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Sprüche (Sid S. Buzzell)
EINLEITUNG
Das Buch der Sprüche ist ein Buch mit moralischen und
ethischen Anweisungen, die zahlreiche Aspekte des Lebens behandeln. Die Lehren
in diesem Buch möchten dem Leser die Erkenntnis vermitteln, wie er ein Leben in
Weisheit führen kann, das Gott wohlgefällt, und wie er die Fallen einer
unweisen, gottlosen Lebensführung vermeiden kann.
Das Buch hat eine große Spannbreite und ist auch nicht
an eine bestimmte Zeit gebunden, denn es behandelt viele verschiedene Themen und
ihre Bedeutung für das tägliche Leben. Es werden wiederholt Themen wie die
richtigen und die falschen Haltungen, Lebensweisen und Eigenschaften auf knappe,
eindringliche Weise behandelt. Die Sprüche sind Gottes Buch zu dem Thema: "Wie
werde ich klug, und wie führe ich mein Leben?" Es ist Gottes Schatzbuch der
Weisheit.
Wenn die Israeliten Gottes Geboten und Gesetzen
folgten, dann hielt man sie für ein weises und verständiges Volk ( 5Mo 4,5-6 ).
Das gilt für alle Gläubigen, denn "die Gesetze des Herrn" machen "den
Einfältigen weise" ( Ps 19,8 ). Das Buch der Sprüche zeigte den Israeliten, wie
ihr Vertrauen auf den Herrn und sein Wort ihr tägliches Leben beeinflussen
sollte. Es macht deutlich, wie die Gläubigen aller Zeitalter in Gottes Augen und
in den Augen anderer Menschen weise werden können.
Das Buch der Sprüche rundet das Alte Testament ab,
indem es einen wichtigen Bestandteil hinzufügt. Die Israeliten sollten das
Gesetz halten und auf die Propheten hören und ihnen gehorchen. Aber das Volk
sollte auch die Wahrheiten des Gesetzes und der Propheten auf jeden
Lebensbereich anwenden. Auch wenn ein Israelit kein Gebot des Mosaischen
Gesetzes brach und keinem Propheten widerstand, führte er vielleicht dennoch
kein Leben in der Fülle. Die Sprüche warnen vor dem ungesetzlichen und dem
unmoralischen Handeln, aber sie möchten auch die Notwendigkeit betonen, bewußt
zu leben und sein Leben mit positiven Inhalten zu füllen.
Autor und Entstehungszeit
Die Verfasserfrage und die Frage nach der Zeit der
Entstehung der Sprüche kann man nicht beantworten, ohne den Aufbau des Buches zu
verstehen. Das Buch besteht aus acht Abschnitten (vgl. unter Gliederung ), die
zu unterschiedlichen Zeitpunkten geschrieben wurden und mehrere Autoren haben.
Die Überschrift "Die Sprüche Salomos" in Spr 1,1 überschreibt die Kapitel 1-9
(die Abschnitte I und II). Da Salomo von 971 bis 931 v. Chr. regierte, könnte
man die von ihm stammenden Sprüche auf das zehnte Jahrhundert datieren. Gemäß
10,1 stammt Abschnitt III ( Spr 10,1-22,16 ) ebenfalls von Salomo.
Abschnitt IV ( Spr 22,17-24,34 ) wird mit "die Sprüche
der Weisen" überschrieben ( Spr 22,17;24,23 ). Es ist nicht klar, wer diese
weisen Männer waren, womit sich die Zeit, in der sie ihre Sprüche verfaßten,
ebenfalls unserer Kenntnis entzieht. Möglicherweise haben sie vor Salomo gelebt,
und Salomo stellte ihre Sprüche zusammen und fügte sie zu seiner Sammlung hinzu.
Oder aber diese Weisen lebten zur Zeit Salomos, und ihre Sprüche wurden Salomos
Sammlung von einem unbekannten Redaktor beigefügt. Die Sprüche in Abschnitt V (
Spr 25-29 ) wurden zwar von Salomo geschrieben, aber von Männern Hiskias
zusammengestellt ( Spr 25,1 ). Da Hiskia von 729 bis 686 v. Chr. regierte,
wurden jene Kapitel also irgendwann in diesen Jahren zusammengestellt.
Die Abschnitte VI ( Spr 30 ) und VII ( Spr 31,1-9 )
wurden von Agur und König Lemuel in dieser Reihenfolge verfaßt. Diese Männer
waren keine Israeliten. Möglicherweise handelte es sich bei ihnen um Araber; es
ist uns nicht bekannt, wer sie waren und woher sie kamen.
Abschnitt VIII ( Spr 31,10-31 ) könnte die Fortsetzung
der Worte sein, die Lemuel zugeschrieben werden ( Spr 31,1 ), aber sein Aufbau
als abgeschlossenes Akrostichon und die stilistischen Unterschiede zu Spr 31,1-9
kennzeichnen ihn als eigenständigen Bestandteil. Wenn sich das so verhält, dann
ist uns nicht bekannt, wer der Autor dieses Abschnittes war.
Spätestens zu Hiskias Zeit nahm das Buch seine
endgültige Gestalt an (vgl. Spr 25,1 ). Ob seine Männer das gesamte Buch
zusammenstellten, ist ungewiß. Als Datum für die abschließende Anordnung des
Buches wird im allgemeinen etwa das Jahr 700 v. Chr. angenommen. Man geht davon
aus, daß Agur und Lemuel ihre Sprüche zuvor geschrieben haben. Die Abfassung und
die Zusammenstellung des Buches geschahen natürlich unter der Leitung des
Heiligen Geistes, des göttlichen Autors aller Schrift ( 2Tim 3,16 ).
Es ist durchaus angemessen, daß Salomo der Autor des
größten Teils des Buches ist, denn er, der weiseste Mensch seiner Tage ( 1Kö
4,9-11.14 ), verfaßte 3000 Sprüche ( 1Kö 4,12; vgl. Pred 12,9 ). Der Heilige
Geist leitete ihn, so daß er nur einige Hundert seiner Sprüche für die Aufnahme
in die Bibel auswählte.
Man kann davon ausgehen, daß Salomo das Hohelied in
seinen Jünglingsjahren, die Sprüche etwa in der Mitte seines Lebens und das Buch
Prediger zum Ende seines Lebens geschrieben hat, als er über seine Erfahrungen
nachsann.
Die Absicht des Buches
Das Buch der Sprüche verfolgt eine fünffache Absicht,
die in der Einleitung zu dem Buch genannt wird ( Spr 1,2-4.6 ): (a) die
Erlangung von Weisheit und Zucht, (b) das Verstehen von Worten der Einsicht, (c)
das Annehmen eines zuchtvollen und in Klugheit geführten Lebensstils, (d) dem
Einfältigen Einsicht zu vermitteln, (e) das Verstehen von Sprüchen und
Gleichnissen, den Aussprüchen und Rätseln der Weisen. Damit soll den Lesern zu
einem in Weisheit geführten Leben verholfen werden.
Die Sprüche haben bei Eltern und Lehrern Verwendung
gefunden, die Weisheit so vermitteln wollten, daß das Lernen zu einem Abenteuer
und einer Herausforderung wurde. Wenn man einen Sinnspruch gebrauchte, dann
wollte man damit den jungen Leuten helfen, geistige Fähigkeiten zu erwerben, die
einem in Weisheit geführten Leben zuträglich sind. Sowohl der Inhalt als auch
der Aufbau der Sprüche halfen den Hörern weiter. Dieser Prozeß war eine
Herausforderung und das Ergebnis eine Belohnung.
Von den verschiedenen Worten für Weisheit und den
verwandten Synonymen, die in den Sprüchen gebraucht werden, ist der vorrangige
und am häufigsten gebrauchte Begriff HokmCh . Er steht in den Sprüchen 45mal. Im
AT wird HokmCh für das Können eines Handwerkers, eines Seemannes, eines Sängers,
eines Trauernden, eines Verwalters und eines Ratgebers gebraucht. Diese und
andere Arbeiter, die das entsprechende Wissen und die Erfahrung besaßen und sich
auf ihrem Fachgebiet auskannten, wurden als geschickte Leute betrachtet; sie
waren daher "weise". In gleicher Weise ist ein Mensch, der in bezug auf Gott
HokmCh besitzt, auf dem geistlichen Gebiet jemand, der sowohl verständig
hinsichtlich der Nachfolge auf Gottes Wegen ist als auch darin Erfahrung hat. In
der biblischen Weisheitsliteratur bedeutet weise sein auch immer, das Leben in
Gott wohlgefälliger Weise zu meistern. Crawford H. Toy schrieb, daß die Weisheit
Erkenntnis der rechten Lebensführung bedeute ( A Critical and Exegetical
Commentary on the Book of Proverbs ; S. 5).
Manche der alten Kulturen im Orient besaßen eine
Weisheitsliteratur (vgl. den Abschnitt "Die Beziehung der Sprüche zu anderer
alter Weisheitsliteratur"). Das Buch der Sprüche ist zwar in mancher Beziehung
dieser Literatur ähnlich, aber die in den Sprüchen gutgeheißene Weisheit enthält
ein Element, das man in der übrigen Weisheitsliteratur nicht findet. Die
Weisheit aus den Sprüchen schließt zwar angewandte Klugheit, geistigen
Scharfsinn und praktisches Geschick mit ein, meint aber auch eine moralische,
gerade Lebensführung, die einer aufrechten Beziehung zum Herrn entspringt. Die
Feststellung "Der Weisheit Anfang ist die Furcht des Herrn" ( Spr 9,10 ) macht
das hebräische Konzept der Weisheit zu einer einzigartigen Erscheinung. (Vgl.
Spr 1,7;14,16;15,33; Hi 28,28; Ps 111,10 .) Wer im biblischen Sinne weise sein
wollte, der mußte zuerst einmal eine gute Beziehung zu Gott haben. Den Herrn zu
fürchten, bedeutet, ihn als den anzuerkennen, der er ist, und ihm zu vertrauen,
ihn anzubeten, ihm zu gehorchen und ihm zu dienen. Wer Gott nicht verehrt und
seinem Wort nicht gehorcht, wird die Weisheit, wie sie die hebräischen Weisen
definiert haben, niemals erlangen.
Die Absicht des Buches der Sprüche ist also
insbesondere für junge Leute der Anstoß zu einer weisen Lebensführung, die mit
einem guten Verhältnis zum Herrn ihren Anfang nimmt.
An wen wendet sich das Buch?
Die häufige Anrede "mein Sohn" und "meine Söhne" in
diesem Buch hat die Frage nach der Beziehung zwischen Salomo und seiner
"Zuhörerschaft" aufgeworfen. Die Worte "mein Sohn" schrieb Salomo in den
Kapiteln 1 - 7 15mal und an anderen Stellen noch zwei weitere Male ( Spr
19,27;27,11 ). Diese Worte kommen fünfmal in den Sprüchen der weisen Männer vor
( Spr 23,15.19;23,26;24,13.21 ), und einmal gebraucht Lemuels Mutter sie ( Spr
31,2 ). "Meine Söhne" wird viermal gebraucht ( Spr 4,1;5,7;7,24;8,32 ), und zwar
nur von Salomo. Ursprünglich waren diese Verse mit der Anrede "mein Sohn/meine
Söhne" entweder an die Schüler Salomos gerichtet und an die Studenten anderer
Lehrer am Königshof, oder aber Salomo und andere sprachen sie zu ihren Söhnen zu
Hause. Die Annahme, daß diese Worte doch in einer Lehranstalt gesprochen wurden,
wird von der Tatsache unterstützt, daß die Lernenden von ihren Lehrern bisweilen
"Söhne" genannt wurden. Wenn man annimmt, daß diese Anrede zu Hause gebraucht
wurde, kann man anführen, daß die Mütter ( Spr 1,8;6,20; vgl. auch Spr
23,19.22-26 ) sowie auch die Väter ihre Kinder unterwiesen. Auch Lemuels Mutter
lehrte ihren Sohn einen Spruch ( Spr 31,1-2 ). In seiner schriftlichen Form ist
das Buch der Sprüche für Eltern bei der Unterweisung ihrer Söhne und Töchter
nützlich, wie es offensichtlich auch für das persönliche Bibelstudium hilfreich
ist. Die Tatsache, daß dieses Buch eine Spruchsammlung darstellt, legt den
Gedanken nahe, daß die Sprüche verschiedenen Situationen entstammen, wobei eine
unterschiedliche Zuhörerschaft angesprochen wurde. Auf jeden Fall war das Buch -
und ist es noch immer - eine ausgezeichnete Fibel über ein weises,
gottgefälliges Leben für die junge Generation (und auch für die Erwachsenen).
