Rut (John W. Reed) EINFÜHRUNG Titel und Verfasserfrage: Das Buch Rut ist
nach einer moabitischen Frau benannt, die einen hebräischen
Mann, der in Moab lebte, heiratete. Nach dem Tod ihres Ehemannes
zog Rut zusammen mit Noomi, ihrer verwitweten hebräischen
Schwiegermutter, nach Bethlehem in Israel. Dort versorgte sie
der Herr auf wunderbare Weise und führte sie so, daß sie Boas,
einen wohlhabenden jüdischen Bauern, heiratete. Rut wurde auf
diese Weise die Urgroßmutter von König David. Sie wird im
Stammbaum Jesu in Mt 1,5 genannt. Rut und Ester sind die einzigen biblischen
Bücher, die nach einer Frau benannt sind. Ester war eine
jüdische Frau, die einen heidnischen König heiratete. Gott
gebrauchte Ester in einer wichtigen Phase der Geschichte
Israels, um das Volk Israel vor der Vernichtung zu bewahren. Rut
dagegen war eine heidnische Frau, die einen jüdischen Mann
heiratete. Gott gebrauchte sie, um die Linie des Messias, des
Herrn Jesus Christus, fortzusetzen. Das Buch Rut wird von orthodoxen Juden
jährlich am Pfingstfest gelesen. Das Fest erinnert an die
Gesetzgebung am Berg Sinai und steht am Anfang des Festes der
Erstlingsfrucht der Ernte ( 2Mo 23,16 ). Ruts Verlobung fand zur
Zeit der herbstlichen Erntefeste statt, als die Gerste geworfelt
wurde ( Rt 3,2; vgl. Rt 1,22 ). Niemand weiß genau, wer das Buch Rut
schrieb. Die jüdische Tradition schreibt das Buch Samuel zu.
Wenn er der Autor war, wurde das Buch kurz bevor David zum König
gesalbt wurde verfaßt. Einer der Gründe, die Samuel für das
Verfassen des Buches hatte, war dann, die Berechtigung des
Thronanspruchs Davids über seine Urgroßeltern Rut und Boas zu
belegen. Die meisten konservativen Forscher gehen
davon aus, daß Rut zur Zeit der Monarchie, zur Zeit Davids oder
Salomos, geschrieben wurde. Da Salomo im Stammbaum am Ende des
Buches ( Rt 4,18-22 ) nicht genannt wird, könnte man schließen,
daß das Buch zur Zeit Davids entstand. Auf der anderen Seite
wird im Buch Rut ein alter Brauch, nämlich das Austauschen der
Sandale ( Rt 4,7 ), erläutert. Dies hat einige Ausleger
veranlaßt, die Abfassung in die Zeit Salomos zu verlegen, da
einige Zeit verstreichen mußte, damit dieser Brauch aus der
Gewohnheit kommen konnte. Hals hat diese Fragen sehr detailliert
dargestellt ( The Theology of the Book of Ruth , S. 65 - 75). Rut Historische und literarische Fragen Das Buch Rut gleicht einer schönen Perle
auf einem schwarzen Hintergrund. Die Handlungen, die in diesem
Buch berichtet werden, fanden zur Zeit der Richter statt ( Rt
1,1 ), also zu einer dunklen Zeit in der Geschichte Israels. Den
Siegen Josuas folgten Zeiten des geistlichen Niedergangs, die
nur von kurzen Zeiten der Erweckung unterbrochen wurden. Je
länger die Zeit der Richter andauerte, desto schlimmer wurde der
Abfall von Gott, bis am Ende des Buches Richter völlige
Verdorbenheit und blutiger Bürgerkrieg standen. Die Zeit der Richter war von schwachem
Glauben und unverantwortlichem Lebenswandel gekennzeichnet.
Sogar Gideon, der großen Glauben gegenüber den widrigsten
Umständen zur Zeit des Überfalls durch die Midianiter,
Amalekiter und östlichen Wüstenstämme ( Ri 7,12.17-21 ) bewies,
versagte später und fragte nicht nach Gottes Rat für seine
täglichen Entscheidungen als Richter ( Ri 8,16-17.21.27 ). Er
hatte viele Frauen und Konkubinen, die ihm 70 Söhne gebaren ( Ri
8,29-32 ). Nach dem Tod Gideons tötete Abimelech, ein
Sohn Gideons von dessen Konkubine in Sichem, alle anderen Söhne
außer einem und setzte sich selbst als gottlosen und blutigen
König ein ( Ri 9 ). Da Rut die Urgroßmutter Davids war ( Rt
4,17 ), der seine Herrschaft in Hebron im Jahr 1010 v. Chr.
