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Josua Walvoord
Josua
Entstehungszeit
Da große Teile des Buches von einem Augenzeugen
geschrieben wurden (vgl. den vorherigen Abschnitt "Verfasserfrage"), hängt die
Zeit der Niederschrift eng mit der Zeit des Geschehens zusammen. Nun gibt es
eine beträchtliche Uneinigkeit unter den Gelehrten über die Zeit der Eroberung
Kanaans unter Josua. Bibeltreue Forscher legen die Eroberung meist ins 15. Jh.
v. Chr., andere in das 13. Jh. v. Chr. (mehr über dieses Thema siehe in der
Einführung zu 2.Mose). Schlüsselverse, um die Zeit festzulegen, sind 1Kö 6,1 und
Ri 11,26 .Nach 1Kö 6,1 verließen die Israeliten Ägypten 480 Jahre vor dem
vierten Jahr Salomos, das vor 966 v. Chr. liegen muß. Zählt man diese Zahlen
zusammen, ergibt sich als Auszugsjahr 1446 v. Chr. Der Beginn der Eroberung lag
40 Jahre später (nach der Wüstenwanderung) oder 1406 v. Chr. Das Zeugnis von Ri
11,26 bestätigt dies. Jeftah sagt dort, daß die Zeit zwischen der Eroberung und
seiner Zeit 300 Jahre betrug. Addiert man 140 Jahre dazu, um die Zeit zwischen
Jeftah und dem vierten Jahr Salomos zu überbrücken, ergibt das eine Summe von
480 Jahren, was mit 1Kö 6,1 übereinstimmt (40 Jahre Wüstenwanderung plus 300
Jahre für die Zeit zwischen der Eroberung und Jeftah plus 140 Jahre von Jeftah
bis zum vierten Jahr Salomos ergibt 480 Jahre). Da die eigentliche Eroberung
sieben Jahre dauerte (vgl. den Kommentar zu Jos 14,10 ), war das Land
wahrscheinlich ungefähr im Jahr 1399 v. Chr. endgültig besetzt. Das Buch kann,
von geringfügigen Zusätzen abgesehen, kurz danach fertiggestellt worden sein.
Absicht: Die Absicht des Buches Josua ist es, die
historische Erfüllung des Versprechens des Herrn an die Patriarchen, Israel das
Land Kanaan durch heiligen Krieg zu geben, offiziell darzustellen. Ein "heiliger
Krieg" war ein Streit mit vorrangig religiösem Motiv im Gegensatz zu Kriegen mit
politischem Motiv zum Schutz oder zur Expansion. Dies kann man aus den
Anweisungen zu Beginn ( Jos 1,2-6 ) und der zusammenfassenden Inhaltsangabe am
Ende ( Jos 21,43 ) ersehen. Die Eroberung Kanaans unter der Führung Josuas baute
auf den Bund mit Abraham auf. Gott machte, nachdem er zunächst mit allen
Nationen gehandelt hatte, Abraham zum Mittelpunkt seines Vorhabens und beschloß,
die verlorene Welt durch Abrahams Samen zu erreichen. Der Herr schloß einen
Vertrag oder einen Bund mit Abraham, in dem er vorbehaltlos versprach, dem
Patriarchen und dessen Nachkommen ein Land, Nachkommenschaft und geistlichen
Segen zu geben ( 1Mo 12,2-3 ). Kurz danach sagte Gott, daß er Israel das Land
für immer geben wolle (vgl. 1Mo 13,15 ). Damals wurden Abraham die Grenzen des
Landes genannt ( 1Mo 15,18-21 ). Später bezeugte Gott, daß die rechtmäßigen
Erben des gelobten Landes Isaak und seine Nachkommen seien ( 1Mo 17,19-21 ).
Darum hält das Buch Josua die Erfüllung der Verheißung an die Patriarchen fest,
die ihnen Jahrhunderte vorher von ihrem treuen Gott gegeben worden war. Daß die
Nation später enteignet wurde, liegt nicht am Charakter Gottes, sondern an der
Wankelmütigkeit seines Volkes, das göttliche Segnungen als selbstverständlich
betrachtete, in die Anbetung der Götzen seiner Nachbarn verfiel und deshalb
unter das Gericht kam, vor dem Gott es gewarnt hatte (vgl. 5Mo 28,15-68 ). Nach
dem Propheten Jesaja sollte der Messias ein zweiter Josua sein, der "das Land
wieder aufrichtet und das verwüstete Erbe zuteilt" ( Jes 49,8 ).
Paulus lehrt, daß die Begebenheiten des Auszugs und der
Eroberung für Christen bedeutungsvoll sind und daß diese Begebenheiten
vorbildhaften Charakter besitzen (vgl. 1Kor 10,1-11 ). Die griechische Form des
Namens "Josua" ("Jahwe errettet" oder "Jahwe ist Rettung") ist "Jesus". So wie
Josua Israel zum Sieg über die Feinde und zur Inbesitznahme des gelobten Landes
führte, und so wie er für das Land Fürsprache einlegte, als es gesündigt hatte
und geschlagen wurde, tut es auch Jesus. Er führt das Volk Gottes zur
verheißenen Ruhe ( Hebr 4,8-9 ), hält ständig für die Seinen Fürsprache ( Röm
8,34; Hebr 7,25 ) und befähigt sie, ihre Feinde zu besiegen ( Röm 8,37; Hebr
2,14-15 ).
GLIEDERUNG
I. Das Eindringen in Kanaan ( 1,1-5,12 )
A. Die Bevollmächtigung Josuas ( Kap.1 )
1. Josuas Hören auf den Herrn ( 1,1-9 )
2. Josuas Befehle an die Offiziere ( 1,10-15
)
3. Josua erhält die Unterstützung des Volkes
( 1,16-18 )
B. Die Erkundung des Volkes ( Kap.2 )
1. Die Aussendung der Späher nach Jericho (
2,1 )
2. Das Verbergen der Späher durch Rahab (
2,2-7 )
3. Der Beweis von Rahabs Verständigkeit
gegenüber den Spähern ( 2,8-11 )
4. Das Versprechen der Späher an Rahab (
2,12-21 )
5. Die Rückkehr der Späher zu Josua ( 2,22-24
)
C. Die Überquerung des Jordans ( Kap.3 )
1. Vorbereitungen für die Überquerung ( 3,1-4
)
2. Heiligung für die Überquerung ( 3,5-13 )
3. Die Vollendung der Überquerung ( 3,14-17 )
D. Die Aufrichtung von Gedenksteinen ( Kap.4 )
E. Die Heiligung der Israeliten ( 5,1-12 )
1. Die Erneuerung der Bescheidung ( 5,1-9 )
2. Die Feier des Passafestes ( 5,10 )
3. Die Aneignung der Früchte des Landes (
5,11-12 )
II. Die Eroberung Kanaans ( 5,13-12,24 )
A. Einführung: Der göttliche Feldherr ( 5,13-15 )
B. Der eigentliche Feldzug ( Kap.6-8 )
1. Die Eroberung Jerichos ( Kap.6 )
2. Die Niederlage gegen Ai ( Kap.7 )
3. Der Sieg über Ai ( Kap.8 )
C. Der südliche Feldzug ( Kap.9-10 )
1. Das Bündnis mit den Gibeoniter ( Kap.9 )
2. Die Verteidigung der Gibeoniter ( Kap.10 )
D. Der nördliche Feldzug ( 11,1-15 )
1. Das Bündnis ( 11,1-5 )
2. Die Schlacht ( 11,6-15 )
E. Die Aufzählung der Siege ( 11,16-12,24 )
1. Die eroberten Gebiete ( 11,16-23 )
2. Die besiegten Könige ( Kap.12 )
III. Die Verteilung Kanaans ( Kap.13-21 )
A. Die Anteile der zweieinhalb Stämme ( Kap.13 )
1. Der göttliche Befehl, das Land aufzuteilen
( 13,1-7 )
2. Die besondere Zusage an die östlichen
Stämme ( 13,8-33 )
B. Der Anteil für Kaleb ( Kap.14 )
1. Einleitung ( 14,1-5 )
2. Kaleb in Kadesch-Barnea ( 14,6-9 )
3. Kaleb während der Eroberung ( 14,10-11 )
4. Kaleb bei Hebron ( 14,12-15 )
C. Die Anteile der neuneinhalb Stämme ( 15,1-19,48
)
1. Der Anteil für den Stamm Juda ( Kap.15 )
2. Die Anteil für die Stämme Josefs (
Kap.16-17 )
3. Die Anteile für die übrigen Stämme (
18,1-19,48 )
D. Die Städte für Josua, die Freistädte und die
Städte der Leviten ( 19,49-21,45 )
1. Die besondere Zuteilung für Josua (
19,49-51 )
2. Die Bestimmung von Freistädten ( Kap.20 )
3. Die Festsetzung von Levitenstädten (
21,1-42 )
4. Zusammenfassung der Aufteilung des Landes
( 21,43-45 )
IV. Schluß ( Kap.22-24 )
A. Eine Grenzstreitigkeit ( Kap.22 )
1. Die Ermahnungen Josuas ( 22,1-8 )
2. Der Götzendienst der östlichen Stämme (
22,9-11 )
3. Die Kriegsdrohung ( 22,12-20 )
4. Die Verteidigung der östlichen Stämme (
22,21-29 )
5. Die Versöhnung der Stämme ( 22,30-34 )
B. Die letzten Tage Josuas ( 23,1-24,28 )
1. Josuas letzte Ermahnungen an die
Oberhäupter ( Kap.23 )
2. Josuas letze Ermahnung an das Volk (
24,1-28 )
C. Nachwort ( 24,29-33 )
AUSLEGUNG
I. Das Eindringen in Kanaan
( 1,1-5,12 )
A. Die Bevollmächtigung Josuas
( Jos 1 )
1. Josuas Hören auf den Herrn
( 1,1-9 )
Jos 1,1
Die einleitenden Worte nach dem Tod Moses verbinden
dieses Buch mit 5.Mose (vgl. 5Mo 34,1-9 ). Vor Moses Tod war Josua zu seinem
Nachfolger bestimmt worden (vgl. 4Mo 27,15-23; 5Mo 3,21-22; 31,1-8 ). Josua war
über etliche Jahre Moses junger Gehilfe gewesen ( 2Mo 24,13; 33,11; 4Mo 11,28 ).
Er kam aus dem Stamm Ephraim ( 4Mo 13,8 ) und lebte 110 Jahre ( Jos 24,29 ).
Josua fühlte sich wahrscheinlich einsam und wachte
erwartungsvoll in der Nähe des Jordanflusses, um die Stimme Gottes zu hören. Er
wurde nicht enttäuscht. Wenn Gottes Knechte sich Zeit zum Hören nehmen, tritt
Gott immer mit ihnen in Verbindung. Heutzutage spricht er normalerweise durch
sein geschriebenes Wort. Doch im AT sprach er in Träumen bei Nacht, in Visionen
am Tag, durch den Hohenpriester und manchmal mit vernehmbarer Stimme.
Jos 1,2
Mit welcher Methode Gott auch immer mit Josua
kommunizierte, die Botschaft war deutlich. Mose, Gottes Knecht, war tot .
(Interessanterweise wird Mose in Josua 1 dreimal "der Knecht des Herrn" genannt,
V. 1.13.15 ; vgl. 2Mo 14,31 ,und 13 Mal an anderer Stelle in Josua. Am Ende von
Josuas Leben wurde er selbst schließlich auch "der Knecht des Herrn" genannt,
Jos 24,29 .) Doch obgleich Mose tot war, war Gottes Wunsch immer noch lebendig,
und Josua war nun die Schlüsselfigur, um Gottes Vorhaben zu erfüllen. Gottes
Anweisungen waren eindeutig. Josua sollte den sofortigen Befehl über das ganze
Volk übernehmen und es über den Jordan in das Land führen, das Gott ihnen geben
wollte. Niemand kann Gottes Recht bezweifeln, Kanaan den Israeliten zu geben,
denn ihm gehört die ganze Erde, wie es ein Psalmist später bezeugte: "Die Erde
ist des Herrn und was darinnen ist, der Erdkreis und die darauf wohnen" ( Ps
24,1 ).
Jos 1,3-4
Obwohl das Land Gottes Geschenk an Israel war, konnte
es nur durch harten Kampf gewonnen werden. Der Herr gab ihnen das Eigentum des
Landes, doch um es zu besitzen, mußten sie über jedes Gebiet wandern. Die
Grenzen, die Gott festgesetzt und Abraham ( 1Mo 15,18-21 ) und Mose ( 5Mo 1,6-8
) versprochen hatte, sollten von der Wüste im Süden bis zum Gebirge des Libanon,
und vom Euphrat im Osten bis zum großen Meer, dem Mittelmeer, im Westen reichen.
Der Zusatz, das ganze Land der Hetiter, meint wahrscheinlich nicht das riesige
Reich dieses Namens nördlich von Kanaan, sondern geht zurück auf den Umstand,
daß in früheren Zeiten die gesamte Bevölkerung Kanaans oder ein Teil davon
manchmal "Hetiter" genannt wurden (vgl. 1Mo 15,20 ). Gruppen von Hetitern gab es
nur hier und dort in Kanaan.
38 Jahre zuvor hatte Josua als einer der 12 Späher
dieses gute und fruchtbare Land erkundet ( 4Mo 13,1-16; in 4Mo 13,8 wurde er
"Hoschea", eine Variante seines Namens, genannt). Die Erinnerung an dessen
Schönheit und Fruchtbarkeit war noch nicht vergangen. Nun sollte er die Armeen
Israels anführen, um dieses Gebiet zu erobern.
Wie groß war die Ausdehnung dieser Grenzen? Das Gebiet,
das in der Zeit Josuas tatsächlich erobert und besetzt wurde, war viel kleiner
als das, das Israel in 1Mo 15,18-21 versprochen worden war. Selbst zur Zeit
Davids und Salomos, als das Land seine größte Ausdehnung erreichte, lagen die
fehlenden Gebiete nur in Israels Einflußbereich.
Wann wird die Nation Israel das Land ganz besitzen? Die
Propheten haben erklärt, daß zur Zeit der Wiederkunft Christi Jesus die Juden
wiedervereinen und in dem Land über ein bekehrtes und erlöstes Israel herrschen
wird. Die völlige Inbesitznahme des Landes wird an diesem Tag geschehen (vgl.
Jer 16,14-16; Am 9,11-15; Sach 8,4-8 ).
Josua
Jos 1,5
Als Josua die riesige Aufgabe, Kanaan zu erobern, vor
Augen hatte, brauchte er ein mutmachendes Wort. Aus eigener Erfahrung wußte
Josua, daß die Kanaaniter und die anderen Völker starke Völker waren, die in
schwerbefestigten Städten wohnten (vgl. 4Mo 13,28-29 ). Häufige Kämpfe hielten
ihre Krieger in ordentlicher Kampfbereitschaft. Außerdem war das Land zum
größten Teil gebirgig, eine Tatsache die die Truppenbewegungen höchst
beschwerlich machen würden. Doch wenn Gott einen Befehl gibt, verbindet er ihn
oft mit einer Zusage, und so versprach er Josua einen lebenslang anhaltenden
Sieg über seine Feinde, der auf seiner unfehlbaren Gegenwart und Hilfe beruhte.
Die Worte Ich werde dich nie verlassen (vgl. Jos 1,9 ) können auch mit "Ich
werde dich nie fallenlassen oder aufgeben" übersetzt werden. Gott läßt niemals
ein Versprechen platzen.
Jos 1,6
Aus dieser starken Zusage, daß Gott Josua niemals
verlassen würde, entsprang Gottes dreifacher Aufruf. Zuerst wurde Josua
aufgefordert, stark und mutig zu sein (vgl. V. 7.9.18 ), weil Gott das Land
versprochen hatte . Stärke und Kraft würden für den bevorstehenden anstrengenden
Feldzug benötigt werden, doch Josua sollte zuallererst in Erinnerung behalten,
daß er erfolgreich sein würde, Israel zu führen, das Land in Besitz zu nehmen ,
weil es ihren Vorvätern, nämlich Abraham ( 1Mo 13,14-17; 15,18-21; 17,7-8;
22,16-18 ), Isaak ( 1Mo 26,3-5 ), Jakob ( 1Mo 28,13; 35,12 ) und der ganzen
Nation, dem Samen Abrahams ( 2Mo 6,8 ), als ein ewiges Eigentum versprochen
worden war. Josua sollte nun endlich die Kinder Israels zur Inbesitznahme dieses
verheißenen Landes führen. Was für eine wichtige Rolle sollte er in dieser
schwierigen Zeit der Geschichte seines Volkes spielen! Während die Erfüllung
dieser großartigen und bedeutungsvollen Verheißung in jeder Generation jeweils
von Israels Gehorsam gegenüber Gott abhängig ist, bedarf es keiner Frage, daß
die Bibel ihr Recht auf das Land bezeugt. Durch göttlichen Vertrag sind sie die
Eigentümer, selbst wenn sie es nicht ganz besitzen und sich daran erfreuen, bis
sie mit Gott wieder im reinen sind.
Jos 1,7-8
Zum zweiten Mal wurde Josua aufgefordert, stark und
sehr mutig zu sein und darauf achtzuhaben, das ganze Gesetz Moses zu halten .
Dieses Gebot beruht auf Gottes Kraft durch sein Wort. Dies ist eine stärkere
Ermahnung, die aufzeigt, daß größere Charakterstärke notwendig ist, um Gottes
Wort treu und völlig zu gehorchen, als um Schlachten zu gewinnen. Die Betonung
in diesen Versen liegt eindeutig auf einer schriftlich, d. h. in Buchform,
festgehaltenen Wahrheit. Viele Kritiker behaupten, daß die Schrift erst etliche
Jahrhunderte später in schriftlicher Form erschien, doch hier ist ein klarer
Verweis auf ein autoritatives Buch des Gesetzes .
Um bei der Eroberung Kanaans Glück zu haben und
erfolgreich zu sein, mußte Josua nach der Schrift drei Dinge tun: (a) Das Gesetz
durfte nicht von seinem Munde weichen , sondern er mußte darüber reden (vgl. 5Mo
6,7 ); (b) er sollte darüber bei Tag und Nacht nachdenken und nachsinnen (vgl.
Ps 1,2; 119,97 ); (c) er sollte alles, was darin geschrieben steht, tun , seinen
Gesetzen völlig gehorchen und nach ihnen handeln (vgl. Esr 7,10; Jak 1,22-25 ).
Josuas Leben demonstriert, daß er auf praktische Weise
entsprechend den Lehren des Gesetzes Mose, dem einzigen Teil des Wortes Gottes,
das es zu der Zeit in schriftlicher Form gab, lebte. Allein dies erklärt die
Siege, die er in der Schlacht errang, und den Erfolg, der seine gesamte Laufbahn
begleitete. In einer seiner Abschiedsreden an das Volk, kurz bevor er starb,
drängte er es, in Übereinstimmung mit der Schrift zu leben ( Jos 23,6 ). Leider
gehorchten sie diesem Rat nur eine kurze Zeit. In nachfolgenden Generationen
lehnte es das Volk Israel ab, von Gottes autoritativer Offenbarung geleitet zu
werden, und die Israeliten taten, was ihnen gefiel ( Ri 21,25 ). Indem sie eine
objektive Grundlage der Gerechtigkeit ablehnten, wählten sie eine subjektive,
die vom moralischen und geistlichen Relativismus gekennzeichnet war. Dies
wiederum stürzte die Nation in Jahrhunderte religiöser Abtrünnigkeit und
moralischer Anarchie.
Jos 1,9
Der dritte Aufruf an Josua, mutig zu sein, war auf das
Versprechen von Gottes Gegenwart gegründet. Dies verkleinerte nicht die Aufgabe,
die Josua vor sich hatte. Er würde Riesen und befestigte Städte vorfinden, doch
Gottes Gegenwart würde den Unterschied ausmachen.
Josua hatte wahrscheinlich Zeiten, in denen er sich
schwach, unwohl und ängstlich fühlte. Vielleicht überlegte er zu resignieren,
bevor die Eroberung überhaupt losging. Doch Gott wußte von allen seinen
Gefühlen, persönlichen Schwächen und Ängsten und forderte ihn dreimal auf: Sei
stark und mutig (V. 6-7.9 ; vgl. V. 18 ). Gott drängte ihn auch, nicht ängstlich
oder entmutigt zu sein (vgl. 5Mo 1,21; 31,8; Jos 8,1 ). Diese Ermahnungen mit
den begleitenden Zusagen (Gottes Versprechen, Gottes Kraft und Gottes Gegenwart)
reichten aus, um ein Leben lang zu halten. Gläubige aller Zeiten können von den
gleichen drei Zusagen aufgerichtet werden.
2. Josuas Befehle an die Offiziere
( 1,10-15 )
Der Herr hatte zu Josua gesprochen. Nun sollte Josua zu
dem Volk reden, was er ohne Verzögerung tat. Josuas Befehle klangen überzeugend.
Der neue Anführer hatte die Aufgabe im Vertrauen angenommen. Die Situation, die
Josua und das Volk vor sich hatten, war nicht einfach. Tatsächlich glich seine
Lage sehr stark dem Dilemma, das Mose und die Israeliten am Roten Meer vorfanden
( 2Mo 14 ). In beiden Fällen trat das Hindernis am Anfang des Dienstes, den die
beiden Führer zu leisten hatten, auf. Beide waren unmöglich auf natürlichem Weg
zu bewältigen. Beide verlangten völliges Vertrauen in und absolute Abhängigkeit
von Gottes wunderwirkender Kraft.
Jos 1,10-11
Zwei Dinge verlangten Aufmerksamkeit. Erstens mußten
Vorräte gesammelt werden, denn obwohl das tägliche Manna noch nicht aufgehört
hatte, sollte das Volk einige der Früchte und Getreide von den Feldern Moabs für
sich selbst und für sein Vieh sammeln. Der Befehl zur "Vorbereitung" wurde von
Josua an die Offiziere gegeben, die wie die heutigen Adjutanten oder
Stabsoffiziere die Befehle ihres vorgesetzten Offiziers an die Leute
weiterleiteten. In drei Tagen (vgl. Jos 2,22 ) würde die Eroberung beginnen.
Jos 1,12-15
Josuas zweite Aufgabe war es, die Stämme Ruben, Gad und
den halben Stamm Manasse daran zu erinnern, daß, auch wenn sie ihr Erbe östlich
des Jordans erhalten hatten, sie doch dazu verpflichtet waren, mit ihren Brüdern
weiterzukämpfen und ihnen dabei zu helfen, das Land westlich des Jordans zu
erobern ( 4Mo 32,16-32; 5Mo 3,12-20 ). Das Schlüsselwort hier ist denkt daran,
und ihre Reaktion ( Jos 1,16-18 ) zeigt, daß sie ihr Versprechen nicht vergessen
hatten und bereit waren, dazu zu stehen. Tatsächlich sollten sie als
Überraschungstruppen dienen und den Angriff auf Kanaan anführen (V. 14 , vor
euren Brüdern hinüberziehen ).
3. Josua erhält die Unterstützung des Volkes
( 1,16-18 )
Jos 1,16-18
Die Reaktion der zweieinhalb Stämme war enthusiastisch
und kam von ganzem Herzen. Sie spiegelte sicherlich auch die Haltung aller
Stämme in dieser heiklen Zeit der Vorbereitung auf die Invasion wieder. Wie
mutmachend muß es auf den neuen Führer gewirkt haben, zu wissen, daß das Volk
darin einig war, ihn zu unterstützen. Ihr Treue- und Gehorsamsschwur ( wir
werden dahin gehen ... wir werden dir gehorchen ) beinhaltete die ernsthafte
Erklärung, daß jeder, der des Ungehorsams schuldig wurde, hingerichtet werden
sollte. Die Stämme ermutigten Josua sogar, stark und mutig zu sein (vgl. V.
6-7.9 )!
Doch es gab eine Voraussetzung: Sie wollten Josua
folgen, wenn er einwandfrei die Tatsache beweisen konnte, daß er von Gott
geführt werde (V. 17 ). Dies war eine weise Vorsichtsmaßnahme, die auch später
wichtig war, wenn sich Israels Führer nicht als falsche Propheten oder "blinde
Blindenführer" entpuppen sollten.
B. Die Erkundung Jerichos
( Jos 2 )
Josua war einer der 12 Späher gewesen, die das Land
erkundschaftet hatten ( 4Mo 13-14 ). Nun, als er sein Gesicht gen Westen hob und
das Land gegenüber des reißenden Jordans erblickte, das Gott ihnen versprochen
hatte, war es für ihn selbstverständlich, die nötigen Informationen einzuholen,
um einen erfolgreichen Krieg führen zu können. Diese Schlacht war die erste in
einem langen und beschwerlichen Krieg.
1. Die Aussendung der Späher nach Jericho
( 2,1 )
Jos 2,1
Inmitten des Weges, den die Eroberer zu nehmen hatten,
ragte die ummauerte Stadt Jericho empor, die Schlüsselfestung der Jordanebene,
die die Wege zu den mittleren Gebirgen kontrollierte. Doch bevor er sie angriff,
benötigte Josua eingehende Informationen über diese Festung - über Tore,
befestigte Türme, die Streitkraft und die Stimmung ihrer Einwohner. Also wurden
zwei Kundschafter ausgewählt und zu einer sorgfältig geheimgehaltenen Mission
entsandt. Nicht einmal die Israeliten wurden davon in Kenntnis gesetzt, damit
ein unerfreulicher Bericht sie nicht entmutigen würde, wie es bei ihren Vätern
bei Kadesch-Barnea geschehen war ( 4Mo 13,1-14,4 ).
Indem sie ihr Leben aufs Spiel setzten, verließen die
beiden Späher Schittim , das 12 km östlich des Jordans lag, und wanderten
wahrscheinlich nach Norden, wobei sie an einer Furt den Jordan schwimmend
überquerten (vgl. Jos 3,15 ). Indem sie sich nach Süden wandten, näherten sie
sich Jericho von der Westseite und befanden sich schon bald auf ihren Straßen
zwischen den Einwohnern.
Warum die Kundschafter das Haus einer Prostituierten
mit Namen Rahab wählten, wird nicht offenbart. Während einige vermuten, daß sie
sie auf der Straße gehen sahen und ihr folgten, erscheint es besser, anzunehmen,
daß die Männer durch die Vorsehung Gottes dorthin geführt worden waren. Gottes
Absicht für den Besuch Jerichos durch die Späher beinhaltete mehr als die
Beschaffung von militärischen Daten. Es gab dort eine sündige Frau, die Gott in
seiner Gnade von dem Gericht zu verschonen gedachte, dem die Stadt bald
verfallen würde. Also brachte der Herr auf seltsame Art und Weise zwei
Geheimagenten des Heeres Israel und eine Hure Kanaans, die eine Anhängerin des
Gottes Israel werden sollte, zusammen.
Einige Ausleger von der Zeit des Josephus bis heute
haben versucht, die Situation dadurch zu entschärfen, indem sie behaupteten, daß
Rahab nur eine Gastwirtin gewesen sei, doch die neutestamentlichen Erwähnungen
von Rahab besagen eindeutig, daß sie eine unmoralische Frau gewesen ist ( Hebr
11,31; Jak 2,25 ). Dies stellt auf gar keinen Fall die Gerechtigkeit Gottes in
Frage, der solch eine Person für die Erfüllung seiner Absichten benutzte. Statt
dessen veranschaulicht dieser Vorfall nur noch mehr Gottes Güte und Gnade (vgl.
Mt 21,32; Lk 15,1; Lk 19,10 ).
2. Das Verbergen der Späher durch Rahab
( 2,2-7 )
Jos 2,2-3
Die Verstellung der Spione war nicht ausreichend. Die
ganze Stadt war auf der Hut, da sie über das Lager Israels auf der anderen Seite
des Jordans Bescheid wußte. Jemand erkannte die Späher, folgte ihnen bis zum
Haus Rahabs und kehrte schnell zurück, um dem König Bericht zu erstatten. Der
König, der schnell reagierte, sandte Boten, die von Rahab forderten, daß die
Späher sich ergeben sollten. Mit Rücksicht auf den orientalischen Brauch, die
Privatsphäre auch einer Frau wie Rahab zu respektieren, unterließen sie es, in
das Haus einzubrechen und es zu durchsuchen.
Jos 2,4-6
Doch offenbar hatte Rahab auch Vermutungen über die
Identität ihrer beiden Besucher angestellt. Als sie die Soldaten kommen sah, die
sich dem Hause näherten, verbarg sie die Späher unter den Flachsstengeln, die
auf ihrem Flachdach zum Trocknen lagen. Nachdem die Flachsstengel in der
Erntezeit herausgezogen worden waren, wurden sie für drei bis vier Wochen zum
Aufsaugen in Wasser gelegt, um danach die Fasern trennen zu können. Dann wurde
der Flachs, nachdem er in der Sonne getrocknet war, zu Leinentuch verwebt.
Nachdem sie dann hinuntergeeilt war, um den Gesandten
des Königs die Tür zu öffnen, gab sie offen zu, daß zwei Fremde in ihr Haus
gekommen seien, doch woher hätte sie deren Identität und Auftrag wissen sollen?
"Sie sind bei Anbruch der Dunkelheit ungefähr zur Zeit, wenn das Stadttor
geschlossen wird, gegangen", log sie. "Doch wenn ihr euch beeilt, könnt ihr sie
möglicherweise noch stellen."
Jos 2,7
Die Soldaten nahmen Rahab beim Wort und durchsuchten
ihren Besitz nicht, sondern ritten aus, um ihnen nach Osten zu den Furten des
Jordans nachzujagen, weil dies der wahrscheinlichste Fluchtweg war.
War es für Rahab verboten zu lügen, obgleich ihre
Falschheit die Späher beschützte? Gibt es einige Situationen, in denen eine Lüge
angebracht ist?
Immerhin, sagen einige, war dies eine Sache der
damaligen Kultur, da ja Rahab bei den gottlosen Kanaanitern geboren worden und
aufgewachsen war, bei denen das Lügen allgemein praktiziert wurde.
Möglicherweise sah sie nichts Böses in ihrer Tat. Außerdem wären die Spione vom
König getötet worden, wenn sie die Wahrheit gesagt hätte.
Solche Argumente sind jedoch nicht überzeugend. Zu
argumentieren, daß die Spione sicherlich verloren gewesen wären, wenn Rahab die
Wahrheit gesagt hätte, bedeutet, die Tatsache zu ignorieren, daß Gott die Späher
auch auf eine andere Art hätte beschützen können. Rahab damit zu entschuldigen,
daß sie einer allgemeinen Praxis folgte, bedeutet, etwas nicht ernst zu nehmen,
was Gott verwirft. Paulus zitiert einmal einen Propheten aus Kreta, der gesagt
hatte, daß die Kreter permanente Lügner seien, und fügt dann hinzu: "Dieses
Zeugnis ist wahr. Aus diesem Grund weise sie scharf zurecht, damit sie gesund
werden im Glauben" ( Tit 1,13 ). Die Lüge Rahabs wurde zwar niedergeschrieben,
aber nicht gerechtfertigt. Die Bibel rechtfertigt ihren Glauben, der sich durch
gute Werke erwies ( Hebr 11,31 ), jedoch nicht ihre Falschheit. (Manche
entschuldigen Rahabs Lüge, indem sie behaupten, daß Täuschung im Krieg erlaubt
sei.)
