Nach
Hos 1,1 ist der Autor dieser
Weissagungen Hosea, der Sohn von Beeri.
Manche Theologen schreiben Teile des
Buches jedoch späteren Autoren zu. Nach
diesen Theologen ist die gegenwärtige
Form des Buches Hosea das Ergebnis einer
Art evolutionären Prozesses, während das
ursprüngliche Material von Hosea
überarbeitet und ergänzt worden sein
soll (vgl. z. B. William Rainey Harper,
A Critical and Exegetical Commentary on
Amos and Hosea ; S. clix-clxii; Hans
Walter Wolff,
Hosea ; S: xxix-xxxii). Vor allem
die Erwähnungen Judas und Parallelen in
Sprache und Theologie zu 5.Mose werden
als Gründe für eine solche redaktionelle
Bearbeitung des Buches angegeben. Aber
es besteht keinerlei Grund, die
judäischen Abschnitte nicht ebenfalls
Hosea zuzuschreiben. Zwar geht es ihm im
wesentlichen um das Nordreich, aber
letztlich spricht seine Botschaft doch
von dem ganzen Volk Gottes. Auch andere
Propheten des achten Jahrhunderts v.
Chr. haben wie Hosea in ihren
Weissagungen zu beiden Reichen
gesprochen (eine ausführliche
Besprechung der judäischen Abschnitte in
Hosea findet sich bei R. K. Harrison,
Introduction to the Old Testament .
Grand Rapids: Wm. B. Eerdmans Publishing
Co., 1969, S. 868 - 870). Die Parallelen
zwischen Hosea und 5.Mose machen
keinerlei Probleme, wenn 5.Mose, wie
dies sicher der Fall ist, vor Hosea und
nicht nach ihm abgefaßt worden ist.
Hosea
Datierung
Hoseas Dienst umfaßt mehrere Jahrzehnte,
etwa von dem Ende der Herrschaft Usijas
von Juda (ca. 790 - 739 v. Chr.) und
Jerobeams II. von Israel (ca. 793 - 753
v. Chr.) bis in die frühen Jahre der
Herrschaft Hiskias. Dessen
Regierungszeit begann um 715 v. Chr.,
nachdem er zunächst eine Zeitlang neben
seinem Vater Ahas Mitregent gewesen war.
Da die Zuhörerschaft Hoseas im
wesentlichen aus dem Nordreich Israel
bestand, klingt es seltsam, daß in
Hos 1,1 vier Könige Judas, aber nur
ein König Israels genannt werden. Warum
Hosea die sechs Könige nach Jerobeam II.
weggelassen hat, ist nicht bekannt.
Vielleicht wollte er auf diese Weise
zeigen, daß die davidische
Königsherrschaft (vgl.
Hos 3,5 ) von Gott bestätigt ist, im
Gegensatz zu der Unstabilität und
Uneinheitlichkeit der Könige des
Nordreiches (vgl.
Hos 7,3-7 ).
Hosea
Zweck und Botschaft
Der Hauptzweck der Weissagung Hoseas
muß, ähnlich wie bei seinen Zeitgenossen
Amos, Jesaja und Micha, vor dem
Hintergrund der Botschaft und Theologie
von 5.Mose gesehen werden. Dort sind die
Bundesverpflichtungen des Bundes
zwischen Gott und Israel festgehalten.
Israel hatte die Aufgabe, dem Herrn treu
zu bleiben, ihn alleine anzubeten und
seinen Befehlen gehorsam zu sein. Der
Gehorsam gegen diesen Bund würde zum
Segen führen (vgl.
5Mo 28,1-14 ), der Ungehorsam
dagegen das Gericht und schließlich das
Exil mit sich bringen (vgl. den Fluch in
5Mo 28,15-68 ). Hoseas Aufgabe als
Prophet war, den Bundesbruch des Volkes
darzulegen und zu zeigen, daß Gott den
Fluch des Bundes durchführen werde.
Zugleich versicherte Hosea aber auch die
Verheißungen von 5.Mose über die
letztliche Wiederherstellung Israels
(vgl.
5Mo 30,1-10 ).
Die Hauptthemen der Botschaft Hoseas
lassen sich in drei Stichworten
zusammenfassen: Sünde, Gericht und Heil.
Wenn Hosea von der Sünde Israels
spricht, betont er vor allem dessen
Götzendienst (z. B.
Hos 4,17; 8,4.6; 10,5; 11,2; 13,2 ).
Er verglich Israels Bundesverhältnis zu
dem Herrn mit einer Ehe und klagte
Israel (die "Frau" des Herrn) des
geistlichen Ehebruches an. Israel hatte
sich Baal zugewandt, dem kanaanitischen
Sturm- und Fruchtbarkeitsgott (vgl.
Hos 2,10.15; 11,2; 13,1 ). Damit
wollte es die landwirtschaftliche und
menschliche Fruchtbarkeit fördern. Um
die Untreue Israels deutlich zu machen,
mußte Hosea eine Frau heiraten, die sich
wie das Volk ihrem Ehemann gegenüber
untreu erwies. Noch viele anderen Sünden
werden im Buch Hosea angesprochen, so z.
B. die soziale Ungerechtigkeit (
Hos 12,8 ), Gewaltverbrechen (
Hos 4,2; 6,9; 12,2 ), religiöse
Heuchelei (
Hos 6,6 ), politische Revolten (
Hos 7,3-7 ), Bündnisse mit fremden
Völkern (
Hos 7,11; 8,9 ), selbstsüchtiger
Hochmut (
Hos 13,6 ) und geistliche
Undankbarkeit (
Hos 7,15 ).
Obwohl die Weissagungen Hoseas auch
Aufrufe zur Umkehr enthalten, erwartete
er offenbar keine positive Reaktion
darauf. Das Gericht war unausweichlich
geworden. Der Herr würde die Flüche des
Bundes ausführen, und das Volk würde
Unfruchtbarkeit, militärische Eroberung
und das Exil erleben. Mehrere Male
betonte Hosea die Gerechtigkeit Gottes,
indem er zeigte, daß seine göttliche
Strafe der Schuld Israels genau
angemessen war.
Aber dennoch wird der Herr Israel nicht
völlig verwerfen. Trotz der Schwere des
Gerichts ist es doch ein erzieherisches
Gericht, das Israel wieder zu Gott
zurückführen soll. Hoseas eigene
Versöhnung mit seiner Frau spricht
bildlich von dieser letzten
Wiederherstellung Israels. Diese
positive Ausrichtung wird auch durch die
Struktur des Buches Hosea deutlich. Man
kann darin fünf Kreise von Gericht und
Heil finden:
II. Hoseas Erfahrung: Ein bild des
Handelns Gottes mit Israel (
1,2-3,5
)
A. Der Symbolismus des Familie
Hoseas (
1,2-2,3 )
1. Hoseas Ehe: Israels Untreue
(
1,2-3 a)
2. Hoseas Kinder: Israels
Gericht (
1,3 b.
4-9 )
3. Die Symbolik wird umgedreht
(
2,1-2,3 )
B. Die Wiederherstellung durch das
Gericht (
2,4-25 )
1. Die Strafe des Herrn über
Israel (
2,4-15 )
2. Die Wiederherstellung von
Israel (
2,16-25 )
C. Die Wiederherstellung der Ehe
Hoseas (
Kap. 3 )
1. Der göttliche Befehl (
3,1 )
2. Hoseas gehorsame Antwort (
3,2-3 )
3. Das Bild wird erklärt (
3,4-5 )
III. Hoseas botschaft: Gottes Gericht
und die Wiederherschtellung Israels (
Kap. 4-14
)
A. Die Anklage des Herrn gegen
Israel (
4,1-6,3 )
1. Israels Schuld wird
aufgedeckt (
Kap. 4 )
2. Israels Gericht wird
verkündigt (
5,1-14 )
3. Israels Erneuerung wird
angekündigt (
5,15-6,3 )
B. Die Anklage des Herrn gegen
Israel wird erweitert (
6,4-11,11 )
1. Israels Schuld und Strafe (
6,4-8,14 )
2. Israels Schuld und Strafe
wird wiederhold (
9,1-11,7 )
3. Die Barmherzigkeit des
Herrn (
11,8-11 )
C. Die Anklage des Herrn gegen
Israel wird zu Ende geführt (
12,1-14,10 )
1. Eine abschließende Anklage
(
12,1-14,1 )
2. Eine abschließende
Ermahnung (
14,2-10 )
Im Hebräischen ist der Name
Hosea ("Rettung") gleichlautend mit
Hoschea, dem letzten König Israels (
2Kö 17,1 ). Hoschea war auch der
ursprüngliche Name von Josua (
4Mo 13,8.16 ). Über den familiären
Hintergrund von Hosea wissen wir nur,
daß er ein
Sohn von Beeri war.
Hoseas Dienst erstreckte sich über
mehrere Jahrzehnte in der zweiten Hälfte
des achten Jahrhunderts v. Chr. Vier
Könige von Juda (
Usija, Jotam, Ahas und Hiskia )
regierten zu der Zeit, während der Hosea
als Prophet wirkte. Nur ein König des
Nordreiches,
Jerobeam II ., wird im Verlauf der
Botschaften Hoseas erwähnt, obwohl diese
sich im wesentlichen an das Nordreich
wenden. Sechs Könige
von Israel folgten auf Jerobeam II.
während der Regierungszeit der vier oben
genannten judäischen Könige. Vielleicht
hat Hosea diese sechs ausgelassen (wie
unter "Datierung" in der
Einführung erwähnt), um die
Berechtigung der davidischen Dynastie in
Juda deutlich zu machen.
Hosea
II. Hoseas Erfahrung: Ein Bild des
Handelns Gottes mit Israel
(
1,2-3,5
)
Die Botschaft der ersten drei Kapitel
(und des ganzen Buches) wechselt
zwischen Gericht und Heil. Hoseas
Erfahrungen in der Ehe, zu denen vor
allem das Leid durch die Untreue seiner
Frau und die Freude der erneuerten
Gemeinschaft gehören, bilden den Rahmen
für diese Botschaft.
Dieser einleitende Abschnitt macht die
Hauptthemen der gesamten Weissagung
deutlich: Israels Untreue, die Gewißheit
des Gerichtes und die letztliche
Wiederherstellung der Nation. Diese
Themen werden durch den Befehl des Herrn
an Hosea, zu heiraten und Kinder zu
haben, eingeleitet.
Am Beginn der Wirksamkeit Hoseas befahl
der Herr ihm, eine ehebrecherische Frau
zu heiraten. Dieses Verhältnis, das
durch die Untreue auf seiten der Frau
gekennzeichnet ist, sollte die Untreue
Israels gegenüber dessen
Bundesverhältnis mit dem Herrn deutlich
machen (vgl.
Hos 2,4-25 ). Hosea war diesem
Befehl Gottes gehorsam und
heiratete Gomer, eine Tochter von
Diblajim .
Die Umstände der Heirat Hoseas haben
schon zu vielen Diskussionen geführt.
Manche Ausleger glauben, daß diese Ehe
nur visionär oder allegorisch, nicht
aber tatsächlich zu verstehen sei. Auf
diese Weise möchte man der angeblichen
moralischen Schwierigkeit eines heiligen
Gottes, der seinem Diener befiehlt, eine
Frau zu heiraten, die als Ehebrecherin
verrufen ist, aus dem Wege gehen. Aber
der Bericht in Hosea ist durch und durch
Erzählung, kein Bericht einer Vision
oder eines rein symbolischen Aktes (vgl.
Hos 3 ). Der Herr hat manchmal von
seinen Propheten verlangt, Dinge zu tun,
die viele als jenseits ihrer Aufgaben
und Verpflichtungen ansehen würden (vgl.
z. B.
Jes 20,1-4; Hes 4,1- Hes 5,4 ).
Die Ausleger, die von einer wörtlich zu
verstehenden Ehe ausgehen, sind sich
nicht einig darüber, welchen Status
Gomer hatte, bevor Hosea sie heiratete.
Manche glauben, daß Gomer eine
Prostituierte gewesen sei, bevor sie
heiratete. Eine Modifikation dieser
Sicht ist, daß sie eine typische junge
Israelitin war, die an einem
kanaanitischen Ritus der sexuellen
Einweihung in der Vorbereitung auf die
Ehe teilgenommen hatte (Wolff,
Hosea , S. 14-15). Andere denken,
daß Gomer vor ihrer Eheschließung
sexuell rein gewesen sei, später aber
zur Hure wurde. Das Buch Hosea selbst
gibt uns nicht genügend Informationen
über die vorehelichen sexuellen
Verhältnisse Gomers. Der Ausdruck
"ehebrecherische Frau" (wörtl.: "Frau
des Ehebruches") beschreibt nicht ihren
Zustand zu Beginn der Ehe, sondern
charakterisiert ihre Untreue. Wir können
also über den Zustand Gomers bei ihrer
Eheschließung nichts aussagen.
Sowohl die Sprache von
Hos 1,2 als auch der folgende
Kontext schließen sich hier an. Der
Ausdruck ist anderen hebräischen
Formulierungen ähnlich, die von dem
Charakter einer verheirateten Frau reden
(z. B. "Frau seiner Jugend", "eine
zänkische Frau" [wörtl.: "eine Frau des
Zankes"], "eine Frau von edlem
Charakter"; zu diesen und anderen
Beispielen siehe Francis I. Andersen und
David Noel Freedman,
Hosea: A New Translation, Introduction
and Commentary , S. 159). Das
hebräische Wort
z+nUnIm
(hier übers.:
"ehebrecherisch") spricht an anderen
Stellen im Buch Hosea von Israels Tun
unter dem Bild einer verheirateten Frau
(vgl.
Hos 2,4.6; 4,12; 5,4 ). Auch der
folgende Kontext (
Hos 1,2 b;
Hos 2,4-3,5 ) redet von der Untreue,
die sowohl von der Ehefrau des Herrn als
auch der Hoseas gilt, nicht von dem, was
die Bräute vor ihrer Ehe getan haben.
Der Befehl des Herrn sollte also
vermutlich so verstanden werden: "Geh
und nimm dir eine Frau, die sich als
untreu erweisen wird."
Der Herr sagte Hosea auch, daß er sich
Kinder der Untreue nehmen solle.
Hier ist nicht von Kindern die Rede, die
Gomer vor ihrer Ehe mit Hosea von einem
anderen Mann bekommen hätte. Der
hebräische Ausdruck ist elliptisch,
wobei das zweite Verb ausgefallen ist.
Der Befehl könnte so umschrieben werden:
"Geh, nimm dir eine ehebrecherische Frau
und habe mit ihr Kinder der Untreue."
Die Kinder sind die in
Hos 1,3-9 erwähnten. "Untreue" muß
nicht unbedingt bedeuten, daß sie die
Folgen des ehebrecherischen Tuns von
Gomer sind. Daß Hosea in
Vers 6 und
8 nicht ausdrücklich als Vater
erwähnt ist, macht diesen Schluß noch
nicht zwingend. In
1Mo 29,32-35 wird der gleiche
Ausdruck, der in
Hos 1,6.8 erscheint ("sie empfing
wieder und gebar"), ebenfalls ohne
Erwähnung des Vaters (Jakob) benutzt, da
er durch den Kontext als Vater eindeutig
identifiziert ist (wie bei Hosea, V.
3 ; vgl. Andersen und Freedman,
Hosea , S. 168). "Kinder der
Untreue" kann auch einfach bedeuten, daß
sie in dem Gesamtzusammenhang (aber
nicht als direkte Folge) der Untreue
Gomers geboren wurden. Es geht bei
diesem Ausdruck um den Charakter der
Mutter, nicht um den der Kinder.
Andersen und Freedman verstehen ihn
elliptisch: "Kinder (von einer Frau) der
Untreue" (
Hosea , S. 168). Er ist anderen
hebräische Formulierungen ähnlich, in
denen der Ausdruck im wesentlichen den
Charakter der Eltern, nicht den der
Kinder, meint (vgl.
b+nL hann+ZUrIm
, wörtl.: "Söhne
der Jugend", d. h. "Söhne, die jungen
Eltern geboren wurden";
Ps 127,4 ; und
ben z+qVnIm
, wörtl.: "Sohn des
Alters", d. h. "ein Sohn, der alten
Eltern geboren wurde";
1Mo 37,3 ).
In
Hos 1,2 ist
das Land , das für die, die in ihm
leben, steht (vgl.
Hos 4,1 ), als Frau personifiziert,
die
schuldig der niederträchtigsten Hurerei
ist . Dieser hebräische Ausdruck ist
sehr betont. Er macht das Ausmaß
deutlich, mit dem sich Israel
von dem HERRN entfernt hat.
Die von Gott ausgewählten Namen der drei
Kinder Hoseas dienten zur Erinnerung an
das zerbrochene Verhältnis zwischen dem
Herrn und Israel und weisen auf das
Gericht voraus. Jeder der Abschnitte
über die Kinder (V.
3 b.
4-5.6-7.8-9 ) enthält eine kurze
Notiz über deren Geburt (V.
3 b.
6 a.
8 ), eine göttliche Anweisung
bezüglich des Namens der Kinder (V.
4 a.
6 b.
9 a) und eine göttliche Erläuterung
des Namens (V.
4 b.
5.6 b.
9 b). Gottes Worte (V.
7 ) nehmen einen besonderen
Stellenwert ein, denn sie machen das
Wesen des angekündigten Gerichtes aus
Vers 6 deutlich.
Das erste Kind (
ein Sohn ) wurde Jesreel genannt.
Hier liegt die Bedeutsamkeit des Namens
nicht in seiner Bedeutung ("Gott sät"),
sondern in der Assoziation des Namens
mit vergangenen und zukünftigen
Ereignissen an dem Ort Jesreel (vgl.
jedoch V.
11 ;
Hos 2,24-25 ).
Jesreel war der Ort von Jehus grausamem
Massaker am Haus Ahabs (
Hos 1,4 ; vgl.
2Kö 9-10 ). In der Zukunft wird es
der Ort sein, an dem Israel militärisch
vernichtet werden wird (
Hos 1,5 ).
Der Grund für das kommende Gericht über
das Geschlecht (wörtl.:
Haus ) Jehus ist
das Massaker (wörtl.: "Blutschuld")
von Jesreel (ca. 841 v. Chr.). Jehu
hatte dort Isebel und die Nachkommen
Ahabs ermorden lassen, so wie Elia es
vorausgesagt (
1Kö 21,21-24 ), Elisa es angeordnet
(
2Kö 9,6-10 ) und der Herr selbst es
gelobt (
2Kö 10,30 ) hatte. Viele meinen, daß
die Haltung Gottes, die in
Hos 1,4 zum Ausdruck kommt, den
Berichten aus 1. und 2. Könige
widerspricht. Aber wenn man die
historischen Berichte genauer
untersucht, wird die Lösung dieses
Problems deutlich.
Jehu tötete auch Joram (
2Kö 9,24 ), Ahasja, den König von
Juda (
2Kö 9,27-28 ), 42 der Verwandten
Ahasjas (
2Kö 10,12-14 ) und mehrere Diener
des Baalskultes (
2Kö 10,18-28 ). Diese Ermordung der
Baalspriester war zwar sicher nach dem
Willen des Herrn (vgl.
1Kö 18,40 ), aber Jehus Angriff auf
das Haus David ging zu weit. Trotz der
Tatsache, daß Ahasjas Ermordung auch als
Teil der Vorsehung Gottes anzusehen ist
(
2Chr 22,7 ), zeigt sie doch die
fehlende Ehrfurcht vor den Befehlen
Gottes. Diese fehlende Ehrfurcht wurde
schließlich auch noch in anderer Weise
deutlich (vgl.
2Kö 10,29-31 ).
Hos 1,4 spricht also vermutlich von
der Ermordung Ahasjas und seiner
Verwandten. Obwohl ihr Tod nicht in
Jesreel selbst geschah (vgl.
2Kö 9,27; 10,12-14 ), kann er
dennoch als Teil dessen angesehen
werden, was an diesem Ort geschehen war.
Die Erfüllung dieser Weissagung geschah
752 v. Chr., als Schallum Secharja, den
vierten Nachkommen Jehus, auf dem Thron
über das Nordreich, ermordete (
2Kö 15,10 ) und dadurch die Dynastie
Jehus für immer beendete.
Gott sagt Hosea, daß der Untergang der
Dynastie Jehus durch den Niedergang des
Nordreiches begleitet sein wird. Der
Herr wird seine Gerechtigkeit zeigen,
indem er Israels Bogen in dem Tal von
Jesreel zerbrechen wird, dem Ort der
Sünde Jehus. Das Zerbrechen eines Bogens
spricht von der Zerstörung der
militärischen Macht des Volkes (vgl.
1Sam 2,4; Ps 46,10; Jer 49,35 ).
Die allgemeine Erfüllung dieser
Weissagung geschah 734 - 722 v. Chr.,
als die Assyrer Israel überrannten und
zu einer Provinz in ihrem Weltreich
machten (
2Kö 15,29; 17,3-5 ). Die Ebene
Jesreel wurde 733 v. Chr. durch
Tiglat-Pileser III. erobert. Dieses
breite Tal, das unter Gideon der Ort
eines großen miltitärischen Sieges
gewesen war (
Ri 6,33;7 ), wurde zu einem Symbol
der nationalen Schande und Niederlage,
so wie es nach dem Tod Sauls schon
einmal gewesen war (
1Sam 29,1.11;31 ).
Das zweite Kind erhielt den Namen
Lo-Ruhama , was bedeutet "sie ist
nicht geliebt". Ihr Name zeigt, daß die
Liebe Gottes zu Israel für eine
bestimmte Zeit aufhören wird. "Ruhama"
kommt von dem Verb
rAHam
, was von zärtlichen
Gefühlen des Mitleids spricht, so wie
Eltern gegenüber einem Kind empfinden
(vgl.
1Kö 3,26; Ps 103,13; Jes 49,15 )
oder ein Mann für seinen jüngeren Bruder
(vgl.
1Mo 43,30 ). Am Sinai hatte Gott
sich selbst (
2Mo 34,6 ) als "der barmherzige ...
Gott" (
?El raHUm
) bezeichnet, der gerne
Schuld vergibt (
2Mo 34,6 ). Aber trotz seines
barmherzigen Wesens wird eine Zeit
kommen, wenn er nicht mehr länger "den
Schuldigen unbestraft lassen" wird (
2Mo 34,7 ). Diese Zeit ist nun für
das Nordreich gekommen.
Das Licht der Gnade Gottes scheint
jedoch auch durch das bevorstehende
Gericht hindurch.