begann, gehören die Ereignisse um Rut in die zweite Hälfte des
12. Jahrhunderts v. Chr. Rut könnte deswegen zur Zeit Gideons
gelebt haben (vgl. die Übersicht "Die Richter Israels" zur
Einleitung des Kommentares zu Ri). Das Wirken des Richters Simson wurde ein
Musterbeispiel für einen Helden, der zwar stark an körperlicher
Kraft, aber schwach an geistlichem und moralischem Charakter
war. Auf diesem ungeistlichen Hintergrund stehen
Rut, eine Moabiterin, und Boas, ein jüdischer Landbesitzer, als
leuchtende Beispiele für Reinheit, Glauben und verantwortliche
Lebensweise. Die Geschichte von Rut ist eine gnädige Erinnerung
daran, daß Gott selbst in den dunkelsten Zeiten an den Herzen
seiner übriggebliebenen Gläubigen wirkt. Das Maß der Unmoral Israels ist ein Thema,
das im Richterbuch immer wieder angesprochen wird. Im letzten
Vers wird es noch einmal betont: "Zu der Zeit war kein König in
Israel; jeder tat, was ihn recht dünkte" ( Ri 21,25 ). Im
Gegensatz dazu zeigt uns das Buch Rut Menschen, die
verantwortlich handeln, und sich, statt unmoralisch zu sein, im
Glauben der Herrschaft und Führung des souveränen Gottes
unterstellen. Rut selbst steht auch im deutlichen
Gegensatz zu dem dunklen Hintergrund ihrer eigenen moabitischen
Vorfahren. Mose berichtet die traurige Geschichte von der
Entstehung des moabitischen Volkes ( 1Mo 19,30-38 ). Die Töchter
Lots machten ihren Vater nach der Zerstörung von Sodom und
Gomorra betrunken und begingen Inzest mit ihm, woraus Moab und
Ben-Ammi, die Stammväter der Moabiter und Ammoniter, entstanden.
Beide Völker brachten Israel oft in Bedrängnis. Rut, die Moabiterin, brach mit der
götzendienerischen Tradition ihrer Vorfahren und der ältesten
Tochter Lots und glaubte an den Gott der Hebräer. Sie sah ihre
Erfüllung als Mutter und hielt die gerechten Gebote des
mosaischen Gesetzes. Dadurch erwies sie sich als würdig, unter
den vornehmsten Frauen Israels genannt zu werden. Die Leviratsehe (ein Mann heiratete die
kinderlose Witwe seines verstorbenen Bruders, 5Mo 25,5-6 ) und
die Funktion des 'erlösenden Verwandten' enthält eine weitere
Bedeutung des Buches Rut. Rt 4,9-17 berichtet darüber, wie Boas
diese Funktion übernahm und die Witwe Rut heiratete. Der Bericht
hat einen starken Unterton, nämlich die Gnade des erlösenden
Verwandten, da Boas nicht zu den durch das Leviratsehengesetz
verpflichteten Verwandten gehörte, da er kein Bruder des
verstorbenen Machlon war. Seine Bereitschaft, die Verantwortung
auf sich zu nehmen, zeigt die Qualität seines Charakters und
seine Liebe zu Rut. Diese Bereitschaft setzt Boas in Gegensatz
zu seinem Vorfahren Juda, einem der zwölf Söhne Jakobs. Juda
handelte nicht verantwortungsvoll gegenüber seiner
Schwiegertochter Tamar. Er hatte drei Söhne von seiner
kanaanitischen Frau. Sein ältester Sohn heiratete Tamar, die
ebenfalls Kanaaniterin war. Dieser Sohn, Er, war gottlos,
weshalb Gott sein Leben nahm ( 1Mo 38,7 ). Juda gab Tamar
deswegen seinen zweiten Sohn Onan, damit dieser seine
Leviratsverantwortung wahrnehmen und einen Sohn für seinen
Bruder aufziehen sollte. Onan "wußte, daß die Kinder nicht sein
eigen sein sollten" ( 1Mo 38,9 ), da die von ihm und Tamar
gezeugten Kinder nicht seinen, sondern den Namen seines Bruders
tragen würden. Deswegen ließ er seinen Samen auf den Boden
fallen, obwohl er sich der sexuellen Beziehung zu Tamar
erfreute. Wegen der Weigerung, seine Leviratsverantwortung
wahrzunehmen, mißfiel Onan Gott und mußte sterben ( 1Mo 38,10 ). Nach Onans Tod gab Juda Tamar seinen
dritten Sohn Schela nicht. Es schien so, als würde die