3. Der Beweis von Rahabs Verständigkeit gegenüber den
Spähern
( 2,8-11 )
Jos 2,8-11
Dann fand eine sehr beachtliche Besprechung statt. Die
Gesandten des Königs waren gegangen und Rahab stieg auf das Dach ihres Hauses,
wo sie in der Dunkelheit mit den beiden Spähern sprach. Man ist auf ihre nun
folgende Glaubenserklärung kaum vorbereitet. Als erstes eröffnete sie, daß sie
glaubte, daß der Herr, der Gott Israels, Israel das Land Kanaan gegeben hatte.
Obwohl das Heer Israels den Jordan noch gar nicht überquert hatte, meinte Rahab:
"Die Eroberung ist so gut wie geschehen". Zweitens gab sie den Spähern die
unbezahlbare Information, daß die Bewohner Jerichos, so wie auch der Rest
Kanaans, völlig demoralisiert waren: Alle Bewohner dieses Landes beben in Angst
vor euch (vgl. V. 24 , und V. 11 , unsere Herzen sind verzagt und jedem fehlt
der Mut ). Dies war so, wie Gott es vorhergesagt hatte, daß es geschehen würde (
2Mo 23,27; 5Mo 2,25 ). Da es die Hauptaufgabe der Späher war, die Moral des
Feindes zu erkunden, war dieses Wort allerdings "Musik in ihren Ohren". Doch
warum die Angst? Wegen der Kraft des Gottes Israels, der 40 Jahre vorher das
Rote Meer für die hebräischen Sklaven geteilt, und ihnen vor kurzem den Sieg
über Sihon und Og , die mächtigen Könige der Amoriter östlich des Jordan,
geschenkt hatte ( 4Mo 21,21-35 ). Nun kehrte sich derselbe Gott gegen sie, und
sie wußten, daß sie nicht gewinnen konnten.
Dann bezeugte Rahab ihren Glauben an den Gott Israels:
Denn der HERR, euer Gott, ist Gott oben im Himmel und unten auf der Erde . Als
Antwort auf das Wort, das sie über das mächtige Wirken Gottes empfangen hatte,
glaubte Rahab und vertraute auf seine Kraft und Gnade. Dieser Glaube rettete
sie. Doch wie konnte Rahab so einen offensichtlichen Glauben haben und trotzdem
eine Hure sein und so leichtfertig Lügen erzählen? Die Antwort scheint zu sein,
daß sie später auch auf weitere Botschaften über Gottes Lebensprinzipien
reagierte und gehorsam war, nachdem sie am Anfang auf die Botschaft über Gottes
Werke mit Glauben reagiert hatte. Immerhin erfolgt geistliches Wachstum
stufenweise und nicht mit einem Mal Selbst John Newton, der das Gospel "Amazing
Grace" (Durch Gnade frei) dichtete, betrieb nach seiner Bekehrung noch
Sklavenhandel, bevor er sich der Schändlichkeit und Entwürdigung dieser Praxis
bewußt wurde und sie aufgab.
4. Das Versprechen der Späher an Rahab
( 2,12-21 )
Jos 2,12-13
Rahab bewies ihren Glauben nicht nur durch das
Beschützen der Späher ( Hebr 11,31; Jak 2,25 ), sondern auch dadurch, daß sie
sich um die Sicherheit ihrer Familie kümmerte. Vermutlich sorgte sie sich um die
körperliche Sicherheit ihrer Familie, jedoch wird sie auch den Wunsch gehabt
haben, daß diese auch ein Teil des Volkes Gottes würden, anstatt von der
schändlichen und unwürdigen Götzenanbetung der Kanaaniter versklavt zu werden.
Sie äußerte dieses dringende Anliegen zwar vorsichtig,
jedoch mit Nachdruck, und drängte die Späher dazu, wegen ihrer
Kooperationsbereitschaft mit ihr einen Pakt zu schließen.
Als Rahab um Freundlichkeit ( HeseD ) gegenüber ihrer
Familie bat, benutzte sie ein bedeutungsvolles Wort. HeseD , das 250 Mal im AT
vorkommt, bedeutet ehrliche, standhafte oder treue Liebe, die auf einem
Versprechen, einer Übereinkunft oder einem feierlichen Abkommen beruht. Manchmal
wird das Wort benutzt, um Gottes treue Liebe zu seinem Volk auszudrücken, und
manchmal auch, wie hier, für Beziehungen auf menschlicher Basis. Es war Rahabs
Bitte, daß die Späher mit ihr und der Familie ihres Vaters ein HeseD -Bündnis
schlössen, so wie sie mit ihnen ein HeseD -Bündnis geschlossen hatte, indem sie
ihr Leben rettete.
Jos 2,14
Die Antwort der Späher kam sofort und entschieden.
"Wenn der Herr uns das Land, das heißt, Jericho, gibt, werden wir das HeseD
-Abkommen einhalten. Wenn du unseren Auftrag nicht verrätst, werden wir dich und
deine Familie beschützen, oder unser eigenes Leben einbüßen" (Übertragung durch
den Autor).
Jos 2,15-20
Als die Späher sich zum Gehen fertigmachten,
bestätigten sie noch einmal den Bund, indem sie die Bedingungen, die Rahab
einzuhalten hatte, wiederholten und sie ihr einschärften. Erstens mußte ihr Haus
durch ein rotes Seil , das aus dem Fenster hing, gekennzeichnet sein. Wegen der
Lage des Hauses auf der Stadtmauer (vgl. den Kommentar zu V. 21 zum Haus auf der
Stadtmauer) würde das Seil von den israelitischen Soldaten immer und immer
wieder gesehen werden, während sie um die Mauern herummarschierten ( Jos 6,12-15
). Ihr Haus würde deutlich gekennzeichnet sein, und kein Soldat, wie eifrig und
verbissen er auch mit der Zerstörung beschäftigt sein würde, würde es wagen, den
Schwur anzutasten und irgend jemanden in diesem Haus zu töten.
Zweitens sollten Rahab und ihre Familie während des
Angriffs auf Jericho in dem Haus verweilen. Sollte jemand hinausgehen und
getötet werden, wäre er selbst und nicht die Eroberer schuld an seinem Tod.
Zuletzt betonten die Späher noch einmal, daß sie von diesem Schutzversprechen
entbunden würden, wenn Rahab ihren Auftrag preisgäbe.
Jos 2,21
Rahab nahm diese Bedingungen an, und nachdem die Späher
gegangen waren, band sie das rote Seil ins Fenster . Wahrscheinlich beeilte sie
sich auch, ihre Familie aufzufordern, sich im Hause zu versammeln. Die Tür zu
ihrem Hause war eine Tür zum Schutz vor dem Gericht, das schon bald über Jericho
kommen würde (vgl. 1Mo 7,16; 2Mo 12,23; Joh 10,9 ).
Als ihre Mission beendet war, tauschten die Späher mit
Rahab Anweisungen, die ihre Flucht betrafen, aus (vgl. Jos 2,15-16 ). Jericho
war zu der Zeit von zwei Mauern umgeben, die ungefähr 5 Meter auseinanderlagen.
Über den Zwischenraum waren Holzbalken gelegt und auf diesem Fundament Häuser
gebaut worden. Wahrscheinlich war Rahabs Haus auch eines von denen, die wegen
des Platzmangels in der engen Stadt "auf der Mauer" gebaut worden waren. Auf
diese Weise war es ein Teil der Stadtmauer (V. 15 ).
5. Die Rückkehr der Späher zu Josua
( 2,22-24 )
Jos 2,22-24
Die Späher wurden an einem Seil durch ein Fenster im
Haus Rahabs vorsichtig hinuntergelassen (V. 15 ). Ihre Flucht wäre viel
schwieriger, wenn nicht sogar unmöglich gewesen, wenn sie durch das Stadttor
hätten gehen müssen.
Knapp 800 m westlich von Jericho erheben sich
Kalksteinfelsen, die bis zu 450 m hoch aufragen und von Höhlen durchsetzt sind.
Hier versteckten sich die Späher ( in den Hügeln ) drei Tage lang (vgl. Jos 1,11
), bis die Soldaten Jerichos die Verfolgungsjagd aufgaben. Dann schwammen die
Späher im Schutz der Dunkelheit über den Jordan, marschierten zügig zum Lager
bei Schittim (vgl. Jos 2,1 ) und berichteten Josua von ihrem wundersamen und
aufwühlenden Abenteuer und der alarmierten und verzagten Stimmung der
Kanaaniter. Ihre Folgerung war: Der HERR hat das ganze Land in unsere Hände
gegeben, und alle Bewohner des Landes sind vor uns feige geworden (vgl. V. 9 ;
2Mo 23,27; 5Mo 2,25 ). Was für ein Unterschied war das im Vergleich mit dem
Bericht der Mehrheit der Späher bei Kadesch-Barnea, die sagten: "Wir vermögen
nicht hinaufzuziehen gegen dies Volk, denn sie sind uns zu stark." ( 4Mo 13,31
).
C. Die Überquerung des Jordan
( Jos 3 )
1. Vorbereitungen für die Überquerung
( 3,1-4 )
Jos 3,1
Josua war ein Mann der Tat. Nachdem die Späher nun
zurück waren und Bericht erstattet hatten, begann Israels Führer sofort mit den
Vorbereitungen, die nötig waren, um den Jordan zu überqueren und in Kanaan
einzufallen. Bis jetzt hatte Josua keine Vorstellung davon, wie diese große
Menge Menschen den überquellenden Fluß überqueren sollte (vgl. V. 15 ). Doch im
Glauben, daß Gott es schon irgendwie möglich machen würde, ließ er sie alle
mitsamt ihrem Hab und Gut die elf Kilometer von Schittim bis zum Jordan ziehen.
(Schittim ist möglicherweise mit Abel-Schittim identisch, das in 4Mo 33,49
erwähnt wird.)
Jos 3,2-3
Als sie am Fluß ankamen, hielten sie für drei Tage.
Ohne Zweifel benötigten die Führer Zeit, um die Überquerung zu organisieren und
Befehle an die Leute weiterzuleiten. Das Warten gab auch jedem die Möglichkeit,
sich den Fluß näher zu betrachten, der wegen der Schneeschmelze des Hermon im
Norden ein reißender Strom war. Ihre Herzen werden wohl beim Anblick der
scheinbaren Unmöglichkeit der Überquerung gestockt haben.
Am Ende des dritten Wartetages bekam das Volk
Anweisungen. Die Wolkensäule würde sie nicht länger anführen, statt dessen
sollten sie nun der Bundeslade folgen. Keine Militärkundschafter würden zuerst
ins Land vorstoßen, sondern die Priester, die die Bundeslade trugen (vgl. V. 11
). Da die Lade den Herrn selbst symbolisierte, war es Jahwe, der sein Volk nach
Kanaan hineinführte.
Jos 3,4
Die Lade sollte voranziehen und das Volk
hinterhermarschieren, oder sie möglicherweise von drei Seiten umgeben. Sie
sollten jedoch einen Abstand von ungefähr 1 km einhalten. Warum? Wahrscheinlich,
um sie an die Heiligkeit der Lade und des Gottes, den sie repräsentierte, zu
erinnern. Sie sollten kein ungezwungenes oder ehrfurchtsloses Verhältnis zu Gott
haben, sondern einen Geist tiefer Ehrfurcht und großen Respektes. Gott sollte
nicht als "der Mann da oben" angesehen werden, sondern als der alleinige und
heilige Gott der ganzen Erde.
Der Abstand war auch erforderlich, damit eine möglichst
große Menge des großen Volkes die Lade sehen konnte. Gott wollte sie über
unbekanntes Gelände führen, auf einem Weg, den sie noch nie zuvor gegangen
waren. Es war neues Gebiet, also konnten sie ohne die Führung und Leitung des
Herrn nicht wissen, in welche Richtung sie gehen sollten.
2. Heiligung für die Überquerung
( 3,5-13 )
Jos 3,5
Als sich der Tag der Überquerung näherte, befahl Josua
dem Volk, sich zu heiligen oder zu weihen . Es wäre leichter zu verstehen, wenn
er gesagt hätte: "Schärft eure Schwerter und prüft eure Schilder!" Doch zu
dieser Zeit war geistliche und keine militärische Vorbereitung nötig, denn Gott
würde sich bald zu erkennen geben, indem er ein großes Wunder in Israels Mitte
vollbringen würde. So wie eine Person sich gewissenhaft vorbereiten würde, um
jemanden mit irdischem Ruhm zu treffen, so war es für die Israeliten
selbstverständlich, sich auf eine Offenbarung des Gottes der ganzen Erde
vorzubereiten. Derselbe Befehl war am Sinai ergangen, als die vorangegangene
Generation sich für die majestätische Offenbarung des Herrn vorbereitete, als
dieser das Gesetz gab ( 2Mo 19,10-13 ).
Doch das war noch nicht alles. Das Volk Israel sollte
erwarten , daß Gott ein Wunder vollbringen würde. Sie sollten sich in einer
erwartungsvollen, gespannten Haltung befinden. Israel sollte den Blick für
seinen Gott nicht verlieren, der Unglaubliches und menschlich Unmögliches
vollbringen konnte.
Jos 3,6-8
Dann sagte der Herr zu Josua, wie die Überquerung
ablaufen sollte, und erklärte Josua, daß dieses Wunder ihn zum Führer des Volkes
erheben oder erklären würde. Es war Zeit, Josuas Glaubwürdigkeit als Gottes
Repräsentant, der Israel führen sollte, zu manifestieren. Was gab es da
Besseres, als daß Josua seinen Weg durch einen durch ein Wunder geteilten Fluß
leitete? Tatsächlich achtete das Volk Josua und wußte, daß Gott mit ihm war (
Jos 3,7; vgl. Jos 1,5.9 ).
Jos 3,9-13
Doch als Josua dem Volk die Worte Gottes weitersagte,
erwähnte er das besondere Versprechen, daß er durch dieses Wunder geehrt werden
würde, nicht. Dagegen sagte er zu ihnen, daß dieses Wunder beweisen würde, daß
der lebendige Gott, im Gegensatz zu den toten Götzen, die von den Heiden verehrt
wurden, in ihrer Mitte war. Außerdem würde der lebendige Gott, neben dem Öffnen
eines Weges mitten durch den reißenden Jordan, die sieben Völker, die das Land
bewohnten, vertreiben. Das Gelöbnis der lebendige Gott ist unter uns wurde zum
Leitmotiv der Eroberung und der Schlüssel zum Sieg über die Feinde in diesem
Land. Es ist ein Versprechen, das fast auf jeder Seite dieses Buches erscheint:
"Ich werde mit dir sein!" Ein Versprechen, das für das Volk des Herrn immer noch
gilt: die Zusicherung seiner Gegenwart. Da Gott der HERR ( ?XDNn , "Gebieter")
der ganzen Erde ist (vgl. Ps 97,5 ), war er sicherlich auch imstande, sein Volk
über den Fluß zu bringen.
3. Die Vollendung der Überquerung
( 3,14-17 )
Jos 3,14-15 a
Der Tag der Überquerung des Jordans, der Tag an dem
Israel Kanaan betreten sollte, war endlich angebrochen. Das Volk brach die Zelte
ab und folgte den Priestern, die die Lade trugen, zum Ufer des Jordan. Es war
die Zeit der Gerstenernte im Monat Nisan (März/April), der erste Monat ihres
Jahres ( Jos 4,19 ). Der Fluß führte Hochwasser , ein böses Omen für die
Priester und das Volk, und eine harte Prüfung ihres Glaubens. Würden sie
ängstlich zögern, oder würden sie im Glauben weitergehen, darauf vertrauend, daß
das, was Gott über das Aufhalten des Wassers versprochen hatte ( Jos 3,13 ),
wirklich eintreffen würde?
Jos 3,15-17 (Jos 3,15b-17)
Dramatische Dinge passierten in dem Moment, als die
Priester, die die Lade des Bundes trugen, in das schlammige, reißende Wasser
traten. Das Wasser flußaufwärts hörte auf zu fließen (vgl. V. 13 ). Die Wasser
anderer Flüsse stauten sich bei einer Stadt namens Adam auf und waren völlig
abgeschnitten, so daß sie nicht in den Jordan fließen konnten. So überquerte das
Volk den Fluß gegenüber von Jericho . Dies erinnert an die Überquerung des Roten
(Schilf-)Meeres (vgl. 2Mo 15,8; Ps 78,13 ).
Obgleich der Ort namens "Adam" nur hier vorkommt, wird
er gewöhnlich mit Tell ed-Damiyeh identifiziert, das ungefähr 26 km nördlich der
Furt gegenüber von Jericho liegt. Ein großer Teil des Flusses wurde also
aufgestaut, so daß das Volk mit seinem Vieh und seiner Habe hinübereilen konnte
(vgl. Jos 4,10 ).
Wie konnte dieses sensationelle Wunder geschehen? Viele
behaupten, daß dies kein Wunder war, da das Geschehen als ein natürliches
Phänomen erklärt werden kann. Sie berufen sich darauf, daß am 8. Dezember 1267
ein Erdbeben die hohen Ufer des Jordan bei Tell ed-Damiyeh zum Einsturz brachte,
wodurch der Fluß 10 Stunden lang gestaut wurde. Am 11. Juli 1927 blockierte ein
Erdbeben in der gleichen Gegend den Fluß 21 Stunden lang. Natürlich geschahen
diese Stauungen nicht bei Hochwasser. Möglicherweise bediente sich Gott
natürlicher Ursachen, wie eines solchen Erdbebens oder eines Erdrutsches.
Trotzdem würde die Zeit des Geschehens dies zu einem wunderbaren Eingriff
machen. Doch erlaubt der biblische Text solch eine Interpretation dieses
Geschehens?
Wenn man alle beteiligten Faktoren berücksichtigt,
scheint es am besten zu sein, dieses Geschehen als eine besondere Tat Gottes
anzusehen, die auf einem Weg geschah, der Menschen unbekannt ist. Viele
übernatürliche Elemente kamen hier zusammen: (1) Das Geschehen passierte so, wie
es vorausgesagt worden war ( Jos 3,13.16 ). (2) Der Zeitpunkt war genau der
richtige (V. 15 ). (3) Das Geschehen fand statt, als der Fluß Hochwasser führte
(V. 15 ). (4) Die Wassermauer verharrte mehrere Stunden, möglicherweise einen
ganzen Tag (V. 16 ). (5) Der weiche, nasse Flußboden wurde auf einen Schlag
trocken (V. 17 ). (6) Das Wasser kehrte sofort, nachdem das Volk übergesetzt war
und die Priester aus dem Fluß herausgekommen waren, wieder zurück ( Jos 4,18 ).
Jahrhunderte später überquerten die Propheten Elia und Elisa denselben Fluß auf
trockenem Boden nach Osten ( 2Kö 2,8 ). Kurz danach überquerte Elisa den Fluß
wieder auf trockenem Grund. Wenn ein natürliches Phänomen nötig ist, um die
Überquerung der Israeliten unter Josua zu erklären, dann müßte man auch
annehmen, daß für Elia und Elisa zwei Erdbeben hintereinander stattfanden, was
nun doch unwahrscheinlich ist.
Durch dieses große Wunder, nämlich der Überquerung des
Jordans bei Hochwasser durch ein Volk mit ungefähr 2 Millionen Menschen, wurde
Gott verherrlicht, Josua geachtet, Israel ermutigt und die Kanaaniter zu Tode
erschreckt.
Für Israel bedeutete die Überquerung des Jordan, daß
sie nun endgültig in einen Kampf gegen Armeen, Kampfwagen und befestigte Städte
verwickelt waren. Sie waren nun auch davon abhängig, im Glauben an den
lebendigen Gott zu verharren und sich davon abzukehren, im Fleisch zu verharren,
wie sie es in der Wüste oft getan hatten.
Für Gläubige heute stellt die Überquerung des Jordan
das Voranschreiten von einer Stufe des christlichen Lebens zur nächsten dar.
(Sie ist kein Bild für einen Gläubigen, der stirbt und in den Himmel kommt!) Sie
ist ein Bild für den Beginn des geistlichen Kampfes und für die Inanspruchnahme
der Verheißungen Gottes. Dies bedeutet das Ende eines Lebens aus menschlicher
Anstrengung heraus und den Beginn eines Lebens im Glauben und Gehorsam.
D. Die Aufrichtung von Gedenksteinen
( Jos 4 )
Jos 4,1-3
Es war wichtig, daß Israel dieses große Wunder niemals
vergaß. Damit die Israeliten sich daran erinnern würden, was Gott für sie an
diesem historischen Tage vollbracht hatte, ließ er sie 12 Gedenksteine
aufrichten. Dieses Denkmal erinnerte an die Überquerung der großen Schar der
Israeliten durch das trockene Flußbett des Jordans.
Der Herr befahl Josua, 12 Männer, die vorher ausgewählt
worden waren, anzuweisen, 12 Steine aus dem Flußbett zum Ort des Nachtlagers zu
tragen.
Jos 4,4-8
Nachdem er die 12 Vertreter der Stämme zusammengerufen
hatte, gab er ihnen Anweisungen. Sie sollten bis zur Mitte des Flußbettes
zurückkehren, und jeder von ihnen sollte einen Stein mitbringen. Diese Steine
würden eine sichtbare Erinnerung ( ein Denkmal ) an Gottes Befreiungswerk (vgl.
V. 24 ) und eine gute Möglichkeit für die Israeliten, ihre Jugend zu unterweisen
(V. 6-7 ; vgl. V. 21-24 ), sein.
Die Antwort der 12 Männer kam sofort und ohne Einwände.
Sie hätten allerdings davor Angst haben können, wieder in den Jordan zu steigen.
Immerhin war ungewiß, wie lange er noch trocken bleiben würde. Wie auch immer,
die Ängste wurden zur Seite geschoben, und sie gehorchten den Anweisungen
Gottes, ohne zu zögern.
Jos 4,9
Josua begleitete diese Männer bei ihrer seltsamen
Aufgabe, und während sie große Steine aus dem Flußbett trugen, baute er noch
einen anderen Haufen von 12 Steinen im Flußbett selbst auf, um die genaue Stelle
zu markieren, an der die Priester mit der Bundeslade gestanden hatten. Dies
geschah nebenbei aus Josuas eigener Initiative und drückte den Wunsch aus, eine
persönliche Erinnerung an Gottes Treue am Anfang der Eroberung Kanaans zu
schaffen.
Jos 4,10-18
Nun war alles vollbracht, was der HERR ... befohlen
hatte . In Anbetracht der Tatsache, daß der Jordan wieder zu fließen beginnen
würde, rief man sich Einzelheiten der Überquerung wieder in Erinnerung. (1) Die
Priester und die Lade verweilten im Flußbett, während das Volk hinübereilte (V.
10 ; vgl. Jos 3,17 ). (2) Die bewaffneten Männer der transjordanischen Stämme,
die nicht von ihren Familien und Habseligkeiten behindert wurden, führten die
Überquerung an ( Jos 4,12-13 ). (3) Sobald das Volk hinübergegangen und die
besondere Aufgabe der Errichtung der Gedenksteine vollendet worden war,
verließen die Priester das Flußbett - sie waren die ersten, die hineingegangen,
und die letzten, die hinausgegangen waren - und nahmen wieder ihren Platz an der
Spitze des Volkes ein (V. 11,15-17 ). (4) Sofort danach begann der Jordan wieder
zu fließen (V. 18 ).
Alle Stämme nahmen an der Überquerung teil, wobei
Ruben, Gad und der halbe Stamm Manasse nur repräsentative Heere mitsandten. Der
Rest dieser zweieinhalb Stämme verblieb auf der Ostseite, um ihre Häuser und
Städte zu beschützen. Die Zahl der Männer über 20 Jahre in diesen Stämmen betrug
136 930 ( 4Mo 26,7.18.34 ). Die 40 000 Krieger ( Jos 4,13 ) machten 29 Prozent
der männlichen erwachsenen Bevölkerung aus, d. h. noch nicht einmal jeder dritte
erwachsene Mann zog in den Krieg.
Alexander Maclaren schreibt: "Der springende Punkt ist
das sofortige Zurückströmen der unruhigen Fluten, als das Hindernis beseitigt
war. Wie ein Pferd sich über die Freiheit freut, floß die lohfarbene Flut wieder
hinunter, und schon bald schien alles wie vorher zu sein, mit Ausnahme des neuen
Felsens, der durch menschliche Hand errichtet worden war und den nun das Wasser
umströmte" ( Expositions of Holy Scripture . London: Hodder & Stoughton, 1908,
3,119).
Man muß sich einmal vorstellen, was in den Israeliten
vorging, als sie am Flußufer standen und die strömende Flut beobachteten, wie
sie ihre Spuren beseitigte, und dann hinübersahen zum gegenseitigen Ufer, wo sie
noch an diesem Morgen gestanden hatten. Es gab nun kein Zurück mehr. Ein neues
und wunderbares Kapitel ihrer Geschichte hatte begonnen.
Jos 4,19-20
Doch es war nun keine Zeit zum Nachdenken. Josua führte
das Volk nach Gilgal , ihrem ersten Lagerort in Kanaan, ungefähr drei Kilometer
von Jericho entfernt. Dort wurden die 12 Steine ..., die aus dem Jordan genommen
worden waren, aufgerichtet , möglicherweise in einem kleinen Kreis . Der Name
Gilgal bedeutet Kreis und bezeichnete möglicherweise ursprünglich einen
Steinkreis mit heidnischer Bedeutung. Wenn dem so war, würde der neue Kreis, der
an Jahwes grosse Taten erinnern sollte, dazu dienen, dem heidnischen Charakter
dieses Ortes entgegenzuwirken.
Jos 4,21-23
Die Aufgabe der Steine war einwandfrei eine
pädagogische, nämlich spätere Generationen Israels daran zu erinnern, daß es
Gott gewesen war, der sie durch den Jordan geführt hatte (vgl. V. 6-7 ), so wie
er auch ihre Väter durch das Rote Meer geführt hatte.
Doch woher sollten die zukünftigen Generationen wissen,
was die Steine bedeuteten? Die Antwort war eindeutig. Eltern sollten ihren
Kindern Gottes Weg und seine Werke lehren (vgl. 5Mo 6,4-7 ). Ein jüdischer Vater
sollte seinen fragenden Sohn nicht zu einem Leviten schicken, damit dieser ihm
auf seine Fragen antwortete. Der Vater sollte selbst die Antwort geben.
Jos 4,24
Außerdem hatten die Gedenksteine neben der Aufgabe, als
sichtbare Hilfe für die elterliche Unterweisung der Kinder zu dienen, den Zweck,
daß alle Völker der Erde wissen sollten, daß die Hand des HERRN mächtig ist .
Als die Familien Israels ihre erste Nacht im Land verbrachten, waren ihre Herzen
sicherlich voll von Ungewißheit und Angst. Die Berge, die im Westen steil
aufragten, waren ein bedrohlicher Anblick. Doch dann sah das Volk auf die 12
Steine, die aus dem Jordan genommen worden waren, und wurde daran erinnert, daß
Gott an diesem Tag etwas Großes für sie getan hatte. Sicher konnten sie ihm auch
die weiteren Tage anvertrauen.
Josua
E. Die Heiligung der Israeliten
( 5,1-12 )
Unter Josuas Führung und durch einen wundersamen
Eingriff überquerten ungefähr 2 Millionen Krieger und Zivilisten den Jordan. In
Gilgal wurde schnell ein Brückenkopf errichtet, und aus menschlicher Sicht war
es nun höchste Zeit, die Festungen Kanaans zu stürmen. Immerhin war die Moral
der Leute in Kanaan angesichts einer alten und zweier neuerer Begebenheiten, die
im ganzen Land verbreitet wurden, zusammengebrochen: (a) daß der Gott Israels
das Rote (Schilf-) Meer geteilt hatte ( Jos 2,10 ); (b) daß die Israeliten die
mächtigen Könige der Amoriter im Transjordanland besiegt hatten ( Jos 2,10 );
(c) daß Jahwe auch die Wasser des Jordans aufgestaut hatte, damit die Israeliten
nach Kanaan übersetzen konnten ( Jos 5,1; vgl. Jos 4,24 ).
Mit diesen Neuigkeiten verbreitete sich auch die Angst.
Gab es einen besseren Zeitpunkt, um einen vernichtenden Schlag auszuführen?
Sicherlich hätten die Militärführer Israels einen sofortigen gemeinsamen Angriff
vorgezogen.
Doch dies war nicht Gottes Plan. Er ist niemals in
Eile, obwohl es seine Kinder oft sind. Aus Gottes Sicht war Israel noch nicht
darauf vorbereitet, auf Kanaans Boden zu kämpfen. Es gab noch etwas zu
erledigen, nämlich eine geistliche Angelegenheit. Heiligung muß der Eroberung
vorangehen. Bevor Gott Israel zum Sieg führen würde, wollte er sie noch durch
drei Erfahrungen führen: (a) die Erneuerung der Beschneidung ( Jos 5,1-9 ); (b)
die Feier des Passafestes (V. 10 ); (c) die Aneignung der Früchte des Landes (V.
11-12 ).
1. Die Erneuerung der Beschneidung
( 5,1-9 )
Jos 5,1-3
Als die Nationen von panischer Angst ergriffen waren
(vgl. Jos 4,24 ), befahl der Herr Josua, die Söhne Israels zu beschneiden . Er
gehorchte, obwohl es für ihn als militärischen Führer schwer gewesen sein muß,
seine gesamte Armee mitten im feindlichen Gebiet kampfunfähig zu machen.
Jos 5,4-7
Nun wird eine Erklärung für den Vorfall gegeben. Obwohl
alle Männer Israels vor dem Auszug aus Ägypten beschnitten worden waren, waren
sie in der Wüste wegen ihres Ungehorsams bei Kadesch-Barnea gestorben ( 4Mo
20,1-13; vgl. 4Mo 27,14; 5Mo 32,51 ). Ihre Söhne, die während der
Wüstenwanderung geboren worden waren, waren nicht beschnitten worden, was ein
weiteres Zeugnis für die geistliche Gleichgültigkeit ihrer Eltern war. Daher
mußte diese heilige Handlung an dieser neuen Generation noch vollzogen werden.
Jos 5,8-9
Nachdem alle Männer beschnitten worden waren, erkannte
der Herr die Erfüllung der Verpflichtung an und erklärte: Heute habe ich die
Schande Ägyptens von euch weggerollt . Da die Israeliten in Ägypten Sklaven
gewesen waren, hatten sie auch bis zu ihrem Auszug die Beschneidung nicht
praktiziert. Sicherlich hatten die Ägypter die Beschneidung verboten, da sie nur
für ihre eigenen Priester und Bürger der höheren Klasse reserviert war. "Die
Schande Ägyptens" bezieht sich wahrscheinlich darauf, daß die Ägypter die
Israeliten dafür verhöhnten, daß diese das Land Kanaan nicht besaßen.
Ein weiterer Hinweis auf die Wichtigkeit dieser Sache
war die neue Bedeutung, die mit dem Namen Gilgal verbunden wurde. Die Bedeutung
"Kreis" erinnerte Israel an die Gedenksteine (vgl. Kommentar zu Jos 4,19-20 ),
die verwandte Bedeutung "wegrollen" würde dagegen an Israels Gehorsam am selben
Ort erinnern.
