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Sacharja Walvoord
Sacharja (F. Duane Lindsey)
EINLEITUNG
In einer oft zitierten Äußerung nannte George L.
Robinson das Buch Sacharja "die messianischste, apokalyptischste und
eschatologischste aller Schriften des Alten Testaments" ( International
Standard Bible Encyclopedia . Grand Rapids: Wm. B. Eerdmans Publishing
Co., 1956, 5,136). Diese Betonung des messianischen Aspekts ist
sicherlich eine Erklärung dafür, daß Sacharja im Neuen Testament so
häufig zitiert wird. So zählen Nestle und Aland 41 Zitate und
Anspielungen (Eberhard Nestle und Kurt Aland, Hrsg., Novum Testamentum
Graece . New York: American Bible Society, 1950, S. 670 - 671).
Der Prophet Sacharja
Der nachexilische Prophet Sacharja kam in Babylon
zur Welt. Er war ein in Babylon geborener Levit ( Neh 12,1.16 ),
ein Sohn des Berechja und Enkel des Priesters
Iddo ( Sach 1,1 ).
Esra und Nehemia nannten ihn einen "Sohn Iddos"
( Esr 5,1; Esr 6,14 ; vgl. Neh 12,4.16 ),
was vielleicht darauf hindeutet, daß Sacharjas
Vater früh starb,
so daß Sacharja die Nachfolge seines Großvaters
antrat (vgl. Neh 12,4.16 ).
Sacharja war also, wie schon vor ihm Jeremia und
Hesekiel, Prophet und Priester. Sein Name, den außer ihm noch 30 andere
Personen des Alten Testaments tragen,
bedeutet "Jahwe gedenkt".
Sacharja, ein Zeitgenosse des Propheten Haggai,
des Statthalters Serubbabel und des Hohenpriesters Jeschua ( Esr 5,1-2;
Sach 3,1; 4,6; 6,11 ), war zusammen mit etwa 50 000 anderen jüdischen
Exilanten aus Babylon nach Jerusalem zurückgekehrt. Als er sein
Prophetenamt antrat, war er wahrscheinlich noch ein relativ junger Mann
(vgl. Sach 2,8 ), im Gegensatz zu Haggai, der wohl bereits ziemlich
betagt war.
Der historische Hintergrund
Die Eroberung Jerusalems durch die Truppen
Nebukadnezars im Jahr 586 v. Chr. bedeutete das Ende des Königreiches
Juda, so wie die frühere Niederlage gegen die Assyrer im Jahr 722 v.
Chr. zum Untergang des Nordreichs Israel geführt hatte. Die meisten
Einwohner Jerusalems wurden, wie der Prophet Jeremia geweissagt hatte (
Jer 25,11; 29,10 ), nach Babylon deportiert, wo sie 70 Jahre im Exil
lebten. In der Zeit des Exils wurde dem Propheten Daniel offenbart, daß
so lange heidnische Könige über Juda und Israel herrschen sollten, bis
Gott sein Königreich auf Erden unter der Herrschaft des Messias
errichten werde ( Dan 2;7 ). Jesus Christus bezeichnete diese Periode in
der jüdischen Geschichte als die "Zeiten der Heiden" ( Lk 21,24 ).
Als das babylonische Reich an die Perser gefallen
war (539 v. Chr.), erließ Kyrus der Große ein Dekret, in dem er den
Juden die Rückkehr nach Jerusalem und den Wiederaufbau des Tempels
gestattete ( Esr 1,2-4 ; vgl. Jes 44,28 ). Doch nur eine kleine
Minderheit von ungefähr 50 000 Juden (darunter auch Haggai und Sacharja)
machte sich dann - unter der Führung des Statthalters Serubbabel und des
Hohenpriesters Jeschua - tatsächlich auf den Heimweg ( Esr 2 ). In
Jerusalem wurden schon bald, auf einem neu erbauten Altar für
Brandopfer, die levitischen Opferungen wieder aufgenommen ( Esr 3,1-6 ),
und im zweiten Jahr der Rückkehr wurde dann der Grundstein für den
Tempel gelegt ( Esr 3,8-13; 5,16 ). Äußerer Druck und innere
Niedergeschlagenheit brachten die Bautätigkeit jedoch rasch zum Erliegen
- für nahezu 16 Jahre. Diese Zeit religiöser Apathie hielt bis zur
Regierungszeit des persischen Königs Darius Hystaspes (522 - 486 v.
Chr.) an. Im zweiten Regierungsjahr von Darius (520 v. Chr.) schickte
Gott den Propheten Haggai, der die Juden zum Weiterbau ermutigen sollte
( Esr 5,1-2; Hag 1,1 ). Haggai hielt in vier Monaten vier Ansprachen und
verschwand dann wieder vom Schauplatz der Geschichte. Zwei Monate nach
der ersten Botschaft Haggais trat der Prophet Sacharja sein Amt an (vgl.
Hag 1,1; Sach 1,1 ). Auch er machte den Menschen Mut zu einem religiösen
Neuanfang und motivierte sie zur Weiterarbeit am Tempel, indem er ihnen
Gottes Pläne für Israels Zukunft verkündigte. Solchermaßen unterstützt,
konnte Israel den fertiggestellten Tempel im Jahr 515 v. Chr. einweihen
( Esr 6,15 ). Die Prophezeiungen Sacharjas, die mit genauen Daten
versehen sind, fallen in die Zeit der Arbeit am Tempel. Die undatierten
Teile ( Sach 9-14 ) stammen wahrscheinlich aus einer späteren Zeit.
Die folgende Tabelle enthält eine
Gegenüberstellung der wichtigsten Daten der Amtszeiten Haggais und
Sacharjas (vgl. die Tabelle "Chronologie der nachexilischen Propheten"
bei Esr 1,1 ). Wichtige Ereignisse zur Zeit Haggais und Sacharjas
29. August 520 v. Chr. Haggais erste Predigt (
Hag 1,1-11; Esr 5,1 )
21. September 520 Wiederauf nahme des Tempelbaus
( Hag 1,12-15; Esr 5,2 )
17. Oktober 520 Haggais zweite Predigt ( Hag
2,1-9 )
Oktober/November 520 Beginn des Dienstes von
Sacharja ( Sach 1,1-6 )
18. Dezember 520 Haggais dritte und vierte
Predigt ( Hag 2,10-23 )
15. Februar 519 Sacharjas achte Vision ( Sach
1,7- 6,8 )
7. Dezember 518 Delegation aus Bethel ( Sach 7 )
12. März 515 Tempelein weihung ( Esr 6,15-18 )
Die Einheit des Buches Sacharja
Zweifel an der Einheit
des Buches wurden zum ersten Mal laut, als einige Forscher die Kapitel 9
- 14 einem vorexilischen Autor wie Jeremia zuschrieben (vgl. Sach
11,12-13; Mt 27,9-10 ). Die Mehrheit der Kritiker plädierte jedoch im
allgemeinen dafür, daß die Kapitel lange nach Sacharja entstanden
(ungefähr im 3. Jahrhundert v. Chr.). Die Argumente für eine spätere
Datierung stützen sich dabei vor allem auf stilistische Unterschiede und
angebliche historische Diskrepanzen. Diese Argumente wurden jedoch von
den Anhängern der konservativen Bibelforschung weitgehend widerlegt, die
den Nachweis führten, daß das ganze Buch Sacharja wirklich von einem
einzigen Propheten geschrieben wurde (z. B. Hobart E. Freeman, An
Introduction to the Old Testament Prophets .
Chicago: Moody Press, 1968, S.
337 - 344; Merrill F. Unger, Commentary on Zechariah , S. 12 - 14).
Der Wechsel des Themas, die
literarische Form und auch die Tatsache, daß der Text von Kapitel 9 - 14
wahrscheinlich zu einem späteren Zeitpunkt in Sacharjas Leben entstand,
bieten eine hinreichende Erklärung für die stilistischen Abweichungen in
diesem Teil des Buches. Auch der Umstand, daß in Sach 9,13 von
Griechenland die Rede ist, ist für sich allein genommen kein Grund für
eine spätere Datierung, wenn man davon ausgeht,daß eine Prophezeiung ja
immer Weissagungscharakter hat.
Stil und literarische Gattung des Buches Sacharja
Sacharjas Stil zeichnet sich durch die gedrängte
Form und eine sehr bildhafte, anschauliche Sprache aus. Die Themen, die
der Prophet aufgreift, sind denen seiner Vorgänger durchaus verwandt.
Doch ebenso groß ist Sacharjas eigenständige gedankliche und formale
Kreativität, in der ihn der Geist Gottes zur Niederschrift der
göttlichen Offenbarung, die ihm zuteil wurde, inspirierte.
Das Buch Sacharja weist Merkmale mehrerer
literarischer Gattungen auf. Nach der anfänglichen Ermahnung (einem
Aufruf zur Buße; Sach 1,2-6 ) beschreibt Sacharja acht prophetische
Traumvisionen, die er alle in einer einzigen Nacht sah ( Sach 1,7-6,8 ).
Diese Visionen sind in der Form apokalyptischer ("Offenbarungs"-)
Literatur wiedergegeben - sehr anschauliche, in höchstem Grade bildhafte
Beschreibungen eschatologischer Ermutigung. In Kapitel9 -14 folgen dann
zwei prophetische "Lasten" (vgl. den Kommentar zu Sach 9,1 ), die vor
allem Verheißungen über Israels zukünftige Erlösung enthalten.
GLIEDERUNG
I. Die acht symbolischen Visionen ( Kap. 1-6 )
A. Die Eiführung zu den Visionen ( 1,1-6 )
1. Das Vorwort zum Aufruf zur Buße (
1,1 )
2. Die Einzelheiten des Aufruf zur Buße
( 1,2-6 )
B. Die Mitteilung der Visionen ( 1,7-6,8 )
1. Die Vision des Reiters auf dem roten
Pferd zwischen Myrten ( 1,7-17 )
2. Die Vision der vier Hörner und der
vier Schmiede ( 2,1-4 )
3. Die Vision des Mannes mit der
Meßschnur ( 2,5-17 )
4. Die Vision der Reinigung ung Krönung
Jeschuas ( Kap.3 )
5. Die Vision des goldenen Leuchters
und der zwei Ölbäume ( Kap.4 )
6. Die Vision der fleigenden
Schriftrolle ( Kap.5,1-4
7. Die Vision die frau in der Tonne (
5,5-11 )
8. Die Vision der vier Wagen ( 6,1-8 )
C. Der symbolische Schlußakt der Visionen (
6,9-15 )
1. Der symbolische Krönung ( 6,9-11 )
2. Die Botschaft für den Propheten (
6,12-13 )
3. Die sichtbare Erinnerung ( 6,14 )
4. Die universale Bedeutung ( 6,15 )
II. Die vier Erklärungen( Kap. 7-8 )
A. Die Botschaft über die Fastenfrage (
7,1-3 )
B. Die Botschaft des Herrn ( 7,4-8,23 )
1. Der Verwies ( 7,4-7 )
2. Die Buße ( 7,8-14 )
3. Die Wiederherstellung ( 8,1-17 )
4. Die Freude ( 8,18-23 )
III. Zwei Offenbarungen ( Kap. 9-14 )
A. Der gesalbte König wird nicht empfangen (
Kap. 9-11 )
1. Die Bestrafung der Nachbarvölker
Israels ( 9,1-8 )
2. Die Segnungen des Messias (
9,9-10,12 )
3. Die Ablehnung des guten Hirten und
die Folgen für Israel ( Kap.11 )
B. Die Inthronisation des verschmähten
Königs ( Kap. 12-14 )
1. Die Erlösung Israels ( Kap. 12-13 )
2. Die Rückkehr des Königs ( Kap. 14 )
AUSLEGUNG
I. Die acht symbolischen Visionen
( Sach 1-6 )
A. Die Einführung zu den Visionen
( 1,1 - 6 )
Das Vorwort des Buches Sacharja enthält gleichsam
eine Einführung in die acht apokalyptischen Visionen des Propheten. In
einem machtvollen Aufruf zur Buße nennt er die Vorbedingungen für die
Segnungen, die Israel in den acht folgenden Visionen verheißen werden.
Verhärteten Herzen wird Gott keinen Trost gewähren. Sein Bund mit
Abraham (vgl. 1Mo 12,2-3; 15,5-21 ) und David (vgl. 1Sam 7,8-16 )
besiegelte zwar, daß er seine Pläne mit Israel letztlich wahrmachen
würde, doch dieser Bund hob nicht die Notwendigkeit auf, daß sich jede
Generation ihm aufs neue gehorsam erweisen mußte, um seinen Segen zu
erlangen.
1. Das Vorwort zum Aufruf zur Buße
( 1,1 )
Sach 1,1
Vers 1 nennt in einem Atemzug die Zeit, die
Quelle und den Überbringer des Aufrufs zur Buße. Der genaue Tag im
achten Monat (der am 27. Oktober 520 v. Chr. begann) wird nicht
angegeben; er scheint also unwichtig zu sein. Wichtiger ist dagegen die
Tatsache, daß ein jüdischer Prophet seine Prophezeiung nach der
Regierungszeit eines heidnischen Monarchen datierte. Das war für alle
Zuhörer Sacharjas eine deutliche Erinnerung daran, daß sie in den
"Zeiten der Heiden" (vgl. Lk 21,24; Dan 2;7 ) lebten und daß kein
Davidssproß in Jerusalem auf dem Thron saß (vgl. Hos 3,4-5 ). (Zu einer
Auflistung der Daten in Esra, Haggai und Sacharja vgl. die Einführung .)
Sacharja war nur der Überbringer der
Prophezeiung, nicht ihre Quelle; ihm geschah , wie vielen anderen wahren
Propheten vor ihm, das Wort des HERRN (z. B. Hos 1,1; Joe 1,1 ; u. a.).
Als Prophet war Sacharja nur Knecht und Bote, berufen, Gottes Wort dem
Volk zu verkündigen. Über seine Herkunft, die in Sach 1,7 noch einmal
angegeben wird, steht in Esr 5,1 und Esr 6,14 etwas anderes; hier wird
Sacharja als " Sohn Iddos " bezeichnet. (Im Hebräischen meint das Wort
"Sohn" häufig ganz allgemein einen Nachkommen.) Auf diese Weise wird der
Prophet mit seinem berühmten Großvater in Verbindung gebracht. (Die
Angaben zu Jehus Abstammung in 2Kö 9,2.14; 1Kö 19,16 und 2Kö 9,20
veranschaulichen dasselbe Phänomen.)
2. Die Einzelheiten des Aufrufs zur Buße
( 1,2 - 6 )
Die feierliche Warnung, nicht in die Sünden der
Väter zu verfallen (vgl. Paulus' Warnung in 1Kor 10,11 ), sollte
jegliche falsche Sicherheit, in der sich Sacharjas Zeitgenossen
angesichts der großen Dinge, die Gott mit Israel vorhatte, vielleicht
wiegen könnten, von vornherein im Keim ersticken. Die Warnung für die
Gegenwart, die sowohl den göttlichen Zorn ( Sach 1,2 ) als auch Gottes
Gnade hervorhebt (V. 3 ), schöpft ihren Ernst aus einer dreifachen Lehre
aus der Vergangenheit - sie warnt vor Ungehorsam (V. 4 ), Aufschub der
Reue (V. 5 ) und Zweifel (V. 6 ).
Sach 1,2
Sacharja bestätigt, daß die Zerstörung Jerusalems
und das Exil - Erfahrungen, die die vorherigen Generationen durchmachen
mußten - ein Ausdruck göttlichen Zorns waren. Die Wendung " Der HERR ist
zornig gewesen " (wörtlich: "zornig im Zorn") bekundet das extreme
Mißfallen Gottes. Der Herr ("Jahwe"), der eine persönliche
Bundesbeziehung mit dem Volk Israel eingegangen war, war zornig über
dessen Väter, besonders über die letzte Generation vor der
Gefangenschaft (vgl. jedoch 2Kö 21,14-15 ), weil sie sich ihm widersetzt
hatte.
Sach 1,3
Die Sünden der Väter hatten zur Zerstörung des
Tempels geführt, und die Sünden der jetzt Lebenden verursachten die
Verzögerungen bei seinem Wiederaufbau. Dennoch lädt der HERR Zebaoth in
seiner Gnade die Menschen noch immer zur Buße ein. Die dreifache
Wiederholung des göttlichen Namens betont den göttlichen
Befehlscharakter dieser Aufforderung zur Reue. Der einfache Entschluß,
den Tempel weiterzubauen, reicht allein nicht aus, um den göttlichen
Segen zu erhalten. Es ist vielmehr nötig, sich zu Gott - nicht nur zu
seinem Gesetz oder zu seinen Wegen, sondern zu dem Herrn selbst - zu
bekehren. Die Reue der Menschen zwei Monate zuvor (vgl. Hag 1,12-15 )
war anscheinend eher unverbindlich geblieben, denn der Weiterbau am
Tempel war wieder erlahmt. Nun soll ihnen eine vorbehaltlose Bekehrung
zum Herrn Gottes Segen bringen: " so will ich mich zu euch kehren. "
Sach 1,4
Die Warnung vor Ungehorsam erinnert an das
schlechte Beispiel ihrer Väter, die sich nicht nur dem Herrn
widersetzten, sondern es auch ablehnten, auf die Warnungen der
vorexilischen Propheten zu hören. Diese früheren Propheten waren von
Sacharja und seinen Zeitgenossen durch die Jahre des Exils in Babylon
getrennt. Ein Hauptanliegen (wenn auch nicht der einzige Gehalt) der
vorexilischen Predigten war der Ruf zur Buße: " Kehrt um von euren bösen
Wegen und von eurem bösen Tun! " Daran wird der Charakter prophetischer
Botschaften für die jeweils eigene Generation deutlich (vgl. Jer
3,12-14; 18,11; 25,5-6; Hes 33,11; Hos 14,2; Joe 2,12-13; Am 5,4-6 ). In
Sacharjas Amt überwiegt dagegen ein anderer Aspekt der Prophezeiung (die
Weissagung; vgl. Sach 9-14 ). Die Ablehnung der Väter ( aber sie
gehorchten nicht und achteten nicht auf mich ) offenbarte sich bereits
den früheren Propheten (z. B. Jer 17,23; 29,19; 36,31 ).
Sach 1,5
Die Warnung vor dem Aufschub der Reue wird in
zwei glänzende rhetorische Fragen gekleidet, die auf die Kürze des
menschlichen Lebens verweisen. Sacharja fragt: " Wo sind nun eure Väter?
" Sie sind umgekommen durch Schwert, Hunger und Pest oder auch eines
natürlichen Todes gestorben, wie die frühreren Propheten geweissagt
hatten. Sacharja fragt weiter: " Und die Propheten, leben sie noch? "
Die Antwort lautet natürlich: "Nein!" Auch ihre Amtszeit war nur kurz,
also sollte die Gelegenheit zur Buße, die sie boten, nicht vertan
werden.
Sach 1,6
Sacharjas Worte über das sichere Eintreffen und
die Wirksamkeit des göttlichen Gerichts enthalten eine Warnung vor dem
Zweifel.
Die Grundlage für die Botschaft des Gerichts sind
" meine Worte " (über die drohende Strafe; z. B. Jer 39,16 ) und " meine
Gebote " (d. h. Gerichtsbeschlüsse; z. B. Jes 10,3 ). Wenn auch die
Propheten starben, so lebt doch Gottes Wort und wird erfüllt werden. Die
Gewißheit seiner Erfüllung zeigt sich schon daran, daß Gottes Worte und
Gebote die Väter der jetzt Lebenden getroffen haben.
