendung ihrer Aufgabe vertreiben.



Hag 1,14


Und der HERR erweckte den Geist Serubbabels und den Geist Jeschuas und den Geist aller übrigen vom Volk zum Bau des Tempels, ebenso wie er sie vor 18 Jahren veranlaßt hatte, Babylon zu verlassen (vgl. Esr 1,5 ). So von Gott erweckt und für die Aufgabe gerüstet, kamen sie und arbeiteten am Hause des HERRN Zebaoth, ihres Gottes . Hag 1,15 : Das Datum der tatsächlichen Wiederaufnahme des Baus war der 24. Elul (der 21. September) des Jahres 520 v. Chr. Es hatte eine Verzögerung von 23 Tagen zwischen der ursprünglichen Prophezeiung (V. 1 ) und der Wiederaufnahme der Arbeit (V. 15 ) gegeben, die auf zwei Gründe zurückzuführen war: (a) die Ernte der Feigen, Trauben und Granatäpfel fand im Elul, in eben dem sechsten Monat , statt, und (b) dem Beginn des Neubaus ging wohl außerdem eine Zeit der Planung und der Materialbeschaffung voraus.

 

II. Die zweite Botschaft: Die prophetische Verheißung der künftigen Herrlichkeit des Tempels
(
2,1 - 9 )


A. Die Überschrift
(
2,1 - 2 )


Hag 2,1-2


Wie bei der ersten Botschaft ( Hag 1,1 ) werden auch hier zunächst das Datum, der Name des Propheten und die Adressaten angegeben. Diese Botschaft wurde am 21. Tischri (dem 17. Oktober) des Jahres 520 v. Chr. verkündet. Das war etwa einen Monat, nachdem der Bau des Tempels beschlossen worden war ( Hag 1,15 ). Zu Anfang machte die Arbeit nur langsame Fortschritte, zweifellos aufgrund der mühseligen Aufgabe, den Schutt von 60 Jahren zu beseitigen, und auch aufgrund der dauernden Unterbrechungen durch die vielen Feste, die im siebenten Monat gefeiert wurden - die wöchentliche Sabbatfeier, das Fest der Posaunen am ersten Tag, der Tag der Versöhnung am zehnten und das Laubhüttenfest vom 15. bis 21. Tischri, auf das am 22. Tischri noch ein Ruhetag folgte ( 3Mo 23 ). Die zweite Botschaft des Propheten Haggai wurde also am letzten Tag des Laubhüttenfestes verkündigt. Sie richtete sich an all diejenigen, die mit dem Bau begonnen hatten: Serubbabel, Jeschua und die übrigen vom Volk (vgl. Hag 1,12 ).



B. Die Verheißung der Gegenwart des Herrn als Ermutigung zum Bau des Tempels
(
2,3 - 5 )


Hag 2,3


Der Herr fordert die Menschen auf, den im Bau befindlichen Tempel mit dem präexilischen zu vergleichen, ein Vergleich, der sehr zum Nachteil des neuen Tempels gerät. Anscheinend stellten die Leute schon in den Anfangsstadien des Wiederaufbaus hämische Vergleiche zwischen dem neuen Tempel und der Herrlichkeit des ehemaligen salomonischen Tempels an, der Jahrhunderte zuvor in derselben Jahreszeit eingeweiht worden war ( 1Kö 8,2 ).

Bevor Haggai das entmutigte Volk tröstet, soll er ihnen drei Fragen stellen, die die unvorteilhaften Vergleiche der Menschen deutlich werden lassen: " Wer ist unter euch noch übrig, der dies Haus in seiner früheren Herrlichkeit gesehen hat? Und wie seht ihr's nun? Sieht es nicht wie nichts aus? " Das sind im Grunde rhetorische Fragen, die die Menschen dazu bringen sollen, der Tatsache ins Auge zu sehen, daß ihr Tempel nicht so großartig zu werden verspricht wie der Salomos. Das setzt voraus, daß manche der jetzt Anwesenden, vielleicht sogar Haggai selbst, noch das herrliche Bauwerk Salomos vor seiner Zerstörung vor 66 Jahren (586 v. Chr.) gekannt haben. (Ähnliche Szenen spielten sich schon bei der Grundsteinlegung des Tempels einige Jahre zuvor ab; Esr 3,10-13 ; vgl. Sach 4,10 .)