Doch warum war die Beschneidung so wichtig? Die Antwort
der Bibel ist eindeutig. Stephanus erklärte in seiner kraftvollen Rede vor dem
Sanhedrin, daß Gott Abraham den Bund der Beschneidung gegeben hatte ( Apg 7,8 ).
Die Beschneidung war demnach kein gewöhnlicher religiöser Ritus; sie war im
Abrahamsbund verwurzelt, einem Vertrag, der das ewige Fortbestehen von Abrahams
Samen und dessen Anspruch auf das Land garantieren sollte ( 1Mo 17,7-8 ). In
diesem Zusammenhang übernahm Gott die Beschneidung als "Zeichen" oder Symbol des
Vertrages ( 1Mo 17,11 ). Gott gebot Abraham, daß jeder männliche Bewohner seines
Hauses sowie jeder seiner männlichen Nachkommen beschnitten werden sollte, und
Abraham gehorchte sofort ( 1Mo 17,23-27 ).
Doch warum hatte Gott die Beschneidung als das Symbol
seines Bundes mit Abraham und dessen Samen gewählt? Warum nicht ein anderes
Zeichen oder Werk? Der Akt der Beschneidung selbst symbolisierte die völlige
Abstandnahme von den weitverbreiteten Sünden des Fleisches: Ehebruch,
außerehelicher Geschlechtsverkehr und Sodomie. Außerdem hatte diese Handlung
eine geistliche Bedeutung nicht nur in bezug auf das sexuelle Verhalten, sondern
im Hinblick auf alle Lebensbereiche. "So beschneidet nun eure Herzen und seid
hinfort nicht halsstarrig" ( 5Mo 10,16; vgl. 5Mo 30,6; Jer 4,4; Röm 2,28-29 ).
Israel sollte also verstehen, daß die Beschneidung
nicht nur einfach eine Beschneidung des Fleisches war, sondern auch ihr Leben
heilig sein sollte. Darum sagte Gott in Gilgal etwa so: "Bevor ich eure Kriege
in Kanaan führe, müßt ihr dieses Zeichen des Bundes an eurem Fleisch haben".
Josua verstand die Wichtigkeit dieser göttlichen Forderung und leitete alle
Männer zu unverzüglichem Gehorsam an.
Paulus betont, daß ein Christ in Christus beschnitten
worden ist ( Kol 2,11 ). Diese Beschneidung ist geistlich, nicht körperlich, und
berührt kein äußerliches Organ, sondern unser inneres Wesen, das Herz. Diese
Beschneidung findet zum Zeitpunkt der Erlösung statt, wenn der Heilige Geist
einen Gläubigen zu Christus führt. In dem Augenblick wird unsere sündige Natur
gerichtet ( Kol 2,13 ). Ein Christ sollte sich dieser Tatsache bewußt sein ( Röm
6,1-2 ), obgleich seine fleischliche Natur während dieses Lebens ein Teil von
ihm bleibt. Er sollte seine fleischliche Natur als einen gerichteten und
verurteilten (obgleich noch nicht hingerichteten) Feind ansehen.
2. Die Feier des Passafestes
( 5,10 )
Jos 5,10
Israel, das bei Gilgal lagerte, feierte nun das
Passafest . Ohne Beschneidung wären sie nicht berechtigt gewesen, an diesem
wichtigen Ereignis teilzunehmen ( 2Mo 12,43-44.48 ). Interessanterweise
erreichte die Nation die andere Seite des Jordan gerade zum richtigen Zeitpunkt,
um das Passafest zu feiern, das am 14. Tag des ersten Monats stattfand ( 2Mo
12,2.6 ). Gottes Zeitplanung ist stets sehr exakt!
Dies war erst das dritte Passafest, das die Nation
erlebte. Das erste war in Ägypten in der Nacht vor ihrer Befreiung aus der
Knechtschaft und Unterdrückung gefeiert worden ( 2Mo 12,1-28 ). Das zweite fand
am Berg Sinai statt, kurz bevor das Volk sein Lager abbrach und nach Kanaan zog
( 4Mo 9,1-5 ).
Anscheinend war das Passafest während der
Wüstenwanderung nicht gefeiert worden, doch nun wurde in Gilgal in Kanaan die
Feierlichkeit wieder aufgenommen. Die gerade erst erfolgte Überquerung des
Jordans war der Überquerung des Roten (Schilf-)Meeres so ähnlich, daß bei denen,
die in Ägypten gewesen waren (Personen, die zur Zeit des Auszuges unter 20
waren, gehörten nicht zu den von Kanaan Ausgeschlossenen), lebendige
Erinnerungen wieder aufkamen. Sicherlich wird sich so mancher Israelit daran
erinnert haben, wie sein Vater ein Lamm geschlachtet und dessen Blut an die
Türpfosten und die obere Schwelle des Hauses gesprenkelt hatte. In Kanaan
konnten sie sich nun an die schrecklichen Todesschreie der ägyptischen
Erstgeborenen erinnern. Dann kam die Aufregung des Aufbruches um Mitternacht,
die schreckliche Angst bei der Verfolgung durch die Ägypter und das Erschauern
bei dem Marsch zwischen den Wassermauern, um Ägypten zu entkommen.
Nun durchlebten sie es wieder. Als die Lämmer
geschlachtet worden waren, wurde ihnen zugesichert, daß der Überquerung des
Jordans die Niederlage der Kanaaniter ebenso folgen würde, wie der Überquerung
des Roten Meeres die Vernichtung der Ägypter gefolgt war. Also würde die
Erinnerung an die Vergangenheit eine ausgezeichnete Vorbereitung für die
zukünftige Prüfung sein.
3. Die Aneignung der Früchte des Landes
( 5,11-12 )
Jos 5,11
Am Morgen, nachdem Israel das Passamahl gehalten hatte
und nun für den Kampf bereit war, aß das Volk einige der Früchte des Landes . Da
sie gezeigt hatten, daß sie gehorsam gegenüber dem Gesetz Gottes sein wollten,
ist es wahrscheinlich, daß sie zuerst ein Schwingopfer in Form eines Scheffels
Getreide darbrachten, wie es in 3Mo 23,10-14 vorgeschrieben ist. Danach aß das
Volk freimütig von den Feldfrüchten, einschließlich ungesäuerter Kuchen und
geröstetem Getreide. Geröstete Getreideähren werden im Mittleren Osten immer
noch als Delikatesse angesehen und anstelle von Brot gegessen.
Gott hatte versprochen, Israel in ein Land der Fülle zu
bringen, "ein Land, darin Weizen, Gerste, Weinstöcke, Feigenbäume und
Granatäpfel wachsen, ein Land, darin es Ölbäume und Honig gibt" ( 5Mo 8,8 ). Nun
hatten sie endlich die Frucht des Landes gekostet und wußten, daß es der
Vorgeschmack auf den weiteren Segen war, der noch kommen würde.
Jos 5,12
Am nächsten Tag hörte das Manna auf . 40 Jahre lang
hatte es nicht aufgehört (vgl. 2Mo 16,4-5 ), doch nun hörte es so plötzlich auf,
wie es begonnen hatte, was bewies, daß seine Herkunft nicht zufällig, sondern
eine besondere Vorsehung gewesen war.
Es ist bemerkenswert, daß Gott das Manna nicht aufhören
ließ, als Israel es verabscheute ( 4Mo 11,6 ), ja selbst dann nicht, als sich
die ungläubige Generation von Kadesch-Barnea zurückwandte und in die endlose
Wüste zog. Zumindest wegen ihrer Kinder gab er ihnen das Manna solange, bis
diese aufgewachsen waren und das verheißene Land betreten konnten. Erst dann
hörte Gott damit auf, dies Wunder zu vollbringen, da ja nun natürliche Speise
vorhanden war.
II. Die Eroberung Kanaans
( 5,13-12,24 )
A. Einführung: Der göttliche Feldherr
( 5,13-15 )
Gott hatte die Israeliten gerade durch drei Erfahrungen
geführt: den Akt der Beschneidung, die Feier des Passa und das Essen der
landwirtschaftlichen Produkte Kanaans. All dies diente zur Stärkung Israels. Nun
folgte eine Erfahrung, die Josua allein betraf. Auch sie war von großer
Bedeutung und würde bald dem Volk mitgeteilt werden.
Jos 5,13
Es schien offensichtlich zu sein, daß der nächste
Schritt die Eroberung Jerichos sein würde. Doch da Josua noch keinen göttlichen
Befehl erhalten hatte, wie vor der Überquerung des Jordans, ging er daran, die
scheinbar uneinnehmbare Stadt zu erkunden. War Josua etwa bestürzt, als er die
sicheren Mauern Jerichos zu Gesicht bekam? Die Späher hatten bei Kadesch-Barnea
berichtet, daß die Städte Kanaans "groß und bis an den Himmel ummauert sind" (
5Mo 1,28 ). Trotz Josuas langjähriger militärischer Erfahrung hatte er noch nie
einen Angriff auf eine befestigte Stadt angeführt, die für eine lange Belagerung
ausgerüstet war. Tatsächlich war Jericho von allen befestigten Städten in
Palästina die uneinnehmbarste. Dann gab es noch das Problem der Bewaffnung.
Israels Heer hatte keine Belagerungsmaschinen, keine Rammböcke, keine Katapulte
und keine beweglichen Türme. Ihre einzigen Waffen waren Schleudern, Pfeile und
Speere, die gegen die Mauern Jerichos wie Strohhalme waren. Josua wußte, daß die
Schlacht von Jericho gewonnen werden mußte, weil die Truppen Israels nun, da sie
den Jordan überquert hatten, keinen Ort mehr hatten, an den sie sich
zurückziehen konnten. Außerdem konnten sie die Stadt nicht umgehen, weil sie
sonst ihre Frauen, Kinder, Güter und ihr Vieh in Gilgal der sicheren Vernichtung
ausliefern würden.
Mitten in diese schwerwiegenden Überlegungen wurde
Josua von etwas, das in seinen Gesichtskreis trat, aufgeschreckt. Er hob seine
Augen und sah einen Krieger, der sein Schwert schliff. Instinktiv rief er den
Unbekannten an, indem er ihn fragte "Gehörst du zu uns oder zu unseren Feinden?"
Wenn er ein Freund, also ein Israelit, gewesen war, befand er sich außerhalb des
Lagers und hätte eine Erklärung abgeben müssen, ganz besonders deshalb, weil
Josua noch niemandem den Befehl gegeben hatte, sein Schwert zu ziehen! War der
Fremde ein Feind, war Josua zum Kampf bereit!
Jos 5,14
Die Antwort war überraschend und zugleich
aufschlußreich. Etwas geschah, das Josua davon überzeugte, daß dies kein
sterblicher Krieger war. Genau wie bei Abraham unter der Eiche im Hain Mamre,
bei Jakob in Pnuel, bei Mose am brennenden Dornbusch und bei den zwei
Emmausjüngern geschah eine Offenbarung, und Josua wußte, daß er sich in der
Gegenwart Gottes befand. Es scheint klar zu sein, daß Josua tatsächlich mit dem
Engel des Herrn sprach, einer Erscheinung des Herrn Jesus Christus in
alttestamentlicher Zeit (vgl. Jos 6,2 ).
Der Befehlshaber der Armee des HERRN stand mit
gezücktem Schwert da , wodurch er andeutete, daß er mit und für Israel kämpfen
würde. Doch das Schwert zeigt auch, daß Gottes lange Verzögerung des Gerichts
nun ein Ende hatte und daß die Summe der Schandtaten der Amoriter nun voll war
(vgl. 1Mo 15,16 ). Die Israeliten sollten das Werkzeug sein, mit dem die Strafe
des Gerichts nun vollbracht werden sollte.
Was für eine Art militärischer Streitkraft führte
dieser göttliche Feldherr an? Das "Heer des Herrn" war sicherlich nicht nur auf
die Streitmacht Israels begrenzt, obwohl diese darin enthalten war. Genauer
gesagt bezog sich dies auf die Schar der Engel, derselben "Armee" des Himmels,
die später Dotan umkreiste, als Elisa und sein Diener vom aramäischen Heer
bedrängt wurden ( 2Kö 6,8-17 ). Im Garten Gethsemane bezog sich Jesus auf diese
himmlische Streitmacht, als er bei seiner Festnahme sagte, daß 12 Legionen Engel
bereit wären, ihn zu verteidigen ( Mt 26,53 ). In Hebr 1,14 werden sie als
"dienende Geister, ausgesandt zum Dienst um derer willen, die das Heil ererben
sollen" beschrieben. Obwohl sie unsichtbar sind, dienen und sorgen sie in Zeiten
der Not für die Kinder Gottes.
Josua, der diesen himmlischen Besucher mit gezücktem
Schwert erkannte, fiel auf sein Angesicht und betete ihn an, wobei er sagte:
"Was sagt mein Herr seinem Knecht?"
Jos 5,15
Die Antwort des Herrn an Josua war kurz, aber
dringlich. Ziehe deine Sandalen aus, denn der Ort, an dem du stehst, ist heilig
. Die Anwesenheit des heiligen Gottes heiligte diesen Platz in einem fremden und
geschändeten Land (vgl. den ähnlichen Befehl an Mose, 2Mo 3,5 ).
Dies war eine höchst wichtige Erfahrung für Josua. Er
hatte eine Schlacht zwischen zwei feindlichen Armeen, der israelischen und der
kanaanitischen, erwartet. Er dachte, daß dies seine Schlacht sei und er der
befehlshabende General sein werde. Doch nun traf er auf den göttlichen Feldherrn
und erkannte, daß die Schlacht dem Herrn gehörte. Der oberste General der Armee
des Herrn war nicht gekommen, um nur ein unbeteiligter Zuschauer oder ein
Verbündeter zu sein. Er hatte alles selbst in der Hand und würde bald seine
Pläne ausführen, indem er die Festung Jericho eroberte.
Wie beruhigend war dies alles für Josua. Er brauchte
die schwere Bürde und Verantwortung der Leitung nicht allein tragen. Dadurch,
daß er seine Sandalen auszog, erkannte er an, daß die Schlacht und auch die
gesamte Eroberung Kanaans Gottes Kampf war und daß er nur Gottes Diener war.
B. Der eigentliche Feldzug
( Jos 6-8 )
Das Modell der göttlichen Strategie für die Eroberung
Kanaans beruhte auf geographischen Faktoren. Von ihrem Lager bei Gilgal, nahe
des Jordans, konnten die Israeliten steile Hügel im Westen sehen. Jericho
kontrollierte den Aufstieg zu diesen Bergen, und Ai, eine andere Festung, lag an
der Spitze des Aufstiegs. Wenn die Israeliten das Hügelland erobern wollten,
mußten sie auf jeden Fall Jericho und Ai einnehmen. Dies würde sie auf die
Spitze des Hügellandes bringen und ihnen die Kontrolle über das zentrale Gebirge
geben und einen Keil zwischen die nördlichen und südlichen Gebiete Kanaans
treiben. Israel konnte dann die Armeen des Südens, gefolgt vom entfernteren
Feind im Norden, in Kriege verwickeln. Doch zuerst mußte Jericho fallen - und
das würde es, wenn Josua und das Volk dem Kampfplan Gottes folgten.
1. Die Eroberung Jerichos
( Jos 6 )
a. Die Strategie zur Eroberung Jerichos
( 6,1-7 )
Jos 6,1
Jericho war eine belagerte Stadt. Befehle waren erteilt
worden, die Tore zu schließen, und es war kein Verkehr hinein oder hinaus
erlaubt. Wie Rahab den Spähern erzählt hatte ( Jos 2,9-11 ), waren die Bewohner
Jerichos wegen der heranrückenden Israeliten von Angst erfüllt (vgl. Jos 5,1 ).
Jos 6,2
Doch dort im Blickfeld Josuas, dessen Unterredung mit
dem Befehlshaber der Streitmacht des Herrn weiterging, stand diese bedrückende
Festung. Dieser Feldherr, der Herr selbst, versprach Josua den Sieg und
erklärte, daß er Jericho in seine Hände gegeben habe. Die Stadt, ihr König und
ihre Streitmacht würden an Israel fallen. Die Zeit des Verbs im hebr. ist
prophetisches Perfekt ( ich habe ausgeliefert ) und beschreibt eine zukünftige
Tat, als ob sie bereits geschehen wäre. Da Gott den Sieg erklärt hatte, war er
gewiß.
Jos 6,3-5
Der Schlachtplan, den Josua benutzen sollte, war sehr
unüblich. Gewöhnliche Kampfwaffen wie Rammböcke und Stufenleitern wurden nicht
eingesetzt. Dagegen sollten Josua und seine bewaffneten Männer einmal am Tag,
sechs aufeinanderfolgende Tage lang mit sieben Priestern, die Posaunen bliesen
und die Bundeslade vorantrugen, um die Stadt marschieren. Am siebten Tag sollten
sie Jericho sieben Mal umschreiten, dann würde die Mauer Jerichos
zusammenbrechen und die Stadt eingenommen.
In der Bibel symbolisiert die Zahl Sieben oft
Vollkommenheit und Perfektion. Es gab sieben Priester, sieben Posaunen, sieben
Tage und sieben Umgehungen der Mauern am siebenten Tag. Obwohl Gottes Plan den
Menschen verrückt vorgekommen sein muß, war er das beste Programm für diese
Schlacht.
Welche Bedeutung hatten die ertönenden Posaunen ? Diese
Instrumente waren "Jubelinstrumente", die bei den höchsten Festen der Israeliten
geblasen wurden, um die Gegenwart Gottes auszurufen ( 4Mo 10,10 ). Die Eroberung
Jerichos war daher nicht nur ein militärisches Unternehmen, sondern auch ein
religiöses, und die Posaunen riefen aus, daß der Herr des Himmels und der Erde
unsichtbar um diese verurteilte Stadt schritt. Tatsächlich sprach Gott selbst in
den langanhaltenden Klängen dieser priesterlichen Posaunen: "Machet die Tore
weit und die Türen in der Welt hoch, daß der König der Ehre einziehe!" ( Ps 24,7
). Wenn Christus wiederkehrt, wird er, der König der Herrlichkeit, in
triumphierende Städte einziehen. Die Eroberung Jerichos war ein ähnlich
triumphaler Sieg.
Jos 6,6-7
Keine Kampfstrategie erschien sinnloser als diese. Was
sollte das Heer Jerichos davon abhalten, auf die schutzlosen Israeliten einen
Regen von Pfeilen und Speeren niedergehen zu lassen, während diese ihren stillen
Marsch vollbrachten? Oder wer könnte den Feind davon abhalten, aus den
Stadttoren auszubrechen und in die israelitischen Linien einzufallen, um sie zu
trennen und dann abzuschlachten? Josua war ein erfahrener Militärführer.
Sicherlich werden diese und ähnliche Bedenken wegen der göttlichen Strategie
durch seinen Kopf gegangen sein. Doch im Gegensatz zu Mose, der am brennenden
Dornbusch gegen den Plan des Herrn seine schlechte Beredsamkeit vorbrachte (vgl.
2Mo 3,11-4,17 ), reagierte Josua mit Gehorsam, ohne Wenn und Aber. Er verlor
keine Zeit, die Priester und Soldaten zusammenzurufen und ihnen die Anweisungen
weiterzugeben, die er von seinem vorgesetzten Befehlshaber erhalten hatte.
Jos 6,10-11
Indem sie absolute Stille einhielten (mit Ausnahme der
sieben Priester, die ihre Posaunen bliesen), schlängelte sich diese seltsame
Parade wie eine Viper nach Jericho und dann um die Stadt. Die Israeliten
benötigten damals wohl etwas weniger als 30 Minuten, um sie zu umschreiten. Als
die Umschreitung beendet war, kehrten die Israeliten zur Verwunderung der
Kanaaniter, die wahrscheinlich einen sofortigen Angriff erwarteten, still zu
ihrem Lager zurück.
Jos 6,12-14
Dieselbe Prozedur wurde sechs Tage lang wiederholt.
Noch nie war eine Festung auf diese Art und Weise erobert worden. Diese seltsame
Strategie war Josua vielleicht aufgetragen worden, um seinen Glauben zu prüfen.
Er fragte nicht; er vertraute und gehorchte. Diese Prozedur war auch erdacht
worden, um den Gehorsam Israels gegenüber Gottes Willen zu prüfen. Das war in
diesem Fall nicht leicht. Jeden Tag setzten sie sich der Schmähung und Gefahr
aus. Ein Soldat aus Jericho mag vielleicht von den Mauern auf das Heer Israels
hinuntergeschaut und gefragt haben, "Meinen die etwa, sie könnten uns mit dem
Klang ihrer Widderhörner einschüchtern, damit wir uns ergeben?" Die übrigen
werden dann vielleicht in ein lautes, höhnisches Gelächter eingefallen sein.
Möglicherweise erhielten die Israeliten ihre
Anweisungen Tag für Tag, so daß ihr Gehorsam keine einmalige Angelegenheit war,
sondern jeden Morgen neu erprobt wurde. Das ist auch die Art, in der Gott oft
mit seinen Kindern umgeht. Es wird ihnen abverlangt, ihren "täglichen Marsch" zu
verrichten, ohne, oder nur mit wenig, Wissen über das Morgen ( Spr 27,1; Jak
4,14; vgl Mt 6,34 ).
Der Glaube der Israeliten siegte über die Sorge, daß
der Feind angreifen werde. Sie triumphierten auch über jede Hohn- und
Spotterwartung. Noch nie zuvor und auch nur selten danach stieg das
'Glaubensthermometer' in Israel so hoch.
Jos 6,15-20 a
An diesem schicksalshaften siebten Tag umkreiste die
Prozession die Mauern sieben Mal Diese Parade - bestehend aus der bewaffneten
Wache, den sieben posaunenblasenden Priestern, den Priestern, die die Bundeslade
trugen, und der rückwärtigen Wache - mag vielleicht drei Stunden gedauert haben
(zum Wort geweiht in V. 17-18 vgl. den Kommentar zu V. 21 ). (Wie Josua
berichtet, erlebte Israel vernichtende Folgen wegen einer baldigen Verletzung
der Anweisung Gottes in V. 18-19 .) Als die siebte Umgehung beendet war, rief
die klare Stimme Josuas: Erhebt das Kampfgeschrei! Denn der HERR hat die Stadt
in eure Hände gegeben! Er befahl ihnen auch, Rahab und ihre Familie zu
verschonen (vgl. Jos 2,12-14 ). Als die Priester nun ihre Posaunen bliesen, ...
erhob das Volk ein lautes Geschrei . Dieses Geschrei hallte von den Hügeln in
der Gegend wider, erschreckte wilde Tiere und die Bewohner Jerichos in ihren
Häusern. Im selben Augenblick gehorchte die Mauer Jerichos der Aufforderung
Gottes und brach zusammen.
Jos 6,20-21 (Jos 6,20b-21)
Die Männer Israels stiegen über die Trümmer hinweg. Die
Soldaten, die die Bewohner vor Schrecken starr und wehrlos vorfanden,
vernichteten jegliches menschliche und tierische Leben in Jericho, mit Ausnahme
Rahabs und ihres Haushaltes (vgl. V. 17 ). Obwohl Kritiker behaupten, daß diese
Zerstörung ein Schandfleck im Alten Testament sei, ist es keine Frage, daß
Israel auf göttlichen Befehl hin handelte. Die Verantwortung für diese
Zerstörung trägt darum Gott und nicht die Israeliten.
Die Stadt Jericho und alles darinnen sollte "dem Herrn
geweiht ( HErem ) werden" (V. 17 ). In anderen Übersetzungen steht hier "sollen
unter den Bann verfallen", was eine wortgetreuere Übersetzung ist. Vers 21
enthält eine Verbform dieses Ausdruckes HErem : Sie weihten ( wayyaHXrImU , von
HAram ) die Stadt dem Herrn . Der Gedanke ist, daß der Inhalt der Stadt dem
Herrn übergeben werden mußte, indem er völlig zerstört wurde. Um dies besser
auszudrücken, setzen einige Übersetzungen und zerstört hinzu. (Das Verb HAram in
Jos 10,28.35.37.39-40; 11,11-12.21 wird in manchen Übersetzungen mit "völlig
zerstört", und in Jos 11,20 mit "zerstört sie ganz" übersetzt; vgl. 1Sam
15,3.8-9.15.18.20 .Der Ausdruck HErem in Jos 6,17-18; 7,1.11-12.15; 1Sam 15,21
mit "geweiht" oder "geweihte Geräte"; in 5Mo 7,26 mit "abgesondert zur
Zerstörung". Auf jeden Fall gehört der Gedanke der Zerstörung nicht immer zu
diesem Wort; vgl. z. B. 3Mo 27,21.28 ).
Der Inhalt Jerichos sollte "dem Herrn" als
Erstlingsgabe dieses Landes übergeben werden. Genau wie die Erstlinge von den
Früchten des Feldes, wenn sie dem Herrn gegeben wurden, darauf hinwiesen, daß es
mehr Früchte geben würde, bedeutete die Eroberung Jerichos, daß Israel von Gott
ganz Kanaan erhalten würde. Das Volk sollte von Jericho keine Beute nehmen. Beim
Ausführen des HErem mußten Menschen und Tiere getötet und andere Dinge entweder
zerstört oder abgesondert werden, im letzteren Fall, um für das Heiligtum
verwertet zu werden. Diese Gegenstände beinhalteten alles "Silber und Gold samt
dem kupfernen und eisernen Gerät" (V. 19 ). Alles wurde entweder zur Zerstörung
oder für den "Schatz" des Herrn bestimmt; auf jeden Fall mußte alles vom Volk
weggegeben werden.
Ferner hat Gott das Recht, Menschen und Nationen, die
in Sünde leben, zu richten. Gibt es ein Zeugnis davon, daß die Schuld der
Kanaaniter voll war? Sehr wenige würden in Frage stellen, daß der Götzendienst
und die ausschweifende Lebensführung, wie sie durch archäologische Funde
nachgewiesen wurden (z. B. durch die Ras-Shamra-Tafeln), das göttliche Gericht
über Jericho berechtigten.
Außerdem war es Gottes Vorhaben, die Nation Israel in
dem Land zu segnen und sie als Segenskanal für die ganze Welt zu gebrauchen.
Doch dies wäre stark behindert worden, wenn sie von der widerlichen Religion der
Kanaaniter infiziert worden wären. Gleason Archer meint dazu: "Hinsichtlich des
korrupten Einflußes der kanaanitischen Religion, besonders mit ihrer religiösen
Prostitution ... und Kinderopferung, war es unmöglich, in Israel den reinen
Glauben und Gottesdienst zu bewahren, außer durch die völlige Eliminierung der
Kanaaniter selbst" ( A Survey of Old Testament Introduction . Chicago: Moody
Press, 1964, S. 261).
Sünde ist äußerst ansteckend. Kompromiß mit dem Bösen
ist gefährlich und verursacht geistlichen Schiffbruch.
Es wurden bereits viele Vermutungen angestellt, warum
die Mauern Jerichos genau in dem Moment zusammenbrachen, als das Volk das
Kampfgeschrei erhob: (1) Ein Erdbeben verursachte das Zusammenbrechen. (2)
Israelitische Soldaten untergruben die Mauern, während die anderen marschierten.
(3) Die Vibrationen, die von den Klängen der Posaunen und den Schreien der
Soldaten erzeugt wurden, verursachten den Zusammenbruch. (4) Die Druckwelle, die
von den Marschschritten der Israeliten erzeugt wurde, war dafür verantwortlich.
Wie dem auch immer sei, es war ein übernatürliches Phänomen. Dies ist schon
deshalb klar, weil die gesamte Mauer, mit Ausnahme des Teils, auf dem das Haus
Rahabs stand, zerstört wurde. Eigentlich ist es unwichtig, den genauen
Hintergrund festzustellen, wie Gott das eine oder andere Wunder vollbrachte. Ein
neutestamentlicher Schreiber, der dieses Phänomen Jahrhunderte später noch
einmal in Erinnerung rief, begnügte sich damit zu schreiben: "Durch den Glauben
fielen die Mauern Jerichos, als Israel sieben Tage um sie herumgezogen war." (
Hebr 11,30 ).
Das archäologische Zeugnis für den Zusammenbruch der
Mauern Jerichos in den Tagen Josuas ist nicht so sicher, wie einst angenommen
wurde. Dies ist dadurch zu erklären, daß weitere Ausgrabungen aufgedeckt haben,
daß Jericho in seiner langen Geschichte etwa 34 Mauern gehabt hat. (Jericho ist
eine der ältesten Städte der Welt. Viele Archäologen behaupten, daß sie schon um
7000 v. Chr. bewohnt gewesen sein muß.) Die zahlreichen Erdbeben in der Gegend,
die Gründlichkeit der Zerstörung der Stadt durch Josua und der fünf Jahrhunderte
lange Erosionsprozeß, bevor die Stadt zu Ahabs Zeit wieder aufgerichtet wurde (
1Kö 16,34 ), trugen auch zu den mageren Überbleibseln und der großen
Schwierigkeit, diese Überbleibsel der Zeit Josuas zuzuordnen, bei. Die
bedeutendsten Zeugnisse scheinen ausgedehnte Töpferüberreste auf dem Hügel und
in den Grabstätten der Gegend zu sein. Diese Funde deuten auf eine Besiedlung
der Stadt bis ungefähr 1400 v. Chr. hin. Unter den Töpferwaren findet sich eine
dicke Schicht von verbrannter Asche, die von einer größeren Zerstörung zeugt.
Dies deutet ohne Frage auf die Zerstörung und Inbrandsetzung der Stadt durch
Josua hin ( Jos 6,24 ). (Für eine eingehendere Beschäftigung mit der Archäologie
des alttestamentlichen Jerichos, vgl. Leon Wood, A Survey of Israels History .
Grand Rapids: Zondervan Publishing House, 1970, S. 94 - 99.)
c. Die Folge der Eroberung Jerichos
( 6,22-27 )
Während sich die Geschichte dieser großartigen
alttestamentlichen Begebenheit ihrem Ende naht, werden noch kurz zwei Ereignisse
angeführt: die Rettung Rahabs und das Verbrennen, Zusammenbrechen und Verfluchen
der Stadt.
Jos 6,22-25
Wie eine Oase in dieser traurigen Schilderung der
Auslöschung der Kanaaniter ist die Geschichte von Rahabs Errettung. Bevor die
Stadt in Brand gesteckt wurde (V. 24 ), war Rahab herausgeführt worden. Josua
hielt das Versprechen ein, das Rahab von den beiden Spähern gegeben worden war
(vgl. Jos 2,12-21 ), und sandte dieselben jungen Männer zu dem Hause, an dem das
rote Seil aus dem Fenster hing. Sie und ihre ganze Familie folgten ihnen ohne zu
zögern zu dem angegebenen Ort außerhalb der verfluchten Stadt. Rahab und ihre
Familie mußten, da sie ja Heiden waren, zeremoniell gereinigt werden; die Männer
wurden sicherlich beschnitten, bevor sie sich mit dem Volke Israel
identifizieren durften. Rahabs Geschichte ist ein Beispiel für die Gnade Gottes,
die im Leben eines Individuums und dessen Familie arbeitet. Trotz ihres früheren
Lebens war sie durch den Glauben an den lebendigen Gott gerettet worden und
wurde sogar zu einem Glied in der messianischen Linie ( Mt 1,5 ). Durch
Einhalten des biblischen Weges wurden Rahab und ihre Familie wegen ihres
Glaubens vom göttlichen Gericht verschont (vgl 1Mo 7,1; 1Thes 5,9 ).