Das hebräische Wort für "treffen" ist ein Begriff
aus dem Bereich der Jagd; er veranschaulicht, daß das Gericht Gottes die
Übeltäter verfolgt und einholt. Dasselbe Wort wird in 5Mo 28 für das
Gericht ( 5Mo 28,15.45 ) und für den Segen ( 5Mo 28,2 ) verwendet, steht
aber auch für die Tat des "Bluträchers" ( 5Mo 19,6 ).
Daß die Väter haben umkehren müssen , bedeutet
nicht zwangsläufig, daß sie sich zu Gott wandten, sondern meint
vielleicht nur, daß sie zur Vernunft kamen und erkannten, daß sie Strafe
verdienten, womit Gott genau das erreicht hatte, was er mit ihrer
Verbannung ins Exil bezweckt hatte ( Kl 2,17 ).
Andererseits bereuten in der Zeit des Exils
sicherlich viele Menschen aufrichtig und erwarben damit die Vergebung
und die darauffolgende Wiedereinsetzung in ihr Land.
Voraussetzung für die Erfahrung des Segens, der
sich in Sacharjas Visionen und Prophezeiungen offenbart, ist also eine
echte und aus ganzem Herzen kommende Bekehrung zum Herrn Zebaoth. Die
Menschen sollen nicht wieder ungehorsam sein wie die frühere Generation,
die durch das göttliche Gericht ins Exil
Sach 1,7.8 (Sach 1,7b.8a)
Die Quelle von Sacharjas Visionen wird mit der
Wendung " geschah das Wort des HERRN " (vgl. V. 1 ) ganz klar
bezeichnet. Diese prophetische "Formel" leitet stets eine göttliche
Offenbarung ein. Die Visionen und teilweisen Deutungen, die der Prophet
vor seinem inneren Auge sah, hatten die Bedeutung von
Verbalinspirationen, die durch Worte Gottes ergänzt wurden. Die Worte "
Ich sah " geben an, wie Sacharja die Offenbarung zuteil wurde. Sie
beziehen sich nicht auf einen Traum und sind auch keine bloße
literarische Formel. Sacharja war während des ganzen Geschehens wach,
wie aus seinen Fragen und Einwürfen hervorgeht.
Sach 1,8 b
Die Vision umfaßt drei Dinge: (a) die
Beschreibung dessen, was Sacharja sieht (V. 8 ), (b) die Deutung des
Geschauten (V. 9 - 11 ) und (c) die Fürbitte des Engels des Herrn (V. 12
).
Die vorrangige Konzentration der Vision auf den
Mann auf einem roten Pferde legt nahe, daß es sich bei ihm um den
Anführer der Reiter handelte. Er hielt auf dem Pferd, als warte er auf
den Bericht seiner Kundschafter. In Vers 11 wird er als "der Engel des
Herrn" identifiziert. Dieser Bote (vgl. den Kommentar zu V. 11 ) befand
sich zwischen den Myrten im Talgrund , möglicherweise im Kidrontal
östlich oder südöstlich von Jerusalem, wo es diese duftenden immergrünen
Sträucher wahrscheinlich im Überfluß gab. Hinter ihm standen weitere
Reiter (die Bericht erstatten sollten; V. 11 ). Wichtig sind jedoch vor
allem die Farben der Pferde: es waren rote (kastanienrot), braune
(rotbraun) und weiße . Welche Bewandtnis es mit den Farben hat, wird
nicht gesagt; hinzu kommt noch die Schwierigkeit, daß das hebräische
Wort, das hier mit "braun" übersetzt ist, im Alten Testament nur an
dieser einen Stelle vorkommt, so daß seine Bedeutung also keineswegs
gesichert ist.
Sach 1,9-11
Auf Sacharjas Frage nach der Bedeutung der Vision
( Wer sind diese? ; vgl. Sach 2,2; 4,4.11; 6,4 ; vgl. auch Sach 5,6 )
antwortet ihm ein Engel. Im Unterschied dazu fragt in der fünften und
sechsten Vision der Engel Sacharja, ob er die Bedeutung wisse ( Sach
4,2.5.13; 5,2 ) - wahrscheinlich, um seine Neugierde zu erregen. Dieser
Engel, der mit mir redete ( Sach 1,13-14; 2,2.7; 4,1; 5,10; 6,4 ), ist
jedoch nicht der Engel des HERRN ( Sach 1,11-12; 3,1-6 ). Er zeigt
Sacharja die Bedeutung der Vision, indem er die in ihr auftretenden
Personen zu Wort kommen läßt. Zunächst spricht die Hauptfigur, der
Reiter auf dem roten Pferd, der von den anderen Reitern sagt: " Diese
sind's, die der HERR ausgesandt hat, die Lande zu durchziehen ." Die
Wendung "zu durchziehen" scheint hier die militärische Bedeutung von
"patrouillieren" oder "kundschaften" zu besitzen. So wie die persischen
Könige Botschafter in das ganze Reich entsandten, hat der Engel des
Herrn berittene Engel ausgesandt, um zu erkunden, wie es in der Welt
steht.
Die Patrouille erstattet ihrem Führer, nun "Engel
des Herrn" genannt, Bericht. Daß dieser "Engel" (wörtlich: "Bote") eine
Manifestation des präinkarnierten Christus ist, wird im dritten Kapitel
deutlich, wo er ganz direkt der "Herr" genannt wird (bei Luther steht
auch hier der "Engel des Herrn"), der allerdings seinerseits von einem
anderen "Herrn" spricht ( Sach 3,2 ). Darüber hinaus übt er das
göttliche Vorrecht, Sünden zu vergeben, aus ( Sach 3,4 ). (Vgl. den
Kommentar zum "Engel des Herrn" in 1Mo 16,7 .) DiePatrouille hat gemäß
ihrem Auftrag die Lande durchzogen und hat die Erde ruhig und still , d.
h. friedvoll und ohne kriegerische Auseinandersetzungen, gefunden.
Israel hatte jedoch keineswegs Ruhe und Frieden. Enthält die Aussage der
Kundschafter nun gute oder schlechte Nachrichten für das Volk? Wenn sie
sich auf den Frieden im zweiten Regierungsjahr des Darius bezieht, so
wären die Ruhe und der Frieden das Ergebnis persischer Unterdrückung und
Ungerechtigkeit - also schlechte Nachrichten für die Israeliten, die
unter der Herrschaft der Heiden leben. Doch vielleicht hat die Vision
einen stärker eschatologischen Bezug und antizipiert das weltweite
Königreich des Messias; die Reiter durchsuchten schließlich nicht nur
das riesige persische Reich, sondern alle Lande . Andererseits kann
"alle Lande" natürlich auch nur eine Redefigur (Synekdoche) für das
persische Reich sein.
Sach 1,12
Die Fürbitte durch den Engel des HERRN ist
ungewöhnlich. Normalerweise fungiert dieser göttliche Bote als Vertreter
Gottes gegenüber dem Volk und nicht umgekehrt. Daß er im Gebet den HERRN
Zebaoth anspricht, spricht für eine Unterteilung der Gottheit in mehrere
Personen und stützt damit die These, daß die Lehre der Trinität im Alten
Testament bereits implizit enthalten ist. Die Klageformel " wie lange
noch? " ist ein Ausdruck dafür, wie dringend notwendig es ist, daß der
Herr sich für Israel einsetzt. Die verheißenen siebzig Jahre der
Gefangenschaft waren vorüber (vgl. Jer 25,12; 29,10 ), doch Jerusalem
war noch immer nicht wiedererbaut.
Sach 1,13
Die erste Vision zeigte, daß Gott die Welt
beobachtet und lenkt, doch nun folgt noch eine direkte, wörtliche
Botschaft des Trostes für Israel. Diese Botschaft vom Herrn (es kann
eventuell auch "der Engel des Herrn" aus Vers 12 sein) wird zunächst dem
Engel überbracht, der Sacharja die Visionen deutet. Dieser gibt sie dann
an Sacharja weiter, damit er sie dem Volk verkünden kann. Die Botschaft
enthält (a) eine Aussage über Gottes Liebe zu Israel (V. 13 - 14 ), (b)
Gottes Zorn über die Völker (V. 15 ) und (c) Gottes Segen für Israel (V.
16 - 17 ).
Der Inhalt der " freundliche(n) und tröstliche(n)
Worte ", die Gutes verheißen und Trost bringen, steht in den Versen 14 -
17 .
Sach 1,14
Gottes große Liebe für sein Volk ( Jerusalem und
Zion ) spricht aus der Wendung " ich eifere mit großem Eifer "
(wörtlich: "eifersüchtig vor großer Eifersucht"). Diese Formulierung
drückt seinen brennenden Wunsch aus (vgl. Sach 8,2 ), seine Liebe zu
seinem Bundesvolk Israel zu bewahren. Diesen brennenden und dadurch
manchmal auch verheerenden Eifer Gottes erlebte Juda seit 70 Jahren (
Sach 1,12 ). Jetzt aber richtet sich Gottes Zorn gegen die Völker. Der
Zorn Gottes ist denn auch das Thema der zweiten Vision ( Sach 2,1-4 ).
Sach 1,15
Gottes Zorn auf die Völker ( ich bin sehr zornig
; wörtlich: "mit großem Zorn bin ich zornig"; vgl. V. 2 ) wirkt doppelt
bedrohlich auf dem Hintergrund der falschen Sicherheit, in der sie sich
unvorsichtigerweise wiegen. Er ist so zornig auf sie, weil sie Israel
viel zu lange und zu schwer bestrafen, obwohl er, Gott, doch " nur ein
wenig zornig " war, d. h. sein Volk nur mäßig bestraft sehen wollte. Die
Völker dagegen " halfen zum Verderben " Israels und überschritten die
Grenzen, die Gott der Bestrafung des Volkes gesetzt hatte (vgl. Jes 47,6
).
Sach 1,16-17
Gottes Liebe zu Israel und sein Zorn über die
Heiden führt nun (darum) zu sechs Segensversprechungen für Israel: 1.
die Gegenwart Gottes in Jerusalem ( ich will mich wieder Jerusalem
zuwenden mit Barmherzigkeit ; vgl. Hes 43,5; 48,35 ) im Gegensatz zum
Rückzug der göttlichen Herrlichkeit aus dem vorexilischen Tempel ( Hes
10,18-19; 11,22-23 ); 2. der Wiederaufbau des Tempels ( mein Haus soll
wieder aufgebaut werden ; vgl. Hes 40-48 ); 3. der Wiederaufbau der
Stadt ( die Meßschnur soll über Jerusalem gespannt werden ; vgl. Jer
31,38-40 ); 4. neuer Wohlstand für Israel ( meine Städte (sollen) wieder
Überfluß haben an Gottes Segen, daß die Stadtmauernihn kaum werden
fassen können; vgl. Jes 60,4-9 ); 5. Trost für die Einwohner Jerusalems
( Zion ) durch die Erfüllung Gottes gnädiger Verheißungen (vgl. 5Mo
13,18; 30,3; Jes 14,1; 49,15 ); und 6. die Erwählung Israels (vgl. Sach
2,16; 3,2 ); das bezieht sich darauf, daß Gott seine Liebe über sie
ausschütten wird und ist vielleicht zugleich eine Vorwegnahme des neuen
Bundes mit Israel ( Jer 31,31-40 ; vgl. Röm 11,26-27 ).
Aus der Sicht des Neuen Testaments tritt die
endgültige Erfüllung dieser Segenssprüche bei der Wiederkunft Christi
ein, wenn der Tempel des Tausendjährigen Reiches vollendet ist und das
Heil dieser Zeit anbricht, wie die oben erwähnten Parallelstellen
ausführen. Obgleich der Tempel etwa vier Jahre nach dieser Prophezeiung
fertiggestellt ( Esr 6,15 ) und die Stadt etwa 80 Jahre später teilweise
wiedererbaut war ( Neh 6,15 ), deuten die Textstellen aus Hesekiel
darauf hin, daß Gott erst im Tausendjährigen Reich wieder im Tempel
wohnen wird. Doch vielleicht glaubten die Zeitgenossen von Sacharja
auch, der versprochene Segen stünde unmittelbar bevor; eine Überzeugung,
die ihnen sicherlich eine Hilfe beim Wiederaufbau des Tempels war.
Mehrere wichtige Details dieser ersten Vision
werden in den beiden nächsten Visionen weiter ausgeführt. So wird in der
zweiten Vision Gottes Mißfallen an den Völkern anschaulich gemacht, und
die dritte handelt davon, daß Gott Israel durch den Segen seiner
Gegenwart zu neuer Blüte bringt.
2. Die Vision der vier Hörner und der vier
Schmiede
( 2,1 - 4 )
Der Trost, von dem in den Versen 1.13.17 die Rede
ist, wird in den gegensätzlichen Bildern der zweiten und dritten Vision
panoramaartig entfaltet. Die zweite Vision zeigt Gottes Gericht über all
jene Völker, die Israel bedrängen ( Sach 2,1-4 ), während die dritte
Vision ausmalt, wie Gott das blühende Israel segnen wird ( Sach 2,5-17
). Die Vision der vier Hörner und der vier Schmiede stellt dar, wie Gott
sein in Sach 1,15 bekundetes Mißfallen an den Völkern zu erkennen geben
wird. Die Völker, die Israel zerstreut haben, werden nun selbst zermalmt
werden.
a. Die vier Hörner
( 2,1 )
Sach 2,1
Sacharja hob seine Augen auf , um das neue Bild,
das vor seinen Augen entstand, zu sehen (vgl. Sach 2,5; 5,1.9; 6,1; Dan
8,3; 10,5 ). Er sieht vier Hörner , wie die eines Widders oder einer
Ziege (vgl. Dan 8,3-8 ). Hinweise auf irgendwelche Tiere fehlen jedoch,
es ist daher anzunehmen, daß die Hörner isoliert oder abstrakt sichtbar
wurden.
b. Die vier Hörner werden identifiziert
( 2,2 )
Sach 2,2
Wieder fragt Sacharja: " Wer sind diese? " (vgl.
Sach 1,9; 4,4.11; 6,4 ; vgl. auch Sach 5,6 ). Das Horn ist das Symbol
unbezwingbarer Stärke (vgl. Mi 4,13 ). Häufig steht es auch für einen
heidnischen König und sein ganzes Reich ( Dan 7,24; Offb 17,12 ). Im
vorliegenden Zusammenhang symbolisieren die vier Hörner stolze
heidnische Mächte ("Hörner der Völker"; Sach 2,4 ), die Juda, das ist
Israel, und Jerusalem zerstreut haben ("Juda und Jerusalem" stehen für
das ganze Volk Gottes im Exil). Manche Forscher sehen in diesen vier
Hörnern die vier heidnischen Reiche aus Dan 2 und 7 (Babylon,
Medien/Persien, Griechenland und Rom). Dann wären die vier Schmiede die
Reiche, die auf diese folgten, wobei der vierte Schmied das messianische
Königreich des Himmels verkörpert ( Dan 2,44 ). Der Engel in Sacharjas
Vision sagt jedoch, die vier Hörner "haben" Israel "zerstreut" (Perfekt;
Sach 2,2 ), und zwar bevor die Schmiede erscheinen. Es scheint daher
plausibler, die Zahl vier entweder als eine "runde" Zahl, d. h. als
Verkörperung aller Widersacher Israels zu verstehen, oder aber die vier
Hörner auf die vier Völker zu beziehen, die Israel zerstreuthatten,
bevor Sacharja seine Vision sah (vielleicht Assyrien, Ägypten, Babylon
und Medien/Persien).
c. Die Einführung der vier Schmiede
( 2,3 )
Sach 2,3
Das hebräische Wort für Schmiede ( HArASIm )
bezeichnet ganz allgemein Arbeiter, die mit Holz, Stein oder Metall
umgehen können. Da das Material, aus dem die Hörner bestehen, nicht
erwähnt wird, ist die übliche Übersetzung mit "Schmiede" durchaus
zulässig.
d. Die Erklärung des Bildes der vier Schmiede
( 2,4 )
Sach 2,4
Was die vier Schmiede bedeuten, hängt davon ab,
wofür die vier Hörner stehen. Wenn die Hörner die späteren Königreiche
aus Daniels Vision darstellen ( Dan 2;7 ), dann verkörpern die Schmiede
Medien/Persien, Griechenland, Rom und das messianische Königreich.
Andernfalls handelt es sich wahrscheinlich um Völker, die Gott zur
Unterwerfung der früheren Unterdrücker Israels einsetzte, zu denen auch
Persien gehörte (vgl. den Kommentar zu Sach 2,2 ). Mit Sicherheit will
die Vision jedoch sagen, daß Gott Werkzeuge des Gerichts erstehen läßt,
die sein Volk Israel von allen seinen Feinden befreien.
3. Die Vision des Mannes mit der Meßschnur
( 2,5 - 17 )
a. Der Inhalt der Vision
( 2,5 - 6 )
Sach 2,5
Die Wendung " Und ich hob meine Augen auf " (vgl.
Sach 2,1; 5,1.9; 6,1 ) deutet den Übergang zu einer neuen Vision an und
steht für die Kontinuität mit der vorhergehenden. Nach seinem Gericht
über die heidnischen Völker wird Gott Jerusalem groß machen und es
schützen. Diese Kernbotschaft der Vision ist klar, über die Details
dagegen läßt sich weniger Genaues sagen, weil die für die Deutung
entscheidenden Fragen - wer sind die Personen, von denen in der Vision
die Rede ist, wo befinden sich die einzelnen Personen, wohin bewegen sie
sich, und wer spricht in Sach 2,8-17 nicht eindeutig zu beantworten
sind.
Der Beruf des Mannes wird durch die Meßschnur in
seiner Hand verdeutlicht. Es besteht keinerlei Grund, diesen Mann für
mehr als eben einen nicht eindeutig identifizierbaren Mann in der Vision
zu halten. Manche Exegeten setzen den "jungen Mann" in Vers 5 allerdings
mit dem "Mann mit der Meßschnur" in Vers 1 gleich. Nach ihrer Ansicht
verließ der erklärende Engel, der die Visionen deutet, Sacharja und traf
einen anderen Engel, der ihn aufforderte, den Vermesser, der sich über
den Wiederaufbau der Stadtmauer Jerusalems täuschte, zurückzurufen. Es
scheint jedoch plausibler, diesen jungen Mann mit Sacharja selbst
gleichzusetzen, der - als Erklärung für die Tätigkeit des Vermessers -
die Botschaft erhielt, daß Jerusalems Grenzen erweitert würden (V. 8 -
17 ).
Die Identität des Vermessers wird in der
Textstelle nicht enthüllt, Beachtung verdient jedoch die Auffassung, er
sei mit dem Engel des Herrn identisch ( Sach 1,11; 3,1 ; vgl. Hes 40,3
). Ein Vergleich dieser Vision mit Sacharjas erster Vision ( Sach 1,7-17
) macht die These, daß es sich bei dem Vermesser um den Engel des Herrn
handelt, der Sacharja die göttliche Offenbarung überbringt, noch
wahrscheinlicher. Auf jeden Fall sind die Worte in Sach 2,8-17 eine
Botschaft (oder eine Reihe von Botschaften) des Herrn selbst, die sich
zunächst an den jungen Mann (V. 8 - 9 ), dann an Israel (V. 10 - 16 )
und schließlich an "alles Fleisch" (V. 17 ) richtet.