Familienlinie aussterben. Aber nachdem Juda Witwer geworden war,
verstellte sich Tamar als Hure und verführte ihn. Sie wurde
schwanger und gebar Zwillinge, Perez und Serach. Juda erklärte
trotz des Vorgehens Tamars, daß sie gerechter sei als er, da er
sich geweigert hatte, ihr den dritten Sohn zu geben und die
Anforderungen des Gesetzes der Leviratsehe zu erfüllen ( 1Mo
38,11-30 ). Als die Ältesten im Tor von Bethlehem die
Leviratsehe von Boas und Rut schlossen, segneten sie die
Verbindung mit Hinweis auf Perez, den Tamar Juda geboren hatte (
Rt 4,9-12 ). Rut stand im Gegensatz zu Tamar, weil sie die
Leviratsehe unter Beachtung des mosaischen Gesetzes vollzog,
während Tamar dazu Lüge und Verführung benutzte. Ohne die Geburt
von Perez (durch Tamar) und Obed (durch Rut) wäre der Stammbaum
von Juda zu David unterbrochen worden. Die Gnade wird dadurch deutlich, daß Gott
mehrere Nichtisraeliten in die Linie Davids einschloß. Da dies
die Linie war, aus der später der Messias kommen sollte, ist die
Aufnahme von Heiden eine Vordeutung der Aufnahme der Heiden in
die Gemeinde durch den größten Sohn Davids, den Herrn Jesus
Christus. Vier nichtjüdische Frauen werden in Mt 1 im Stammbaum
Jesu als einzige Frauen erwähnt: Tamar ( Mt 1,3 ), Rahab ( Mt
1,5 ), Rut ( Mt 1,5 ) und Urias Frau, also Batseba ( Mt 1,6 ).
Tamar war Kanaaniterin und wurde die Mutter der Kinder Judas,
Perez und Serach. Rahab war eine kanaanitische Hure und wurde
eine Vorfahrin von Boas (vgl. den Kommentar zu Rt 4,21 ). Rut
war Moabiterin und wurde die Mutter von Obed. Batseba, die David
Salomo gebar, galt wohl als Hetiterin, da sie mit dem Hetiter
Uria verheiratet gewesen war. Das Buch Rut ist eine wunderschöne
romantische Geschichte mit symmetrischem Aufbau, die mit
tragischen Umständen beginnt und mit einer fröhlichen Erfüllung
endet. Es ist ein Buch der Suche. Rut suchte ein Haus, eine
Versorgung, einen Ehemann und letztlich einen Sohn. Obwohl sie
verwitwet und ohne Nachkommen war, schenkte der Herr ihr einen
Ehemann und einen Sohn. Noomi verlor ihren Ehemann und ihre beiden
Söhne in Moab. In ihrer Niedergeschlagenheit übersah sie den
Wert ihrer moabitischen Schwiegertochter Rut. Doch am Ende des
Buches wird Noomis Niedergeschlagenheit in Freude verwandelt.
Ihre Nachbarn erinnerten sie daran, daß Rut mehr wert sei als
sieben Söhne. Noomi hielt ihren Enkel Obed in den Armen. Doch
ihre Nachbarn nannten Obed Noomis "Sohn" ( Rt 4,17 ), weil Boas
die Leviratspflichten willig auf sich genommen hatte. Schwiegermutterwitze gehören zum Repertoire
jedes Komödianten. Dies mag zur Zeit Noomis genauso gewesen
sein. Doch Ruts Liebe und Fürsorge für ihre alte Schwiegermutter
ist ein Vorbild für alle Generationen. Die Tatsache, daß Boas
Noomi ebenso versorgte, zeigt, daß er darin mit Rut völlig in
Einklang stand. Das Buch Rut ist die schönste
Schwiegermuttergeschichte und sollte deswegen immer wieder
erzählt werden. Rut Theologische Schwerpunkte Der Autor von Rut betont bestimmte
theologische Wahrheiten. Die Namen Gottes werden unterschiedlich
häufig verwendet. "Herr" (Jahwe) wird 17 Mal verwendet, "Gott" (
?MlOhIm ) dreimal ( Rt 1,16 [zweimal]; Rt 2,12 ) und "der
Allmächtige" ( Sadday ) zweimal ( Rt 1,20.21 ). Jahwe war der
Bundesname Gottes, der sein aktives Eingreifen in das Leben
seines Bundesvolkes bezeichnete. Bei zwei Gelegenheiten spricht der Autor
direkt über die Souveränität Gottes, der gnädig an den
Hauptpersonen des Buches handelt: 1) Noomi lernte "im
Moabiterland, daß der Herr sich seines Volkes angenommen und
ihnen Brot gegeben hatte" ( Rt 1,6 ); Rut war in Moab jahrelang