Der Stil des Buches
1. Bedeutung des Wortes "Spruch"
Das hebr. Wort mASAl wird mit "Spruch" übersetzt und
kommt wahrscheinlich von einem Verb, das die Bedeutung "gleich sein, ähnlich
sein mit" hat. Ein Spruch ist danach also eine Aussage, die einen Vergleich
anstellt oder eine übliche Erfahrung zusammenfaßt (d. h., der Satz ist "wie" die
Wirklichkeit oder wird mit ihr verglichen). Jeder der prägnanten Aussprüche im
größten Teil des Buches der Sprüche ist ein mASAl (vgl. Spr 1,1;10,1;25,1 ),
aber kurze sprichwörtliche Redewendungen finden sich auch an anderen Stellen im
AT (z. B. 1Mo 10,9; 1Sam 10,12; 24,14; 1Kö 20,11; Jer 31,29; Hes 12,22; 16,44;
18,2 ).
M ASAl bedeutet auch "Sprichwort" (z. B. 5Mo 28,37;
"Gegenstand des Spottes"; 1Kö 9,7; 2Chr 7,20; Jer 24,9; Hes 14,8 ). Der Sinn
scheint hier der zu sein, daß ein Mensch oder ein Volk, das zum "Sprichwort"
oder zur Spottrede wird, ein lehrhaftes Beispiel für andere wird. M ASAl kann
auch ein prophetisches Wort ( 4Mo 23,7.18; 24,3.15.20-21.23 ) oder eine
Schmähung ( Jes 14,4 ) von mehreren Versen Länge genannt werden. Vielleicht ist
der zugrundeliegende Gedanke der, daß die Aussagen auf das hinweisen, was sich
der Sprecher von den Menschen wünschte. Hiobs "Rede" ( Hi 29-31 ) ist ein mASAl
in dem Sinne, daß er damit seine Erfahrungen zusammenfaßte. Man kann mASAl auch
mit "Gleichnis" übersetzen ( Hes 21,5 ); hier wird mit der stark übertriebenen
Geschichte ein Ereignis des Lebens veranschaulicht. Eine ähnliche Übersetzung
für mASAl wäre "Allegorie" (Gleichnis; Hes 17,2 ). Sprüche werden darüber hinaus
mit Rätseln in Verbindung gebracht ( Ps 49,5; Spr 1,6 ).
Das Buch der Sprüche enthält neben den aus einem Vers
bestehenden Sentenzen einige längere Abhandlungen (z. B. Spr
6,12-14.16-19;7,6-23;30,11-14.18-19.21-23;31,4-5 ).
2. Der Parallelismus
Das Buch der Sprüche ist ganz in Poesie abgefaßt. Das
vorherrschende Kennzeichen in der Struktur der hebräischen Poesie ist der
sogenannte poetische Parallelismus. Normalerweise haben die beiden Zeilen eines
Verses eine parallele Beziehung (vgl. zum Parallelismus die Einleitung zu den
Psalmen).
Beim synonymen Parallelismus werden die Ausdrücke oder
Sinneinheiten einer Zeile, die einen bestimmten Gedanken wiedergeben, mit
ähnlichen Ausdrücken oder Sinneinheiten in der zweiten Zeile parallel gesetzt.
Bisweilen paßt zu jeder Sinneinheit in der ersten Zeile eine andere in der
zweiten Zeile (z. B. Spr 1,2;2,11 ). Das wird dann vollständig synonymer
Parallelismus genannt. Bei anderen Beispielen passen nur einige der
Sinneinheiten einer Zeile zu anderen Sinneinheiten in der nächsten Zeile (z. B.
Spr 1,9 ). Das wird dann unvollständiger synonymer Parallelismus genannt.
Beim antithetischen Parallelismus steht die erste
Zeile im Gegensatz zur zweiten oder sagt das Gegenteil von dem in der ersten
Zeile Gesagten aus (z. B. Spr 10,1;11,1 ). Die meisten Verse in den Kap. 10-15
sind antithetisch.
Beim symbolischen Parallelismus erläutert eine Zeile
die andere, indem etwas genannt wird, was ganz ähnlich ist, oder es wird ein
bildhafter Vergleich angestellt (z. B. Spr 10,26;25,12.23 ).
Beim synthetischen Parallelismus setzt die zweite
Zeile einfach den Gedanken der ersten Zeile fort. Bisweilen nennt die zweite
Zeile das Ergebnis aus dem in der ersten Zeile Gesagten ( Spr 3,6;16,3 ).
Manchmal beschreibt die zweite Zeile etwas aus der ersten Zeile ( Spr 6,12;15,3
), oder in einer Zeile wird etwas angeführt, was die andere Zeile als
vorteilhaft beschreibt. Es gibt 19 Verse mit der Aussage "es ist besser ... als
..." ( Spr
12,9;15,16-17;16,8.16.19.32;17,1.12;19,1.22;21,9.19;22,1;25,7.24;27,5.10;28,6 ).
"Wieviel schlimmer" oder "wieviel mehr" ist eine weitere Form des synthetischen
Parallelismus ( Spr 11,31;15,11;17,7;19,7.10;21,27 ). Die meisten Verse in Spr
16,1-22,16 weisen entweder einen synonymen oder einen synthetischen
Parallelismus auf.
Nicht alle Verse in den Sprüchen haben zwei Zeilen.
Manche Verse bestehen aus drei Zeilen (z. B. Spr
1,27;6,13.17;27,22;30,20.32-33;31,4 ), einige aus vier (z. B. Spr
30,9.14-15.17.19 ), und ein Vers hat sogar sechs Zeilen ( Spr 30,4 ). In den
Versen mit drei Zeilen stehen die erste und die zweite Zeile gewöhnlich
miteinander in Beziehung, und die zweite und die dritte Zeile stehen in gewisser
Weise parallel zueinander (z. B. ist in Spr 27,27 die zweite Zeile ein
synthetischer Parallelismus zur ersten Zeile, die den Gedanken zu Ende führt,
und die dritte Zeile steht zur zweiten Zeile im synonymen Parallelismus). Die
drei Zeilen in Spr 1,27 stehen jedoch alle drei im synonymen Parallelismus. Das
Buch Walking in Wisdom, Studying the Proverbs of Solomon von William E. Mouser,
Jr. bietet eine hilfreiche Erörterung der Frage nach der Analyse der
verschiedenen Arten des Parallelismus im Buch der Sprüche.
Normalerweise, jedoch nicht immer, ist die zweite
Zeile des zweizeiligen Parallelismus mehr als nur eine bloße Wiederholung der
Worte oder des Gedankens der ersten Zeile. Die zweite Zeile führt die erste
weiter aus oder vervollständigt sie, erklärt sie, betont sie, unterstreicht ihre
Bedeutung, erweitert sie, beschreibt das Gegenteil oder eine andere Möglichkeit
oder ist das Gegenstück dazu. (Zu der Struktur, bei der die zweite Zeile betont
wird, vgl. James L. Kugel, The Idea of Biblical Poetry, Parallelism and Its
History , New Haven, Conn., 1981, S. 7 - 27, bes. S. 13.)
Die Verse in den Sprüchen sind zu Sentenzen reduzierte
Feststellungen, es sind Aussagen über das Leben, die auf einen Punkt gebracht
worden sind. Die Erfahrungen und die Beobachtungen der Schreiber werden
herauskristallisiert. Die kurzen, aber prägnanten Sentenzen bringen den Leser
dazu, daß er über ihre Bedeutung nachsinnt. Die Sprüche erzählen, wie das Leben
ist und wie man sein Leben führen sollte. Ohne viele Worte zu verschwenden,
nehmen etliche Aussagen in den Sprüchen kurz und knapp auf das Bezug , was jeder
Mensch in seinem Leben beobachten kann; andere Sprüche wiederum sprechen einen
Rat aus oder ermahnen den Leser, wie er sein Leben führen sollte. Wenn ein
Ratschlag erteilt wird, folgt normalerweise auch ein Grund für den Rat.
Viele Aussagen in den Sprüchen sollte man als
Leitlinien, nicht als absolute Aussagen auffassen; es handelt sich dabei nicht
um feste Verheißungen. Was gesagt wird, ist normalerweise allgemein zutreffend.
Ausnahmen werden jedoch gelegentlich auch verzeichnet (vgl. z. B. Spr 10,27 mit
Ps 73,12 ).
Das Thema des Buches
Das Buch der Sprüche konzentriert sich auf den
Charakter des Menschen und auf seinen Lebenswandel. Mit seinen Beobachtungen und
seinen Ermahnungen in diesem Bereich wendet sich das Buch an einzelne Menschen
und nicht an das Volk Israel als Ganzes. Wie bereits unter "Die Absicht des
Buches" erläutert wurde, spricht das Buch der Sprüche das in Weisheit geführte
Leben eines Menschen an, das mit einem gottesfürchtigen Lebenswandel
gleichgesetzt wird. Wer nämlich gottesfürchtig oder gerecht ist, der ist in
Gottes Augen weise. Im Gegensatz dazu ist ein Gottloser oder Ungerechter ein
Tor. Auf diese beiden Lebensweisen und ihre Folgen nimmt das Buch der Sprüche
wiederholt Bezug. Sie werden in Ps 1,6 zusammengefaßt: "Denn der Herr kennt den
Weg der Gerechten, aber der Weg der Gottlosen vergeht."
Das Buch der Sprüche spricht von vielen menschlichen
Gefühlsregungen, Einstellungen und Beziehungen, und oft werden Gegensätze
herausgestellt. Manche dieser vielen Punkte sind in der Übersicht "Positive und
negative Begriffe und andere Themen in den Sprüchen" zusammengestellt. Eine
verbreitete Methode, die Sprüche zu studieren, ist folgende: Man stellt die
Verse zusammen, die ein bestimmtes Thema behandeln, und untersucht so alles, was
zu diesem Thema gesagt wird. Vgl. dazu zum Beispiel die Übersicht "Das Buch der
Sprüche über das Reden" bei Spr 6,16-17 .Mehrere Verse in den Sprüchen behandeln
das ländliche und das städtische Leben: Sie sprechen von der Ethik bei
Geschäften, von den zwischenmenschlichen Kontakten und von ziviler
Gerechtigkeit, von den Beziehungen innerhalb einer Familie, von moralischen
Maßstäben und inneren Einstellungen und Beweggründen. Es ist also kein Wunder,
daß das Buch so umfassend zu uns spricht!
In den Sprüchen wird nur wenig über das Leben nach dem
Tod gesagt. Die Betonung liegt auf dem diesseitigen Leben. Es wird deutlich, daß
ein Mensch die Belohnung für sein gottesfürchtiges Leben in der Gegenwart
empfängt und daß ein gottlos geführtes Leben in diesem Leben zu Schwierigkeiten
führt (vgl. den Kommentar zu Pred 2,24-26;11,9 ). Die Sprüche betonen, daß
zwischen den verschiedenen Lebenswegen eine klare Trennung besteht.
Das Buch der Sprüche richtet sein besonderes Augenmerk
auch auf Gott: auf sein Wesen (seine Souveränität, seine Treue, seine
Heiligkeit, seine Allmacht, seine Gerechtigkeit usw.), seine Werke und seine
Segnungen. Der Name Jahwe ("Herr") kommt in den Sprüchen 87mal vor.
Auch die Beziehung des Menschen zum Herrn ist ein
wichtiges Thema im Buch der Sprüche. Ein Mensch kann ein gottgefälliges Leben in
Weisheit nur dann führen, wenn er den Herrn fürchtet und auf ihn vertraut. Die
Sprüche heben auf diese gute Beziehung zu Gott ab, was dann auch bedeutet, daß
die Beziehung dieses Menschen zu seinem Nächsten in Ordnung ist.