Juda , das Südreich, wird, im
Gegensatz zu Israel, die Liebe des Herrn
in Form der Befreiung vor den Assyrern
erfahren. Dies wird nicht durch
menschliche, militärische Macht
geschehen (durch
Bogen, Schwert usw. gekennzeichnet),
sondern durch das Eingreifen des Herrn.
Diese Verheißung wurde 701 v. Chr.
erfüllt, als Gott 185 000 feindliche
Soldaten im mächtigen assyrischen Heer
in einer Nacht tötete und so dessen
Kriegsführung gegen Juda beendete (
2Kö 19,32-36 ).
Das dritte Kind, ein
Sohn , wurde
Lo-Ammi genannt, was "
nicht mein Volk " bedeutet. In der
Bundesformel hatte Gott erklärt: "Ich
werde unter dir wandeln und werde dein
Gott sein, und du wirst mein Volk sein"
(
3Mo 26,12 ; vgl.
2Mo 6,7; 5Mo 26,17-18 ). Aber nun
wird dieses Verhältnis geändert. Der
letzte Teil aus
Hos 1,9 (
Ich bin nicht dein Gott ) heißt
wörtlich übersetzt: "und ich [bin] nicht
Ich bin (
?ehyeh
) für dich." Diese Aussage
spielt vermutlich auf Gottes Worte zu
Mose an: "Ich bin (
?ehyeh
), der ich bin (
?ehyeh
)" (
2Mo 3,14 ). "Ich bin", was mit dem
Gottesnamen Jahwe eng verwandt ist,
weist auf den
Bundesgott Israels hin, der über
seinem Volk wacht und es befreit (vgl.
2Mo 3,16-17 ). Durch Lo-Ammi jedoch
zeigte Gott, daß Israel seine besondere,
rettende Gegenwart nicht mehr länger
erfahren würde.
Mit einer bemerkenswerten Veränderung
des Tons erklärte Gott nun, daß die
Folgen des Gerichtes eines Tages wieder
umgekehrt werden. Er verhieß eine Zeit
des reichen Segens, der von der
Wiederherstellung der Bundesgemeinschaft
und der nationalen Einheit begleitet
sein würde.
Trotz des Niederganges des Nordreiches
(V.
4-5 ) werden die Israeliten wieder
wie der Sand am Meeresufer sein.
Gott wird seine unwiderrufliche
Verheißung an Abraham erfüllen (
1Mo 22,17; 32,13 ). An dem gleichen
Ort, an dem Israel die Worte "
nicht mein Volk " gehört hat (vgl.
Hos 1,9 ), wird es Söhne des
lebendigen Gottes
genannt werden . Die Sohnschaft
weist auf die Erneuerung des
Bundesverhältnisses hin, das mit dem
Bild einer Familie umschrieben wird
(vgl.
Hos 2,3-7 ). Der göttliche Titel
"lebendiger Gott" wird in
Jos 3,10 im Blick auf die mächtige
Gegenwart des Herrn bei Israel während
der Eroberung des Landes benutzt. In der
Zukunft, wenn Israel das verheißene Land
zum zweiten Mal einnehmen wird, wird es
erneut erfahren, was eine Beziehung zu
dem lebendigen Gott bedeutet.
Zur Zeit der nationalen Erneuerung
werden die beiden Reiche (
Juda und Israel ), die unter Salomos
Sohn Rehabeam geteilt worden waren (
1Kö 12 ),
wieder vereinigt werden unter
einem Führer (vgl.
Hes 37,22 ), dem idealen davidischen
Herrscher des Königreichs-Zeitalters
(vgl.
Hos 3,5; Jes 9,6-7; Am 9,11; Mi 5,2 ). Die Verheißung des ewigen Thrones an
David wird erfüllt werden (vgl.
1Sam 7,11 b.
12-16 ).
Die vereinigte Nation
wird aus dem Land heraufziehen .
Diese Aussage könnte von einer Rückkehr
aus dem Exil sprechen, wobei das "Land"
Ägypten wäre (vgl.
Hos 2,15 ), ein Symbol für die
zukünftigen Orte des Exils (vgl.
Hos 8,13; 9,3.6; 11,5; 5Mo 28,68 ).
Allerdings bezieht sich "Land" (
?ereQ
) sonst im Buch Hosea
entweder auf das Land Israel (vgl.
Hos 1,2; 2,20.25; 4,1.3 ) oder im
wörtlichen Sinne auf die Bodenoberfläche
(vgl.
Hos 2,23-24; 6,3 ), wenn es mit dem
bestimmten Artikel und ohne nähere
geographische Bezeichnung benutzt wird.
Wenn das Land Ägypten gemeint ist, wird
es ausdrücklich so bezeichnet (
Hos 2,17; 7,11.16; 8,13; 9,3.6;
11,1.5.11; 12,2.10.14;13,4 ). So ist
es wohl besser, diesen Ausdruck hier als
einen Vergleich zwischen Israel und
einer Pflanze, die aus dem Boden
hervorwächst, zu verstehen. "Land" kann
sich auf den Boden beziehen (wie oben
gesagt), und "aufkommen" (
ZAlCh
) wird sonst von einer
Pflanze benutzt, die aus der Erde
herauswächst (vgl. "aufwachsen",
Hos 10,8 ; "wachsen",
5Mo 29,22 ). Auch der folgende
Kontext stützt diese Deutung. Nach
Hos 2,25 verheißt der Herr, daß er
das Volk im Land "pflanzen" wird (
zAraZ
, das gleiche Wort wie im
Namen Jesreel), wie jemand den Samen auf
den Boden sät (vgl.
Hos 2,24 ,wo der Name Jesreel, "Gott
sät", vorkommt). Weil der Herr selbst
derjenige ist, der sät, wird Israel
mächtig sprossen und emporwachsen.
Der Tag Jesreels spricht vermutlich
von der Zeit, wenn Gott sein Volk in das
Land zurückbringen wird. Wenn dies so
ist, steht an dieser Stelle die
wörtliche Übersetzung von Jesreel ("Gott
sät") im Vordergrund. Ebenso ist
wahrscheinlich, daß auch Gideons Sieg
über die Midianiter im Tal Jesreel
angedeutet wird (
Ri 7 ). Der Tag der
Wiederherstellung des Volkes wird durch
einen großen militärischen Triumph
kommen, ähnlich dem von Gideon (vgl.
Jes 9,3-6 ; siehe auch
Jes 41,8-16; Am 9,11-12; Joe 4,9-17 ). Alle, die sich der theokratischen
Herrschaft Gottes durch den
messianischen König widersetzen, werden
besiegt (vgl.
Offb 19,11-21 ). Die Größe dieses
eschatologischen "Tages von Jesreel"
wird die Schande und Niederlage Israels
durch die Hand der Assyrer wieder
aufwiegen (vgl.
Hos 1,5 ).
Diese Worte werden zu einem Teil der
zurückgeführten Nation der Zukunft
gesprochen (vgl. V.
23 ), die als eine Gruppe von
Kindern bezeichnet wird. Ihnen wird
gesagt, daß sie ihren
Brüdern und
Schwestern (den anderen Israeliten)
verkündigen sollen, daß das zerbrochene
Verhältnis mit dem Herrn wieder erneuert
worden ist. Der Herr nennt sie
mein Volk (
ZammI
; vgl.
Hos 1,9 ) und
meine Geliebte (
rVHAmCh
; vgl.
Hos 1,6 ). Lange vor Hosea hat Mose
bereits eine solche Veränderung in der
Haltung Gottes vorausgesagt (
5Mo 30,1-9 ). Nachdem er das
kommende Exil des Volkes beschrieben hat
(
2Mo 30,1 ), verhieß Mose, daß dessen
Umkehr zu einer Erneuerung der
Barmherzigkeit Gottes (
2Mo 30,2-3
rAHam
) und zur Rückkehr in das
verheißene Land (
5Mo 30,4-9 ) führen wird. Lange nach
Hosea war es Paulus, der ebenfalls diese
Zeit der Erneuerung Israels voraussah (
Röm 11,25-32 ).
Hos 1,10-2,3
enthält also eine wunderbare Weissagung
über die zukünftige Erneuerung Israels,
wenn die Folgen des Gerichtes Gottes
vollkommen umgekehrt werden. Das Volk,
das die Niederlage von Jesreel erlitten
hat und "nicht geliebt" und "nicht mein
Volk" genannt worden war, wird an dem
großen "Tag von Jesreel" teilnehmen und
hören, wie der Herr es "mein Volk" und
"Geliebte" nennt. Die Bundesverheißungen
an Abraham (bezüglich der zahllosen
Nachkommen) und an David (bezüglich des
ewigen Königtums) werden erfüllt werden,
wenn das Bundesverhältnis, wie Mose es
vorausgesagt hat, wieder erneuert worden
ist.
Hosea
B. Die Wiederherstellung durch das
Gericht
(
2,4 - 25
)
Hoseas Verhältnis zu Gomer sollte die
Erfahrung des Herrn, der von seinem
Bundesvolk Israel verworfen worden war,
widerspiegeln (vgl.
Hos 1,2 ). In
Hos2,4-25 beschreibt der Herr diese
Verwerfung im einzelnen. Er vergleicht
Israel mit einer untreuen Frau, die
ihren Liebhabern hinterherläuft. Gott
macht dadurch die Schuld des Volkes
deutlich und kündigt das kommende
Gericht an. Dieses Gericht wird jedoch
nicht endgültig sein, denn Gott möchte
Israel zurückführen und das zerbrochene
Bundesverhältnis wieder erneuern. Dieser
Abschnitt wechselt also, wie der
vorhergehende auch (
Hos 1,2-2,3 ), vom Gericht (
Hos 2,4-15 ) zum Heil (
Hos 2,16-25 und
Hos 3 ) über.
Zu diesem Abschnitt gehört eine
einleitende Aufforderung (V.
4 a), ein Aufruf zur Umkehr (V.
4 b), gefolgt von einer Androhung
der Strafe (V.
5 - 6 ) und zwei Gerichtssprüchen
(V.
7-9.10-15 ), von denen jeder eine
Anklage (V.
7.10 ) und eine Ankündigung der
Strafe enthält (V.
8-9.11-15 ).
Dieser Abschnitt beginnt mit einem Ruf
Gottes, eine Anklage gegen Israel
vorzubringen. Das Bundesverhältnis wird
mit einer Ehe verglichen, wobei Gott der
Mann und Israel die Frau ist. Die
Kinder, zu denen gesprochen wird (vgl.
eure Mutter ), stellen wohl nicht
eine bestimmte Gruppe in Israel dar.
Vielmehr stehen sie hier aus
rhetorischen Gründen. Sie unterstreichen
den Realismus des vorgebrachten Bildes.
Das Wort, das in manchen Übersetzungen
mit
Tadel wiedergegeben wird (
rIB ), steht hier für eine
förmliche Gerichtsanklage. Ein damit
verwandtes Wort meint häufig eine
Gerichtsverhandlung (vgl.
2Mo 23,2-3.6 ). In
Hos 4,1 wird das gleiche Wort mit
"Anklage" übersetzt. Der Grund für diese
Anklage ist das zerstörte Verhältnis
zwischen den Bundespartnern. Der Herr,
der hier als Ehemann auftritt, dem
großes Unrecht getan wurde, erklärt:
Sie ist nicht meine Frau, und ich bin
nicht ihr Mann . Manche Ausleger
haben hierin eine förmliche Erklärung
einer Ehescheidung gesehen, was aber vom
Zusammenhang her unwahrscheinlich ist.
Das eigentliche Vorhaben Gottes war ja,
das Verhältnis wieder zu heilen, nicht,
es zu beenden (vgl.
Hos 2,4 b.
Hos 2,8-9.16-25 ). Diese Aussage ist
also vermutlich die Feststellung, daß
"in dem Verhältnis nichts Echtes mehr
vorhanden ist" (Derek Kidner,
Love to the Loveless , S. 27). Die
Frau des Herrn hat durch ihr untreues
Verhalten im Grunde das Verhältnis zu
ihrem Ehemann zerstört.
Statt aber nun sein gesetzliches Recht
zu verlangen und seine Frau töten zu
lassen (vgl.
3Mo 20,10; 5Mo 22,22 ), erläßt Gott
einen Aufruf zur Umkehr und ermahnt das
Volk dringend, sein
ehebrecherisches Verhalten sein zu
lassen (
Hos 2,4 b).
Der Appell des Herrn (V.
4 b) wird noch durch eine ernste
Drohung mit drei feierlichen Warnungen
an Israel verbunden (
ich werde erscheint in V.
5 - 6 dreimal). Als erstes droht der
Herr, daß er sie
nackt ausziehen und sie so zu einem
Objekt der Schande und des Hohns machen
wird (vgl. V.
12 ;
Hes 16,35-43 ). Die Strafe paßt zu
der Sünde. Sie, die ihre Nacktheit vor
ihren Liebhabern aufgedeckt hat, wird
nun öffentlich bloßgestellt, so daß alle
es sehen können. Dieser öffentliche Akt
ging damals offenbar der Vollstreckung
eines Todesurteils für Ehebruch voraus
(vgl.
Hes 16,38-40 ).
Als zweites droht der Herr, sie
wie eine trockene Wüste zu machen ,
ohne Wasser (vgl.
sie mit Durst schlagen ), unfähig,
Leben zu schaffen oder zu erhalten. Alle
Fruchtbarkeit wird entfernt werden.
Wieder ist die Strafe dem Vergehen
angemessen. Sie, die sich auf verbotene
Weise sexuell betätigt hat, wird nun
unfähig, Kinder zu bekommen.
Die dritte Drohung ist die Verwerfung
der Kinder der Frau. Der Grund dafür
ist, daß
sie Kinder der Hurerei sind. Damit
könnte gemeint sein, daß sie die
Ergebnisse der verbotenen Beziehungen
ihrer Mutter sind. Aber vielleicht ist
auch nur gemeint, daß die Kinder mit
Schande bedeckt sind, weil sie von solch
einer Mutter abstammen (vgl. V.
7 und die Anmerkungen zu
Hos 1,2 ). Jedenfalls kündigt der
Herr an, daß sie seine
Liebe (
rAHam
; vgl.
Hos 1,6-8; 2,3 ) nicht empfangen
werden. Sie werden abgelehnt und zu
Waisen werden. Auf diese Weise wird jede
Erinnerung an das Verhältnis zu ihrer
Mutter ausgelöscht.
Die harte Strafe, die in Vers
3-4 angedroht wird, scheint eine
völlige Beendigung der Ehe
vorauszusetzen. Die abtrünnige Frau
würde getötet und ihre Kinder abgelehnt
werden. Aber der Kontext macht sehr
deutlich, daß dies nicht der Fall ist.
Die gleiche Unstimmigkeit finden wir
auch in
Hes 16 ,wo Israel als Hure getötet
wird (
Hes 16,35-42 ), nur um schließlich
wieder in die Stellung der Gnade
zurückzukehren (
Hes 16,59-63 ). Offensichtlich soll
durch die harte Sprache die
Ernsthaftigkeit des Gerichtes betont
werden, ohne gleichzeitig die
vollständige Beendigung des
Verhältnisses zwischen Gott und Israel
zu erklären.
Das Gericht Gottes soll sein Verhältnis
zu Israel nicht beenden, sondern
zurechtbringen. Der erste Schritt in
diesem Prozeß ist, daß die Nation ihre
falschen Götter und den Wohlstand, den
sie fälschlicherweise diesen Göttern
zugeschrieben hat, verliert.
(1) Israel wird seiner Liebhaber beraubt
(
Hos 2,7-9 )
In Vers
7 wird Israels Untreue mit lebhaften
Bildern beschrieben. Israel, Gottes
Ehefrau, hatte sich entschlossen, hinter
ihren
Liebhabern (den Baalen, vgl. V.
15.19 ;
Hos 11,2 ) herzulaufen, weil sie von
ihnen physische Nahrung (
Speise und Wasser ), Schutz (
Wolle und Leinen ; vgl.
Hos 2,11 ) und Vergnügen (
Öl und Trank ) erwartete. Nun
erklärt der Herr, daß er sehr bald jede
Möglichkeit, zu diesen Liebhabern zu
gelangen, beenden wird. Israel wird die
bekannten Wege mit Dornen und
Steinmauern versperrt finden (V.
8 ). Ihre verzweifelten
Anstrengungen, ihre
Liebhaber zu finden, werden
vereitelt werden (V.
9 a). Als letztes wird sie sich
entschließen, zu ihrem
Ehemann , dem Herrn, zurückzukehren,
und so den Weg zur Erneuerung
freimachen. Die Realität hinter diesem
Bild des Gerichtes ist vermutlich Dürre,
Invasion und Exil (vgl. V.
11.13-14 ;
3Mo 26,18-22 ).
(2) Israel wird des Segens Gottes
beraubt (
Hos 2,10-15 )
Israels Schuld ist der Grund für seine
Strafe. Es erkennt den Herrn nicht an
als Quelle all seines Wohlstandes.
Vielmehr benutzt es
Silber und Gold , um sich
Baalsgötzen zu machen (vgl.
Hos 8,4; 13,2 ), weil man dieser
kanaanitischen Gottheit den
landwirtschaftlichen (
Korn, neuer Wein und Öl ) und
ökonomischen Wohlstand zuschrieb (
Hos 2,7.14-15 ).
Baal war der kanaanitische Gott, von dem
man glaubte, daß er Stürme beherrsche
und für landwirtschaftliche und
menschliche Fruchtbarkeit zuständig sei.
In der kanaanitischen "Legende von
Keret" wird der Regen Baals mit
landwirtschaftlichem Segen in Form von
Korn, Brot, Wein und Öl verglichen (vgl.
J.C.L. Gibson,
Canaanite Myths and Legends .
Edingburgh: T.&T. Clark, 1978, S. 98).
Indem Israel diese Dinge von Baal
erwartete, brach es das erste der zehn
Gebote (vgl.
2Mo 20,3; 5Mo 5,7 ) und damit eines
der Grundprinzipien des mosaischen
Gesetzes. Mose hatte gelehrt, daß Gott
es ist, der Korn, Wein und Öl schenkt (
5Mo 7,13;11,14 ). Jeder Israelit
mußte, wenn er seine Erstlingsfrüchte
beim Erntedankfest darbrachte, in
Gegenwart des Priesters sagen: "Ich
bringe die Erstlingsfrüchte des Bodens,
die du, o Herr, mir gegeben hast" (
5Mo 26,10 ).
Der Herr antwortet auf die Untreue
Israels, indem er sagt, daß er das Volk
seiner landwirtschaftlichen
Fruchtbarkeit berauben (
Korn und neuer Wein ) und das Land
öde liegen lassen wird. Im mosaischen
Gesetz war die landwirtschaftliche
Produktivität an das Verhältnis zu Gott
gekoppelt worden. Gehorsam gegen den
Bund führte zu Gottes Segnungen in Form
von reichen Ernten, zahlreichen
Nachkommen und Sicherheit (vgl.
3Mo 26,3-13; 5Mo 28,1-14 ).
Ungehorsam dagegen brachte Dürre, Pest,
Krieg und das Exil (
3Mo 26,14-39; 5Mo 28,15-68 ). Die
Ankündigung in
Hos 2,11 macht also deutlich, daß
Gott den Fluch des Bundes über Israel
bringen will. Dürre, Zerstörung,
Insektenschwärme und angreifende Armeen
werden die Fruchtbarkeit des Landes
vernichten (vgl.
5Mo 28,51; Joe 1,4-12; Am 4,6-9; 7,1 ).
Die bildliche Darstellung Israels als
Frau Gottes wird in diesen Versen wieder
aufgenommen. Ohne
Wolle und
Leinen (vgl. V.
7 ), die man für die Herstellung von
Kleidern benötigte (
3Mo 13,47.59; 5Mo 22,11; Spr 31,13; Hes
44,17 ), wird sie nicht mehr in der
Lage sein, ihre Nacktheit zu bedecken.
Auf diese Weise wird Gott
ihre Unzüchtigkeit aufdecken . Ihr
schändliches Verhalten wird allen durch
diese öffentliche Demonstration bekannt
werden (vgl.
Hos 2,5; Hes 16,36-37 ). Das Wort
"Unzüchtigkeit" (
naBlUT
, das nur hier im AT
vorkommt) steht für einen eklatanten
Bruch des Bundes, der die gesamte Nation
in Schande bringt. Ein verwandtes Wort (
n+BAlCh
) wird für die Sünde
Achans benutzt (
Jos 7,15 ), steht aber auch für
einige verbotene sexuelle Praktiken wie
Hurerei (
5Mo 22,21 ), Inzucht (
1Sam 13,12 ), Vergewaltigung (
Ri 19,23; 20,6 ) und Ehebruch (
Jer 29,23 ). Während dieser
öffentlichen Bloßstellung werden die
Liebhaber Israels dabeistehen müssen
und nichts tun können, um sie aus der
mächtigen Hand Gottes zu befreien. Dann
wird die Souveränität Gottes und die
Schwäche (oder auch Teilnahmslosigkeit)
der Liebhaber deutlich werden.
Das kommende Gericht wird auch die
fröhlichen religiösen
Feiern , wie z. B. die
jährlichen Feste (
2Mo 23,14-17 ) und die monatliche
Feier des
Neumondes (d. h. das Neumond-Opfer;
4Mo 10,10; 28,11-15 ) sowie die
Beachtung des allwöchentlichen
Sabbats , beenden. Diese Feste waren
durch den Götzendienst Baals verdorben
worden (vgl.
Hos 2,15 ) und konnten dem Herrn
nicht mehr gefallen.
Die Themen aus Vers
7-11 werden in Vers
14-15 noch einmal aufgegriffen. Der
Herr wird den Fluch des Bundes kommen
lassen und die Produktivität des Landes
vernichten (
ihre Weinstöcke und ihre Feigenbäume ; vgl.
5Mo 28,38-42; Joe 1,7; Am 4,9 ), die
Israel fälschlicherweise als Lohn ansah,
den sie von ihren Liebhabern für ihre
Dienste erhalten habe (vgl.
Hos 9,1; Mi 1,7 ). Die Weinstöcke
werden nur noch eine einzige
Wildnis sein, die von
wilden Tieren bewohnt wird. Dies
wird eine Folge der Entvölkerung des
Landes sein, die durch die militärische
Niederlage und die Wegführung ins Exil
kommen wird (vgl.
Ps 80,13-14; Jes 5,5-6; 7,23-25; 17,9;
32,9-14; Mi 3,12 ).
Indem Israel
den Baalen Räucheropfer dargebracht
hat, ist sie
ihren Liebhabern verführerisch
nachgelaufen (vgl.