unfruchtbar gewesen, bevor ihr Mann starb. Später ermöglichte
ihr es "der Herr", als Frau des Boas, "daß sie schwanger ward,
und sie gebar einen Sohn" ( Rt 4,13 ). Achtmal sprechen die Hauptpersonen des
Buches von Gottes Handeln ( Rt 1,13.20-21 [fünfmal]; Rt
2,20;4,12.14 ). Der Herr wurde regelmäßig gebeten, Gebete um
ihretwillen zu erhören ( Rt 1,8-9;2,12;4,11-12 ). Fünfmal wurde
der Segen Gottes für gläubige Menschen erfleht ( Rt 2,4
[zweimal]; Rt 2,19-20;3,10 ). Rut und Boas verpflichteten sich,
ihre Verantwortung im Licht der Treue Gottes zu tragen ( Rt
1,17;3,13 ). Boas empfahl Rut, Zuflucht unter den Flügeln des
Gottes Israels zu suchen ( Rt 2,12 ). Gott handelt immer verantwortlich und führt
seinen Plan aus. Die Frage ist jedoch, ob die Personen des
Buches Rut in verantwortlicher Weise antworten. Elimelech
handelte verantwortungslos, indem er Bethlehem verließ und nach
Moab zog ( Rt 1,2 ). Noomi dagegen handelte verantwortlich,
indem sie zurückkehrte ( Rt 1,7 ). Orpa kehrte in ihre Heimat
und zu den moabitischen Göttern zurück; Rut entschied sich im
Gegensatz dazu, Noomis Gott zu folgen und sie zu versorgen ( Rt
1,14-17 ). Obwohl der nächste Verwandte sich weigerte, Rut zu
lösen, handelte Boas verantwortlich und vollzog die Lösung ( Rt
3,12;4,1-10 ). Die verschiedenen Formen für "Lösung", "lösen",
"Löser" werden 20 Mal in Rut gebraucht, wodurch dieser Begriff
zu einem der Schlüsselbegriffe des ganzen Buches wird. Ein anderer Schlüsselbegriff ist HeseD ,
der von der Hingabe aus Liebe und der Güte für solche, denen
gegenüber man Verantwortung trägt, spricht. Noomi bat den Herrn,
ihrer Schwiegertochter HeseD zu erweisen ( Rt 1,8 ). Sie sprach
von Gottes HeseD zu ihr selbst durch alles, was Boas für Rut
getan hatte ( Rt 2,20 ). Boas betonte die HeseD Ruts, weil sie
ihn um die Heirat bat und nicht nach einem jüngeren Mann suchte.
Ihre Güte ihm gegenüber war für Boas sogar größer als ihre
frühere Güte Noomi gegenüber ( Rt 3,10 ). Er selbst zeigte seine
HeseD , als er über die Grenze dessen hinausging, wozu er
verpflichtet war, und Rut heiratete. Rut Die Botschaft Die Botschaft des Buches könnte eine
Bestätigung der Thronrechte König Davids gewesen sein. Daß Gott
in seiner souveränen Erhaltung und Fürsorge der Welt diese
Geschichte geschehen ließ, kann Christen in ihrem Glauben
bestärken, daß Gott auch in ihrem Leben handelt. Die für alle Zeiten gültige Wahrheit des
Buches könnte man wie folgt formulieren: Der Herr ist in seinem
liebenden, vorsorgenden und planenden Handeln für sein Volk
treu. Gottes Volk sollte deswegen mit seinem Handeln im
alltäglichen Leben rechnen. Da sein Volk wie Rut und Boas
Empfänger seiner Gnade ist, sollte es in glaubendem Gehorsam
Gott antworten, auch, indem es anderen gegenüber Güte erweist. In einer Zeit der Verantwortungslosigkeit
in der Geschichte Israels war das Buch Rut ein klarer Aufruf zu
einem verantwortlichen Leben. Diese Botschaft ist heute genauso
nötig. Boas ist ein Bild für seinen größten
Nachkommen, den Herrn Jesus Christus. Boas löste in seiner Gnade
Rut. Christus handelte in Gnade und gab sich selbst als Erlöser
dahin, um die Erlösung für alle Menschen zu erwirken. Rut GLIEDERUNG I. Einführung ( 1,1-5 ) A. Eine tragische Reise ( 1,1-2 ) B. Eine drückende Leere ( 1,3-5 ) II. Auf der Suche nach einer Heimat durch
den Glauben ( 1,6-22 ) A. Eine Wahl der Liebe ( 1,6-18 ) B. Eine bittersüße Rückkehr ( 1,19-22
) III. Auf der Suche nach der
verantwortlichen Fürsorge ( Kap.2 ) A. Ein von Gott herbeigeführtes
Ereignis ( 2,1-3 ) B. Eine wohlverdiente Güte ( 2,4-17 ) C. Ein Ausdruck der Freude ( 2,18-23 ) IV. Auf der Suche nach der lösenden Liebe (