Sach 2,6
Die Absicht des Vermessers ist es, wie er in
seiner Antwort auf Sacharjas Frage zu erkennen gibt, die Grenzen von
Jerusalem zu vermessen, wahrscheinlich, um die gegenwärtigen Grenzen der
Stadt, aus denen sich ihre zukünftige Größe entwickeln soll, anzuzeigen.
b. Die Mitteilung der Botschaft
( 2,7 - 17 )
Sach 2,7-8
Ein anderer Engel , der vielleicht von dem
Vermesser kommt, überbringt dem erklärenden Engel eine Botschaft für
Sacharja.
Sach 2,8
Jerusalem soll ohne Mauern bewohnt werden - das
deutet darauf hin, daß die Stadt unter dem göttlichen Segen über ihre
Grenzen hinauswachsen wird. Sie wird keine Mauern oder Festungsanlagen
brauchen, weil Gott bei ihr ist (vgl. V. 9 ; Hes 38,11 ).
Sach 2,9
Der Herr wird Jerusalem nach außen schützen und
sich in seinem Innern herrlich erweisen (vgl. Jes 60,19 ). Diese
Verheißung bezieht sich auf die persönliche Gegenwart des Herrn auf
Erden durch den Messias im Tausendjährigen Reich. Hesekiel sah die in
der Zukunft liegende Rückkehr der göttlichen Herrlichkeit in den Tempel
voraus ( Hes 43,2-5 ), doch Sacharja war es beschieden zu schauen, wie
sich diese Herrlichkeit über die ganze Stadt ( Sach 2,9 ) und das ganze
Land (V. 16 ; vgl. Sach 14,20-21 ) ausbreitet.
Sach 2,10-13
Die folgende Weissagung Gottes scheint die
praktische Konsequenz des vorher Geschauten zu sein. Sie gilt jenen
Zeitgenossen Sacharjas ( Zion bezieht sich auf die Juden), die noch
immer in Babel leben, und fordert sie dringend auf, nach Jerusalem
zurückzukehren. Der letzte Teil von Vers 10 sollte vielleicht eher
lauten: " denn ich habe euch wie die vier Winde (und nicht in die vier
Winde) unter dem Himmel zerstreut ". Das kann sich auf eine einmalige
gewaltsame Zerstreuung oder auch auf jede einzelne Vertreibung der Juden
aus ihrem Land beziehen. Die Exilanten lebten unversehrt in Babylon, dem
Lande des Nordens - so genannt, weil die Invasoren aus Babylon sich
Israel vom Norden her näherten. In Vers 12 - 13 spricht der Herr selbst
(d. h. der Engel des Herrn oder der Messias), wenngleich manche Exegeten
diese Passage auch als Sacharjas Erklärung seines prophetischen Auftrags
deuten. " Denn so spricht der HERR Zebaoth, der mich gesandt hat " ist
die Übersetzung einer schwierigen hebräischen Textstelle. Ihr
Grundgedanke scheint zu sein, daß Gott den Messias senden wird, um die
Völker, die euch beraubt haben , zu richten und Gottes Herrlichkeit zu
entfalten. Das wird geschehen in dem Gericht der Heiden bei der
Wiederkunft des Messias ( Mt 25,31-46 ). Das Bild vom Augapfel stammt
aus 5Mo 32,10 ; "Apfel" (wörtlich: "Tor oder Öffnung") bezieht sich
wahrscheinlich auf die Pupille - den verwundbarsten Teil des Auges, der
Schutz am nötigsten hat. Hier ist er ein Bild für das von Gott
beschützte Israel.
Sach 2,14-16
Diese Weissagung gilt vielleicht den wenigen, die
bereits nach Jerusalem zurückgekehrt sind. Wieder liegt der eigentliche
Grund für die Aufforderung zum Lob im messianischen Geschehen, in der
Vorfreude auf die Zeit, in der die Welt für Christi Herrschaft bereit
sein wird. " Freue dich und sei fröhlich " ist ein Ausruf des Lobes, der
in Liedern häufig vorkommt. Er steht immer in Verbindung mit der
Herrschaft Jahwes als König in Jerusalem (vgl. Ps 93;96;98; Jes 52,7-10;
Zeph 3,14-15 ). "Ich komme und will bei dir wohnen" bezieht sich auf die
Zeit, wenn der Messias auf dem Thron Davids sitzen wird. Möglicherweise
sind hier sogar beide Kommen Christi gemeint, wie etwa in Jes 9,5-6 und
Jes 61,1-2 .Doch die Betonung liegt auf jeden Fall auf der Wiederkunft
Jesu, bei der auch die Heiden an Gottes Segen für Israel teilhaben
werden. " Zu der Zeit " ist eine Kurzform des künftigen "Tages des
Herrn", an dem er kommen wird, um die Völker zu richten und seinen Bund
mit Israel im Tausendjährigen Reich zu erfüllen. Dort werden Menschen
aus vielen Völkern den Herrn anbeten (vgl. Sach 8,20-23; 14,16; Jes 2,3
). " In dem heiligen Lande " - eine Wendung, die in der Bibel nur an
dieser Stelle steht -, seinem Erbe (vgl. Sach 8,3 ), wird der Herr
wohnen, und er wird Jerusalem zur Hauptstadt der Welt ( Jes 2,1-2 )
erwählen (vgl. Sach 1,17; 3,2 ). Sach 2,17 : Die ganze Menschheit soll
sich in Schweigen und Ehrfurcht vor dem Allmächtigen neigen.
4. Die Vision der Reinigung und Krönung Jeschuas
( Sach 3 )
Topographisch wechselt das Umfeld von Sacharjas
Visionen nun anscheinend von dem Tal außerhalb Jerusalems (in den beiden
ersten Visionen; Sach 1,7-2,4 ) zu einem Beobachtungspunkt innerhalb der
Stadt (in der dritten Vision; Sach 2,5-17 ) und liegt jetzt im Tempelhof
selbst (in der vierten und fünften Vision; Sach 3-4 ). Die ersten drei
Visionen waren die symbolische Darstellung der äußeren Erlösung Israels
aus der Gefangenschaft, seiner flächenmäßigen Ausdehnung und der
materiellen Blüte des Landes, wohingegen die vierte Vision ( Sach 3 )
Israels innere Reinigung von der Sünde und seine Wiedereinsetzung in die
priesterlichen Ämter und Funktionen ausmalt.
a. Die symbolische Handlung
( 3,1 - 5 )
Der Herr zeigt Sacharja die Vision ("Er ließ mich
sehen"), dem diesmal die Identität der Handelnden und die Bedeutung
ihrer Handlungen völlig klar sind. Die vierte Vision unterscheidet sich
also von den vorhergehenden dadurch, daß Sacharja hier keine Fragen
stellt und auch keine Erklärungen von dem Engel erhält. Die Handelnden
oder Teilnehmenden sind (a) Jeschua, der Sohn Jozadaks, der Hohepriester
der Zeit des Wiederaufbaus des Tempels, der mit Serubbabel aus Babylon
zurückgekehrt war; (b) der Engel des Herrn, der präinkarnierte Christus,
der bereits in Sach 1,11-12 eingeführt wurde; (c) Satan, der Ankläger
(vgl. Offb 12,10 ); (d) wartende Engel ("denen, die vor ihm standen";
Sach 3,4 ); (e) der Prophet Sacharja.
Sach 3,1-2
Als erstes fällt die Position Jeschuas auf: " Wie
er vor dem Engel des HERRN stand ". Das Wort "stand" ist hier ein
Terminus für das Priesteramt (vgl. 5Mo 10,8; 2Chr 29,11 ) und damit ein
impliziter Hinweis auf die Göttlichkeit des Engels des Herrn und seine
Identität als präinkarnierter Christus. Das zeigt sich noch deutlicher
in Sach 3,2 , wo er selbst als "Herr" bezeichnet wird (Luther nennt ihn
auch hier "Engel des Herrn") und sich doch gleichzeitig von dem Herrn
abgrenzt, als er Satan anredet (vgl. den Kommentar zu Sach 1,11 ). Diese
Gleichsetzung des Engels des Herrn mit Christus wird weiter gestützt
durch Vers 4 , wo er selbst Sünden vergeben kann.
Satans Widerstand macht aus der priesterlichen
Szene eine Gerichtsszene. Er klagt Jeschua an. Doch der Engel des Herrn
tadelt Satan und spricht Jeschua frei - nicht, weil die Anklagen
ungerechtfertigt sind, sondern weil Gott seinem Volk Israel gnädig ist
und es erwählt hat. Jeschua vertritt an dieser Stelle in seinem Amt als
Hoherpriester das Volk Israel. Gottes Erwählung Jerusalems, nicht
Jeschuas, ist der Grund dafür, daß der Herr Satan schelten soll (V. 2 ).
An einer späteren Stelle wird die Sünde vom ganzen Land, nicht nur von
Jeschua, genommen (V. 9 ). Über Jeschua und seine priesterlichen
Begleiter wird gesagt, daß sie "Zeichen" seien (V. 8 ). So wie der
Hohepriester am Versöhnungstag das ganze Volk repräsentiert (vgl. 3Mo
16,1-10 ), wird hier der Hohepriester Jeschua als Vertreter des ganzen
Volkes Israel angeklagt und freigesprochen.
Sach 3,3-5
Die Sündenvergebung geschieht in Form des
Ablegens der " unreinen Kleider " Jeschuas, einem Bild für seine und des
ganzen Volkes Sünde und Schuld. Dann werden ihm " Feierkleider "
angezogen, ein Symbol seiner Reinheit nach der Vergebung der Sünden, und
er bekommt einen " reinen Kopfbund " aufgesetzt, möglicherweise ein
Sinnbild der Freude über seine Wiedereinsetzung in das Priesteramt. Das
ganze Schauspiel ist ein Symbol der Vergebung und Wiederherstellung
Israels als priesterliches Volk (vgl. 2Mo 19,6 ).
b. Die Mitteilung
( Sach 3,6-10 )
Diese Botschaft enthält eine Weissagung für
Jeschua (V. 6 - 7 ) und eine Erklärung des symbolischen Gehalts der
Vision (V. 8 - 10 ).
Sach 3,6-7
Jeschua werden zwei Bedingungen und drei Folgen
des göttlichen Segens verkündet. Die Wendung " in den Wegen des HERRN
wandeln " beschreibt das persönliche Verhalten der Priester (und
schließlich des ganzen Volkes) gegenüber Gott. Gottes " Dienst recht
versehen " (vgl. 1Kö 2,3 ) bezieht sich auf die gläubige Erfüllung der
priesterlichen Pflichten. Wenn Jeschua diesen Pflichten nachkommt, soll
er sich dreier Dinge erfreuen: 1. " mein Haus regieren ", d. h.
weiterhin Dienst im Tempel tun; 2. " meine Vorhöfe bewahren ", d. h. den
Tempel vor Götzendienst und anderer religiöser Verunreinigung schützen;
und 3. " Zugang zu mir " erhalten, d. h. wie die Engel freien Zugang zu
Gott haben (vgl. Sach 3,1 ; diejenigen, die "hier stehen", sind nicht
identisch mit den anderen Priestern, die "sitzen"; V. 8 ).
Sach 3,8-10
Als nächstes bestätigt der Herr den Kernpunkt der
Vision: daß Jeschua und "seine Brüder" ein Zeichen sind für den Knecht,
der kommen wird. In ihrer offiziellen priesterlichen Reinigung von der
Sünde nehmen sie die zukünftige Reinigung des Volkes Israel vorweg.
Diese zukünftige Reinigung wird mit dem Kommen dessen, der die Sünden
vergibt, in Zusammenhang gebracht. Er erhält drei messianische Titel:
Knecht, Sproß und Stein . Als der Gottesknecht ist Christus derjenige,
der kommen wird, um den Willen des Herrn zu tun ( Jes 42,1; 49,3-4;
50,10; 52,13; 53,11 ). Als der Sproß Davids ist Christus der Nachkomme
Davids, der sich aus der Erniedrigung, in die das Geschlecht Davids
gefallen war, zu Macht und Herrlichkeit erheben wird ( Jes 4,2; 11,1;
Jer 23,5; 33,15; Sach 6,12-13 ). Als der Stein (vgl. Ps 118,22; Mt
21,42; 1Pet 2,6 ) wird Christus das Gericht über die Heiden bringen (
Dan 2,44-45 ) und ein Stein des Anstoßes für das ungläubige Israel sein
( Röm 9,31-33 ). Doch am Ende wird er Israel reinigen und " die Sünde
des Landes wegnehmen an einem einzigen Tag ". Nach Ansicht mancher
Forscher bezieht sich das auf den Tag der Kreuzigung Jesu,
wahrscheinlicher ist jedoch, daß der Tag seiner Wiederkunft gemeint ist,
wenn am Ende der großen Drangsal sein am Kreuz geschehener Tod auch das
gläubige Israel erlösen wird ( Sach 13,1 ).
Die sieben Augen auf dem Stein symbolisieren
wahrscheinlich die Allwissenheit des Messias, mit der er richten wird.
Oder es handelt sich um eine Anspielung auf den Heiligen Geist ( Jes
11,2; Offb 5,6 ). Die Wendung " zu derselben Zeit " ( Sach 3,10 )
scheint die ganze Zeit des Tausendjährigen Segensreiches zu bezeichnen,
die auf die Wiederkehr Christi folgen wird. Das Zusammensitzen unter dem
Weinstock und unter dem Feigenbaum ist ein Bild des künftigen Friedens
und Wohlstandes ( 1Kö 5,5; Jes 36,16; Mi 4,4 ).
5. Die Vision des goldenen Leuchters und der zwei
Ölbäume
( Sach 4 )
a. Die Beschreibung der Vision
( 4,1 - 4 )
Sach 4,1-4
Der deutende Engel erweckt Sacharja aus dem
Schlaf und lenkt seine Aufmerksamkeit (durch eine Frage; vgl. V. 5.13 ;
Sach 5,2 ) auf einen " Leuchter, ganz aus Gold ". Darüber, wie man sich
diesen Leuchter genau vorzustellen hat, gibt es allerdings
Meinungsverschiedenheiten in der Forschung. Da er im Kontext des
priesterlichen Tempeldienstes erscheint (vgl. die Vision davor), glich
er wohl dem Leuchter in Israels Stiftshütte (vgl. 2Mo 25,31-40 ) und den
zehn Leuchtern im Tempel Salomos ( 1Kö 7,49 ). Während das Öl des
Leuchters in der Stiftshütte jedoch von den Priestern nachgefüllt werden
mußte, wird der Leuchter in der Vision ohne menschliche Mitwirkung
ständig mit Öl gespeist. Das geschieht über eine merkwürdige
Vorrichtung, die aus drei Teilen besteht: (a) auf dem Leuchter steht
eine Schale voll Öl ( Sach 4,2 ); (b) das Öl fließt von der Schale in
sieben Lampen , die jeweils durch sieben Schnauzen mit Öl versorgt
werden; es sind also insgesamt 49 Schnauzen (V. 2 ); und (c) neben dem
Leuchter stehen zwei Ölbäume , von denen "zwei goldene Röhren" abgehen,
durch die ständig "goldenes" Öl in die Schale fließt (V. 3.11 - 12 ).
(Baldwin beschreibt die Konstruktion der Lampe anders; Zechariah, S. 119
- 120.) Sacharjas Frage: " Was ist das? " (vgl. Sach 1,9; 2,2; 4,11; 6,4
; vgl. auch Sach 5,6 ) bezieht sich möglicherweise auf die "sieben
Lampen". (Vgl. den Kommentar zu Sach 4,10 b.) Plausibler ist jedoch, daß
er von den beiden Ölbäumen spricht. Die Frage des Propheten wird
anscheinend von dem Engel nochmals an Sacharja zurückgegeben, später
erneut wiederholt (V. 12 ) und erst dann endgültig beantwortet. Durch
die Verzögerungen lenkt der Engel die Aufmerksamkeit verstärkt auf die
Antwort, die schließlich in Vers 14 erfolgt.
b. Die Bedeutung Serubbabels
( 4,5 - 10 a)
Sach 4,5-10 a
Bevor er die beiden "Ölbäume" als die beiden
"Gesalbten" identifiziert (V. 14 ), bereitet der Engel diese Offenbarung
vor, indem er die Vision mit Serubbabel , dem Statthalter von Juda (vgl.
Hag 1,1.12.14; 2,21 ) in Verbindung bringt. Er sagt, Serubbabel werde
den Tempel ( Sach 4,9 ) durch die tatkräftige Unterstützung durch den
Geist Gottes fertigstellen. Damit ist klar, daß das Öl der Lampe für den
Heiligen Geist steht. Durch seine Kraft wird der Tempel vollendet (V. 6
) und jedes Hindernis (ein großer Berg ; V. 7 ) für den Wiederaufbau aus
dem Weg geräumt werden. Militärische Stärke ( Heer ) oder menschliche
Macht ( Kraft ) werden nichts ausrichten können, doch die vom Geist
erfüllten Arbeiter unter der Leitung und Führung Serubbabels werden es
schaffen.
Der Herr erklärt Sacharja (V. 8 - 10 ), daß
Serubbabels endgültige Wiederherstellung des Tempels alle Kritiker zum
Schweigen bringen wird, denn sie werden erkennen, daß Gott den Propheten
und all die, die den Tempel errichteten, gesandt hat (man wird rufen "
Glück zu "; V. 7 ; man wird " mit Freuden sehen den Schlußstein "; V. 10
). (Da die vorhergehende Vision sich um den Hohepriester Jeschua drehte,
wird er hier nicht eigens erwähnt; die beiden Visionen gehören jedoch
zusammen.)
Da " die Hände Serubbabels dies Haus gegründet "
haben (V. 9 , d. h., er begann mit dem Wiederaufbau des Tempels auf den
alten Grundmauern), " sollen's seine Hände auch vollenden ". Das mit "
Schlußstein " übersetzte Wort (V. 10 ) ist umstritten, bezeichnet aber
wahrscheinlich den krönenden Mittelstein in einem Gewölbe (vgl. Baldwin,
Zechariah , S. 122 - 123). Nach Ansicht anderer Forscher symbolisiert er
die Oberaufsicht, die Serubbabel über das Bauprojekt hatte. Diejenigen,
die " den Tag des geringsten Anfangs " verachtet haben, waren vielleicht
ältere Juden, in deren Augen dieser Tempel unbedeutend war, verglichen
mit dem früheren Tempel der vorexilischen Zeit (vgl. Esr 3,12-13; Hag
2,3 ).
c. Die Deutung der beiden Ölbäume
( 4,10 b. 11-14 )
Sach 4,10-14 (Sach 4,10b-14)
Die Worte über jene sieben, die des HERRN Augen
sind, sind wahrscheinlich die verspätete Antwort auf Sacharjas Frage in
Vers 4 . Wie "Augen" symbolisieren die sieben Lampen (V. 2 ) Gottes
prüfenden Blick, der auf die Welt gerichtet ist und dem nichts verborgen
bleibt. Manche Forscher beziehen diese "sieben" auch auf die sieben
Augen in der vorhergehenden Vision zurück ( Sach 3,9 ).
Die beiden Zweige der Ölbäume mit den zwei
goldenen Röhren sind erstmals in Sach 4,12 erwähnt. Die Zweige ergießen
ihr Öl in die goldenen Röhren, die es in die Schale leiten, von wo
esdann durch die 49 Schnauzen in die sieben Lampen fließt. Der deutende
Engel nimmt Sacharja die Verwunderung angesichts der beiden Ölbäume (V.