GLIEDERUNG
I. Vorrede ( 1,1-7 )
A. Der Autor und die literarische Form des Buches
( 1,1 )
B. Die Absicht des Buches ( 1,2-6 )
C. Das Thema des Buches ( 1,7 )
II. Die Worte Salomos über den Wert der Weisheit (
1,8-9,18 )
A. Weisheit verhilft zu Ehre ( 1,8-9 )
B. Weisheit bewahrt vor Unglück ( 1,10-33 )
C. Der Wert der Weisheit auf ethischem Gebiet (
Kap.2 )
D. Die Segnungen der Weisheit ( 3,1-12 )
E. Der hohe Wert der Weisheit ( 3,13-20 )
F. Der Wert der Weisheit beim Aufbau von
Beziehungen zu anderen Menschen ( 3,21-35 )
G. Eine Ermahnung.nach Weishet zu sterben ( 4,1-9
)
H. Der Wert der Weisheit bei der Bewahrung vor
Unglück ( 4,10-19 )
I. Der Wert der Weisheit für die Genesung (
4,20-27 )
J. Der Wert der weisheit bei der Bewahrung vor
Ehebruch ( Kap.5 )
K. Der Wert der Weisheit bei der Bewahrung vor
Armut ( 6,1-11 )
L. Der Wert der Weisheit bei der Bewahrung vor
Streit ( 6,12-19 )
M. Der Wert der Weisheit bei der Bewahrung vor
unmoralischem Verhalten auf sexuellem Gebiet ( 6,20-7,27 )
N. Der Wert der Weisheit erweist sich in ihren
Tugenden und ihren Belohnungen ( 8,1-21 )
O. Der Wert der Weisheit und der Herr der
Schöpfung ( 8,22-36 )
P. Der Wert der Weisheit wird zusammengefaßt:die
Einladung der Weisheit wird der Verfürung der Torheit gegenübergestellt ( Kap.9
)
III.Die Sprüche Salomos ( 10,1-22,16 )
A. Sprüche,die eine gerechte und eine gottlose
Lebensführung einander gegenüberstellen ( Kap.10-15 )
B. Sprüche,die eine gerechte Lebensführung rühmen
( 16,1-22,16 )
IV.Die Sprüche der Weisen ( 22,17-24,34 )
A. Dreißig Sprüche der Weisen ( 22,17-24,22 )
B. Weitere Sprüche der Weisen ( 24,23-34 )
V. Die Sprüche Salomos,die von Hiskias Männern
gesammelt wurden ( Kap.25-29 )
VI.Die Wortr Agurs ( Kap.30 )
A. Einleitung ( 30,1 )
B. Die Erkenntnis Gottes ( 30,2-9 )
C. Agrus Beobachtungen ( 30,10-33 )
VII.Die Worte Lemuels ( 31,1-9 )
VIII.Die tüchtige Frau ( 31,10-31 )
AUSLEGUNG
I. Vorrede
( 1,1-7 )
In diesen Versen stellte der Autor sich und sein Werk
vor (V. 1 ), gab eine Erklärung ab, warum die Sprüche aufgezeichnet worden sind
(V. 2-6 ), und nannte einen theologischen Grund dafür, warum seine Leser solche
Menschen werden sollten, wie er sie sich wünschte (V. 7 ).
A. Der Autor und die literarische Form des Buches
( 1,1 )
Spr 1,1
Die Ausleger sind verschiedener Meinung darüber, ob
sich die Erwähnung der Sprüche Salomos auf das gesamte Buch oder nur auf den
ersten Abschnitt bezieht ( Spr 1,2-9,18 ). Da in den anderen Abschnitten
verschiedene Autoren und Redaktoren genannt werden, bezieht sich diese Aussage
wahrscheinlich nur auf die Kapitel 1-9 . Derselbe Satz in Spr 10,1 leitet dann
Spr 10,1-22,16 ein. (Vgl. dazu "Autor und Entstehungszeit" in der Einleitung .)
Das Wort "Sprüche" ist nicht nur die Überschrift des
Buches, sondern bezeichnet auch das Genre der Literatur des Buches. Zu der
Bedeutung von mASAl ("Spruch", "Sprichwort") vgl. den Abschnitt "Der Stil des
Buches" in der Einleitung . Wie dort bereits erörtert wurde, bezeichnet mASAl
zwar gewöhnlich einen kurzen, prägnanten Ausspruch, kann aber auch für eine
längere Abhandlung gebraucht werden. Das Wort "Spruch, Sprichwort" steht dann
also für verschiedene Formen von weisen, verständigen Aussprüchen.
B. Die Absicht des Buches
( 1,2-6 )
1. Zusammenfassung
( 1,2 )
Spr 1,2
Die Sprüche wurden niedergeschrieben, um andere
Menschen zu ermutigen, (a) die Unterweisung zur rechten Lebensführung anzunehmen
( um Weisheit und Zucht zu erlangen ) und (b) den Geist zu schärfen ( um Worte
der Einsicht zu verstehen ). Das Erstgenannte wird in den Versen 3-5 näher
ausgeführt, das Zweitgenannte in Vers 6 . Wie in der Einleitung unter "die
Absicht des Buches" festgehalten wurde, bezieht sich das Wort HokmCh
("Weisheit") im AT häufig auf das geistige und handwerkliche Können und Geschick
von Handwerkern, Seeleuten, Sängern, Trauernden, Verwaltern, Ratgebern und
anderen; bei anderen Gelegenheiten wird davon im Zusammenhang mit der Anwendung
moralischer und ethischer Prinzipien gesprochen, woraus ein verständiger,
gottesfürchtiger Lebenswandel folgt. Ein Mensch, der diese Weisheit besitzt, hat
"Sachkenntnis" über einen Gott wohlgefälligen Lebenswandel. Solch ein weiser,
verständiger Lebenswandel ist ein Leben in "Zucht" (vgl. V. 3 ) und Ordnung. Das
Wort mUsAr wird mit Zucht übersetzt und bedeutet "Zucht auf moralischem Gebiet
oder Zurechtweisung". Im Hebräischen bedeutet der Begriff "Einsicht", der in
Vers 5 ("Erkenntnis") und Vers 6 ("Verstehen") gebraucht wird, Einsicht oder die
Fähigkeit, die Dinge zu durchschauen.
2. Die Aussage wird ausgeführt
(1,3-6)
Spr 1,3-5
Diese Verse führen die Dinge weiter aus, die ein
Mensch erwerben sollte, wenn er ein verständiges Leben führen möchte. Ein
zuchtvolles (vgl. V. 2 ) und mit Klugheit (vgl. V. 4 ) geführtes Leben ist ein
Leben hoher moralischer Maßstäbe, ein Leben, in dem ein Mensch Recht,
Gerechtigkeit und Redlichkeit übt (vgl. Spr 2,9 ). Wer unmoralisch lebt oder
Ungerechtigkeit tut, der kann in Gottes Augen kaum weise genannt werden!
Der Ausdruck die Einfältigen ( peTI ; Spr 1,4 )
bezieht sich auf einen unwissenden und ungelehrten Menschen. Es geht dabei nicht
um einen geistig Behinderten, einen Menschen, der nicht begreift, und auch nicht
um einen Toren, der die Weisheit verachtet. Es ist im Gegenteil ein Mensch damit
gemeint, der sich mit dem Leben und der Weisheit bisher nur wenig befaßt hat.
Weil er so unerfahren ist, ist er leichtgläubig und leicht beeinflußbar. Daher
hat er Klugheit nötig (vgl. Spr 1,3; ZormCh , ein Begriff, der sonst nur in Spr
8,5.12; 2Mo 21,14 und Jos 9,4 gebraucht wird). Der Begriff peTI ("einfach")
kommt in den Sprüchen 14mal vor ( Spr
1,4.22.32;7,7;8,5;9,4.6.16;14,15.18;19,25;21,11;22,3;27,12 ). Zu den Begriffen
für "Tor" in den Sprüchen vgl. den Kommentar zu Spr 1,7 .
"Der Einfältige" und der junge Man n haben Weisheit
nötig: "Klugheit", Erkenntnis und Besonnenheit ( m+zimmCh , "weise Voraussicht";
der Begriff kommt auch in Spr 2,11;3,21 vor, "Erkenntnis"; Spr 5,2;8,12 ). In
Spr 12,2 und Spr 14,17 wird m+zimmCh im negativen Sinne gebraucht, um das
listige oder bösartige Planen zu bezeichnen. Auch die, die Erfahrungen gesammelt
haben ( der Weise , HAKom , und der Verständige , Spr 1,5; vgl. V. 2 ) werden
daran erinnert, daß sie es nötig haben, in der Weisheit zuzunehmen (in der
Erkenntnis und in der Belehrung ). "Belehrung" ( taHbVlNT ), wörtlich "Steuern",
klingt danach, daß das Leben eines Menschen in die richtige Richtung gelenkt
werden soll. Dieses hebr. Wort wird sonst nur in Hi 37,12 ("Lenkung,
Steuerung"); Spr 11,14;12,5 ("Überlegungen"); Spr 20,18 und Spr 24,6 gebraucht.
Spr 1,6
Ein Mensch, der die "Worte der Einsicht" (V. 2 )
versteht, versteht auch die Bedeutung von Sprüchen, Gleichnissen, Aussprüchen
und Rätseln der Weisen . Das Wort für "Rätsel" ( HIDCh ) steht für eine
indirekte, verblümte oder rätselhafte Aussage (ähnlich wie ein Bild), die der
Auslegung bedarf. Der Begriff wird für Simsons Rätsel gebraucht ( Ri 14,12-19 )
und für die "schweren Fragen", die die Königin von Saba Salomo gestellt hatte (
1Kö 10,1; 2Chr 9,1 ).
C. Das Thema des Buches
( 1,7 )
Spr 1,7
Die Furcht des Herrn ist der Anfang der Erkenntnis ,
schrieb Salomo. Die Wendung die Furcht des HERRN wird in den Sprüchen 11mal
gebraucht (dazu taucht die Wendung "fürchte den Herrn" weitere viermal auf). Für
"Anfang" steht im Hebr. rE?SIT . Es bedeutet "Beginn". Ein Mensch kann in
geistlichen Dingen keine Erkenntnis erlangen, wenn er am falschen Ende beginnt
und sich weigert, den Herrn zu fürchten (d. h. zu erkennen, wie Gott ist, ihn zu
verehren, ihm zu vertrauen, ihn anzubeten, ihm zu gehorchen und ihm zu dienen).
R E?SIT steht auch für das Wesentliche, den Kern oder die Essenz einer Sache.
Das Wesentliche bei wahrer Erkenntnis ist die Furcht Gottes. Wenn ein Mensch von
Gott getrennt ist, weiß er nichts von den geistlichen Dingen ( Röm 1,22; Eph
4,18; 1Pet 1,14 ). Die Worte aus Spr 1,7 a werden in Spr 9,10 zum Ende des
ersten Abschnittes wiederholt (vgl. auch Hi 28,28; Ps 111,10 ).
Im Gegensatz zu den Gottesfürchtigen und Weisen
verachten die Toren die Weisheit und die Zucht . Das hebräische Wort bUz ,
"schmähen, herabsetzen, ins Lächerliche ziehen", wird mit "verachten" übersetzt
(vgl. 4Mo 15,31; Neh 2,19 ). B Uz wird auch noch an sieben anderen Stellen in
den Sprüchen erwähnt: Spr 6,30;11,12;13,13;14,21;23,9.22;30,17 .Drei Begriffe
werden in den Sprüchen mit "Tor" wiedergegeben. Eine Sorte von Tor ( k+sIl ) ist
ein Mensch, der träge im Denken und schwer von Begriff ist. Er ist dickköpfig
und eigensinnig. Dieser Begriff wird in den Sprüchen häufiger verwendet als die
beiden anderen Wörter; er kommt 49mal im gesamten Buch vor. Aus Faulheit und
Kurzsichtigkeit lehnt es dieser Tor ab, von anderen etwas anzunehmen (vgl. Spr
15,14 ). Der nächste Begriff für Tor lautet nABAl . Er kommt in den Sprüchen nur
dreimal vor ( Spr 17,7.21;30,22 ) und bezieht sich auf einen Menschen, dem es an
geistlicher Erkenntnis mangelt. Der dritte Begriff für Tor ( ?MwIl ) ist ein
sowohl arroganter und schnippischer als auch geistig träger Mensch. Er ist ein
grober Klotz und hält stur an seinem Weg fest. Dieses Wort kommt in den Sprüchen
19mal vor und nur noch siebenmal an anderer Stelle. Die "Toren" in Spr 1,7 sind
die Menschen, die in ihrer Arroganz von Gott und der Weisheit nichts wissen
wollen (vgl. V. 29 ). Zwei Sorten von Menschen werden in diesem Vers einander
gegenübergestellt: die Menschen, die Gott in Demut fürchten und daher zu echter
Erkenntnis gelangen, und die arroganten Narren, die durch ihre ablehnende
Haltung Gott gegenüber zeigen, daß sie Weisheit und Zucht verachten (vgl.