Kap.3 ) A. Ein Plan für die Lösung ( 3,1-5 ) B. Ein Anspruch auf die Lösung ( 3,6-9
) C. Eine Bitte um die Lösung ( 3,10-15
) D. Eine Vorwegnahme der Lösung (
3,16-18 ) V. Der Lohn für die lösende Liebe ( 4,1-13
) A. Eine Zurückweisung der Lösung (
4,1-8 ) B. Eine vollzogene Lösung ( 4,9-12 ) C. Die Lösung als Lohn ( 4,13 ) VI. Schluß ( 4,14-22 ) A. Eine fröhliche Erfüllung ( 4,14-17
) B. Ein überraschender Stammbaum (
4,18-22 ) Rut AUSLEGUNG I. Einführung ( 1,1 - 5 ) Die Erzählung beginnt mit der notwendigen
Erwähnung der Zeit, der Namen, der Orte und der Ereignisse. Die
Ausgangslage war traurig, weil eine Familie aufgrund einer
Hungersnot gezwungen war, Bethlehem zu verlassen und ins Ausland
zu ziehen. Doch diese Lage wurde ein Anlaß für Gott, seine Gnade
zu zeigen. Die Entfaltung der Geschichte zeigt, wie Gott in
seiner souveränen Fürsorge den Nöten seines Volkes begegnet. A. Eine tragische Reise ( 1,1 - 2 ) Rt 1,1 Die Ereignisse, die im Buch Rut berichtet
werden, fanden zur Zeit der Richter statt, vermutlich zur Zeit
des Richters Gideon (vgl. den Abschnitt "Historische und
literarische Fragen" in der Einleitung ). Die Hungersnot im Land
war vermutlich Gottes Handeln als Gericht über sein sündiges
Volk. Viele Jahre später sandte Gott in den Tagen Elias eine
andere Hungersnot wegen der Verehrung Baals als Gericht über
Israel ( 1Kö 16,29-; 17,1; 18,21.37; 19,10 ). Die göttliche Kontrolle über das Wachstum
des Getreides ist ein wichtiger Faktor in der Entwicklung der
Ereignisse im Buch Rut. Während der Zeit der Richter war die
Anbetung der kanaanitischen Gottheit Baal unter den Israeliten
weit verbreitet ( Ri 2,11; 3,7; 8,33; 10,6.10 ). Baal galt als
Besitzer des Landes und als Herr über dessen Fruchtbarkeit.
Baals weibliches Gegenstück war Aschtoret bzw. Astarte. Die
Sexualität zwischen diesen beiden Göttern regelte angeblich die
Fruchtbarkeit des Landes und der Geschöpfe. Gott hatte den Israeliten unter der Leitung
Josuas befohlen, das Land von den Kanaanitern und ihren Göttern
zu säubern ( 5Mo 7,16; 12,2-3; 20,17 ). Das Versagen der
Israeliten in diesem Punkt ( Jos 16,10; Ri 1,27-33 ) beließ die
Versuchung im Land, den landwirtschaftlichen Segen nicht von
Gott, sondern von den kanaanitischen Götzen zu erwarten.
Vielleicht waren auch die kultische Prostitution und die
sexuellen Praktiken in der Baalsverehrung eine Versuchung für
die Hebräer. Interessanterweise hatte Gideons Vater Baal einen
Altar erbaut, den Gideon aber zerstörte ( Ri 6,25-32 ). Das Buch
Rut zeigt, daß es weiser ist, sich auf Gott und seine Vorsorge
zu verlassen, statt auf die kanaanitischen Gottheiten. Bethlehem liegt etwa 8 km südlich von
Jerusalem. Später wurden Obed, der Sohn von Boas und Rut, und
Obeds Enkel David in Bethlehem geboren ( Rt 4,18-22; 1Sam 17,58
). Bethlehem war natürlich auch der Geburtsort des größten
Sohnes Davids, des Herrn Jesus Christus ( Lk 2,4-7 ). Ein Mann aus Bethlehem entschied sich, mit
seiner Familie nach Moab , etwa 80 km östlich auf der anderen
Seite des Toten Meeres, zu ziehen. Er wollte dort nur für kurze
Zeit leben. Es wird nichts darüber gesagt, warum er Moab
auswählte. Wahrscheinlich hatte er gehört, daß dort keine
Hungersnot herrschte. Die folgenden Ereignisse zeigen jedoch,
daß dies eine schlechte Entscheidung war und Bethlehem, nicht
Moab, der Ort war, an dem Gott ihn segnen wollte. Die Einwohner
Moabs waren von der Versammlung des Herrn ausgeschlossen ( 5Mo
23,3-6 ). (Zur Herkunft der Moabiter vgl. den Abschnitt
"Historische und literarische Fragen" in der Einleitung ; vgl.