3. 11 ) mit dem Hinweis, daß ihre ölspendenden Zweige " die zwei
Gesalbten " seien, " die vor dem Herrscher aller Lande stehen " (V. 14
). Die Zweige stellen also die gesalbten Priester und Könige dar,
insbesondere Jeschua und Serubbabel, die als Priester und König den
Messias repräsentieren. Der Leuchter scheint folglich ein Bild für
Israel zu sein, das Licht der Heiden (vgl. Jes 42,6; 49,6 ), vielleicht
schon in Sacharjas Tagen, doch auf jeden Fall im Tausendjährigen Reich
Christi. Eine gewisse Bestätigung für Sach 4,11 - 14 könnte man auch in
den beiden Zeugen in der Zeit der großen Drangsal (in Offb 11,3-6 ; vor
allem V. 4 ) sehen.
Sacharja
6. Die Vision der fliegenden Schriftrolle
( 5,1 - 4 )
Die drei letzten Visionen Sacharjas handeln von
den Geschehnissen im Gericht selbst. Die erste, die Vision der
fliegenden Schriftrolle, ist ebenso einfach wie ernst.
Sach 5,1
Sie wird, ähnlich wie die zweite und dritte, mit
den Worten eingeleitet: "Und ich hob meine Augen abermals auf" (vgl. V.
9 ; " Und ich hob meine Augen auf "; Sach 2,2.5 ; "Und ich hob meine
Augen abermals auf"; Sach 6,1 ).
Sacharja
Sach 5,2
Wieder fragt der deutende Engel Sacharja: " Was
siehst du? " (vgl. Sach 4,2.5.13 ), um die entscheidenden Merkmale der
Vision hervorzuheben und ihre Bedeutung klarzumachen. Sacharja sagt, er
sehe eine riesige " fliegende Schriftrolle, die ist zwanzig Ellen lang
und zehn Ellen breit ". Sie ist nicht aufgerollt, sondern ausgebreitet
wie ein einziges großes Blatt, so daß sie von beiden Seiten gelesen
werden kann. Ihre Größe stimmt zufällig oder auch absichtlich genau mit
den Maßen der Stiftshütte überein, was vielleicht darauf hinweisen soll,
daß die Urteilssprüche, die auf der Rolle verzeichnet sind, in
Übereinstimmung mit Gottes heiliger Gegenwart inmitten Israels stehen.
Ihr Schweben oder Fliegen ermöglicht es der Rolle, rasch in die Häuser
der Diebe und Meineidigen einzudringen und sie zu richten.
Sach 5,3
Der Fluch der Rolle richtet sich gegen jene
Vergehen, von denen jeweils im mittleren Gebot auf den beiden
Gesetzestafeln ( 2Mo 32,15 ) zu lesen ist - das achte Gebot gegen das
Stehlen ( 2Mo 20,15 ) und das dritte Gebot gegen das falsche Schwören
durch den Mißbrauch des Namens des Herrn ( 2Mo 20,7 ). Wahrscheinlich
stehen die beiden Gruppen, die hier ausdrücklich als unter dem Fluch
stehend bezeichnet werden, stellvertretend für alle, die das Gesetz
Gottes verletzen.
Sach 5,4
Der Ernst ("ausgefegt"; V. 3 , d. h. aus der
Bundesgemeinschaft ausgeschlossen) und die Radikalität der
Urteilsvollstreckung (" Und er soll in dem Haus bleiben und soll's
verzehren samt seinem Holz und seinen Steinen ") lassen an das
Tausendjährige Reich denken. Nur dort erfolgt das göttliche Gericht über
die Sünde so rasch und so radikal.
7. Die Vision der Frau in der Tonne
( 5,5 - 11 )
a. Die Erscheinung der Tonne
( 5,5 - 6 )
Sach 5,5-6
Der deutende und erklärende Engel lenkt Sacharjas
Aufmerksamkeit nun auf einen weiteren Gegenstand, eine Tonne (hebräisch
?LPCh , d. i. ein großes Faß oder ein Korb, der allgemein als Hohlmaß
benutzt wurde). Schätzungen über das Fassungsvermögen eines Efa, des
größten bei den Juden verwendeten Trockenhohlmaßes, schwanken zwischen
25 und 50 Litern. Da der Behälter in diesem Fall jedoch viel zu klein
gewesen wäre, um eine Frau aufzunehmen, war das Efa in Sacharjas Vision,
wie auch die Schriftrolle in der vorhergehenden Vision, anscheinend
stark vergrößert.
Der Engel sagt, daß die Tonne die Sünde im ganzen
Land darstelle. Andere Übersetzungen geben "Sünde im ganzen Land" mit
"das ist das Aussehen" wieder, was eher dem hebräischen Wort, das
wörtlich "Auge" heißt, entspricht. Der Satz könnte dann heißen: "Das ist
das Aussehen (des Efas) im ganzen Land", was ebenfalls plausibel klingt.
Andererseits ist der Begriff "Sünde" in den griechischen und syrischen
Versionen bezeugt und paßt an dieser Stelle genauso gut (vgl. Baldwin,
Zechariah , S. 128).
Die Verwendung eines Hohlmaßes als Symbol des
Bösen in Israel war angesichts der ständigen Betrügereien der Kaufleute
beim Wiegen der Waren äußerst treffend (vgl. Am 8,5 ). Gerade im
kommerziellen Bereich sah es im Israel der damaligen Zeit schlimm aus (
Neh 5,1-13 ; vgl. Mal 3,8-9 ). Die Tonne nur mit dem gottlosen
Geschäftsgebaren der Kaufleuten zu identifizieren, wäre jedoch
sicherlich zu begrenzt. Der Schluß der Vision scheint sich ebenso auf
den falschen Gottesdienst zu beziehen.
b. Die Frau in der Tonne
( 5,7 - 8 )
Sach 5,7-8
Das Material, aus dem die Tonne besteht, wird
nicht angegeben; sie hat jedoch einen Deckel aus Blei , der ihren Inhalt
sicher abschließt. Als der Deckel gehoben wird, wird eine Frau sichtbar,
die der Engel als die Gottlosigkeit bezeichnet. Daß Sünde und
Gottlosigkeit hier von einer Frau verkörpert werden, liegt
wahrscheinlich nur daran, daß das hebräische Wort für "Gottlosigkeit"
Femininum ist. Die Frau ist also die personifizierte Gottlosigkeit, ein
Begriff, der juristische, ethische und religiöse Vergehen umfaßt. Der
deutende Engel muß dafür sorgen, daß die Frau (die Gottlosigkeit) unter
Verschluß bleibt. Es sollen nicht nur die Sünder in Israel bestraft (die
Vision der fliegenden Schriftrolle; V. 1 - 4 ), sondern es soll die
Sünde selbst aus dem Land entfernt werden.
c. Die Entfernung der Tonne
( 5,9 - 11 )
Sach 5,9-11
Zwei nicht näher gekennzeichnete Frauen mit
großen Flügeln wie Storchenflügel befördern die Tonne mit der Sünde nach
Babylon (wörtlich: in das " Land Schinar "), an den Ort des
jüngstvergangenen israelitischen Exils, der zugleich auch der Schauplatz
vergangenen und zukünftigen Götzendienstes und ein Ort der Auflehnung
gegen Gott ist ( 1Mo 11,2; Offb 17,3-5 ). Das stützt die These, daß die
Stadt Babylon am Euphrat wieder aufgebaut werden wird (vgl. den
Kommentar zu Offb 17-18 ). Unger identifiziert diese Frauen mit
dämonischen Mächten, die versuchen, die Gottlosigkeit zu schützen und
ihr einen Altar in Babylon zu errichten ( Zechariah , S. 98). Andere
sehen sie als Werkzeuge der göttlichen Macht oder Vorsehung.
Die Sünde des ganzen Volkes Israel wird, zusammen
mit dem Götzendienst, aus dem Land entfernt werden. Die Wendung in Sach
5,11 - " daß ihr ein Tempel gebaut werde im Lande Schinar und sie dort
aufgestellt werde " (d. h. auf einem Götzenaltar) - legt die Annahme
nahe, daß die Tonne mit der Sünde als Götzenbild in einem Tempel
aufgestellt werden soll. Diese babylonischen Götzen sind im Grunde
Sinnbilder der Machtlosigkeit, wie auch in den vielen Götzensatiren bei
Jesaja deutlich wird ( Jes 44,9-20; 46,1-2 usw.). Die Sünde des
Götzendienstes an ihren Ursprungsort in Babylon zurückzubringen, wird
wohl der erste Schritt zum endgültigen Gericht über Babylon sein ( Offb
17-18 ). Ihre Entfernung aus Israel wird den Weg für die Wiederkunft
Christi und das Tausendjährige Reich freimachen ( Offb 19-20 ).
8. Die Vision der vier Wagen
( 6,1 - 8 )
Die achte Vision bildet den Schluß der
Botschaften, die Sacharja in einer einzigen Nacht sieht und die die
zukünftige Geschichte Israels andeuten. Sie erinnert an die erste
Vision, in der der Herr ebenfalls Pferde über die ganze Erde
ausschickte. Die Pferde in der achten Vision sind jedoch vor Wagen
gespannt und kommen zwischen zwei kupfernen Bergen hervor. Das von Gott
in der ersten Vision beschlossene Gericht über die Heiden wird nun, in
der letzten Vision, von Gottes Kriegswagen ausgeführt. Von Reitern oder
Wagenlenkern ist nicht die Rede. Bis auf die Worte Gottes in den Versen
7 b - 8 beschränkt sich das Gespräch auf den üblichen Dialog zwischen
Sacharja und dem deutenden Engel.
a. Die Beschreibung der Vision
( 6,1 - 3 )
Sach 6,1-3
Die Wagen rollen zwischen zwei Bergen hervor, die
aus Kupfer bestehen, in der Antike das Gegenstück zu Messing. Dieses
Metall scheint die gerechte Strafe Gottes für die Sünde zu
symbolisieren. Da hier im hebräischen Text der bestimmte Artikel ("die
zwei Berge") steht, sehen manche Exegeten darin einen Hinweis auf den
Berg Zion (vgl. Joe 4,16 ) und den Ölberg ( Sach 14,4 ). Auch wenn diese
These vielleicht durch die Assoziation des Ölbergs mit der Wiederkunft
Christi gestützt wird, bleibt es doch zweifelhaft, ob mit den Bergen,
die ja aus Kupfer sind, tatsächlich echte Berge gemeint sind. Die vier
Wagen mit den verschiedenfarbigen Pferden stehen für die Universalität
des göttlichen Gerichts, das sich in alle Himmelsrichtungen erstrecken
wird. Falls die Farben eine bestimmte Bedeutung haben, ist " rot "
vielleicht ein Symbol für Krieg und Blutvergießen, " schwarz " für Tod
und Hungersnot, " weiß " für Triumph und Sieg und " scheckig " für Pest
und Plagen (vgl. die Kommentare zu Offb 6,1-8 ). (Zu einer Erörterung
des Problems der hebräischen Wörter für die verschiedenen Farben der
Pferde an dieser Stelle und in der ersten Vision vgl. Baldwin, Zechariah
, S. 138 - 140.)
b. Die Erklärung der Vision
( 6,4 - 8 )
Sach 6,4-7 a
Auf Sacharjas Frage " Wer sind diese? " (vgl.
Sach 1,9; 2,2; 4,4.11 ; vgl. auch Sach 5,6 ) erklärt der Engel die
Bedeutung der Pferde und der Wagen. Die vier Winde unter dem Himmel
können Engel des göttlichen Gerichts oder der Macht Gottes sein, die das
Gericht ausführen (vgl. Ps 148,8; Jer 49,36; Dan 7,2; Offb 7,1 ). Der
Titel " Herrscher ( ?XDNn ) aller Lande " bezeichnet die universale
Herrschaft des Messias über die ganze Erde im Zeitalter des
Tausendjährigen Reiches (vgl. Mi 4,13 ; "Herrscher [ ?XDNn ] der ganzen
Welt"). Der Norden bezieht sich auf Babylon. Wie bereits erwähnt, fielen
die Babylonier stets von Norden her in Israel ein. Der Süden ist
selbstverständlich Ägypten. Statt, wie es bei Luther heißt, " die weißen
ziehen nach Westen ", ist der hebräische Urtext hier vielleicht eher mit
"die weißen nach ihnen" zu übersetzen, d. h., sie ziehen hinter den
schwarzen Rossen nach Norden. Wenn man dieser Lesart folgt, dann sind
Norden und Süden die einzigen Himmelsrichtungen, die hier erwähnt
werden. Das würde zu Israels geographischer Lage passen.
Sach 6,7.8 (Sach 6,7b.8)
Der Sprecher in diesen Versen ist der Herr,
einfach als "Er" eingeführt. " Meinen Geist " bezieht sich
wahrscheinlich auf den göttlichen Zorn (vgl. das Nachlassen des
göttlichen Zorns in Hes 5,13; 16,42; 24,13 ). Nachdem Gottes Zorn an der
Gottlosigkeit, die nach Babylon gebracht wurde, vollstreckt worden ist (
Sach 5,5-11 ; vgl. Offb 18,2.10.21; 19,1-3 ), wird er ruhen. In der
ersten Vision war Gott zornig über die Völker, die sich so sicher
fühlten ( Sach 1,15 ); in dieser Vision wird er durch ihre gerechte
Bestrafung zufriedengestellt.
C. Der symbolische Schlußakt der Visionen
( 6,9 - 15 )
Die acht nächtlichen Visionen enden mit einer
göttlichen Weissagung für Sacharja. Gott weist ihn an, in einer
symbolischen Handlung den HohenpriesterJeschua zu krönen. Jeschua
verkörpert dabei den "Sproß", den Messias, der den zukünftigen Tempel
wieder erbauen und als Priester und König herrschen wird.
1. Die symbolische Krönung
( 6,9 - 11 )
Sach 6,9-11
Von des HERRN Wort (diese Formel, die eine
direkte prophetische Offenbarung ankündigt, bestätigt das Ende der
Visionen) wird Sacharja angewiesen, das Haupt Jeschuas, des
Hohenpriesters, mit Kronen aus Silber und Gold zu krönen. Die kostbaren
Metalle kommen von einer kleinen, bisher noch nicht eingeführten
Abordnung von jüdischen Weggeführten aus Babylon - Heldai (der
hebräische Text nennt ihn in V. 14 Helem), Tobija und Jedaja , die das
Silber und Gold wahrscheinlich für den Tempel mitgebracht hatten. Sie
logieren anscheinend bei einem sonst ebenfalls unbekannten Juden - im
Haus Josias, des Sohnes Zefanjas (mit dem Spitznamen Hen, was "der
Dankbare" bedeutet; V. 14 ). "Kronen" ist auch im Hebräischen Plural,
vielleicht ein Pluralis majestatis oder eine Anspielung auf die Machart
der Krone, die möglicherweise aus mehreren Teilen oder Schichten bestand
(aus zwei kostbaren Metallen). Die Krönung des Hohenpriesters Jeschua
bringt, stärker noch als es die des Statthalters Serubbabel getan hätte
( Hag 1,1.12.14; 2,21 ; vgl. Sach 4,6-10 ), die symbolische Bedeutung
dieser Handlung zum Ausdruck. Die Krönung Serubbabels hätte leicht als
die Krönung des messianischen Davidssohnes mißverstanden werden können,
da Serubbabel, wie der versprochene Messias, ein Nachkomme Davids und
ein politischer Führer war.
2. Die Botschaft für den Propheten
( 6,12 - 13 )
Sach 6,12-13
Gott befiehlt Sacharja, Jeschua mitzuteilen, daß
er den " Sproß " repräsentiere, der einst den Tempel des Tausendjährigen
Reiches erbauen wird. In der Krönung wird die übliche Bedeutung des
Messias als Priesterkönig deutlich, wie bereits Jahrhunderte zuvor bei
Melchisedek ( 1Mo 14,18-20; Ps 110,4 ; vgl. Hebr 7,11-21 ). "Sproß" ist,
wie schon gesagt ( Sach 3,8 ), ein messianischer Titel. Da die
Verheißung, die den Wiederaufbau des nachexilischen Tempels in Sacharjas
Zeit betraf, an den Statthalter Serubbabel gerichtet war ( Sach 4,9 ),
spielte Jeschua dabei offensichtlich keine so besondere Rolle. Die
Verheißung, der "Sproß" wird des HERRN Tempel bauen , bezieht sich daher
wohl ausschließlich auf das Wirken des Messias bei der Errichtung des
künftigen Tempels (vgl. Jes 2,2-4; 56,6-7; Hes 40-46; Mi 4,1-2 ).
Der messianische "Sproß" wird herrlich geschmückt
sein; das bezieht sich auf Christus als den Träger der Herrlichkeit
Gottes (vgl. Jes 4,2; Joh 1,14 ). Christus wird als Priester ( Hebr
4,15; 5,6; 7,11-21 ) sitzen und herrschen auf seinem Thron ( Jes 9,6;
Jer 23,5; Mi 4,3.7; Zeph 3,15; Sach 14,9 ). (Luther folgt hier einer
anderen Lesart, die Priester und König als zwei Personen versteht.) Ein
levitischer Priester konnte niemals König werden und auf einem Thron
sitzen. Doch Christus wird in sich die Ämter eines Priesters und eines
Königs vereinen, wie auch die Aussage " und es wird ein Friede sein
zwischen den beiden " (d. h. zwischen dem Amt des Priesters und dem des
Königs) anzeigt.
3. Die sichtbare Erinnerung
( 6,14 )
Sach 6,14
Dann befiehlt Gott Sacharja, die Kronen zum
Andenken an die bedeutsame und symbolische Krönung Jeschuas der
Delegation aus Babylon zu überreichen. Nachdem Jeschua gekrönt ist,
sollen die drei die Krone(n) anscheinend zum dauernden Verbleib in den
Tempel des Herrn bringen, sobald er fertiggestellt ist.4. Die universale
Bedeutung ( Sach 6,15 )
Sach 6,15
Unmerklich scheinen Gottes Anweisungen an
Sacharja für die symbolische Krönung mit einer Prophezeiung des
"Sprosses" oder "Engels des Herrn" (die ein und dieselbe Person sind),
der vom Herrn gesandt ist ( daß mich der HERR Zebaoth zu euch gesandt
hat ), verschmolzen zu sein. Die Abordnung aus Babylon steht wohl,
obgleich sie aus Juden bestand, für alle diejenigen, die von ferne
kommen werden, um am Tempel des HERRN zu bauen . Menschen aus vielen
Völkern überall in der Welt werden ihren Reichtum für den Bau des
Tempels zur Verfügung stellen ( Jes 60,5.9.11; 61,6 b; Hag 2,7-8 ).