"Weisheit und Zucht" in V. 2 ). Diese beiden Sorten von Menschen werden im Buch
der Sprüche vielfach gegeneinander gestellt.
II. Die Worte Salomos über den Wert der Weisheit
( 1,8-9,18 )
Dieser lange Abschnitt bildet eine Einleitung zu der
Sammlung der kurzen und knappen Aussprüche der übrigen Kapitel dieses Buches.
Die Absicht dieses Abschnittes ( Spr 1,8-9,18 ) liegt darin, den Appetit des
Lesers ("mein Sohn/meine Söhne") anzuregen, damit er sein Herz auf die weisen
Aussprüche seiner Eltern richtet. Salomo reiht Aussage an Aussage, um die
Vorzüge der Weisheit vor jedem anderen Lebensstil darzulegen. Neben seinen
Warnungen vor Verbrechen und Ehebruch konzentrieren sich seine Aussagen auf eine
schöpferische und bedeutungsvolle Existenz. Man kann das Gesagte in 16
Unterpunkte (A, B,...P) unterteilen.
A. Weisheit verhilft zu Ehre
( 1,8-9 )
Spr 1,8
Die Worte mein Sohn (und "meine Söhne") werden in den
ersten neun Kapiteln sehr häufig und in Spr 22,17-24,34 noch viermal gebraucht.
Möglicherweise ist damit Salomos eigener Sohn und nicht die Schüler eines Weisen
gemeint, denn in Spr 1,8 wird auch die Mutter erwähnt. (Mehr dazu steht in dem
Abschnitt "An wen wendet sich das Buch?" in der Einleitung .) Höre wird als
Befehl verschiedene Male ausgesprochen ( Spr
4,1.10.20;5,1.7;7,24;8,32;19,20;22,17;23,19.22 ). Das hebr. Wort tNrCh , das
sonst mit "Gesetz" wiedergegeben wird, wird hier mit Weisung übersetzt. Wenn der
Begriff wie an dieser Stelle im Zusammenhang mit einer bestimmten Person
gebraucht wird (z. B. der Mutter), wird er mit "Unterweisung" übersetzt (vgl.
Spr 3,1;4,2;6,20;13,14 ). Da bei den Juden im Idealfall die Eltern ihre Kinder
in Gottes Gesetz unterwiesen (vgl. 5Mo 6,4-7 ), wurde ein und dasselbe Wort (
tNrCh ) sowohl für das Gesetz als auch für die darin enthaltene Unterweisung
gebraucht.
Spr 1,9
Wenn Kinder die Weisungen ihrer Eltern beachteten,
versprach man ihnen einen Kranz (eine Art Kopfschmuck; vgl. Spr 4,9 ) und eine
Halskette (vgl. Spr 3,3.22 ). Sie würden also durch das Befolgen der elterlichen
Anweisung ein erstrebenswertes Leben und gute Positionen erreichen. Sie würden
geehrt. Es steht hier bereits der Gegensatz dazu zwischen den Zeilen: Ungehorsam
und Auflehnung hatten Schande zur Folge.
B. Weisheit bewahrt vor Unglück
( 1,10-33 )
1. Mit Bosheit geht Unglück einher
( 1,10-19 )
Die Auswirkung des Bösen, das anfangs so verlockend zu
sein scheint, wird hier in voller Breite entfaltet. Ein Tor ist von der Aussicht
auf leicht erreichbaren Reichtum geblendet, und er ist schnell vom Augenblick
befriedigt (V. 10-14 ). Ein Weiser faßt jedoch die Folgen einer solchen Sünde
und Torheit ins Auge.
Spr 1,10-14
Manche Menschen können besonders auf junge Leute
starken Druck ausüben. Daher muß man diese Einladungen der verkehrten Leute (
Sünder ) umgehen, die zur Teilnahme an Mord und Diebstahl verleiten wollen.
Einem solchen Einfluß nachzugeben, ist ein Schritt nach unten (vgl. V. 15 ).
Laßt uns hier liegen und auf Blut lauern (vgl. Spr 12,6 ) macht ihre
mörderischen Absichten deutlich. (Vgl. den Kommentar zu "auflauern" bei Spr 1,18
.) Diese Sünder sind bereit dazu, anderen Menschen das Leben zu nehmen, um ihnen
ihr Geld wegnehmen zu können und sie so wie der Scheol ( S=?Nl ) oder die Grube
(ein Synonym für Grab) zu verschlingen. In ihrer Gier nach Besitz (V. 13 )
fordern sie die jungen Leute auf (hier den Sohn des Vaters), mit ihnen zu kommen
(V. 14 ). Sie versprechen, anschließend die Beute zu teilen.
Spr 1,15-19
Noch einmal ermahnte Salomo seinen Sohn, nichts mit
solchen Menschen zu tun zu bekommen (vgl. V. 10 ). Sich auf ihren Weg zu begeben
(vgl. Spr 4,14 ) bedeutet, sich in fast nicht wieder rückgängig zu machende
Handlungsabläufe zu verwickeln, die sie rasch in die Sünde und in Blutvergießen
verstricken (vgl. Spr 1,11 ). Die Vögel sind klug genug, um einem Netz aus dem
Weg zu gehen, das sie ausgebreitet vor sich sehen und das sie einfangen möchte.
Aber diese Verbrecher sind dümmer als Vögel: Sie sehen nicht nur die Falle, sie
stellen sich die Falle sogar selbst! Sie lauern, um das Blut eines anderen
Menschen zu vergießen, aber sie werden selbst in ihrer eigenen Falle gefangen
(vgl. V. 32 ; Spr 26,27;28,10 ). Die Ironie dieses Resultates ist
offensichtlich: Unrechter Gewinn ( Spr 1,19; vgl. 10,2; 28,16 ) kann nicht
erfreuen. Diebe stehlen Geld, aber dann fordert es ihr Leben! Mit anderen
Worten: Verbrechen zahlen sich nicht aus.
2. Wer Weisheit ablehnt, erfährt Unglück
( 1,20-33 )
Die Weisheit, die hier als Frau personifiziert wird,
wendet sich an jedermann (V. 20-23 ), aber ein Tor achtet zu seinem eigenen
Schaden (V. 29-33 ) nicht auf ihren Ruf (V. 24-28 ). Auch in Spr
3,16-18;4,3-6;8,1-21.32-36;9,1-6;14,33 wird die Weisheit als Frau
personifiziert.
Spr 1,20-23
Die Sünder in den Versen 10-19 forderten die jungen
Männer wahrscheinlich nur insgeheim auf, ihnen zu folgen, aber die Weisheit ruft
laut auf der Straße und anderen öffentlichen Plätzen in der Stadt. Mit zwei
rhetorischen Fragen lädt sie drei Gruppen von Menschen ein, ihren Weg zu
verlassen. Es handelt sich um die Menschen, die ihrem Ruf wahrscheinlich nicht
Folge leisten würden. Das sind die Einfältigen ( peTI ; vgl. den Kommentar zu V.
4 ), die Spötter (vgl. Ps 1,1 ) und die Toren ( k+sIl ; vgl. den Kommentar zu
Spr 1,7 ). Wenn ein Tor auf die Ermahnung der Weisheit hört, kann er ein Weiser
werden (V. 23 ). In den Sprüchen wird häufig von der Ermahnung oder
Zurechtweisung als hilfreicher Korrektur gesprochen (V. 23.25.30 ; Spr 3,11;9,8
(zweimal); Spr 13,1;15,31;17,10;19,25;25,12;27,5;30,6 ).
Spr 1,24-28
Wer die Weisheit ablehnt, sie nicht beachtet und
nichts aus ihrer Zurechtweisung lernt (vgl. V. 23.30 ), bekommt die bitteren
Folgen zu spüren. Wenn Nöte herankommen, wie sie jedermann erlebt, dann spottet
die Weisheit und weigert sich, den Sündern beizustehen. Das Lachen der Weisheit
über Unglück und Not scheint grausam zu sein. Es bedeutet aber ganz einfach, daß
ein verschmähter Rat den Spötter heimsucht, wenn das Unglück hereinbricht. Die
Weisheit hatte die Menschen gerufen, und sie hatten nicht gehört. Der Vorgang
kehrte sich jetzt mit denselben Ergebnissen um: Sie riefen, aber sie antwortete
nicht mehr . Wenn ein Tor, der vormals nicht auf die Weisheit gehört hatte,
versucht, einen neuen Anfang zu machen und dem Weg der Weisheit zu folgen, dann
sind seine Anstrengungen nutzlos. Wer die Weisheit zurückweist, kann sie später
nicht zurückholen, wenn sie ihre Einladung schon längst zurückgezogen hat.
Spr 1,29-33
Wer den Ruf von "Frau Weisheit" nicht beachtet, der
haßt Erkenntnis (vgl. V. 22 ) und weigert sich, den HERRN zu fürchten (vgl. V. 7
und den Kommentar an dieser Stelle). Daher werden die Toren an den Folgen ihres
Tuns zu leiden haben (V. 31 ). Sie ernten, was sie gesät haben (vgl. Gal 6,7 ).
Wie aus Spr 1,19 deutlich wird, hat die Torheit ( die Einfältigen , peTI , und
Narren , k+sIl , V. 32 ) letztendlich den Tod zur Folge. Im Gegensatz dazu
erlebt der Sicherheit ( Spr 3,23 ) und Frieden, der den Weg der Weisheit
bewahrt.
Dieser Gegensatz zwischen den Folgen der Torheit ( Spr
1,32 ) und der Weisheit (V. 33 ) bestimmt die Grundhaltung des ganzen Buches.
C. Der Wert der Weisheit auf ethischem Gebiet
( Spr 2 )
In diesem Kapitel gab der Vater dem Sohn ("mein Sohn";
vgl. Spr 1,8 ) Anweisungen hinsichtlich der Mühen, denen man sich unterziehen
muß, um Weisheit zu erlangen ( Spr 2,1-6 ), hinsichtlich des Nutzens auf
ethischem Gebiet, wenn man Weisheit erlangt hat (V. 7-10 ), und Anweisungen im
Blick auf die Bewahrung vor bösen Menschen durch die Weisheit (V. 11-22 ).
1. Das Streben nach Weisheit
( 2,1-6 )
Spr 2,1-4
In diesen Versen kommen acht Verben vor: annehmen,
behalten (V. 1 ), achthaben, zuwenden, rufen, die Stimme erheben (V. 3 ),
suchen, nachforschen (V. 4 ). Die Objekte dieses Tuns sind die Worte und Gebote
des Lehrers (V. 1 ; vgl. "Gebote" in Spr 7,1 ), die Weisheit und das Verstehen (
Spr 2,2 ), die Einsicht und das Verständnis (V. 3 ; vgl. "Verständnis", das
Urteilsvermögen bedeutet, V. 6.11 ). Wer weise werden will, muß sich dafür
anstrengen. Es gehört Offenheit dazu, Merken, Hören (mit den Ohren ), die
Anwendung des Gehörten (mit dem Herzen ; vgl. V. 10 ), die Suche und das eifrige
Forschen nach der Weisheit.
Spr 2,5-6
Den drei "wenn" in den Versen 1.3-4 folgt ein dann ,
das die Einleitung zu dem Ergebnis bildet. Die Suche und die Wertschätzung der
Weisheit bringen einen Menschen dazu, daß er die Furcht des HERRN versteht und
Gott erkennt. Dieselbe Wahrheit steht in Spr 1,7 : Der Herr ist die Quelle der
Weisheit (vgl. Jak 1,5 ). Wenn ein Mensch den Herrn fürchtet, erlangt er
Weisheit, Erkenntnis (vgl. Spr 1,4;2,10 ) und Verständnis (vgl. V. 2-3.11 ).