Hos 2,7 ). Die
Ringe und Edelsteine , die im
richtigen Zusammenhang durchaus Zeichen
der Freude und des Ansehens sein können
(vgl.
Spr 25,12; Hes 16,12-14 ), machen
hier die Bemühungen der untreuen Ehefrau
deutlich, ihre Liebhaber zu sich zu
ziehen. Der Plural "Baale" (vgl. auch
Hos 2,19; 11,2; Ri 2,11 [siehe die
Anmerkungen dort];
1Sam 7,4; Jer 2,23; 9,13 ) bezieht
sich in diesem Zusammenhang vermutlich
auf mehrere Stätten der Anbetung der
einen kanaanitischen Gottheit (vgl. den
Singular Baal in
Hos 2,10; 13,1 ), deren Statue in
verschiedenen Baals-Heiligtümern im
ganzen Land aufgestellt worden war (vgl.
Hos 13,1-2 ). Die Mehrzahl der
Götzenbilder ist daher auch der Grund
für die vielen Liebhaber in dem Bild,
das benutzt wird (vgl. James Luther
Mays,
Hosea: A Commentary , S. 43).
Die abschließende Aussage in diesem
Abschnitt (
Hos 2,4-15 ) faßt noch einmal die
grundlegende Sünde Israels und den Grund
für das kommende Gericht zusammen:
Israel hat
den HERRN vergessen (
SAKaH
). Dieses Verb spricht
nicht von einer geistigen
Erinnerungslücke oder dem Verlust von
Wissen. Vielmehr beschreibt es die
Weigerung, die Güte und Autorität Gottes
anzuerkennen (vgl.
Hos 8,14; 13,6 ). Mose hatte immer
wieder das Volk aufgefordert, die
gütigen Taten Gottes nicht zu vergessen
(
5Mo 4,9; 8,11 ) und immer daran zu
denken, daß ihm alleine die Anbetung
gebührt (
5Mo 4,23; 6,12; 8,19 ; vgl.
2Kö 17,38 ). Aber wie Mose
vorausgesagt hatte (vgl.
5Mo 31,27-29 mit
5Mo 32,18 ),
vergaß Israel im Laufe seiner
Geschichte immer wieder den Herrn und
diente falschen Göttern (vgl.
Ri 3,7; 1Sam 12,9-10; Ps 78,10-12; Jer
23,27 ).
Wenn Gott Israel in eine Lage gebracht
hat, aus der heraus es wieder beginnt,
auf ihn zu sehen (vgl. V.
9 ), dann wird er die zerbrochene
Beziehung wieder aufbauen. Israels
positives Verhalten wird zur Erneuerung
des Bundes und des Segens führen.
Der Herr verspricht, die Versöhnung mit
seiner widerspenstigen Ehefrau
anzufangen, indem er sie lockt.
Locken meint hier eine zarte, ja
verlockende Sprache. An anderen Stellen
bezieht sich dieser Ausdruck auf die
Verführung einer Jungfrau durch einen
Mann (
2Mo 22,15 ) oder auf den Versuch,
einem anderen (Simson) vertrauliche
Informationen zu entlocken (
Ri 14,15; 16,5 ). Der Herr sagt, daß
er Israel
in die Wüste führen wird , wo sie
von ihren bisherigen Liebhabern völlig
getrennt ist und fähig wird, sich nur
auf sein Locken zu konzentrieren. Die
Erwähnung der Wüste erinnert natürlich
an die 40jährige Wüstenwanderung Israels
nach dem Exodus. Diese Zeit wird
manchmal als eine Zeit beschrieben, in
der Israel die Fürsorge Gottes ganz
besonders erfahren hat (vgl.
Hos 13,5 ) und in der das Volk ihn
darum mit der Hingabe einer Braut
geliebt hat (
Jer 2,2-3 ). Die Anspielung auf die
Wüste ist aber auch eine bemerkenswerte
Umkehrung des Wüstenmotivs, das in
diesem Kapitel schon einmal benutzt
wurde. Denn der Herr hatte ja gedroht,
daß er Israel "wie eine Wüste" machen
wird (
Hos 2,5 ). Nach Vers
16 aber wird die Wüste der Ort sein,
wo Gott sein Werben um Israel beginnen
wird. Hier wird er
mit ihr zart sprechen (wörtl.: "zu
ihrem Herz sprechen"; vgl.
Jes 40,2 ). Dieses hebräische
Bildwort spricht von zarten,
ermutigenden Worten, so wie ein Mann sie
zu seiner Braut sagt (vgl.
1Mo 34,3; Rt 2,13 ). Mays sagt, daß
die stark anthropomorphische Redeweise
hier "erstaunlich" ist, vor allem
angesichts der sonstigen "ausgeprägten
Weigerung" der Bibel, "von Gott in
Begriffen der Sexualität zu reden". Er
fügt hinzu: "Es ist in diesem gewagten
Vergleich, daß das Verlangen Gottes
sichtbar wird - ein Verlangen, das vor
keiner Herablassung zurückscheut und
kein Tun unversucht läßt um der
geliebten Auserwählten willen" (
Hosea , S. 44f).
Wenn der Herr Israel aus der Wüste
zurück in das verheißene Land führen
wird, dann wird er
ihre Weinberge wieder erneuern. Die
Worte "
dort werde ich geben " (wie manche
Übersetzungen schreiben), gehen auf ein
falsches Verständnis des elliptischen
hebräischen Textes zurück (der wörtlich
heißt: "von dort"). Die Weinstöcke
werden nicht in der Wildnis wachsen, in
der Israel umhergewandert ist. Die
landwirtschaftliche Produktivität, von
der hier gesprochen wird, ist vielmehr
in Israel selbst zu sehen (vgl. V.
24 - 25 ;
5Mo 30,4-5.9; Am 9,13-15 ). Wenn
Israel in das Land hineinkommt, wird es
wieder durch das
Tal Achor (wörtl.: "Tal der
Schwierigkeiten") ziehen, in dem Achan
seine Sünde begangen hatte, die den
Erfolg der Eroberung gehindert hatte (
Jos 7 ). Dieses Mal jedoch wird das
Tal ein Symbol für die besseren Dinge,
die kommen, sein, ein
Tor der Hoffnung , das zur
Wieder-Inbesitznahme des verheißenen
Landes führt (vgl.
Jes 65,10 ). Die Folgen der Untreue
Israels in der Vergangenheit werden
vorbei sein. Statt dessen wird das
Verhältnis zu Gott wieder so ungestört
sein
wie in den Tagen direkt nach dem
Exodus (vgl.
Jer 2,2 ). Diese Zeit wird hier
zugegebenermaßen etwas idealisiert, wie
selbst ein oberflächliches Lesen der
Erzählungen in 2. und 4.Mose deutlich
macht.
An diesem Tag , wenn Israel wieder
in sein Land zurückkehren wird, wird es
den Herrn als seinen Ehemann anerkennen.
Es wird ihn
?ISI ,
mein Mann , nennen und nicht
baZ+lI
,
mein Meister . Diese beiden
hebräischen Worte sind im wesentlichen
Synonyme. Sie werden in
2Sam 11,26 auswechselbar benutzt:
"Nun, als die Frau von Urija hörte, daß
Urija, ihr Mann (
?IS ), tot war, beklagte sie
ihren Mann (
baZal
, vgl. auch
5Mo 24,3-4 ). Aber das Wort
baZal
ist auch eine Erinnerung an
den früheren Baalsdienst Israels.
Deshalb wird Gott den Gebrauch dieses
Wortes verbieten, und Israel wird
die Namen der Baale nicht mehr
benutzen (vgl. den Plural "Baale" in
Hos 2,15; 11,2 ).
Israels Rückkehr in das Land wird von
einem großen Frieden begleitet sein. Der
Herr wird
einen Bund zwischen dem Volk und der
Tierwelt machen. Die schädlichen
Tiere des Feldes , die bisher die
Weinstöcke und Feigenbäume vernichtet
haben (V.
14 ; vgl.
3Mo 26,22 ), werden Israel nicht
mehr schaden (vgl.
Hes 34,25 ). Auch Jesaja spricht von
dem Königreichs-Zeitalter als von einem
Reich der Harmonie zwischen Mensch und
Tier (
Jes 11,6-8; Jes 65,25 ). Der Herr
wird auch den Krieg (hier durch
Bogen und Schwert und Kampf symbolisiert; vgl.
Hos 1,7 ) in dem Land Israel
aufhören lassen. Das Volk wird sicher
wohnen, frei von der Bedrohung durch
ausländische Invasionen. Hier wird die
Umkehrung des Gerichtes (vgl.
Hos 1,5 ) und die Rückkehr der
Segnungen des Bundes besonders deutlich
(vgl.
2Mo 36,5-6 ,wo die gleichen Worte "
niederlegen " und "
in Sicherheit " benutzt werden).
Die Erneuerung der Ehe Gottes mit Israel
wird mit Worten der Verlobung
beschrieben. Kidner zeigt, daß das Wort
verloben "einen neuen Anfang, mit
der ganzen Frische der ersten Liebe"
meint (
Love for the Loveless , S. 34). Es
wird sein, als wären Gott und Israel
wieder zu den Tagen der Werbung
umeinander zurückgekehrt. Die Verlobung
war im Israel jener Zeit weit mehr und
verpflichtender als in der heutigen
westlichen Gesellschaft. Das Gesetz
behandelte ein verlobtes Paar so, als
wäre es bereits rechtlich verheiratet (
5Mo 20,7; 22,23-24 ). Bei der
Verlobung bezahlte der Mann einen
Brautpreis, um die Abmachung zu
besiegeln (vgl.
1Sam 3,14 ). Der Brautpreis Gottes
wird aus
Gerechtigkeit, Recht, Liebe,
Barmherzigkeit und Treue bestehen.
Diese Dinge werden sein Verhältnis zu
Israel charakterisieren, ein Verhältnis,
das niemals wieder unterbrochen werden
wird (vgl.
Hos 2,19 ).
"Gerechtigkeit" (
QeDeq
) und "Recht" (
miSpoF
) sprechen hier von der
Aufrechterhaltung von Israels
Gerechtigkeit, einer Rechtfertigung
durch Erlösung. "Liebe" (
HeseD
) ist eine
unerschütterliche Hingabe, die alle
Verpflichtungen einer Beziehung erfüllt.
"Barmherzigkeit" (
raHXmIm
, verwandt mit
rAHam
, das in
Hos 1,6-7; 2,3.6 benutzt wird) ist
ein Gefühl der Zuneigung, das zu
gnädigem Verhalten führt. "Treue" (
?MmUnCh
) meint Verläßlichkeit
und beständige Zuverlässigkeit.
In der Antwort auf die göttliche Liebe,
die über Israel ausgegossen ist, wird es
den HERRN anerkennen . Entgegen
seiner früheren Neigung zu vergessen
(vgl. V.
15 ), wird es nun seine Autorität
anerkennen und ihm treu sein.
"Anerkennen" (
yADaZ
, wörtl.: "kennen, wissen")
wird im Zusammenhang von Bünden oft
benutzt. So anerkennt (wörtl.: "kennt")
z. B. der Herr das besondere Verhältnis
Israels zu sich (vgl.
Am 3,2 ). Israel soll nur die
Autorität seines Herrn anerkennen
("kennen"; vgl.
Hos 13,4 ). Im hebräischen Denken
ist solches Anerkennen nicht bloß ein
geistlicher Denkvorgang, sondern muß zum
Tun führen (vgl.
Jer 22,16 ). Im Fall Israels
bedeutet es Gehorsam gegenüber den
Geboten des Herrn (vgl.
Hos 8,1-2 ). In der Zukunft wird
ganz Israel den Herrn "kennen", denn er
wird, wie Jeremia schreibt, sein "Gesetz
in ihr Denken geben und in ihre Herzen
schreiben" (
Jer 31,33 ). Dies ist die Verheißung
des neuen Bundes (
Jer 31,31-34 ), die der erneuten
Eheschließung in
Hos 2,21-22 entspricht.
Die Verheißung des erneuerten
landwirtschaftlichen Segens, die in Vers
17 angedeutet wurde, wird in diesen
Versen näher ausgeführt. Eine Reihe von
Erhörungen auf das Schreien
verschiedener Elemente der Natur (hier
personifiziert) wird angeführt.
Jesreel (hier das Volk Israel) wird
zu dem
Korn, Wein und Öl schreien. Sie
wiederum werden antworten, indem sie zu
der Erde schreien. Die Erde wird den
Himmel anrufen, die Quelle des Regens,
der den Boden fruchtbar macht. Die
Himmel schließlich werden zu dem Herrn
rufen, dem Einen, der letztlich den
landwirtschaftlichen Kreislauf in seiner
Hand hält. Er wird antworten und den
Regen schenken, der für Wachstum und
Fruchtbarkeit notwendig ist.
Der Herr selbst wird als jemand
dargestellt, der landwirtschaftlich
arbeitet. Er wird Israel
in dem Land pflanzen (vgl. die
Anmerkungen zu
Hos 1,2 ), in dem es unter seinem
fürsorgenden Schutz wachsen wird. Das
Volk, das Lo-Ruhama (
nicht geliebt ; vgl.
Hos 1,6 ) und Lo-Ammi (
nicht mein Volk ; vgl.
Hos 1,9 ) genannt worden war, wird
Gottes Barmherzigkeit erfahren und sein
Volk sein. Es wird anerkennen, daß er,
nicht Baal, sein Gott ist. Dieser
Abschnitt hier ist parallel zu
Hos 1,10-2,3 ,wo
die gleiche Umkehrung der Symbolik in
den Namen zu sehen ist.
Hos 2,25 (zusammen mit
Hos 1,10 ) wird
in
Röm 9,25-26 und
1Pet 2,10 zitiert. Paulus führt
diese Stelle Hoseas an, um damit zu
zeigen, daß Juden wie Heiden sich in dem
Gemeindezeitalter bekehren werden (vgl.
Röm 9,24 ). Dies bedeutet
nicht , daß er die Heiden mit Israel
gleichsetzt und die Bekehrung der Heiden
als direkte Erfüllung der Weissagung
Hoseas ansieht. Paulus lehrt ganz
eindeutig, daß Israel als Volk ebenfalls
gerettet werden wird (
Röm 11 ). Vielmehr möchte Paulus,
ausgehend von der Weissagung Hoseas, ein
Prinzip des göttlichen Handelns deutlich
machen (vgl. F.F.Bruce,
The Epistle of Paul to the Romans .
Grand Rapids: Wm. B. Eerdmans Publishing
Co., 1963, S. 196).
Nach Hosea möchte Gott ein vorher
verworfenes Volk in ein Verhältnis mit
sich selbst bringen. Paulus erkennt das
gleiche Vorhaben in Gottes Handeln mit
den Heiden. Deshalb wendet er in
Röm 9,25 die Stelle aus
Hos 2,25 auf die Heiden an. Er
interpretiert sie jedoch nicht um (vgl.
die Anmerkungen zu
Röm 9,24-26 ). Ebenso sieht auch
Petrus (
1Pet 2,10 ) in der Aussage Hoseas
die Möglichkeit, sie auf die Gläubigen
des Neuen Testamentes anzuwenden, die
durch die göttliche Barmherzigkeit eine
Beziehung zu Gott bekommen haben (vgl.
1Pet 1,3 ).
So wie die Erfahrung Hoseas mit seiner
untreuen Frau die Verwerfung Gottes
durch Israel abbildete, ist nun auch die
Umkehr seiner abtrünnig gewordenen Frau
ein Bild für die Liebe Gottes und die
Erneuerung Israels.
Der Herr sagt Hosea, daß er seine Liebe
zu seiner ehebrecherischen Frau noch
einmal zeigen soll. Dieses barmherzige
Handeln soll als Gegenstandslektion für
Gottes große Liebe (
?ahXBCh
) zu Israel dienen, trotz
dessen schwerwiegender Untreue. Statt
den Herrn wiederzulieben, hat es sich
anderen Göttern zugewandt und liebt
(
?AhaB
) die
heiligen Rosinenkuchen , die
offenbar bei Festlichkeiten des
Baalsdienstes verwendet wurden.
Vielleicht sind sie den Kuchen, die der
Göttin Astarte geopfert wurden, ähnlich
(vgl.
Jer 7,18; 44,19 ).
Hosea antwortete gehorsam auf den Befehl
des Herrn (vgl.
Hos 1,3 ). Er kaufte seine Frau zu
einem beachtlichen Preis zurück.
Ein Scheffel Gerste hatte vermutlich
einen Wert von fünfzehn Silberstücken
(Wolff,
Hosea , S. 61). Insgesamt waren es
also 30 Silberstücke, der Preis eines
Sklaven (vgl.
2Mo 21,32 ).
Die Umstände dieses Kaufes sind nicht
ganz klar. Ob Hosea sich von Gomer hatte
scheiden lassen, wissen wir nicht.
Vielleicht war sie auch eine Tempeldirne
oder aber zum Besitz eines Mannes
geworden, der sie als Konkubine
beschäftigte oder als Prostituierte
verkaufte. Der Ausdruck "geliebt von
einem anderen" (
Hos 3,1 ) scheint anzudeuten, daß
sie einem anderen Mann gehörte.
Allerdings könnte das Wort "anderer" (
rEaZ , "Freund, Mitbürger") sich
auch auf Hosea selbst beziehen (vgl.
Jer 3,20 ). Die folgende Aussage
über die Liebe Gottes für Israel scheint
dies zu unterstützen. In diesem Fall
könnte man übersetzen "Liebe eine Frau,
die von ihrem Mann geliebt wird und doch
eine Hure [ist]" (
Hos 3,1 ).
Nachdem er Gomer rechtmäßig erworben
hatte, ließ Hosea sie wissen, daß ihr
Leben als Hure vorüber sei. Sie werde
mit
ihm zu Hause bleiben, weg von allen
eventuellen Liebhabern. Die Bedeutung
des letzten Satzes in Vers
3 ist unklar. Der Text heißt
wörtlich: "und auch ich zu dir". Manche
Übersetzungen verstehen den Ausdruck
analog zu dem vorhergehenden "
du wirst mit mir leben " und
übersetzen "
und ich werde mit dir leben ". Dann
würde es bedeuten, daß beide Seiten nur
füreinander da sind. Andere sehen darin,
daß Hosea sich von allen sexuellen
Beziehungen zu seiner Frau für eine
längere Zeit lang enthalten wird (z. B.
Luther-Übersetzung).
Gomers lange Zeit der Isolation soll das
Exil Israels verdeutlichen, wenn das
Volk von seinen falschen Institutionen
und Praktiken getrennt sein wird (vgl.
Hos 2,8-9 ). Das Fehlen von
König und
Fürst spricht von dem Verlust der
nationalen Souveränität. Die Wegnahme
von
Opfern und
heiligen Steinen bedeutet, daß jede
formelle religiöse Aktivität aufhört.
Opfer, die Gott selbst angeordnet hatte,
waren ein durchaus richtiger Aspekt der
Anbetung, wenn sie in einer Haltung der
wirklichen Hingabe dargebracht wurden.
Aber die Opfer Israels waren durch die
Verbindung mit dem Baalsdienst (vgl.
Hos 4,19 ) und weil die Menschen es
verpaßt hatten, "die wichtigeren Dinge
des Gesetzes" (
Mt 23,23 ; vgl.
Hos 6,6; 8,11-13 ) zu halten,
verunreinigt worden. "Heilige Steine" (
maQQEBCh
) hatten in dem
Gottesdienst der Patriarchen eine
berechtigte Rolle gespielt (vgl.
1Mo 28,18.22; 31,13 ). Weil aber
solche Steine auch bei der Ausübung der
heidnischen Religion jener Zeit benutzt
wurden, hatte Gott sie nach dem Einzug
in das Land Kanaan verboten (
3Mo 26,1; 5Mo 16,22 ). Israel aber
hatte diesen Bund Gottes offen
übertreten und solche Steine für den
Baalsdienst aufgerichtet (
2Kö 3,2; 10,26-27; 17,10; Hos 10,1; Mi
5,13 ).
Efod und
Götzenbild waren beides Mittel der
Wahrsagerei. In diesem Zusammenhang ist
das Efod nicht das Kleidungsstück des
Priesters, sondern ein kultischer
Gegenstand (vgl.
Ri 8,27 und Roland de Vaux,
Ancient Israel . 2 Bde., New York:
McGraw-Hill, 1965, 2:350). Götzenbilder
(
t+rAPIm
) fanden sich manchmal in
Häusern (
1Mo 31,19; 1Sam 19,13.16 ) oder auch
in einer königlichen Sammlung von
Wahrsagegegenständen (
Hes 21,21 ). Sie wurden von Gott
verachtet (
1Sam 15,23; 2Kö 23,24 ). Diese
beiden Gegenstände (Efod und
Götzenbilder) werden nebeneinander auch
im Buch Richter als Teil des Besitzes
eines ephraimitischen Priester erwähnt (
17, 5; 18,14.17-18.20 ). Sie wurden
ihm als Instrumente der Wahrsagerei von
den Danitern abgenommen und in ihrem von
Gott nicht genehmigten
Gottesdienstsystem verwandt (
Ri 18,27-31 ).
Nach der Zeit der Isolation Israels wird
das Volk umkehren und
den HERRN suchen , nicht die
falschen Götter (
Hos 2,9; 5,15 ; vgl.
5Mo 4,29 ). Auch Israel wird die
Autorität der davidischen Monarchie
anerkennen, die es zur Zeit Jerobeams
verworfen hatte (vgl.
1Kö 12 ). Das Volk wird zum Herrn
mit einem gesunden Gefühl der Ehrfurcht
(
zitternd ) kommen, auch wenn es von
ihm gesegnet wird. In der Vergangenheit
hatte das Volk die Gaben Gottes für
selbstverständlich angesehen und sich
stolz von seinen Geboten abgewandt (vgl.
Hos 13,6; 5Mo 8,10-18 ). Die
Segnungen (wörtl.: "Wohltaten"), von
denen hier gesprochen wird, sind
Reichtum und landwirtschaftliche
Fruchtbarkeit (vgl.
5Mo 6,11; Jes 1,19; Jer 2,7; 31,12.14
,wo das gleiche Wort,
FUB , verwandt wird). Der
abschließende Ausdruck "
in den letzten Tagen " wurde von den
Propheten des achten Jahrhunderts als
terminus technicus für die Zeit der
Erneuerung Israels benutzt, die Mose
vorausgesagt hatte (
Jes 2,2; Mi 4,1 ; vgl.
5Mo 4,30 ,"in späteren Tagen").