II. Die vier Erklärungen
( Sach 7-8 )
A. Die Botschaft über die Fastenfrage
( 7,1 - 3 )
Sach 7,1-2
Fast zwei Jahre nach den nächtlichen Visionen (am
7. Dezember 518 v. Chr.; vgl. V. 1 mit Sach 1,7 ) und nachdem der Tempel
etwa zur Hälfte fertiggestellt ist (520 - 516), überbringt Sacharja vier
Botschaften. Sie werden mit Formulierungen wie "Und des HERRN Zebaoth
Wort geschah zu mir" eingeführt ( Sach 7,4.8; 8,1.18 ). Die Botschaften
enthalten die Antwort für eine Delegation, die nach Jerusalem gekommen
war, um zu fragen, ob das Volk weiterhin zur Erinnerung an Jerusalems
Zerstörung fasten solle. Bei diesen Abgesandten handelt es sich, trotz
ihrer fremdländischen Namen, die sie wohl in Babylon angenommen haben,
offensichtlich um Juden, die aus der Stadt Bethel (vgl. Esr 2,28 ), etwa
18 Kilometer nördlich von Jerusalem, die einst das Zentrum des
religiösen Abfalls der zehn nördlichen Stämme Israels war, gekommen sind
(vgl. 1Kö 12,28-29; 13,1; Am 7,13 ). Zu einer Erörterung über die
grammatischen Probleme des Satzes, vgl. Baldwin, Zechariah , S. 141 -
143.)
Sach 7,3
Die Frage der Leute aus Bethel verrät den Wunsch,
das selbstauferlegte religiöse Gebot des Fastens im fünften Monat
(Juli-August, der Monat Ab), das an das Niederbrennen der Stadt und des
Tempels durch Nebukadnezar erinnern sollte ( 2Kö 25,8-10 ), aufzuheben.
B. Die Botschaft des Herrn
( 7,4 - 8,23 )
1. Der Verweis
( 7,4 - 7 )
Sach 7,4-7
Die endgültige Antwort auf die Frage der
Delegierten erfolgt erst in der vierten Botschaft ( 1Kö 8,18-19 ). Die
erste göttliche Botschaft erinnert die Menschen zunächst einmal daran,
daß Gott schon ihren Vätern durch die früheren Propheten sagen ließ, daß
es ihm um innere Aufrichtigkeit, nicht nur um die Einhaltung religiöser
Bräuche geht (z. B. Jes 1,11-17; Hos 6,6; Am 5,21-24 ). Die Frage nach
dem Fasten bietet einen Anlaß, die selbstauferlegten Fastenzeiten des
Volkes zu tadeln, die nicht nur durch Gottes Segen, der gegenwärtig auf
dem zurückgekehrten Rest der Israeliten ruht, längst überholt sind,
sondern zudem ohne wirkliche Motivation und ohne den rechten Geist
eingehalten werden. Gottes Zurechtweisung richtet sich also gegen einen
sinnentleerten Formalismus, der bar allen religiösen Ernstes ist, denn
ob die Menschen nun fasteten oder feierten, sie taten es nicht für den
Herrn ( Sach 7,5 ), sondern für sich selbst (V. 6 ).
Die Juden hatten in der babylonischen
Gefangenschaft zwei Fastenzeiten eingehalten, eine im fünften Monat
(vgl. den Kommentar zu V. 3 ) und eine im siebten Monat. Bei der
letzteren handelte es sich nicht um das von Gott angeordnete Fasten am
alljährlichen Versöhnungstag ( 3Mo 16,29.31; 23,27-32 ), das ebenfalls
im siebten Monat stattfand, sondern um ein Fasten, das an die Ermordung
Gedaljas, des Statthalters von Jerusalem, in der Zeit des Bürgerkriegs
nach dem FallJerusalems ( Jer 41,2 ) erinnerte. Zu den Feiern, von denen
hier andeutungsweise die Rede ist, gehörten wahrscheinlich die
nationalen Feste von 3Mo 23 und die Familienfeste in Zusammenhang mit
den levitischen Opferungen (vgl. 2Mo 12,5-7 ).
2. Die Buße
( 7,8 - 14 )
Sach 7,8-10
In der zweiten Botschaft des Herrn steht das
Verhalten der früheren Generation im Vordergrund, das schließlich zur
Verbannung des Volkes geführt hatte. Auch in der vorexilischen Zeit
hatte Gott, wie zur Zeit Sacharjas, innere Aufrichtigkeit statt äußeren
Formalismus gefordert. Sein Volk sollte allen Menschen wahre
Gerechtigkeit (" richtet recht ", vgl. Jes 1,17; Am 5,24 ), Güte und
Barmherzigkeit (vgl. Sach 8,16-17; Mi 6,8 ) erweisen, vor allem aber den
Witwen, Waisen, Fremdlingen und Armen (vgl. 5Mo 15,7-11; 24,14-15.19-21;
26,12-13 ), die nicht für sich selbst eintreten können und in der Bibel
deshalb häufig unter die besondere Fürsorge Gottes gestellt sind. Nicht
einmal etwas Arges denken soll Gottes Volk gegen seinen Bruder in seinem
Herzen!
Sach 7,11-14
Doch die frühere Generation war ungehorsam
gewesen; sie " kehrten mir den Rücken zu (wörtlich: "die Schulter") und
verstockten ihre Ohren " (vgl. Jes 6,10 ). Sie " machten ihre Herzen
hart wie Diamant " und hörten nicht auf " die Worte, die der HERR
Zebaoth durch seinen Geist sandte durch die früheren Propheten ". Diese
Aussage stellt nicht nur die Worte der vorexilischen Propheten auf eine
Stufe mit dem mosaischen Gesetz, sondern sie bezeichnet darüber hinaus
den Geist Gottes als die Quelle prophetischer Inspiration, die durch den
Mund der Menschen spricht (vgl. 2Tim 3,16; 2Pet 1,21 ). Der Ungehorsam
der Menschen der offenbarten Wahrheit gegenüber beschwor Gottes Zorn
herauf, der schlimme Folgen für das Volk hatte ( Sach 7,13-14 ): (a)
Gebete wurden nicht mehr erhört (V. 13 ), (b) sie wurden zerstreut unter
alle Heiden (V. 14 a), und (c) das Land wurde verwüstet (V. 14 b).
3. Die Wiederherstellung
( 8,1 - 17 )
Während Kapitel 7 an den Aufruf zur Buße in Sach
1,2-6 erinnert, spiegelt Kapitel 8 die Segensverheißungen der
nächtlichen Visionen wider ( Sach 1,7-6,8 ). In der dritten und vierten
Botschaft wird die Wiederherstellung Israels nach dem Exil zur Zeit
Sacharjas als Vorläufer des zukünftigen Segens und Wohlergehens im
Tausendjährigen Reich betrachtet. Daneben geht es aber auch um jene
Zukunft selbst, in der Gerechtigkeit, Recht und Frieden die Erde
erfüllen werden.
Sach 8,1
Sacharja bezeichnet die Botschaft erneut als
Offenbarung Gottes (vgl. Sach 7,4.8; 8,18 ). Sie ist in sieben
Abschnitte unterteilt, die jeweils mit dem Satz: "So spricht der Herr
Zebaoth" oder " der HERR " (V. 2 - 4.6 - 7.9.14 ) eingeleitet werden. Ob
es sich bei diesen Abschnitten möglicherweise um Zusammenfassungen
längerer Botschaften handelt, die Sacharja mündlich verkündigt, aber
nicht aufgeschrieben hat, geht aus der Textstelle nicht klar hervor.
Sach 8,2
Mit größter Intensität wird Gottes Eifer für Zion
(die Bevölkerung von Jerusalem) beschworen (vgl. Sach 1,14; Joe 2,18 ).
Sach 8,3
Gottes erneute Gegenwart bei seinem Volk, wenn er
" auf den Zion zurückkehren und zu Jerusalem wohnen " wird (vgl. Sach
2,12 ), ist die Antizipation der Erfüllung, die dann vollkommen sein
wird, wenn Christus auf dem Thron Davids im Tausendjährigen Reich
herrschen wird. Dann werden seine Treue und Heiligkeit (vgl. Joe 3,17;Ob
1,17 ) in der Stadt und auf der ganzen Erde sein. Zion war ursprünglich
der Name des Hügels, auf dem die Jebusiter lebten, deren Festung David
erobert hatte ( 1Sam 5,7 ). Später wurde Zion (und der Berg Zion) zur
Bezeichnung des Tempelbezirks in Jerusalem ( Ps 2,6; Jes 8,18; Joe 2,1 )
und zum Synonym für die ganze Stadt ( Jes 2,3; 4,3; 33,20; Am 1,2; Mi
3,10.12 ).Der Zion und Jerusalem werden bei Sacharja mehrere Male
gemeinsam erwähnt ( Sach 1,14.17; 8,3; 9,9 ).
Sach 8,4-5
Jerusalem wird wieder eine sichere Zuflucht für
die Alten und auch für die Kinder sein (vgl. Jes 65,20-22 ).
Sach 8,6
Dieser künftige Segen mag in den Augen derer, die
in dieser Zeit übriggeblieben sind von diesem Volk, unmöglich
erscheinen, weil der Gegensatz zu der Zerstörung, die ihm vorangehen
wird, so groß ist (vgl. Mt 24,15-25 ), doch für Gott sind solche Wunder
ein Leichtes (vgl. 1Mo 18,14; Mt 19,26 ).
Sach 8,7-8
Nochmals verspricht der Herr, Israel und Juda
wieder zu sammeln. " Aus dem Lande gegen Aufgang und aus dem Lande gegen
Niedergang der Sonne " ist wahrscheinlich sinnbildlich für die Länder
der ganzen Welt gemeint (vgl. Jes 11,11-12; 43,5-6 ). Die weltumfassende
Dimension dieser Wiederherstellung legt die Annahme nahe, daß Jerusalem
hier das Land Israel als Ganzes repräsentiert. Bei der Sammlung des
Volkes wird auch die Beziehung zwischen Gott und Israel
wiederhergestellt ( Und sie sollen mein Volk sein ; vgl. Sach 13,9; Hos
2,23-25 ), und Gottes Treue und Gerechtigkeit wird in ihr offenbar
werden (vgl. Hos 2,21-22 ).
Sach 8,9-13
Die Menschen, die diese Worte durch der Propheten
Mund hören (Sacharja und Haggai), sollen sich ein Herz fassen ( stärket
eure Hände ; vgl. Hag 2,4 ) und den Tempel vollenden. Gottes Verheißung
des zukünftigen Segens soll sein Volk stets auch bei seinen
gegenwärtigen Aufgaben ermutigen.
Vor diesen Tagen , d. h. vor der Wiederaufnahme
des Tempelbaus, war ihre Arbeit fast vergeblich gewesen ( Hag 1,6.9-11;
2,16-19 ), und äußere Feinde machten das Leben unsicher. Der Segen, der
in der Zukunft auf Israel ruhen wird, gilt jedoch nicht nur den Erträgen
des Landes ( Sach 8,12 ), sondern auch seiner neuen Rolle unter den
Völkern (V. 13 ). In dieser neuen Rolle werden die vom Hause Juda und
vom Hause Israel, die ein Fluch gewesen (sind) unter den Heiden (vgl.
5Mo 28,37 ), ein Segen sein (vgl. Mi 5,7; Sach 8,22-23 ). Deshalb
fordert Gott die Menschen auf: " Fürchtet euch nur nicht! " (vgl. V. 15
).
Sach 8,14-17
Der Herr versichert fest, daß er seinen Vorsatz,
Israel zu segnen, wahrmachen wird. Er setzt ihm als Kontrast die bereits
erfüllte Prophezeiung gegenüber, die Väter der jetzigen Generation, die
ihn erzürnten, zu plagen (V. 14 - 15 ; vgl. Sach 7,11-14 ). Im Blick auf
die Alternative zwischen Plage und Segen sagt Gott den Menschen, was sie
tun sollen und woran sich wirklicher religiöser Ernst zeigt, statt des
scheinheiligen Formalismus ihrer Väter, der auch auf sie überzugreifen
droht. Wahrheit, Recht, Gnade und Aufrichtigkeit sollen ihr persönliches
und öffentliches Leben bestimmen (vgl. Sach 7,9-10 ). Die Botschaft
lautet in einem Satz: "Tut das, was Gott liebt (vgl. Sach 8,19 ), und
laßt das, was Gott haßt."
4. Die Freude
( 8,18 - 23 )
Sach 8,18
Wie das vorhergehende Wort des HERRN , das
Sacharja verkündigte, ist auch diese Botschaft durch den mehrmals
wiederkehrenden Satz "So spricht der Herr Zebaoth" in mehrere Abschnitte
gegliedert (V. 19 - 20.23 ).
Sach 8,19
Erst jetzt antwortet der Herr auf die Frage der
Abgesandten aus Bethel ( Sach 7,2-3 ) über das Fasten. Er sagt, die
Fasten ... sollen dem Hause Juda zur Freude und Wonne und zu fröhlichen
Festzeiten werden . Dabei erwähnt er zwei weitere Fastenzeiten, die noch
nicht zur Sprache kamen (vgl. Sach 7,3.5 ) - eine am zehnten Tag des
zehnten Monats , das an den Beginn der Belagerung Jerusalems erinnern
soll ( 2Kö 25,1-2; Jer 39,1 ), und eine am neunten Tag des vierten
Monats , an dem Jerusalem von Nebukadnezar eingenommen wurde (am neunten
Tag des vierten Monats war die Stadtmauer geschleift worden 2Kö 25,3-4;
Jer 39,2 ). Alle diese Fastenzeiten hatten die Juden sich selbst
auferlegt und 70 Jahre lang traurigen Herzens, aber aus falschen
Beweggründen eingehalten ( Sach 7,5 ). Sogar heute noch werden sie von
manchen Juden befolgt. Doch bei der Wiederkunft des Herrn sollen sich
diese Fasten- in Festzeiten verwandeln, in Symbole der Freude im
Tausendjährigen Reich. Daher machte die Hoffnung auf eine segensreichere
Zukunft den Menschen zu Sacharjas Zeit immer wieder Mut, Wahrheit und
Frieden, die der Herr liebt (vgl. Sach 8,16-17 ), zu lieben wie er.
Sach 8,20-23
In der kommenden Segenszeit werden die Völker der
ganzen Erde sich den Juden wegen ihrer besonderen Beziehung zum Herrn
anschließen. Sie werden erkennen, daß Gott mit Israel ist und daß Israel
sein Volk ist (V. 8 ). Viele Völker werden im Tausendjährigen Reich nach
Jerusalem kommen und den Herrn anbeten (vgl. Sach 14,16-19; Jes 2,3 ).
III. Zwei Offenbarungen
( Sach 9-14 )
Der letzte große Abschnitt des Buches Sacharja
besteht aus zwei Weissagungen (vgl. den Kommentar zu Sach 9,1-8 ), die
auf den messianischen König und sein Königreich hindeuten. Die Kapitel 9
- 11 beziehen sich weitgehend auf das erste Kommen Christi und die
Ablehnung, die er erfährt, enthalten jedoch auch Andeutungen auf Israels
Geschichte am Ende der Zeiten. Die Kapitel 12 - 14 handeln von der
Wiederkunft des Messias und stellen seine Thronbesteigung als Beginn des
großen Finales der Geschichte Israels in den Vordergrund.
Die beiden Weissagungen enthalten zahlreiche
Passagen, die Themen aus den acht Visionen aufgreifen, ein Beweis für
die Einheitlichkeit des Buches Sacharja. So entspricht beispielsweise
der künftige Wohlstand Israels und Jerusalems in Kapitel 1,7 - 17 (erste
Vision) Kapitel 10,6 - 9 (in der ersten Weissagung) und Kapitel 12,6 - 8
(in der zweiten Weissagung). Die Vernichtung der Völker (zweite Vision;
Sach 2,1-4 ) wird in Sach 9,1-8 (erste Weissagung) und in Sach 12,1-6
und Sach 14,1-3 (zweite Weissagung) bestätigt. Der göttliche Schutz und
die Erhöhung Jerusalems (dritte Vision; Sach 2,5-17 ) werden in Sach
9,9-17 (erste Weissagung) und in Sach 12,7-9 und Sach 14,4-11 (zweite
Weissagung) weiter ausgeführt. Die spirituelle Reinigung Israels (vierte
Vision; Sach 3 ) wird in Sach 10,2-3 (erste Weissagung) und in Sach
12,10-14 und Sach 14,8 (zweite Weissagung) weiter erläutert. Die Kraft
Gottes, mit der Israel erfüllt wird (fünfte Vision; Sach 4 ), wird in
Sach 10,1-6 (erste Weissagung) und in Sach 13,1-6 (zweite Weissagung)
erklärt. Das göttliche Gericht über die Sünder (sechste Vision; Sach
5,1-4 ) wird in Kapitel 11 (erste Weissagung) und in Sach 13,7-9 (zweite
Weissagung) ausgemalt. Die Entfernung der Sünde aus dem Land Israel
(siebte Vision; Sach 5,5-11 ) führt zur Heiligkeit Jerusalems und Judas
( Sach 14,20-21 ; zweite Weissagung). Gottes Gericht und seine
Herrschaft über die ganze Welt (achte Vision; Sach 6,1-8 ) spiegeln sich
in Sach 14,16-19 (zweite Weissagung) wider.
A. Der gesalbte König wird nicht empfangen
( Sach 9-11 )
1. Die Bestrafung der Nachbarvölker Israels
( 9,1 - 8 )
Manche Übersetzungen interpretieren den Begriff
"Last" als eine Überschrift, die von Vers 1 getrennt ist (vgl. Sach 12,1
). Das ist wahrscheinlich genauer als die andere mögliche Übersetzung:
"Die Last des Wortes des Herrn". Luther formuliert: "Die Last, die der
Herr ankündigt". Das hebräische Wort maRRA? ("Last") stammt von dem Verb
nARA? , das zwei Bedeutungen hat - "tragen" und "erheben". Obwohl manche
Übersetzungen und manche Forscher (z. B. Baldwin, Zechariah , S. 162 -
163) das Wort maRRA? im Sinne von "Last" verstehen, d. h. als drohende
Botschaft des Gerichts, die der Prophet als Bote überbringt, hat das
Wort hier wahrscheinlich eher die andere Bedeutung des Verbs - "erheben
(die Stimme)" (vgl. Ri 9,7 ; "erhob seine Stimme"; Jes 42,2 ; "rufen").
Das Substantiv wird in dieser Bedeutung ("Weissagung", nicht "Last") in
4Mo 23,7; 24,3.16 verwendet. Auch das Substantiv in Sach 9,1 und Sach
12,1 sollte besser mit "Weissagung" übersetzt werden - eine Botschaft,
die (mit erhobener Stimme) verkündigt wird, sei es nun eine Drohung oder
eine Verheißung. Im vorliegenden Kontext des Buches Sacharja handelt es
sich in erster Linie um Verheißungen der Erlösung.
Die meisten konservativen Exegeten halten Sach
9,1-8 für eine Prophezeiung der Eroberungen in ganz Palästina, die
Alexander der Große nach der Schlacht von Issus im Jahr 333 v. Chr.
machte. Ihrer Auffassung nach sagte Sacharja, der in der Zeit des
persischen Großreiches lebte, das griechische Weltreich ( Sach 9,1-8.13
), das Römische Reich ( Sach 11,4-14 ) und Israels Zukunft am Ende der
Zeiten voraus ( Sach 12-14 ).
Sach 9,1-2
Die Zerstörung, von der am Anfang von Kapitel 8
die Rede ist, geht vielleicht auf Alexander den Großen zurück (die
Ordnung bei der Aufzählung der Städte entspricht im wesentlichen
Alexanders Marschroute). Doch die Rolle, die er spielt, wird in dieser
Prophezeiung nicht näher erläutert. Statt dessen steht das letzte
Gericht Gottes über bestimmte Städte und Länder - angefangen mit dem
Norden Israels - im Mittelpunkt. Der am weitesten nördlich gelegene Ort,
Hadrach , war wahrscheinlich Hatarikka - eine Stadt und ein Land im
Norden Hamats, das auch in assyrischen Keilschriften erwähnt ist.