1Mo 19,30-38 .) Sie verehrten den Gott Kemosch. Diese Verehrung
ähnelte der Verehrung Baals. Rut Rt 1,2 Der Name des Mannes war Elimelech , seine
Frau hieß Noomi und seine beiden Söhne Machlon und Kiljon .
Manche Ausleger stellen die Bedeutung des Namens Elimelech
("Mein Gott ist König") besonders heraus, doch es bleibt
eigentlich gleich, ob Elimelech gemäß seines Namens lebte oder
nicht (vgl. den Kommentar zu V. 20 - 21 wegen des Wortspiels mit
Noomis Namen). Efratiter bezeichnet die Einwohner von Efrat
(auch Efrata genannt), einem anderen Namen für Bethlehem (vgl.
Rt 4,11; 1Mo 35,19; 48,7; Mi 5,1 ). Rut B. Eine drückende Leere ( 1,3 - 5 ) Rt 1,3 Es wird nicht gesagt, wie lange die Familie
in Moab gelebt hatte, bevor Noomis Mann starb. Aber Noomi hatte,
obwohl sie verwitwet war und besorgt in einem fremden Land
lebte, eine Hoffnung, solange ihre beiden Söhne lebten. Noomi
wird nun die Hauptperson der Erzählung. Rut Rt 1,4 Beide Söhne Noomis heirateten moabitische
Frauen , nämlich Orpa und Rut . Die Eheschließungen werden nicht
verurteilt. Das mosaische Gesetz verbot den Israeliten zwar,
Kanaaniter zu heiraten ( 5Mo 7,3 ), aber es sagte nirgends, daß
sich dieses Verbot auch auf Moabiter bezieht. Die späteren
Erfahrungen Salomos beweisen jedoch, daß die größte Gefahr in
solchen Eheschließungen die Versuchung war, den Göttern einer
ausländischen Frau zu dienen ( 1Kö 11,1-6; vgl. Mal 2,11 ). Es
besteht kein Zweifel, daß orthodoxe Israeliten es für unweise
gehalten hätten, eine moabitische Frau zu heiraten. Das Buch Rut gibt nicht an, wie lange diese
Ehen dauerten, sondern nur, daß beide kinderlos waren. Erst in
Rt 4,10 erfährt der Leser, welcher der Söhne mit Rut verheiratet
gewesen war, nämlich Machlon. Sie ... lebten etwa 10 Jahre in
Moab , was vermutlich wesentlich länger war, als die Familie
ursprünglich beabsichtigt hatte (vgl. Rt 1,1 ). Rut Rt 1,5 Schließlich starben beide Söhne Noomis. Die
jüdische Tradition sieht in dem Tod der drei Männer (Elimelech,
Machlon und Kiljon) das Gericht Gottes über den Fortzug aus
Bethlehem. Auch wenn dies möglich ist, geht es doch nirgendwo
aus dem Text hervor. Noomi stand nun vor einer Anhäufung von
Anlässen zur Trauer. Ihr Ehemann und ihre einzigen Söhne waren
vorzeitig gestorben. Sie war ein Fremdling in einem fremden
Land. Wenn der Familienname weitergetragen werden sollte, mußte
es einen Erben geben. Aber ohne Söhne blieb Noomi ohne Hoffnung
. Ihre moabitischen Schwiegertöchter boten ihr keinen Weg an,
einen Erben zu erhalten. Rut II. Auf der Suche nach einer Heimat durch
den Glauben ( 1,6 - 22 ) Hier beginnt die eigentliche Erzählung. Der
Dialog ist das Hauptstilmittel des Erzählers. 59 von 84 Versen
des ganzen Buches enthalten Dialoge. Der erste Dialog beginnt in
Rt 1,8 .Noomi entschied sich, in ihre Heimat zurückzukehren und
war davon überzeugt, daß sie dazu ihre Schwiegertöchter in Moab
zurücklassen mußte, weil das das beste für diese war. Sie war
erstaunt, als Rut sich dafür entschied, mit ihr zu ziehen. A. Eine Wahl der Liebe ( 1,6 - 18 ) Rt 1,6-7 Noomi erfuhr, daß es in ihrer Heimat wieder
regnete. Die Hungersnot war zu Ende, und Gott sorgte wieder für
Nahrung (Getreide vom Feld und Früchte von den Bäumen). Es war
der Herr, der die Hungersnot beendete und Regen schenkte, nicht
Baal, von dem die Kanaaniter glaubten, daß er für den Regen
verantwortlich sei. Rückkehr (Heimkehr) ist in seinen