Hosea
III. Hoseas Botschaft: Gottes Gericht
und die Wiederherstellung Israels
(
Hos 4-14
)
Im restlichen Teil des Buches Hosea wird
die Botschaft der ersten drei Kapitel
näher erläutert. Zwar liegt die Betonung
auf der Schuld und dem drohenden
Untergang Israels, aber doch schließt
jeder der drei großen Abschnitte (
Hos 4,1-6,3;6,4-11,11; 11,12-14,10
) mit einer positiven Erwähnung der
Wiederherstellung Israels (vgl. "Zweck
und Botschaft" in der
Einführung ).
A. Die Anklage des Herrn gegen Israel
(
4,1 - 6,3
)
Der erste Gericht-Heil-Block ist aus
drei Teilen zusammengesetzt. In
Kapitel 4 geht es um die Sünden des
Nordreiches, während
Hos 5,1-15 a die Schuld der ganzen
Nation (also auch Judas) deutlich macht.
In
Hos 5,15-6,3 schließlich steht die
Umkehr Israels im Blickfeld.
Die Schuld des Nordreiches ist das
Hauptthema dieser einleitenden
Gerichtsankündigung. Die Menschen und
ihre Führer (Propheten, Herrscher und
besonders die Priester) sind die Objekte
des Mißfallens Gottes. Während die
meisten der Verse in einem anklagenden
Ton stehen, werden auch immer wieder
Ankündigungen des kommenden Gerichtes
eingestreut (vgl. V.
6 - 10 ).
Hosea beginnt diesen Abschnitt mit einer
Anklage (
rIB , vgl. "
Anklage " in
Hos 12,3 und das Verb
rIB , "tadeln", in
Hos 2,4 ) des Volkes wegen
Bundesbruch. Dem Volk fehlten alle
Qualitäten, die ein Leben innerhalb des
Bundes Gottes charakterisieren sollten.
Es hatte weder
Treue noch
Liebe (
HeseD
; vgl.
Hos 2,19 ), und es erkannte Gott
nicht als seinen Herrn an. (
Anerkennung ist die Übersetzung von
dAZaT
, das mit
yADaZ
, "wissen", verwandt ist;
vgl. die Anmerkungen zu
Hos 2,22 .) Statt dessen war es
offen den zehn Geboten, dem Ideal Gottes
für die israelitische Gesellschaft,
ungehorsam. Fünf Übertretungen der zehn
Gebote werden ausdrücklich erwähnt:
fluchen, lügen (vgl.
Hos 7,1; 12,2 ),
morden, stehlen und Ehebruch (also
die Gebote 3,9,6,8 und 7 nach dieser
Reihenfolge). "Fluchen" wird hier nicht
als eine unangemessene Sprache allgemein
verstanden, sondern meint, einen Fluch
auf einen anderen Menschen
herabzuwünschen (vgl.
Hi 31,30 ). Weil dies für Israeliten
die Verwendung des Namens Gottes
bedeutete, übertraten sie damit das
dritte Gebot, wenn der Fluch nicht
wirklich gerechtfertigt war (
2Mo 20,7; 5Mo 5,11 ; ein Beispiel
eines gerechtfertigten Fluches, in dem
der Name Gottes benutzt wird, findet
sich in
4Mo 5,19-23 ).
Wegen der Sünde Israels wird eine
schwere Dürrezeit über das Land kommen,
und die Menschen werden sterben (
verwelken ). Die drei Verben in
diesem Vers sollten mit dem Futur
(Zukunftsform) übersetzt werden (vgl.
Hos 2,11.14 ). Die Dürre gehört zu
den Flüchen des Gesetzes, die bei einem
Bundesbruch angedroht worden waren (vgl.
3Mo 26,19; 5Mo 28,23-24 ).
Die Strafe der Bevölkerung als Ganzes
wird zunächst weiter verdeutlicht. Die
ersten beiden Zeilen dieses Verses
verbieten entweder Rechtshändel unter
den Menschen oder die Auflehnung gegen
die Anklagen Gottes (vgl. Mays,
Hosea , S. 67). Wie man es auch
übersetzen mag, jedenfalls ist der Grund
für dieses Verbot, daß das ganze
Volk der Auflehnung und Rebellion
schuldig ist. Es ist
wie jene , die die von Gott
eingesetzten menschlichen Autoritäten
schamlos ablehnen (vgl.
5Mo 17,12 ).
Hier wird nun die Anklage (V.
4 ) auf die religiösen Führer
ausgedehnt. Man könnte den Vers auch so
übersetzen, daß damit die Absetzung der
religiösen Führer angekündigt wird. Das
Wort "
fallen " bezieht sich entsprechend
auf das moralische Versagen der Priester
(vgl.
Hos 14,1; Jes 3,8; Jer 18,15; Mal 2,8
) oder auf ihren kommenden Untergang
(vgl.
Hos 5,5; Jes 8,15; 28,13; 31,3; Jer
6,21; 8,12; 20,11 ). Diese Priester
und Propheten dienten in den offiziellen
Heiligtümern und am Königshof. Sie waren
ihrem menschlichen König ergeben, nicht
aber Gott (vgl.
1Kö 22,6-8; Am 7,10-17 ), und waren
durch Selbstsucht (vgl.
Jes 28,7; Jer 23,11 ) und Habgier (
Jer 6,13; Mi 3,11 ) gekennzeichnet.
Der Herr macht diese Führer für den
Mangel an Erkenntnis im Volk
verantwortlich (vgl. V.
1 ). Vor allem die Priester hatten
ihre Pflicht, das
Gesetz Gottes dem Volk zu lehren,
(vgl.
5Mo 31,9-13; 33,8-10; Mal 2,7 ),
vernachlässigt. Deshalb werden sie hart,
aber gerecht, bestraft. Wegen ihrer
Mitschuld an dem moralischen Niedergang
werden auch die Mütter gerichtet werden.
Dieser Gedanke ist zwar ungewöhnlich,
taucht aber auch an anderen Stellen auf
(vgl.
Jer 22,26 ). Auf diese Weise wird
die Nachkommenschaft der Priester
verhindert. Die Priester selbst werden,
weil sie die Erkenntnis verworfen haben,
durch den Herrn aus ihrem Dienst
entfernt. Weil sie das Gesetz mißachtet
haben, wird der Herr auch ihre Kinder
mißachten, was vermutlich bedeutet, daß
sie nicht in die Stellung und Aufgabe
ihrer Väter gelangen werden (vgl.
1Sam 2,27-35 ). Auf diese Weise wird
die priesterliche Sukzession
unterbrochen werden.
Die Wiederholung des Verbes in jeder der
Gerichtsankündigungen (
vernichten, vernichtet, verworfen,
verwerfen, mißachtet, mißachten )
unterstreicht, daß jede Strafe der
Schuld vollkommen angemessen ist.
Man sollte erwarten, daß eine Zunahme
der Zahl der Priester sich positiv auf
das moralische Klima in der Bevölkerung
auswirken würde. In Israel jedoch hat
diese Zunahme nur zu noch größerer Sünde
geführt.
Nach manchen Übersetzungen wird die
Anklage in Vers
7 b fortgeführt. Zugrunde liegt
dabei eine Lesart, die nicht unbedeutend
durch äußere Belege bezeugt ist. Nach
dieser Lesart haben die Priester
ihre Herrlichkeit (den Herrn)
eingetauscht gegen etwas Schändliches
(Götzen; vgl.
Ps 106,20; Jer 2,11 ). Dennoch ist
wohl der masoretische Text, "Ich will
ihre Herrlichkeit zu Schande verwandeln"
(z. B. Luther-Übers.), vorzuziehen. Der
Herr wird die Ehre (
kABND
, hier mit "Herrlichkeit"
übersetzt, eine häufige Bedeutung für
dieses Wort), die sie aufgrund ihrer
Stellung haben, wegnehmen.
In ihrer Habsucht haben sich die
Priester
durch die Sünden des Volkes bereichert, indem sie es ermutigt haben,
noch mehr seiner heuchlerischen Opfer,
die der Herr doch haßt (vgl.
Hos 6,6; 8,11-13 ), zu bringen. Das
zugrundeliegende Motiv der Priester war
dabei die Habgier, denn schließlich
erhielten sie bestimmte Teile dieser
Opfer (vgl.
3Mo 7,7-10.28-34; 4Mo 18,8-19; 5Mo
18,1-5 ).
Weil die Priester nicht besser waren als
das Volk, werden auch sie die Folgen des
Bundesfluches erfahren. Trotz ihrer
habgierigen Versuche, sich mehr Nahrung
zu verschaffen, werden sie nicht
genügend zu essen haben, denn eine
Dürrezeit wird die Nahrung knapp werden
lassen (vgl.
Hos 4,3; 3Mo 26,26; Mi 6,14 ). Ihre
Versuche, durch kultische Prostitution
die Fruchtbarkeit zu fördern, werden
keine Erfolge haben (vgl.
Hos 2,15 b;
5Mo 28,18 a).
Hier wird die Sünde der Priester noch
einmal zusammengefaßt. Sie haben
den HERRN verlasse n, indem sie
seinen Bund gebrochen haben (vgl.
5Mo 28,20; 29,24; 31,16 ). Der
hebräische Text lautet wörtlich: "denn
den Herrn haben sie verlassen zu
gehorchen". Diese Aussage ist stark
elliptisch und trägt etwa folgende
Bedeutung: "Sie haben den Herrn
verlassen, indem sie seinen Befehlen
nicht gehorchen wollen."
Nun wird die Anklage auf das Volk
insgesamt ausgeweitet. Sinnliche
Vergnügungen haben ihm den Verstand
geraubt und es ohne Verständnis
gelassen. Es hat an heidnischen
Gottesdiensten teilgenommen mit
Wahrsagerei (Antworten
von einem Stück Holz ), Opfer für
fremde Götter und kultischer
Prostitution (vgl.
Hos 5,4 ). Die kanaanitischen
Götzenschreine, deren Vernichtung Mose
befohlen hatte (vgl.
5Mo 12,2-3 ), lagen auf
Hügeln und/oder unter schattigen
Bäumen (
Eiche, Pappel und Terebinthe ) im
ganzen Nordreich verteilt (vgl.
2Kö 17,10-11 ). Hier nahmen viele
junge Frauen (
Töchter ) Israels an sexuellen Riten
mit männlichen
Tempelhurern teil (Hurerei; vgl.
5Mo 23,18-19; 1Kö 14,24 ). Es ging
dabei um den Versuch, sich menschliche
und landwirtschaftliche Fruchtbarkeit zu
sichern, indem man die
Fruchtbarkeitsgottheiten Baal und
Aschera ihren Opfern und Gebeten
gegenüber günstig stimmte. Aber diese
Frauen werden nicht besonders zum
Gericht herausgegriffen, denn auch die
Männer gingen zu diesen Schreinen (
Hos 4,14 ). Auf einen solch
offensichtlichen Mangel an Verständnis
auch nur der grundlegendsten Prinzipien
des Lebens innerhalb des Bundes Gottes
kann der Herr nur antworten:
Ein Volk ohne Verständnis (vgl. V.
11 )
wird zugrunde gehen !
Juda wird nun gewarnt, die Sünden seines
Bruders
Israel zu vermeiden. Dies muß nicht
bedeuten, daß die Menschen Judas die
Gewohnheit hatten, die Kultstätten des
Nordreiches, wie
Gilgal (vgl.
Hos 9,15 ) und
Bet-Awen , aufzusuchen. Mays
erklärt: "Die Ermahnung ... ist einfach
eine bittere Verdammung des Kultus ...
für die Ohren derer, die ihn
durchführten" (
Hosea , S. 77). Die dreifache
Warnung (
Gehe nicht, gehe nicht, schwöre nicht
) ist eine rhetorische Anweisung,
durch die Israels Schuld noch deutlicher
gemacht werden soll. Wer sich mit dem
falschen, heuchlerischen Gottesdienst
Israels identifiziert, wird dadurch
unrein. Selbst Bet-El (wörtl.: "Haus
Gottes"), der Ort des Traumes Jakobs (
1Mo 28,10-19 ), ist zu "Bet-Awen"
(wörtl.: "Haus der Gottlosigkeit"; vgl.
Hos 10,5; Am 5,5 ) geworden durch
die religiösen Praktiken, die dort
vollzogen werden (
1Kö 12,28-30; 2Kö10, 29; 23,15; Am 4,4
). Die Israeliten besaßen sogar die
Frechheit, inmitten dieses
götzendienerischen und unmoralischen
Tuns, den Namen Gottes bei ihren
Schwüren zu benutzen. Das Gesetz schrieb
Israel vor, beim Namen Gottes zu
schwören (
5Mo 6,13; 10,20 ). Eine solche
angebliche Verehrung des Herrn aber war
angesichts des praktizierten
Götzendienstes reinste Heuchelei.
Durch seine Weigerung umzukehren hatte
sich Israel selbst von dem Schutz und
der Leitung Gottes getrennt. Solange
sich das Volk wie eine junge Kuh
benimmt, die sich störrisch gegen Gottes
Führung auflehnt, wird Gott es auch so
behandeln (vgl.
Jer 31,18 ) und nicht wie ein Lamm,
das man frei auf großen Weiden grasen
läßt. Störrisch bezieht sich auf eine
auflehnende Haltung, die der Herr
beklagt (vgl.
5Mo 21,18-21 ).
Weil sich Israel so sehr in Götzendienst
verstrickt hat (
zu den Götzen gesellt ), wird es
auch auf sich selbst gestellt bleiben
und untergehen.
Ephraim , ein bedeutender Stamm des
Nordreiches, der im Buch Hosea 36mal
genannt wird, bezieht sich auf das
gesamte Nordreich Israel (vgl. den
Parallelismus in
Hos 5,3.5 ; vgl. auch
Jes 7,2.5.8-9.17 ).
Die Anklage schließt, wie sie begonnen
hat: mit einer Erwähnung der Trinkgelage
und Unmoralität, die das Volk und seine
Herrscher kennzeichnen (vgl. V.
11 ). Das Wort für
Herrscher heißt wörtlich übersetzt
"Schilder", ein Ausdruck, der auf die
positive, schützende Aufgabe hinweist,
die ein Herrscher des Volkes ausüben
sollte (vgl.
Ps 84,10.12; 89,19 ). Israels
Herrscher waren in dieser Hinsicht ganz
besonders mangelhaft, denn sie liebten
nur die schändlichen Taten.
Die Folge der Sünde Israels ist das
Gericht. Die erste Zeile dieses Verses
heißt wörtlich: "Der Wind hat sie mit
seinen Flügeln umspannt." Damit wird
gesagt, daß das Volk bald
hinweggefegt werden wird. Dann
werden die götzendienerischen Opfer
(oder, wenn man der LXX folgt, die
"Altäre") sich als Quelle von
Enttäuschung und Schande erweisen (vgl.
Hos 10,5-6 ).
Das Nordreich bleibt auch in diesem
Abschnitt der eigentliche Adressat. Aber
dennoch tritt nun auch Juda, das bereits
gewarnt worden war, dem Beispiel Israels
zu folgen (
Hos 4,15 ), in den Lichtkegel des
Gerichtes Gottes (vgl.
Hos 5,5.8.10.13-14 ). Das Kapitel
beginnt mit einer Anklage der Schuld (V.
1 - 5 ), die dann in eine
Ankündigung des Gerichtes übergeht (V.
6 - 15 a).
Obwohl die Anklage das gesamte Volk
umfaßt (
ihr Israeliten ), werden doch die
Priesterschaft (
Priester ) und die Monarchie (
königliches Haus ) besonders
herausgegriffen (vgl.
Hos 4,4-10.18 ). Die Führer des
Volkes hatten die Menschen dazu
ermutigt, an Kultstätten wie
Mizpa und
Tabor Götzendienst zu betreiben.
Dadurch waren sie wie
eine Schlinge oder ein
Netz , mit denen man Vögel fing
(vgl.
Hos 7,12; Am 3,5 ). Der Berg Tabor
liegt im Norden Israels, etwa 20 km
südwestlich des Sees Genezareth. Mizpa
bezieht sich hier auf einen Ort, der
entweder in Gilead oder in dem Gebiet
des Stammes Benjamin lag. Wenn ersteres
der Fall ist, dann ging es bei den
erwähnten Orten um Gegenden im
Nordreich, westlich und östlich des
Jordan. Wenn sich Mizpa auf das Gebiet
Benjamins bezieht, sind vermutlich alle
Kultstätten vom Süden bis in den Norden
angesprochen. In beiden Fällen soll die
Auswahl der Ortsnamen zeigen, wie der
Götzendienst unter Führung der Priester
bereits das gesamte Land durchsetzt hat.
Die widerspenstigen Priester waren tief
hinabgestiegen (eine tiefe Grube), um
ihre Beute zu
schlachten (hier wird das Bild der
Jagd aus
Hos 5,1 b weitergeführt), das Volk
Israel.
Vers
2 b kann auf zwei verschiedene
Weisen verstanden werden. Entweder
spricht er von der kommenden Strafe (
Ich werde bestrafen ; vgl.
Luther-Übers. und siehe
Hos 10,10 ) oder von Versuchen in
der Vergangenheit, die Widerspenstigkeit
des Volkes zu beseitigen ("Ich habe sie
alle zurechtgewiesen"; vgl.
Am 4,6-12 ). In beiden Fällen
bezieht sich "Strafe" (
mUsAr
) hier auf ein hartes
Gerichtshandeln Gottes, durch das er zu
einem richtigen Verhalten führen möchte.
Auf diese Weise ist es ein Ausdruck
seiner Liebe und einer engen Beziehung
zu seinem Volk (vgl.
Spr 3,11;13,24;15,5 ). Das positive
Ziel des Gerichtes Gottes ist
offensichtlich (vgl.
Hos 2,8-9; Hos 5,15 b).
Die Schuld des Volkes als Ganzes wird
dargelegt. Israel kann seine Sünde nicht
vor dem allwissenden Gott verstecken.
Das Volk ist
verdorben (
FAmA?
, "unrein sein", "entweiht
sein") durch seine geistliche Hurerei
(vgl.
Hos 6,10 ). Die Wortwahl hier stammt
vermutlich aus
4Mo 5,20.27-28 ,wo das gleiche Verb
(
FAmA?
) die Folgen des Ehebruches
für den untreuen Partner beschreibt
(vgl.
3Mo 18,20.24 ). Das sündige Israel
war durch einen Geist der Prostitution
so überwältigt worden (
Hos 5,4 ; vgl.
Hos 4,12 ), daß jede Möglichkeit der
Umkehr und der Anerkennung der Autorität
Gottes zur Zeit ausgeschlossen war. Der
Hochmut des Volkes selbst diente als
Zeuge ("
bezeugt "; vgl. den ähnlichen
Ausdruck in
1Sam 12,3;1,16 ) für seine Schuld
und führte nach dem bekannten Sprichwort
(
Spr 16,18 ) zu seinem Fall (vgl. "
fallen " in
Hos 4,5 ). Juda ist dem Beispiel
Israels gefolgt und ebenfalls moralisch
verdorben.
Die Strafe des Herrn gegen sein Volk
zeigt sich auf zwei Arten: Entzug von
Hilfe und Segen (V.
6 - 7.15 a) und Krieg (V.
8 - 14 ). In den Tagen, die nun
kommen, wird Israel durch Opfer von
Schafen und Rindern verzweifelt den
Herrn suchen. Aber dieser heuchlerische
Ritualismus, dem jede echte Bundestreue
fehlt, wird nichts nützen (vgl.
Hos 6,6; Hos 8,11-13; Jes 1,10-17 ).
Gottes Volk ist
untreu gewesen. Das hebräische Verb
(
bAGaD
) spricht oft von dem
Versagen, seine natürlichen (vgl.
Jer 12,6 ) oder durch ein Abkommen
übernommenen (vgl.
Ri 9,6.23; Mal 2,14-16 )
Verpflichtungen zu erfüllen. Hier bildet
eheliche Untreue den Hintergrund (vgl.
Jer 3,20 ). Wie schon in den
vorausgehenden Kapiteln zeigt Hosea
Israel als die ehebrecherische Frau
Gottes. Indem er das Bild weiter
fortführt, sagt er, daß sie sogar
fremde Kinder geboren hat , eine
unvermeidliche Folge ihres
ehebrecherischen Verhaltens. Vielleicht
stand hinter dieser Aussage tatsächlich
die Geburt von Kindern, die durch die
kultischen sexuellen Handlungen gezeugt
worden waren (vgl.
Hos 4,13-15 ).
Solche Rituale erhöhen nur die Schuld
des Volkes. Die Teilnahme an religiösen
Festen (hier die Feier des
Neumondes ; vgl.
Hos 2,13 ) wird den Untergang nur
noch beschleunigen, nicht aber ihn
verhindern. Statt das Wachstum der
Bevölkerung zu erleben, wird das Volk
letztlich durch seine eigenen Sünden
untergehen (vgl.
3Mo 26,21-22; 5Mo 28,62-63 ). Die
Felder, um deren Fruchtbarkeit willen es
Baal anbetet, werden durch Dürre, Brand
und Insekten vernichtet und durch die
angreifenden Armeen überrannt werden
(vgl.
3Mo 26,16.19-20; 5Mo
28,17.22-24.33.38-42.51 ).
Das
Blasen der Posaunen zum
Kampf wird in
Israel zu hören sein. Eine
angreifende Militärmacht wird bis zu den
Grenzen des Südreiches vordringen (vgl.
Kidner,
Love to the Loveless , S. 61).
Gibea und
Rama lagen nur wenige Kilometer
nördlich von Jerusalem im Gebiet
Benjamins im Südreich (vgl.
Jos 18,25.28 ).
Bet-Awen (vermutlich Bet-El; vgl.
Hos 4,15 ) war zwar ursprünglich
eine benjaminitische Stadt gewesen (
Jos 18,22 ), lag aber zu dieser Zeit
kurz hinter der südlichen Grenze im
Gebiet Israels.
Die Bedeutung des letzten Ausdruckes in
Hos 5,8 ,"
hinter dir, o Benjamin ", ist nicht
klar. Der gleiche Ausdruck erscheint
auch im Lied Deboras, wenn sie von der
Musterung der israelitischen Truppen
spricht (
Ri 5,14 ). Damals war Benjamin vor
Ephraim in den Kampf gegen die
kanaanitischen Heere des Nordens
gezogen. Vielleicht wird dieses alte
Lied hier von Hosea auf ironische Weise
benutzt. Während der bevorstehenden
Invasion wird Ephraim zerstört werden.
Benjamin wird, statt Ephraim in den
Kampf zu führen, von dem gleichen
Angreifer verfolgt werden. Dann könnte
man die Zeile so umschreiben: "Hinter
dir, o Benjamin, kommt der Eroberer
Ephraim her."