Hag 2,4 a


Der Herr ermutigt jedoch die Menschen und ihre beiden Führer, sich trotzdem getrost an die Arbeit zu machen. Auf die dreimal wiederkehrende Ermunterung " sei getrost " (oder "fasse Mut") folgt schließlich das Gebot " und arbeitet ". Interessanterweise hatte auch David ganz ähnliche Wendungen gegenüber Salomo gebraucht, als er ihm den Bau des ersten Tempels übertrug ( 1Chr 28,10.20 ) und ihm Gottes Beistand verhieß. Gott, der das Volk ermutigt hatte, den Wiederaufbau des Tempels in Angriff zu nehmen ( Hag 1,14 ), gab ihm nun Kraft, sein Vorhaben auch durchzuhalten. Die Wendung " alles Volk im Lande " bezieht sich nicht, wie in Esr 4,4 , auf Judas Feinde, sondern auf "die übrigen vom Volk" ( Hag 2,2 ; vgl. Hag 1,12.14 ).



Hag 2,4.5 (Hag 2,4b.5)


Erneut versichert der Herr den Menschen: " Ich bin mit euch. " (vgl. Hag 1,13 ). Wie der Geist Gottes mit den Israeliten war, als sie aus Ägypten auszogen (vgl. Jes 63,11-14 ), so wird er unter ihnen sein, wenn sie den Tempel bauen - eine Aufgabe, die hier mit dem "Exodus" aus Babylon in Verbindung gebracht wird. Der Hinweis auf den Bund zwischen Gott und seinem Volk soll die Menschen weiter zum Bau ermutigen.

Gott tröstet sie in ihrer Verzagtheit. Sie sollen sich nicht fürchten. Weil der Herr ( Hag 1,13; 2,4 ) und sein Heiliger Geist bei ihnen sind, können sie ruhig und zuversichtlich sein. Die Wendung " Fürchtet euch nicht " wird häufig in Zusammenhang mit Erlösungsverheißungen gebraucht (z. B. Jes 41,10; 43,1 ).



C. Die Verkündigung der künftigen Herrlichkeit des Tempels
(
2,6 - 9 )


Dem ungünstigen Vergleich zwischen dem wiedererbauten Tempel und dem Tempel Salomos, der sich den Menschen aufdrängt (V. 3 ), wird Gottes Zusicherung der schließlich erfolgreichen Vollendung des Tempels in der zukünftigen Herrlichkeit im Tausendjährigen Reich gegenübergestellt. Die Ankündigung kommender Herrlichkeit soll den Menschen bei ihrem gegenwärtigen Vorhaben Mut machen.



Hag 2,6-7 a


Die Worte " nur noch eine kleine Weile " deuten nicht eine zeitliche Unmittelbarkeit an, sondern unterstreichen den drohenden, immer zu vergegenwärtigenden Charakter des Handelns Gottes im Sinne eines "Es-kann-jeden-Augenblick-geschehen". Das noch in der Zukunft liegende Gericht Gottes ( ich werde Himmel und Erde, das Meer und das Trockene erschüttern ) wird in Gestalt eines Erdbebens als Symbol des übernatürlichen Eingreifens Gottes dargestellt (vgl. Jes 2,12-21; 13,13; Hes 38,20; Am 8,8; Hag 2,21-22 ). Wenn Jesus Christus auf die Erde zurückkehren wird, "werden Himmel und Erde erbeben" ( Joe 4,16; Mt 24,29-30 ). Nicht nur die Ordnung der Natur wird in ihren Grundfesten wanken, auch die Menschen werden zittern ( alle Heiden will ich erschüttern ; V. 7 ). Das "Erschüttern" der Heiden bezieht sich eventuell auf das Sammeln der Völker zur Schlacht von Harmagedon ( Sach 14,1-4 ).