verschiedenen Formen ein Schlüsselwort im Buch Rut. In Kapitel 1
wird es häufig verwendet. Wir haben hier eine schöne
Illustration für Buße und Umkehr vor uns. Noomi kehrte die
Richtung um, die sie und ihr Mann eingeschlagen hatten. Sie
kehrte sich von Moab und ihren früheren Irrwegen ab. Sie kehrte
sich ebenso von den tragischen Gräbern ihrer Lieben ab und eilte
zurück nach Juda , ihrer Heimat. Rut Rt 1,8 Noomi, die fühlte, daß die Aussichten auf
eine Wiederheirat ihrer Schwiegertöchter in Israel gering waren,
drängte diese, in Moab zu bleiben. Ihre Aufforderung, daß jede
in das Haus ihrer Mutter zurückkehren solle, ist in einer von
Männern dominierten Gesellschaft erstaunlich. Da Noomi jedoch an
die Wiederheirat ihrer Schwiegertöchter dachte, verwies sie
diese an ihre Mütter, weil sie mit diesen ihre Heiratspläne
besprechen konnten. Das Wort Güte kommt von dem hebr. Wort
HeseD . Es ist ein dominanter Begriff im Buch Rut (vgl. Rt
2,20;3,10 ) wie im ganzen AT. Er spricht von Gottes Bundestreue
zu seinem Volk und schließt Gnade ein, weil Güte auch gewährt
wurde, wenn sie unverdient war. Hier gingen der göttliche Wille
und das menschliche Handeln Hand in Hand. Gott und Mensch
handelten in HeseD . Die Grundlage für Noomis Segen war das
gütige Handeln von Rut und Orpa an ihren Ehemännern und an
Noomi. Beide jungen Frauen waren es in den Augen ihrer
Schwiegermutter wert, daß sie die Güte Gottes für sie erbat.
Auch wenn sie Ausländer waren, hatten sie doch israelitische
Männer geheiratet und standen dadurch mit im Bund Gottes. Rut Rt 1,9-10 Noomi bat dann Gott, jeder einen Ort der
Ruhe mit einem neuen Ehemann zu geben. Diese Bitte wird zu einem
Hauptbestandteil des gesamten Buches. Eine Heirat bedeutete
Sicherheit für die Frau. Ironischerweise scheint Rut diese
Sicherheit aufzugeben, als sie Moab verließ. Noomis Küsse waren
als Zeichen des Abschieds gedacht, aber beide Schwiegertöchter
erklärten ihren Wunsch, mit Noomi zurückzukehren. Vielleicht war
dies ein Brauch in der damaligen Zeit. Rt 1,11 Dreimal bestand Noomi darauf, daß sie nach
Moab zurückkehren sollten (V. 11 - 12.15 ). Sie mußten ihre
Wiederheirat sicherstellen. Im Alten Orient war eine Frau ohne
Ehemann in einer schwierigen Lage, weil ihr jede Sicherheit
fehlte. Besonders Witwen waren hilflos. Noomi verwies auf die
Leviratsehe in Israel. Ein Bruder war verantwortlich, die Frau
seines verstorbenen Bruders zu heiraten, um für seinen Bruder
einen Sohn zu zeugen und dadurch den Namen und das Erbe seines
Bruders zu erhalten ( 5Mo 25,5-10 ). Noomi stellte allerdings
klar, daß dies in diesem Fall nicht möglich sein würde, weil sie
keine weiteren Söhne hatte. Rt 1,12-13 Noomi sagte, daß sie über das Alter, in dem
man Kinder gebärt, hinaus sei. Selbst wenn sie einen neuen
Ehemann erhalten und Söhne gebären würde, wäre es unsinnig, wenn
Orpa und Rut warten wollten, bis diese herangewachsen seien. Noomi schien die Trauer ihrer
Schwiegertöchter nicht richtig empfunden zu haben. Sie hielt
ihren Fall für bitterer, weil ihre Schwiegertöchter ja immerhin
noch Kinder gebären konnten. Sie betrachtete ihr Leid als eine
Anfechtung Gottes (vgl. V. 20 - 21 ). Noomi befand sich
offensichtlich in einem Zustand großer Trauer, der sie dazu
veranlaßte, in ihrem Ärger gegen Gott zu sprechen. Trotzdem war
sie auch weiter eine Frau des Glaubens. Sie hatte keine Zweifel
daran, daß Gott in ihrem Leben handelte (vgl. V. 8-9 ; 2,20 ).