2. Weisheit wirkt sich positiv auf die Ethik eines
Menschen aus
( 2,7-10 )
Spr 2,7-10
Die Weisheit hat positive sittliche Auswirkungen, die
auch die Gesundheit fördern. Sie hält den Menschen vom Bösen ab und ist ihm eine
Hilfe auf dem Weg der Heiligkeit. Weisheit ist eine Angelegenheit des Herzens
und des ethischen Verhaltens und betrifft nicht nur die intellektuelle Ebene.
Das wird durch die Worte rechtschaffen und untadelig (vgl. V. 21 ), gerecht und
treu (von HeseD ; die Menschen, die Gott gegenüber treu sind) deutlich. An
anderen Stellen im Buch der Sprüche wird der Begriff für Sieg (oder Hilfe) mit
"Einsicht" übersetzt ( Spr 3,21;8,14;18,2 ). In Spr 2,7 bedeutet er Erfolg oder
Gelingen, nämlich das Ergebnis der Ein- bzw. Umsicht. Wie ein Schild (vgl. Ps
3,4 ) beschützt Gott die Seinen, die mit Hilfe seiner Weisheit auf ethischem
Gebiet rechtschaffen leben (vgl. Spr 1,33 ). Wer ethisch ein einwandfreies Leben
führt, kann gegenüber anderen Menschen unparteiisch sein und das tun, was recht
und gerecht und aufrichtig ist (vgl. Spr 1,3 ). Die Synonyme wandeln, Weg und
Pfad machen deutlich, daß es hier um den Lebenswandel eines Menschen geht.
Ein Mensch, der nach Weisheit strebt (V. 1-4 ), wird
merken, daß sie in sein Herz einzieht (V. 10 ). Wer Weisheit erlangen möchte,
der muß eifrig nach Gottes Willen handeln; dennoch ist Weisheit aber eine Gabe
Gottes (vgl. V. 6 ). Wer diese Erkenntnis von Gott geschenkt bekommen hat, der
erfährt innere Freude.
3. Die Weisheit bewahrt vor bösen Menschen
( 2,11-22 )
Weisheit ist wertvoll; deshalb sollte man sie
sorgfältig suchen (V. 1-4 ). Sie bewahrt nämlich vor bösen Männern (V. 12-15 )
und bösen Frauen (V. 16-19 ) und hält den Menschen auf dem rechten Weg (V. 20-22
).
Spr 2,11-15
Eine allgemeine Aussage über die Bewahrung durch die
Weisheit (V. 11 ) verbindet die Verse 7-8 mit den Versen 12-15 . Gott bewahrt
(V. 8 ), und die Besonnenheit, die er schenkt, bewahrt ebenfalls (V. 11 ; vgl.
Spr 4,6;13,6 ). Vers 12-15 erhalten zusätzliches Gewicht, wenn man sie mit der
Warnung in Spr 1,10-19 in Beziehung setzt. Die Wege und die Worte der Bösen sind
verkehrt ( Spr 2,12 ). "Abgekehrt" und Verkehrtheit (V. 14 ) ist im Hebr.
dasselbe Wort. Der Begriff kommt von dem Verb "sich wenden, sich abwenden von,
umstürzen" und beschreibt etwas, das sich von der Norm "abgekehrt" hat. Dieses
hebr. Wort wird in den Sprüchen achtmal verwendet ( 2,12.14 ; Spr
6,14;10,31-32;16,28.30;23,33 ) und kommt sonst nur noch an einer Stelle vor (
5Mo 32,20 ). Diese Menschen kehren sich von dem geraden (wörtl.: "aufrechten";
vgl. Spr 2,7 ) Weg zu finsteren (d. h. bösen) Wegen ab. Sie erfreuen sich sogar
noch an ihrer Verkehrtheit, ihren krummen Wegen . Z I qqES ("verdreht,
verkrümmt") wird mit "gekrümmt" übersetzt. Der Begriff kommt auch in Spr 6,12
("verderbt") vor; mit "verkehrt" wird er in Spr 11,20;17,20;19,1;28,6; und in
Spr 22,5 mit "böse, gottlos" übersetzt. Die Taten dieser Menschen sind eine
Verdrehung der ethischen Maßstäbe. Die Begriffe "Wege" ( Spr 2,12-13.15 ) und
Pfade (V. 13.15 ) ermöglichen die Verbindung dieses Abschnittes mit anderen
Teilen von Kapitel 2 (vgl. "Weg" in V. 8 , "Wege" in V. 20 , "Pfad" in V. 9 und
"Pfade" in V. 18-20 ; vgl. auch Spr 4,19;7,25;8,20 ).
Spr 2,16-19
Die Weisheit (sie) bewahrt auch ( wird dich retten vor
; vgl. V. 12 ) vor unsittlichen Frauen (vgl. Spr 7,4-5 ). Die Ehebrecherin (
?iSSCh zArCh ) und die zuchtlose Ehefrau ( noKrIyCh ) sind synonyme Ausdrücke.
Der erste Ausdruck kann die Nichtisraelitin bezeichnen
(so wie Rut in Rt 2,10 ) oder (so wie Spr 2,16;5,3.20;7,5;22,14;23,27 ) eine
Frau, die aufgrund ihres unmoralischen Lebenswandels nicht mehr zu dem Kreis
ihrer Verwandten gehörte. In den Sprüchen kommt der Begriff noKrIyCh in Spr
2,16;5,20;6,24;7,5 und Spr 23,27 vor. Während die bösen Männer verkehrte Worte
reden ( Spr 2,12 ), spricht die Ehebrecherin verführerische Worte (vgl. Spr
5,3;6,24;7,5.21 ). Der Ausdruck Gefährte ihrer Jugend bezieht sich auf ihren
Ehemann (vgl. "die Frau deiner Jugend"; Spr 5,18 ), und der Bund, den sie
vergißt, ist ihr Ehegelöbnis. Sie hat ihren Bund mit ihrem Ehemann vergessen und
hat sich der Promiskuität verschrieben. Sich mit solch einer Frau einzulassen (
in ihrem Haus ), führt zum Tode; Ehebruch führt einen Menschen unaufhaltsam zum
Tod (vgl. Spr 5,5;7,27 ). Er ist verhängnisvoll. R +P?A?Im wird mit die Geister
der Toten übersetzt. Der Begriff wird nur in Spr 9,18 und Spr 21,16 gebraucht
(vgl. den Kommentar zu Hi 26,5 ). Zu Pfad ( Spr 2,18-19 ) vgl. den Kommentar zu
Vers 13.15 (vgl. Spr 5,6 ).
Spr 2,20-22
Ein Mensch, der nach Weisheit strebt (V. 1-4 ), geht
den bösen Leuten aus dem Weg (V. 11-19 ) und hat die richtigen Begleiter ( die
Guten und die Gerechten ). Es reicht für einen Weisen nicht aus, daß er der
Unmoral nur gerade nicht in die Hände fällt; er muß auch dem Guten nachjagen.
Als Ergebnis davon erfährt er den Segen Gottes. Für die Israeliten war ihr
Aufenthalt im Lande Kanaan ein Zeichen der Gnade Gottes (vgl. 2Mo 20,12; Ps
37,3.9.11.29 ). Der Gegensatz zwischen dem Aufrichtigen und Untadeligen (vgl.
Spr 2,7 ), der Gottes Segen beim Ertrag seiner Ernte erfährt, und dem Bösen und
Treulosen , der nicht länger im Land bleiben wird, weil er entweder ins Exil
gehen oder sterben muß, erinnert an den Gegensatz aus Ps 1,6 (vgl. Spr 10,30 ).
D. Die Segnungen der Weisheit
( 3,1-12 )
Nach einer klaren Ermutigung, seine Lehre zu befolgen
(V. 1-4 ), nannte der Vater-Lehrer noch vier weitere Gebote (V. 5-12 ). Alle
Ermahnungen richten sich gegen den Mißbrauch der Gaben Gottes. Der Sohn soll (a)
auf Gott vertrauen und sich nicht auf seine eigene Erkenntnis stützen (V. 5-6 ),
(b) Gott fürchten und nicht in seinen eigenen Augen weise sein (V. 7-8 ), (c)
Gott die Ehre geben (V. 9-10 ) und (d) Gott lieben und nicht seine Zucht und
ihren Wert falsch einschätzen (V. 11-12 ). Bei diesen Versen wechseln sich
Gebote und Verheißungen ab: Gebot (V. 1 ), Verheißung (V. 2 ), Gebot (V. 3 ),
Verheißung (V. 4 ), Gebot (V. 5-6 a), Verheißung (V. 6 b), Gebot (V. 7 ),
Verheißung (V. 8 ), Gebot (V. 9 ), Verheißung (V. 10 ), Gebot (V. 11 ),
Verheißung (V. 12 ). Die Verheißungen erstrecken sich auf ein langes Leben und
Wohlergehen (V. 2 ), auf Ansehen bei Gott und den Menschen (V. 4 ), auf weniger
Schwierigkeiten (V. 6 ), Gesundheit (V. 8 ), Wohlstand (V. 10 ) und die Liebe
Gottes (V. 12 ).
1. Befolge die Lehre deines Vaters
( 3,1-4 )
Spr 3,1-2
Noch einmal wird der Sohn (vgl. Spr 1,8.15;2,1;3,11.21
) aufgefordert - sowohl mit negativen ( vergiß nicht ) als auch mit positiven
Anweisungen ( bewahre ) -, an dem festzuhalten, was er gelehrt worden war. So
wie in Spr 1,8;4,2 und Spr 6,20.23 wird tNrCh (vgl. den Kommentar zu Spr 1,8 )
mit Weisung übersetzt. (Zu dem Ausdruck Gebote vgl. Spr 2,1;4,4;6,20 .) Wer
diese Weisungen verinnerlicht hat, der wird zweierlei Gewinn daraus ziehen: ein
langes Leben (vgl. Spr 3,16;4,10;9,11;10,27;14,27;15,24 ), ein Zeichen des
Segens Gottes (vgl. 2Mo 20,12 ), und Wohlergehen. Der Begriff für Wohlergehen,
SAlNm , wird häufig mit "Friede" wiedergegeben. Dieser Begriff umfaßt zwar
Frieden und Wohlergehen, er meint aber noch viel mehr, nämlich auch Gesundheit,
Harmonie und Vollständigkeit.
Spr 3,3-4
Liebe ist die Bundestreue oder die Hingabe an eine
Sache und gibt das hebr. Wort HeseD wieder. Zusammen mit der Verläßlichkeit
(vgl. "Liebe und Treue" in Spr 14,22;16,6;20,28 ) soll Liebe das Leben eines
Menschen schmücken wie eine Halskette (vgl. Spr 3,22;1,9;6,21 ) und ihm,
bildlich gesprochen, ins Herz geschrieben sein (vgl. Spr 6,21;7,3 ). Diese
Anweisung hatte Gott nicht gegeben, um damit zum Gebrauch von Gebetsriemen
aufzufordern (vgl. den Kommentar zu 5Mo 6,8-9 ), sondern um die starke
Verbundenheit mit der Lehre der Eltern zu unterstützen. Das Ergebnis davon, daß
ein Mensch an dieser Unterweisung festhält, ist Gunst und ein guter Name (guter
Ruf). hen, das vom Verb hanan kommt ("gnädig sein oder Gunst erzeigen"), wird
hier mit "Gunst" übersetzt. Das Nomen wird in Spr 3,34 mit "Gnade" wiedergegeben
(vgl. auch Spr 11,16;3,4;13,15;28,23 und Spr 31,30 ). Der Ausdruck "guter Name"
wird in Spr 13,15 mit "gutes Verständnis" übersetzt. Das hebr. QEKel FNB
schließt Befähigung, Wirksamkeit und daher auch Klugheit mit ein.