Der Verfasser des Hebräerbriefes zitiert Hag 2,6 ( Hebr 12,26 ) und fügt hinzu, daß das Königreich Gottes, das "unerschütterlich" ( Hebr 12,28 ) ist, alle Strafgerichte Gottes überstehen wird. In Haggais Zeit nahm man an, daß Gottes Gericht unmittelbar bevorstehe. Die Propheten des Alten Testaments sahen die weite Zeitspanne zwischen dem ersten und zweiten Kommen Jesu Christi nicht (vgl. Jes 61,1-2; Lk 4,18-21 ).



Hag 2,7 b


Der Tempel des zukünftigen Tausendjährigen Reiches wird durch den Reichtum der Völker verschwenderisch ausgestattet werden. " Aller Völker Kostbarkeiten " bedeutet, daß die Nachbarvölker mit Freuden ihre Reichtümer zur Ausschmückung des Tempels in Jerusalem hergeben werden (vgl. Jes 60,5; Sach 14,14 ). Die Stelle, die auch mit "das von allen Völkern Begehrte" (oder Ersehnte) übersetzt werden kann, wurde oft als messianische Prophezeiung verstanden, die von dem Einen spricht, den alle Völker sehnlichst erwarten. Die gebräuchlichen Übersetzungen sprechen allerdings eher von den Kostbarkeiten oder Schätzen der Völker, beziehen die Wendung also auf Dinge und nicht auf eine Person. Die Belege sind jedoch nicht ganz eindeutig, und man kann auch für die Beibehaltung des persönlichen messianischen Bezugs plädieren. Möglicherweise wählte Haggai bewußt einen ambivalenten Begriff, der sowohl den unpersönlichen als auch den persönlichen Bezug ausdrücken konnte(vgl. Herbert Wolf, Haggai and Malachi , S. 34 - 37).



Hag 2,7 c


Der Tempel des Tausendjährigen Reiches ( dies Haus ) wird voll Herrlichkeit sein. Auch das könnte sich auf äußerliche Pracht (vgl. Jes 60,7.13 ) beziehen. An anderer Stelle wird jedoch gesagt, daß die einzige "Herrlichkeit", die den Tempel erfüllen soll, die Herrlichkeit der Gegenwart Gottes ist (vgl. 2Mo 40,34-35; 1Kö 8,10-11 ). Auch wenn damit letztlich Gottes Herrlichkeit im Tempel des Tausendjährigen Reiches gemeint ist (vgl. Hes 43,1-12 ), mag die Wendung in Lk 2,32 durchaus auch Christi körperliche Gegenwart im Tempel bei seinem ersten Kommen implizieren. Simeon sprach von Jesus als dem "Preis deines Volkes Israel".

 

Hag 2,8


Der Herr wird für den Bau des Tempels seine unerschöpflichen Naturschätze ( Silber und Gold ) zur Verfügung stellen, denn er ist es, dem der Reichtum aller Völker letztlich gehört.


Hag 2,9 a


Die Herrlichkeit des wiedererbauten Tempels ( dieses neuen Hauses ), sagt Haggai, werde am Ende größer sein als die des salomonischen Tempels ( des ersten ), da er zur Zeit des Herodes durch die Gegenwart des Messias geschmückt sein wird (vgl. Mt 12,6; Joh 2,13-22 ). (Der herodianische Tempel war in gewissem Sinn die Fortführung des nachexilischen "zweiten" Tempels, kein "dritter" Tempel.) Vollendet wird diese größere Herrlichkeit dann im Tempel des Tausendjährigen Reiches. Durch den Bau des nachexilischen Tempels halfen die Menschen mit bei der Realisierung von Gottes Plan, sich selbst an einem zentralen Ort der Anbetung zu manifestieren: im Tempel Salomos und im künftigen Tempel des Tausendjährigen Reiches. Es ging bei ihrer Arbeit um mehr als um die Errichtung eines Gebäudes: Es war ein geistliches und religiöses Werk, das in Gottes Tausendjährigem Reich vollendet sein würde.