Sie sah Gott als souveränen Herrscher, der die letzte Ursache
für alle Ereignisse des Lebens ist. Rt 1,14 Orpa sollte nicht vorschnell dafür
kritisiert werden, daß sie nach Moab zurückkehrte. Sie gehorchte
damit den Wünschen ihrer Schwiegermutter. Sonst wird im Buch Rut
nichts weiter über sie gesagt. Vermutlich heiratete sie in Moab
erneut. Rut tat dagegen das Unerwartete. Während
Orpa sich dafür entschied, einen neuen Ehemann zu suchen, blieb
Rut bei Noomi und entschied sich offensichtlich, ihrer
verwitweten Schwiegermutter zu dienen, anstatt einen neuen Mann
zu suchen. Sie war sich dabei wohl bewußt, daß diese
Entscheidung bedeuten würde, nie wieder einen Ehemann oder
Kinder zu haben. Nach Jak 1,27 war die Sorge für eine Witwe ein
Beispiel für wahren Gottesdienst. Rt 1,15 Noomi bedrängte Rut noch einmal, nach Moab
zurückzukehren. Sie verwies auf Orpas Gehorsam gegenüber ihrer
Bitte. Noomi war sich im klaren darüber, daß eine Entscheidung
zur Rückkehr nach Moab auch den fortgesetzten Einfluß der
moabitischen Götter , einschließlich des Hauptgottes Kemosch (
4Mo 21,29; 1Kö 11,7 ), mit sich brachte, aber die Bedeutung
eines neuen Ehemannes für Rut schien wichtiger zu sein. Sie
machte es Rut nicht leicht, zum Glauben an den Gott Israels zu
kommen. Rt 1,16 Rut hatte dreimal der Aufforderung ihrer
Schwiegermutter, nach Moab zurückzukehren, widerstanden (V. 11 -
12.15 ). Sie wählte ein Leben mit Noomi anstelle ihrer Familie,
ihrer Nationalität und ihres Götzendienstes. In einer der
schönsten Ausdrucksformen der Hingabe in der Weltliteratur
verband sie ihre Zukunft mit der Noomis. Sie erklärte das Volk
Israel ( dein Volk ) zu ihrem Volk und den Gott Israels ( dein
Gott ) zu ihrem Gott. Wir haben hier ein deutliches Beispiel
eines völligen Bruches mit der Vergangenheit vor uns. Wie
Abraham entschied sich Rut dafür, das Land ihrer götzendienenden
Vorfahren zu verlassen und in das Land der Verheißung zu ziehen.
Doch Rut tat dies, ohne von einer Verheißung ermuntert zu
werden. Ja, sie fällte die Entscheidung sogar, obwohl Noomi sie
mehrfach ermutigte, das Gegenteil zu tun. Rt 1,17 Ruts Entscheidung war so ernst, daß sie die
Erwähnung von Tod und Begräbnis einschloß. Sie würde bei Noomi
bis zum Tod und darüber hinaus bleiben. Um die Ernsthaftigkeit
ihrer Entscheidung zu unterstreichen, rief sie das Gericht des
Gottes Israels für den Fall herab, daß sie ihre Verpflichtung
zur Hingabe an ihre Schwiegermutter brechen sollte. Ruts
Bekehrung war vollständig. Die folgenden Ereignisse zeigen, daß
ihr Leben mit ihrem Bekenntnis in Einklang stand. Rt 1,18 Noomi ließ davon ab , Rut zur Rückkehr nach
Moab zu drängen. Da Rut in ihrem Bekenntnis den Namen Gottes
angerufen hatte (V. 17 ), verstummte Noomi. Es war nichts mehr
hinzuzufügen. Das Buch Rut berichtet nirgends, daß Noomi ihre
Schwiegertochter in der Gemeinschaft derer, die auf Gott
vertrauen, begrüßte. Rut hatte durch ihren Glauben die
Hindernisse überwunden, die vor ihr aufgebaut worden waren. |
Noomis Klage wurde konkret. Vor Jahren war sie
voll , d. h. mit einem Ehemann und zwei Söhnen, nach
Moab gezogen, nun kehrte sie
leer zurück . In ihrer Trauer und Depression war sie
nicht in der Lage, in ihren moabitischen
Schwiegertöchtern irgendeinen Wert zu erkennen. Später
erfuhr sie jedoch großen Segen durch Rut (
Rt 4,15 ). Noomi war sich sicher, daß Gott an allem
schuld war. Ihre Rückkehr vertiefte ihr Leid nur. Sie
sah nichts als die Einsamkeit und Hilflosigkeit einer
Witwe vor sich. Ihre Klage beginnt und endet mit der
Nennung
des Allmächtigen , dem Namen des allmächtigen
Gottes. Gott würde in ihr tiefes Leid bald gnädig
eingreifen.
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