Die Zerstörung von Ephraim wird ganz
sicher eintreten, denn der Herr hat sie
angekündigt, und sein Wort ist
unverletzlich (
Ich verkündige, was sicher kommt ).
Dieses kommende Gericht wird den Fluch
des Bundes aus
3Mo 26,32-35 erfüllen.
Auch Juda wird letztlich nicht verschont
bleiben (vgl. aber
Hos 1,7 ). Seine Führer haben
ebenfalls den Bund gebrochen. Sie sind
wie
jene, die Grenzsteine verrücken,
denn sie zeigen keinerlei Achtung vor
dem Gesetz Gottes. Das Verrücken von
Grenzsteinen wurde vom Gesetz eindeutig
verboten (
5Mo 19,14 ) und war mit einem Fluch
belegt (
5Mo 27,17 ). Es war gleichbedeutend
mit Diebstahl, denn man verwischte
dadurch die gesetzlichen Grenzen
zwischen den Eigentümern und brachte
sich in den Besitz von Land, das jemand
anderem gehörte. Vielleicht wurde dieses
Verbrechen herausgegriffen, um dadurch
die ganzen sozialen Ungerechtigkeiten
deutlich zu machen, die von der
Oberklasse Judas begangen wurden (vgl.
Jes 5,8; Mi 2,1-2 ). Über die
sündigen
Führer Judas wird der Herr seinen
Zorn
ausgießen wie eine Wasserflut (wörtl.: "wie Wasser"), womit vermutlich
Regenwasser gemeint ist (vgl.
Am 5,8; 9,6 ).
Nach Vers
11-14 hat das Gericht bereits
begonnen. Ephraim wird unterdrückt und
zertreten. Wieder spielt Hosea auf den
Fluch des Bundes an (vgl.
5Mo 28,33 ). Dieses Gericht könnte
sich auf die assyrische Invasion von 733
v. Chr. beziehen (vgl.
2Kö 15,29 ). Israels Schwierigkeiten
gingen letztlich zurück auf seine eigene
Sünde, nicht auf den Imperialismus
Assyriens. Das Wort "
Götzen ", das sich in manchen
Übersetzungen findet, ist eine
Konjektur, denn das hebräische Wort saw
ist nicht bekannt. Andere Übersetzungen
schlagen vor, "menschliche Befehle"
einzusetzen, was jedoch unwahrscheinlich
ist. Vielleicht ist das hebräische Wort
eine Abwandlung des Wortes für
"Nichtigkeit" (
QAw? , Luther-Übers., nach der
LXX) oder "Dreck" (d. h. "Exkremente";
vgl. Andersen und Freedman,
Hosea , S. 409f). Es geht dabei
vermutlich um falsche Götter (daher der
Übersetzungsvorschlag "Götzen"). Der
hebräische Text lautet wörtlich: "denn
er lief beständig hinter der
Nichtigkeit/dem Dreck (?) her". Der
Begriff "hinterherlaufen", in der
Übersetzung "folgen", wird an anderen
Stellen mit Götzen als Objekt gebraucht
(vgl.
5Mo 4,3; 6,14; 8,19; 28,14; Jer 2,5 usw.).
Der Herr selbst führt sein Volk still,
aber effektiv in den Untergang.
Für Ephraim ist er wie eine Motte ,
die die Kleider zerstört (vgl.
Hi 13,28; Jes 50,9; 51,8 ).
Für Juda ist er wie Verwesung , die
Schritt für Schritt die Gebeine
zerfallen läßt (vgl.
Spr 12,4;14,30; Hab 3,16 ). Diese
ungewöhnliche Bildsprache bedeutet, daß
Gott die internationale Szene in
souveräner Weise beherrscht und sie
bereits Stück für Stück in Richtung
Zerstörung Israels wendet.
Die Antwort des Volkes auf seinen immer
stärker werdenden Zerfall (wie eine
Krankheit mit Wunden ) ging völlig
in die falsche Richtung. Das Nordreich
folgte dem Pfad der politischen
Zweckmäßigkeit und wandte sich um zu dem
Angreifer selbst, Tiglat-Pileser III.
von Assyrien. Auf diese Weise suchte es,
seine nationale Stabilität
wiederzugewinnen. Vermutlich bezieht
sich dieser Vers auf Hoseas Bündnis mit
Assyrien (
2Kö 17,3 ), das er schloß, als er
den Thron von Israel bestieg (vgl.
2Kö 15,30 ). Juda hatte ein
ähnliches Bündnis geschlossen, als es
durch Syrien und Israel bedroht worden
war (
2Kö 16 ). Zwar erwähnt Hosea in
Hos 5,13 b Juda nicht ausdrücklich,
aber der Kontext (V.
13 a.
14 a) macht deutlich, daß auch Juda
angesprochen ist. Diese Anstrengungen,
die Wunden des Volkes zu heilen, sind
vergeblich. Assyrien ist ein grausamer
Herr, aber kein Arzt. Sobald Hosea den
Tribut nicht mehr bezahlte, griffen die
Assyrer das Land wieder an (
2Kö 17,3-6 ).
Die Motte (V.
12 ) wird zu einem wütenden
Löwen , der seine Beute mit Macht
ergreift und tötet. Der Gebrauch von
sechs Verbformen in der ersten Person
(Ich) im Hebräischen betont Gottes
Anteil am Gericht. Letztlich ist der
Herr selbst der Angreifer und Zerstörer,
auch wenn er fremde Armeen als seine
Werkzeuge benutzt.
Für Ephraim wurde diese Weissagung nur
wenige Jahre später erfüllt, als
Assyrien Samaria eroberte und das Volk
in die Gefangenschaft führte (
2Kö 17 ). Juda wurde 701 v. Chr. von
den Assyrern überrannt, erlebte aber
eine wunderbare Befreiung, nachdem es
sehr verwüstet worden war (vgl. die
Anmerkungen zu
Hos 1,7 ). Die Weissagung über den
Fall und das Exil Judas (
Hos 5,14 ) wurde schließlich durch
Nebukadnezar erfüllt (
2Kö 25 ).
Hosea
3. Israels Erneuerung wird angekündigt
(
5,15 - 6,3
)
Der eigentliche Zweck des Gerichtes
Gottes über sein Volk ist, es
wiederherzustellen (vgl.
Hos 2,5-7 ). Nachdem das Volk Gottes
die gerechte Strafe für seine Sünden
empfangen hat, wird es sich in Buße und
Reue zu ihm kehren. Das hebräische Wort,
das mit sie
geben ihre Schuld zu übersetzt wird,
sollte besser wiedergegeben werden mit
"sie tragen [ihre] Strafe" (vgl. den
gleichen Ausdruck in
Hos 10,2; 14,1 ). Gott wird dessen
Gebete nicht hören. Er wird zurückgehen
an seinen Ort wie ein Löwe, der zu
seinem Lager zurückkehrt (vgl.
Hos 5,14 ), bis das Gericht über die
Nation ergangen ist. Im Gegensatz zu
ihrem früheren heuchlerischen Versuch,
den Herrn durch rituelle Opferungen zu
besänftigen (vgl. V.
6 ), werden die Menschen ihn nun
wirklich aufrichtig und ehrlich suchen.
Diese Verse enthalten die Worte, die die
bußfertige Generation der Zukunft sagen
wird, wenn sie den Herrn sucht. Die
Botschaft besteht aus zwei Kreisen, von
denen jeder eine Aufforderung (V.
1 a.
3 a) und eine motivierende
Verheißung (V.
1 b -
2.3 b) enthält.
Im Gegensatz zu der Torheit der
Vergangenheit (vgl.
Hos 5,13 ) wird sich Israel dem
Herrn als seiner Quelle der Heilung und
des Lebens zuwenden (vgl.
5Mo 32,39 ). Assyrien konnte Israel
nicht heilen (
Hos 5,13 ), aber der Herr kann es,
auch wenn er wie ein Löwe ist (
Hos 5,14 ). Er hatte es
in Stücke gerissen . Nun wartete das
Volk vertrauensvoll auf seine kommende
Erneuerung seiner nationalen
Lebenskraft. Die gleichbedeutenden
Ausdrücke "
nach zwei Tagen " und "
am dritten Tag " sprechen von einer
kurzen Zeitperiode, die bald eintreten
wird. Israel wird die Autorität des
Herrn anerkennen (im Gegensatz zu
Hos 4,1.6; 5,4 ). Das Wort für "
trachten " heißt wörtlich "folgen"
oder "nachjagen". Es zeigt die
Intensität der neugewonnenen Hingabe
Israels.
Der Herr wird auf diese Treue ganz
sicher antworten. Sein Hervortreten aus
seinem Versteck (vgl.
Hos 5,6.15 ) ist so sicher wie der
Sonnenaufgang. Er wird seinen Segen
ausgießen auf sein Volk, so wie der
Winter- und Frühlingsregen die Erde
bewässert und die
landwirtschaftliche Fruchtbarkeit
sichert. Dieser Vergleich ist besonders
treffend, denn die Regelmäßigkeit dieser
Regenfälle galt als ein Zeichen der
Gunst Gottes (vgl.
5Mo 11,13-15 ).
Hosea
B. Die Anklage des Herrn gegen Israel
wird erweitert
(
6,4 - 11,11
)
Die Anklage des Herrn gegen Israel wird
in diesen Kapiteln erneut erweitert.
Besonders betont wird die Schuld des
Volkes, vor allem seine Undankbarkeit.
Wie im vorhergehenden Abschnitt auch
(vgl.
Hos 5,15-6,3 ) wechselt das Thema am
Ende dieses Abschnittes vom Gericht zur
Erneuerung (vgl.
Hos 11,8-11 ) über. Jeder
Unterabschnitt wird dabei durch eine
direkte Anrede eingeleitet (vgl.
Hos 6,4; 9,1; 11,8 ). Die beiden
Gerichtsreden (
Hos 6,4- 8,14; 9,1-11,7 ) sprechen
in ihrer Zusammenfassung von einer
Rückkehr nach Ägypten (vgl.
Hos 8,13; Hos 11,5 ), während der
kurze Heilsabschnitt (
Hos 11,8-11 ) die Rückkehr des
Volkes Gottes aus diesem Land im
Blickfeld hat (vgl.
Hos 11,11 ).
Die erste Gerichtsrede besteht aus zwei
Teilen (
Hos 6,4-7,16; 8 ). In beiden geht es
um einen Bundesbruch in den einleitenden
Versen (
Hos 6,7; 8,1 ), und in beiden wird
gegen Ende Ägypten erwähnt (
Hos 7,16; 8,13 ).
a. Israels Undankbarkeit wird bestraft
(
6,4 - 7,16
)
Diese Verse sind im wesentlichen
anklagender Natur, obwohl gegen Ende
auch das Gericht erwähnt wird (vgl.
Hos 7,12-13.16 ). Die Versuche
Gottes, sein Volk zu erneuern, stehen im
Gegensatz zu dessen Auflehnung. Die
einzelnen Unterabschnitte werden jeweils
durch eine Erwähnung der gnädigen
Haltung Gottes gegenüber dem Volk
eingeleitet (vgl.
Hos 6,4-11 a;
Hos 6,11 b-
Hos 7,12; 7,13-16 ).
Die Argumentation Gottes beginnt mit
einer rhetorischen Frage an Ephraim und
Juda. Sie ist voller Verzweiflung und
Frustration. Gottes Volk hat alle seine
Versuche, es zu Verstand zu bringen,
verworfen. Seine
Liebe (
HeseD
; vgl.
Hos 2,21; 4,1 ) zum Herrn ist höchst
flüchtiger Natur (
Hos 6,4 b).
Wie der Nebel oder der Tau am frühen
Morgen haben sich Treue und Hingabe
immer wieder schnell verflüchtigt.
Gottes Versuche, sein untreues Volk zu
sich zurückzubringen, waren gewaltig
gewesen (vgl.
Am 4,6-11 ). Seine Worte des
Gerichtes, die durch die Propheten
verkündigt worden waren, hatten
plötzlichen Tod und Zerstörung für viele
Menschen gebracht (vgl.
Jer 1,10; 5,14 ).
Der Grund für solch schwere Züchtigung
wird noch einmal wiederholt: Gottes Volk
hat das eigentliche Verlangen Gottes
nicht verstanden. Ihm geht es um Hingabe
(
HeseD
;
Barmherzigkeit ) und Treue (
Erkenntnis Gottes ; vgl.
Hos 2,22; 4,1.6 ), die sich im
Halten der Bundesverpflichtungen zeigt.
Wenn die Opfer nicht aus Gehorsam heraus
gebracht werden, sind sie bedeutungslos
und sogar beleidigend für Gott (vgl.
1Sam 15,22; Jes 1,11-20; Am 5,21-24; Mi
6,6-8 ).
Statt Gott zu gefallen, hat das Volk
den Bund gebrochen und war
untreu (
bAGaD
; vgl. die Anmerkungen zu
Hos 5,7 ) gegen Gott. Das hebräische
Wort für "wie Adam" kann auf
verschiedene Weise übersetzt werden. "
Bei Adam " setzt eine kleine
Änderung im Hebräischen voraus und würde
auf einen geographischen Ort in der Nähe
des Jordan hinweisen. Das Wort "dort" in
der nächsten Zeile und auch die
Erwähnung von anderen Orten in
Hos 6,8-9 könnten diese Übersetzung
unterstützen. "Wie Menschen" versteht
das hebräische Wort
?ADAm
in seinem weitesten,
allgemeinsten Sinn und nicht als
Eigenname. In diesem Fall wird ein
Vergleich gezogen zu der gefallenen
Menschheit, deren Neigung zur Untreue
wohlbekannt ist (vgl.
Jes 40,6-8 ; des Menschen
HeseD
["Herrlichkeit",
Jes 40,6 ] ist so vergänglich wie
Gras und wie Blumen, die in der Sonne
verwelken). Auf der anderen Seite ist
auch ein Vergleich mit Adam, dem ersten
Menschen, möglich, der Gottes Gebot
bewußt übertrat, als er von dem
verbotenen Baum aß.
Eine weit verbreitete physische
Gewalttätigkeit ist nur eins der
Beispiele für die Untreue des Volkes (V.
8-9 ; vgl.
2Mo 20,13 ). Da Gilead ein Bezirk
war, nicht eine Stadt, ist in
Hos 6,8 a vermutlich von der Stadt
Ramot-Gilead, östlich des Jordan, die
Rede. Diese Stadt war zu einem Zentrum
geworden für
gottlose Menschen (wörtl.: "Arbeiter
der Frevelhaftigkeit"). In
Ps 5,6 wird der gleiche Ausdruck mit
"die Unrecht tun" übersetzt. Er bezieht
sich auf die übelste Sorte Menschen, die
aktiv die Gerechtigkeit unterdrücken und
die Objekte des Hasses Gottes sind. In
diesem Fall sind sie des Mordes schuldig
(
Hos 6,8 b). Die Straßen der Stadt
sind sozusagen durch die Sandalen der
Mörder mit Blut besprengt (vgl.
1Kö 2,5 ). Die Bildsprache macht
sowohl das Ausmaß als auch die Gewißheit
der Schuld deutlich. Leider ist es nicht
mehr möglich, den genauen historischen
Hintergrund des Verbrechens zu
bestimmen. Vielleicht geht es um die
Unterdrückung der Armen. An anderen
Stellen wird davon geredet, daß die
"Arbeiter der Frevelhaftigkeit" darin
schuldig sind, daß sie die Armen
unterdrücken, was manchmal mit Mord
verbunden war (vgl.
Ps 94,4-6; Jes 1,21-23 ).
Auch der Hintergund dieses Verses ist
unklar. Vielleicht hatten Gruppen
von Priestern tatsächlich Reisende
auf dem Weg
nach Schechem ermordet.
Wahrscheinlicher ist jedoch, daß die
Sprache bildhaft ist und vielleicht auf
die falsche Lehre der Priester und ihre
Teilnahme an der sozialen Ausbeutung der
Menschen hinweist. Die Erwähnung von
(Ramot) Gilead und Schechem ist sehr
bewußt. Josua hatte diese beiden Städte
als Freistädte bestimmt, in denen
Totschläger eine Zuflucht finden konnten
(
Jos 20,1-2.7-8 ; vgl. die Karte "Die
sechs Freistädte" zu
4Mo 35 ). Auf diese Weise sollte das
Land vor einem Überhandnehmen der
Blutrache bewahrt und die Gerechtigkeit
gefördert werden. Ironischerweise waren
gerade diese beiden Städte in den Tagen
Hoseas für das Blutvergießen und die
Ungerechtigkeit bekannt.
Die
Verbrechen der Priester waren
schändlich . Dieses Wort (
zimmCh
) wird sonst für die
schlimmsten sexuellen Sünden, besonders
auch von Inzucht (
3Mo 18,17 ), kultischer Prostitution
(
3Mo 19,29 ), Vergewaltigung (
Ri 20,5-6 ) und Ehebruch (
Hi 31,9-11 ) benutzt. Die sexuelle
Bedeutung liegt hier vermutlich
ebenfalls im Hintergrund, weil der
Bundesbruch der Priester (
Hos 6,6-7 ) mit Hurerei verglichen
wird (V.
10 ).
Die Sünde des Volkes wird in mächtigen
Bildern beschrieben. Der weitverbreitete
Bundesbruch (V.
6 - 7 ) ist eine schreckliche Sache.
Jeremia benutzt einen ähnlichen
Ausdruck, um verdorbene Feigen, die
nicht mehr eßbar waren, zu bezeichnen (
Jer 29,17 ). Israel ist durch seine
Hurerei, seine Untreue gegen den Herrn
(vgl.
Hos 5,3 ),
verdorben . Der Vergleich des
Gerichtes mit
einer Ernte (vgl.
Jer 51,33; Joe 4,13 ) macht dessen
Unausweichlichkeit (
bestimmt ) und Gründlichkeit
deutlich.
Zu Anfang dieses Unterabschnittes wird
davon gesprochen, daß der Herr gerne
sein Volk heilen möchte (vgl.
Hos 6,1 ). Gott möchte Israel wieder
in den Stand des Segens erneuern, aber
seinen Versuchen folgten immer wieder
neue Ausbrüche der
Sünde und
Verbrechen . Das im Volk weit
verbreitete Lügen und Stehlen sind
letztlich Auswirkungen der mangelnden
Ehrfurcht vor dem Bund Gottes (vgl.
2Mo 20,15 ).
Aber als ob es es noch schlimmer machen
wollte, hat es auch Gottes moralisches
Wesen mißachtet, indem es nicht
erkannte, daß er sorgfältig auf dessen
Sünden achtet (vgl.
Ps 50,16-21 ). Deshalb haben es
seine Sünden wie eine Mauer völlig
umgeben (es
umzingelt ) und jede Umkehr
unwahrscheinlich gemacht. (Das
hebräische Wort für "ihre Sünden" wird
in
Hos 5,4 mit "ihre Taten"
wiedergegeben.)
Die Herrscher sind nicht anders als ihre
Untergebenen. Ein frommer Herrscher
hätte sich allen Formen der
Gottlosigkeit widersetzen müssen,
diese Führer aber haben ihre Freude
daran.
Israel ist ein Volk von
Ehebrechern . Es ist nicht ganz
klar, ob es hier um den Bruch des Bundes
Gottes (vgl.
Hos 6,10 ) oder um tatsächlichen
Ehebruch (vgl.
Hos 4,2.13-14 ) geht. Jedenfalls ist
Israels Leidenschaft zum Ungehorsam wie
ein Feuer, das tief in einem Ofen
brennt, während der
Bäcker den Teig knetet und wartet,
daß der Säuerungsprozeß vollendet wird.
Wie ein
Ofenfeuer konnte Israels
Leidenschaft für eine kurze Zeit
nachlassen, aber doch war sie immer
gegenwärtig, bereit aufzulodern, wenn
man sie anstocherte (vgl.
Hos 7,6 ).
Zwischen 752 und 732 v. Chr. wurden vier
israelische Herrscher ermordet (vgl.
2Kö 15 ). Diese politischen Intrigen
bilden den Hintergrund von
Hos 7,5-7 .Wir finden hier eine
Beschreibung darüber, wie die
Verschwörer ihre Pläne durchgeführt
haben.
Die Tage des Festes unseres Königs sind vermutlich ein Hinweis auf eine
besondere Feierlichkeit, bei der der
Herrscher im Mittelpunkt des Interesses
stand. Der König feierte zusammen mit
seinen
Fürsten , die hier als
Spötter bezeichnet werden,
vermutlich weil sie völlig vom
Wein beherrscht wurden (vgl.
Spr 20,1 ). Während sie mit dem
naiven König zusammen feierten, planten
sie seinen Sturz.
Die Luther-Übersetzung in Vers
6 , "
ihr Grimm schläft ", wird zwar durch
äußere Argumente gestützt, macht jedoch
eine leichte Veränderung des hebräischen
Textes nötig. Der masoretische Text
lautet: "ihr Bäcker schläft". Dies ist
zwar sicher schwieriger zu verstehen,
aber doch nicht unmöglich vom
Zusammenhang her, vor allem im Blick auf
Hos 7,4 .Dann würde hier der
Vergleich ihres Herzens mit einem
Ofen fortgeführt. Man könnte Vers 6
so umschreiben: "Wenn sie dem König
nahen, sind
ihre Herzen wie ein Ofen voller Feuer
. Und so wie das Feuer nur niedrig
brennt, solange der Bäcker nichts tut,
bleibt auch ihr Vorhaben ein Geheimnis.
Aber wenn die Zeit des Handelns kommt,
verwirklichen sie ihren zerstörerischen
Plan, so wie ein Feuer in einem Ofen
auflodert, wenn die Zeit des Backens
gekommen ist."
Weil der königliche Hof in Israel voll
solcher Mörder war, wechselte die
Königskrone recht häufig ihren Besitzer.
In dieser ganzen Zeit der Palastrevolten
und Königsmorde machte niemand sich die
Mühe, den Herrn aufzusuchen, den wahren
König Israels und die einzige Quelle für
nationale Stabilität.
Statt dessen versuchte sich Ephraim
vergeblich mit der Außenpolitik zu
sichern (V.
8 - 12 ). Das Bild des Backens wird
in Vers
8 fortgeführt (vgl. V.
4.6 - 7 ). Israel ist Allianzen mit
fremden Völkern eingegangen (vgl. V.
11 ;
Hos 8,9 ). Dies wird verglichen mit
dem Mengen von Mehl und Öl, um daraus
Kuchen zu formen (
bAlal
, mischen, wird in diesem
Sinn häufig benutzt). Diese Politik hat
sich als selbstzerstörerisch erwiesen.