Hag 2,9 b


Die Segnungen des messianischen Zeitalters sind in einem Wort zusammengefaßt - Frieden . Mit " dieser Stätte " ist wahrscheinlich die ganze Stadt Jerusalem, nicht nur der Tempel gemeint. Nur die Gegenwart des Friedefürsten kann Jerusalem dauerhaften Frieden geben (vgl. Jes 9,5; Sach 9,9-10 ).



III. Die dritte Botschaft: Der Urteilsspruch der Priesterschaft als Veranschaulichung des Segens des Gehorsams
(
2,10 - 19 )


A. Die Überschrift
(
2,10 )


Hag 2,10


In der Überschrift der dritten Botschaft wird das Datum des 24. Kislew (18. Dezember) 520 v. Chr. genannt, und wiederum geschah des HERRN Wort zu dem Propheten Haggai . In den zwei Monaten, die seit der zweiten Predigt (V. 1 , "siebenten Monat"; V. 10 , "neunten Monat") vergangen waren, hatte der Prophet Sacharja sein Amt angetreten ( Sach 1,1 ).



B. Der verderbliche Einfluß der Sünde
(
2,11 - 14 )


Hag 2,11-13


Der Herr befahl Haggai: " Frage die Priester nach dem Gesetz ", d. h., er soll eine offizielle, priesterliche Auskunft zu einer Angelegenheit, die die zeremoniellen Vorschriften betrifft, einholen. Haggais Frage zur Übertragung ritueller Heiligkeit beantworten die Priester negativ. Heiliges Fleisch war Fleisch, das für besondere Opfer beiseitegelegt wurde (vgl. 3Mo 6,18; 4Mo 6,20 ). Zwar war das Kleid, das mit solchem Fleisch in Berührung kam, ebenfalls heilig (vgl. 3Mo 6,20 ), doch die Heiligkeit des Kleides konnte nicht auf Brot, Gekochtes, Wein, Öl oder was es für Speise wäre übertragen werden. Das galt jedoch nicht im umgekehrten Fall der rituellen Unreinheit, wie die Antwort der Priester auf Haggais Frage nach der Übertragung ritueller Unreinheit zeigt( Hag 2,13 ). Die Verunreinigung eines Menschen (z. B. durch Berührung eines Tote n) war auf andere Dinge übertragbar wie eine ansteckende Krankheit (vgl. 3Mo 11,28; 22,4-7 ).



Hag 2,14


Haggai bringt die Antwort der Priester in Vers 13 in Zusammenhang mit dem Volk von Juda: durch Ungehorsam wird auch der Opfergottesdienst unrein. Die hier beschworene Unreinheit des Volkes Israel geht wahrscheinlich noch auf die Zeit vor Beginn des Tempelbaus zurück (vgl. Hag 1,2-4 ), da ihr nun die veränderte Situation "von diesem Tage an" gegenübergestellt wird ( Hag 2,15 ).



C. Die Verheißung der gegenwärtigen Segnungen im Gegensatz zu den früheren Züchtigungen
(
2,15 - 19 )


Hag 2,15-17


Haggai fordert die Menschen auf, sich an ihre frühere schlechte wirtschaftliche Lage zu erinnern, in die sie geraten waren, weil sie nicht gehorcht und den Tempel nicht gebaut hatten. Zum dritten Mal von insgesamt fünf Malen ( Hag 1,5.7; Hag 2,15.18 [zweimal]) werden sie aufgerufen - " und jetzt achtet doch darauf " (wörtlich: "verlegt eure Herzen darauf") -, ihren Ungehorsam (bevor sie mit dem Bau begannen) und die Folgen ihrer Sünden einzusehen. Wie schon in Hag 1,6 wird darauf hingewiesen, daß die Ernten sehr schlecht ausfielen. An Getreide brachten sie nur die Hälfte ein ( von zwanzig Maß nur zehn ), und von der Traubenernte blieben sogar nur 40 Prozent (statt fünfzig nur noch zwanzig Eimer Saft in der Kelter ; vgl. Hag 1,10-11; 2,19 ). Wieder übernahm Gott die Verantwortung für diesen Rückgang der Erträge: " Ich plagte euch in all eurer Arbeit " (vgl. Hag 1,9 ,"so blase ich's weg"). Getreidebrand (eine Krankheit des Korns) und Dürre werden in mehreren Textstellen, die von der göttlichen Bestrafung des Ungehorsams handeln, miteinander genannt (vgl. 5Mo 28,22; 1Kön 8,37 ; 2Chr 6,28; Am 4,9 ). Auch von Hagel ist in vielen Passagen über das Gericht die Rede ( 2Mo 9,25; Jes 28,2; 30,30 ). Für eine Agrargesellschaft waren solche Strafen wirtschaftliche Katastrophen, die das Überleben in Frage stellten.