Jos 6,26
Die Bestimmung Jerichos zur Zerstörung (vgl. Kommentar
zu V. 21 ) beinhaltete das Aussprechen eines Fluches über denjenigen, der es
wagen würde, durch die Erneuerung ihrer Fundamente oder ihrer Tore die Stadt
wiederaufzubauen . Obwohl der Platz später für kürzere Perioden besetzt wurde (
Jos 18,21; Ri 3,13; 2Sam 10,5 ), wurde das Verbot des Wiederaufbaus bis zu den
Tagen König Ahabs, 500 Jahre später, nicht verletzt. Als Zeichen des Abfalles zu
dieser Zeit begann Hiel, der Betheliter, damit, die Mauern Jerichos wieder
aufzubauen, was ihn jedoch das Leben seiner zwei Söhne Abiram und Segub kostete
( 1Kö 16,34 ).
Jos 6,27
Doch das Kapitel, das den herrlichen Sieg von Israels
erster Schlacht in Kanaan beschreibt, endet mit einem nicht unwichtigen Hinweis.
Die letzten Worte führen den Leser zurück zu diesem Triumph und dessen Ursache:
So war der HERR mit Josua (vgl. Jos 1,5.9; 3,7 ), und die Kunde von ihm
verbreitete sich durch das ganze Land . Das Geheimnis des Erfolges in Jericho
war nicht Josuas militärische Genialität oder die Geschicklichkeit seines Heeres
im Kampfe. Der Sieg kam daher, daß er und seine Leute Gott vertrauten und seinen
Geboten gehorchten ( Jos 1,6-9 ).
2. Die Niederlage gegen Ai
( Jos 7 )
Unerwarteterweise erlebte Israel als nächstes eine
Niederlage. Bis zu diesem Punkt hatte das Heer, das Josua anführte, nur Siege
erlebt. Die Möglichkeit einer militärischen Niederlage war das, was den Gedanken
der Israeliten am weitesten entfernt lag, besonders nach dem Triumph über
Jericho. Tatsächlich sind Gottes Leute nie verletzbarer und nie in größerer
Gefahr, als direkt nach einem großartigen Sieg.
Ai war das nächste Objekt auf Israels Eroberungspfad.
Es war kleiner als Jericho, jedoch ein strategischer Treffpunkt zweier
natürlicher Straßen, die sich von Jericho bis zum Hügelland um Bethel
erstreckten. Die Unterwerfung Ais würde auch zur völligen Kontrolle über die
Haupt-"Hügelkettenstraße", die sich von Norden nach Süden längs des zentralen
Hochlandes zog, führen.
Viele Archäologen haben Ai mit dem Platz et-Tell ("die
Ruine") identifiziert. Ausgrabungen bei et-Tell haben jedoch noch kein Zeugnis
einer Niederlassung zur Zeit Josuas ans Licht gebracht. Die Geographie dieser
Gegend stimmt genau mit den Beschreibungen in Jos 8 überein. Also war der König
von Ai vielleicht der Anführer von Streitkräften, die sich zum Kampf
vorbereiteten, was an einem Ort geschah, der bereits eher eine Ruine als eine
Stadt war. Einige Archäologen suchen jedenfalls alternative Lagen für Ai, und
Ausgrabungen sind bereits am nahegelegenen Platz Khirbet Nisya im Gange.
Auch wenn es noch Fragen über die Lage von Ai gibt,
kann die Wichtigkeit der dortigen Geschehnisse an der Menge der biblischen
Berichte ersehen werden, die sich mit Israels Niederlage ( Jos 7 ) und dessen
Sieg an diesem Ort ( Jos 8 ) beschäftigen.
a. Ungehorsam
( 7,1 )
Jos 7,1
Das Kapitel beginnt mit dem verhängnisvollen Wort aber
. Die Freude des Sieges wurde schon bald von der Trübsal der Niederlage
eingeholt. Das alles geschah wegen des Ungehorsams eines Mannes. Jericho war
unter Gottes HErem ("Bann der Zerstörung"; Jos 6,18-19 ) gefallen, was
bedeutete, daß alles Lebende getötet werden mußte, und wertvolle Dinge dem
Schatz des Herrn übergeben werden mußten. Kein israelitischer Soldat sollte für
sich Beute machen. Doch die Versuchung war für einen Mann zu groß.
Obwohl man dazu geneigt ist, seine Bewunderung über die
Disziplin der Streitkräfte Josuas auszudrücken, weil nur einer seiner Soldaten
der Versuchung nachgab, konnte selbst dieser eine nicht der Aufmerksamkeit
Gottes entgehen. Gott sah Achans Sünde, als dieser einige der für Gott
bestimmten Dinge für sich nahm, und deshalb entbrannte Gottes Zorn gegen die
ganze Nation. Er machte sie alle kollektiv verantwortlich und hielt seinen Segen
zurück, bis die Angelegenheit wieder in Ordnung gebracht war. Tatsächlich hätte
Israels Geschichte wahrscheinlich hier geendet, wenn Gottes Zorn nicht
abgewendet worden wäre.
b. Niederlage
( 7,2-5 )
Jos 7,2
In Unwissenheit des Ungehorsams und der Begierde
Achans, seinen Nutzen aus dem ersten Sieg zu ziehen, traf Josua Vorkehrungen für
die nächste Schlacht, indem er Späher nach Ai , das 16 km nordwestlich von
Jericho und östlich von Bethel lag, sandte. Dies scheint seine reguläre
Vorgehensweise gewesen zu sein (vgl. Jos 2,1 ). ( Beth-Awen , "Haus des Bösen",
war ein späterer Spitzname ( Hos 10,5 ) für Bethel, "Haus Gottes". Doch hier
scheint es ein anderer Ort ungefähr fünf Kilometer nördlich von Ai gewesen zu
sein.)
Jos 7,3
Als die Späher zurückkehrten, berichteten sie mit
großer Zuversicht. Sie behaupteten, daß Ai leicht mit nur zwei- oder dreitausend
Männern zu erobern sein würde. Die Stadt hätte nur wenig Männer , sagten sie.
Doch die Späher waren im Irrtum. In Wirklichkeit hatte Ai 12 000 Männer und
Frauen oder ungefähr 6 000 Männer ( Jos 8,25 ). Später, als Gott Josua die
Befehle gab, gebot er ihm: Nimm das "ganze Kriegsvolk" ( Jos 8,1 ). Obwohl Ai
kleiner als Jericho war, bot es seinen Soldaten gute Verschanzungsmöglichkeiten
und war stark befestigt. Israels Fehler war, die Stärke des Feindes zu unter-,
und die eigene zu überschätzen. In diesem Fall wird nirgendwo ein Gebet erwähnt,
noch wird ein Zeugnis für die Abhängigkeit von Gott geliefert.
Es ist ein tödlicher Fehler, die Stärke des Feindes zu
unterschätzen. Christen versäumen es oft, zu erkennen, daß ihre Feinde mächtig
sind ( Eph 6,12; 1Pet 5,8 ). Deshalb haben Gläubige unter schmählichen
geistlichen Niederlagen zu leiden.
Die Tragik, die die Israeliten erlitten, entstand
zumindest teilweise dadurch, daß sie den Feind unterschätzten und annahmen, daß
ein Sieg den anderen garantieren würde. Doch im Leben sieht es einfach anders
aus. Der gestrige Sieg macht einen Gläubigen nicht gegen eine heutige Niederlage
immun. Er muß in ständiger Abhängigkeit von Gottes Kraft leben. Als Paulus
einmal über den Kampf des Christen gegen das Böse sprach, schrieb er: "Seid
stark in dem Herrn und in der Macht seiner Stärke!" ( Eph 6,10 ).
Jos 7,4-5
Doch Josua sandte nur 3 000 Männer nach Ai, wo sie
traurigerweise nicht siegten, sondern vernichtend geschlagen wurden . Sie
rannten voll Panik den Abhang hinunter, den sie am Morgen so selbstsicher
hinaufgestiegen waren, wurden jedoch von den Verfolgern bei irgendwelchen
Steinbrüchen eingeholt, wo 36 israelitische Soldaten erschlagen wurden. Die
übrigen konnten entfliehen und kehrten zum Lager zurück.
Als sich der Bericht über die Niederlage im Lager
verbreitete, wurde das Volk äußerst demoralisiert. Da verzagte das Herz des
Volkes und wurde wie Wasser . Obwohl dies die einzige Niederlage Israels in der
sieben Jahre dauernden Eroberung Kanaans war, lag die Haupttragik nicht in der
Niederlage selbst, auch nicht einmal in den 36 toten Kriegern. Israel wurde
plötzlich von der schrecklichen Befürchtung ergriffen, daß die Hilfe des Herrn
von ihnen gewichen sei. Sie konnten sich keinen Grund vorstellen, warum dies
hätte geschehen sollen. Hatte Gott sich anders besonnen?
c. Bestürzung
( 7,6-9 )
Jos 7,6-9
Auch Josua war von der Niederlage entsetzt. Der Führer
und die Ältesten vollzogen darauf die alten Klageriten, wobei sie ihre Kleider
zerrissen und sich Staub auf ihr Haupt warfen (vgl. Hi 1,20; Jos 2,12 ). Sie
fielen vor der Lade des HERRN auf ihr Angesicht bis zum Abend . Dann drückte
sich Josuas Verworrenheit in Worten aus, als er dem Herrn drei Fragen stellte:
(1) Warum hast Du uns hierher geführt? Um uns zu vernichten? (2) Was soll ich
nun sagen, nachdem Israel geschlagen worden ist? (3) Was willst du für deinen
großen Namen tun?
Josua schien Gott für die Niederlage verantwortlich
gemacht zu haben und bedachte nicht, daß die Ursache auch woanders liegen
könnte. In seiner ersten Frage nahm er sogar das Denken der Späher auf, gegen
das er bei Kadesch so heftig protestiert hatte (vgl. 4Mo 14,2-3 ). Josuas größte
Sorge war, daß die Nachricht über diese Niederlage den Respekt der Heiden vor
Gottes eigenem großen Namen irgendwie verringern könnte. Demzufolge würde ihr
Name ausgelöscht werden, was heißt, daß sie vernichtet und vergessen werden
würden.
Josua
d. Wegweisungen
( 7,10-15 )
Jos 7,10-11
Die Antwort des Herrn an Josua war schroff. Steh auf!
Warum liegst du denn auf deinem Angesicht? Dann erklärte Gott die Ursache der
Niederlage und die Notwendigkeit zu handeln. Der Grund für diese Katastrophe lag
bei Israel, nicht bei Gott. Israel hatte gesündigt. In seiner Anklage gebrauchte
Gott voll Zorn eine Aneinanderreihung von Verben. Indem er vom Hauptsächlichen
zum Speziellen kam, beschuldigte er Israel der Sünde, den Bund gebrochen zu
haben, sich einige der gebannten Dinge ( haHErem , "Dinge, die zur Zerstörung
bestimmt sind"; vgl. Jos 6,18-19 und den Kommentar zu Jos 6,21 ) angeeignet zu
haben, gestohlen, gelogen und die gestohlenen Dinge versteckt zu haben. (Die
Dinge werden in Jos 7,21 angeführt.) Bevor diese Übertretungen nicht abgetan und
gesühnt waren, würde die Sünde einer Person der ganzen Nation angerechnet.
Jos 7,12
Nachdem Jericho gefallen war, hieß es: "So war der Herr
mit Josua" ( Jos 6,27 ). Doch nun kam von Gott die harte Aussage: Ich werde
nicht mehr mit dir sein , es sei denn, daß diese Sünde gerichtet wird und die
gebannten Dinge zerstört werden.
Jos 7,13-15
Der Herr zeigte dann die Schritte auf, die in dem
Untersuchungsprozeß unternommen werden sollten. Zuerst sollte sich das Volk
heiligen. Es kam kein Sieg über seine Feinde in Frage, bevor dieses Problem
nicht gelöst worden war. Zweitens sollte es am nächsten Tag zusammenkommen, um
den Schuldigen, wahrscheinlich durch Auslosen (vgl. Kommentar zu V. 16-18 ), zu
identifizieren, indem zuerst der schuldige Stamm, dann die Sippe, dann die
Familie und zuletzt die Person festgestellt wurde. Drittens sollten der
Missetäter und all sein Besitz (nicht nur die gestohlenen Dinge) verbrannt
werden. Diese Sünde wurde von Gott als schändliche Tat angesehen. Achans Sünde
war vorsätzlicher Ungehorsam gegen Gottes Anweisung ( Jos 6,18 ), und sie setzte
die ganze Nation der Gefahr aus, vernichtet zu werden. Wenn die Israeliten nicht
alle Güter der Kanaaniter zerstört hätten, hätte Gott wahrscheinlich die
Israeliten zerstört!
e. Aufdeckung
( 7,16-21 )
Jos 7,16-18
An diesem verhängnisvollen Tag stand Josua früh auf.
Ganz Israel war für das Ritual, das den Schuldigen herausstellen würde,
zusammengetreten. Dies wurde wahrscheinlich angegangen, indem man loste,
vielleicht durch das Ziehen von beschriebenen Tonscherben aus einem Krug. Doch
warum deckte Gott vor Josua nicht einfach die Identität des Schuldigen auf? Er
wußte doch, wer es war. Die Antwort ist, daß diese dramatische Methode der
Nation Israel die Ernsthaftigkeit des Ungehorsams gegen Gottes Gebote einprägen
würde. Da die Methode Zeit brauchte, würde sie auch der schuldigen Person eine
Gelegenheit geben, Buße zu tun und ihre Sünde zu bekennen. Hätte Achan auf diese
Art reagiert und Gott um Gnade gebeten, wäre ihm sicherlich vergeben worden, wie
Jahrhunderte später dem schuldigen David ( Ps 32,1-5; Ps 51,1-12 ).
Es war totenstill, als der Prozeß über die Auslosung
des Stammes Juda zu der Sippe der Serachiter , dann über die Familie Sabdi
endlich zum Übeltäter selbst, Achan , führte. Dies war kein einfacher Zufall,
sondern Gottes Führung. Salomo beschrieb diesen Prozeß sehr treffend: "Der
Mensch wirft das Los; aber es fällt, wie der Herr will" ( Spr 16,33 ).
Jos 7,19-21
Seltsamerweise blieb Achan während der ganzen Prozedur
still, obwohl er sicherlich von Angst erfüllt war und sein Herz heftig zu
schlagen begann, als seine Entdeckung Schritt für Schritt näher kam. Schließlich
sprach Josua Achan höflich, doch ernsthaft an, denn obwohl Josua die Sünde
haßte, verurteilte er den Sünder nicht. Ein öffentliches Bekenntnis, in dem die
übernatürliche Feststellung der schuldigen Person anerkannt wurde, war nötig.
Achans Antwort war offen und zureichend. Er bekannte
seine Sünde und versuchte nicht, sich zu entschuldigen. Jedoch drückte er auch
keine Reue für den Ungehorsam gegenüber Gottes Anweisung aus, mit dem er seine
Nation betrog, die Niederlage der israelischen Truppen und den Tod von 36
Männern verursacht hatte. Den einzigen Ärger, den er wahrscheinlich verspürte,
war der Ärger darüber, daß er entdeckt worden war.
Die drei kritischen Stufen bei der Sünde Achans sind
wohlbekannt: er sah , er begehrte und er nahm . Eva ging dieselben kritischen
Schritte im Garten Eden ( 1Mo 3,6 ), genau wie David mit Batseba ( 2Sam 11,2-4
).
Die Dinge, die Achan aus Jericho mitnahm und in der
Erde in seinem Zelt verbarg, waren (a) ein wertvoller Mantel aus Babylonien ,
der vielleicht von jemandem aus Jericho erworben worden war, der mit Babyloniern
handelte, (b) 200 Schekel Silber , die ungefähr 2,25 kg wogen, und (c) ein
Goldbarren von 50 Schekel (0,567 kg). Achan dachte möglicherweise: "Nachdem ich
nun während dieser ganzen Jahre in der Wüste auf all die guten Dinge im Leben
verzichten mußte, finde ich hier ein bildschön gearbeitetes Kleid und etwas
Silber und Gold. Wie könnte Gott mir diese Dinge versagen? Sie werden nie
vermißt werden, und ich erhalte etwas Freude und Wohlstand." Doch es gab einen
eindeutigen Befehl, keine Beute aus Jericho zu nehmen. (Josua hatte dem Volk
befohlen, daß alles Silber und Gold zum Schatz des Herrn getan werden sollte,
Jos 6,19 .) Gottes Wort kann niemals ohne Schaden wegargumentiert werden.
f. Tod
( 7,22-26 )
Jos 7,22-25
Achans Geständnis stellte sich bald als wahr heraus;
die gestohlenen Dinge wurden dort gefunden, wo er es gesagt hatte. Sie wurden
danach vor den HERRN gelegt , dem sie gehörten. Dann wurde der schuldige Mann
zusammen mit der Diebesbeute, seiner Familie, seinem Vieh und seinem ganzen Hab
und Gut zum Tal Achor hinaufgeführt. Die tödlichen Steine streckten Achan und
dessen Kinder nieder, und Feuer vernichtete ihre Körper und Habseligkeiten.
Dadurch, daß er "gebannte" Dinge gestohlen hatte, wurde Achan selbst unrein und
fiel unter den Bann der Vernichtung. Da Kinder nicht für die Sünden ihrer Väter
hingerichtet werden sollten ( 5Mo 24,16 ), kann man wohl annehmen, daß Achans
Familie (mit Ausnahme seiner Frau, die nicht erwähnt wird) von dem Verbrechen
wußten (vgl. den Kommentar zu 4Mo 16,28-35 ).
Jos 7,26
Die letzte Handlung war das Aufrichten eines
historischen Denkmals, eines großen Haufens größerer Steine über dem Körper
Achans. Dies scheint eine gebräuchliche Art der Beerdigung von schandhaften
Personen gewesen zu sein (vgl. Jos 8,29 ). Es erfüllte in diesem Falle den guten
Zweck, Israel vor der Sünde des Ungehorsams gegen Gottes eindrückliche Gebote zu
warnen.
Die hebr. Wörter für Achan und Achor sind
wahrscheinlich verwandt. So wurde Achan, was wahrscheinlich "Betrüber" heißt, im
Tale Achor , dem Tal der "Betrübnis", begraben. Doch weil Israel dazu bereit
gewesen war, das Problem der Sünde in ihrer Mitte anzugehen, wendete sich Gottes
brennender Zorn ( Jos 7,1 ) wieder von ihnen ab, und er war wieder bereit, sie
zum Sieg zu führen.
3. Der Sieg über Ai
( Jos 8 )
a. Die Vorbereitung der Schlacht
( 8,1-2 )
Jos 8,1
Die Energie, die Israel durch die wundersame
Überquerung des Jordans und durch den übernatürlichen Sieg über Jericho bekommen
hatte, wurde durch die Niederlage gegen Ai gebrochen. Schwermut und
Hoffnungslosigkeit erfüllte nicht nur alle im Lager, sondern auch das Herz
Josuas.
Doch nachdem Achans Verbrechen gerichtet worden war,
war Gottes Wohlwollen gegenüber Israel wieder hergestellt, und er versicherte
Josua erneut, daß er weder ihn noch das Volk verworfen hatte. Als Josua Gottes
Worte der Ermutigung vernahm, wurde sein Herz erquickt, da dies die selben Worte
waren, die Mose in Kadesch-Barnea gesprochen hatte, als er die 12 Späher
aussandte ( 5Mo 1,21 ). Es waren auch die Worte, die Mose 40 Jahre später zu
Josua sagte, als er dem jüngeren Mann die Zügel der Führung übergab ( 5Mo 31,8
). Josua hörte sie wieder, als Gott kurz nach dem Tode Moses zu ihm sprach ( Jos
1,9 ). In dieser kritischen Zeit im Leben Josuas war es gut, daß er daran
erinnert wurde und erneut zugesagt bekam, daß Gott bereit war, ihn zu führen,
wenn er bereit wäre, auf seine Pläne zu hören. Diese Bereitschaft besaß Josua.
Gottes Plan beinhaltete die Verwendung aller
streitbaren Männer Israels. Obwohl die Hauptursache für die Niederlage gegen Ai
Achans Sünde war, lag die zweite Ursache darin, den Feind unterschätzt zu haben
(vgl. Jos 7,3-4 ). Dieser Fehler würde nun berichtigt werden. Gott gebot Josua,
hinaufzugehen und Ai anzugreifen , und er versprach, den Ort der Niederlage in
einen Ort des Sieges zu verwandeln.
Jos 8,2
Bevor Josua der eigentliche Schlachtplan kundgetan
wurde, wurde ihm gewährt, daß die Beute Ais und all ihr Viehbestand von Israel
genommen werden durften. Jericho war als Erstlingsfrucht unter den Bann
gefallen, doch Ai war es nicht.
Welch eine Ironie! Hätte Achan nur seine habgierigen
und egoistischen Wünsche unterdrückt und in Jericho Gottes Wort gehorcht, hätte
er später alles gehabt, was sein Herz begehrte, und Gottes Segen dazu. Der Pfad
des Gehorsams und des Vertrauens ist immer der beste.
b. Der Ablauf der Schlacht
( 8,3-29 )
Der Ablauf der Ereignisse in Ai unterschied sich völlig
von dem in Jericho. Die Israeliten wanderten keine siebenmal um die Mauern Ais.
Die Stadtmauern fielen nicht auf wundersame Weise. Israel mußte die Stadt im
normalen Kampf erobern. Gott ist nicht auf irgendeine Methode beschränkt, um zu
handeln. Er kann und darf in seinem Handeln nicht in eine Schablone gepreßt
werden.
Jos 8,3-9
Die Strategie für die Eroberung Ais war raffiniert. Sie
beinhaltete das Legen eines Hinterhaltes hinter (westlich) der Stadt. Gott
selbst hatte Josua aufgetragen, dies zu tun (V. 2.7 ). Die Ausführung dieses
Planes betraf drei Truppenkontingente. Das erste war eine Gruppe von tapferen
Kriegern, die bei Nacht ausgesandt wurden, um sich westlich nahe der Stadt Ai zu
verstecken. Ihre Aufgabe war es, in die Stadt zu eilen und sie in Brand zu
stecken, nachdem ihre Verteidiger sie verlassen hatten, um Josua und dessen Heer
zu verfolgen. Diese Einheit zählte 30 000 Männer, und obwohl diese Anzahl
Soldaten viel zu groß zu sein scheint, um sich nahe der Stadt zu verstecken,
machte es das Vorhandensein von großen Felsen in der Gegend für alle diese
Männer möglich, sich versteckt zu halten.
Jos 8,10-11
Das zweite Kontingent war das Hauptheer, das früh am
nächsten Morgen die 24 km von Gilgal hermarschierte und im direkten Blickfeld an
der Nordseite Ais lagerte. Mit Sicherheit bestand dieses gesamte Heer aus
Abertausenden von Soldaten. Diese Armee, die von Josua angeführt wurde, war die
ablenkende Kraft, die die Verteidiger von Ai aus der Stadt locken sollte.
Jos 8,12-13
Das dritte Kontingent war ein weiterer Hinterhalt , der
5 000 Männer zählte, die zwischen Bethel und Ai lagen, um eine mögliche
Truppenverstärkung aus Bethel zur Unterstützung Ais zu verhindern. Josua befand
sich im Tal nördlich von Ai, einer tiefen Schlucht in den Hügeln.
Jos 8,14-22
Der Plan funktionierte einwandfrei. Als der König von
Ai Israels Armee sah, ging er auf diesen Köder ein. Als er die Verfolgung der
Israeliten aufnahm, die die Flucht vortäuschten, blieb die Stadt Ai unbewacht
zurück. Auf Josuas Zeichen eilten die anderen Truppen schnell hinein und setzten
die Stadt in Brand. Die Bestürzung der Männer von Ai war komplett, als sie die
Flammen und die Rauchschwaden bemerkten, die zum Himmel schlugen. Eh sie sich
versahen, waren sie in einer Zangenbewegung von israelischen Soldaten
eingeschlossen und wurden vernichtet.
Jos 8,23-29
Nachdem es alle Soldaten Ais getötet hatte, kehrte das
Heer Israels zur Stadt zurück und tötete alle ihre Einwohner. Die toten Soldaten
und Einwohner ergaben die Anzahl von 12 000. Israels Soldaten plünderten die
Stadt, wie Gott es ihnen erlaubt hatte (V. 2 ). Die Stadt wurde in einen
Trümmerhaufen verwandelt. Der König von Ai, der bis dahin verschont geblieben
war, wurde an einem Baum bis zum Abend aufgehängt und dann unter einem
Steinhaufen begraben (vgl. Achans ähnliches Begräbnis, 7, 26). Der Leib des
Königs wurde bei Sonnenuntergang vom Baum heruntergenommen, weil Gott es so
geboten hatte ( 5Mo 21,22-23; vgl. Jos 10,27 ).
Nun hatte Israel, nachdem es Gottes Gunst wiedererlangt
hatte, einen großen Sieg errungen. Nach der Verfehlung kam eine zweite Chance.
Eine Niederlage oder Verfehlung signalisiert für Gott nicht das Ende der
Nützlichkeit eines Gläubigen.
Jos 8,32
Zweitens richtete Josua einige große Steine auf. Auf
ihrer Oberfläche fertigte er eine Abschrift des Gesetzes Moses an. Wie viel des
Gesetzes daraufgeschrieben wurde, wird nicht berichtet. Manche nehmen an, daß
nur die 10 Gebote daraufgeschrieben wurden, während andere meinen, daß die
Steininschrift mindestens den Text von 5Mo 5-26 enthielt. Archäologen haben
ähnlich beschriebene Säulen oder Stelen im Alten Orient entdeckt, die 1,80 -
2,50 m lang sind. Die Behistun-Inschrift im Iran ist zum Beispiel dreimal so
lang wie 5.Mose.
Jos 8,33-35
Drittens las Josua dem Volk das Gesetz vor. Das halbe
Volk stand an den Hängen des Berges Garizim zum Süden, die andere Hälfte stand
auf den Hängen des Berges Ebal zum Norden hin, und die Bundeslade stand, umgeben
von Priestern, im Tal dazwischen. Als die Flüche des Gesetzes einer nach dem
anderen vorgelesen wurden, antworteten die Stämme auf dem Berg Ebal, "Amen!" Als
die Segnungen genauso vorgelesen wurden, antworteten die Stämme auf dem Berg
Garizim, "Amen!" ( 5Mo 11,29;27,12-26 ). Das große, natürliche Amphitheater, das
dort immer noch existiert, machte es möglich, daß das Volk Israel jedes Wort
verstand, und mit aller Ernsthaftigkeit bezeugte Israel, daß das Gesetz Gottes
wahrhaftig das Gesetz des Landes sein sollte.
Von diesem Augenblick an hing die Geschichte der Juden
von ihrer Stellung zum Gesetz ab, das ihnen an diesem Tage in dieser Versammlung
vorgelesen worden war. Wenn sie gehorsam waren, folgte Segen; waren sie
ungehorsam, folgte Gericht (vgl. 5Mo 28 ). Es ist tragisch, daß die Bezeugungen
dieser bedeutungsvollen Stunde so schnell vergessen wurden.
C. Der südliche Feldzug
( Jos 9-10 )
Israels Versäumnis, den Herrn um Rat zu fragen, war
eines der hauptsächlichen Gründe der Niederlage zu Ai, und die Gebetslosigkeit
seiner Führer begann eine neue Krise heraufzubeschwören.
Es geschah alles gerade dann, als man es am wenigsten
erwartet hätte. Das Volk kehrte gerade nach Gilgal zum Lagern zurück, nachdem
sie an den Bergen Ebal und Garizim das Gesetz Gottes vernommen hatten, das ihnen
vorgelesen worden war. Es war eine Zeit des geistlichen Sieges; es war aber auch
die Zeit für einen raffinierten Angriff des Satans. Wenn Gottes Leute denken,
"sie hätten es geschafft", sind sie am wenigsten gegen die Angriffe des Feindes
geschützt.
Über dieses Geschehen wird in den nächsten beiden
Kapiteln des Buches Josua berichtet: das Bündnis mit den Gibeonitern ( Jos 9 )
und die Verteidigung der Gibeoniter ( Jos 10 ).
1. Das Bündnis mit den Gibeonitern
( Jos 9 )
a. Der Betrug der Gibeoniter
( 9,1-15 )
Jos 9,1-2
Israels Siege über Jericho und Ai rüttelten das ganze
Land auf, gemeinsam zu handeln. Diese Verse bereiten den Leser auf die südlichen
und nördlichen Feldzüge der Eroberung vor, die in Kapitel 10; 11 beschrieben
werden.
Die verängstigten Könige sind nach drei geographischen
Gegenden gruppiert: diejenigen aus dem Gebirge in Zentralpalästina, diejenigen
aus dem westlichen Hügelland (Täler oder Tiefland) und diejenigen aus der
Küstenebene, die sich nach Norden bis zum Libanon erstreckt. Daß sie sich nicht
wie geplant zu einer Streitmacht vereinigen konnten, ist Ergebnis des Erfolges
von Josuas Strategie, einen Keil durch das Rückgrat Kanaans zu schlagen.
Doch starke Konföderationen kamen im Norden und im
Süden zustande. Stammesfehden wurden zugunsten von Waffenruhen ausgesetzt, und
Todfeinde waren bereit, gegen das Invasionsheer des Volkes Gottes gemeinsame
Sache zu machen.
Nicht alle Feinde Israels wollten kämpfen. Die
Gibeoniter waren davon überzeugt, daß sie Israel niemals im Kampf besiegen
könnten, also versuchten sie, Frieden zu schließen. Gibeon , das im Bergland,
nur 10 km nordwestlich von Jerusalem und ungefähr dieselbe Entfernung
südwestlich von Ai entfernt lag, war als eine "große Stadt" ( Jos 10,2 ) bekannt
und das Haupt einer kleineren Konföderation, die drei Nachbarstädte einschloß
(vgl. Jos 9,17 ).
Jos 9,4-6
Nach einer Beratung stimmten sie einem raffinierten
Plan zu, nämlich Abgesandte zu Josua zu schicken, die als müde und erschöpfte
Reisende, die von einer langen Reise kamen, verkleidet waren. Eines Morgens kam
diese seltsame Gesandtschaft im Lager Israels in Gilgal mit alten und geflickten
Weinschläuchen, dünngelaufenen Sandalen, schmutzigen und abgetragenen Kleidern
und trockenem und vergammeltem Brot an. Als die Besucher durch die neugierige
Menge stapften, um Josua zu suchen, werden sich die Israeliten mit Sicherheit
gefragt haben, wer die Fremden waren, woher sie kamen und was sie hier wollten.
Als die Gibeoniter Josua fanden, gaben sie unwahre
Antworten. Sie sagten ihm: Wir kommen aus fernen Landen; schließt mit uns einen
Bund . Doch warum bestanden sie darauf, aus einem fernen Land zu kommen, und
warum spielten sie ein so trügerisches Theater, mit dem sie dies "beweisen"
wollten? Wahrscheinlich hatten die Gibeoniter vom mosaischen Gesetz Kunde
erhalten, das Israel erlaubte, mit Städten, die in einer beträchtlichen
Entfernung lagen, Frieden zu schließen, jedoch von ihnen verlangte, sämtliche
Städte der sieben nahegelegenen kanaanitischen Nationen auszulöschen ( 5Mo
20,10-18; Jos 7,1-2 ).