Israel ist wie ein Kuchen geworden, der
auf heißen Steinen liegt und nicht
gewendet wurde - verbrannt und bald auch
verworfen.
Die negativen Folgen der israelitischen
Außenpolitik werden in diesem Vers
weiter beschrieben. Das Volk wird mit
einem älteren Mann verglichen, der nicht
erkannt hat, wie er immer älter geworden
ist (den Verlust an physischer Kraft und
das Ergrauen der
Haare ). Der Tod ist näher, als er
erwartet. Vermutlich geht es darum, daß
Israel seine politische Autonomie
verlieren wird. Dieser Verlust wird
bereits angedeutet durch die
Tributzahlungen, die stark an seinem
Wohlstand und seiner Wirtschaft zehrten
(vgl.
2Kö 15,19-20; 17,3 ).
Trotz seiner geschwächten Position
kehrte Israel nicht um. Die Weigerung (
Hochmut ) des Volkes, den Bundesgott
anzuerkennen, belastete es selbst (vgl.
zeugt gegen es; vgl. auch die
Anmerkungen zu
Hos 5,5 ).
In seinen Bemühungen, Allianzen mit
ausländischen Mächten zu schließen,
konnte Israel mit
einer Taube verglichen werden, was
von einer gewissen Naivität zeugt (vgl.
den Kommentar zu
Hos 11,11 ). Unter Menahem (ca. 743
od. 738 v. Chr.) hielt sich Israel an
die Oberherrschaft Assyriens (
2Kö 15,19-20 ). Pekach (ca. 734 v.
Chr.) strebte eine Koalition gegen
Assyrien an, die Tiglat-Pileser III.
jedoch grausam zerschlug (
2Kö 15,29 ). Hoschea (732 - 722 v.
Chr.) stoppte, nachdem er eine Zeitlang
die Herrschaft Assyriens akzeptiert
hatte, die Tributzahlungen und begehrte
eine Allianz mit
Ägypten (
2Kö 17,3-4 a). Diese Rebellion
führte zum Untergang des nördlichen
Königreiches (
2Kö 17,4 b.
5-6 ), das unvermeidbare Ergebnis
einer Außenpolitik, die 20 Jahre lang
durch unschlüssige und unangemessene
Maßnahmen charakterisiert wurde.
Das Schlimmste aber ist, daß in Israels
Politik kein Platz für Gott ist (vgl. V.
7.10 ). Deshalb wird er im Gericht
eingreifen. Während Israel sich mit der
ganzen Naivität einer Taube (V.
11 ) Bündnispartner sucht, wird der
Herr wie ein kluger und gut
ausgerüsteter Jäger kommen und es
fangen.
Hier wird die Verwerfung Gottes durch
Israel gezeigt. Das Volk wollte eine
reiche Ernte (
Korn und neuen Wein ), brachte aber
Gott nicht die ganze Hingabe des
Herzens, ohne die landwirtschaftliche
Fruchtbarkeit unmöglich war. Es heulte (
yAlal
, wörtl.: "brüllen"; vgl.
Joe 1,11 ) und verletzte sich
selbst, als es über die mangelhafte
Ernte klagte. Im zweiten Satz dieses
Verses scheint die Lesart "Sie ritzten
sich selbst" (Luther-Übers., nach der
LXX und einigen hebräischen
Handschriften) eher wahrscheinlich als "
Sie versammelten sich ". Das Ritzen
der Haut galt als Zeichen der Trauer
(vgl.
Jer 16,6; 41,5; 47,5 ) und war nach
dem Gesetz verboten (
5Mo 14,1 ), weil es zu sehr mit
heidnischen Praktiken verbunden war. Die
Propheten Baals schnitten sich selbst,
um Baal, den Sturmgott, zum Handeln zu
bringen (vgl.
1Kö 18, 28 ).
Auch Israels Auflehnung macht seine
Undankbarkeit deutlich. Der Herr hat es
(wört.: "ihre Arme")
gelehrt und gestärkt . Der Ausdruck
"die Arme stärken" kann sich sonst auf
eine göttliche Verleihung militärischer
Macht beziehen (
Hes 30,24-25 ). Vielleicht geht es
um die militärischen Erfolge Israels in
der Vergangenheit (so z. B. die von
Jerobeam II.; vgl.
2Kö 14,25-28 ). Trotz der Erfahrung
göttlicher Hilfe im Kampf hat Israel
Gott wie einen Feind behandelt. Der
Ausdruck "
plant Böses gegen mich " spricht von
intensiver Feindschaft und Widerstand.
Eine ähnliche Sprache wird benutzt, um
den Versuch der Brüder Josephs, ihn
umzubringen, zu bezeichnen (
1Mo 50,20 ).
Israels Feindschaft gegen den Herrn ist
ein Ausdruck seiner Untreue. Israel ist
wie ein schlaffer Bogen . Solch eine
Waffe ist nicht verläßlich, denn sie
gehorcht dem Bogenschützen nicht
richtig. Auf gleiche Weise macht die
Feindlichkeit Israels gegen Gottes Gnade
das unzuverlässige, untreue Wesen des
Volkes deutlich (vgl.
Ps 78,57 ).
Die Führer des Volkes, die ihre wahre
Quelle der Kraft verworfen haben (vgl.
Hos 7,15 ), werden
wegen ihres Stolzes im Kampf
untergehen. Der Ausdruck "
freche Worte " meint eine förmliche
Verwerfung oder einen Fluch. Die
Ablehnung der göttlichen Hilfe durch
Israel zugunsten außenpolitischer
Allianzen wird mit einer verbalen
Zurückweisung Gottes verglichen. Aber
Israel wird selbst zu einem Objekt des
Spottes werden unter den Ägyptern,
dessen Hilfe es törichterweise gesucht
hat (vgl. V.
11 ).
Das Kapitel beginnt mit einer
alarmierenden Aussage. Eine
Posaune muß geblasen werden, um den
herannahenden Kampf anzukündigen (vgl.
Hos 5,8 ). Ein Feind (die Assyrer)
ist bereit, wie ein mächtiger
Adler über Israel zu kommen. Diese
Gerichtsankündigung erinnert an den
Fluch des Bundes aus
5Mo 28,49 .
Das Haus des HERRN bezieht sich hier
auf das Land Israel (wie in
Hos 9,15 auch; vgl. "das Land des
Herrn",
Hos 9,3 ). Wieder wird von Israel
gesagt, daß es ein widerstrebendes Volk
ist (vgl.
Hos 7,13 ).
Israel gibt wohl vor, den Herrn
anzubeten, nennt ihn seinen Gott und
behauptet, seine Autorität anzuerkennen.
Aber dies ist nur ein Lippenbekenntnis
(vgl.
Hos 4,1.6; Hos 5,4 ). Seine sündigen
Taten sprechen lauter als seine Worte.
In Wirklichkeit hat es
verworfen, was gut ist (die
moralischen und ethischen Gebote Gottes;
vgl.
Am 5,14-15; Mi 6,8 ). Deshalb wird
ein Feind es bald verfolgen. Der
schnelle Rückzug ist ein Bild für die
Erfüllung eines weiteren Bundesfluches
(vgl.
5Mo 28,45 ).
Zwei Beispiele der Sünde Israels werden
in Vers
4-6 genannt. Israel hat sich Könige
und andere Herrscher eingesetzt, ohne
den Herrn um Rat zu fragen. Hier wird
erneut auf eine Reihe von Palastrevolten
angespielt, die das Nordreich nach der
Herrschaft von Jerobeam II. heimsuchten
(vgl.
Hos 7,5-7 ). Israel hat sich
Götzen für sich selbst gemacht und
damit das zweite Gebot gebrochen (vgl.
2Mo 20,4 ).
Das
Kalbsbild von Samaria (vgl. V.
6 ) wird besonders herausgegriffen,
weil es die götzendienerische Natur
Israels versinnbildlicht. Da wir keinen
Bericht über die Errichtung eines
solchen Götzenbildes in Samaria finden,
kann es sein, daß die Stadt Samaria hier
stellvertretend für das gesamte
Nordreich steht (vgl.
Hos 7,1; 10,7 ). Wenn dies so ist,
dann ist das Kalbsbild vermutlich das
Bild, das von Jerobeam I. in Bethel
aufgestellt wurde (vgl.
1Kö 12,28-30; Hos 10,5 ). Durch das
Aufstellen goldener Kälber (eines in Dan
und eines in Bethel) wiederholte
Jerobeam die Sünden früherer
Generationen (vgl.
2Mo 32,1-4 ). Vermutlich sahen die
Menschen hinter diesen Bildern den
Sturm- und Fruchtbarkeitsgott Baal (vgl.
Hos 13,1-2 ).
Die Worte "
hinauswerfen " folgen der
Septuaginta. Wörtlich heißt der
hebräische Text: "Er hat dein Kalb
verworfen, o Samaria" (vgl.
Luther-Übers., die allerdings in der 1.
Pers. Sing. wiedergibt). Daß hier in
einer wörtlichen Rede in der dritten
Person von Gott gesprochen wird, ist
ungewöhnlich, wenn es auch an anderen
Stellen hin und wieder vorkommt (vgl.
Hos 1,7 ,"der Herr";
Hos 2,24 ,"der Herr";
Hos 4,6 ,"dein Gott";
Hos 4,10 ,"der Herr";
Hos 4,12 ,"ihr Gott";
Hos 8,13 "der Herr" und "er").
"Verworfen" (im Hebr. in V.
5 ) bildet ein interessantes
Wortspiel mit "verworfen" in Vers 3.
Israel hat verworfen (
zAnaH
), was gut ist, und sich
den Götzen zugewandt. Der Herr nun
antwortet darauf, indem er Israels
Götzen verwirft (
zAnaH
). So wie Mose und Josua
gewarnt hatten (
5Mo 11,17; Jos 23,16 ), ist der Zorn
Gottes gegen die Götzendiener entbrannt.
Voll Trauer fragt der Herr:
Wie lange werden sie nicht gereinigt
werden können?
Das Kalbsbild (V.
5 ) ist ein Produkt menschlichen
handwerklichen Könnens. Wie also kann es
ein Gott sein? (Vgl.
Jes 40,18-20; 44,9-20 .) Die Worte "
es ist nicht Gott " sollen
vermutlich Jerobeam widerlegen, der von
den Kälbern gesagt hatte: "Hier sind
deine Götter, o Israel" (
1Kö 12,28 ; vgl.
2Mo 32,4 ). Die Vernichtung dieser
Bilder wird die Vergänglichkeit des
Götzendienstes zeigen.
Der Ausdruck "
sie säen den Wind " verbindet zwei
Gedankengänge. Er spricht von der
Vergeblichkeit ihres heidnischen
Götzendienstes (V.
4 - 6 ) und ihrer Außenpolitik (V.
8 - 10 ). "Wind" steht für das, was
ohne Inhalt und daher wertlos ist und
keine wirkliche Hilfe sein kann (vgl.
Spr 11,29 ). Israel wird in
besonderem Maße ernten, was es gesät
hat. Die Sinnlosigkeit (Wind), die es
wie Samen gepflanzt hat, wird eine Ernte
der Vernichtung hervorbringen
(dargestellt durch den
Wirbelwind ). Alle Versuche der
Selbsterhaltung werden letztlich
selbstzerstörerisch wirken.
Das Bild aus der Landwirtschaft wird
fortgeführt. Israels Ernte wird wertlos
sein und nur Halme, aber kein Korn
enthalten. Selbst wenn es Korn
produzieren würde, würden Fremde es
wegnehmen und das Volk hätte keinen Lohn
für seine Arbeit.
Israel ist bereits durch seine
Außenpolitik verschlungen (vgl.
Hos 7,8-12 ). Seine Verbindungen zu
fremden Völkern rauben dem Volk seine
Stärke und Identität als Volk Gottes.
Israel ist so wertlos geworden wie ein
zerbrochener Topf (vgl.
Jer 22,28; Jer 48,38 ). Die Worte "
wertloses Ding " heißen wörtlich:
"ein Topf, an dem niemand Freude hat".
Israels Versuch, sich mit
Assyrien zu verbinden, kann mit dem
Wandern eines Wildesels verglichen
werden, ein Tier, das für sein Verlangen
nach Unabhängigkeit von allen Bindungen
bekannt ist (vgl.
Hi 39,5-8 ). Außerdem werden die
Allianzen Israels mit Hurerei
verglichen. Wie eine Hure hat sie
sich selbst an Liebhaber (d. h.
ausländische Völker)
verkauft .
Trotz des verzweifelten Versuches
Israels, sich selbst zu erhalten, ist
das Gericht Gottes unausweichlich und
sicher. Der Herr wird als jemand
angesehen, der es von seinen Wanderungen
nach Assyrien und Ägypten zurückbringt,
um es zu unterdrücken (vgl.
Hos 7,13 ). Das Werkzeug dieses
Gerichtes wird
der mächtige König (d. h. der König
Assyriens; vgl.
Hos 10,6 ) sein, dessen Hilfe Israel
ironischerweise gesucht hatte.
Eine andere Sünde Israels ist sein
heuchlerischer Ritualismus. Die Menschen
haben
viele Altäre für Sündopfer gebaut .
Aber diese Altäre sind zu
Altären für das Sündigen geworden,
denn die dort vollzogenen rituellen
Handlungen sind nur Heuchelei. Wenn die
Opfer nicht mit einer ganzen Hingabe an
seine Gebote, die von Herzen kommt,
verbunden sind, dann sind sie eine
Beleidigung für Gott (vgl.
Hos 6,6; Jes 1,11 ). Israel hat
viele Altäre gebaut, aber zur gleichen
Zeit
die vielen Dinge des Gesetzes Gottes
(die Verpflichtungen des Bundes; vgl.
Hos 8,1 )
wie etwas Fremdes behandelt. Deshalb
nimmt der Herr die Opfer, die es ihm
opfert, nicht an. Vielmehr wird er das
Volk für seine Sünden strafen, indem er
es in die Gefangenschaft wegführen läßt.
Ägypten steht hier als Symbol für den
Ort des zukünftigen Exils und der
Knechtschaft (vgl.
Hos 9,3; 11,5; 5Mo 28,68 ). Zugleich
wird dadurch deutlich, wie sehr das
Gericht Gottes der Schuld angemessen
ist. In der Befreiung aus der
Knechtschaft Ägyptens hatte Israel die
Gnade Gottes erfahren. Weil es nun diese
Gnade verschmäht hat, wird es wieder in
die Sklaverei zurückkehren müssen.
Ein letztes Beispiel für die Untreue des
Volkes ist seine Selbstzufriedenheit.
Juda wird an dieser Stelle ausdrücklich
mit eingeschlossen. Nachdem es vergessen
hat (vgl.
Hos 2,13 ), daß sein Dasein nur von
dem Herrn abhängt (vgl.
seinem Schöpfer ), hat Gottes Volk
voller Stolz durch seine eigenen
Anstrengungen Berühmtheit (
Paläste ) und Sicherheit (
viele Städte befestigt, Festungen ;
vgl.
Hos 10,14 ) für sich gesucht. Aber
der Herr wird diese falschen
Sicherheiten zerstören (durch
Feuer ) und auch dadurch einen
Bundesfluch erfüllen (vgl.
5Mo 28,52 ). Gottes Gericht kam
durch die Assyrer. Sanherib "griff alle
befestigten Städte Judas an und eroberte
sie" (
2Kö 18,13 ).
Hosea
2. Israels Schuld und Strafe wird
wiederholt
(
9,1 - 11,7
)
Diese Gerichtsbotschaft besteht aus vier
Abschnitten. Der erste (
Hos 9,1-9 ) beginnt mit einer
direkten Anrede an Israel, die als
äußere Markierung eines neuen
Abschnittes dient (vgl.
Hos 6,4 ). Die anderen Abschnitte
beginnen mit einer Anspielung auf die
frühe Geschichte Israels (
Hos 9,10; 10,1; 11,1 ).
a. Israels Feindlichkeit wird bestraft
(
9,1 - 9
)
Israel soll sich
nicht freuen in Erwartung einer
reichen Ernte (vgl. V.
2 ), denn seine Untreue hat
jeglichen weiteren Segen Gottes
unmöglich gemacht (V.
1 ; vgl.
Hos 2,10-11 ).
Auf allen Tennen hat Israel
fälschlicherweise den Reichtum der Ernte
Baal zugeschrieben (vgl.
Hos 2,7 ). Es ist zu einer Hure
geworden, die ihre Anbetung Baal schenkt
und die von Baal den
Lohn einer Hure empfängt. Dieser
"Lohn" ist Weizen (auf der Tenne), Wein
und Feigen (
Hos 2,14 ), Speise, Wasser, Wolle,
Leinen, Öl und Getränk (
Hos 2,7 ). Israel glaubte also, daß
es durch seine Hingabe (Prostitution) an
Baal von diesem gesegnet würde durch
reiche Ernten und andere Dinge des
täglichen Lebens.
Die reichen Ernten werden aufhören (
Hos 9,2 ; vgl.
Hos 2,11-14 ). Gott wird die
Bundesflüche erfüllen (vgl.
5Mo 28,30.38-42.51 ) und Korn und
Wein wegnehmen (vgl.
Hos 2,11; 7,14 ).
Weinpressen (
yeqeB
) wurden sowohl für Trauben
als auch für Oliven benutzt (vgl.
Joe 2,24 ). Da Wein noch besonders
erwähnt wird (in der letzten Zeile von
Hos 9,2 ), könnte sich
yeqeB
in diesem Zusammenhang
hauptsächlich auf Öl beziehen (vgl.
Korn, Wein und Öl in
Hos 2,10.24 ).
Das Gericht, von dem in Vers
2 gesprochen wurde, wird letztlich
durch Invasion und Gefangennahme
durchgeführt werden. Das Land gehört dem
Herrn (vgl.
2Mo 15,17; 3Mo 25,23 ), der für
seine Fruchtbarkeit zuständig ist (vgl.
5Mo 11,10-12 ). Als das Volk anfing,
die Produkte des Landes Baal
zuzuschreiben, verwirkte es den Segen
eines Lebens in Frieden und Wohlstand (
5Mo 11,8-21 ). Erneut wird Ägypten
als Symbol für den Ort des Exils genannt
(vgl.
Hos 7,16; 8,13; 11,5 ). Assyrien
wird der tatsächliche Ort sein (
2Kö 17,6 ). Dort, in einem unreinen
Land (vgl.
Am 7,17 ), wird Israel gezwungen
sein, kultisch
unreine Speise zu essen (vgl.
Hes 4,13 ), statt die Früchte des
Segens Gottes zu genießen. Die Strafe
paßt zu dem Verbrechen. Israel ist durch
seine Sünde verunreinigt worden (vgl.
Hos 5,3; 6,10 ). Wie passend also,
daß es unreine Speise in einem unreinen
Land zu sich nehmen muß.
Im Exil wird jede Möglichkeit, dem Herrn
zu dienen und ihn anzubeten, aufhören.
Wieder ist die Strafe äußerst
angemessen. Israels levitischer
Gottesdienst war durch Heuchelei
verdorben worden (vgl.
Hos 6,6; 8,11-13 ). Ein Volk, das
seinen äußeren Gottesdienst nicht in der
rechten inneren Einstellung feiern will,
verliert auch das Vorrecht auf diesen
Gottesdienst.
Weinopfer , die bei gewissen Arten
von Opfern gebracht wurden (vgl.
4Mo 15,1-12 ), werden aufhören. Die
Opfer, die in einem fremden Land
dargebracht werden, können Gott nicht
gefallen. Sie werden den gleichen Effekt
haben für die, die das Opfer darbringen,
wie Brot, das von
Trauernden gegessen wird, die alles,
was sie berühren, kultisch unrein
machen, weil sie Kontakt mit einem toten
Körper gehabt haben (vgl.
4Mo 19,14-15.22 ). Solch ein Brot
durfte im Gottesdienst nicht mehr
verwendet werden.
Hos 9,4 b sollte übersetzt werden: "
alle, die es essen (d. h. das Brot
der Trauernden),
werden unrein ; solches Brot kann
zwar den Hunger sättigen, darf aber
nicht in den
Tempel des Herrn gelangen". Dann ist
Vers 4 b eine allgemeine Aussage über
das Brot von Trauernden und nicht eine
zusätzliche Weissagung über den
Gottesdienst und die Opferungen im Exil.
Die rhetorische Frage in diesem Vers
macht die hoffnungslose Lage der
Weggeführten deutlich. Israel wird nicht
einmal mehr die wichtigsten
Feiern (
Feste und
Tage sind im Hebr. beide Sing.)
seines religiösen Kalenders begehen
können. Vielleicht steht hier besonders
das Laubhüttenfest im Blickpunkt (vgl.
3Mo 23,39 ).
Zerstörung wird über das Land kommen
(vgl.
Hos 7,13; 10,14 ). Alle, die dem
Schwert der angreifenden Armee
entkommen können, werden in die
Gefangenschaft geführt werden. Die
Erwähnung von Ägypten hat hier
vermutlich die gleiche Bedeutung wie an
den vorangehenden Stellen (vgl. die
Anmerkungen zu
Hos 8,13; 9,3 ).
Memfis , etwa 30 km südlich des
heutigen Kairo, war besonders als
Grabstätte berühmt. Hier steht es für
die Bestimmung der Gefangenen - eine
Grabstätte in der Fremde. Nur wenige
werden jemals wieder in ihre Heimat
zurückkehren (vgl.
Jer 44,1-14 ). In der Zwischenzeit
werden die Besitztümer der Weggeführten
(
Schätze von Silber ) und ihre Häuser
(
Zelte ) in Ruinen liegen und von
Nesseln und Dornen überwuchert sein
(vgl.
Hos 10,8 ).
Die Feindschaft des Volkes gegen die
wahren Propheten Gottes ist einer der
wichtigsten Gründe für das Gericht (V.
7 - 9 ). Ein
Narr ist jemand, der geistig krank
ist (vgl.
1Sam 21,14-16 ). An anderen Stellen
wird dieser Ausdruck für gottlose
Menschen benutzt, die sich über einen
echten Propheten lustig machen (vgl.
2Kö 9,11; Jer 29,26-27 ).
Feindlichkeit (auch in
Hos 9,8 benutzt) bezieht sich auf
eine starke Abneigung, so wie Esau sie
gegen Jakob fühlte, als dieser ihn um
seinen Erstgeburtssegen betrogen hatte (
1Mo 27,41 ).
Die Ironie in dieser Situation ist, daß
Israel versucht, die Propheten Gottes,
die Wächter über das Volk, zu verführen.