2. Vertraue auf den Herrn, und verlaß dich nicht auf
deinen Verstand
( 3,5-6 )
Spr 3,5-6
Wenn jemand von ganzem Herzen auf den Herrn vertraut,
heißt das, daß er sich nicht auf seinen eigenen Verstand verläßt, denn das
Verstehen des Menschen ist unzureichend. Gottes Wege sind unbegreiflich ( Jes
55,8-9; Röm 11,33-34 ); dennoch ist er vertrauenswürdig. Alle Weisheit, die ein
Mensch erlangen kann, ist niemals ein Ersatz für das Vertrauen eines Menschen
auf Gottes erhabene Wege. Der Begriff Herz kann sich manchmal auch auf die
Gefühle eines Menschen beziehen ( Spr 12,25;13,12;14,10.13 ), häufiger jedoch
auf seinen Verstand (so wie das Verstehen, Spr 10,8; die Erkenntnis, Spr 15,14;
das Nachsinnen, 15,28 ) oder seinen Willen ( Spr 5,12 ).
Wenn ein Mensch auf den Herrn vertraut und ihn als
Herrn anerkennt (damit ist nicht die theoretische Anerkennung Gottes gemeint,
sondern eine Vertrautheit mit dem Herrn) auf allen seinen Wegen (vgl. von ganzem
Herzen , Spr 3,5 ), dann bemerkt er, daß Gott seine Wege gerade macht. Damit ist
mehr als nur die Führung Gottes gemeint; es bedeutet, daß Gott uns Hindernisse
aus dem Weg räumt, unseren (Lebens-)Weg ebnet, oder, noch besser, uns zum Ziel
bringt. (Zu "Wegen" und "Pfaden" vgl. V. 17 ; vgl. auch den Kommentar zu Spr
2,13.15 .) Die Sprüche lehren uns, daß die Menschen, die der Weisheit folgen,
ein leichteres, weniger schwieriges Leben führen (z. B. Spr 3,10.16.24-25 ).
3. Fürchte den Herrn, und halte dich nicht selbst für
klug
( 3,7-8 )
Spr 3,7-8
Junge Menschen, die Weisheit erlangt haben, sollen
bedenken, daß sie nicht von sich aus so weise geworden sind; die Weisheit kommt
von Gott ( Spr 2,6 ). In Spr 3,5 b wird in ähnlicher Weise an diese Tatsache
erinnert. Wer in seinem Herzen Gott erkannt und entsprechend geantwortet hat (
den HERRN fürchten ; vgl. den Kommentar zu Spr 1,7 ), der schützt sich vor dem
bösen Stolz (vgl. Röm 12,16 ). (Über das Fernhalten vom Bösen vgl. Spr
8,13;14,16;16,6; Ps 97,10 .) Gott schenkt aufgrund dessen Gesundheit und Stärke
(vgl. Spr 4,22 ). Gesundheit in den Gebeinen (dieses Thema wird in den Sprüchen
wiederholt berührt, Spr 3,8;12,4;14,30;15,30;16,24;17,22 ), dieser Ausdruck legt
das nahe, was heutzutage allgemein bekannt ist, daß geistliche und körperliche
Gesundheit in enger Beziehung zueinander stehen.
4. Ehre den Herrn, und enthalte ihm kein Opfer vor
( 3,9-10 )
Spr 3,9-10
In Israel war die Ehrung des HERRN mit den
Erstlingsfrüchten der ganzen Ernte eine Möglichkeit, dem Herrn seine Dankbarkeit
für seine Güte zu zeigen ( 5Mo 26,1-3.9-11 ). Man erkannte damit Gott und seine
Hilfe an ( Spr 3,6 ). Im Gegenzug verhieß Gott dann (vgl. V. 4 ), den Menschen,
ihre Scheunen (mit Getreide) und ihre Kelter mit neuem Wein ( tIrNS , "frisch
gepreßter Most") zu füllen. Allgemein gilt der Grundsatz, daß Gottesfurcht
Wohlergehen nach sich zieht und Frömmigkeit Wohlstand (vgl. V. 2 ; 5Mo 28,1-14;
Mt 6,33 ). Aber diese allgemeine Aussage, die für die Sprüche so typisch ist,
verbietet Gott natürlich nicht, daß er Ausnahmen macht. Andernfalls "investiert"
man einfach in Gott, statt ihn zu verehren. Spr 3,10 erhält mit den Versen 11-12
ein Gegengewicht, wie Derek Kidner richtig feststellt ( The Proverbs: An
Introduction and Commentary , S. 64).
5. Sei dankbar gegen den Herrn und seine Züchtigungen
( 3,11-12 )
Spr 3,11-12
Der Gott, dem man vertrauen kann, daß er Hindernisse
aus dem Weg räumt, uns zum Ziel bringt (V. 5-6 ) und für unsere materiellen
Bedürfnisse sorgt (V. 9-10 ), erweist seine Liebe durch Zucht . Die an die
Adresse des Sohnes ausgesprochene Warnung (vgl. V. 1.21 ) beinhaltet zweierlei:
verachte nicht ("weise nicht zurück" oder "nimm nicht auf die leichte Schulter")
die Zucht des Herrn, und ärgere dich nicht ("sei nicht unwillig" oder
"verabscheue nicht") über seine Zurechtweisung (vgl. den Kommentar zu Spr 1,23
,und vgl. Hi 5,17; Hebr 12,5-6 ). Es ist nicht leicht, körperliche Strafen und
verbale Zurechtweisungen hinzunehmen, aber sie beweisen, daß sich Gott voller
Liebe um uns bemüht. Das gilt auch für die Zucht, die Eltern ihren Kindern
angedeihen lassen (vgl. 5Mo 8,5 ). Wer sich über diese Zucht ärgert - indem er
meint, daß Gott züchtigt, weil er sich daran erfreut, wenn ein Mensch leidet -
der erkennt nicht den Segen, der aus einer solchen Zurechtweisung erwächst.
E. Der hohe Wert der Weisheit
( 3,13-20 )
Spr 3,13-15
Weil Weisheit Glück nach sich zieht ( glücklich ; vgl.
V. 18 und den Kommentar zu Ps 1,1 ) und weil Reichtum nicht immer wirkliches
Glück schafft ( Pred 5,10-12 ), ist Weisheit wertvoller als edle Metalle wie
Silber und Gold oder auch Rubine (Luther: Perlen; vgl. Spr 8,10-11.19 ). Die
Worte besser und wertvoller entstammen der Sprache des Händlers oder
Kapitalanlegers. Was die Weisheit ihrem "Besitzer" einbringt, hat größeren Wert
als alles, was man mit Gold oder Silber erwerben kann.
Spr 3,16-18
Die Weisheit, die hier als Frau personifiziert wird,
teilt großzügig mit beiden Händen aus. Ihre rechte Hand gibt langes Leben (vgl.
V. 2 ) und ihre linke Reichtümer (das, was man mit Silber und Gold erwerben
kann) und noch mehr ( Ehre ; vgl. V. 4 ; Spr 4,8;8,18;21,21;22,4 ). Die Weisheit
schenkt aber nicht nur ein langes Leben ( Spr 3,16; vgl. den Kommentar zu V. 2
), sondern sie schenkt auch ein schönes Leben: Freundlichkeit und Frieden (
SAlNm ; vgl. den Kommentar zu V. 2 ). Ein langes Leben, ohne daß ein Mensch sich
recht daran freuen kann, ist eher ein Fluch als ein Segen. (Zu Wege und Pfade
vgl. V. 6 und den Kommentar zu Spr 2,13.15 .)
Ein Leben, an dem sich ein Mensch erfreut, wird in den
Sprüchen häufig erwähnt: Spr
3,22;4,13.22;6,23;8,35;10,11.16-17;11,19.30;12,28;13,14;14,27;16,22;19,23;21,21;22,4
.Ein langes und fruchtbares Leben wird mit dem Bild des Baumes ausgedrückt ( Spr
3,18 ). So wie der Baum des Lebens eine Quelle des Lebens war ( 1Mo 2,9 ), so
ist auch die Weisheit eine Quelle des Lebens. (Die Sprüche sprechen auch von
einem Baum des Lebens in Spr 11,30;13,12;15,4 .)
Spr 3,19-20
Als Gott die Welt erschuf, bediente er sich der
Weisheit, des Verstehens und der Einsicht. Wenn Gott schon Weisheit nötig hatte,
dann haben sie die Menschen mit Sicherheit auch nötig. Die Beziehung zwischen
Gott und der Weisheit in seiner Schöpfung wird in Spr 8,22-31 im Detail
erörtert.
F. Der Wert der Weisheit beim Aufbau von Beziehungen
zu anderen Menschen
( 3,21-35 )
Spr 3,21
Die vertrauliche Anrede mein Sohn (vgl. V. 1.11 )
leitet die Aufforderung ein, daß der Sohn bestimmte Dinge beachten sollte. Der
letzte Teil von Spr 3,21 ähnelt dem ersten Teil von Spr 4,21 .
Spr 3,22-26
Diese Verse sprechen von den Vorteilen, die der
genießt, der die Ermahnung aus Vers 21 beachtet. Dazu gehört das Leben (V. 22 ;
vgl. den Kommentar zu V. 18 ), Sicherheit (V. 23 ; vgl. Spr 1,33;2,7-8 ),
weniger Schwierigkeiten (vgl. Spr 3,6 ), ein friedlicher Schlaf (V. 24 ),
Vertrauen in die Zukunft (V. 25-26 a) und das Umgehen der Fallen, die die Bösen
aufgestellt haben (vgl. Spr 1,15-18 ). Das lange Leben, das in Spr 3,22 erwähnt
wird, kann vielleicht zum Teil dem Frieden zugeschrieben werden, in dem der
Mensch dann lebt und der in den Versen 23 - 26 so anschaulich geschildert wird.
Spr 3,27-35
Diese Verse enthalten fünf einfache Sentenzen über die
Beziehungen zu anderen Menschen. Die Verse 27-31 beginnen jeweils mit einer
Verneinung. Das sind nun Beispiele dafür, was es bedeutet, weise zu sein. Man
könnte drei Arten von Beziehungen unterscheiden (V. 27-28.29-30.31-32 ): (1) Das
Gebot Halte nicht das Gute vor dem zurück, der es verdient (V. 27 ) heißt
wörtlich: "Halte das Gute nicht von seinem Eigentümer zurück." Der Gedanke dabei
ist folgender: Erfülle deine Verpflichtungen, wie etwa die Auszahlung des Lohnes
an den Tagelöhner ( 3Mo 19,13 b; 5Mo 24,15 ). Spr 3,28 unterstreicht den
Gedanken von Vers 27 . Man könnte das Gebot aber soweit ausdehnen, daß es sich
um eine allgemeine Anweisung zur Großzügigkeit gegen die Armen handelt. Das ist
"recht und gerecht und gerade" ( Spr 1,3 ). (2) Wer seinen Nächsten bedrückt (
Spr 3,29 ), der verletzt sein Vertrauen, und wer ihn fälschlich verklagt (V. 30
), der verstößt gegen das neunte Gebot ( 2Mo 20,16 ). HAraS wird mit
verschwören, schmieden gegen übersetzt.
Das Wort kommt ferner in Spr 6,14.18;12,20;14,22 vor.
(3) Manche Menschen beneiden einen Gewalttätigen ( Spr 3,31; vgl. Spr
23,17;24,1.19 ), weil sie das Geld sehen, das er besitzt, oder die Freude, die
er vielleicht genießt. Aber Gott nennt vier Gründe, warum ein solcher Neid nicht
richtig ist: (1) Der Herr haßt solch einen verkehrten ( lUz , "unredlich"; vgl.
Spr 14,2 ) Menschen, wohingegen der Aufrichtige Gemeinschaft mit Gott hat ( Spr
3,32 ). (2) Der Herr verflucht den Gottlosen, aber er segnet den Gerechten (V.
33 ). (3) Gott verspottet die hochmütigen Spötter (vgl. den Kommentar zu Spr
1,22 ) und läßt ihr eigenes Tun auf sie zurückfallen, wohingegen die Demütigen
seine Gnade erfahren (vgl. Jak 4,6; 1Pet 5,5 ). (4) Dem Weisen wird Ehre zuteil
(vgl. Spr 3,16 ), aber der Tor ( k+sIl ; vgl. den Kommentar zu Spr 1,7 ) wird
beschämt. Diese Verse machen deutlich, daß die Worte "aufrecht", "gerecht", "der
Demütige" und "der Weise" im wesentlichen im Buch der Sprüche synonym verwandt
werden.
