Der Prophet Jeremia

Schlüsselverse: Kap. 3, 12. 22; 31, 3. Schlüssel werte: Abtrünnig, Umkehr, geliebt.

Leitgedanke: Die Gewissheit des göttlichen Gerichtes wegen der Sünde, trotzdem ist die Zärtlichkeit und Unendlichkeit der Liebe Gottes gewährleistet.

Einige glühende Zeugnisse:

«Dieses Buch steht nur hinter den Psalmen, als dem geistlichsten Buch des Alten Testamentes zurück», sagt der grosse Schotte Whyte. «Soweit wir zu urteilen vermögen, war Jeremia der jugendlichste, tapferste, grossartigste Mann der alttestamentlichen Geschichte», schreibt ein anderer. Ein Dritter: «Nichts in der ganzen Schrift redet so überlegen von Liebe, Schmerz und Trost wie das 31. und 33. Ka­pitel des Propheten Jeremia. In keiner Sprache sind Worte von solch rührender Schönheit zu finden.» Alle diejenigen, welche in dem Pro­pheten Jeremia keinerlei Schönheiten gesehen haben, werden von diesem Lob betroffen sein.

Das Leben Jeremias:

Ungleich mehr als die ändern Propheten hat Jeremia viel über sich selbst zu sagen. Er war Priester von Geburt (Kap. l, 1), und wurde in jugendlichem Alter von dem Herrn zum prophetischen Dienst berufen (Kap. l, 5). Als er seine Jugend (er war erst 21 Jahre alt), seine Un­fähigkeit und Unerfahrenheit zum Reden (Kap. l, 6) als Gründe an­führte, weshalb er der Berufung nicht Folge leisten könne, wurde ihm versichert, dass Jehova ihn vor seiner Geburt (Kap. l, 5) zu diesem Werk bestellt habe, und dann empfing er die göttliche Aus­rüstung (Kap. 1,9) und Vollmacht (Kap. 1,10). Es wurde ihm1 befohlen, nicht zu heiraten (Kap. 16). Die Botschaft, die ihm aufge­tragen wurde, war eine ernste und feierliche und machte diesem weichherzigen und wirklich patriotischen Mann Gottes viel Kummer. Die Verkündigung der Botschaft des Gerichtes quälte sein Herz. Sein Dienst war nicht angenehm: Seine eigene Familie (Kap. 12,6), seine eigenen Mitbürger (Kap. 11,18-23), auch die Bewohner von Jeru­salem (Kap. 18,18) verschworen sich gegen ihn, schlugen ihn gar und legten ihn in den Stock (Kap. 20, l-3). Freigelassen, wurde er fiberfallen und verlor fast sein Leben (Kap. 26). Er wurde wiederholt in Haft gesetzt (Kap. 37,11-15; 38). Bei dem Fall Jerusalems wurde

er von Nebukadnezar befreit und arbeitete bei dem neuen Statthalter (Kap. 39,14); aber bei der Ermordung Gedaljas, des Statthalters, durch Ismael (Kap. 41,2), wurde er gegen seinen Willen gezwungen, die Flüchtlinge nach Aegypten zu begleiten. Hier fand er den Tod nach einem Dienst von vierzig Jahren. Er wurde gesteinigt.

Jeremias Charakter:

Jeremia war nicht ein Mann, mächtig wie Elias, beredt wie Jesaja, oder von der Seraphsart wie Hesekiel, sondern ein ängstlicher, zurückhaltender Mann, der sich seiner Hilflosigkeit bewusst war; der sich nach Mitgefühl und Liebe sehnte, die er nie kennen lernen sollte. - So sah das auserwählte Werkzeug aus, durch welches Jehova Sein Wort in diesem verderbten und entarteten Zeitalter reden liess. Warum aber wurde solch ein Mann zu einem so harten und schweren Auftrag erwählt? Weil es ein zartfühlendes Herz erforderte, um mit Kraft und Empfinden eine ernste Botschaft des Gerichtes zu über­bringen. Der Ton ist wichtig. Jeremia war der Prophet des zer­brochenen Herzens.

Einige einzig dastehende Beiträge:

Jeremia allein erklärt unter allen ändern biblischen Buchern,

1. dass die Bundeslade keinen Platz in dem wiederhergestellten Israel haben wird (Kap. 3,16).