Damaskus war die Hauptstadt von Aram (Syrien). Die Worte: " denn der
HERR schaut auf die Menschen und auf alle Stämme Israels ", die auch als
"die Blicke der Menschen und aller Stämme Israels sind auf den Herrn
gerichtet" übersetzt werden können, sind ein Beweis für die Furcht aller
Völker vor dem Gericht Gottes, das über ihre Städte kommen soll. Hamat
war eine aramäische (syrische) Stadt im Norden von Damaskus, an dem Fluß
Orontes gelegen. Nach Westen, zur Küste hin, lagen die beiden
phönizischen Städte Tyrus und Sidon .
Sach 9,3-4
Tyrus war ein Bollwerk, eine Festung, die der
fünf Jahre dauernden Belagerung durch die Assyrer unter Salmanassar V.
und, zehn Jahre danach, der dreizehnjährigen Belagerung durch das
babylonische Heer Nebukadnezars widerstanden hatte. Ihre wirtschaftliche
Unabhängigkeit spiegelt sich in Redewendungen wie Silber sei etwas so
Gewöhnliches wie Sand und Gold wie Dreck (vgl. Hes 28,4-5; 27,33 ). Die
Verarmung und Zerstörung der Stadt nach Alexanders relativ kurzer
Belagerung von fünf Monaten werden dem Eingreifen Gottes zugeschrieben,
der ihre Macht ins Meer stürzen wird (vgl. Hes 26,17-21;27,27.34 ).
Sach 9,5-7
Als nächstes steht das Gericht über vier der fünf
wichtigsten Philisterstädte auf dem Plan (Gat wird nicht erwähnt; vgl.
Am 1,6-8; Zeph 2,4; Jer 25,20 ). Daß das Blut und die Speise, die mir
ein Greuel ist (von heidnischen Opfern), von den Zähnen mancher
Philister weggenommen werden soll, weist darauf hin, daß die Philister
sich vom Götzendienst zu Gott bekehren werden und sogar wie ein Stamm in
Juda werden sollen. Wie die Jebusiter werden sie mit dem Volk Gottes
verschmelzen. Da es keine Belege dafür gibt, daß sich diese Prophezeiung
nach Alexanders Invasion erfüllte, ist sie wohl mit dem zukünftigen
Segen zu erwarten, der mit der Herrschaft des Messias kommen wird ( Sach
9,10 ).
Sach 9,8
Das mazedonische Heer Alexanders marschierte
wiederholt an Jerusalem vorbei, ohne es zu belagern, denn Gott schützte
die Stadt ( ich will mich selbst als Wache um mein Haus lagern ). Dieser
Schutz ist ein Vorgeschmack für Gottes Schutz im Tausendjährigen Reich,
wenn Feinde nie mehr die Stadt erobern (vgl. Joe 4,17 ).
2. Die Segnungen des Messias
( 9,9 - 10,12 )
a. Das Kommen des Friedensfürsten
( 9,9 )
Sach 9,9
Die Einwohner Jerusalems werden als Tochter Zion
(vgl. Sach 2,14; Jes 1,8 ) und Tochter Jerusalem angesprochen, die
stellvertretend für das ganze Volk Israel aufgefordert wird,
denkommenden König ohne Furcht, sondern mit Freuden willkommen zu
heißen. Die Ankündigung " dein König kommt zu dir " bezieht sich auf den
langersehnten König und Messias (vgl. Jes 9,5-6; Mi 5,1-4; Lk 1,32-33 ).
" Gerechter " ist die Bezeichnung für sein Wesen und für seine
Herrschaft (vgl. Ps 45,6-7; Jes 11,1-5; 32,17; Jer 23,5-6; 33,15-16 ).
Die Wendung " ein Helfer " besagt, daß er als Erlöser kommt, als der
Eine, der den anderen die Erlösung bringt (vgl. Jes 62,11 ). Der
friedliche Eingang des Messias - er reitet auf einem Esel - erfüllte
sich, als Jesus mit Triumph in Jerusalem einzog ( Mt 21,1-5 ). In der
damaligen Zeit ritt im Nahen Osten ein König, wenn er in Frieden kam,
auf einem Esel statt auf einem Streitroß. Christus ritt auf einem Esel,
auf einem Füllen (wörtlich: "Sohn") der Eselin . (Zu der Frage, ob
Christus einen oder zwei Esel ritt, vgl. den Kommentar zu Mt 21,2 .) Wie
andere alttestamentliche Prophezeiungen sieht auch diese ( Sach 9,9-10 )
zwei Ereignisse zusammen - Ereignisse, die das Neue Testament in das
zweimalige Kommen Christi trennt und zwischen denen das noch andauernde
Zeitalter der Kirche liegt (vgl. Jes 9,5-6; 61,1-2; Lk 4,18-21 ). Bei
seinem ersten Kommen ritt Christus auf einem Esel und zeigte sich dem
Volk Israel, doch die Menschen akzeptierten ihn nicht als König. So wird
seine universale Herrschaft ( Sach 9,10 ) errichtet werden, wenn er
wiederkommt.
b. Das Königreich des Friedefürsten
( 9,10 - 10,12 )
(1) Der Messias wird den Frieden bringen
Sach 9,10
Gottes Zerstörung der Kriegswerkzeuge - der
Wagen, Rosse und Kriegsbogen - bezeichnet das Ende des Krieges im
Tausendjährigen Reich (vgl. Jes 2,4; Mi 4,3 ). Die Friedensherrschaft
des kommenden messianischen Königs wird sich von einem Meer bis zum
andern und vom Strom (der Euphrat; vgl. Mi 7,12; Jes 7,20 ) bis an die
Enden der Erde erstrecken. Diese Wendungen sind ein klarer Ausdruck der
weltweiten Ausdehnung der messianischen Herrschaft.
Sach 9,11-12
(2) Der Messias wird Israel erlösen ( Sach
9,11-17 )
Gottes Treue gegenüber seinem Bund mit Israel ist
die Gewähr, daß er sein Volk aus der Zerstreuung in der ganzen Welt
sammeln wird. Die unmittelbaren Adressaten dieser Verse sind
wahrscheinlich die jüdischen Exilanten, die sich noch in Babylon
aufhalten, doch das Thema der Erfüllung des Bundes deutet darauf hin,
daß letztlich von der Sammlung Israels am Ende der Zeiten die Rede ist.
Zumindest gründete sich die Zuversicht in Sacharjas Tagen auf diese
zukünftige Hoffnung (die Erlösung durch den Messias). Die Wendung " um
des Blutes deines Bundes willen " meint vielleicht die Opferungen des
mosaischen Bundes (vgl. 2Mo 24,8 ), kann sich aber auch auf den
ursprünglichen Bund mit Abraham zurückbeziehen, der mit einem Blutopfer
besiegelt wurde ( 1Mo 15,8-21 ). Die Grube, in der kein Wasser ist (eine
leere Zisterne, die als Verlies benutzt wird), wurde wahrscheinlich ein
Bild für den Ort des Exils. Die " feste Stadt " ist Jerusalem. Die
Exilanten in Babylon lagen " auf Hoffnung gefangen ", weil sie Gottes
Verheißung besaßen, daß auch sie wieder nach Jerusalem zurückgeführt
würden. Gott wird am Ende " zweifach erstatten ", d. h., sein Segen im
Tausendjährigen Reich wird alles, was Israel bisher an Segnungen erfuhr,
weit übertreffen.
Sach 9,13
Zumindest dieser Vers, vielleicht sogar das ganze
übrige Kapitel, bezieht sich auf den Konflikt der Makkabäer (169 - 135
v. Chr.) mit Antiochus IV. Epiphanes (vgl. Dan 11,32 ; vgl. den
Kommentar zu Dan 8,9-14 ). Antiochus V. Eupator, Antiochus VI. und
Antiochus VII. Sidetes waren griechische Könige in Syrien. Der jüdische
Sieg, der hier beschrieben ist, nimmt Israels letzten Kampf und Sieg vor
dem Tausendjährigen Reich vorweg. Wie Bogen und Pfeil zusammengehören,
sowerden Juda und Ephraim (Ephraim steht für die zehn nördlichen Stämme
Israels) vereinigt werden. Dieser Verweis auf Kriegswerkzeuge (auch das
" Schwert eines Riesen ") deutet darauf hin, daß Gott seinem Volk die
Kraft geben wird, dem Feind, den Söhnen Griechenlands, eine Niederlage
zu bereiten.
Sach 9,14-15
Die Schilderung eines von Gott gesandten
Gewittersturms (V. 14 ) ist ein poetisches Bild für die Stärke, mit der
Israel seine Feinde besiegen wird (V. 15 ). Diese Erscheinung war in der
Zeit der Makkabäer nur eine prophetische Vision, doch sie wird wirklich
und sichtbar werden, wenn der Messias als siegreicher Herrscher
wiederkommen wird. Der letzte Teil von Vers 15 beschreibt Israels
grenzenlose Freude und Fröhlichkeit, weil Gott es erlöst hat.
Sach 9,16-17
Die hier vorhergesagte Erlösung durch Gott wird
"zu der Zeit" kommen - ein Verweis auf die Endzeit. Gott wird den
Menschen helfen wie ein Hirte seiner Herde (vgl. Sach 10,3 ). Dann wird
Israel " wie edle Steine ... in seinem Lande glänzen ", ein
wunderschönes Bild für die Erfüllung der Verheißungen über das Volk und
sein Land (vgl. Am 9,11-15 ). Sie werden in herrlicher Weise all das
widerspiegeln, was Gott für sie getan hat. Gottes Segen in der Natur
wird reiche Ernten bringen (vgl. Joe 2,21-27 ), so daß auch für das
körperliche Wohl im Überfluß gesorgt sein wird ( Sach 9,17 ).
Sach 10,1-5
(3) Der Messias wird die falschen Hirten
vernichten, wenn er kommt
Die Ermahnung in Vers 1 ist ein Übergang, sie
weist die Menschen darauf hin, daß der Ursprung des Segens in der Natur
( Regen und Gewächs auf dem Felde ) der Herr ist, nicht Götzen oder
falsche Hirten (V. 2 - 3 ). Aufgrund des Betrugs durch die falschen
(anscheinend ausländischen) Propheten und Wahrsager geht das Volk in die
Irre wie eine Herde . Daher droht Gott mit seinem Zorn und Gericht über
die falschen Hirten und kündigt den Sieg seiner Herde an (vgl. Mi 5,4 ).
Die Hilfe für das getäuschte Volk konzentriert sich auf das Kommen des
Messias, der in vier Bildern als "Eckstein" (vgl. Jes 28,16 ), "Pflock",
"Kriegsbogen" und "Herrscher" beschrieben wird (vgl. 1Mo 49,10; Mi 5,1
). Luther versteht diese Ausdrücke als Bezeichnung für die Großen des
Volkes. Sie heben die Stärke, Beständigkeit, Sieghaftigkeit und
Glaubwürdigkeit der messianischen Herrschaft hervor. Der Herr wird nicht
selbst kämpfen, doch er wird seinem Volk Kraft geben, daß die Menschen
wie Riesen sein werden. Durch seine Gegenwart ( der HERR wird mit ihnen
sein ) werden sie siegen.
Sach 10,6-7
(4) Der Messias wird ganz Israel sammeln ( Sach
10,6-12 )
Gott kündigt an, daß er ganz Israel (Josef war
der Vater zweier großer Stämme des Nordens, Ephraim und Manasse) stärken
und erretten wird. Weil er sich erbarmen wird, wird sein Volk
wiederhergestellt und vereinigt (vgl. Hos 2,2 ). Die Sünden des Volkes
werden vergeben und vergessen werden - sie sollen sein, wie sie waren,
als ich sie nicht verstoßen hatte , und sich der Gemeinschaft mit Gott
erfreuen ( ich will sie erhören ). Der Name des nördlichen Stammes
Ephraim steht manchmal für das ganze Nordreich (vgl. Hos 10,6; 11,8;
12,1 ). Die Israeliten sollen sich freuen und fröhlich sein über den
Herrn, weil Gottes Segen auf ihnen liegt.
Sach 10,8-10
Israel, das jetzt noch über die ganze Welt
zerstreut ist, wird gesammelt werden. Gott sagt: "I ch will sie locken.
" Das Wort "locken" heißt "herbeipfeifen" (wie bei der Sammlung eines
Insektenschwarms; vgl. Jes 7,18 ) oder "flöten" (wie ein Hirte, der mit
einer Rohrflöte seine Herde sammelt; vgl. Ri 5,16 ). Die letztere
Bedeutung scheint vor dem Hintergrund des Bildes des Hirten und der
Schafe im allgemeinen Kontext plausibler ( Sach 9,16; 10,2-3 ; Sach
11,4-16; 13,7 ). Ihre Sammlung bedeutet die Rettung und Mehrung ( Sach
10,8 b; vgl. Hos 2,1 ). Die Menschen, die heimgekehrt sind, werden
Gottes gedenken. Gott aber sagt: " Ich will sie zurückbringen. "
Ägyptenland und Assyrien stehen für alle Länder, in die Israel zerstreut
ist (vgl. Hos 11,1; Sach 10,11 ). Gilead und Libanon bezeichnen
wahrscheinlich die nördliche und östliche Grenze des schon Abraham für
Israel verheißenen Landes ( 1Mo 15,18 ; vgl. 5Mo 30,3-5 ).
Sach 10,11-12
Wenn er Israel in seinem Land sammeln wird, wird
Gott jedes Hindernis, das sich der Wiederherstellung entgegenstellt,
beseitigen. Sein Eingreifen wird mit den Bildern der Befreiung aus
Ägypten, als Israel durchs Meer auf trockenes Land gebracht wurde,
beschrieben. Abermals werden Assyrien und Ägypten stellvertretend für
alle Feinde Israels genannt (vgl. V. 10 ). Die Prophezeiung schließt mit
der Eröffnungsphrase: " Ich will sie stärken ", so daß Israel in seinem
Namen wandeln soll (d. h. die Menschen werden Gott durch ihren Gehorsam
verherrlichen).
3. Die Ablehnung des guten Hirten und die Folgen
für Israel
( Sach 11 )
Dieses düstere und zum Teil schwer verständliche
Kapitel gibt den Grund für die Verzögerung bei der Verwirklichung des in
Kapitel 10 verheißenen Segens an.
a. Das Kommen des Zorns wird angekündigt
( 11,1 - 3 )
Sach 11,1-3
Diese Klage malt die drohende Verwüstung aus, die
eintreten wird, weil die Menschen den Messias, den wahren und guten
Hirten, ablehnen (V. 4 - 14 ). Die Sprache ist offensichtlich
symbolisch, doch die " Zedern des Libanon", die " Eichen Baschans " und
" die Pracht des Jordan " legen die Annahme nahe, daß ganz Israel, von
Norden bis Süden, und alle seine Einwohner der Vernichtung preisgegeben
werden. Alle drei genannten Gebiete - der Libanon, Baschan und der
Jordan - waren dicht bewaldet. Die Hirten werden heulen, weil ihre "
Herrlichkeit " dahin ist. Selbst die Löwen , die im Dickicht am Ufer des
Jordan lebten, werden brüllen, weil ihr Lebensraum zerstört ist. Dieses
Bild der Zerstörung sollte durchaus wörtlich genommen werden. Manche
Exegeten halten allerdings die Bäume für ein Sinnbild der Pracht
Jerusalems, insbesondere des Tempels, der zum Teil aus Holz bestand. Das
bleibt zweifelhaft, doch die hier geschilderte allgemeine Zerstörung -
ob sie nun wörtlich oder bildlich gemeint ist - weist wahrscheinlich
auch auf die Zerstörung Jerusalems durch die Römer im Jahr 70 n. Chr.
voraus.
b. Der Grund für die Zerstörung
( 11,4 - 14 )
In dieser schwierigen, aber für das Verständnis
der Messiashoffnung wichtigen Textstelle entwirft Sacharja auf Gottes
Geheiß ein Bild des guten Hirten Israels, des Messias. Im Anschluß daran
(V. 15 - 17 ) muß er den bösen Hirten beschreiben, ein Hinweis auf den
Antichristen in der Endzeit. Die Passage (V. 4 - 14 ) will
wahrscheinlich keine nach strengen dramatischen Gesichtspunkten
gegliederte Schilderung sein. Sie lenkt vielmehr die Aufmerksamkeit auf
Israels Zustand zur Zeit Christi und auf die Folgen der Ablehnung
Christi, des wahren Hirten, durch das Volk.
Sach 11,4
Gott spricht zu Sacharja: "Hüte die
Schlachtschafe!" Zum "Hüten" gehört nicht nur das Füttern, sondern auch
Führung und Schutz. Die "Schlachtschafe" sind das Volk Israel, das Gott
den Römern ausliefern will.
Sach 11,5
Ob die "Käufer" und "Verkäufer" als jüdische
Anführer oder ausländische Unterdrücker zu verstehen sind, ist strittig.
"Ihre Hirten" sind jedoch jüdische Führer, die die Verantwortung für ihr
Volk vernachlässigt haben (vgl. Sach 10,3 ). Sach 11,6 : Ihren Höhepunkt
erreichte Israels bejammernswerte Situation, als auch Gott dem Volk sein
Erbarmen entzieht: "Darum will ich auch nicht mehr schonen die Bewohner
des Landes." Diese Abwendung Gottes scheint nach den Versen 8 - 13 ihren
Grund in der Ablehnung des Messias, des wahren Hirten des Volkes, zu
haben. Der König, dem Gott Israel nun übergeben will, ist wohl der
römische Kaiser (vgl. Joh 19,15 ; "Wir haben keinen König als den
Kaiser"). Gott wird Israel nicht gegen die römischen Heere beistehen.
Sach 11,7
Wie ihm befohlen wurde, beschreibt Sacharja das
Wirken eines guten Hirten, der die " Schlachtschafe ", besonders die
Schwachen in der Herde, hütet (vgl. V. 4 ). Damit sind vielleicht die
wenigen Gläubigen beim ersten Kommen des Messias gemeint. Wie jeder gute
Hirte nahm Sacharja zwei Stäbe , um die Schafe zu leiten und zu
verteidigen. Sie tragen die symbolischen Namen "Huld" (oder Schönheit,
Gnade, Freundlichkeit) und "Eintracht" (wörtlich: "Bande") und sind
Bilder für Gottes Wohlwollen für das Volk (vgl. Sach 9,14-17 ) und die
innere Einheit Israels und Judas (vgl. Hos 1,11 ).
Sach 11,8-9
Die Identität der "drei Hirten" , die der gute
Hirte verstößt, wird nicht aufgedeckt (daher die über 40 verschiedenen
Interpretationen von V. 8 in der Literatur!). Höchstwahrscheinlich sind
damit die drei Führungsgremien in Israel gemeint - Propheten (Wächter
des Gesetzes), Priester und Könige (oder Beamte) -, die allesamt ihrer
Aufgabe nicht gerecht wurden. Die Absetzung dieser drei Hirten steht in
engem Zusammenhang mit der Ablehnung des guten Hirten durch seine Herde:
"denn sie wollten mich nicht mehr" . Das hebräische Wort für diese
Ablehnung, das im Alten Testament nur an dieser Stelle steht, drückt
stärksten Widerwillen (bis zum Erbrechen) aus. Umgekehrt lehnt auch der
Messias (wie Sacharja ihn hier darstellt) seine Rolle als Hirte ab (
"ich mochte die Schafe nicht mehr" ) und überläßt die Herde ihrem
Untergang, d. h. den römischen Eroberern ( "was da stirbt, das sterbe;
was verschmachtet, das verschmachte" ) und dem Bürgerkrieg ( "und von
den Übriggebliebenen fresse ein jeder des andern Fleisch!" ). Eine
andere Interpretation sieht diesen letzten Satz als Hinweis auf den
Kannibalismus, der bei der Belagerung Jerusalems durch die Römer im
Jahre 70 n. Chr. gelegentlich vorkam.