G. Eine Ermahnung, nach Weisheit zu streben
( 4,1-9 )
Diese Aufforderung, Weisheit zu erlangen, ähnelt
verschiedenen anderen Abschnitten in den Kap. 1-9 ( Spr
1,8-9;2,1-6;3,1-2.21-26;4,10.20-22;5,1-2;6,20-22;7,1-3.24;8,32-36 ). Weisheit
gibt Leben ( Spr 4,4 ), Schutz (V. 6 ) und Ehre (V. 8-9 ). Diese Anweisung ist
berechtigt aufgrund des bleibenden Wertes der Weisheit, und sie ist wertvoll
wegen der Ehre, die sie einbringt.
Spr 4,1-2
Die Ermahnung des Vaters beginnt mit dem Gebot, zu
hören (vgl. Spr 1,8;4,10.20;5,1.7;7,24 ). Normalerweise richteten sich die Worte
an "meinen Sohn", aber hier und in Spr 5,7;7,24;8,32 stehen sie im Plural, meine
Söhne. Merke auf wird auch in Spr 4,20;5,1;7,24;22,17 wiederholt. Wie in Spr
1,8;3,1;6,20 und Spr 13,14 wird tNrCh , das normalerweise mit "Gesetz" übersetzt
wird, hier richtig mit Weisung wiedergegeben (vgl. den Kommentar zu Spr 1,8 ).
Spr 4,3-6
Salomo sprach hier von seiner Kindheit, als seine
Eltern David und Batseba ihn unterwiesen hatten. Er war damals ihr einziges
Kind. Später bekam er noch drei Brüder ( 1Chr 3,5 ). Spr 4,4 b. 5-9 geben die
Worte von Salomos Vater David wieder. Salomo zitierte diese Worte und gab so die
Unterweisung an seine Söhne weiter. Die drei beteiligten Generationen
veranschaulichen 5Mo 6,2 .David hatte Salomo befohlen, seinen Worten von ganzem
Herzen ( mit deinem ganzen Herzen ; vgl. Spr 3,5 ) Folge zu leisten, damit er
lebe (vgl. Spr 3,1-2 ). Halte meine Gebote, und du wirst leben , wird in Spr 7,2
a wiederholt.
Möglicherweise war Davids Aufforderung, Weisheit zu
erlangen, Salomo ein Anstoß dazu, Gott darum zu bitten ( 1Kö 3,5-14 ). Es lohnt
sich, der Weisheit nachzujagen (dreimal sagte Salomo "erwirb"; Spr 4,5.7
[zweimal]) und sie wertzuschätzen ( liebe sie ; Spr 8,17.21 ), denn sie (die
Weisheit wird hier wiederum als Frau personifiziert) beschützt (vgl. Spr
2,7-8.11;3,21-23 ) und bewahrt.
Spr 4,7-9
Wie bereits in Spr 3,13-15 festgehalten wurde, kann
man "nichts" mit der Weisheit vergleichen. Deshalb ist es die Weisheit wert, daß
man alle Anstrengungen unternimmt, um sie zu erlangen. Wer die Weisheit
wertschätzt und liebt (vgl. Spr 4,6 ), dem gibt sie Ehre ( Spr 3,16 ), ein
schönes Leben, das mit dem Bild des Kranzes gezeichnet wird ( Spr 1,9 ), und
eine prächtige Krone (in Spr 16,31 wird dieser Ausdruck für graues Haar oder das
Alter gebraucht). Das Gegenteil kommt darin schon zum Ausdruck: Ein törichtes,
unweise geführtes Leben ist unehrenhaft, reizlos und schmachvoll. Salomo hatte
sowohl mit Weisheit als auch mit Torheit Erfahrungen gemacht und kannte daher
auch beide Ergebnisse.
H. Der Wert der Weisheit bei der Bewahrung vor Unglück
( 4,10-19 )
Der Weg der Weisheit (V. 10-13 ) und der Weg der
Gottlosigkeit (V. 14-17 ) werden beschrieben, und dem Sohn-Schüler wird erneut
befohlen, ersterem nachzustreben und den letzteren zu vermeiden. Die Lehre wird
in den Versen 18-19 zusammengefaßt, indem auf die Endziele beider Wege
eingegangen wird.
Spr 4,10-13
Noch einmal sprach Salomo einen seiner Söhne an ( mein
Sohn ; vgl. V. 20 ) und forderte ihn auf, zu hören (vgl. V. 1.20 und den
Kommentar zu Spr 1,8 ), denn das Bewahren der Worte seines Vaters schenkte ihm
ein langes Leben (vgl. Spr 3,2.16;9,11;10,27;14,27;15,24 ). Gerade Wege ( Spr
4,11 ) sind Wege ohne Beschränkung (vgl. Spr 3,6 ), auf denen man leichter gehen
kann. Dieser Gedanke wird in Spr 4,12 weiter ausgeführt; seine Schritte werden
nicht behindert (wörtl. "beengt"). Der verkrümmte, irrige Weg der Sünde ist der
Weg der Schwierigkeiten und der Mühen (vgl. "Pfad" und "Weg" in V. 14.18-19 und
den Kommentar zu Spr 2,12-15 ).
Noch einmal steht hier die Aufforderung, eifrig nach
Weisheit zu streben ( Spr 4,13; vgl. V. 5-7 ), denn sie gibt das Leben (vgl. V.
10 ).
Spr 4,14-17
In den Versen 14-15 werden sechs dringende Bitten
ausgesprochen, den Weg der Gottlosen zu vermeiden, und die Verse 16-17 nennen
den Grund für die Dringlichkeit der Aufforderung in den Versen 14-15 . Die
Gottlosen sind so in das Böse verstrickt, daß sie nicht mehr schlafen können,
bis sie jemand etwas Böses zugefügt haben (vgl. Spr 1,15-16 ). Die Sünde ist so
sehr ein Teil von ihnen geworden, daß sie ihnen wie die Nahrung ist ( Brot und
Wein ).
Spr 4,18-19
Der Pfad der Gerechten , das ist "der Pfad der
Weisheit" (V. 11 ), ist den ersten Strahlen des Morgenlichtes gleich, aus denen
dann das helle Licht am Mittag wird. Mit diesem Licht auf seinem Weg kann ein
Glaubender "den geraden Weg" (V. 11 ) gehen, wird nicht "gehemmt" und "stolpert"
nicht (V. 12 ). Im Gegensatz dazu ist der Weg oder Pfad der Gottlosen (vgl. V.
14 ) von tiefer Finsternis ( ?XPElCh , schwarze Finsternis mitten in der Nacht;
vgl. Spr 7,9; 2Mo 10,22 ) gekennzeichnet, die ihn zum Stolpern bringt.
I. Der Wert der Weisheit für die Genesung
( 4,20-27 )
Spr 4,20-22
Eine weitere Ermahnung, zu hören und auf die
Unterweisung aufzumerken (vgl. V. 1 ; Spr 5,1 ), eröffnet diesen Abschnitt. Die
Worte des Autors (vgl. Spr 4,4;2,1 ) sollten dem Sohn vor Augen stehen (vgl. Spr
3,21 ) und in seinem Herzen ruhen. Der größte Ansporn lag in der Aussicht auf
Leben (vgl. Spr 4,10.13.23 ) und Wohlergehen (oder Heilung; vgl. Spr 3,8 ).
Spr 4,23
Das Herz (vgl. den Kommentar zu Spr 3,5 ) bedarf der
besonderen Bewachung, denn aus dem Herzen (als Quelle) entspringen die Taten
eines Menschen (vgl. Lk 6,45 ). An dieser Stelle bedeutet "Herz" mehr als nur
den geistigen oder seelischen Bereich; aus dem Herzen kommen auch die
Wertvorstellungen eines Menschen (vgl. Mt 6,21 ).
Spr 4,24-27
Diese Verse sind eine Anwendung des Gebotes, sein Herz
zu bewahren (V. 23 ). Es umfaßt das, was ein Mensch sagt (V. 24 ), sieht (V. 25
) und tut (V. 26-27 ). (Vgl. den Kommentar zu Spr 6,17-18 .) Die Erwähnung von
Mund und Lippen in Spr 4,24 ist der Lehre Christi über die Beziehung zwischen
dem Herzen und dem Reden eines Menschen ( Lk 6,45 c) ähnlich. Der Begriff
Verkehrtheit kommt von ZiqqES , "gekrümmt" (vgl. Spr 2,15 ). Eine verkehrte oder
faule Rede (vgl. Spr 6,12 ) sollte der niemals auf den Lippen führen, der auf
den Herrn vertraut (vgl. Eph 4,29 ).
Jeder Gläubige sollte seine Augen ( Spr 4,25 ) auf den
Pfad der Weisheit richten (vgl. V. 11 ), indem er sich auf ihn konzentriert und
sich nicht davon abbringen läßt. Sein Wandel sollte aufrecht sein, denn er geht
den ebenen Weg (vgl. V. 11 b) und wendet sich nicht davon ab und dem Bösen zu
(vgl. V. 15 ; Spr 1,15 ). Wieder werden die Begriffe "Pfade" und Wege ( Spr 4,26
) gebraucht, um damit von dem Wandel eines Menschen zu sprechen (vgl. Spr
2,13.15.20;3,6.17;7,25; und vgl. "Pfad" und "Weg" in Spr 4,18-19; vgl. auch Spr
8,20 ). "Die Sprüche sprechen sowohl von einem Ziel als auch von einem Weg. Das
Ziel ist ein erfolgreiches Leben, und der Weg ist der Weg der Weisheit" (Robert
L. Alden, Proverbs, A Commentary on an Ancient Book of Timeless Advice , S. 48).
Die Weisheit hält einen Menschen zwar auf dem richtigen Weg (vgl. z. B. Spr 2,12
), aber es wird hier trotzdem die Ermahnung ausgesprochen, daß man selbst auf
dem geraden Weg bleiben soll.
J. Der Wert der Weisheit bei der Bewahrung vor
Ehebruch
( Spr 5 )
Hier werden besondere Weisungen betreffs der Gefahren
des Ehebruches erteilt (V. 1-6 ), dem Endergebnis des Unglaubens (V. 7-14 ). Das
Kapitel behandelt zudem die Freuden der Liebe in der Ehe (V. 15-20 ). Dann wird
daran erinnert, daß Sünde letztendlich immer eine Sache zwischen Gott und dem
Menschen ist (V. 21-23 ). Ähnlich dem Abschnitt in Spr 1,14-19 stellt Kapitel 5
dem augenblicklichen Vergnügen die Langzeitfolgen der Sünde gegenüber. Wenn ein
Mensch wirklich weise ist, dann schaut er voraus.
Spr 5,1-6
Dieses Kapitel beginnt wie andere Teile im Buch der
Sprüche mit einer Ermahnung, daß der Sohn aufmerken und auf die Worte seines
Vaters hören sollte (vgl. Spr 4,1.10.20;5,7;7,24 ), denn daraus folgt
Besonnenheit (vgl. Spr 1,4 ) und Erkenntnis . Wenn der Sohn in Weisheit redet
(Lippen, Spr 5,2 ), so hilft ihm das, die Worte (Lippen, V. 3 ) der Ehebrecherin
( zArAh ; vgl. den Kommentar zu Spr 2,16 ) zu überhören. Ihre verführerischen
Worte klingen überzeugend, sie sind süß wie Honig, die süßeste Speise im alten
Israel, und glatter als Oliven öl , die glatteste, weichste Substanz in Israel.
Aber was zu Anfang so anziehend zu sein scheint, wird später bitter und scharf .
Wer sich in den Ehebruch verstrickt, dem ist es, als wenn er Galle schmeckt, die
bitterste bekannte Substanz (von einer Pflanze), oder er fühlt sich wie von
einem zweischneidigen Schwert durchbohrt. Die Ehebrecherin bringt Männer zu Tode
(vgl. Spr 2,18;7,27;9,18 ). Ihre Sünde nimmt ihr den Blick dafür, daß ihre Wege
verkehrt sind (wörtl.: "taumelnd oder schwankend") und im Gegensatz zu den
"geraden Pfaden" (in Spr 4,11 ) stehen.