Ein
Wächter war verantwortlich dafür,
daß eine Stadt vor einem nahenden Feind
gewarnt wurde (vgl.
Hes 33,6 ). In gleicher Weise
sollten die Propheten Gottes das Volk
vor dem kommenden Gericht über die Sünde
warnen (vgl.
Jer 6,17; Hes 3,17; 33,7-9 ).
Das Haus seines Gottes bezieht sich
auf das Land Israel (vgl.
Hos 8,1; 9,15 ).
Die Tiefe der Sünde des Volkes gegen
Gott wird von Hosea aufgezeigt, indem er
die Tage von Gibea erwähnt (vgl.
Hos 10,9 ). Er erinnert damit an die
Ereignisse, die bei der brutalen
Vergewaltigung und Ermordung der
levitischen Konkubine durch einige
bisexuelle Männer von Gibea geschehen
waren (
Ri 19 ). Darüber hatte es geheißen:
"Solch ein Ding wurde nie gesehen noch
getan, nicht seit dem Tag, an dem die
Israeliten aus Ägypten herauskamen" (
Ri 19,30 ). Hosea aber sagt, daß
dieser schwarze Fleck in der Geschichte
Israels nun durch die dreisten Sünden
Israels gegen den Herrn aufgewogen wird.
Hosea
b. Israels Götzendienst wird bestraft
(
9,10 - 17
)
Dieser Abschnitt beginnt mit einem
Hinweis auf den Ursprung Israels, als
der Herr große Freude fand an dem Volk
(vgl.
Hos 2,17 ).
Trauben in der Wüste sind eine
unerwartete Überraschung und Freude. Die
köstliche
Erstlingsfrucht des Feigenbaumes ist
unwiderstehlich (vgl.
Hl 2,13; Jes 28,4; Jer 24,2; Mi 7,1 ).
Aber diese Einstellung Gottes zu seinem
Volk hat sich bald geändert. Als es in
Peor ankam, nahm es an sexuellen
Unsittlichkeiten teil, die zu
Fruchtbarkeitsriten des Gottes
Baal-Peor gehörten (vgl.
4Mo 25 ). Diese Gottheit, die Gott "
diesen schändlichen Götzen " nennt,
war vielleicht eine lokale Ausformung
des kanaanitischen Fruchtbarkeitsgottes
Baal. Jenes Geschehen in den Tagen Moses
wird deshalb hier erwähnt, weil es den
Rahmen für die folgende Geschichte
Israels festgelegt hat, die durch dessen
Untreue gekennzeichnet ist. In den Tagen
Hoseas verunreinigte sich Israel, indem
es Baal zu seinem Liebhaber machte. Wie
die Generation von Peor nahm auch diese
Generation an Fruchtbarkeitsriten teil
(vgl.
Hos 4,13-14 ).
Die Strafe für diese Teilnahme an den
Fruchtbarkeitsriten Baals (V.
10 ) wird sein, daß Gott die
Bundesflüche der Unfruchtbarkeit (V.
11.14 ), des Todes (V.
12 - 13.16 ) und des Exils (V.
15.17 ) über das Volk bringen wird.
Der Name
Ephraim wird in den Versen
11.13.16 benutzt, weil er mit
Fruchtbarkeit verbunden war ("Ephraim"
klingt im Hebr. wie "zweifach
fruchtbar"; vgl.
1Mo 41,52 ).
Ephraims Herrlichkeit , seine
berühmte zahlreiche Nachkommenschaft,
wird so schnell wie
ein Vogel verschwinden. Viele, die
sich durch den Baalsdienst Fruchtbarkeit
sichern wollten, werden unfruchtbar
werden (vgl.
Hos 4,10 und als Gegensatz dazu
5Mo 7,14 ). Andere werden
Fehlgeburten haben oder zusehen
müssen, wie ihre Kinder bei dem
kommenden Angriff umkommen (
Hos 9,12-13 ; vgl. V.
16 b). Die
Brüste der Frauen werden
austrocknen , denn sie haben keine
Kinder mehr, die sie stillen können (V.
14 ). Die Worte
wie Tyrus, gepflanzt an einem herrlichen
Ort (V.
13 ) sind ein Versuch, den
schwierigen hebräischen Text zu deuten,
der offensichtlich die vergangene
Herrlichkeit von Ephraim (vergleichbar
mit dem phönizischen Handelszentrum
Tyrus; vgl.
Hes 28 ) dessen erniedrigender
Zukunft gegenübersetzt. Manche
Übersetzungen folgen der LXX, wenn sie
schreiben: "Ephraims Söhne, wie ich sie
gesehen habe, sind zur Beute bestimmt."
Dies scheint besser zu Vers 13 b zu
passen.
Das sündige Volk ist nun das Objekt des
Hasses Gottes, nicht mehr seiner Liebe.
Die Sprache, die hier verwandt wird,
sollte vermutlich vor dem Hintergrund
einer Familie gesehen werden. Gott ist
unzufrieden mit seiner Frau, dem
untreuen Israel. Diese Unzufriedenheit
wird Haß genannt (vgl.
5Mo 22,13; 24,3 ,wo das gleiche
Verb,
RAnE?
, benutzt wird). Gott wird
sie aus der Familie verstoßen (
sie aus dem Haus vertreiben ) und
seine Liebe (seine Hingabe und seinen
Schutz als Ehemann; vgl.
Hos 1,6; 2,6-7 ) zurückziehen. Das
rebellische Volk, dessen Widerstand
gegen den Bund Gottes bereits durch den
Fruchtbarkeitskult von
Gilgal angedeutet worden war (vgl.
Hos 4,15; 12,12 ), wird aus seinem
"Haus" (d. h. dem Land; vgl.
Hos 8,1; 9,8 ) vertrieben werden.
"Treiben ... aus" (
gAraS
) wird häufig für die
Eroberung Kanaans benutzt, als Gott
Israel in den Besitz seines Landes
kommen ließ (vgl.
2Mo 23,28.31; 5Mo 33,27 ). Nun wird
Israel das gleiche Schicksal erleiden
müssen wie die Kanaaniter, deren
Praktiken es angenommen hat. Hosea
spielt vielleicht auch auf die
Vertreibung des ersten Menschenpaares
aus der Gegenwart Gottes an (vgl.
1Mo 3,24 ).
Voller Ironie wird Ephraim, einst ein
Symbol der Fruchtbarkeit, wegen seiner
weitverbreiteten Unfruchtbarkeit und
Kindersterblichkeit (V.
11 - 14 ) mit einer vertrockneten
Pflanze verglichen, die keine Frucht
mehr bringen kann. Wegen seines
Ungehorsams wird Israel von Gott
verworfen werden (vgl.
Hos 4,6 ). Im Exil wird das Volk
Israel zu
Wanderern unter den Nationen werden.
"Wanderer" ist die Übersetzung des
gleichen hebräischen Wortes (
nADaD
) wie "abtrünnig" in
Hos 7,13 .Wieder paßt die Strafe
genau zu dem Verbrechen. Diejenigen, die
bewußt von dem Pfad der Bundestreue
abtrünnig geworden sind, werden dazu
verdammt, ohne Ziel unter denen zu
wandern, die außerhalb des Bundes stehen
(fremde Nationen). Wie in
Hos 9,15 könnte auch in Vers
17 die Sprache eine Anspielung auf
den Bericht in 1.Mose sein. Das gleiche
Verb (
nADaD
) wird auch im Blick auf
Kain benutzt (
1Mo 4,12 ).
Hosea
c. Israels "doppelte Sünde" wird
bestraft
(
Hos 10
)
Wie in
Hos 9,10 verwendet auch diese
Weissagung ein Bild aus der Pflanzenwelt
im Blick auf die frühe Geschichte
Israels. Der Herr hat
Israel wie einen Weinstock im Land
Kanaan gepflanzt und mit Frucht gesegnet
(d. h. mit Wohlstand; vgl.
Ps 80,9-12; Jer 2,21; Hes 19,10-11 ). Aber als das Volk immer größer wurde,
schrieb es seinen Erfolg nicht Gott,
sondern falschen Göttern zu (vgl.
Hos 2,10; 5Mo 8,8-20 ). Zur gleichen
Zeit versuchte das Volk, einen äußeren
Schein der Verehrung des Gottes Israels
zu wahren.
Die Altäre , die hier erwähnt
werden, beziehen sich vermutlich auf
diesen heuchlerischen Formalismus (vgl.
Hos 6,6; 8,11-13 ), während
heilige Steine vom Götzendienst
reden (vgl.
Hos 3,4; 10,2 ).
Israels Untreue macht seine Schuld
deutlich (vgl.
Hos 12,15; 13,12.16
), und seine Strafe unausweichlich. "
Ist falsch " (
HAlaq
) meint wörtlich "ist
schlüpfrig, glatt". Oft wird dieses Wort
benutzt, um eine trügerische,
unzuverlässige Rede zu bezeichnen (vgl.
Ps 5,10; 12,2; 55,22 ).
Mit ihrem Herzen (oder Verstand) als
Subjekt bezieht sich
HAlaq
auf die Heuchelei, die ihr
Kommen zu Gott kennzeichnet. Deshalb
wird der Herr auch die Orte ihrer
Heuchelei und ihres falschen
Gottesdienstes zerstören (vgl.
heilige Steine in
Hos 3,4; 10,1 ).
Eine Folge der nahenden Invasion wird
sein, daß die politische Struktur des
Volkes zerstört und sein König entfernt
werden wird (vgl. V.
7.15 ). Auf der Höhe ihres Elends
werden die Menschen zugeben, daß ihre
eigene Untreue (d. h. ihr Versagen,
den HERRN zu ehren ) die Grundlage
für das Gericht ist. Die Lage wird so
hoffnungslos werden, daß die meisten
erkennen, daß
selbst ein König ihnen keine Hilfe
mehr geben könnte (vgl. 13, 10).
Die mangelnde Ehrfurcht der Menschen vor
dem Herrn wird durch ihren Mangel an
Ehrfurcht vor den gesetzlichen
Übereinkünften, die sie untereinander
treffen, deutlich. Ihre Haltung zu den
Mitisraeliten (so z. B. das häufige
Einander-vor-Gericht-Bringen) ist ein
Spiegel ihrer mangelnden Treue Gott
gegenüber.
Einige Details des kommenden Gerichtes
und des Exils werden in Vers
5-8 beschrieben. Das
Kalbsbild (vgl. die Anmerkungen zu
Hos 8,5 ), das in
Bet-Awen (d. h. Bethel; vgl. die
Anmerkungen zu
Hos 4,15 ) ist, wird hinweggetragen
werden von der siegreichen assyrischen
Armee. Dadurch wird unter seinen
Anbetern große Verwirrung ausgelöst. "
Götzendienerische Priester " ist die
Übersetzung eines seltenen Ausdruckes (
k+mArIm
), der nur von den
Priestern Baals benutzt wird (
2Kö 23,5; Zeph 1,4 ). Die Erwähnung
der assyrischen Armee, die die Götzen
der besiegten Feinde hinwegträgt, wird
in der neo-assyrischen Literatur und
Kunst ausgiebig belegt.
Der große König bezieht sich auf den
assyrischen König (vgl.
Hos 8,10 ).
Manche Übersetzungen verstehen Vers
6 b als eine Erwähnung der Schande
Israels wegen des Schicksals seiner
Götter, der
hölzernen Götzen . Der Text ist aber
eher zu übersetzen: "Israel wird wegen
seines eigenen Rates zuschanden werden."
Es geht dabei um die unkluge
Außenpolitik Israels, um den Versuch,
die Gunst Assyriens zu gewinnen (vgl.
Hos 5,13; 7,8-9.11; 8,9-10 ; in
Jes 30,1 wird das gleiche Wort [
ZEQAh
] von einer politischen
Allianz mit Ägpten benutzt).
Israels König (vgl. V.
3.15 ) wird in der kommenden
Invasion ebenso beseitigt werden wie
auch sein Kalbsbild. "
Hinwegfließen " (
dAmCh
) heißt wörtlich "zerstört
werden" (vgl.
Hos 4,5-6; 10,15 ,wo manche
Übersetzungen mit "zerstören"
übersetzen).
Wie Schaum, der auf den Wassern schwimmt, wird das Volk durch die Flut
hinweggeschwemmt und vernichtet werden.
Die Stätten der Götzenanbetung werden
ebenfalls zerstört und die Ruinen mit
Dornen (vgl.
Hos 9,6 )
und Disteln überwuchert werden. Die
Erwähnung der Zerstörung der
Höhen (
bAmCT
) ist voller Ironie (vgl.
3Mo 26,30-31 ). Als Israel in das
Land kam, befahl der Herr ihm, diese
Zentren des Götzendienstes auszurotten (
4Mo 33,52; 5Mo 12,2-3 ). Wegen des
traurigen Versagens Israels, das diesen
Auftrag nicht ausgeführt hat, wird Gott
nun eine heidnische Armee benutzen, um
zu seinem Ziel zu kommen. In tiefer
Verzweiflung werden die Menschen die
Berge bitten, auf sie zu fallen .
Eine ähnliche Bitte werden auch die
Ungläubigen in der Zeit der großen
Trübsal haben, wenn sie den
schrecklichen Zorn Gottes in den
Siegel-Gerichten erleben (
Offb 6,16 ).
"
Gottlosigkeit " ist die Übersetzung
von
?Awen
, ein Wort, das etwas
anders buchstabiert auch in "Bet-Awen"
erscheint, dem abschätzigen Namen für
Bethel (vgl.
Hos 4,15; 5,8; 10,5 ).
Hosea spricht erneut von dem
schändlichen Ereignis von
Gibea (vgl.
Hos 9,9 ). Seit dieser Zeit hat
Israel in seiner Sünde nicht
nachgelassen. Die Frage in
Hos 10,9 b sollte am besten im Futur
übersetzt werden:
Wird nicht Krieg die Übeltäter von Gibea
treffen? (vgl.
Hos 5,8 ). Wie angemessen, daß
dieses Gericht die Stadt "trifft", die
als Rahmen für die Geschichte der Sünde
Israels gedient hat!
Zu der Zeit, die Gott gefällt (
nach meinem Willen ), wird er Israel
strafen (wörtl.: "erziehen"; vgl.
Hos 5,2 ), indem er
die Völker gegen es versammelt. Die
Übersetzung und Bedeutung der letzten
Zeile in
Hos 10,10 ist unsicher. Manche
verstehen die
Bande als einen Hinweis auf
Gefangenschaft und Exil. Aber vielleicht
sollte man besser übersetzen: "wenn sie
eingespannt sind in ihre
zweifache Sünde ". Dann liegt das
Bild des Pflügens zugrunde (vgl. V.
11 ). Israel wird als unter dem Joch
seiner Sünde gesehen wie eine junge Kuh
(vgl.
Jes 5,18 ). Wolff ist der Ansicht,
daß sich "zweifache Sünde" vermutlich
auf die frühere Sünde (in Gibea) und die
gegenwärtige Schuld bezieht (Hosea, S.
184).
Der Vergleich Israels mit einer Kuh wird
fortgesetzt (vgl. die Anmerkungen zu V.
10 ). Israel (
Ephraim steht für das Nordreich;
vgl. die Anmerkungen zu
Hos 4,17 ) war wie
eine junge Kuh daran gewöhnt, gerne zu
dreschen . Eine junge Kuh war gerne
bereit zu dreschen, denn "Dreschen war
eine relativ leichte Arbeit, die noch
dadurch verstärkt wurde, daß die Kuh
keinen Maulkorb hatte und fressen konnte
... während sie den Dreschschlitten über
das Korn zog" (Kidner,
Love for the Loveless , S. 97f).
Aber diese relativ leichte Arbeit hatte
Israel verlassen und darauf bestanden,
unter das Joch der Sünde eingespannt zu
werden (vgl.
Hos 10,10 b).
Deshalb wird der Herr ein anderes
Joch auf den Hals Israels legen und
es zu der äußerst harten Arbeit des
Pflügens zwingen. Auch
Juda wird in dieses Gericht
eingeschlossen.
Jakob bezieht sich auf das Nordreich
(vgl.
Hos 12,3 ). In diesem Bild wird das
Dreschen des Volkes mit dem Dienst
verglichen, den Gott innerhalb des
Bundesverhältnisses verlangt hatte,
während das Pflügen von der Härte des
Exils spricht.
Hier wird ein kurzer Aufruf zur Treue
eingefügt. Selbst inmitten einer
Botschaft der Verurteilung und des
Gerichtes hält Gott die Möglichkeit der
Umkehr und des Segens offen (vgl.
Jes 1,18-20 ). Mit dem Bild des
Ackerbaus drängt er Israel, den Herrn zu
suchen, indem es
Gerechtigkeit (oder Recht) anpflanzt und
seine Liebe (
HeseD
, "Treue")
erntet . Die Worte "
Gerechtigkeit regnen " vergleichen
die Gabe der Gerechtigkeit, die Gott
schenkt (oder einfach sein Handeln der
Befreiung; vgl.
Hos 2,21 ), mit Regen, den er gibt
(vgl.
Hos 6,3 ).
Die Ermahnung in Vers 12 faßt zusammen,
was die Propheten Israels in dessen
ganzen Geschichte immer wieder gefordert
haben. Aber das sündige Volk hat darauf
nicht in rechter Weise geantwortet,
sondern statt dessen
Gottlosigkeit (vgl. V.
15 ),
Böses und
Täuschung hervorgebracht. Statt auf
die Macht Gottes zu vertrauen, hatte
sich das Volk auf seine eigene
militärische Kraft verlassen. Der
Gegensatz zwischen dem Wunsch Gottes und
der Antwort Israels macht dessen Schuld
noch deutlicher. So hat der Ruf zur
Umkehr eine doppelte Funktion: Er
bestätigt die Gnade Gottes und ist
zugleich ein weiteres Element in der
Entwicklung der Anklage des Propheten.
Als Antwort auf Israels Stolz wird der
Herr die Quelle ihrer trügerischen
Zuversicht (
Festungen ) zerstören. Die Härte
dieses Gerichtes wird durch einen
Vergleich mit einem historischen
Ereignis deutlich, das den Zeitgenossen
Hoseas offenbar gut bekannt war. Dennoch
ist die Identifizierung von
Schalman und
Bet-Arbeel nicht sicher. Die
bekanntesten Deutungen von Schalman
sind: (a) Schalmaneser III. (ein
assyrischer Herrscher, der im 9.
Jahrhundert v. Chr. gegen den Westen
auszog), (b) Schalmaneser V. (der
assyrische Herrscher von 727 - 722 v.
Chr.; allerdings liegt seine Invasion
später als die Weissagungen Hoseas) und
(c) Salamanu (ein moabitischer König und
Zeitgenosse Hoseas, der in einer
Tributliste des assyrischen Königs
Tiglat-Pileser III. erscheint).
Bet-Arbeel wurde von einigen Auslegern
(z. B. Eusebius) mit dem heutigen Irbid
(Arbela) in der Gegend des nördlichen
Transjordanien, etwa 25 km südöstlich
des Sees Genezareth, und von anderen mit
dem heutigen Arbel, 3 km westlich des
Sees Genezareth (dem Arbela in dem
apokryphen Buch 1. Makk 9,2), erwähnt.
Auf jeden Fall erinnerte man sich in
Israel an diesen Kampf sehr genau, weil
er so grausam gewesen war, besonders
durch das Abschlachten der Frauen und
Kinder.
Bethel , das hier für das gesamte
Volk steht, wird wegen seiner großen
Sünde ein ähnliches Schicksal erleiden
(vgl.
Hos 4,15; Am 7,10-17 ). Der Fall des
Königs von Israel wird die Eroberung des
Volkes durch Babylon einleiten (vgl.
Hos 10,3.7; 2Kö 17,4-6 ).
Hosea
d. Israels Undankbarkeit wird bestraft
(
11,1 - 7
)
Noch einmal spricht Gott von der frühen
Geschichte Israels und stellt diese der
Gegenwart gegenüber (vgl. 9, 10;
Hos 10,1 ). Am Anfang war das
Verhältnis des Herrn zu Israel wie das
eines Vaters zu seinem Sohn (vgl.
2Mo 4,22-23 ). (Vgl. zu dieser
zitierten Stelle auch die Anmerkungen zu
Mt 2,15 .) Der Herr zeigte seine
Liebe gegen das Volk, indem er dieses
aus Ägypten herausholte (vgl.
5Mo 7,8 ; siehe auch
Hos 12,10.14; Hos 13,4 ). Aber als
Gott es dann durch seine Propheten zum
Bundesgehorsam rief (
Hos 11,2 ), verwarf das Volk ihn
(vgl.
Jer 7,25-26 ) und wandte sich
falschen Göttern zu (vgl.
2Kö 17,13-17 ), unter ihnen auch den
Baalen (vgl.
Hos 2,15.19 ).
Hos 11,2 a lautet wörtl.: "
Je mehr sie [d. h. die Propheten]
sie riefen, umso mehr gingen sie [die Israeliten]
von ihnen weg ."
Die Güte des Herrn gegen Israel wird
weiter verdeutlicht. Wie ein Vater, der
geduldig sein Kind lehrt
zu gehen , hat der Herr Israel
aufgerichtet und erhalten (vgl.
5Mo 1,31; Jes 1,2 ). Er hat die
Stärke des Volkes wieder erneuert (
geheilt ) nach Zeiten des Gerichtes,
obwohl es immer wieder darin versagt
hat, sein Eingreifen zu erkennen.
In
Hos 11,4 wird Israel mit einem
Arbeitstier verglichen (vgl.
Hos 10,11 ). Der Herr ist wie ein
Meister, der sein Tier sanft (in
Güte und
Liebe ; vgl.
Hos 11,1 ) führt und sein
Joch wegnimmt (oder vielleicht es
neu und richtig auflegt), so daß es
einfacher das Futter fressen kann, das
er in seiner Freundlichkeit besorgt hat.
Der Herr hat Israel mit Barmherzigkeit
und Liebe behandelt.
Erstaunlicherweise hat Israel auf diese
Güte des Herrn mit Undankbarkeit
reagiert (vgl. V.
2.3 b). Selbst als der Herr es durch
seine Propheten zur Umkehr rief, hat es
sich geweigert
umzukehren (vgl. V.
7 ). Deshalb wird ein
unausweichliches Gericht in Form einer
militärischen Niederlage und einer
Wegführung in die Gefangenschaft über es
kommen (V.
5 a.
6 ). Wieder wird Ägypten als Symbol
für diese Gefangenschaft und Sklaverei
genannt (vgl.
Hos 8,13; 9,3.6 ).