Jos 9,7
Zuerst zögerten Josua und sein Stab und waren noch
nicht ganz überzeugt. Sie sagten: Aber vielleicht wohnt ihr in unserer Mitte .
Es war richtig, daß sie auf der Hut waren, denn die Dinge sind nicht immer so,
wie sie zu sein scheinen. Böse Menschen versuchen oft, die Gerechten
auszuspielen.
Die Reisenden aus Gibeon wurden Hiwiter genannt (vgl.
Jos 11,19 ); sie waren Nachkommen Kanaans, eines Sohnes von Ham ( 1Mo 10,17 ).
Vielleicht waren die Hiwiter auch die Horiter (in 1Mo 36,2.20 wird Zibon ein
Horiter genannt).
Jos 9,8-13
Josua prüfte mit Fragen, und die Gibeoniter erzählten
ihr Märchen. Sie drangen darauf, aus großer Entfernung gekommen zu sein, um dem
mächtigen Gott der Israeliten zu huldigen und im Frieden als Israels Diener zu
leben. Sie hatten Nachricht davon erhalten, was Gott für die Israeliten in
Ägypten getan hatte (wahrscheinlich die Plagen, die Überquerung des Roten
(Schilf-) Meeres und von Gottes Siegen über Sihon und Og [ 4Mo 21,21-25; 5Mo
2,26-3,11 ]). Interessanterweise erwähnten sie jedenfalls Israels letzte Siege
über Jericho und Ai nicht, denn, wären sie aus einem entfernten Land gekommen,
hätten sie von diesen letzten Schlachten noch nicht gehört. Um diesen
raffinierten Trick weiterzuführen, zeigten sie ihnen ihre Beweise - vergammeltes
Brot , geflickte Weinschläuche , abgetragene Kleider und ausgelatschte Sandalen
- und der Verdacht Josuas und der Führer verflog.
Jos 9,14-15
Durch die gerissene List der Gibeoniter unvorsichtig
gemacht, schlossen die Führer der Israeliten einen feierlichen Vertrag mit ihnen
ab. Doch Josua und die Israeliten begingen mindestens zwei Fehler. Erstens
nahmen sie bei der Prüfung ihrer Reisevorräte Dinge als Beweismittel an, die
höchst fraglich waren. Wären die Besucher echte Botschafter gewesen, die die
Macht hatten, mit einer anderen Nation einen Vertrag auszuhandeln, dann hätten
sie sicherlich viel beweiskräftigere Ausweismaterialien besessen. Es war dumm
von Josua, diese nicht zu verlangen.
Der zweite und bedeutendere Grund für Israels Versagen
wird in Vers 14 beschrieben: Die Führer suchten nach keiner Weisung von Gott.
Dachte Josua etwa, daß die Beweismittel so sehr über jeden Zweifel erhaben
gewesen seien, daß sie den Rat Jahwes nicht benötigten? Meinte er vielleicht,
daß die Angelegenheit zu routinemäßig oder unwichtig sei, um Gott damit zu
"belasten"? Was der Grund auch immer gewesen sei, es war falsch, ihrem eigenen
Urteilsvermögen zu vertrauen und ihre eigenen Pläne zu verfolgen. Dies trifft
auf Gläubige aller Zeitalter zu ( Jak 4,13-15 ).
b. Die Aufdeckung der List
( 9,16-17 )
Jos 9,16-17
Nach drei Tagen stellten sie fest, daß sie "hinters
Licht geführt worden waren", denn die Gibeoniter lebten nur ungefähr 40 km von
Gilgal in Kanaan selbst und nicht in einem fernen Land. Ein Spähtrupp stellte
den Betrug fest, als er die nahe Lage Gibeons und ihrer drei Städte entdeckte.
"... die falsche Zunge besteht nicht lange" ( Spr 12,19 ). Früher oder später
werden Falschheit und Betrug aufgedeckt. Die Wahrheit wird als Sieger
hervorgehen.
c. Der Ratschluss der Anführer
( 9,18-27 )
Jos 9,18-19
Wie verärgert werden die Israeliten wohl gewesen sein,
als sie entdeckten, daß sie an der Nase herumgeführt worden waren! Tatsächlich
wollte das Volk den Vertrag nicht beachten und die Gibeoniter vernichten, doch
Josua und sein Stab meinten, daß die Hinterlist der Feinde den Vertrag nicht
ungültig machen würde. Der Bund war heilig, denn er war durch einen Schwur auf
den Namen des HERRN, des Gottes Israels , bekräftigt worden (vgl. V. 15 ). Ihn
zu brechen würde den Zorn Gottes über Israel bringen, eine Tragödie, die später
unter Davids Regierung zustande kam, als Saul dieses Gelöbnis mißachtete (vgl.
2Sam 21,1-6 ).
Jos 9,20-27
Josua und die Fürsten waren Männer mit Charakterstärke,
die zu ihrem Wort standen. Obwohl sie von dem, was geschehen war, gekränkt
wurden, wollten sie keine Schande dadurch auf Gott und sein Volk bringen, daß
sie einen heiligen Bund brechen würden. Doch auch wenn Israel von seinem Schwur
nicht zurücktreten würde, mußten die Betrüger bestraft werden. So tadelte Josua
die Gibeoniter für ihre Unehrlichkeit und verkündete, daß sie zu immerwährender
Sklaverei verdammt seien. Diese Sklaverei sah so aus, daß sie zu Holzschnitzern
und Wasserträgern für die Israeliten wurden. Damit der Götzendienst der
Gibeoniter die Religion Israels nicht verwässerte, sollte ihre Arbeit in
Verbindung mit der Stiftshütte geschehen, wo sie der Verehrung des einen wahren
Gottes ausgesetzt waren.
Also verloren die Gibeoniter die eigentliche Sache, die
sie zu erreichen suchten. Sie wollten auf jeden Fall freie Menschen bleiben;
doch letztendlich wurden sie zu Sklaven. Doch der Fluch wurde zum Segen. Gott
vollbrachte zugunsten der Gibeoniter ein großes Wunder (vgl. Jos 10,10-14 ).
Später wurde die Stiftshütte bei Gibeon aufgestellt ( 2Chr 1,3 ); noch später
halfen einige Gibeoniter Nehemia, die Mauer Jerusalems wieder aufzubauen ( Neh
3,7 ). So groß ist die Gnade Gottes. Er ist sogar in der Lage, einen Fluch in
einen Segen zu verwandeln. Obwohl es meist der Fall ist, daß die natürlichen
Folgen der Sünde ihren Lauf nehmen müssen, kann die Gnade Gottes nicht nur
vergeben, sondern sogar Fehler umkehren und oft aus Sünden und Verfehlungen
Segen wirken.
2. Die Verteidigung der Gibeoniter
( Jos 10 )
a. Die Ursache des Streites
( 10,1-5 )
Jos 10,1-2
Die Handlung wechselt plötzlich von Gibeon 8 km südlich
nach Jerusalem. Der dortige König Adoni-Zedek war von Panik ergriffen, und das
aus gutem Grund. Die verräterische Kapitulation der gibeonitischen Städte
vervollständigte einen Bogen, der bei Gilgal begann und sich über Jericho und Ai
zu einem Punkt erstreckte, der nur wenige Kilometer nordwestlich von Jerusalem
lag. Die Bedrohung war offensichtlich. Jerusalems Sicherheit war in ernsthafter
Gefahr. Wenn das israelitische Heer weiterhin ohne Hindernisse vorrückte, würde
Jerusalem bald umzingelt und erobert sein.
Jos 10,3-4
Darum sandte der König von Jerusalem eine dringende
Botschaft an vier andere Könige in Südkanaan, in der er die Tatsache, daß Gibeon
mit Israel Frieden geschlossen habe, als einen verräterischen und strafbaren Akt
schilderte. Dies könnte anderen Städten den Weg ebnen, sich auf ähnliche Weise
zu ergeben. Es war ein Aufruf zum Krieg. Es mußte sofort etwas gegen Gibeon
unternommen werden.
Jos 10,5
Die Reaktion kam schnell. Es verstrich nur wenig Zeit,
bevor die vereinigte Kraft einer südlichen Konföderation von fünf Königen Gibeon
belagerte. Es waren die Könige der Amoriter, das heißt des kanaanitischen
Hügellandes (vgl. den Kommentar zu 1Mo 14,13-16 ).
b. Der Verlauf der Streitigkeit
( 10,6-15 )
Jos 10,6
Von der sicheren Ausrottung bedroht, sandten die
Gibeoniter einen Läufer zu Josua nach Gilgal mit einer nachdrücklichen
Aufforderung zur Hilfe gegen die erdrückende Kraft, die sie bedrohte.
Doch warum sollte Josua auf diesen Hilfeschrei von
seiten desselben Volkes reagieren, das ihn betrogen hatte? Die Israeliten
könnten ja so das Zeugnis eines beschämenden Fehltritts loswerden.
Jos 10,7-8
Daß dies für Josua kein Gedanke war, wird an seiner
sofortigen Reaktion deutlich. Manche nehmen an, daß dies der Beweis ist, daß der
Bund zwischen Israel und den Abgesandten der Gibeoniter ein wechselseitiger
Verteidigungspakt gewesen war. Doch der Bericht in der Schrift sagt das nicht.
Es scheint auch widersinnig, daß Israel sich in einem Vertrag selbst
verpflichten würde, einer "entfernten" Nation zu Hilfe zu eilen, als welche
Israel die Gibeoniter ansah, als der Vertrag abgeschlossen wurde.
Der Grund für die Reaktion Josuas liegt auf dem Gebiet
der militärischen Strategie. Bisher hatte Israels Armee eine befestigte Stadt
nach der anderen angegriffen, was bestenfalls eine lange und ausgedehnte
Prozedur war, um das gesamte Land Kanaan zu erobern. Doch nun wurde Josua
gewahr, daß er hier den strategischen Umschwung hatte, den er benötigte. Die
vereinigten amoritischen Armeen aus Südkanaan lagerten zusammen auf offenem Feld
vor Gibeon. Ein israelitischer Sieg würde den feindlichen Mächten der ganzen
Region das Genick brechen. Außerdem versicherte Gott Josua, daß er sich nicht
vor ihnen zu fürchten brauche (vgl. Jos 1,9; 8,1 ), denn Gott würde ihnen den
Sieg schenken.
Nachdem er seine gesamte Streitmacht versammelt hatte,
marschierten Josua und seine Männer im Schutze der Dunkelheit die 40 km von
Gilgal nach Gibeon. Es war ein ermüdender Marsch, der über schweres Gelände bis
zu einer Höhe von 1 200 m steil hinaufführte. Es gab keine Gelegenheit der Rast.
Das Heer war erschöpft und stand einem mächtigen Feind gegenüber. Gott mußte
entweder stark eingreifen, oder alles wäre verloren.
Jos 10,9-10
Durch Gottes Versprechen des Sieges motiviert, führte
Josua einen Überraschungsangriff auf die amoritischen Armeen des Südens an,
möglicherweise während es noch dunkel war. Panik erfüllte den Feind, und nach
einem kurzen Kampf, in dem viele getötet wurden, brachen sie auseinander und
flohen in wilder Bestürzung nach Westen. Ihre Fluchtroute führte durch einen
nahegelegenen Paß und das Tal von Ajalon hinunter, während sie von den
Israeliten eifrig verfolgt wurden. Dies war nicht das letzte Mal, daß die
Hochstraße, die vom zentralen Hügelland hinunterführte, der Schauplatz einer
Flucht wurde; 66 n. Chr. floh der römische General Cestius Gallus diesen Abhang
in Flucht vor den Juden hinunter.
Jos 10,11
Die Amoriter waren jedoch nicht in der Lage, zu
fliehen. Indem Gott die Naturkräfte benutzte, um für Israel zu streiten, ließ
der Herr mit tödlicher Präzision große Steine vom Himmel auf die Feinde fallen,
so daß mehr auf diese Art als durch das Schwert getötet wurden.
Dieser gesamte Abschnitt zeigt treffend das
Zusammenspiel zwischen den menschlichen und den göttlichen Möglichkeiten auf, um
einen Sieg zu erringen. Vers 7-11 wechseln ständig von Josua (und Israel) zum
Herrn. Sie alle spielten in dieser Schlacht wichtige Rollen. Die Soldaten mußten
kämpfen, doch Gott gab den Sieg.
Jos 10,12
Doch der Tag der Schlacht von Bet-Horon zog sich hin,
und Josua wußte, daß die Verfolgung der Feinde lang und mühsam sein würde. Der
Militärführer hatte noch höchstens 12 Stunden Tageslicht vor sich. Er benötigte
auf jeden Fall mehr Zeit, wenn er die Erfüllung von Gottes Versprechen erleben
(V. 8 ) und die völlige Vernichtung seiner Feinde sehen wollte. Darum trug Josua
dem Herrn eine ungewöhnliche Bitte vor: Sonne steh still zu Gibeon, und du,
Mond, im Tal Ajalon!
Jos 10,13-15
Es war zur Mittagszeit, und die heiße Sonne stand
direkt über seinem Kopf, als Josua dieses Gebet sprach. Der Mond stand am
Horizont im Westen. Die Bitte wurde vom Herrn rasch beantwortet. Josua betete
vertrauensvoll, und es ergab sich daraus ein großes Wunder. Doch der Bericht
über dieses Wunder hat das schwerwiegendste Beispiel des Konfliktes zwischen der
Schrift und der Wissenschaft geliefert, weil sich die Sonne ja bekanntlich nicht
um die Erde dreht und dadurch Tag und Nacht verursacht. Statt dessen entsteht
Licht und Dunkelheit, weil die Erde auf ihrer Achse um die Sonne kreist. Warum
sprach dann Josua die Sonne anstatt die Erde an? Ganz einfach, weil er die
Sprache des Sichtbaren benutzte; er sprach aus seiner Perspektive und der
Erscheinung der Dinge auf der Erde. Menschen handeln immer noch genauso, selbst
in wissenschaftlichen Kreisen. In Kalendern und Zeitungen steht die Zeit des
Sonnenauf- und Sonnenunterganges. Trotzdem beschuldigt niemand sie des
wissenschaftlichen Irrtums.
Trotzdem muß der "lange Tag" in Jos 10 erklärt werden.
Was geschah tatsächlich an diesem seltsamen Tag? Die Antworten sind vielfältig
(eine Finsternis, Wolken über der Sonne, eine Reflektion der Sonnenstrahlen,
usw.). Doch die beste Erklärung scheint die Ansicht zu sein, daß Gott als
Antwort auf Josuas Gebet die Rotation der Erde verlangsamte, so daß sie in 48
anstatt in 24 Stunden eine ganze Umdrehung machte. Diese Ansicht scheint sich,
sowohl in der Dichtung der Verse 12 b- 13 a als auch in der Prosa von Vers 13 b
zu bestätigen. ( Das Buch Jaschar oder Buch des Redlichen ist eine hebr.
literarische Sammlung von Liedern, die im Gedichtstil zu Ehren der Ruhmestaten
der Führer Israels geschrieben sind; vgl. Davids "Bogenlied" in 2Sam 1,17-27 .)
Gott verhinderte die katastrophalen Folgen, die
natürlicherweise eingetreten wären, wie z. B. riesige Flutwellen und
umherfliegende Objekte. Ein Zeugnis davon, daß die Rotationsgeschwindigkeit der
Erde einfach langsamer wurde, findet man in den abschließenden Worten von Jos
10,13 : Die Sonne ... beeilte sich nicht unterzugehen fast einen ganzen Tag .
Die Sonne war also auf unnormale Weise langsam oder verspätet, um unterzugehen,
das heißt, ihre Progression von Mittag bis zur Dämmerung war spürbar langsamer,
was Josua und seinen Soldaten genügend Zeit gab, ihre siegreiche Schlacht zu
vollenden.
Ein wichtiger Faktor, der nicht übersehen werden darf,
ist, daß die Sonne und der Mond Hauptgötter bei den Kanaanitern waren. Beim
Gebet des israelischen Anführers mußten Kanaans Götter gehorchen. Diese
Erniedrigung ihrer Götter muß für die Kanaaniter schrecklich bestürzend und
beängstigend gewesen sein. Das Geheimnis des Triumphes über das Bündnis der
Kanaaniter steht in dem Worte denn der HERR stritt für Israel! Als Antwort auf
das Gebet erlebte Israel das dramatische Einschreiten Gottes zu seinen Gunsten,
und der Sieg war sicher.
c. Der Höhepunkt der Schlacht
( 10,16-43 )
Jos 10,16-24
Indem er jeden Vorteil des verlängerten Tages nutzte,
setzte Josua dem Feind in hitziger Verfolgung nach. Die fünf mächtigen Könige
und ihre Armeen hatten ihre befestigten Städte verlassen, um gegen Israel auf
offenem Feld zu kämpfen. Nun war Josua entschlossen, ihren Rückzug zurück in
ihre befestigten Städte zu verhindern. Selbst als ihm zu Ohren kam, daß die fünf
Könige sich in einer Höhle versteckt hielten, kümmerte sich Josua nicht um sie,
sondern setzte vorerst die Verfolgung der amoritischen Soldaten fort, bis er sie
alle, mit Ausnahme einiger weniger, denen die Flucht in ihre befestigten Städte
gelang, getötet hatte. Als er dann zu der bewachten Höhle zurückkehrte, brachte
er die gefangenen Könige heraus und richtete sie hin. Doch zuerst wies Josua
seine Feldhauptmänner an, ihren Fuß auf den Nacken der Könige zu setzen, wie es
bei östlichen Eroberern üblich war und oft auf ägyptischen und assyrischen
Monumenten dargestellt wird. Dies war ein Symbol für die völlige Unterwerfung
des besiegten Feindes.
Jos 10,25-27
Danach gebot Josua seinen Soldaten, indem er die
gleichen Worte gebrauchte, die Gott zu ihm gesprochen hatte, sich nicht zu
fürchten oder entmutigt (vgl. Jos 1,9; Jos 8,1 ), sondern stark und mutig zu
sein (vgl. Jos 1,6-7.9 ). Der Sieg über die amoritischen Könige war ein Vorbild
für Israels zukünftige Siege in Kanaan, denn Josua sagte: Dies ist das, was der
HERR mit allen euren Feinden machen wird, mit denen ihr noch zu kämpfen habt .
Josua tötete die Könige, und ihre Körper wurden bis zum Sonnenuntergang
aufgehängt (vgl. Jos 8,29 ). Danach wurden sie in die Höhle hineingeworfen, die
mit großen Steinen verschlossen wurde, so wie sie es schon vorher getan hatten (
Jos 10,18 ). Diese Steine wurden zu einem weiteren Denkmal für Israels
siegreichen Feldzug durch Kanaan.
Jos 10,28-39
Die Niederlage der fünf Könige und ihrer Armeen
besiegelte den Untergang Südkanaans. In einer Serie von Blitzkriegen griff Josua
die Hauptmilitärzentren selbst an, um jede weitere militärische Operation
unmöglich zu machen. Zuerst nahm er Makkeda ein (V. 28 ), dann Libna (V. 29 ),
Lachisch (V. 31 ) und Eglon (V. 34 ). Diese Städte, die sich von Norden nach
Süden hart aneinanderreihten, bewachten den Zugang zum südlichen Hochland.
Jahrhunderte später benutzten sowohl Sanherib als auch Nebukadnezar die gleiche
Strategie, als sie Juda angriffen.
Josua fiel als nächstes in das Herz der südlichen
Region ein und besiegte ihre zwei befestigten Hauptstädte, Hebron (V. 36 ) und
Debir (V. 38 ).
Doch Jerusalem und Jarmut, zwei der fünf Verbündeten
(V. 5 ), wurden ausgelassen. Es wird keine Erklärung dafür gegeben, warum die
Eroberung der Stadt Jarmut nicht erwähnt wird. Im Falle von Jerusalem ist es
verständlich, daß die israelitischen Truppen zu erschöpft waren, um diese
schwere Aufgabe noch zu erfüllen, als sie zum Lager nach Gilgal zurückkehrten.
Jedenfalls sollte diese einsame "Insel" im Lande für die Stämme Juda und
Benjamin noch zum Problem werden, bis sie von David erobert wurde ( 2Sam 5,7 ).
Jos 10,40-43
Der Verlauf des israelitischen Feldzuges im Süden wird
in Vers 40-41 zusammengefaßt (vgl. Jos 11,16 ). Die Region Goschen , nicht das
Goschen in Ägypten ( 1Mo 45,10;46,34; 47,1.4.6 ), war wahrscheinlich das Gebiet
um Debir in Südkanaan. Eine Stadt namens Goschen war eine von elf Städten "im
Hügelland", in dem auch Debir lag ( Jos 15,48-51 ). Vielleicht wurde die Gegend
nach der Stadt benannt. Die imponierende Folge von Siegen, die in Jos 10
beschrieben wird, wird durch die Aussage, Josua brachte alle diese Könige und
ihr Land auf einmal in seine Gewalt, denn der HERR, der Gott Israels, stritt für
Israel , bestätigt.
Mit dieser Gewißheit kehrten Josua und seine erschöpfte
Armee nach Gilgal zurück, um Vorbereitungen für die Vollendung der Aufgabe zu
treffen.
D. Der nördliche Feldzug
( 11,1-15 )
Nach dem anstrengenden Militärfeldzug im Süden war
Josua nicht in der Lage, eine längere Erholungspause zu genießen, weil er sich
einer noch größeren Herausforderung ausgesetzt sah, nämlich einer massiven
Verbündung von Streitkräften im Norden. Doch er blieb seinen Vorsätzen treu.
Israels Anführer war beides, ein militärisches Genie
und eine geistliche Größe. Militärisch waren seine Taktiken meisterhaft: (1)
Seine Schlachten waren alle offensiv. Wenn er bemerkte, daß ein Angriff zu
erwarten war, kam er diesem durch einen eigenen zuvor. (2) Er benutzte das
Element der Überraschung (z. B. gegen die fünf amoritischen Könige, die Gibeon
belagerten, Jos 10,9; gegen die zahlreichen Könige an den Wassern des Merom, Jos
11,7; und gegen Ai, als er eine Scheinflucht arrangierte, Jos 8,14-19 ). (3) Er
befahl seinen Soldaten, den zurückziehenden Feinden nachzujagen, um sie daran zu
hindern, ihre Städte zu erreichen ( 10,19-20 ).
Im geistlichen war Josua seinem Volk ein Vorbild: Er
hielt das Versprechen, das seine Späher Rahab gegeben hatten; er blieb den
betrügerischen Gibeonitern treu; er hätte seine Machtstellung benutzen können,
um sich persönlich zu bereichern, doch er tat es nicht.
Mit solch einem Führer, der bei allen Angelegenheiten
das Ruder in Israel in der Hand hielt, begann die letzte Phase der Eroberung.
1. Das Bündnis
( 11,1-5 )
Jos 11,1-3
Die Beunruhigung der nordkanaanitischen Könige wurde
durch Josuas einschneidende Siege im Süden entfacht. Jabin, der König von Hazor
, begann einen verzweifelten Versuch, die Eroberung des Landes durch das Heer
Israels aufzuhalten. Sicherlich hätte sein Versuch eine größere Chance gehabt,
wenn er dem Bündnis Adoni-Zedeks ( Jos 10,1-3 ) beigetreten wäre und mit einem
Heer aus dem Norden zu einem Sammelpunkt mit den südlichen Armeen marschiert
wäre, um Israel bei Gibeon zu bedrängen. Doch Gott hielt Jabin von diesem
Schachzug ab, und nun reagierte er auf diese Krise mit Hast und fast schon
panisch.
Boten mit einem dringenden Aufruf zur Mobilmachung
wurden schnell nach Norden, Süden, Osten und Westen ausgesandt. Dies wird dem
Aufruf Sauls geähnelt haben, den dieser später an Israel richtete, ihm nach
Jabesch in Gilead zu folgen, indem er ein Ochsengespann schlachtete und Stücke
der Tiere durch Kuriere aussandte, die riefen: "Wer nicht mit Saul und Samuel
auszieht, mit dessen Rindern soll man ebenso tun!" ( 1Sam 11,7 ). Kinneret ( Jos
11,2; vgl. Jos 13,27; 19,35; 4Mo 34,11; 5Mo 3,17; 1Kö 15,20 ) ist ein früherer
Name des Sees von Galiläa und auch der Name einer Ortschaft an der Küste dieses
Sees. "Kinneret", was Harfe bedeutet, mag sich von der harfenähnlichen Form des
Sees ableiten. Das Neue Testament bezeichnet manchmal den See Galiläas als See
Genezareth, was eine griechische Schreibweise für das hebräische Kinneret ist
(z. B. Lk 5,1 ).
Jos 11,4-5
Obwohl zwischen diesen Königen des Nordens keine
großartige Zuneigung bestand, zwang sie die drohende Vernichtung
zusammenzuarbeiten, und sie trafen sich einige Kilometer nordwestlich des Sees
von Galiläa auf einem Feld nahe der Wasser von Merom .
Dieses verbündete Heer war imposant. Es bestand nicht
nur aus Soldaten, die so zahlreich wie der Sand am Meer waren, sondern auch noch
aus Pferden und Kampfwagen in großer Zahl. Josephus, ein jüdischer Historiker
des ersten Jahrhunderts n. Chr., vermutete, daß diese nördliche Konföderation
aus 300 000 Infanteriesoldaten, 10 000 Kavaleriesoldaten und 20 000 Streitwagen
bestand.
Die Chancen standen für die Israeliten sehr schlecht.
Wie konnte Josua noch hoffen, diese Schlacht zu gewinnen?
2. Die Schlacht
( 11,6-15 )
Das riesige Heer der Kanaaniter lagerte an den Wassern
von Merom (V. 5 ). Sie hatten wahrscheinlich vor, nach der Organisation ihrer
Kampfstellungen und dem Austüfteln einer Strategie, das Jordantal
hinunterzuschwärmen und Josua bei Gilgal anzugreifen. Doch Josua wartete nicht
darauf, bis die Schlacht zu ihm käme; tatsächlich befand er sich schon auf dem
Weg nach Merom, einem Fünftagesmarsch von seiner Heimatbasis entfernt. Während
er marschierte, hatte er eine Menge Zeit, über das riesige Heer nachzudenken,
das ihn erwartete. Ohne Frage wird er sicherlich bei den Aussichten auf die
Schlacht, die sich vor seinem geistigen Auge abspielte, gezittert haben.
Jos 11,6
Dann sprach Gott. Die Zusage, die er Josua gab, war
klar und deutlich: Fürchte dich nicht vor ihnen! (vgl. Jos 1,9; 8,1 ). Denn
morgen will ich sie alle vor Israel erschlagen . Dies war genau das, was Josua
brauchte, und Israels Anführer nahm Gottes Versprechen als Wahrheit an und
glaubte, daß er ihnen den Sieg über ihren furchterregenden Feind geben werde.
Gott gebot Josua sogar speziell, ihre Pferde zu lähmen (die Fußsehnen
durchzuschneiden) und ihre Wagen zu verbrennen (vgl. Kommentar zu Jos 11,9 ).
Jos 11,7-9
Die Schlacht fand in zwei Phasen statt. Am nächsten Tag
überraschte Josua den Feind, indem er ihn an den Wassern von Merom angriff und
ihn westwärts zur Küste (nach Sidon und nach Misrefot-Majim) und ostwärts zum
Tal Mizpe jagte. Indem er Gottes Anweisung (V. 6 ) bis zum letzten I-Tüpfelchen
gehorchte, tötete Josua jeden der Feinde, verbrannte ihre Kampfwagen und lähmte
ihre Pferde.
Doch warum gab Gott einen so drastischen Befehl, die
Wagen zu verbrennen und die Pferde zu lähmen? Weil die Kanaaniter Pferde zu
ihrem Götzendienst gebrauchten (wie es später auch Juda tat; vgl. 2Kö 23,11 ).
Es bestand auch die Gefahr, daß Israel diesen neuen Kampfwaffen mehr vertrauen
würde als dem Herrn. Der Psalmist David erklärte: "Jene verlassen sich auf Wagen
und Rosse; wir aber denken an den Namen des Herrn, unseres Gottes" ( Ps 20,8 ).
Jos 11,10-14
In der zweiten Phase der Schlacht in Nordkanaan kehrte
Josua nach der Verfolgung des feindlichen Heeres zurück und eroberte alle Städte
der besiegten Könige. Hazor wurde, warum auch immer, für eine Sonderbehandlung
ausgelassen, möglicherweise weil es bei weitem die größte Stadt des alten
Palästina war (8094 a Fläche, man vergleiche mit Megiddo, das 567 a und Jericho,
das 324 a Fläche hatte). Hazor, das eine strategisch äußerst wichtige Lage
hatte, beherschte mehrere Abzweigungen einer alten Hauptstraße, die von Ägypten
nach Syrien und weiter nach Assyrien und Babylon führte. Diese Lage an den
Handelsstraßen trug zum Wohlstand der Stadt bei. Hazor wurde als einzige der
nördlichen Städte eingenommen und in Brand gesteckt. Obwohl Josua sich wohl dazu
entschlossen haben wird, die anderen eroberten Städte für den späteren
israelitischen Gebrauch zu verschonen, beschloß er, an Hazor, der Hauptstadt
dieser ganzen Königreiche (Stadtstaaten), die auch das Bündnis ihrer Heere
zusammenhielt, ein Exempel zu statuieren. Wenn Hazor nicht verschont blieb,
wären die Kanaaniter gezwungen einzusehen, daß jede Stadt niedergebrannt werden
konnte, wenn Josua es wollte.
Jos 11,15
Nun war ein bedeutsamer Sieg im Norden errungen. Der
Schlüssel dazu war der Gehorsam gegenüber Gott. Josua ... ließ nicht das
Geringste von allem, was der HERR Mose befohlen hatte, unbefolgt.
E. Die Aufzählung der Siege
( 11,16-12,24 )
Der Sieg im Norden brachte das formale Ende der
Eroberung. Doch bevor er davon berichtet, wie das Land unter den Stämmen
aufgeteilt wurde, hielt der Autor inne, um das Ausmaß der Siege Israels in
Kanaan noch einmal zu vergegenwärtigen und zusammenzufassen. Er fügte auch eine
geographische Beschreibung der eroberten Gebiete ( Jos 11,16-23 ) und eine
Aufzählung der besiegten Könige ( Jos 12 ) bei.
1. Die eroberten Gebiete
( 11,16-23 )
Jos 11,16-17
Die Schlachten, die von Josua und seinen Truppen
geschlagen worden waren, reichten über Länder hinweg, die sich von Grenze zu
Grenze, von Süden nach Norden und von Osten nach Westen erstreckten. Das
Hügelland, der Negev, das Gebiet von Goschen, das westliche Hügelland, die Araba
und die Berge gehören zu den zentralen und südlichen Teilen des Landes (vgl. Jos
10,40 ). "Der Negev" ist das Wüstengebiet südwestlich des Toten Meeres und "die
Araba" die Landsenke des Jordantals im Norden und im Süden des Toten Meeres. Der
Berg Halak liegt in der südlichen Wüstenregion; Baal-Gad (genaue Lage unbekannt)
lag im hohen Norden, im Tal des Libanon, vielleicht 50 - 60 km nördlich des Sees
von Galiläa.