2. «Frühe mich aufmachend und redend* ist ein Ausdruck, der in Jere-mia öfters gefunden wird.

3. Es enthält den einzig dastehenden Ausdruck «das Geschlecht Seines Grimmes» (Kap. 7,29) und

4. «Beschämung kennen sie nicht», eine Beschuldigung, dass sie nicht mehr erröten könnten, so schamlos war ihre Sünde (Kap. 8,12).

5. Beachte auch seine Gebete: Kap. 1,6; 4,10; 12,1-4; 14,7-9.21;

17,14-18; 20,7; 32,16-25.

Das Buch ist eine Vereinigung von Geschichte, Lebensbeschreibung und Weissagung. Es ist nicht in chronologischer Reihenfolge geschrieben.

Gliederung:

A. Berufung (Kap. 1)

Jeremias Berufung und Auftrag

a)  Einleitung (Kap. l, 1-3)

b) Jeremias Berufung (Kap. l, 4-8)

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c) Jeremias Ausrüstung (Kap. l, 9.10)

d) Jeremias Ermutigung (Kap. l, 11-19)

B. Dienst (Kap. 2-51)

1. In Jnda. Vor dem Fall Jerusalems (Kap. 2-38)

Nehmen wir die übliche Formel prophetischer Aussprache: «Das Wort Jehovas geschah» als Führer, so ergeben sich gegen fünfzig verschiedene Prophezeiungen in diesem Buche.

2. Der Fall Jerusalems (Kap. 39)

Kapitel 39 gibt einige Einzelheiten über den Fall der gottlos ge­wordenen Stadt.

3. Der Ueberrest im Lande nach der Gefangenschaft (Kap. 40-42) Vermischung von Geschichte und Weissagung.

4. In Aegypten (Kap. 43-51)

a) Botschaft an die Juden (Kap. 43-51)

b) Botschaft an die heidnischen Nationen (Kap. 46-51)

C. Rückblick (Kap. 52) Gefangenschaft Judas

Das im Beginn des Buches vorausgesagte Gericht findet am Ende seine Erfüllung.

Botschaft:

Jeremia ist ein Buch voller Botschaften für Abtrünnige. Juda hatte den Herrn verlassen - Jeremia warnte vor dem drohenden Gericht und bat das Volk inbrünstig, zu Jehova umzukehren und seine sündi­gen Wege zu verlassen, da Jehova es noch zärtlich liebte.

Stichworte:

Den Born lebendigen Wassers verlassen, um einer geborstenen Cisterne anzuhangen (Kap. 2,13); Nutzlosigkeit einer nur äusser-lichen Reformation (Kap. 2,22); Falsches und ungeschicktes Handeln (Kap. 6,14); die Pfade der Vorzeit die besten (Kap. 6,16; vergl. 1. Job. 2,24); verlorene Gelegenheiten (Kap. 8,20); wessen man sich rühmen soll (Kap. 9,24); Jehova, ein Fremdling (Kap. 14,8); früh-

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zeitiger Verfall (Kap. 15,9); das Wort Gottes (Kap. 15,16; 23,29); Zustand des natürlichen Herzens (Kap. 17,9); eine zweite Möglichkeit (Kap. 18,4); personifizierte Gerechtigkeit (Kap. 23,6). Siehe auch andere wichtige Wahrheiten in Kap. 24,7; 31,16.31-34; 33,3; 49,11.

 

Aus:
Abriss und Gliederung der biblischen Bücher von Robert Lee
Ernst Paulus Verlag Haltweg 23. Neustadt5 /Weinstrasse