Der Herr erinnert das Volk daran, daß es nicht auf seine Züchtigung reagierte ( dennoch bekehrtet ihr euch nicht zu mir ) wie schon die Generation vor ihm ( Am 4,9 ).



Hag 2,18-19


Nachdem er die Mißernten als Gottes Strafe für Israels Ungehorsam in der Vergangenheit bezeichnet hat, fordert Haggai die Menschen auf, auf die neue, segensreiche Zeit, seit sie mit der Wiedererrichtung des Tempels begonnen haben, zu sehen. " Nun aber achtet doch darauf " (wörtlich: "verlegt eure Herzen darauf"; vgl. Hag 1,5.7; 2,15 ), wie es euch ergehen wird von dem Tag an, da der Tempel des HERRN gegründet ist! Vom Tag der dritten Botschaft an ( vom Tage des neunten Monats an ) sollen sie auf die vergangenen drei Monate davor zurücksehen ("den sechsten Monat"; Hag 1,14-15 ). Die Dürre des göttlichen Gerichts hatte die Ernte schon geschlagen, so daß die Getreidevorräte bereits verbraucht und ihre Scheunen leer waren. Sie hatten weder Grundnahrungsmittel (Korn, oder Trauben und Oliven) noch irgendwelchen Luxus (Feigen und Granatäpfel). Auch darauf sollten sie achten. Doch nun sollte sich alles ändern, denn der Herr versprach: " Von diesem Tage an will ich Segen geben. " Ihr treuer Gehorsam beim Bau des Tempels sollte ihnen den Segen Gottes bringen.



IV. Die vierte Botschaft: Die messianische Prophezeiung über Serubbabel
(
2,20 - 23 )


A. Die Überschrift
(
2,20 - 21 a)


Hag 2,20-21 a


Die letzte Botschaft beginnt abermals mit der Nennung des Propheten, des Datums und des Adressaten. Wie in den früheren Botschaften betont Haggai auch hier, daß er lediglich der Bote des Herrn ist, der des HERRN Wort überbringt. Diese Botschaft geschah zu Haggai an demselben Tage wie die dritte Botschaft,

d. h. am 24. Kislew (dem 18. Dezember) 520 v. Chr. Sie war jedoch nur an Serubbabel, den Statthalter von Juda , gerichtet. Wie die Menschen Ermutigung für den Tempelbau nötig hatten, brauchte vielleicht auch Serubbabel Zuspruch bei der Führung dieser anscheinend so unbedeutenden Gruppe von Juden, die in einer kleinen Ecke des riesigen persischen Reiches lebte.



B. Die Verkündigung der zukünftigen Überwindung der heidnischen Königreiche
(
2,21 b - 22 )


Hag 2,21 b


Haggai sollte Serubbabel verkündigen, daß Gott " Himmel und Erde erschüttern " werde. Wie in der zweiten Botschaft (V. 6 - 7 ) ist das Motiv des Erdbebens ein Zeichen für die göttliche Strafe und leitet das Thema von Gottes Gericht über die heidnischen Nationen ein.



Hag 2,22


Serubbabel erfuhr von Haggai, daß Gott " die Throne der Königreiche umstürzen und die mächtigen Königreiche der Heiden vertilgen " werde. Das erinnert an die Vernichtung der heidnischen Weltmächte in dem großartigen Bild in Daniel 2. Dort sollte das weltweite messianische Königreich die heidnischen Königreiche ablösen ( Dan 2,34-35.44-45 ). Das Umwerfen der Wagen und das Fallen von Roß und Reiter deuten darauf hin, daß dieser Wechsel in der Weltherrschaft sich nicht nur auf der politischen, sondern auch auf der militärischen Ebene abspielen wird. In der Verwirrung der großen Schlacht bei Harmagedon ( Offb 16,16-18 ) bei der zweiten Wiederkunft des Herrn ( Offb 19,11-21 ) werden viele Menschen durch des andern Schwert fallen (vgl. Sach 12,2-9; 14,1-5 ).