Jos 11,18-20
Die Zeit der Eroberung dauerte lange. Die Siege waren
nicht leicht oder schnell errungen, was ja selten geschieht. Nun, nach all
diesen militärischen Konfrontationen, hatte nur eine Stadt, Gibeon, den Frieden
gesucht. Die anderen waren im Kampf genommen worden, weil Gott ihre Herzen
verhärtet hatte (vgl. den Kommentar zu 2Mo 4,21; 8,15 ), so daß sie gegen Israel
kämpften und vernichtet werden sollten. Der Tag der Gnade war für die Kanaaniter
abgelaufen. Sie hatten gegen das Licht der Offenbarung Gottes in der Natur ( Ps
19,2; Röm 1,18-20 ), im Gewissen ( Röm 2,14-16 ) und in seinen kürzlichen
Wundern am Roten (Schilf-)Meer, am Jordan und in Jericho gesündigt. Nun
verhärtete der allmächtige Gott die Herzen dieses bekehrungsunwilligen Volkes in
ihrem sturem Unglauben, bevor er sie richtete.
Jos 11,21-22
Spezielle Erwähnung finden die Anakiter , die Riesen,
die die Späher 45 Jahre zuvor so erschreckt hatten ( 4Mo 13,33; vgl. den
Kommentar zu Jos 14,10 ) und von denen gesagt wurde: "Wer kann wider die
Anakiter bestehen?" ( 5Mo 9,2 ). Doch unter Josua wurden diese angeblich
unbesiegbaren Feinde völlig vernichtet. Nur ein paar blieben in den entfernteren
Städten Gaza, Gat und Aschdod übrig, was sich später als unkluge Auslassung von
seiten Josuas erwies, denn zu Davids Zeiten kam Goliat aus Gat, um Israel und
seinen Gott zu verspotten ( 1Sam 17 ).
Jos 11,23
Der Abschnitt schließt mit einer Aussage, die das Buch
Josua als Ganzes zusammenfaßt: So eroberte Josua das ganze Land (vgl. V. 16 ).
Dies gibt einen Rückblick und eine Zusammenfassung der Geschichte der Eroberung
in Kapitel 1-11 . Und er gab es Israel zum Erbteil, einem jeden Stamm sein Teil
. Diese Worte geben eine Vorausschau und Zusammenfassung der Verteilung des
Landes in Kapitel 13-22 .
Doch wie soll die Aussage "Josua nahm das ganze Land
ein" verstanden werden, wenn doch später geschrieben steht, daß es immer noch
große Gebiete des Landes einzunehmen gilt ( Jos 13,1 )? Für das hebräische
Verständnis steht dieser Teil für das Ganze. Für sie brauchte nur aufgezeigt
werden, daß Josua Hauptzentren in allen Teilen des Landes einnahm, um die
Aussage machen zu dürfen, daß er das ganze Land erobert hatte.
A.J. Mattill, Jr. hat die Eroberung Kanaans peinlich
genau analysiert, indem er die geographische Einteilung des Landes und dessen
repräsentative Orte, die von Josua unterworfen wurden, erforschte
("Representative Universalism and the Conquest of Canaan", Concordia Theological
Monthly 35. Januar 1964: 8 - 17). Darin enthalten sind die eroberten Ortschaften
an der Küstenebene, der Schefela (Vorgebirge), das zentrale Plateau, das
Jordantal und das Transjordanplateau. Kein Gebiet wurde völlig ausgelassen.
Josua nahm tatsächlich das ganze Land ein, so wie es ihm Gott versprochen hatte,
wenn er dem göttlichen Wort mehr folgen würde als dem menschlichen Verstand
(vgl. Jos 1,8 ). Vgl. auch den Kommentar zu Jos 21,43-45 .Zur abschließenden
Aussage, dann bekam das Land Ruhe vom Krieg ( Jos 11,23 ) vgl. den Kommentar zu
diesen Worten in Jos 14,15
2. Die besiegten Könige
( Jos 12 )
Das zwölfte Kapitel gibt als Zusammenfassung der
Geschichte, die in Kapitel 1 beginnt, eine detaillierte Auflistung der Könige,
die von Israel besiegt wurden. Demnach erwähnen die vorhergehenden Kapitel nur
die größeren Schlachten. Nur hier findet sich die komplette Auflistung der
besiegten Könige. Es wird nicht behauptet, daß Israel all diese Städte besetzte.
Sicherlich hatte Josua nicht genügend Leute, um an jedem Ort eine
Kontrolleinheit zu hinterlassen. Josua erwartete von den jeweiligen Stämmen, daß
sie diese Ortschaften besetzten.
Jos 12,1-6
Zuerst werden die Siege unter Mose an der Ostseite des
Jordan erwähnt. Dies waren die wichtigen Siege über Sihon und Og. Sihon hatte
über einen Landstrich geherrscht, der sich ungefähr 140 km von Süden nach
Norden, von der Schlucht des Arnon etwa in der Mitte des Meeres der Araba (auch
Salzmeer und Totes Meer genannt) hinauf zum See Kinneret (vgl. den Kommentar zu
Jos 11,2 ) erstreckte. Og herrschte über einen Landstrich, der sich von Sihons
nördlicher Grenze ungefähr 95 km nach Norden erstreckte (vgl. 4Mo 21,21-35; 5Mo
2,24-3,17 ). Dieses Gebiet war für die Stämme Ruben, Gad und den halben Stamm
Manasse bestimmt ( 4Mo 32; vgl. Jos 13,8-13 ). (Zu Geschur und Maacha vgl. den
Kommentar zu Jos 13,13 .)
Jos 12,7-24
In diesem Abschnitt werden zuerst 16 Könige Südkanaans
(V. 9-16 ) und dann 15 Könige Nordkanaans (V. 17-24 ) aufgezählt.
Es ist überraschend, 31.Könige in einem Land aufgezählt
zu finden, das sich höchstens 240 km von Norden nach Süden und 80 km von Osten
nach Westen erstreckt. Doch es muß daran erinnert werden, daß diese Könige über
Stadtstaaten herrschten und nur lokale Autorität besaßen. Wenn man die
Konföderation, die vom König Jerusalems gebildet worden war, außer acht läßt,
machte das Fehlen einer zentralen Regierung in Kanaan den Israeliten ihre
Aufgabe leichter, als sie es gewesen wäre, wenn eine solche existiert hätte.
Über die Bedeutung der Siege Josuas meinte ein
Schriftsteller: "Nie hat es einen größeren Krieg für eine größere Sache gegeben.
Die Schlacht von Waterloo entschied das Los Europas, doch diese Serie von
Schlachten im weitentfernten Kanaan entschied das Los der ganzen Welt" (Henry T.
Sell, Bible Study by Periods Chicago: Fleming H. Revell Co., 1899, S. 83).
III. Die Verteilung Kanaans
( Jos 13-21 )
A. Die Anteile der zweieinhalb Stämme
( Jos 13 )
Nachdem er nun die größten militärischen Bedrohungen
für das Überleben Israels in Kanaan beseitigt hatte, wurde Josua, der alte
Soldat, nun zum Administrator. Das Land, das im blutigen Krieg errungen worden
war, sollte nun den verschiedenen Stämmen zugeteilt werden, und Josua sollte
diese wichtigen Verhandlungen überwachen. Es würde ein nicht so anstrengender
und seinem hohen Alter eher entsprechender Dienst werden.
Auf viele Leute wirkt dieser Teil des Buches Josua mit
seiner detaillierten Aufzählung der Besitztümer und Städte ermüdend. Jemand hat
einmal gesagt: "Der größte Teil dieses langen Abschnittes liest sich wie eine
Besitzurkunde." Genau das ist es auch, was in diesen langen Aufzählungen
vorzufinden ist: Eigentumsbeschreibungen (nach der damaligen Art und Weise) der
Gebiete, die den 12 Stämmen zugesprochen wurden. Besitzurkunden sind wichtige
Dokumente, deshalb sollten sie nicht als unbedeutend angesehen oder überflogen
werden.
Dies war ein höchst wichtiger Zeitpunkt im Leben dieser
jungen Nation. Nach Jahrhunderten in der ägyptischen Knechtschaft, Jahrzehnten
in der kahlen Wüste und Jahren schwersten Kampfes in Kanaan war nun die Stunde
gekommen, in der die Israeliten sich endlich niederlassen konnten, um sich ein
Zuhause zu schaffen, den Boden zu bearbeiten, Familien zu gründen und in Frieden
im eigenen Land wohnen zu dürfen. Die Tage der Landzusprechung waren eine frohe
Zeit für Israel.
1. Der göttliche Befehl, das Land aufzuteilen
( 13,1-7 )
Jos 13,1 a
Gott wies Josua an, jetzt das Land westlich des Jordans
aufzuteilen, denn er war schon sehr alt . Da Josua im Alter von 110 Jahren starb
( Jos 24,29 ), war er wahrscheinlich zu der Zeit mindestens 100 Jahre alt.
Gottes Aufgabe für Josua beinhaltete nicht nur die Eroberung des Landes, sondern
auch dessen Aufteilung unter den Stämmen (vgl. Jos 1,6 ). Deshalb mußte er sich
rasch an die Bewältigung dieser Aufgabe machen.
Jos 13,1-7 (Jos 13,1b-7)
Das Land, das noch in Besitz genommen werden mußte,
wird von Süden nach Norden beschrieben und beinhaltete das Land der Philister
(V. 2.3 ; vgl. den Kommentar zu den Philistern zu 1Mo 21,32 ), Phönizien ( Jos
13,4 ), das hier als das Land der Kanaaniter bezeichnet wird, wobei aber die
Einwohner des Syro-Palästinensischen Küstenlandes gemeint sind, und Libanon (V.
5-6 ). Dieses ganze Land sollte nun den neuneinhalb Stämmen zugeteilt werden, da
Gott ja versprochen hatte, den Feind hinauszujagen (V. 6 ).
2. Die besondere Zusage an die östlichen Stämme
( 13,8-33 )
Jos 13,8-13
Josua wurde zunächst aufgefordert, zu bezeugen und zu
bestätigen, was Mose bereits an der Ostseite des Jordans getan hatte. Die Stämme
Ruben, Gad und der halbe Stamm Manasse, die große Viehherden besaßen, waren
darauf bedacht, sich auf den reichen Weideländern des Transjordanlandes
niederzulassen. Doch erst nachdem ihre Männer damit einverstanden waren, mit
ihren Brüdern gemeinsam zu kämpfen, um Kanaan zu gewinnen, war Mose damit
einverstanden gewesen, ihnen ihr Land zu geben ( 4Mo 32 ). In diesen Versen wird
ein Überblick über das Gebiet des Transjordanlandes gegeben ( Jos 13,9-12; vgl.
Jos 12,1-5 ). Geschur und Maacha (bereits in Jos 12,5 erwähnt) waren von den
Israeliten nicht geschlagen worden, wofür kein Grund angegeben wird. Diese
Länder lagen östlich und nordöstlich des Sees Kinneret (See von Galiläa).
Jos 13,14
Der Stamm Levi erhielt kein eigenes Land, wie es die
anderen Stämme bekamen (vgl. V. 33 ; Jos 14,3-4; 18,7 ). Statt dessen bekamen
die Leviten 48 Städte mit Weideland für ihre Herden ( Jos 14,4; 21,41 ), wie
Mose es bestimmt hatte ( 4Mo 35,1-5 ).
Jos 13,15-32
Ruben (V. 15-23 ) erhielt das Gebiet östlich des Toten
Meeres, das früher von Moab bewohnt worden war. Der Stamm Gad erhielt seinen
Teil im Zentrum des Gebietes und das ehemalige Land Gilead (V. 24-28 ).
Der Anteil des halben Stammes Manasse (V. 29-31 ) war
das reiche Tafelland von Baschan östlich des Sees Kinneret.
Jahrhunderte bevor das Land aufgeteilt wurde, hatte
Jakob, als er im Sterben lag, Prophezeihungen ausgesprochen, die seine Söhne
betrafen. Seine Prophezeihung bezüglich Ruben war unheilvoll (vgl. 1Mo 49,3-4;
35,22 ). Obwohl Ruben der Erstgeborene war, und er deshalb ein Anrecht darauf
hatte ( 5Mo 21,17 ), erhielten weder er noch sein Stamm den doppelten Anteil.
Nach mehr als vier Jahrhunderten ging die Strafe für Rubens sündige Tat auf
seine Nachkommen über; das Erstgeburtsrecht wurde seinem Bruder Josef
übertragen, der zwei Anteile erhielt, einen für Ephraim, den anderen für Manasse
( 1Mo 48,12-20 ).
War der Wunsch der zweieinhalb Stämme, sich im
Transjordanland niederzulassen, ein weiser Entschluß? Die Geschichte scheint
dies zu verneinen. Ihre Länder hatten keine natürlichen Grenzen zum Osten und
waren deshalb ständig den Angriffen der Moabiter, Kanaaniter, Aramäer,
Midianiter, Amalekiter und anderer Stämme ausgesetzt. Als der König von Assyrien
voll Begehren auf Kanaan blickte, waren Ruben, Gad und der halbe Stamm Manasse
die ersten, die von den assyrischen Armeen in die Gefangenschaft verschleppt
wurden ( 1Chr 5,26 ).
Jos 13,33
Im Kontrast zum reichen, wenn auch gefährlichen Erbteil
dieser Stämme wird zweimal in diesem Kapitel (V. 14.33 ) und später zweimal (
Jos 14,3-4; 18,7 ) betont, daß der Stamm Levi kein Erbteil von Mose erhielt. Auf
den ersten Blick mag dies verwirrend klingen, doch wenn man bedenkt, daß der
Stamm Levi statt Landbesitz die Opfergaben ( Jos 13,14 ), die Priesterschaft (
Jos 18,7 ) und den Herrn selbst ( Jos 13,33 ) zugeteilt bekam, muß man fragen:
Wer hätte sich ein größeres Erbteil erträumen können?
Die zweieinhalb Stämme wählten nach dem Augenschein,
wie es Lot getan hatte (vgl. 1Mo 13,10-11 ), und ihr Erbteil ging für sie
letztendlich verloren. Demgegenüber bekamen die Leviten, denen kein Anteil
zustand, ein Erbe von bleibendem geistlichen Wert.
B. Der Anteil für Kaleb
( Jos 14 )
1. Einleitung
( 14,1-5 )
Jos 14,1-5
Nachdem die Auflistung der Zuteilungen durch Mose im
Transjordanland beendet ist, kehrt der Bericht zu der Verteilung des Landes in
Kanaan an die verbleibenden neuneinhalb Stämme zurück. Die Erklärungen
betreffend der Zuteilungen der Rubeniter, der Gaditer, des halben Stammes
Manasse und der Vorkehrungen für den Stamm Levi werden wiederholt (vgl. Jos
13,14.33; 18,7 ). Auch die Methode, mit der die Verteilung Kanaans stattfinden
sollte, war vorgeschrieben: Das Land sollte durch das Los zugeteilt werden ( Jos
14,2; 18,8; 19,51 ). Der Herr hatte Mose angewiesen, daß jeder Stamm einen
seiner Zahl entsprechenden Anteil erhalten, dessen Lage durch das Los
entschieden werden sollte ( 4Mo 26,54-56 ). Nach der jüdischen Tradition wurde
der Name eines Stammes aus einer Urne und gleichzeitig die Grenzlinien eines
Gebietes aus einer anderen gezogen. Mit dieser Methode wurden die Erbteile der
Stämme festgesetzt. Doch es war kein blinder Zufall, der die Lage des
Stammesgebietes festsetzte, denn Gott leitete die ganze Prozedur (vgl. Spr 16,33
). Die Ungleichheiten, die es bei der Zuteilung gab und die einige Spannungen
und Eifersüchteleien unter den Stämmen hervorriefen, hätten eigentlich als Teil
von Gottes Vorsehung angenommen werden sollen, und nicht als etwas Willkürliches
und Unfaires.
2. Kaleb in Kadesch-Barnea
( 14,6-9 )
Jos 14,6-9
Die Zeit, in der das Los gezogen werden sollte, war
gekommen, und der Stamm Juda, der den ersten Anteil erhielt, versammelte sich in
Gilgal. Bevor das Los gezogen wurde, schritt Kaleb , ein bedeutender alter Mann
in Israel, nach vorn, um Josua an ein Versprechen zu erinnern, das der Herr ihm
45 Jahre zuvor gegeben hatte: "Ihm und seinen Nachkommen will ich das Land
geben, das er betreten hat, weil er dem Herrn treu gefolgt ist" ( 5Mo 1,36 ).
Kalebs Leben ging seinem Ende zu, und er mußte sich entscheiden. Was wollte er
noch am liebsten? In einer bemerkenswerten Ansprache an Josua gab er noch einmal
einen Rückblick auf sein Leben und brachte seinen Wunsch vor. Seine kurze
Autobiographie beleuchtete noch einmal Geschehnisse bei Kadesch-Barnea während
der Wüstenwanderung und der Eroberung.
Kaleb wird in diesem Abschnitt als Sohn des Jefunnes,
der Kenasiter vorgestellt. Nach 1Mo 15,19 waren die Kenasiter ein Stamm Kanaans
zu Abrahams Zeiten. Kalebs Familie gehörte also eigentlich nicht zum Bund und
Gemeinwesen der Israeliten, genauso wie Heber, der Keniter ( Ri 4,17 ), Rut, die
Moabiterin ( Rt 1,1-5 ), Uria, der Hetiter ( 2Sam 11,3.6.24 ) und einige andere.
Wahrscheinlich schloß sich ein Teil der Kenasiter vor dem Auszug dem Stamm Juda
an. Also war ihr Glaube nicht traditionell vererbt, sondern die Frucht der
Überzeugung. Kaleb spiegelte diesen Glauben während seines ganzen, langen Lebens
wieder.
Als er vor General Josua, seinem alten Freund und
Späherkameraden ( 4Mo 14,6 ), stand, erzählte der 85 Jahre alte Kaleb ( Jos
14,10 ) die Geschichte jenes Tages vor 45 Jahren (V. 10 ), der niemals vergessen
werden sollte, als sie beide allein gegen die anderen 10 Späher und die feige
Masse standen. Mose hatte 12 Späher nach Kanaan ausgesandt ( 4Mo 13,2 ). Zwei
von ihnen waren Kaleb und Josua ( 4Mo 13,6.8 ). Als die Späher zurückkehrten,
priesen 10 von ihnen das Land selbst, behaupteten aber, daß Israel es nicht
erobern könnte ( 4Mo 13,27-29.31-33 ). Kaleb jedoch wagte es, anderer Meinung zu
sein ( 4Mo 13,30 ), und als die Angst des Volkes drohte, eine nationale
Rebellion anzuzetteln, stand Josua seinem Kameraden bei, das Volk dazu
aufzufordern, wegen des Sieges auf Gott zu vertrauen ( 4Mo 14,6-9 ). Weil Kaleb
sich gegen die ungläubigen Späher und Leute stellte, hob ihn Gott heraus, um ihn
zu segnen und versprach ihm eine besondere Belohnung ( 4Mo 14,24; 5Mo 1,36 ).
Kalebs Zeugnis ( Jos 14,6-12 ) war einfach. Er hatte an
diesem bemerkenswerten Tag gemäß seiner Überzeugung gesprochen. Er stellte die
Probleme nicht als geringfügig dar, doch er hob Gott hervor. Für ihn war Gott
größer als das größte Problem. Kaleb vertraute auf die Kraft Gottes . Nicht so
die Späher. Sie hoben die Probleme hervor und stellten dadurch Gott als gering
dar. Doch Kaleb wollte sich der Menge nicht anschließen. Er war niemals dazu
bereit, seine eigenen Überzeugungen aufzugeben, um dem Bericht der Mehrheit
Einstimmigkeit zu verleihen. Statt dessen folgte er dem HERRN, seinem Gott, von
ganzem Herzen (vgl. V. 14 ).
3. Kaleb während der Wüstenwanderung und der Eroberung
( 14,10-11 )
Jos 14,10
Kaleb führte die autobiographische Geschichte weiter
fort, indem er über Gottes Treue ihm gegenüber über viele Jahre hinweg sprach.
Zuerst bezeugte er, daß Gott ihn in den vergangenen 45 Jahren am Leben erhalten
habe , wie er es versprochen hatte. Also war Kaleb der Empfänger zweier
göttlicher Versprechen: erstens, daß sein Leben verlängert werden würde, und
zweitens, daß er eines Tages das Gebiet nahe bei Hebron erhalten würde, das er
so tapfer erkundschaftet hatte. Doch 45 Jahre sind eine lange Zeit, um auf die
Einhaltung eines Versprechens zu warten, eine lange Zeit, um das Vertrauen auf
ein Versprechen wachzuhalten. Trotzdem wartete Kaleb während der harten Jahre
der Wüstenwanderung und der Jahre des Gehorsams während der Eroberung. Kaleb
hatte großes Vertrauen auf die Versprechen Gottes . Sie hielten ihn während
seiner schweren Zeiten aufrecht.
Kalebs Angaben geben Auskunft über die Dauer der
Eroberung Kanaans durch die Israeliten. Kaleb sagte (V. 7 ), daß er 40 Jahre alt
gewesen sei, als er als Späher in das Land kam. Die Wüstenwanderung dauerte 38
Jahre, was sein Alter am Anfang der Eroberung auf 78 Jahre bringt. Kaleb sagte
dann, daß er am Ende der Eroberung 85 Jahre alt gewesen sei. Also dauerte die
Eroberung 7 Jahre. Dies wird durch Kalebs Angabe bestätigt (V. 10 ), daß Gottes
Gnade seit Kadesch-Barnea 45 Jahre lang angehalten habe (38 Jahre
Wüstenwanderung plus 7 Jahre der Eroberung).
Jos 14,11
Interessanterweise sagte Kaleb in seinen Achtzigern,
daß er sich mit 85 Jahren genauso stark und lebhaft fühle wie mit 40!
4. Kaleb bei Hebron
( 14,12-15 )
Jos 14,12-14
Kaleb beendete seine Ansprache an Josua mit einem
höchst erstaunlichen Wunsch. Im Alter von 85 Jahren, in dem er sich eigentlich
ein ruhiges Plätzchen hätte wünschen sollen, wo er seine letzten Tage verbringen
und Blumen und Gemüse ziehen könnte, wollte er statt dessen dasselbe Gebiet
haben, das die Herzen der 10 Späher mit Angst erfüllt hatte. Dies war das
Erbteil, das er sich als Erfüllung von Gottes früherem Versprechen wünschte.
Obwohl die meisten älteren Leute eher dazu neigen, über alte Kämpfe zu reden,
als neue zu kämpfen, war Kaleb zu einem weiteren guten Kampf bereit. Er war
darauf bedacht, die Anakiter bei Hebron zu bekämpfen und die Stadt einzunehmen.
Kaleb wählte eine große und schwere Aufgabe. Nicht, daß er mit Stolz über sein
eigenes Können erfüllt war. Sondern er glaubte, daß Gott mit ihm sein würde.
Kaleb hatte Vertrauen in die Gegenwart Gottes .
Mit funkelnden Augen und lauter Stimme sagte er
endlich: Vielleicht ist der HERR mit mir , so daß ich sie nach der Verheißung
des Herrn aus ihrem Lande vertreiben kann. Und er vertrieb sie, wie Josua später
berichtet ( Jos 15,13-19 ). Josua gab eine zweifache Antwort auf Kalebs Wunsch:
(a) Er segnete Kaleb, das heißt, er sonderte ihn ab, damit Gott ihn ermächtige,
seine Aufgabe erfolgreich zu vollenden, und (b) er gab ihm Hebron, eine Aussage,
die bestätigt, daß diese Landzusprechung eine gültige Abmachung war.
Jos 14,15
Ein geschichtlicher Zusatz, der Kirjat-Arba , den
früheren Namen Hebrons, erläutert, beendet diese Geschichte. Arba war ein Riese
unter den Anakitern, einem Volk von Riesen, eine Tatsache, die den heldenhaften
Glauben Kalebs noch mehr zum Ausdruck bringt. Das abschließende Wort und das
Land kam zur Ruhe vom Kampf (vgl. Jos 11,23 für denselben Ausdruck am Ende der
Eroberung selbst), zeigt auf, was der Glaube in den Herrn in bezug auf das Land,
das noch eingenommen werden mußte, erreichen kann.
C. Die Anteile der neuneinhalb Stämme
( 15,1-19,48 )
1. Der Anteil für den Stamm Juda
( Jos 15 )
Jos 15,1-12
Nachdem er Kaleb seinen Wunsch erfüllt hatte, kehrte
Josua zum Werk der Aufteilung des Landes westlich des Jordans unter die
neuneinhalb Stämme (vgl. die Karte) zurück. Juda war der erste, der ein Erbteil
erhalten sollte, und als größter Stamm stand ihm auch ein Anteil zu, der größer
war als der Anteil der anderen Stämme. Jakobs Prophezeiung bezüglich Juda und
dessen Samen erfüllte sich auf bemerkenswerte Art und Weise bei der
Landzuteilung nach der Eroberung. Erstens war Juda von Feinden umgeben ( 1Mo
49,8-9 ). Die Moabiter lagen östlich, die Edomiter im Süden, die Amalekiter im
Südwesten und die Philister im Westen. So von gefährlichen Feinden umgeben,
würde Juda starke Führer wie David brauchen, um zu überleben. Zweitens hatte der
Landanteil, den Juda zugesprochen bekam, eine ideale Lage für den Weinanbau (
1Mo 49,11-12 ). Es war in einem Tal Judas (dem Tal Eschkol) gewesen, wo die
Kundschafter die riesige Weinrebe abgeschnitten hatten ( 4Mo 13,24 ). Drittens
war Juda der Stamm, aus dem der Messias kommen sollte ( 1Mo 49,10; Mt 1,1-3; Lk
3,23.33 ).
Judas südliche Grenze ( Jos 15,2-4 ) reichte von der
südlichen Spitze des Toten Meeres nach Westen bis zum Bach Ägyptens (Wadi
el-Arish). Die nördliche Grenze erstreckte sich von der Nordspitze des Toten
Meeres westlich zum Großen Meer, dem Mittelmeer (V. 5-12 ). Diese beiden
Gewässer waren die Ost- und Westgrenze. Die Gegend, die hauptsächlich aus dem
Gebiet bestand, das von Josua bei seinem südlichen Feldzug erobert worden war,
bestand aus einigen fruchtbaren Landflächen, doch große Teile waren felsig und
trocken.
Jos 15,13-19
In Judas Landbesitz lag auch Hebron (Kirjat-Arba; vgl.
Jos 14,15 ), das Kaleb zugesprochen worden war. Der Bericht beschreibt, wie
dieser tapfere Kämpfer seinen Besitz errang und (nach Josuas Tod) mit Hilfe
seines tapferen Neffen OtniÙl , der sein Schwiegersohn (vgl. Ri 1,10-15.20 ) war
und später Richter wurde ( Ri 3,9-11 ), ausdehnte.
Jos 15,20-63
Als nächstes werden die Städte Judas nach ihrer Lage in
den vier geographischen Hauptgebieten des Stammes aufgezählt: 29 Städte mit
ihren Dörfern im Südland oder Negev (V. 21-32 ); 42 Städte mit Dörfern im
westlichen Vorgebirge oder Schefela (V. 33-47 ); 38 Städte mit Dörfern im
zentralen Hügelland (V. 48-60 ); 6 Städte mit Dörfern in der spärlich
bevölkerten Wüste Judas, die sich zum Toten Meer hinunter erstreckt (V. 61-62 ).
Die Anzahl der Städte wird mit 29 angegeben (V. 32 ),
doch 36 werden aufgezählt (V. 21-32 ). Dies ist dadurch zu erklären, daß sieben
davon später dem Stamm Simeon übergeben wurden: Molada, Hazar-Schual,
Beerscheba, Ezem, Eltolad, Horma und Ziklag ( Jos 19,1-7 ). Juda besaß gut 100
Städte und scheint sie, mit der bedeutenden Ausnahme von Jerusalem, mit wenig
oder überhaupt keinen Schwierigkeiten besetzt zu haben. Juda konnte die
Jebusiter, die Jerusalem bewohnten, nicht vertreiben ( Jos 15,63 ). Lag es
daran, daß die Männer Judas "nicht konnten", oder daran, daß sie "nicht
sollten"? Lag der Fehler an einem Mangel an Stärke oder an einem Mangel an
Glauben? Das Verzeichnis von Judas Besitztum endet mit einer verhängnisvollen
Aussage.
2. Die Anteile für die Stämme Josefs
( Jos 16-17 )
a. Das Gebiet Ephraims
( Jos 16 )
Jos 16,1-3
Das starke Haus Josefs, das aus den Stämmen Ephraim und
Manasse bestand, besetzte das reiche Gebiet Zentralkanaans. Weil Josef während
der Hungersnot die ganze Familie in Ägypten am Leben erhielt, bestimmte der
Patriarch Jakob, daß Josefs beide Söhne Ephraim und Manasse, zusammen mit ihren
Onkeln, zu Stammesgründern werden sollten (vgl. 1Mo 48,5 ). Ihr Gebiet in Kanaan
war in vielerlei Hinsicht das schönste und fruchtbarste.
Jos 16,4-10
Das Erbteil Ephraims lag an der Nordgrenze des
Gebietes, das Dan und Benjamin zugesprochen bekommen sollten, und erstreckte
sich vom Jordan bis zum Mittelmeer und beinhaltete einige von Josuas
Schlachtfeldern sowie Silo, wo die Stiftshütte für ungefähr 300 Jahre verbleiben
sollte. Um die Einheit zu festigen, lagen einige der Städte Ephraims im Gebiet
Manasses (V. 9 ).
Doch die Männer Ephraims, wie auch die von Juda, jagten
die Kanaaniter nicht vollständig aus ihrem Gebiet hinaus. Vom materialistischen
Sinn getrieben, entschlossen sie sich, die Kanaaniter in Geser unter
Tributpflicht zu stellen und dadurch zusätzlichen Reichtum zu erlangen. Dies
erwies sich als fataler Fehler, als nämlich in späteren Jahrhunderten, zur Zeit
der Richter, dieses Arrangement umgekehrt wurde, nachdem die Kanaaniter sich
aufgebäumt und die Israeliten versklavt hatten. Zusätzlich zur historischen
Erfahrung liegt hier ein geistliches Prinzip vor. Es ist für einen Gläubigen
allzu einfach, eine Lieblingssünde zu entschuldigen, um eines Tages aufzuwachen
und zu bemerken, daß sie so gewachsen ist, daß sie ihn beherrscht und zur
geistlichen Niederlage führt. Das Spielen mit der Sünde führt zu schweren
Konsequenzen.
b. Das Gebiet Manasses
( 17,1-13 )
Jos 17,1-2.7-10
Die Nachkommen Machirs, dem Erstgeborenen Manasses,
siedelten sich in Transjordanien an (V. 1-2 ). Die übrigen Nachkommen siedelten
in Kanaan selbst und erhielten das Gebiet nördlich von Ephraim, das sich auch
vom Jordan bis zum Mittelmeer ausdehnte (V. 7-10 ).