Die Übersetzung "
Riegel ihrer Tore " (
Hos 11,6 ) wird durch das parallel
stehende "Städte" gestützt. Eine andere
mögliche Übersetzung des Hebräischen für
"Riegel ihrer Tore" ist "Aufschneider,
Angeber" (vgl. Wolff, Hosea, S. 192).
Für diese Übersetzung spricht die
folgende Zeile (V.
6 c), in der es wörtlich heißt: "
wegen ihrer Pläne ", wobei "Pläne"
sich auf die rebellischen Einstellungen
und Taten bezieht (vgl.
Mi 6,16 ).
"
Ein Ende machen " heißt wörtlich
übersetzt: "essen, verschlingen". Das
gleiche hebräische Verb (
?AKal
) erscheint auch in
Hos 11,4 ("Nahrung"). Die
Wiederholung dieses Wortes in Vers
4.6 betont den Gegensatz zwischen
Gottes Segen in der Vergangenheit und
seinem zukünftigen Gericht. In der
Vergangenheit hatte er Israel zu essen
gegeben. Nun wird er
Schwerter senden, die Israel
verschlingen! Ein ähnliches Wortspiel
mit dem gleichen hebräischen Ausdruck
findet sich in
Jes 1,19-20 .
Der hebräische Text von
Hos 11,7 b ist so unsicher, daß
jeder Versuch der Übersetzung nur eine
Annäherung sein kann. Das Problem wird
deutlich, wenn man sich die
verschiedenen deutschen Übersetzungen
ansieht. Da ist die Rede davon, daß Gott
das verzweifelte Gebet seines
ungehorsamen Volkes nicht hören wird.
Oder der Text wird übersetzt: "Obwohl
sie sie zu dem Höchsten rufen, erhöht
ihn keiner", wobei das erste "sie" nicht
Israel, sondern die Propheten sind. Nach
dieser Lesart verwirft Israel die
Aufrufe der Propheten zur Umkehr.
In den Tagen der nationalen Erneuerung
wird Israel
dem HERRN folgen , der sein Volk
zurück
in ihre Häuser bringt. Sein
löwenähnliches
Brüllen , das oft mit Gericht und
Zerstörung zusammengeht (vgl.
Hos 5,14; 13,7; Am 1,2; 3,8 ), wird
zu einem Ruf der Sammlung aus dem Exil
werden. Die Menschen werden wieder eine
gesunde Ehrfurcht vor dem Herrn haben;
sie werden
zitternd kommen (vgl.
Hos 3,5 ,wo ein ähnlicher Gedanke zu
finden ist), so wie frühere
Generationen, als ihnen Gott in seiner
mächtigen Erscheinung auf dem Berg Sinai
erschienen war (vgl.
2Mo 19,16 ,wo das gleiche hebr. Wort
benutzt wird). Der Vergleich mit
Tauben ist angesichts von
Hos 7,11 bedeutsam. Dort wird die
Naivität Israels, das sich von
ausländischen Völkern Hilfe erhoffte,
mit der Naivität einer Taube verglichen.
Hier ist der Vergleich positiv
verstanden und spricht von der
Schnelligkeit, mit der eine Taube in ihr
Nest zurückkehrt (vgl.
Ps 55,7-9; Jes 60,8 ). Wieder steht
Ägypten als Bild für die Gefangenschaft
(vgl. die Anmerkungen zu
Hos 8,13 ). Die Erneuerung aus
Assyrien wird auch in
Sach 10,10-11 erwähnt.
Hosea
C. Die Anklage des Herrn gegen Israel
wird zu Ende geführt
(
12,1 - 14,10
)
Ein ermahnender und lehrender Ton ist
für den Abschluß des Buches Hosea
charakteristisch. Wie in früheren
Abschnitten auch geht Hosea vom Gericht
(
Hos 12,1-13,16 )
zum Heil über (
Hos 14 ).
Diese Verse bilden die Einleitung des
letzten Abschnittes. Sie sind eine
förmlich gehaltene Anklage (
Hos 12,1-3 a) und eine Ankündigung
des Gerichtes (
Hos 12,3 b).
Das gesamte Volk (
Juda eingeschlossen) hat den Bund
mit Gott gebrochen. Unter
Lügen und
Täuschung sind Heuchelei und Untreue
gemeint. Letzteres (
mirmCh
; vgl. die Anmerkungen zu
Hos 12,8 ) ist vor allem angesichts
des folgenden Vergleiches mit dem
Patriarchen Jakob sehr treffend (vgl.
Hos 12,4-5.13 ). Der gleiche
Ausdruck wurde für die Täuschung
benutzt, mit der Jakob den Segen Esaus
stahl (vgl.
1Mo 27,35 ).
Das Volk ist untreu geworden gegenüber
dem
treuen Heiligen , der die
Zuverlässigkeit seiner
Bundesverheißungen immer wieder gezeigt
hat (vgl.
Hos 12,10; 13,4-6 ).
Ist wild (
rUD ) bedeutet ruhelos
umherstreifen, ein treffendes Bild für
Israel, das weg von Gott und hin zu Baal
läuft und bei fremden Völkern Hilfe
sucht. Der "Heilige" steht eigentlich im
Plural. Dadurch wird die Größe des
göttlichen Wesens unterstrichen. In
diesem Zusammenhang bezieht sich die
Heiligkeit Gottes in erster Linie auf
seine Erhabenheit über die fehlbaren
Menschen (vgl.
Hos 11,9 ).
Israels Untreue wird vor allem in der
sozialen Ungerechtigkeit (es
vermehrt Lügen und Gewalt ; vgl.
Hos 4,2; 7,1 ) und in den Bündnissen
mit Assyrien und Ägypten (vgl.
Hos 5,13; 7,8.11; 8,8-9; 2Kö 17,3-4 ) sichtbar. Olivenöl wurde bei
Bundesschlüssen benutzt oder als Zeichen
der Verbundenheit und Treue überreicht.
All dies ist vergeblich und letztlich
selbstzerstörerisch. Dies wird durch das
Bild von der Ernährung durch Wind und
dem Hinterherlaufen hinter ihm deutlich
(vgl.
Hos 8,7; 13,15 ). Der Herr hat eine
Anklage (
rIB ; vgl.
Hos 4,1 und siehe die Anmerkungen zu
Hos 2,4 )
gegen Juda und wird sein Volk für
alle seine bösen
Wege bestrafen .
Bevor Hosea weiter über Schuld und
Gericht spricht (vgl.
Hos 12,10-13,16
), erinnert er das Volk daran, wie
wichtig und notwendig eine Umkehr ist (
Hos 12,6-7 ). Dabei benutzt er als
Lektion das Leben Jakobs (V.
4 - 5 ).
Jakobs Geburt deutete bereits sein Wesen
an. Er ergriff die
Ferse Esaus (vgl.
1Mo 25,26 ), eine Vorahnung des
späteren Betruges, mit dem er dessen
Erstgeburtsrecht und Segen stahl (vgl.
1Mo 27,35-36 ). Aber dann kam Jakob
an einen Wendepunkt. Als er bei seiner
Rückkehr in das Land Kanaan vor dem
möglichen Tod durch die Hand Esaus
stand, kämpfte er mit Gott und ließ ihn
nicht gehen, bevor er nicht seinen Segen
erhalten hatte (
1Mo 32,23-33 ). Später, in
Bethel , der Stelle, an der er Jahre
vorher seinen Traum gehabt hatte (vgl.
1Mo 28,10-22 ), erschien Gott Jakob
noch einmal. Er änderte seinen Namen um
in Israel, segnete ihn und erneuerte
seine Bundesverheißungen (vgl.
1Mo 35,1-14 ).
Wie Jakob muß das betrügerische Volk
(vgl.
Hos 12,1 ) mit Tränen und Gebeten
(vgl. V.
5 )
umkehren (
Hos 12,7 ) zu seinem Bundesherrn,
dem Herrn, Gott Zebaoth. Eine echte Buße
würde den Willen zu
Liebe (
HeseD
)
und Gerechtigkeit , aber auch zur
ganzen Abhängigkeit von Gott (
hoffe stets auf deinen Gott ; vgl.
Ps 27,14 ), statt von sich selbst,
mit sich bringen.
Israels Umkehr (V.
7 ) würde notwendigerweise eine
völlige Veränderung allen Tuns und aller
Einstellungen mit sich bringen. Das Volk
ist durch wirtschaftliche Unehrlichkeit
(
mirmCh
; vgl.
Hos 12,1 ,wo das gleiche Wort
steht), Unterdrückung (
Betrug ), Stolz (
Ephraim prahlt ) und
Unempfindlichkeit gegenüber seiner Sünde
(es denkt, daß sein Reichtum seine Sünde
verbergen könnte) gekennzeichnet. Häufig
wird im Alten Testament vor dem Gebrauch
falscher
Waagen gewarnt, die so eingestellt
sind, daß der Käufer weniger erhält, als
er bezahlt (vgl.
3Mo 19,36; 5Mo 25,13-16; Spr
11,1;16,11;20,10.23; Am 8,5; Mi 6,11 ).
Der Herr jedenfalls wird solch dreisten
Ungehorsam und Undankbarkeit nicht
unbestraft lassen. Als ihr Gott hat er
die Menschen seit den Tagen in Ägypten
geführt und sie durch die Wüste hindurch
in das verheißene Land gebracht. Als
Teil seines kommenden Gerichtes wird er
Israel wieder in die Wüste bringen, wo
es
in Zelten leben muß. Die Erfahrung
der Wüstenzeit, an die sich die Menschen
durch das Laubhüttenfest erinnerten,
wird im Exil erneut Wirklichkeit werden.
Obwohl der Herr Israel seinen Willen
durch die Propheten hat kundtun lassen,
hat das Volk diese Botschaften abgelehnt
(vgl.
Hos 9,7 und die Anmerkungen zu
Hos 11,2 ). Die Gottlosigkeit und
Heuchelei, die in
Gilead (vgl.
Hos 6,8 ) und
Gilgal (vgl.
Hos 4,15; 9,15 ) sichtbar wurden,
kennzeichnen das ganze Volk. In der
kommenden Invasion werden die
Altäre , die dort stehen, zu
Steinhaufen (
gallIm
; vgl.
Hos 10,8 ,"die Höhen ... werden
zerstört") werden. Der Gebrauch dieses
hebräischen Wortes ist ein Wortspiel mit
dem Namen Gilgal (durch die beiden
Konsonanten "g" und "l"). Wir finden
hier erneut ein Beispiel für die
poetische Fertigkeit Hoseas. Gilgal wird
zu
gallIm
werden.
Noch einmal wird die Güte Gottes in der
Vergangenheit deutlich gemacht. Hosea
kommt erneut auf die Erfahrungen Jakobs
zu sprechen (vgl. V.
4 - 5 ) und erinnert das Volk an
seine bescheidenen Anfänge. Ihr großer
Ahnvater war einmal nichts anderes als
ein Flüchtling gewesen, der Schafe
weiden mußte, um sich eine Frau zu
verdienen (vgl.
5Mo 26,5 ). Später mußten seine
Nachkommen den Ägyptern dienen, bis Gott
sie schließlich aus Ägypten befreite
(vgl.
Hos 11,1; 12,10; 13,4 ) und durch
seinen Propheten Mose beschützte.
Israel hat den Herrn zum
Zorn gereizt mit seiner Sünde. Hosea
spielt hier vermutlich auf den
Götzendienst an, denn
kAZas
, das Verb, das mit "zum
Zorn reizen" wiedergegeben wird, steht
häufig im Zusammenhang mit Götzen (vgl.
z. B.
5Mo 4,25; 9,18; 31,29; 32,16.21; Ri
2,12; 1Kö 14,9.15 ). Deshalb wird
der Herr seine Vergebung nicht gewähren
(er wird
die Schuld des Volkes auf ihm lassen ; vgl.
Hos 10,2; 13,12.16
). Er wird die Schuld des Volkes
vergelten.
Noch einmal erinnert der Herr Israel an
sein gnädiges Handeln zu Beginn von
dessen Geschichte (vgl.
Hos 12,10 a.11.13 - 14). Er hat es
aus Ägypten herausgeführt (vgl.
Hos 11,1; 12,10.14 ), für es in der
Wüste
gesorgt (wörtl.: "kannte dich") und
es im verheißenen Land ernährt (V.
6 ).
Als ich sie speiste heißt wörtlich:
"als sie geweidet wurden" (vgl.
Luther-Übers.). Es beschreibt das
friedliche Weiden von Schafen oder Vieh.
Als Antwort auf diesen Segen Gottes
hätten sie ihn als ihren Gott und Retter
(V.
4 ) anerkennen müssen. Aber sie
wurden stolz und vergaßen ihn (V.
6 ; vgl. die Anmerkungen zu
Hos 2,15 ). Wie ein gefährliches und
wildes Tier (
Löwe, Leopard oder Bär ) wird der
Herr sein Volk (immer noch als hilflose
Herde dargestellt;
Hos 13,7-8 ; vgl.
Hos 5,14 ) angreifen. Der
Helfer Israels wird zu seinem
Zerstörer werden, weil das Volk gegen
ihn ist (
13, 9 ).
Wenn der Herr zum Zerstören kommt (V.
9 ), wird niemand das Volk retten
können, auch nicht die politischen
Führer, die es sich von Gott erbeten hat
(V.
10 ; vgl.
Hos 10,3.7.15 ).
Hos 13,11 a (
in meinem Zorn gab ich dir einen König
) bezieht sich vermutlich auf den
Anteil der Stämme des Nordreiches an der
Krönung von Saul (
1Sam 8,6-9; 12,12 ), aber später
auch von Jerobeam I. (
12,16 ).
Hos 13,11 b spricht von dem Ende des
Königtums in Israel mit Hoschea (
2Kö 17,1-6 ).
Gott hat die Schuld Israels nicht
übersehen (vgl.
Hos 10,2; 12,15;13,16
). Ephraims sündiges Verhalten wird mit
einem Dokument verglichen, das
versiegelt ist (
zusammengebunden ), und mit einem
Schatz, der gut aufgehoben wird (
sicher verwahrt ). Durch diese
beiden Bilder werden die Sünden Israels
als etwas angesehen, das sorgfältig
behütet wird, bis der Tag der
Heimzahlung kommt, wenn sie als Zeugnis
gegen das Volk hervorgebracht werden.
Jede Hoffnung ist vergeblich. Israel hat
in der Zeit der Gnade, die Gott
geschenkt hat, nicht auf seinen Ruf zur
Umkehr gehört. Dieses Hinausschieben der
Antwort auf Gottes Ruf wird verglichen
mit einem Baby,
das nicht aus dem Mutterleib kommt ,
trotz aller Anstrengungen und Arbeit.
Solch eine Verzögerung ist für Mutter
und Kind tödlich. Da das Baby
offensichtlich die richtige Zeit für
seine Geburt nicht beachtet, wird es
sozusagen als
ohne Weisheit angesehen (vgl.
Pred 8,5 ).
Gewöhnlich wird Vers
14 a als Ausdruck der Hoffnung und
Verheißung der Errettung verstanden.
Aber vom Kontext her ist dies schwierig.
Zwar ist die Prophetie Hoseas durch
einen plötzlichen Wechsel zwischen
Gericht und Gnade gekennzeichnet, aber
hier scheint dies kaum möglich zu sein
(der Wechsel kommt eher in
Hos 14,1 ) und würde
Hos 13,14 a von der folgenden Hälfte
des Verses (V.
14 b,
Ich werde kein Mitleid haben )
abtrennen. Besser ist es, die ersten
beiden Aussagen als rhetorische Fragen
zu übersetzen, die eine negative Antwort
erwarten: "
Soll ich sie aus der Macht des Scheol
erlösen? Soll ich sie aus dem Tod
erretten? "
Die nächsten beiden Fragen (
Wo, o Tod, sind deine Plagen? Wo, o
Grab, ist deine Zerstörung? ) wären
dann Appelle an den Tod, seine "Plagen"
und seine "Zerstörung" gegen Ephraim
kommen zu lassen (vgl. V.
14 b.
15-16 ), nicht ein triumphaler
Schrei des Sieges über den Tod.
Natürlich hat Paulus unter der Leitung
des Heiligen Geistes die Worte dieses
Textes im letzteren Sinne angewandt
(vgl.
1Kor 15,55-56 ). Paulus bezieht sich
hier jedoch auf die Schrift, wie sie
gewöhnlich verstanden wurde (vgl. die
LXX). Er will keine textliche oder
exegetische Analyse von
Hos 13,14 geben.
Wenn die Barmherzigkeit Gottes aufhört
(V.
14 ; vgl.
Hos 1,6 ), wird es mit Israels
Wohlstand (
es gedeiht ) zu Ende sein. Der Herr
wird wie ein heißer
Ostwind kommen , der alles
vertrocknen läßt. Die Realität hinter
diesem Bild ist die assyrische Invasion,
wie die Erwähnung des Plünderns und der
militärischen Grausamkeiten deutlich
macht. In
Hos 13,15-14,1 finden wir also eine
Parallele zu der Pest und Zerstörung aus
Hos 13,14 .Die Sprache lehnt sich
dabei an die Bundesflüche an (vgl.
3Mo 26,25; 5Mo 28,21; 32,24-25; Am 4,10
). Wieder sagt Gott, daß die
Zerstörung kommen wird, weil Israel sich
gegen ihn aufgelehnt hat (vgl.
Hos 7,13; 8,1 ).
Hoseas Prophetie endet mit einer
positiven Ermahnung zur Umkehr (
Kehre um zu dem HERRN ). Zwar wird
dieser letzte Aufruf ganz sicher von dem
arroganten und störrischen Volk
abgelehnt werden (vgl.
Hos 10,12-15 ), aber doch kann er in
den Herzen des gläubigen Überrestes die
Hoffnung erhalten und der zukünftigen
Generation, die Buße tun wird, ein
Vorbild sein für ihre Umkehr zu Gott
(vgl.
Hos 3,5; 5,15-6,3 ). Zu wahrer Buße
gehört das Anerkennen der Sünde (
Sage zu ihm: Vergib all unsere Sünden
) und ein Verlangen, den Herrn zu
loben (
daß wir die Frucht unserer Lippen opfern
mögen ), Israels einzigen Retter,
Gott und Helfer (im Gegensatz dazu siehe
Hos 5,13; 7,11; 8,4-5.9; 13,2 ).
Israel wird nicht mehr auf Assyrien oder
irgendein anderes Volk vertrauen oder
die selbstgemachten Götzen unsere Götter
nennen.
Hosea
b. Eine Verheissung der
Wiederherstellung
(
14,5 - 9
)
In den Tagen der Umkehr Israels wird der
Herr sich von seinem Zorn wenden und
seine Liebe dadurch zeigen, daß er es
heilt (vgl.
Hos 6,1 ). Dann wird der Segen
Gottes auf Israel zurückkehren.
Wie Tau wird er für die Nation und
sie
blühen lassen wie eine Lilie , die
für ihre Schönheit bekannt ist (vgl.
Hl 2,2 ). Hier wird das Bild aus
Hos 13,15 umgekehrt. Israel wird
verglichen mit einer
Zeder des Libanon , die für ihre
tiefen
Wurzeln , ihr außergewöhnliches
Wachstum und ihren aromatischen Geruch
(vgl.
Hl 4,11 ) berühmt war, und mit
einem Olivenbaum , dessen
Fruchtbarkeit und Fülle überall bekannt
war (vgl.
Ps 52,10; Jer 11,16 ).
Dieser Vers sollte übersetzt werden:
"Die, die in seinem Schatten leben,
werden wieder Korn anbauen und werden
blühen wie der Weinstock . Sein
Ansehen wird sein
wie der Wein des Libanon. "
Sein Schatten könnte sich auf den
Schutz Gottes beziehen (vgl. V.
9 , wo Gott mit einem "Pinienbaum"
verglichen wird; siehe auch
Jes 4,6 ). Aber, wie Keil anmerkt,
ist es eher wahrscheinlich, daß "Israel
selbst der Baum ist, unter dessen
Schatten die Glieder des Volkes mit
aller Frische und Kraft wachsen" (C. F.
Keil, "Minor Prophets", in
Commentary on the Old Testament in Ten
Volumes , 10:166). Dies scheint mit
dem Bild in
Hos 14,6-7 eher übereinzustimmen, wo
Israel mit Bäumen verglichen wird. Daß
die Israeliten wieder Korn anbauen
werden, weist auf die Erneuerung der
Bundesverheißungen hin (vgl.
5Mo 28,4.8.11; 5Mo 30,9; Hos 2,23-25; Am
9,13-15 ). Israel wird wieder "wie
ein" fruchtbarer "Weinstock" sein (vgl.
Hos 10,1 ), der den besten "Wein"
gibt.
Die erste Aussage sollte am besten
übersetzt werden: "
Ephraim soll sagen:
Was habe ich noch mit Götzen zu tun ?" Der Gegensatz zu der früheren Haltung
Ephraims ist sehr krass (vgl.
Hos 2,10; 4,17; 8,4-6; 13,2 ). Die
zweite Hälfte von
Hos 14,9 spricht Gott (
Ich werde antworten, und Ich bin wie ). Er macht darin seine Fürsorge für
Israel deutlich. Die Worte "sorgen für"
sind die Übersetzung für das gleiche
hebräische Wort (
SUr ) wie "lauern" in
Hos 13,7 .Der gleiche Gott, der
Israel wie ein Leopard beobachtet hat,
der auf dem Sprung ist, um seine Beute
zu schlagen, wird nun sorgsam über
seinem Volk wachen, um es zu beschützen!
Der Herr, der sich selbst mit einem
großen Pinienbaum vergleicht, wird
die Quelle für allen Wohlstand des
Volkes sein:
deine Fruchtbarkeit kommt von mir .
Das Buch endet mit einem Wort der
Weisheit. Jemand, der
weise ist und
einsichtig , wird aus der Botschaft
Hoseas ein Dreifaches lernen.
Die Wege des HERRN (d. h. seine
Bundesverpflichtungen)
sind recht. Der Gerechte wandelt in
ihnen (d. h. gehorcht; vgl.
5Mo 8,6; 10,12; 11,22; 28,9; Ri 2,17 ) und erlebt den Segen der Treue.
Der Gottlose (vgl.
Hos 7,13; 8,1; 13,16
)
fällt über ihnen . Der Untergang
(das Fallen) ist die direkte Folge des
Ungehorsams. Die gebrochenen Gebote sind
der eigentliche Grund für ihre
Zerstörung (vgl.
Hos 5,5; 14,2 ). Mögen alle, die
Hoseas Worte lesen, wandeln und nicht
fallen!
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