C. Die Verkündigung der Wiederherstellung des davidischen Königreichs
(
2,23 )


Hag 2,23


Drei Tatsachen fallen in diesem Vers ins Auge: (a) der Herr wird seine Prophezeiung in der Zukunft, zur selben Zeit (am Tage des Gerichts über die Heiden), erfüllen (vgl. V. 21 - 22 ); (b) der Herr wird Serubbabel wie einen Siegelring halten ; und (c) der Herr hat Serubbabel als Abkömmling der davidischen Linie und damit als Stellvertreter oder Sinnbild des Messias erwählt. Der Titel " mein Knecht " bezeichnet häufig den davidischen König (vgl. die "Lieder vom Gottesknecht" bei Jes 42,1-9; 49,1-13; 50,4-11; 52,13- 53,12 ; und vgl. auch 1Sam 3,18; 1Kö 11,34 ; Hes 34,23-24; 37,24-25 ). Haggais Zeitgenosse Sacharja benutzt den messianischen Titel "Sproß" für Serubbabel ( Sach 3,8; 6,12 ; vgl. Jes 11,1; Jer 23,5-6; 33,14-16 ).

Was dieser Vergleich Serubbabels mit einem "Siegelring" (ein Siegel königlicher Autorität oder persönlichen Besitztums) genau bedeutet, wird klarer an dem Bild in Jer 22,24-25 .Dort sagt Gott, daß er Konja (oder Jojachin, den Großvater Serubbabels), wenn er sein Siegelring wäre, vom Finger ziehen und Nebukadnezar überlassen würde. Möglicherweise wollte Haggai hier sagen, daß Gott den Fluch, den er über Jojachin verhängt hatte, in Serubbabel zurücknahm. Auf alle Fälle bestätigte Serubbabels Stellung in der messianischen Abstammungslinie ( Mt 1,12 ) seine Rolle als Sinnbild des Messias. Da die Worte "zur selben Zeit" auf die noch in der Zukunft liegende Erfüllung im messianischen Zeitalter verweisen, ist die Annahme falsch, daß Serubbabel tatsächlich als der Gesalbte auf Davids Thron in Haggais Zeit herrschen sollte. Ebensowenig sollte die Krönung des Hohepriesters Jeschua ( Sach 3,1-10 ) ein Zeichen seiner Herrschaft über Israel sein. Die Krönung Jeschuas war vielmehr ganz eindeutig ein Symbol für etwas, das erst nochdurch den Messias erfüllt werden muß ( Sach 6,9-15 ). Jeschua verkörperte in Sacharjas Vision sein offizielles Amt als Hoherpriester, nicht eine bestimmte Person. Ebenso war Serubbabel als der "Siegelring" des Herrn ein Stellvertreter des Davidssohnes und sollte nicht selbst, zu seinen Lebzeiten, die Prophezeiung erfüllen, die erst der Messias im Königreich des letzten Sohnes Davids erfüllen wird (vgl. Lk 1,32-33 ). Eine alternative Deutung sieht Serubbabel dagegen neben David als Bevollmächtigter des Herrschers im zukünftigen Tausendjährigen Reich Christi.

Angemessenerweise lauten die letzten Worte in Haggais Buch: " der HERR Zebaoth " (vgl. den Kommentar zu Hag 1,2 ). Der allmächtige Gott des Bundes kann alles, was er durch Haggai versprach, wahrmachen. Der Tempel wird wiedererbaut und mit der Herrlichkeit des Herrn erfüllt werden. Der letzte Sohn Davids wird in Frieden und Gerechtigkeit auf Erden herrschen. Deshalb soll das Volk Gottes jetzt der Aufgabe, zu der Haggai es berief, treu sein.



BIBLIOGRAPHIE


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