Jos 17,3-6
Spezielle Erwähnung finden die fünf Töchter Zelofhads ,
eines Ururenkels von Manasse. Weil ihr Vater ohne Söhne gestorben war, sollten
sie das Erbteil erhalten (vgl. 4Mo 27,1-11 ), wie der HERR es in diesem und in
anderen solchen Fällen bestimmt hatte. Sie gingen jetzt zum Priester Eleasar
(Aarons Sohn, Jos 24,33 ), der mit Josua und den Stammesfürsten zusammen die
Stammeszuteilungen beaufsichtigte (vgl. 19, 51). Diese fünf Frauen begehrten und
erhielten ihren Anteil im Gebiet Manasses. Dieser Vorfall ist sehr bedeutend,
denn er zeigt die Sorge um das Recht der Frauen in einer Zeit auf, in der die
meisten Gesellschaften sie nur als bewegliches Eigentum ansahen.
Jos 17,11-13
Mehrere Städte, die in den Stammesgebieten Issachars
und Assers lagen, wurden Manasse gegeben. Dies waren die Kanaaniterfestungen
Bet-Schean, Jibleam Dor, En-Dor, Taanach und Megiddo. (Dor, die dritte in der
Liste, war auch als Nafot bekannt.) Wahrscheinlich wurde es aus militärischen
Gründen als notwendig angesehen, daß diese Städte von einem starken Stamm
besetzt würden. Die Entscheidung wirkte sich jedenfalls für die Söhne Manasses
nachteilig aus, weil sie wie auch die Ephraimiter Tribut statt den Sieg wählten.
c. Die Beschwerde Ephraims und Manasses
( 17,14-18 )
Jos 17,14-15
Die Nachkommen Josefs drückten eine freche Beschwerde
vor Josua aus, nämlich, daß ihr Erbteil hinsichtlich ihrer großen Bevölkerung zu
klein sei. Josua bedeutete ihnen mit Taktgefühl und Entschlossenheit, die Bäume
zu roden und in das bewaldete Bergland zu ziehen (V. 15 ). Er nahm an, daß sie
ihre Kräfte vereinen würden, um die Kanaaniter hinauszutreiben (V. 18 ).
Jos 17,16-18
Doch dies war nicht das, was sie hören wollten. Sie
bestanden darauf, daß das Bergland nicht für sie ausreichte, und daß die
Kanaaniter in ihrer Region eiserne Wagen, wahrscheinlich hölzerne Kampfwagen,
die mit Eisen überzogen waren, besaßen. Wieder erinnerte Josua seine eigenen
Stammesleute daran, daß sie sehr zahlreich und stark und sicherlich in der Lage
waren, die feindlichen Kanaaniter hinauszujagen. Während eine gewisse
Ähnlichkeit zwischen diesem Abschnitt und dem, der Kalebs Wunsch beschreibt (
Jos 14,6-15 ), besteht, waren ihre Auffassungen völlig verschieden. Kalebs
Begehren war vom Glauben gelenkt, während das der Josefiter der Angst
entstammte. Der Sinn dieser Episode mag sicherlich darin liegen, die Israeliten
darauf hinzuweisen, daß die Stämme im mutigen Glauben wandeln mußten, wenn sie
das verheißene Land ganz besitzen wollten.
3. Die Anteile für die übrigen Stämme
( 18,1-19,48 )
a. Einleitung
( 18,1-10 )
Jos 18,1-3
Bevor die letzten Zuteilungen des Landes gemacht
wurden, zogen die Israeliten zusammen von Gilgal nach Silo, das ungefähr 32 km
nordwestlich vom Jordantal zum Hügelland hin lag. Warum? Wahrscheinlich weil
Silo, das in der Mitte des Landes lag, ein günstiger Ort war, an dem die
Stiftshütte ( das Zelt der Zusammenkunft ) das Volk daran erinnern konnte, daß
der Schlüssel zum Wohlstand und Segen des Landes in der Verehrung und im Dienst
Jahwes lag. Die Unzufriedenheit der Söhne Josefs mit ihrem Erbteil ( Jos
17,14-18 ) war ein verhängnisvoller Schatten der zukünftigen Zersplitterung des
Volkes wegen seiner Selbstsucht. Um dieser Neigung entgegenzuwirken wurde die
Stiftshütte in Silo aufgerichtet, im Sinn der Herstellung der nationalen
Einheit.
Später, als die Israeliten damit beschäftigt waren, die
Stiftshütte aufzurichten und die neue Anbetungsstätte einzuweihen, bemerkte
Josua, daß sie von einer gewissen Kriegsangst befallen waren. Sie waren vom
Kampf um die Eroberung Kanaans erschöpft. Deshalb hielt er mitten in der
Austeilung der Stammeserbteile inne. Sieben hatten immer noch kein Zuhause und
begnügten sich anscheinend damit, eine nomadenhafte und sinnlose Existenz
weiterzuführen, wie sie sie bereits in der Wüste erfahren hatten. Ihre
Teilnahmslosigkeit berührte Josua, der Schritte unternahm, um sie in Aktion zu
bringen. Er wies sie scharf zurecht: Wie lange seid ihr noch zu nachlässig, um
hinzugehen und das Land, das euch der HERR, der Gott eurer Väter, gegeben hat,
einzunehmen? Wahrscheinlich sollten die Stämme Dinge unternehmen, die die
Gebietszuweisungen betrafen. Josua sah wahrscheinlich jeden vergehenden Tag als
einen Tag an, der für die Durchführung der völligen Besetzung des Landes
verloren war, einen Tag, an dem der Feind wiederkehren oder sich stark
verschanzen könnte.
Jos 18,4-7
Josua war für das Handeln, doch nicht bevor behutsam
Vorkehrungsmaßnahmen getroffen worden waren. Nachdem er die Einsetzung einer
Kommission von 21 Männern, 3 aus jedem der sieben noch unbestimmten Stämme,
geleitet hatte, sandte er diese aus, damit sie eine topografische Erforschung
des verbleibenden Landes durchführten. Wie lange diese komplexe Aufgabe dauerte,
wird nicht vermerkt, doch es war offensichtlich eine Arbeit, die Zeit und
Geschicklichkeit verlangte. Josephus schreibt, daß diese Männer Experten in
Geometrie waren. Möglicherweise hatten ihre Eltern in Ägypten die Wissenschaft
der Länderforschung ausgeübt. Wer von ihnen hätte es gewagt, davon zu träumen,
daß ihre Kinder einmal dieses Wissen im verheißenen Land so strategisch anwenden
würden?
Jos 18,8-10
Nachdem sie ihre Gutachten auf eine Schriftrolle
geschrieben hatten, kehrten die Forscher nach Silo zurück, wo Josua
zurückgeblieben war, um Lose zu ziehen (vgl. den Kommentar zu Jos 14,1-5; vgl.
Jos 19,51 ), um die Anteile festzulegen, die den verbleibenden sieben Stämmen
zugeteilt werden sollten.
b. Das Gebiet Benjamins
( 18,11-28 )
Jos 18,11-28
Benjamin wurde das Land zwischen Juda und Josef, ein
Hinweis auf Ephraim, zugeteilt, wodurch die anfängliche Rivalität zwischen
diesen führenden Stämmen verringert wurde. Obgleich ihr Gebiet von Bergen und
Schluchten bedeckt war und sich von Osten nach Westen nur 40 km und von Norden
nach Süden an der breitesten Linie nur 24 km ausdehnte, beinhaltete es viele
Städte, die in der biblischen Geschichte wichtig wurden - Jericho ... Bethel ...
Gibeon, Rama ... Mizpe und die Jebusiterstadt ... Jerusalem (V. 21-28 ). Also
lag der Platz des zukünftigen Tempels in Jerusalem im Stamm Benjamin, eine
Erfüllung von Moses Prophezeiung ( 5Mo 33,12 ).
c. Das Gebiet Simeons
( 19,1-9 )
Jos 19,1-9
Weil Juda mehr Land bekam, als es brauchte (V. 9 ) und
als Erfüllung von Jakobs Prophezeiung (vgl. 1Mo 49,5-7 ), bekam Simeon ein
Gebiet im südlichen Teil des Stammesgebietes Judas mit 17 Städten und ihren
Orten. Doch es dauerte nicht lange, bis Simeon seine Individualität als Stamm
verlor. Sein Gebiet wurde nach und nach in das Gebiet von Juda einbezogen, und
viele Bewohner zogen nach Norden zu Ephraim und Manasse (vgl. 2Chr 15,9; 34,6 ).
Dies ist auch die Erklärung dafür, daß, als das Königreich nach Salomo geteilt
wurde, im Norden 10 und im Süden nur zwei Stämme waren (Juda und Benjamin).
d. Das Gebiet Sebulons
( 19,10-16 )
Jos 19,10-16
Nach Jakobs Prophezeiung sollte Sebulon "am Gestade des
Meeres und am Gestade der Schiffe" wohnen ( 1Mo 49,13 ). Er bekam ein Gebiet im
unteren Galiläa, das viele als ein vom Land eingeschlossenes Gebiet ansehen. Es
wäre aber denkbar, daß ein schmaler Landstrich zum Mittelmeer reichte und eine
Enklave im Gebiet Issachars bildete. Seltsamerweise wird die Stadt Nazareth, die
sich im Stammesgebiet Sebulons befand, nicht erwähnt. (Das Bethlehem , das in
Jos 19,15 erwähnt wird, ist nicht das Dorf Bethlehem in Juda [ Mi 5,1 ], in dem
Jesus geboren wurde.)
e. Das Gebiet Issachars
( 19,17-23 )
Jos 19,17-23
Issachar, dem das Gebiet östlich von Sebulon und
südlich des Sees von Galiläa zugeteilt wurde, besaß das fruchtbare und schöne
Tal Jesreel, das auch als Schlachtfeld bekannt ist. Bis zur Zeit Davids
verblieben seine Bewohner jedoch im Gebirge, am Ostende des Tals.
f. Das Gebiet Assers
( 19,24-31 )
Jos 19,24-31
Asser erhielt die Ländereien an der Mittelmeerküste,
vom Berg Karmel nördlich bis Sidon und Tyrus. Durch seine gefährliche Lage
sollte es Israel vor Feinden an der Nordküste schützen, z. B. vor den
Phöniziern. Zu Davids Zeit war Asser in Unbedeutsamkeit verfallen, obwohl seine
Stammesidentität nicht verlorengegangen war. Hanna, die Prophetin, die zusammen
mit Simeon ihren Dank für die Geburt Jesu darbrachte, war vom Stamme Asser (vgl.
Lk 2,36-38 ).
g. Das Gebiet Naftalis
( 19,32-39 )
Jos 19,32-39
Naftali, das im Osten an Assers Gebiet angrenzte, hatte
den Jordan und den See von Galiläa als Ostgrenze. Während es zur Zeit des AT als
Gebiet nicht so bedeutend war, besaß Naftali zur Zeit des Neuen Testaments sehr
wichtige Schauplätze, weil der Dienst Jesu Christi sich dort konzentrierte. Der
Prophet Jesaja vergleicht Naftalis frühe Schwermut (wegen des assyrischen
Einfalls) mit dem Ruhm, der dort stattfand, als Christus kam (vgl. Jes 8,23-9,1;
Mt 4,13-17 ).
h. Das Gebiet Dans
( 19,40-48 )
Jos 19,40-48
Der am wenigsten attraktive Anteil fiel an Dan. Weil er
im Norden und Osten von Ephraim und Benjamin und im Süden von Juda umgeben war,
werden seine Grenzen nicht beschrieben, da sie ja mit denen der anderen Stämme
zusammenfielen. Nur Städte werden genannt, deren Anzahl 17 betrug. Nicht nur,
weil das eigentliche Gebiet zu klein war, sondern auch nachdem ein Teil des
Gebietes Dan an die Amoriter verloren ging ( Ri 1,34 ), zog der größte Teil des
Stammes weit nach Norden und eroberte und bewohnte die Stadt Leschem (Laisch),
gegenüber des nördlichen Teils von Naftali, und nannte es Dan (vgl. Ri 18; 1Mo
49,17 ).
So sorgte Gott für den Bedarf eines jeden Stammes,
obgleich in manchen Fällen Teile ihres Gebietes noch in den Händen der Feinde
waren. Die Israeliten sollten das Land durch Glauben erringen und darauf
vertrauen, daß Gott sie dazu befähigen würde, ihre Feinde zu schlagen.
Jahrhunderte später erstand Jeremia ein Feld, das von der eingefallenen
babylonischen Armee besetzt war ( Jer 32 ). Und wiederum Jahrhunderte danach
schaffte es ein römischer Bürger, einen Platz zu kaufen, auf dem die Gegner Roms
lagerten. Israel sollte seinen Stammesbesitz ähnlich durch Glauben erlangen.
Dies zu unterlassen würde bedeuten, in Armut und Schwachheit zu leben, Umstände,
die Gott seinem Volk nicht wünschte.
D. Die Städte für Josua, die Freistädte und die Städte
der Leviten
( 19,49-21,45 )
1. Die besondere Zuteilung für Josua
( 19,49-51 )
Jos 19,49
Während Kalebs Erbteil zuerst festgelegt worden war (
Jos 14,6-15 ), wurde Josuas Erbteil als letztes festgelegt. Erst als alle Stämme
ihren Anteil erhalten hatten, fragte Josua nach seinem eigenen. Was für ein
selbstloses Wesen besaß er, und wie sehr unterscheidet sich sein Verhalten von
dem vieler politischer Führer, die ihre Positionen und ihren Einfluß dazu
benutzen, um sich und ihre Familie zu bereichern.
Jos 19,50-51
Josuas Landwahl zeigt weiterhin seine Demut. Er
wünschte sich Timnat-Serach , eine Stadt im wilden, unfruchtbaren und felsigen
Gebiet seines eigenen Stammes ( Ephraim ), obwohl er ein Landstück im edelsten
und ergiebigsten Gebiet Kanaans hätte haben können. Unter der größten
Hochachtung gegenüber seiner göttlichen Führerschaft gewährten die Söhne Israels
Josua seinen bescheidenen Wunsch, und er baute die Stadt auf und ließ sich dort
nieder . Als eine der letzten Erscheinungen dieses treuen Führers sieht man
Josua als Erbauer (zusätzlich zu seinem Dienst als General und Administrator).
Diese Kombination ist unter Gottes Dienern selten.
Alle Stämme erhielten ihr Gebiet ... durch das Los
(vgl. den Kommentar zu Jos 14,1-5 ).
2. Die Bestimmung von Freistädten
( Jos 20 )
Eine der ersten Anordnungen nach der Erklärung der Zehn
Gebote beinhaltete die zukünftige Festsetzung von Freistädten ( 2Mo 21,12-13 ).
Diese Städte, die als Unterschlupf für unabsichtliche Totschläger dienen
sollten, werden in 4Mo 35,6-34 und 5Mo 19,1-13 genauer behandelt. Jos 20
behandelt ihre Festsetzung nach der Eroberung (vgl. ihre Lage auf der Karte
"Kanaan zur Zeit der Eroberung" zu Jos 3 ).
Die Tatsache, daß diese Städte in vier Büchern des AT
behandelt werden, kennzeichnet ihre Bedeutung. Es liegt nahe, daß Gott Israel
damit die Heiligkeit des menschlichen Lebens einprägen wollte. Dem Leben einer
Person ein Ende zu setzen, selbst wenn es ungewollt geschieht, ist eine ernste
Sache, und die Freistädte betonten dies auf deutliche Art und Weise.
In der alten Welt wurde die Blutrache allgemein
praktiziert. Im selben Augenblick, in dem eine Person getötet wurde, nahm ihr
nächster Verwandter die Pflicht der Rache auf. Dieser alte Brauch der Blutrache
wurde von einer Generation zur nächsten weitergereicht, so daß immer mehr
unschuldige Menschen eines gewaltsamen Todes starben. Der Bedarf an
Unterschlupf, den diese speziellen Orte in Israel gewähren sollten, liegt auf
der Hand.
Jos 20,1-3
Im AT wird klar zwischen vorsätzlichem Mord und
unbeabsichtigtem Totschlag unterschieden (vgl. 4Mo 35,9-15 mit 4Mo 35,16-21 ).
Im Falle von Mord wurde der nächste Angehörige zum Bluträcher , der den
Schuldigen tötete. Doch wenn jemand einen anderen unabsichtlich tötete, stand
ihm Asyl in einer von sechs Freistädten zur Verfügung. In solch einem Fall mußte
die betreffende Person ohne Zögern zum nächsten Zufluchtsort eilen. Nach
jüdischer Überlieferung wurden die Straßen, die zu diesen Städten führten, stets
sorgfältig gepflegt, und die Kreuzungen waren bestens mit Schildern markiert,
auf denen "Zuflucht! Zuflucht!" stand. Entlang der Straße waren auch Läufer
stationiert, die die Schutzsuchenden führen sollten.
Jos 20,4-6
Wenn er das Tor einer Freistadt erreicht hatte, mußte
der Totschläger (atemlos!) seinen Fall den Ältesten der Stadt vortragen , die
das damalige Gericht bildeten (vgl. Hi 29,7; 5Mo 21,19;22,15 ). Darauf wurde ein
vorläufiges Urteil gesprochen, um ihm Asyl zu gewähren, bis eine
Hauptverhandlung vor der Gemeinde vorgenommen werden konnte. Wenn er vom
vorsätzlichen Mord freigesprochen wurde, wurde er zur Freistadt zurückgeleitet,
wo er dann wohnte, bis der Hohepriester starb, wonach der Totschläger die
Freiheit hatte, in seine Heimat zurückzuziehen. Dies konnte viele Jahre später
sein. Ungewollter Totschlag war deshalb eine Sache, die ernsthaft vermieden
werden sollte. Viele haben sich darüber Gedanken gemacht, was der Tod des
Hohepriesters in Beziehung mit dem Wechsel der Situation für den Totschläger zu
bedeuten habe. Die beste Erklärung mag sein, daß der Wechsel der priesterlichen
Administration als Verjährungsfrist zur Begrenzung galt und dadurch das Exil des
Zufluchtssuchenden in der Freistadt beendete.
Jos 20,7-9
Die sechs festgesetzten Städte lagen zu beiden Seiten
des Jordans. Auf der Westseite lagen Kedesch in Galiläa ... in Naftali, Sichem
in ... Ephraim und Hebron in ... Juda . Die Städte auf der Ostseite waren Bezer
im Süden in Ruben, Ramot in der Gegendvon Gilead im Stamm Gad und Golan in der
nördlichen Gegend von Baschan im Stamm Manasse.
Doch warum gibt es im AT keinen einzigen Bericht über
einen Fall, in dem diese gnadenvolle Vorkehrung gebraucht wurde? Einige Kritiker
behaupten, daß diese Städte nicht Teil des mosaischen Gesetzes waren, sondern
daß diese Vorkehrung nach dem Exil getroffen wurde. Doch die nachexilischen
Bücher gehen genausowenig auf ihre Benutzung ein, so daß andere Kritiker
annahmen, daß sie bis zur Zeit Christi unbenutzt blieben. Angesichts solcher
Argumente ist es angebrachter, die Historizität dieser Angaben anzuerkennen und
das Schweigen in der Schrift als Hinweis dafür anzusehen, daß die Autoren der
Schrift sorgfältig auswählten, was sie niederschrieben. Nachdem die Vorkehrung
einmal getroffen war, war es scheinbar nicht notwendig, spezielle Beispiele für
ihren Gebrauch aufzuschreiben.
Israels Nutzen von den Zufluchtsstädten erinnert
Gläubige an Ps 46,2 : "Gott ist unsere Zuversicht und Stärke, eine Hilfe in den
großen Nöten, die uns getroffen haben." Und an Röm 8,1 : "So gibt es nun keine
Verdammnis für die, welche in Christus Jesus sind." Der Schreiber des
Hebräerbriefes muß wohl an die alttestamentlichen Freistädte gedacht haben, als
er schrieb, daß Gläubige einen starken Trost haben, weil sie ihre "Zuflucht dazu
genommen haben, festzuhalten an der angebotenen Hoffnung." ( Hebr 6,18 ). Aus
dieser Sicht scheinen die Freistädte Christus zu versinnbildlichen, zu dem
Sünder, die vom rächenden Gesetz verfolgt werden, welches Gericht und Tod
fordert, fliehen und Zuflucht suchen können. Paulus' ständiger Ausdruck "in
Christus" spricht von der Sicherheit, die jeder Gläubige hat.
3. Die Festsetzung von Levitenstädten
( 21,1-42 )
Jos 21,1-3
Der letzte und krönende Akt der Verteilung wird nun
beschrieben. Die Fürsten des Stammes Levi schritten nach vorn und erhoben
Anspruch auf die Städte, die ihnen von Mose versprochen worden waren (vgl. 4Mo
35,1-8 ). Diese 48 Städte mit Weideland, einschließlich der 6 Freistädte, wurden
nun den Leviten zugesprochen.
Jos 21,4-7
Es wird beschrieben, wie die Zuteilung nach drei
Hauptfamilienlinien im Stamme Levi vorgenommen wurde, entsprechend den drei
Söhnen Levis, Kehat ... Gerschon und Merari (vgl. die Übersicht "Moses Vorfahren
seit Abraham" zu 2Mo 6,18 ).
Jos 21,8-19
Zuerst werden 13 Städte für die Kehatiter aufgezählt.
Neun lagen in den Stammesgebieten von Juda und Simeon einschließlich von Hebron
(eine Freistadt), vier lagen im Stammesgebiet von Benjamin. Diese 13 waren für
die Priester, die Nachkommen Aarons.
Jos 21,20-26
Zehn weitere Städte, einschließlich Sichem (einer
Freistadt), wurden den anderen Abzweigungen der Kehatiter in Ephraim, Dan und im
westlichen Manasse zugeteilt. So lagen also die Priesterstädte letztendlich im
Südreich Juda, wo der Tempel in dessen Hauptstadt Jerusalem erbaut werden
sollte.
Jos 21,27-33
Die 13 Levitenstädte der Gerschoniter lagen im
östlichen Manasse, in Issachar, Asser und Naftali. Zwei Freistädte wurden
hierbei einbezogen: Golan in Baschan und Kedesch in Galiläa.
Jos 21,34-40
Die meraritischen Nachkommen Levis erhielten 12 Städte
in Sebulon und in den transjordanischen Stämmen Ruben und Gad einschließlich
Ramot, einer Freistadt in Gilead. So lagen also 10 der 48 Levitenstädte östlich
des Jordans, zwei im halben Stamm Manasse (V. 27 ) und vier jeweils in Ruben (V.
36-37 ) und Gad (V. 38-39 ).
Diese Verstreuung des Stammes Levi unter die anderen
Stämme erfüllte Jakobs Fluch über Levi und auch über Simeon ( 1Mo 49,5.7 ) für
ihren sinnlosen Mord an den Sichemitern ( 1Mo 34 ). Im Falle der Nachkommen
Levis wandelte Gott dies dazu um, ihre Stammesidentität zu bewahren und sie zum
Segen für ganz Israel zu machen. Er tat dies, weil die Leviten in einer großen
Krise zu Mose standen ( 2Mo 32,26 ) und weil Pinhas (ein Levit und Sohn
Eleasars) Gottes gerechten Namen in der Ebene Moab verteidigte ( 4Mo 25 ).
Jos 21,41-42
Doch zum Zeitpunkt der Zuteilung waren viele der
levitischen Städte unter kanaanitischer Herrschaft und mußten noch erobert
werden. Offenbar waren die Leviten nicht immer erfolgreich, und die anderen
Stämme boten ihnen keine Hilfe an. Dies scheint auch die einfachste Erklärung
für den Mangel an Übereinstimmung zwischen dieser Aufzählung der Levitenstädte
und derjenigen in 1Chr 6,39-66 zu sein.
Die Möglichkeit des Guten in der Zerstreuung der
Leviten unter den anderen Stämmen war fast unbegrenzt. Mose sagte bei seiner
letzten Segnung der Stämme von Levi: "Sie lehren Jakob deine Rechte und Israel
dein Gesetz" ( 5Mo 33,10 ). Die würdevolle Verantwortung und das hohe Privileg
der Leviten war es, Israel im Gesetz des Herrn zu unterweisen und die Kenntnis
seines Wortes unter dem Volk zu bewahren. Speziell im Norden und Osten hätten
die Leviten Barrieren gegen den Götzendienst von Tyrus und Sidon sowie gegen die
heidnischen Praktiken der Wüstenstämme bilden sollen.
Jemand hat einmal geschätzt, daß niemand in Israel mehr
als 17 km von einer der 48 Levitenstädte entfernt lebte. Das bedeutet, daß jeder
Israelit jemanden in der Nähe hatte, der im Gesetz Moses wohlunterrichtet war
und der Rat in vielen Problemen im religiösen, familiären und politischen Leben
geben konnte. Es war sehr wichtig, daß Israel dem Wort Gottes in allen
Lebensbereichen gehorchte, weil sonst ihr Reichtum vergehen und ihre Privilegien
verwirkt würden. Die Leviten benutzten ihre Möglichkeiten nicht und erfüllten
ihre Sendung nicht. Hätten sie es getan, hätte sich der Götzendienst und dessen
korruptiver Einfluß niemals über das Land Israel verbreitet.
4. Zusammenfassung der Eroberung und der Aufteilung des
Landes
( 21,43-45 )
Jos 21,43-45
Hier endet der lange Abschnitt, der die Festsetzung der
Gebiete und Städte beschreibt. Der Historiker schaut auf den Anfang zurück und
faßt die Eroberung und Landverteilung mit der Betonung der Treue Gottes
zusammen. Gott hatte sein Versprechen gehalten, Israel das Land, Ruhe ringsumher
und den Sieg über ihre Feinde zu geben. Tatsächlich löste der Herr jeden Teil
seiner Verpflichtung treu ein. Nicht eines seiner Versprechen ... war
dahingefallen . Dies bedeutete nicht, daß jedes Stück des Landes im Besitz
Israels war, denn Gott selbst hatte Israel gesagt, daß sie das Land stückweise
erobern sollten ( 5Mo 7,22 ). Diese abschließende Aussage widerspricht auch
nicht den Tragödien, die während der Zeit der Richter geschehen sollten, denn
daran würde Israel und nicht Gott Schuld haben. Trotzdem bestritt der Unglaube
Israels in keiner Weise die Treue Gottes. Paulus bestätigte diese Tatsache in
seinem Wort an Timotheus: "Sind wir untreu, so bleibt er doch treu; denn er kann
sich selbst nicht verleugnen" ( 2Tim 2,13 ).
Einige Theologen bestehen darauf, daß die Aussage in
Jos 21,43 bedeutet, daß das Landversprechen im abrahamitischen Bund damals
erfüllt war. Doch dies kann nicht stimmen, weil später die Bibel weitere
Vorhersagen über die Inbesitznahme des Landes durch Israel nach der Zeit Josuas
gibt (z. B. Am 9,14-15 ). Jos 21,43 bezieht sich also auf die Ausdehnung des
Landes, wie sie in 4Mo 34 angegeben wird und nicht auf die letztendliche
Ausdehnung, die es im messianischen Königreich haben wird ( 1Mo 15,18-21 ). Auch
wenn Israel zu dieser Zeit das Land besaß, wurde es ihm später wieder entrissen,
obwohl der Abrahambund versprach, daß Israel das Land für immer besitzen würde (
1Mo 17,8 )
IV. Schluß
( Jos 22-24 )
A. Eine Grenzstreitigkeit
( Jos 22 )
Als die Oststämme zu ihren eigenen Erbteilen
zurückkehrten, drohte ein voreiliges Urteil, die sich gerade niedergelassenen
Gemeinschaften in einen verheerenden Bürgerkrieg zu stürzen. Es war eine
gefährliche und explosive Situation. Der Feind lauerte in der Nähe und hoffte
mit Sicherheit inständig, daß solch eine trennende Streitigkeit stattfinden
würde, so daß er seine verlorenen Gebiete zurückgewinnen könnte. Doch dank
Gottes Vorsehung wurde die Tragödie verhindert, und Israel bekam eine wertvolle
und wichtige Lektion erteilt.
1. Die Ermahnungen Josuas
( 22,1-8 )
Jos 22,1-4
Die Oststämme Ruben, Gad und der halbe Stamm Manasse
hatten ihre Aufgabe erfüllt. Als sie vor ihren General gerufen wurden, bekamen
sie ein Lob dafür ausgesprochen, daß sie ihr Versprechen gegenüber Gott, Mose
und Josua eingehalten und an der Seite ihrer Brüder in allen Schlachten der
Eroberung Kanaans gekämpft hatten (vgl. 4Mo 32; Jos 1,16-18; 4,12-14 ). Sieben
Jahre lang waren diese Männer von ihren Frauen und Familien getrennt gewesen,
doch nun waren die Kämpfe vorüber, das Land war verteilt, und es war Zeit, nach
Hause zu gehen. So entließ Josua diese Soldaten in Ehren.
Jos 22,5-8
Als die müden, aber frohen Soldaten losmarschierten,
nahmen sie einen großen Beuteteil, den sie dem Feind entrungen hatten, mit sich.
Sie hatten Anweisungen, die Beute mit ihren Brüdern, die zu Hause geblieben
waren, zu teilen (V. 8 ). Die Soldaten hatten großen Reichtum errungen, der
Viehherden, Metalle und Kleider einschloß. Doch warum sollten diejenigen, die
den Schmerz und die Anstrengung des Krieges gar nicht erlitten hatten, etwas von
der Beute erhalten? Wahrscheinlich hätten viele der Männer, die zurückgeblieben
waren, es vorgezogen, in den Krieg zu ziehen. Doch wer hätte dann die Herden
gehütet und die Frauen und Kinder beschützt? Es wurde einfach das Prinzip
angewendet, daß nicht nur diejenigen Ehre und Belohnung erhalten sollten, die
Waffen tragen, sondern auch diejenigen, die zu Hause blieben, um die
alltäglichen Angelegenheiten vor Ort zu verrichten ( 1Sam 30,24 ).
Die heimkehrenden Krieger marschierten dazu mit sechs
ernsthaften Ermahnungen Josuas los, die ihnen noch in den Ohren klangen: (a)
Seid stark darauf bedacht, die Gebote und das Gesetz einzuhalten , (b) liebt den
HERRN, euren Gott , (c) wandelt in allen seinen Wegen, (d) gehorcht seinen
Geboten, (e) haltet an ihm fest und (f) dient ihm von ganzem Herzen und von
ganzer Seele. Diese kurze, jedoch ernsthafte Anweisung rief zum Gehorsam, zur
Liebe, zur Nachfolge und zum Dienst auf. Ihre militärischen Verpflichtungen
waren erfüllt, doch Josua erinnerte sie an ihre geistlichen Verpflichtungen, die
Vorraussetzung für Gottes kontinuierlichen Segen waren. Wie ein besorgter Vater,
der einen Sohn oder eine Tochter das Haus verlassen sieht, um dahin zu gehen, wo
die junge Person von geistlichen Einflüssen getrennt sein würde, drückte Josua
seine ernsthafte Anweisung gegenüber den heimkehrenden Kriegern aus. Er
befürchtete vielleicht, daß ihre Trennung von den anderen Stämmen sie dazu
verleiten könnte, sich vom Dienst des HERRN zu entfernen und dem Götzendienst zu
verfallen.