Sach 11,10-11
Der Bund, der nun aufgehoben ist (symbolisch
dargestellt im Zerbrechen des Stabes "Huld" ), war anscheinend zum
Schutz für Israel mit allen Völkern geschlossen worden. Das Mißfallen
Gottes an Israel, weil es den Messias ablehnt, führt zu religiöser
Blindheit ( Röm 11,25 ) und somit zur Vernichtung und Zerstreuung des
Volkes. Nur der gläubige Rest ( "die auf mich achteten" ), der in Jesus
den wahren Messias erkennt, weiß um seine göttliche Herkunft (Luther
folgt einer anderen Lesart und übersetzt "die Händler der Schafe").
Sach 11,12-13
Der gute Hirte ist Israel "dreißig Silberstücke"
wert, den Gegenwert eines Sklaven, der von einem Ochsen aufgespießt
wurde ( 2Mo 21,32 ). Nach Baldwin sind die dreißig Silberstücke für
einen Sklaven ein Beweis für "den hohen Wert des menschlichen Lebens" im
mosaischen Gesetz ( Zechariah , S. 184). Wie immer man das beurteilen
mag - daß für den Messias der Preis eines Sklaven gezahlt wird, ist eine
Beleidigung des guten Hirten, die schlimmer ist als die Weigerung, ihm
überhaupt Lohn zu zahlen. Daß er diese treffliche Summe (eine
offensichtliche Ironie) dem Schmelzer hinwirft, zeigt ihren geringen
Wert (die Schmelzer gehörten zu den niedrigst bezahlten Arbeitern).
Diese Prophezeiung bewahrheitete sich, als Judas Christus verriet ( Mt
26,14-16; 27,3-10 ; zu einer Übersicht über die Probleme hinsichtlich
der Zitierung dieser Textstelle bei Matthäus vgl. Hobart E. Freeman, An
Introduction to the Old Testament Prophets . Chicago: Moody Press, 1968,
S. 340 - 342).
Sach 11,14
Dann zerbrach Sacharja den andern Stab , die
"Eintracht" , um die Auflösung der nationalen Einheit Judas und Israels
darzustellen. Zwietracht im Volk war auch einer der Gründe für
Jerusalems Zerstörung im Jahr 70 n. Chr. und für die erneute Zerstreuung
des Volkes über die ganze Welt.
c. Die Folgen der Ablehnung des guten Hirten
( 11,15 - 17 )
Nachdem sie den guten Hirten zurückgewiesen hat,
wird "die Herde" Israel einen "nichtsnutzigen" und falschen Hirten
akzeptieren. Das ist eine Prophezeiung des Antichristen der Endzeit, der
genau das Gegenteil des guten Hirten Christus tun wird (vgl. Joh 5,43 ).
Sach 11,15-16
Nun soll Sacharja die Rolle eines zweiten, eines
nichtsnutzigen Hirten darstellen. Das hebräische Wort für "nichtsnutzig"
( ?MwIl ) vermittelt das Bild eines grobschlächtigen, abgebrühten
Narren. Diesem Hirten wird nichts an der Herde liegen; er wird sich nur
um sein eigenes körperliches Wohl kümmern. Statt die Herde zu schützen,
wird der nichtsnutzige Hirte sie ausrotten (vgl. Offb 13,7 ).
Sach 11,17
Der nichtsnutzige Hirte verdient also die ihm
verkündigte Strafe (Weh ). Der "Arm" ist ein Ausdruck für seine Stärke
und "sein rechtes Auge" eine Bezeichnung für seine Schläue. Seine
plumpen Intrigen werden null und nichtig werden, wenn der wahre Hirte
zurückkehrt (vgl. Sach 12,10; Offb 19,19-20 ).
B. Die Inthronisation des geschmähten Königs
( Sach 12-14 )
Die Kapitel 12 - 14 sind eine Weissagung (oder
"Last"; vgl. Sach 9,1 ) für Israel, das Volk Gottes. Die hier
vorhergesagten Ereignisse finden (bis auf Sach 13,7 ) alle in demselben
zukünftigen Zeitabschnitt statt und konzentrieren sich auf die Stadt
Jerusalem. Die Prophezeiungen dieses Kapitels gehören daher zu den
bedeutendsten des Alten Testaments.
1. Die Erlösung Israels
( Sach 12-13 )
Zwei Voraussetzungen sind zur Errichtung des
zukünftigen messianischen Reiches nötig: (a) die Überwindung der
heidnischen Weltmächte, die sich dem Aufbau dieses Königreiches
widersetzen, und (b) die Erneuerung eines jüdischen Volkes, an dem Gott
den Bund, den er mit Abraham und David geschlossen hat, erfüllen kann.
Der Herr wird diese beiden Voraussetzungen schaffen - das ist die
Botschaft von Kapitel 12; 13 . Er wird Israel von seinen Feinden
befreien ( Sach 12,1-9 ) und es auch in religiöser Hinsicht erlösen (
Sach 12,10-13,9 ).
a. Israels äussere Erlösung
( 12,1 - 9 )
Sach 12,1-3
Die zukünftige Belagerung Jerusalems durch die
Völker (vgl. Sach 14,1-5 ) wird angekündigt durch das Wort des Herrn,
der hier als der Bewahrer der Schöpfung bezeichnet wird ( Sach 12,1 :
"der ausbreitet, gründet, macht" ; im Hebräischen Partizip Präsens). Die
Allmacht des Herrn, die hier dargestellt ist, soll bestätigen, daß er
die Erlösung, von der in den folgenden Versen die Rede ist, auch
vollbringen kann.
In Vers 2 steht eine einführende Zusammenfassung
der Ereignisse in bildlicher Sprache, Vers 9 enthält dann eine
abschließende Zusammenfassung, die die Ereignisse konkret benennt. Gott
wird alle Völker ringsumher (d. h. "alle Völker auf Erden" ) vernichten,
die gegen Juda und Jerusalem gezogen sind zur selben Zeit . "Zur selben
bzw. zu der Zeit" (sechsmal in V. 3-4.6.8-9.11 , dreimal in Sach 13 [V.
1-2.4 ] und siebenmal in Sach 14 [V. 4.6.8-9.13.20-21 ]) bezieht sich
auf die Schlacht von Harmagedon, in der sich die heidnischen Armeen
gegen Jerusalem zusammenrotten werden (vgl. Sach 14,1-3; Offb 16,16;
19,19 ). Manche Forscher sind der Ansicht, daß Juda zunächst auf der
Seite der Völker kämpfen wird, bisdiese erkennen, daß Gott mit Jerusalem
ist ( Sach 12,5 ). Zwei Metaphern beschreiben, wie Gott Jerusalem zum
Hintergrund der Zerstörung der Völker machen wird: (1) Jerusalem wird
ein "Taumelbecher" (V. 2 ) sein. Diese durchaus übliche Wendung ist ein
Ausdruck für Gottes Gericht (vgl. Jes 51,17;21-22; Jer 25,15-28 ). (2)
Jerusalem wird ein Laststein ( Sach 12,3 ) sein. Die Niederlage der
Heere von Harmagedon wird in diesen Bildern mit einem Mann verglichen,
der mehr trinkt, als er vertragen kann, oder der versucht, ein schweres
Gewicht zu bewegen, das er nicht emporheben kann. Genauso werden sich
die Angreifer Jerusalems verhalten und damit ihren Untergang
herbeiführen.
Sach 12,4-5
In den Versen 4 - 9 wird die künftige Erlösung
Judas ausführlicher, nicht nur anhand der Niederlage der Völker, sondern
als Sieg Judas und dann auch Jerusalems, beschrieben.
Das typische Chaos einer Reiterschlacht wird hier
auf das Eingreifen Gottes zurückgeführt. Gott wird alle Rosse scheu und
ihre Reiter irre machen und alle Rosse der Völker mit Blindheit plagen
(vgl. Sach 14,15 ; zu einer Erörterung, ob es in dieser Schlacht der
Endzeit tatsächlich Pferde geben wird, vgl. den Kommentar zu Hes 39,9-11
). Gottes Schutz für Juda wird im Gegensatz zur Blindheit der Rosse
durch die Wendung veranschaulicht: "ich will meine Augen offenhalten" .
Die Fürsten in Juda werden gläubig einsehen, daß Gott ihnen die Kraft
zum Sieg gab, und werden weiterhin auf Gott vertrauen, der ihnen auch
zum endgültigen Sieg verhelfen wird.
Sach 12,6-7
Judas zukünftiger militärischer Triumph ist in
zwei Gleichnissen dargestellt: Es wird sein "wie ein Feuerbecken mitten
im Holz" und wie eine "Fackel im Stroh" . Die Heere der Völker sollen
rasch und vollständig vernichtet werden, während Jerusalem auch
"fernerhin ... an seinem Ort" bleiben wird. An anderer Stelle wird über
Judas Feinde gesagt, daß sie wie Stroh von Feuer vertilgt werden sollen
(z. B. Jes 47,14; Ob 1,18; Mal 3,19 ). Der Herr wird Juda den Sieg geben
( "der HERR wird zuerst die Hütten Judas erretten" ). Die
Vorrangstellung, die der Erlösung Judas gegenüber Jerusalem eingeräumt
wird, sichert die gleichberechtigte Einheit des ganzen Volkes mit den
Bewohnern der Hauptstadt.
Sach 12,8-9
Gott wird Jerusalem und die Bürger Jerusalems
beschirmen , von den geringsten bis zu den höchsten. Die Kraft, die er
ihnen verleihen wird, wird so groß sein, daß der weichlichste
Schwächling ein großer Krieger wie David sein wird und die Führer der
Stadt ( das Haus David ) übermenschliche Stärke entwickeln werden.
Manche Forscher sind der Ansicht, daß der Verweis auf das "Haus David"
ein Hinweis auf Christus selbst bei seiner Wiederkunft ist. Das ist
jedoch unwahrscheinlich, da "das Haus David" sich in Vers 10 und in Sach
13,1 offensichtlich nur auf die politischen Führer Israels bezieht. Sach
12,9 ist daher wohl eher die abschließende Zusammenfassung der
Niederlage aller Heiden , die sich gegen Jerusalem verbündet haben (vgl.
die einleitende Zusammenfassung in V. 2 ).
b. Israels innere Erlösung
( 12,10-13,6 )
Israels religiöse Erlösung bei der Wiederkunft
Christi wird nur durch einen von Gott gegebenen "offenen Quell gegen
Sünde und Befleckung" ( Sach 13,1 ) und durch das Ausgießen des Heiligen
Geistes erreicht werden, der die Israeliten zur Reue und zum Glauben an
Jesus als ihren Messias führen wird ( Sach 12,10-14 ).
(1) Die Ausgießung des Heiligen Geistes
Sach 12,10 a
Sowohl über die Führer (das " Haus David ") als
auch über das gemeine Volk (die "Bürger Jerusalems" ) - kein einziger
Israelit ist ausgenommen (vgl. Sach 13,1 ) - wird der göttliche "Geist
der Gnade und des Gebets" ausgeschüttet werden. Hier ist
höchstwahrscheinlich vom Heiligen Geist die Rede, der an dieser Stelle
so bezeichnet wird, weil er gnädig mit Israel inseiner Sünde verfahren
und das Volk zu Gebet und Buße anhalten wird.
Sach 12,10 b
(2) Das Trauern Israels
b: Der Heilige Geist wird die Israeliten dazu
bringen, "mich an(zu)sehen, den sie durchbohrt haben" . Der Herr spricht
davon, daß das Volk ihn durchbohrt hat, ein Terminus, der gewöhnlich
gleichbedeutend ist mit "töten". Diese Wendung bezieht sich ganz
offensichtlich auf die Ablehnung Christi (als Inkarnation Gottes) und
auf seine Kreuzigung, wenngleich das Wort nicht ausdrücklich Bezug auf
die Kreuzigung nimmt. Das "Ansehen" kann entweder ein wirkliches Sehen
(Anblick) oder aber ein geistiges Schauen (Glaube) sein. Wahrscheinlich
meint es hier beides, denn so wird es bei der Wiederkunft Christi sein,
wenn Israel seinen Messias erkennen und sich zu ihm bekehren wird. Der
Wechsel zur dritten Person ( und sie werden um ihn klagen , statt "um
mich" klagen) ist nichts Ungewöhnliches in der prophetischen Literatur.
Die Klage des Volkes über seine Sünde unter der Wirkung des Heiligen
Geistes wird jeden einzelnen ganz persönlich (V. 10 ) und das gesamte
Volk (V. 11 ) ergreifen. Der Verlust des einzigen Kindes oder des
Erstgeborenen wird noch schlimmer durch den Fluch der Kinderlosigkeit,
der damit verbunden ist, denn nun gibt es keinen Erben mehr, der den
Namen der Familie und ihr Vermögen übernimmt und weiterführt.
Sach 12,11
Die Trauer Israels um den Messias wird danach mit
der Klage des Volkes verglichen, als der gottesfürchtige König Josia,
die letzte Hoffnung des sterbenden Volkes Juda, von Pharao Necho II. bei
Hadad-Rimmon (wahrscheinlich ein Dorf in Jesreel) in der Ebene von
Megiddo getötet wurde (vgl. 2Chr 35,20-27 ). Das Ausmaß der Klage bei
der Ausgießung des Heiligen Geistes läßt sich also nur mit dem Schmerz
im Angesicht einer furchtbaren persönlichen ( Sach 12,10 ) oder einer
das ganze Volk betreffenden (V. 11 ) Katastrophe vergleichen.
Sach 12,12-14
Diese Verse beschreiben die Universalität und
Intensität der künftigen Trauer Israels. David hatte einen Sohn namens
Nathan ( 2Sam 5,14 ) und Levi einen Enkel, der Schimi hieß ( 4Mo 3,17-18
). Darüber hinaus gab es zur Zeit Davids einen Propheten mit Namen
Nathan (vgl. 2Sam 7,1-17 ). Daher bezieht sich die Erwähnung des "Hauses
David" , des "Hauses Nathan" , des "Hauses Levi" und des "Geschlechts
Schimis" wahrscheinlich auf die Buße (und Schuld) der Könige, Propheten
und Priester. Wenn mit Nathan jedoch Davids Sohn gemeint ist, sind nur
die königlichen und priesterlichen Familien angesprochen. Die Wendung
"ein jedes besonders und die Frauen besonders" will wohl die ganz
persönliche Betroffenheit und damit die Aufrichtigkeit des Kummers
hervorheben und zielt weniger auf eine rein äußerliche Übereinstimmung.
Sach 13,1
(3) Die Reinigung des Volkes Israel ( Sach 13,1-6
)
Die Wendung "zu der Zeit" bezieht sich wiederum
auf den Tag des Herrn (vgl. Sach 14,1 ). Sie steht 16mal in diesen drei
Schlußkapiteln des Buches Sacharja ( Sach 12,3-4.6.8-9.11; 13,1-2.4;
14,4.6.8-9.13.20-21 ). Am Tag der Kreuzigung Christi tat sich die Quelle
als eine verborgene Möglichkeit für Israel und die ganze Welt auf. Bei
der Wiederkunft Christi aber wird sie dem jüdischen Volk dann zur
gewissen Erfahrung werden. Diese religiöse Reinigung des Volkes ist in
anderen Schriftstellen jeweils mit Israels spiritueller Wiederbelebung
und dem Beginn des neuen Bundes gekoppelt (z. B. Jer 31,31-37; Hes
36,25-32; Röm 11,26-27 ). Das "Haus David" (die politische Führung) und
"die Bürger Jerusalems" stellen zusammen das ganze Volk dar (vgl. Sach
12,10 ), das der Reinigung bedarf. Die Begriffe "Sünde und Befleckung"
gelten eventuell dem Götzendienst im besonderen (vgl. "Unreinheit" in
Sach 13,2; Hes 7,19-20 spricht von Gold, das "Unrat" ist, und von
Götzen, die "Scheusale" sind), wahrscheinlicher ist jedoch, daß sie sich
hier in umfassenderem Sinn auf die Sündhaftigkeit des ganzen Volkes
beziehen.
Sach 13,2 a
Der Herr verkündet in diesem Zusammenhang seine
Absicht, "die Namen der Götzen aus(zu)rotten aus dem Lande" (vgl. Mi
5,12-13 ). Er will alles, was die Menschen vom wahren Gottesdienst
abhält, und alle Götzen vertilgen. In der Zeit vor der Wiederkunft des
Herrn gehört zum Götzendienst auch die Anbetung des Tieres im Tempel in
Jerusalem ( Dan 9,27; Dan 11,31; Mt 24,15; 2Thes 2,4; Offb 13,4 ), aber
auch andere Formen der Idolatrie wird es geben ( Offb 9,20 ).
Sach 13,2-3 (Sach 13,2b-3)
Mit der Beseitigung des Götzendienstes werden
auch die falschen Prophezeiungen, die falschen Propheten und der Geist
der Unreinheit (vgl. V. 1 ) ausgerottet, der wohl, im Gegensatz zum
Geist der Gnade, als persönliche Triebkraft des Bösen gesehen werden
muß, die die falschen Propheten inspiriert. Die Todesstrafe, der die
falschen Propheten in 5Mo 18,20 verfallen sind (vgl. 5Mo 13,6-11 ),
werden ihre nächsten Verwandten, die Eltern, an ihnen vollstrecken, um
die falschen Propheten restlos aus dem Land zu entfernen.
Sach 13,4-6
Die Gerechtigkeit, die dann herrschen wird, wird
die falschen Propheten zwingen, ihrem Prophetenamt gänzlich zu entsagen.
Sie werden auf die Täuschung verzichten müssen, das Gewand eines
Propheten zu tragen. Manche der wahren Propheten trugen einen härenen
Mantel (z. B. Elia, 2Kö 1,8 ; und später auch Johannes der Täufer, Mt
3,4 ). Um der Entdeckung zu entgehen, werden die angeblichen Propheten
nun behaupten müssen, sie seien ihr Leben lang Bauern gewesen. Auch in
bezug auf die Wunden oder Narben an ihrem Körper, wahrscheinlich auf der
Brust (obwohl die hebräische Wendung - wörtlich: "zwischen deinen
Händen" - sich auch auf den Rücken beziehen kann), werden sie lügen
müssen. Diese Narben stammen zweifellos von Wunden, die sie sich im Zuge
des Götzendienstes selbst beigebracht haben. Als Antwort auf die
Beschuldigung, daß sie Götzendienst getrieben hätten, werden die
falschen Propheten jedoch behaupten, sie seien von denen, die sie
lieben, gestraft worden, also entweder von ihren Eltern oder Kameraden.
Manche Forscher beziehen Sach 13,6 auf die Verse 7 - 9 und sagen, daß
Vers 6 vom Messias spricht. Das wäre jedoch ein ziemlich abrupter
Übergang von Vers 5 zu Vers 6 . Der Inhalt von Vers 6 paßt besser zu den
vorhergehenden Versen über die falschen Propheten.