Der Prophet Jona
Schlüsselworte: Kapitel 4,2 und 11.
Leitgedanke: Gott ist der Gott aller Völker ebensowohl wie der der Juden.
Literarischer Wert:
Ein bekannter Schriftsteller erklärte das Buch Jona für die allerschönste Geschichte, die je auf solch kleinem Raum geschrieben worden sei. Es ist ein Kleinod und voller Belehrung.
Geschichte:
Das Buch Jona ist ein wirklicher Tummelplatz der modernen, ver­derblichen Kritik. Von vielen Auslegern wird es nur sinnbildlich be­trachtet, ohne jeden geschichtlichen Hintergrund. Aber 2. Kon. 14,25 beweist, dass Jona eine geschichtliche Persönlichkeit war. Zudem ist der geschichtliche Charakter dieses Mannes vom Herrn selbst be­stätigt worden (Matth. 12,39-41). Daher besteht für uns kein
Zweifel, dass wir hier absolute Wahrheit vor uns haben, nicht Dichtung; Geschichte, nicht Fabel.
Der Prophet:
1. Jona war aus Gath- Hepher, nahe bei Nazareth, somit ein Galiläer, was beweist, dass die Pharisäer logen, als sie sagten, dass «aus Galiläa kein Prophet aufstünde» (Job. 7, 52). Vor allem besitzen wir da Jes. 9, l-2 als deutliche Prophezeiung auf den Herrn selbst.
2. Er begann seine prophetische Laufbahn als Elisa die seinige beendete. Einige alte jüdische Autoritäten waren der Meinung, dass Jona der Sohn der Witwe von Zarpath gewesen sei, den Elias vom Tode auf erweckt habe (1. Kön. 17, 22).
3. Eine der Weissagungen Jonas ist uns in 2. Kon. 14,25-27 aufbe­wahrt. Er war also ein durchaus beglaubigter Prophet.
Schlüssel:
Kapitel 4 Vers 2 zusammen mit Vers 11 sind der Schlüssel zum Ver­ständnis dieses Buches. Warum gehorchte Jona dem Herrn nicht? 1. Nicht aus Feigheit - es sind genug Beweise seines Mutes vorhanden (z. B. Kap. l, 10.12 und Kap. 3). 2. Auch nicht, weil ihm Aufträge an die Heidenvölker an und für sich nicht zusagten. 3. Auch nicht so sehr im Blick auf seine persönliche Ehre als Prophet, obwohl es so scheinen könnte. 4. Der Beweggrund, der Jona veranlasste, Gott nicht zu gehorchen, war vor allem jene falsche national-religiöse Einstellung und Mentalität, welche die frommen orthodoxen Juden heute noch beseelt. Assyrien mit der Hauptstadt Ninive war Israels grosser Feind. Jona mochte wünschen, dass diese Leute in ihren Sünden zugrunde gingen, damit Israel von seinem alten Feind befreit würde. Dorthin zu gehen und zu predigen, könnte zur Errettung und dadurch zur Erhaltung der Assyrer führen; dieses passte Jona nicht, dass Gott, der gnädig und barmherzig ist, sich des Uebels gereuen könnte, und so wollte er es vermeiden. Dann aber hegte Jona mit seinem Volke die falsche Einbildung, dass sie als Abrahams Nachkommen allein Inhaber der Verheissung Gottes seien. Darum war es ihnen, wie auch Jona - und ist es heute noch - ein unerträglicher Gedanke, dass Gottes Gnade auch den ändern Nationen zuteil werde. Jonas Ver­halten, auch nachher noch in Kap. 4, ist aus derselben grundsätz­lichen Einstellung und Mentalität zu deuten, wie das der Juden, in Apostelg. 22, als Paulus von seiner Sendung zu den Nationen sprach.
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Lehren:
1. Es wird gezeigt, wie unnütz die Anstrengungen des Menschen sind, die göttlichen Gnadenabsichten zu vereiteln.
2. Den zugrunde liegenden Gedanken finden wir in Rom. 3,29. Das Volk Gottes sollte belehrt werden, dass Gott sowohl der Gott der Nationen, als auch der der Juden sei und dass Er Absichten der Gnade und Liebe gegen sie ebenso wie gegen Israel habe. Das hat Israel niemals gelernt, trotz der beredten Sprache dieses Buches.
Vorbild:
1. In Matth. 12,38-42; 16,4; Luk. 11,29-32 erklärte Jesus, wie Jona ein Vorbild Seiner Grablegung und Auferstehung sei, aber mehr als das, Jona war als ein aus dem Tode Wiedererstandener den Niniviten ein eindrückliches Zeichen, das sie zur Busse führte. Aber ebenso, wie Jona nach seinem Erlebnis als solches Zeichen nicht zu Israel, sondern zu den Nationen gesandt worden war und diese zur Busse führte, so kündigte der Herr damit an, dass auch Sein Evangelium der Gnade auf Grund Seines Todes zu den Nationen gebracht werden sollte, und diese als erste annehmen würden, was Israel verworfen hat.
2. Jonas Erlebnis ist auch ein Vorbild der Geschichte Israels. Dr. Bullinger hat dies treffend ausgeführt: «Jona ist Gottes Gesandter, um den Nationen Busse zu predigen. Das war auch Israel. Wie Israel wollte Jona nicht, dass die übrigen Völker gesegnet werden sollten und flieht vor der unangenehmen Aufgabe. Er wird von einem von Gott ge­sandten Sturm heimgesucht und ins Meer geworfen. So ist auch Israel jetzt in das Völkermeer geworfen; aber wie Jona nicht umkam, so wird auch das heutige Israel, bezw. sein gläubiger Überrest, nicht untergehen in den Gerichten, sondern geläutert werden und in der Tiefe der Todesnot zu Gott umkehren und wieder «ans Land» ge­bracht werden und dann als Jehovas Gesandter Träger der Segnungen für die Nationen werden.»
Gliederung:
1. Des Propheten Auftrag (Kap. l, 1-2)
1. Nach dem Inhalt und besonders der Kürze des göttlichen Auftrages zu schliessen, muss Jona ein erfahrener Prophet gewesen sein, als das Wort Jehovas an ihn gerichtet wurde.
2. Das Buch beginnt unvermittelt mit «Und». Das scheint zu sagen, dass es eine Fortsetzung und nicht der Anfang des Dienstes Jonas war.
3. Ninive war tatsächlich «eine grosse Stadt» mit einer Bevölkerung von gegen einer Million Menschen (nach ändern 600000). Dieser, nach der Gepflogenheit der alten Zeiten und des Orients ummauerte Raum hat wohl nach Kap. 4,11 auch Vieh, somit Weideplätze usw. für den Lebensunterhalt der Bevölkerung umschlossen. Dies erklärt die ge­waltige, übrigens durch die Ausgrabungen bestätigte, wenn auch nicht genau feststellbare Grosse der Stadt.
2. Des Propheten Ungehorsam (Kap. l, 3-17)
1. Der Prophet gehorchte dem Herrn absichtlich nicht.
2. Er gab sein Fährgeld. Wir müssen immer «bezahlen», wenn wir dem Herrn nicht gehorchen.
3. Beachte die fünf bestellten Dinge: Kap. l, 4; 2, l; 4,6-8, also alles nach Gottes Anordnung.
4. Wie ähnlich ist der Schlaf des Sünders dem des Jona!
5. In Vers 15 des 1. Kapitels wird Rettung durch Stellvertretung ange­deutet.
3. Des Propheten Gebet (Kap. 2)
Das war das Gebet eines Mannes
1. in grosser Leibes- und Seelennot, und
2. an einem seltsamen Ort. Beachte:
a) die verzweifelte Lage,
b) die genaue Beschreibung.
4. Der erneuerte Auftrag an den Propheten (Kap. 3, l-3)
1. Welch eine Gnade, nicht wegen Treulosigkeit und Ungehorsam verstossen zu werden.
2. Jona musste des Herrn Botschaft ausführen: «Die Botschaft, die Ich dir sagen werde».
3. Der Prophet gehorcht sofort.
5. Des Propheten Erfolg (Kap. 3,4-10)
1. Jona war erfolgreich, weil er ein lebendiges Zeugnis der Wahrheiten 112
war, die er verkündigte. Im Blick auf seine Geschichte würden sie Vertrauen schöpfen können. 2. Beachte: «die Leute von Ninive glaubten Gott» und taten Busse.
6. Der Prophet wird getadelt (Kap. 4)
1. Jona hegte die Hoffnung, dass die Vernichtung der Assyrer kommen würde.
2. Gott gab ihm Anschauungsunterricht.
3. Beachte den plötzlichen Schluss. Gottes zarte Sprache ist das letzte, was das Ohr erreicht - der unvermittelte Schluss des Buches macht sie noch eindrucksvoller.