2. Der Götzendienst der östlichen Stämme
( 22,9-11 )
Jos 22,9-11
Die Heere der Oststämme, die von Silo aufgebrochen
waren, eilten freudig erregt nach Hause. Als sie sich dem Jordan näherten,
gingen ihnen wahrscheinlich zahlreiche Erinnerungen an die wunderbare
Überquerung vor sieben Jahren, an den bemerkenswerten Sieg über das nahegelegene
Jericho und an die weiteren Siege, die sie mit ihren Brüdern teilten, von denen
sie sich erst kürzlich getrennt hatten, durch den Kopf. Ein Gefühl der Isolation
von den anderen Stämmen begann sie zu erfüllen. Doch dies lag nicht daran, daß
ein ganz normaler Fluß die Ost- von den Weststämmen trennen würde, denn der
Jordan ist kein normaler Fluß. Auf jeder Seite ragen Berge bis zur Höhe von 600
m hoch, und das Jordantal, das sich dazwischen windet, ist tatsächlich ein
großer Graben mit einer Breite von 8 bis 21 km. Während eines großen Teils des
Jahres entmutigt die große Hitze die Reisenden. Es war also eine verstärkte
Flußgrenze und mag zu der Befürchtung dieser Stammesleute beigetragen haben, daß
sie und ihre Brüder sich nach und nach auseinanderleben würden. Schließlich
bedeutet "aus den Augen" oft "aus dem Sinn". Was könnte also dafür getan werden,
damit die kameradschaftliche Verbindung, die sich in den langen Jahren
gemeinsamer Kämpfe gebildet hatte, lebendig erhalten würde? Was könnte getan
werden, um die Gemeinschaft zwischen den Leuten auf beiden Seiten des Flusses zu
symbolisieren, um jeden daran zu erinnern, daß sie alle Kinder der Verheißung
waren?
Die Antwort, die sich in den Köpfen jener Soldaten
bildete, war, daß sie einen großen Altar bauen sollten, einen, der aus großer
Entfernung gesehen werden konnte, einen Eindruck erweckenden Altar, der ihr
Recht am wirklichen Altar bei der Stiftshütte bezeugen sollte. Also errichteten
sie einen solchen Altar auf der israelitischen (westlichen) Seite des Jordans.
Warum bauten sie kein anderes Monument auf? Weil sie wußten, daß die wahre Basis
ihrer Gemeinschaft ihr ständiger Dienst, der sich an den Opfern am Altar
ausrichtete, war.
3. Die Kriegsdrohung
( 22,12-20 )
Jos 22,12
Doch das Symbol der Gemeinschaft wurde zum Symbol des
Abfalls. Als die anderen Stämme davon erfuhren, versammelten sie sich bei Silo,
dem Ort des wahren Altars ( 1Sam 4,3 ), bereit, gegen die Armeen der Oststämme
zu marschieren. Aufgrund dessen, was sie gehört hatten ( Jos 22,11 ), schlossen
die Israeliten, daß es Auflehnung gegen Gott sei, daß die anderen Stämme gegen
das mosaische Gesetz ( 3Mo 17,8-9 ) einen zweiten Opferaltar errichtet hatten.
"Sie dachten, die Heiligkeit Gottes sei gefährdet. Und
so sagten diese Männer, die den Krieg satt hatten: 'Die Heiligkeit Gottes
erlaubt keinen Kompromiß' . Ich wünschte, die Kirche des 20. Jahrhunderts würde
dies lernen. Die Heiligkeit des Gottes, der existiert, erlaubt keinen Kompromiß
auf dem Gebiet der Wahrheit" (Francis A. Schaeffer, Joshua and the Flow of
Biblical History , S. 175).
Jos 22,13-14
Einem anscheinenden Kompromiß und Ungehorsam gegen Gott
gegenübergestellt, riefen die Israeliten zum Krieg zur Bestrafung ihrer Brüder
auf. Auch wenn man den Eifer für die Wahrheit und für die Reinheit des
Gottesdienstes bewundern muß, ist es doch gut, wenn Weisheit über Voreiligkeit
herrscht. Es wurde beschlossen, damit zu beginnen, die zweieinhalb Stämme
eindrücklich zu ermahnen, in der Hoffnung, daß sie von ihrem Projekt ablassen
würden. Dadurch könnte Krieg vermieden werden. Eleasars Sohn Pinhas , der für
seinen rechten Eifer für den Herrn bekannt war ( 4Mo 25,6-18 ), führte einen
Ausschuß von 10 Stammesfürsten an, deren Aufgabe es war, sich den anderen
gegenüberzustellen.
Jos 22,15-20
Nachdem sie am Standort des neuen Altars angekommen
waren, beschuldigte die abgesandte Gruppe die östlichen Stammesleute der Abkehr
vom HERRN (V. 16.18 ) und der Auflehnung gegen ihn (V. 16 ; vgl. V. 18-19 ). Sie
erinnerten die östlichen Stämme daran, daß die Sünde Peors das Gericht Gottes
über die gesamte Nation gebracht hatte ( 4Mo 25 ), so wie es auch die Sünde
Achans getan hatte ( Jos 22,20; vgl. Jos 7 ). Nun war die ganze Gemeinde wegen
ihres anscheinenden Aktes der Auflehnung wieder in Aufruhr. Solch eine Sünde
würde Gottes Zorn über die gesamte Nation bringen ( Jos 22,18; vgl V. 20 ).
Zuletzt wurde großmütig angeboten, daß, wenn die Angehörigen der zweieinhalb
Stämmen meinten, daß das Land östlich des Jordans unrein, das heißt, daß es
nicht durch Gottes Gegenwart geheiligt sei, die westlichen Stämme für sie auf
ihrer Seite des Jordans Platz schaffen würden. Dies war ein generöses,
liebevolles Angebot, das möglicherweise großen Aufwand bereiten würde.
4. Die Verteidigung der östlichen Stämme
( 22,21-29 )
Die israelitische Delegation sollte nun erfahren, wie
falsch ihr vorschnelles Urteil und ihr hitziger Vorwurf gewesen war. Die Gründe
für den Aufbau des großen Altars am Jordan kamen ans Licht.
Jos 22,21-23
Anstatt auf den übereilten Vorwurf wütend zu reagieren,
wiesen sie lediglich in allem Ernst und aufrichtig die Anklage zurück, daß der
Altar, den sie errichtet hatten, als Auflehnung gegen Gott zu verstehen sei.
Indem sie sich auf Gott als Zeugen beriefen, schworen sie zweimal bei seinen
drei Namen - El, Elohim, Jahwe ( der Allmächtige, Gott, der HERR ) - und
bekräftigten, daß, wenn ihre Tat in Auflehnung gegen Gott und seine Gebote
bezüglich des Gottesdienstes geschehen sei, sie sein Gericht verdienten.
Jos 22,24-25
Warum wurde denn dann der zweite Altar gebaut? Sie
erklärten ernsthaft, daß er wegen der geographischen Trennung und deren
möglichen Auswirkungen auf zukünftige Generationen erbaut worden sei.
Jos 22,26-29
Die Leute der Oststämme erklärten eindeutig, daß sie
sich der Gebote Gottes, die den Gottesdienst Israels bestimmten, völlig bewußt
waren; der gerade erbaute Altar war nicht als Ort für Brandopfer (vgl. V. 23 )
gedacht, sondern als Zeugnis für alle Generationen , daß die Transjordanstämme
ein Recht darauf hatten, den Jordan zu überqueren und in Silo Gottesdienst zu
halten. Dieser Altar war nur eine Kopie des wahren Gottesdienstzentrums und ein
Beweis für ihr Recht, dieses aufzusuchen. Auch wenn ihre Sorge um das geistliche
Wohlergehen zukünftiger Generationen bemerkenswert war, so erscheint doch die
Tat der zweieinhalb Stämme als unnötig. Gott hatte im Gesetz bestimmt, daß alle
männlichen Israeliten dreimal im Jahr das Heiligtum aufsuchen sollten ( 2Mo
23,17 ). Dies würde, wenn es praktiziert würde, die Einheit der ganzen Stämme,
sowohl geistlich als auch politisch, aufrecht erhalten. Außerdem war der Aufbau
eines weiteren Altars auch ein gefährliches Unterfangen. John J. Davis
kommentiert: "Der vereinende Faktor im alten Israel war nicht dessen Kultur,
Architektur, Wirtschaft oder militärische Gründe. Der weitreichende vereinende
Faktor war die Anbetung Jehovas. Als das zentrale Heiligtum als wahrer Ort des
Gottesdienstes nicht mehr aufgesucht wurde, bildeten die Stämme eigene
Heiligtümer, wodurch sie sich von den anderen Stämmen entfernten und ihre
militärische Stärke schwächten. Die Auswirkungen dieses Trends werden in der
Zeit der Richter ersichtlich" ( Conquest and Crisis , S. 87).
5. Die Versöhnung der Stämme
( 22,30-34 )
Jos 22,30-34
Diese kritische Situation hatte ein glückliches Ende.
Die Erklärung der Repräsentanten der Oststämme wurde von Pinhas und seiner
Delegation, wie auch von den anderen Stämmen, als diese den Bericht hörten,
akzeptiert. Tatsächlich waren die neuneinhalb Stämme westlich des Jordans froh
und priesen Gott. Als er die ganze Angelegenheit erkannte, drückte Pinhas große
Dankbarkeit darüber aus, daß keine Sünde begangen und daß der Zorn Gottes nicht
ausgelöst worden war.
Warum sollte in einem Buch, das die Besetzung und
Verteilung des Gelobten Landes beschreibt, dieses einzelne Geschehen so
detailliert behandelt werden? Ganz einfach, weil es bestimmte Prinzipien
verdeutlicht, die lebenswichtig waren, damit Israel in dem Land gemeinsam in
Harmonie und unter Gottes vollem Segen zusammenleben konnte. Dieselben
Prinzipien gelten für die heutigen Glieder in Gottes Familie:
1. Es ist für Gläubige empfehlenswert, eifrig auf die
Reinheit des Glaubens bedacht zu sein. Kompromisse auf Kosten der Wahrheit
kommen immer teuer zu stehen.
2. Es ist falsch, die Beweggründe von Leuten auf der
Basis von ungenauen Beweismitteln zu beurteilen. Es ist wichtig, alle Fakten zu
erfahren und zu bedenken, daß es in einem Streit immer zwei Seiten gibt.
3. Ein offenes und aufrichtiges Gespräch wird oft die
Angelegenheit klären und zur Übereinkunft führen. Doch solch eine Zusammenkunft
sollte im höflichen Sinn angegangen werden und nicht mit Arroganz ( Gal 6,1 ).
4. Jemand, der fälschlicherweise beschuldigt wird, tut
gut daran, sich an den weisen Rat Salomos zu erinnern: "Eine linde Antwort
stillt den Zorn; aber ein hartes Wort erregt Grimm." ( Spr 15,1 ).
B. Die letzten Tage Josuas
( 23,1-24,28 )
Das Buch Josua endet damit, daß der alte Soldat
Lebewohl sagt. Seine Abschiedsworte enthalten einen Anflug von Traurigkeit, wie
es letzte Worte fast immer tun. Sie drückten die tiefe Besorgnis Josuas aus, der
eine wachsende Lässigkeit von seiten Israels gegenüber den verbleibenden
Kanaanitern voraussah, eine leichtfertige Duldung des gemeinsamen Bewohnens des
Landes, welches nur ihnen gehören sollte. Josua kannte sehr wohl die Gefahr, daß
das Volk angesichts des praktisch bezwungenen Feindes "nachlassen" würde. Bevor
er seine aktive Führerschaft verließ, fühlte er sich genötigt, sie zu warnen,
daß der ständige Gehorsam gegenüber Gottes Geboten nötig ist, um sich seines
ständigen Segens zu erfreuen. Auch wenn manche vermuten, daß diese letzten
Kapitel zwei Berichte derselben Begebenheit enthalten, erscheint es besser,
Kapitel 23 als Josuas Ermahnung an die Führer Israels, und Kapitel 24 als seine
Ermahnung an das Volk anzusehen.
1. Josuas letzte Ermahnungen an die Oberhäupter
( Jos 23 )
a. Die erste Runde
( 23,1-8 )
Jos 23,1-2
Ungefähr 10 oder 20 Jahre nach Beendigung der Eroberung
und der Verteilung des Landes ermahnte Josua Israels Führer, wahrscheinlich in
Silo, wo die Stiftshütte stand, um sie ernsthaft vor der Gefahr zu warnen, sich
von Jahwe abzuwenden. Es war eine feierliche Zusammenkunft. Sicher war auch
Kaleb zusammen mit Eleasar, dem Priester, und den Soldaten der Eroberung, die
ihre Schwerter gegen Pflugscharen eingetauscht hatten und nun
Familienoberhäupte, Älteste und Richter waren, dort.
Sie waren als Antwort auf Josuas Ruf ohne Zögern
gekommen, um die letzten Worte ihres großen Führers zu hören. Der alte Veteran
sprach nur über ein Thema - Gottes unendliche Treue gegenüber Israel und dessen
Pflicht und Verantwortung, ihm treu zu bleiben. Dreimal wiederholte er seine
Hauptaussage (V. 3-8.9-13.14-16 ). Dreimal betonte er voller Befürchtungen, daß
sie nicht hören und aufmerksam sein würden, die Treue Gottes und die
Verantwortung Israels.
Jos 23,3-5
Indem er jede Versuchung vermied, sich selbst zu
erhöhen, erinnerte Josua die Führer Israels daran, daß ihre Feinde nur besiegt
worden waren, weil der Herr, ihr Gott, für sie gekämpft hatte. Die Schlachten
waren Kriege des Herrn und nicht Josuas gewesen. Ein Psalmist wiederholt diese
Beteuerung ( Ps 44,4 ). Die Kanaaniter, die noch im Land verblieben waren,
würden vom Herrn auch vertrieben werden, so daß Israel das Land in Besitz nehmen
könnte, das sie bisher nur zum Teil besetzt hielten.
Jos 23,6-8
Um den Israeliten ihre Verantwortung wieder bewußt zu
machen, gab Josua die Worte weiter, mit denen Jahwe ihn ausgerüstet hatte, als
er ihn aufgefordert hatte, den Jordan zu überqueren: Sei ... stark; sei darauf
bedacht zu gehorchen (vgl. Jos 1,6-9 ). Mut und Gehorsam waren die Gnadengaben,
die zur erfolgreichen Eroberung Kanaans geführt hatten, und sie waren nun nicht
weniger wichtig geworden (vgl. Jos 22,5 ). Josua befürchtete besonders Israels
Übereinkunft mit den heidnischen Nationen, die sie umgaben. Deshalb verbot er
ihnen jeglichen Kontakt und jegliche Gemeinschaft mit ihnen, im Bewußtsein, daß
sein Volk Schritt für Schritt abtrünnig werden würde, bis es sich im Zuge des
Abfalles vor den Schreinen der heidnischen Götzen niederwerfen würde (vgl. Jos
23,16 ). Statt dessen ermahnte er sie, am HERRN festzuhalten (vgl. Jos 22,5 ).
b. Die zweite Runde
( 23,9-13 )
Jos 23,9-13
Indem er zu seinem Thema zurückkehrte, bezeugte Josua
zum wiederholten Mal Gottes bisherige Treue zu Israel. Jahwe hatte seine
Schlachten geschlagen (vgl. V. 3 ), und auch wenn noch einige Kanaaniter im
Lande verweilten: Wo auch immer ein Feind gefunden wurde, wurde er besiegt.
Danach wurde Israel auf der Basis des göttlichen
Eingreifens zu seinen Gunsten feierlich ermahnt, Gott ... zu lieben (vgl. Jos
22,5 ). Dies würde wegen der Nähe seiner korrupten Nachbarn Eifer und
Wachsamkeit erfordern. Die Versuchung war groß, von Jahwe abzulassen und den
Völkern Kanaans anzuhängen, ja sich sogar bei ihnen einzuheiraten, was eine
fatale Entscheidung wäre, die Israel in ernsthafte Gefahr brächte. Diese Gefahr
wurde von Josua durch Ausmalen der drohenden Konsequenzen, die darauf folgen
würden, eindrücklich beschrieben. Erstens würde Gott nicht mehr länger diese
Nationen hinausjagen , und sie würden verbleiben und Israels Besitz
beeinträchtigen. Zweitens würden die Kanaaniter unter ihnen wie Fallstricke und
Netze ,
um sie einzufangen, Geißeln , um sie zu schlagen, und
Dornen in ihren Augen werden. Drittens würden Elend und Schwierigkeiten in
Israel anwachsen, bis sie ihr gutes Land verlören (vgl. Jos 23,15-16 ).
Josua räumte keine Möglichkeit der Neutralität ein, als
er zur Entscheidung rief. Entweder würden sie mit Israels Gott wandeln oder mit
den Völkern Kanaans. So ist es auch heute. Es gibt keinen Mittelweg. "Niemand
kann zwei Herren dienen" ( Mt 6,24; vgl. Mt 12,30 ).
c. Die dritte Runde
( 23,14-16 )
Jos 23,14-16
Wie ein meisterhafter Prediger begann Josua seine
Erklärung von neuem, dieses Mal mit Betonung darauf, daß er ein sterbender Mann
war, wobei er sich erhoffte, daß dies seine Worte tiefer in ihre Herzen
einprägen lassen würde. Noch einmal sprach er von Gottes peinlich genauer Treue
gegenüber jeder Zusage (vgl. gute Versprechen in Jos 21,45 ); noch einmal warnte
er vor dem Fluch, der durch Ungehorsam ausgelöst würde. Josuas schwere
Befürchtungen betrafen die Völker, die noch im Lande verblieben waren. Wenn der
alte Soldat in die Zukunft schaute, sah er Israels sündhaften Kompromiß mit
ihnen, und das tragische Schicksal, das unweigerlich über das Volk Gottes kommen
würde, voraus. Gottes Zorn würde gegen sie entbrennen, und sie würden das Land
verlieren (vgl. gutes Land in Jos 23,13.15-16 ).
Der schreckliche Höhepunkt dieser Botschaft an die
Führer der Nation betonte die Tatsache, daß Israels größte Gefahr keine
militärische, sondern eine moralische und geistliche war.
2. Josuas letzte Ermahnung an das Volk
( 24,1-28 )
Josuas letzte Zusammenkunft mit dem Volk fand in Sichem
statt. Ob diese Zusammenkunft kurz nach der vorherigen geschah, ob sie an einem
Jahresfest von dieser stattfand, oder ob sie nach einer langen Zwischenzeit
geschah, kann nicht ermittelt werden.
Die geographische Lage ist interessant. Sichem, das ein
paar Kilometer nordwestlich von Silo lag, war der Ort, an dem Abraham das erste
Mal das Versprechen bekam, daß Gott seinem Samen das Land Kanaan geben würde.
Abraham reagierte darauf, indem er einen Altar baute, um sein Vertrauen in den
einen wahren Gott zu bezeugen ( 1Mo 12,6-7 ). Auch Jakob hielt in Sichem auf
seiner Rückreise von Paddan Aram und vergrub dort die Götzen, die seine Familie
mitgenommen hatte ( 1Mo 35,4 ). Nachdem die Israeliten den ersten Teil der
Eroberung Kanaans vollbracht hatten, zogen sie nach Sichem, wo Josua Jahwe einen
Altar baute, das Gesetz Gottes auf Steinsäulen schrieb und es für das ganze Volk
wiederholte ( Jos 8,30-35 ). Josua hatte deshalb gute Gründe, die Israeliten an
diesem Ort zu versammeln. Sicherlich standen die Steine, auf denen das Gesetz
geschrieben worden war, immer noch als anschauliche Denkmäler dieser bedeutsamen
Begebenheit. Von diesem Moment an würde dieses wunderschöne Tal zwischen dem
Berg Ebal und dem Berg Garizim mit dieser ergreifenden Abschiedsszene, als ihr
verehrter Führer zum letzten Mal zu ihnen sprach, in Verbindung gebracht werden.
Die literarische Form dieser Rede hat schon viel
Interesse und viele Kommentare hervorgerufen. Es ist heute ziemlich gut bekannt,
daß die Herrscher des Hetiterreiches zu dieser Zeit (ca. 1450 - 1200 v. Chr.)
internationale Übereinkünfte mit ihren Vasallenstaaten schlossen, in denen sie
diese verpflichteten, den Hetiterkönigen in Treue und Gehorsam zu dienen. Diese
Lehnsverträge folgten einer regulären Form und bedurften einer periodischen
Erneuerung. Jos 24 enthält in der damalig regulären Form der Lehnsverträge ein
Bundeserneuerungsdokument, in dem das Volk Israel dazu aufgerufen wurde, seine
Herrschaftsbeziehung mit Gott festzumachen (vgl. den Abschnitt zur "Struktur" in
der Einführung zu 5.Mose). Die Teile der Bundeserneuerung beinhalteten, wie ein
Lehnsvertrag, eine Präambel (V. 1-2 a), ein historisches Vorwort (V. 2 b. 3-13
), die Pflichten der Vasallen mit den Konsequenzen des Ungehorsams (V. 14-24 )
und die Aufzeichnung der Übereinkunft (V. 25-28 ). Der mosaische Bund, der am
Sinai geschlossen worden war, war kein immerwährender Bund, denn er mußte in
jeder Generation neu geschlossen werden. Diese Erneuerung wurde nun in einer
formalen und eindrucksvollen Zeremonie begangen.
a. Rückbesinnung auf ihre Segnungen
( 24,1-13 )
Jos 24,1-13
Gott wurde als der Autor des Bundes und Israel als das
Volk festgesetzt (V. 1-2 a). Dieser Präambel folgt der historische Prolog (V. 2
b. 3-13 ), in dem Jahwe seine bisherigen Segnungen für seine Geschöpfe
wiederholte. Er brachte sie aus dem Ur der Chaldäer (V. 2 b. 3-4 ) und aus
Ägypten heraus (V. 5-7 ) nach Kanaan (V. 8-13 ). Einige sagen, daß die Angst und
der Schrecken (V. 12 ; 2Mo 23,28; 5Mo 7,20 ) sich auf ägyptische Armeen
beziehen, die möglicherweise Kanaan vor der Eroberung angegriffen hatten. Andere
behaupten, die Schrecken beziehen sich auf die Panik, welche die Völker Kanaans
verspürt haben müssen, als sie hörten, was Gott für Israel getan hatte (vgl. 5Mo
2,25; Jos 2,10.24; 5,1 ). Andere vermuten wiederum, daß es sich um wirkliche
Hornissen gehandelt habe. (In anderen Übersetzungen steht für Angst und
Schrecken: Hornissen).
Es war Gott, der in dieser kurzen Wiederholung der
Geschichte Israels sprach; 13 Mal wird das Personalpronomen "Ich" gebraucht; Ich
nahm ... Ich gab ... Ich sandte ... Ich plagte ... Ich brachte , usw. Wie ein
Hetiterkönig, der seine wohltätigen Werke, die er an seinen Vasallen getan
hatte, aufzählte, so gab Gott einen Rückblick auf die Wundertaten, die er zum
Wohl Israels vollbracht hatte. Jegliche Größe, die Israel erreicht hatte, war
nicht durch Israels Bemühungen, sondern durch Gottes Gnade und Befähigung
erreicht worden. Von Anfang bis Ende gingen Israels Eroberungen, Befreiungen und
Reichtümer auf Gottes Güte und Gnade und nicht auf seine eigene Kraft zurück.
b. Aufzählung ihrer Pflichten
( 24,14-24 )
Jos 24,14-15
Dann wurden die Bedingungen der Bundeserneuerung
genannt: Israel sollte den HERRN fürchten und ihm dienen . In den hetitischen
Verträgen mußten alle fremden Bündnisse abgelehnt werden; genauso mußte Israel
jegliche Bündnisse mit fremden Göttern ablehnen. Josua forderte es kühn auf,
zwischen den Göttern Urs, die seine Vorfahren jenseits des Flusses (z. B. des
Euphrats) angebetet hatten (vgl. V. 2 ), den Göttern der Amoriter in Kanaan und
Jahwe zu wählen. Daraufhin versicherte ihm Israels verehrter Führer, um ein
mutmachendes Beispiel zu geben, daß, welche Wahl es auch immer treffen mochte,
sein Kurs feststand: Ich aber und mein Haus, wir wollen dem HERRN dienen .
Jos 24,16-18
Das Volk reagierte, von der Stärke der Argumente Josuas
und der Anziehungskraft seines Beispiels bewegt, mit Bereitwilligkeit. Es
verwarf den Gedanken, den Gott, der es aus Ägyptenland dem Land der Knechtschaft
befreit, es in der Wüste beschützt und es ins verheißene Land geführt hatte, zu
verlassen. Seine ernsthafte Antwort war: Verwirf den Gedanken, daß wir jemals
einer solchen Undankbarkeit schuldig würden. Es gelobte, daß es auch dem Herrn
dienen wolle.
Jos 24,19-21
Josua sprach noch einmal. Er war mit dessen
enthusiastischen Antwort noch nicht ganz einverstanden. Hatte er vielleicht
einige Spuren von Unaufrichtigkeit entdeckt? Hatte er gehofft, daß das Volk
seine Götzen hergeben würde, um sie zu zerstören, wie es Jakobs Familie an
diesem Ort Jahrhunderte zuvor getan hatte? ( 1Mo 35,4; Jos 24,14.23 ). Es gab
keine solche Reaktion, und so erklärte Josua schonungslos: Ihr könnt dem HERRN
nicht dienen; denn er ist ein heiliger Gott, ein eifersüchtiger Gott, der eure
Vergehen und Sünden nicht vergeben wird . Mit Sicherheit meinte Josua nicht, daß
Gott nicht ein Gott der Vergebung sei. Er meinte damit, daß Gott nicht
halbherzig gedient werden durfte, und daß ihn zu verlassen, um Götzen zu dienen,
eine schwerwiegende Sünde war, für die es nach dem Gesetz keine Vergebung gab (
4Mo 15,30 ). Solch eine Sünde würde in einer Katastrophe enden. Noch einmal
antwortete das Volk auf Josuas prüfende Worte und wiederholte ernsthaft seine
Absicht, Jahwe zu dienen.
Jos 24,22-24
Josua sprach ein drittes Mal und forderte es deutlich
auf, als Zeugen gegen sich selbst aufzutreten, falls es sich von Gott abkehrte.
Das Volk antwortete sofort: Ja, wir sind Zeugen .
Danach sprach Josua ein viertes und letztes Mal, wobei
er noch einmal auf den Punkt zurückkam, den er am Anfang erwähnt hatte. So
schafft nun die fremden Götter weg, die unter euch sind (vgl. V. 14 ). Er hatte
den Schwur von dessen Lippen vernommen; nun forderte er es auf, seine
Ernsthaftigkeit durch Werke zu beweisen. Weil er wußte, daß viele insgeheim
Götzendienst trieben, gebot Josua dem Volk, sofort seine fremden Götter zu
vernichten. Ohne im geringsten zu zögern rief das Volk: Wir wollen dem HERRN,
unserm Gott, dienen und ihm gehorchen . Es sagte, daß es gehorsamer Diener
Gottes sein wollte, keine Sklaven Ägyptens oder anderer Götter. (Die Wörter
"dienen", "gedient" und "dient" erscheinen 14 Mal in V. 14-24 .) Es konnte keine
Vermischung zwischen Gehorsam gegenüber Gott und Götzendienst geben. Damals, wie
in jeder Generation, mußte eine eindeutige Wahl getroffen werden. Menschen
müssen zwischen Bequemlichkeit und Prinzipien, zwischen dieser Welt und der
Ewigkeit und zwischen Gott und den Götzen wählen (vgl. 1Thes 1,9 ).
c. Die Zeugen des Schwurs
( 24,25-28 )
Jos 24,25-26 a
Josua, der feststellte, daß weitere Worte fruchtlos
waren, jedoch von der Wahrhaftigkeit und Ehrlichkeit der Hingabe des Volkes noch
nicht ganz überzeugt war, erneuerte den Bund. Er schrieb ihre Abmachung im Buch
des Gesetzes Gottes nieder, das möglicherweise neben der Bundeslade aufbewahrt
wurde (vgl. 5Mo 31,24-27 ). Bei den Hetitern wurde in ähnlicher Weise der
Lehnsvertrag im Heiligtum des Vasallenstaates aufbewahrt.
Jos 24,26-27 (Jos 24,26b-27)
Als weiteren Zeugen schrieb Josua die Statuten des
Bundes auf einen großen Stein, der unter einer Eiche an diesem heiligen Ort
aufgerichtet wurde. Archäologen, die bei Sichem Ausgrabungen durchgeführt haben,
haben eine große Kalksteinsäule entdeckt, die als der hier erwähnte Gedenkstein
identifiziert werden könnte. Josua sagte, dieser Stein sei ein Zeuge, als ob er
die Abmachungen des Bundes gehört hätte.
Jos 24,28
Indem er das Volk in einem heiligen Ritual der
Bundeserneuerung schwören ließ, dem Herrn, seinem Gott, zu folgen, beendete
Josua seinen letzten öffentlichen Dienst. Mit der Erinnerung an diese
bedeutungsvolle Begebenheit, die unauslöschlich in ihrer Erinnerung verankert
war, kehrten die Israeliten nach Hause in ihre Erbteile zurück.
C. Nachwort
( 24,29-33 )
Jos 24,29-31
Drei Beerdigungen - alle drei in Ephraim - kennzeichnen
den Schluß des Buches Josua. Zuerst wird berichtet, daß Josua im
fortgeschrittenen Alter von 110 Jahren starb und in seiner eigenen Stadt
beerdigt wurde (vgl. Jos 19,50 ). Es konnte ihm kein besserer Titel verliehen
werden als die Tatsache, daß er der Knecht des HERRN genannt wurde. Er trachtete
nach keinem höheren Rang als diesem.
Jos 24,32
Es wird auch die Beisetzung der Gebeine Josefs
berichtet. Sein letzter Wille war gewesen, daß er im Gelobten Land beigesetzt
würde ( 1Mo 50,25 ). Mose, der von diesem Wunsch wußte, nahm Josefs Gebeine beim
Auszug mit ( 2Mo 13,19 ). Nun, nach den langen Jahren der Wanderung und der
Eroberung, wurden Josefs letzte Überreste, die 400 Jahre vorher in Ägypten
einbalsamiert worden waren ( 1Mo 50,26 ), in Sichem zur Ruhe gelegt (vgl. 1Mo
33,18-20 ).
Jos 24,33
Das dritte Begräbnis, das hier erwähnt wird, ist das
des Hohepriesters Eleasars, des Sohnes und Nachfolgers Aarons . Es war sein
Privileg, bei der Verteilung des Landes mit Josua zusammenzuarbeiten ( 4Mo
34,17; Jos 14,1; 19,51 ) und den Gottesdienst an der Stiftshütte in den
kritischen Jahren der Eroberung und Inbesitznahme Kanaans zu leiten.
Der Bericht von drei Beerdigungen ist ein seltsamer
Schluß für ein Buch wie das des Josua! Doch diese drei friedlichen Gräber
bezeugen die Treue Gottes, denn Josua, Josef und auch Eleasar hatten einst in
einer fremden Nation gelebt, wo sie Gottes Zusage erhielten, sein Volk nach
Kanaan zurückzubringen. Nun waren alle drei im Gelobten Land zur Ruhe gekommen.
Gott hielt sein Versprechen gegenüber Josua, Josef und Eleasar - und auch
gegenüber ganz Israel. Dies ermutigt auch heute Gottes Kinder, auf Gottes
unendliche Treue zu zählen.
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