Sach 13,7
(4) Das Kommen des guten Hirten ( Sach 13,7-9 )
a: Die in höchst poetischem Ton gehaltene
Äußerung des Herrn Zebaoth besteht aus mehreren Redefiguren. Der abrupte
Übergang zur Anrede eines unsichtbaren Werkzeugs ( Schwert, mach dich
auf ) vereinigt zwei solcher Redefiguren, eine Apostrophe - die direkte
Anrede eines unpersönlichen Objekts, als wäre es eine Person - und eine
Personifikation. Die Worte schreiben einem toten Gegenstand die
Fähigkeit zu, zu hören, zu antworten und aus dem Schlaf zu erwachen. Das
Wort "Schwert" verkörpert hier ganz allgemein (als Synekdoche) jedes
Tötungsinstrument (vgl. 2Sam 11,24; 12,9 ; wo Usias Tod durch Pfeile
einem Schwert zugeschrieben wird). Es geht darum, daß der Herr den Tod
seines Hirten will. Er ist der gute Hirte, der Messias (vgl. Sach
11,4-14; Joh 10,11.14 ,"Der gute Hirte"; 1Pet 5,4 ,"der Erzhirte").
Der Herr fügt hinzu, daß dieser Hirte der Mann
ist, "der mir der nächste ist" . Das Wort, das hier mit "der mir der
nächste ist", übersetzt ist, steht im Alten Testament nur noch in 3Mo
5,21; 18,20 ; usw.), wo es sich auf einen "nahen Verwandten" bezieht. In
Sacharja 13,7 spricht der Herr von einer Wesensidentität oder -einheit
mit diesem Hirten, ein starker Beleg für die Gottheit des Messias.
Sach 13,7-8 (Sach 13,7b-8)
Mit dem Hinweis auf die Macht des Schwertes, den
Hirten zu schlagen, kommt er dann auf die Folgen zu sprechen: Die Herde
wird sich zerstreuen. Bei seiner Kreuzigung wurde Christus geschlagen (
Jes 53,4.7.10 ). Seine eigenen Jünger verließen ihn wie verirrte Schafe
( Mt 26,31.56 ). Das Wort " ich will meine Hand wenden gegen die Kleinen
" bezieht sich vielleicht darauf, daß Gott die Verfolgung der
Judenchristen in der Apostelgeschichte zulassen wird. Darüber hinaus
scheint die Zerstreuung der Schafe aber auch auf die Zerstreuung des
jüdischen Volkes bei der Zerstörung Jerusalems durch die im Jahre 70 n.
Chr. anzuspielen. Wie in der Szene am Ölberg ( Mt 24-25; Mk 13; Lk 21 )
die Vorhersage der Zerstreuung des jüdischen Volkes im Jahr 70 n. Chr.
mit derjenigen, die sich in der zweiten Hälfte der Zeit der großen
Drangsal erfüllen wird, verschmilzt, so spricht auch Sacharja hier von
diesen beiden Ereignissen, als wäre es ein einziges. Daher ist wohl auch
in Sacharja 13,8 - 9 die letzte und vollständige Zerstreuung Israels in
der Zeit der großen Drangsal (vgl. Offb 12,6.13-17 ) angesprochen. Dann
werden zwei Teile des jüdischen Volkes ausgerottet werden und untergehen
, doch die Überlebenden werden, zumindest zum größten Teil, ihre
Bundesbeziehung zum Herrn wiederherstellen.
Sach 13,9
Die Überlebenden werden durch die Verfolgungen in
der Zeit vor dem Gericht und auch im Gericht über Israel selbst, bei der
Wiederkunft des Herrn, geläutert und gereinigt werden (vgl. Hes
20,33-38; Mt 25,1-30 ): Sie werden dann den Namen des Herrn im Glauben
anrufen ( Sach 12,10- 13,1 ) und ein neues Volk sein ( Röm 11,26-27 ).
Ihre erneuerte Bundesbeziehung zum Herrn ( Hos 1-2; Jer 32,38-41; Hes
37,23-28 ) kommt in Gottes Worten: "Es ist mein Volk" (vgl. Sach 8,8 )
und in der Antwort des Volkes: "HERR, mein Gott" zum Ausdruck (vgl. Hos
2,23-25 ).
2. Die Rückkehr des Königs
( Sach 14 )
Dieses Kapitel schildert die triumphale
Wiederkehr von Israels Messias als Gott-König. Es stellt die Erfüllung
dar, von der in den eschatologischen Psalmen ( Ps 93;96;97;99 ), die die
weltweite Herrschaft des Herrn auf Erden visionär voraussehen, die Rede
ist. Diese Herrschaft ist aus anderen Schriften des Alten Testaments als
die persönliche Herrschaft des Messias auf dem Thron Davids bekannt.
Sacharja 14 handelt von der Plünderung Jerusalems in der Zeit der großen
Drangsal, der Katastrophe des Gerichts über die heidnischen Heere bei
der Wiederkunft des Messias und von der Errichtung seines
Tausendjährigen Reiches und beschreibt schließlich den Gottesdienst in
Jerusalem in diesem Reich. Die Tatsache, daß all diese Ereignisse bis
jetzt noch nicht eingetreten sind, deuten auf eine Rückkehr Christi
bereits vor dem Tausendjährigen Reich.
a. Die Erlösung Jerusalems von den Völkern
( 14,1-3 )
Sach 14,1
Dieser zusammenfassende Vers kündigt die
Plünderung Jerusalems an, ein Thema, das im Alten Testament häufig im
Zusammenhang mit schweren Strafen zur Zeit der großen Drangsal und bei
der Rückkehr des Messias (wie hier) zur Sprache kommt (z. B. Zeph
1,14-18 ). Das Neue Testament ( 2Pet 3,10 ) stellt dann klar, daß das
Tausendjährige Reich ebenfalls zum "Tag des Herrn" gehört. Bei der
Beute, die man "unter sich verteilen wird" , handelt es sich um die
Schätze Jerusalems, die die heidnischen Heererauben und "in deiner
Mitte" , d. h. noch in der Stadt selbst, unter sich aufteilen werden.
Das spricht dafür, wie selbstbewußt die Eroberer auftreten und wie
sicher sie sich fühlen.
Sach 14,2
Die Belagerung von Jerusalem durch alle Heiden
(d. h. die Heere dieser Völker) bezieht sich auf das Frühstadium der
Belagerung durch die verbündeten heidnischen Heere, von der in Sach
12,2-9 die Rede ist (vgl. Jes 34,2; Ob 1,15; Offb 16,14.16 ) und die als
die Schlacht von Harmagedon bekannt ist. Bevor Juda und Jerusalem stark
gemacht werden zum Sieg ( Sach 12,6-8; 14,14 ), und bevor der Herr die
heidnischen Heere zerstören wird ( Sach 12,9;14,12-15 ), werden diese
zunächst einen zwar nur anfänglichen, aber raschen Sieg über Jerusalem
erringen, der mit den üblichen Merkmalen von Eroberung (vgl. V. 2 )
verknüpft sein wird. Entweder wird dann die Hälfte der Bevölkerung
Jerusalems in der Stadt zurückgelassen werden (vielleicht unter
Besatzungstruppen), oder der Herr wird zurückkehren, um die Feinde zu
schlagen, bevor sie ihr Ziel auch nur zur Hälfte erreicht haben.
Sach 14,3
Zum militärischen Einschreiten des Messias sagt
Sacharja: "Und der HERR wird ausziehen und kämpfen gegen diese Heiden."
Im militärischen Kontext ist "ausziehen" ein technischer Terminus für
den König, der in die Schlacht zieht, wie es auch hier gemeint ist. Der
Herr wird kämpfen wie ein Krieger (vgl. 2Mo 15,3; Jes 42,13; Offb
19,11-21 ).
b. Die Rückkehr des Erlösers
( 14,4 - 5 )
Sach 14,4-5
Nachdem er angekündigt hat, daß der Messias bei
der letzten Schlacht selbst kämpfen wird, kommt Sacharja nun auf die
Einzelheiten dieses Geschehens zu sprechen. Es beginnt mit dem
persönlichen Erscheinen des Messias. Seine Füße werden stehen zu der
Zeit auf dem Ölberg , an dem Ort, von dem er in den Himmel auffuhr ( Apg
1,11-12 ). Interessanterweise erhob sich die Herrlichkeit Gottes in
Hesekiels Vision ( Hes 11,23 ) aus Jerusalem und ging auf einen Berg,
der vor Jerusalem nach Osten hin liegt . Das Erdbeben, das den Ölberg in
der Mitte spalten wird, vom Osten bis zum Westen , scheint auf das
direkte Eingreifen des Gott-Königs zurückzugehen. Es wird ein großes Tal
entstehen, das vom Osten Jerusalems bis an die Flanke des Berges stoßen
wird, und die Überlebenden werden fliehen. Vielleicht handelt es sich um
das Tal Joschafat, von dem Joel spricht, in dem Gott die Heiden richten
wird (vgl. den Kommentar zu Joe 4,2.12 ).
Das Erdbeben zur Zeit Usijas wird auch in Am 1,1
,nicht jedoch in den geschichtlichen Büchern erwähnt. Josephus hielt es
für eine Strafe Gottes für Usija, wegen seines Eindringens in den Tempel
( 2Chr 26,16 ). Wenn der Herr zurückkehrt, werden alle Heiligen , d. h.
wahrscheinlich die Engel und die Seelen der Erlösten (vgl. 1Thes 3,13 ),
ihn begleiten.
c. Die Errichtung des messianischen Königreichs
( 14,6 - 11 )
Im Mittelpunkt dieses Abschnitts steht das
Versprechen, daß der "Herr König ... über alle Lande" und "der einzige"
sein wird (V. 9 ). Diese große Verheißung steht in einem Kontext von
Veränderungen der Tageszeiten, des Klimas und der Topographie, die Gott
im Tausendjährigen Reich über Jerusalem, Palästina und zweifellos auch
über die ganze Erde hereinbrechen lassen wird.
(1) Die Naturphänomene ( Sach 14,6-8 )
Sach 14,6-7
Ein einziger Tag, ohne Tag und Nacht , bezieht
sich wahrscheinlich auf den konkreten Tag der Wiederkehr des Herrn, wenn
die Dunkelheit, die das göttliche Gericht begleitet, dem Licht weichen
wird: "auch um den Abend wird es licht sein" . Auf jeden Fall wird die
Wiederkunft Christi von unvergleichlichen Naturphänomenen begleitet sein
( Jes 13,10; Jes 34,4; Joe 2,10;3,3-4;4,15; Mt 24,29 ).
Sach 14,8
Ein immerwährender Quell ( lebendige Wasser sind
der Gegensatz zu Regenwasser) wird in Jerusalem entspringen und seine
Wasser zur einen Hälfte zum Meer im Osten (dem Toten Meer) und zur
anderen Hälfte zum Meer im Westen (dem Mittelmeer) fließen lassen. Die
Wendung "und so wird es sein im Sommer und im Winter" verheißt
anscheinend dem ganzen Land außerordentliche Fruchtbarkeit (vgl. Jes
27,6; 35,1-3.6-7; Am 9,13-14 ).
Sach 14,9
(2) Die absolute Herrschaft des Messias-Königs
Der Messias wird nicht nur als König über Israel
herrschen, er wird König sein über alle Lande . Daß seine Herrschaft
sich auf die ganze Welt ausdehnen wird, wird dadurch noch gestützt, daß
Sacharja ihn auch an anderer Stelle als den "Herrscher aller Lande" (
Sach 4,14; Sach 6,5 ; vgl. Mi 4,13 ) bezeichnet. Daran schließt sich die
Aussage des Apostels Johannes, "Herr(n) aller Herren und König aller
Könige" ( Offb 17,14; 19,16 ), an. Schon immer ist er, in seinem
einzigartigen und unvergleichlichen Wesen (vgl. Jes 37,16;
45,5-6.14.18.22; 46,9 ), der eine Herr gewesen ( 5Mo 6,4 ). Wenn er sein
Tausendjähriges Reich errichtet, wird er auf der ganzen Erde als Herr
anerkannt und als der einzige, wahre Gott angebetet werden ( Offb 21,3
). Wenn der Götzendienst und die falschen Götter aus dem Land vertilgt
sind ( Sach 13,1-2 ), wird "sein Name der einzige" sein (vgl. Apg 4,12
), den die Menschen anbeten.
Sach 14,10-11
(3) Die Erneuerung Judas und die Sicherheit
Jerusalems
Das ganze Land Juda, von Geba im Norden ( Jos
21,17 ) bis nach Rimmon (wahrscheinlich die südliche Grenze, 50
Kilometer südwestlich von Jerusalem ; Jos 15,32 ), wird auf wunderbare
Weise in ein weites Tal verwandelt, ähnlich der Araba, der Tiefebene,
die sich vom Hermongebirge bis zum Jordantal und zum Toten Meer am Golf
von Akaba erstreckt. Dadurch wird Jerusalem, dessen Lage unverändert
bleibt, als Hauptstadt des großen Königs höher liegen (vgl. Jes 2,2 ).
Die Erwähnung der Stadttore bezieht sich auf die ganze Stadt. Das Tor
Benjamin (vgl. Jer 37,13; 38,7 ) lag wahrscheinlich im östlichen Teil
der nördlichen Stadtmauer, die Stelle des ersten Tors ist unbekannt, das
Ecktor befand sich in der Westmauer, und der Turm Hananel (vgl. Neh 3,1
) stand an der Nordmauer (vgl. die Karte "Jerusalem zur Zeit Nehemias"
bei Neh 3,1-5 ). Des Königs Kelter bezeichnet wahrscheinlich den Süden
der Stadt. Die Menschen werden nicht nur in Jerusalem wohnen (vgl. Joe
4,20 ); auch kein Fluch oder Bann der Zerstörung, die mit dem heiligen
Krieg verbunden sind, wird mehr auf der Stadt liegen. "Es wird ganz
sicher wohnen" (vgl. Jes 32,18; 33,20; Am 9,15; Mi 4,4; Sach 3,10 ).
d. Die Vernichtung der Feinde Israels
( 14,12 - 15 )
Sach 14,12-15
In diesem eingeschobenen Rückblick (die Worte
"die Völker, die gegen Jerusalem in den Kampf gezogen sind" beziehen
sich zurück auf V. 2 ) beschreibt Sacharja die zweite Phase der Invasion
der verbündeten heidnischen Heere in Jerusalem. In dieser Phase werden
die heidnischen Armeen rund um Jerusalem vernichtend geschlagen werden,
wie in Sach 12,2-9 beschrieben ist. Dieser Abschnitt in Kapitel 14 faßt
folgende Ereignisse zusammen: (a) die Plage, die der Herr über die
Feinde Israels, Mensch und Tier, senden wird (V. 12.15 ; vgl. Sach 12,4
), (b) die Verwirrung , die er schicken wird ( Sach 14,13 ), und (c) die
Plünderung der heidnischen Armeen (V. 14 ), wobei ein Großteil der Beute
sicherlich aus den Dingen bestehen wird, die die Heiden zuvor aus
Jerusalem geraubt haben (V. 1 - 2 ).
e. Die Verehrung des Messias-Königs durch die
Völker
( 14,16 - 19 )
Sach 14,16
Wenn Jerusalem sicher ist und die Herrschaft des
Messias sich auf die ganze Welt ausdehnen wird (V. 9 - 11 ), werden alle
übriggebliebenen Heiden jährlich nach Jerusalem kommen, umden Herrn
anzubeten. Die "Übriggebliebenen" sind keine Juden, die unter "alle
Heiden" zerstreut waren. Der Rest der Juden wird ja bereits bei der
Wiederkunft im Land gesammelt werden. Es handelt sich hier um die
Zivilbevölkerung derjenigen Völker, deren Heere bei dem Angriff auf
Jerusalem vom Messias geschlagen wurden (V. 1 - 5 ; vgl. Offb 19,19 ).
Die in der Schlacht von Harmagedon kämpfenden Heere werden vernichtet,
nicht jedoch die Völker, aus denen sie kommen. Diese werden vielmehr die
Überlebenden des Gerichtes Gottes über die Heiden sein, und sie werden
als "Schafe" zum Königreich Gottes gehören, nachdem den "Böcken" der
Eingang ins Tausendjährige Reich verwehrt wurde ( Mt 25,31-46 ).
Daß die Heiden nach Jerusalem gehen (vgl. Jes
2,2; 14,1; 66,23; Sach 8,23 ), um "anzubeten", muß nicht heißen, daß sie
jüdische Proselyten werden wie in der Zeit des Alten Testaments. Die
Religion des Tausendjährigen Reiches wird kein wiederhergestelltes
Judentum sein, sondern eine neu errichtete, weltweite religiöse Ordnung,
die sowohl Juden als auch Heiden umfaßt. Ihr Zentrum wird in Jerusalem
liegen, und sie wird gewisse Züge aufweisen, die in mancher Hinsicht an
die Religion des Alten Testaments erinnern oder ihr auch manchmal gleich
sind. Eines dieser Merkmale ist die jährliche Feier des Laubhüttenfestes
(vgl. 3Mo 23,33-43; Sach 14,18-19 ). Die Notwendigkeit, nach Jerusalem
zu gehen, erklärt sich nicht zuletzt daraus, daß dort der Angebetete
wohnt - der König, der HERR Zebaoth , d. h. Jesus Christus, der auf dem
Thron Davids in Jerusalem herrschen wird ( 1Sam 7,13.16; Lk 1,32; Jes
24,23 ).
Sach 14,17-19
Die jährliche Anbetung in Jerusalem ist nötig,
damit die Felder fruchtbar bleiben. Denjenigen Völkern, die die
Möglichkeit, den Herrn anzubeten, vernachlässigen oder ablehnen, wird
Gott keinen Regen mehr schicken ( über das wird's nicht regnen ). Auch
Ägypten, dessen Bewässerung der Felder nicht von Regen abhängig ist
(zumindest nicht direkt), sondern von der Überschwemmung des Nils, wird
mit Dürren geplagt werden, mit denen der HERR alle Heiden schlagen wird
, wenn sie nicht heraufkommen, um das Laubhüttenfest zu halten.
f. Die Heiligkeit Judas und Jerusalems in der
Zeit der Herrschaft des Messias
( 14,20 - 21 )
Sach 14,20-21
Zu der Zeit wird Heiligkeit das ganze Leben
bestimmen (vgl. Sach 8,3 ) - das öffentliche ( Schellen der Rosse ) wie
das religiöse ( die Töpfe im Hause des HERRN , dem Tempel im
Tausendjährigen Reich; Hes 40-43 ) und das private Leben ( alle Töpfe in
Jerusalem und Juda ). Dahinter steht vielleicht der allgemeine Gedanke
der Aufhebung der Dichotomie zwischen dem Säkularen und dem Religiösen.
Im Alten Testament war ein "Händler " (wörtlich: "der Kanaaniter; vgl.
Hos 12,8 ) das Symbol für alles Unreine und Gottlose. Im Tausendjährigen
Tempel wird es keine solche Verunreinigung mehr geben. So schließt das
Buch des Propheten Sacharja, das mit einem Aufruf zur Buße begann ( Sach
1,2-6 ), mit der Versicherung, daß alles dem HERRN heilig sein wird (
Sach 14,20-21 ). Da er der HERR Zebaoth ist, der Heilige, wird er das
ganze herrliche Tausendjährige Reich heiligen!
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