Spr 5,7-8
Noch einmal forderte Salomo seine Söhne (vgl. den
Kommentar zu Spr 4,1 ) dazu auf, zu hören (vgl. Spr 4,1.10.20;5,1;7,24 ) und an
dem festzuhalten, was er sagte. Er befahl ihnen, daß sie sich nicht von seiner
Unterweisung abwenden, sondern vielmehr der Ehebrecherin aus dem Weg gehen
sollten. Sie sollten sich wegen der Gefahr, daß sie dann der Versuchung erliegen
könnten, noch nicht einmal ihrem Haus (vgl. Spr 2,18 ) nähern.
Spr 5,9-14
Wer sich nicht von der Ehebrecherin fernhält, der kann
mancherlei einbüßen: seine Stärke (das kann den Verlust der Gesundheit, der
Selbstachtung oder beider Dinge bedeuten), ein langes Leben (V. 9 ), Geld (vgl.
Spr 6,26;29,3 b) - wenn er die Ehebrecherin, den Ehemann der Ehebrecherin oder
Unterhalt für die Kinder bezahlt - und seine Gesundheit ( Spr 5,11 ). Wer seiner
Lust zum Opfer gefallen ist, über den kommt die Reue, wenn er zu spät erkennt,
daß er die Weisungen seiner Eltern (sie werden hier Lehrer genannt) nicht
bewahrt hat. Das führt zwangsläufig zum Ruin und bringt ihn bei anderen in
Schande.
Spr 5,15-18
Die Keuschheit als Lohn ist ein weiterer Ansporn zur
Reinerhaltung auf moralischem Gebiet. Eine Zisterne, Quelle, Brunnen,
Wasserbäche und ein Born enthalten Wasser, hindern es aber daran, daß es auf die
Straßen verspritzt wird. In ähnlicher Weise ist die eheliche Liebe mit der
eigenen Frau (V. 18 ) bildlich dargestellt als die Freude an der Zisterne oder
der Quelle (vgl. Hl 4,12.15 ). Das sexuelle Verlangen eines Menschen muß
kontrolliert und in der Ehe in die richtigen Bahnen gelenkt und nicht
verschwendet werden, wie es in Spr 5,7-14 beschrieben wird. Einige Kommentatoren
sind der Meinung, daß das Wort sie (V. 17 ) sich auf die Kinder bezieht; andere
glauben, damit werde der bildhafte Vergleich der Wasserströme weitergeführt, die
ein Bild für das sexuelle Verlangen eines Menschen sind. So wie ein Mensch von
der Zisterne seines Nachbarn kein Wasser bekommt, weil er seine eigene Quelle
hat ( 2Kö 18,31 ), so soll ein Mann sich gemeinsam mit seiner eigenen, aber
sonst keiner anderen Frau, an der Sexualität erfreuen.
Spr 5,19-20
Die Brüste einer Frau sind weich und anmutig wie eine
Hirschkuh (vgl. Hl 4,5;7,3 ). Daher sollte ein Ehemann von ihrer Liebe bezaubert
werden (vgl. Spr 5,20; das Verb SAgCh bedeutet "in die Irre gehen", vgl. V. 21 ,
es kann jedoch auch "bezaubert werden von, gefesselt werden durch" bedeuten) und
nicht von den Liebesbeweisen einer Ehebrecherin. Mit zwei rhetorischen Fragen
(V. 20 ) wies der Schreiber auf die Torheit hin, von einer Frau ohne moralische
Maßstäbe gefesselt zu werden und eine andere zu lieben als die eigene Frau.
Spr 5,21-23
Die fürchterlichen Konsequenzen des Ehebruches (V.
7-14 ) sollten einen Menschen dazu bringen, keinen Ehebruch zu begehen. In den
Versen 21 - 23 werden aber noch vier gewichtigere Gründe genannt: (1) Weil Gott
die Wege des Menschen sieht (vgl. Spr 15,3; Hi 31,1.4; Hebr 4,13 ), weiß der
Herr auch um den in der Verborgenheit begangenen Ehebruch. (2) Gott prüft auch
den Wandel des Menschen (zu Wege und Pfade vgl. den Kommentar zu Spr 4,26 ). Der
Mensch kann Gottes Prüfung nicht entkommen. (3) Die Sünde umgarnt (vgl. Spr
1,17-18 ) und fesselt einen Menschen wie ein Strick ( Spr 5,22 ). Die Menschen
reden zwar gerne davon, daß sie "frei" sind, zu sündigen, wie es ihnen paßt,
aber in Wirklichkeit raubt die Sünde ihnen ihre Freiheit. (4) Wer in seinem
Leben in moralischer Hinsicht zuchtlos lebt (vgl. V. 12 ), der wird als Folge
den Tod sehen (vgl. V. 5.11 ). Solch ein Leben ist töricht, denn es führt den
Menschen weg von Gottes Maßstäben. Der Begriff der Torheit oder Narrheit kommt
in den Sprüchen 21mal vor. Wer sich seiner Lust hingibt, der ist ein Narr.
K. Der Wert der Weisheit bei der Bewahrung vor Armut
( 6,1-11 )
Salomo warnt hier vor zwei Dingen, die Armut zur Folge
haben: törichte Verstrickung in Geldangelegenheiten (V. 1-5 ) und Faulheit (V.
6-11 ). In gewissem Sinne betreffen beide Dinge das Thema Geld, denn die
Befolgung der ersten Ermahnung bewahrt vor unnötigem Verlust dessen, was ein
Mensch verdient hat, und die der letzteren vor dem Unvermögen, überhaupt zu Geld
zu kommen.
1. Warnung vor törichter Verstrickung in
Geldangelegenheiten
( 6,1-5 )
Spr 6,1
Die Anrede mein Sohn taucht in Spr 6,1.3.20 auf. Wenn
ein Mensch ein Schriftstück mitunterzeichnete, das einen hohen Zinssatz für das
Geld festlegte, das sich ein anderer geliehen hatte, dann sollte dieser
Mitunterzeichnende sich von dieser Verpflichtung so schnell wie möglich befreien
("mach dich frei", V. 3.5 ). In Israel war der eigentliche Gedanke beim Leihen
die Hilfe für einen anderen Israeliten und nicht das Geschäft wie heute. Von
einem anderen Israeliten durfte kein Zins genommen werden ( 2Mo 22,24; 3Mo
25,35-37 ). Bei Nichtisraeliten konnte ein Israelit Zinsen verlangen, aber auch
da war Wucherzins (ein unangemessen hoher Zinssatz) nicht rechtens. Übermäßige
Zinsnahme hatte häufig Ungerechtigkeit zur Folge (vgl. 2Kö 4,1; Neh 5,1-11 ),
und das Gesetz sollte das eigentlich verhindern. Die Warnung in Spr 6,1 ergeht
nicht gegen das Leihen an sich, sondern gegen den Fall, daß ein Mensch für einen
anderen Menschen zum Bürgen wird, der zum hohen Zinssatz geliehen hat. Das Thema
der Bürgschaft kommt in den Sprüchen häufiger vor ( Spr
11,15;17,18;20,16;22,26-27;27,13 ).
Manche Ausleger sind der Meinung, daß das Wort
Nächster an dieser Stelle "Fremdling" bedeutet und daß das Mitunterzeichnen
eines Vertrages für die eigenen Verwandten, nicht jedoch für einen Fremdling,
richtig war. Das parallele Wort ein anderer macht jedoch wahrscheinlich, daß
hier der Rat gegeben wird, überhaupt nicht als Bürge zu fungieren ("Nächster"
kann hier auch im Sinne von "irgendein Mensch" gebraucht werden). Bedeutet diese
Ermahnung also, daß man für seine Verwandten keine Bürgschaft mehr übernehmen
soll? Nein. Die Einschränkung gilt anscheinend nur für Bürgschaften mit
überhöhten Zinssätzen.
Ein Handschlag war eine Bekräftigung, ähnlich gültig
wie heute eine Unterschrift. Es war eine Bekräftigung des Gesagten.
Spr 6,2
Die Worte gefangen und verstrickt (vgl. V. 5 ) machen
deutlich, daß der Sohn sich in eine finanziell unsichere Situation brächte, wenn
er die Bürgschaft für eine Schuld eines anderen mit hohem Zinssatz übernähme
(vgl. V. 3 ). Wenn er mit dem Wort seines Mundes dieser Bürgschaft zustimmte,
könnte ihn das in ernsthafte Schwierigkeiten bringen.
Spr 6,3-5
Mit nachdrücklichen Worten forderte Salomo den auf,
der Bürge für einen anderen geworden war, sich so bald wie möglich aus dieser
Falle zu befreien. Wenn jemand in die Hände seines Nächsten fiel, so bedeutete
das, daß über den Ausgang dieser Situation allein der Nächste zu entscheiden
hatte. Die Wendung bestürme deinen Nächsten macht die Dringlichkeit der
Situation deutlich. Der Bürge sollte sich von der Bürgschaft freimachen, auch
wenn er seinen Nächsten erst nachdrücklich bitten mußte. Diese Dringlichkeit
wird in den Versen 4-5 hervorgehoben. Nichts sollte den Bürgen aufhalten; er
sollte nicht einmal eine Nacht schlafen, bevor er die Sache in die Hand nahm. So
wie eine Gazelle oder ein Vogel sofort um ihr Leben kämpfen und versuchen
würden, sich loszustrampeln, wenn sie einmal gefangen waren, so sollte ein
Bürge, der in eine törichte Bürgschaft verwickelt worden war, wild darum
kämpfen, daß er wieder frei davon würde (vgl. V. 3 ).
2. Warnung vor Faulheit
( 6,6-8 )
Spr 6,6-8
Ein Mensch kann durch seine Faulheit ebenso finanziell
in Schwierigkeiten geraten wie durch törichterweise geleistete Bürgschaften.
Wahrscheinlich nannte Salomo nicht seinen eigenen Sohn einen Faulpelz; er wandte
sich rhetorisch an jedermann, der seine Botschaft hörte oder las. Das hebr. Wort
für Fauler oder Faulpelz ( ZAQEl ) taucht in den Sprüchen 14mal auf, sonst
jedoch an keiner Stelle im AT. Es geht dabei um mehr als nur um bloße Faulheit.
In 15,19 wird der Faulpelz einem "Aufrichtigen" gegenübergestellt und in Spr
21,25-26 einem "Gerechten". Ein fauler, verantwortungsloser Mensch soll von der
Ameise lernen (die auch in Spr 30,25 erwähnt wird) und weise werden . Die
Ameisen, die für ihren Fleiß bekannt sind, werden hier wegen ihrer Tatkraft
gelobt. Offensichtlich haben die Ameisen keinen Anführer - keinen Hauptmann, der
sie lenken könnte, keinen Aufseher zur Kontrolle über ihre Arbeit und keinen
Herren, der sie anstacheln könnte. Dennoch arbeiten sie besser als viele
Menschen unter einem Führer! Ameisen sorgen auch für die Zukunft vor und sammeln
und häufen ihr Futter auf, während es noch warm ist und bevor der Winter kommt.
Die Tugend der Weisheit liegt nicht im Fleiß, sondern in der Vorausschau, die
den Menschen zur Arbeit antreibt (vgl. Spr 10,5 ). Wer nur auf Befehl arbeitet,
besitzt keine Weisheit.
Spr 6,9-11
Mit zwei Fragen (V. 9 ) forderte Salomo den Faulen
auf, aus dem Bett aufzustehen und mit der Arbeit zu beginnen. Die Verse 10-11 ,
die später in Spr 24,33-34 wiederholt werden, deuten darauf hin, wie gefährlich
es ist, wenn ein Mensch immer weiter schlummert, während er doch schon arbeiten
sollte: die Armut wird ihn plötzlich überwältigen, wie ein Räuber oder ein
Bewaffneter (ein Soldat) schnell ein ahnungsloses Opfer überfällt. Die Armut
wird in den Sprüchen häufig erwähnt ( Spr
6,11;10,15;11,24;13,18;14,23;21,5;22,16;24,34;28,19.22;30,8;31,7 ). Der Faule
vergeudet seine Zeit, kann seine Lage nicht verbessern und hat nur wenig oder
gar kein Geld, um für sich zu sorgen. Ganz offensichtlich ist ein solcher Mensch
unweise.
L. Der Wert der Weisheit bei der Bewahrung vor Streit
( 6,12-19 )
Salomo beschrieb hier einen Menschen, der betrügerisch
Streit aufbringt (V. 12-15 ), und die Taten, mit denen sich ein solcher Mensch
beschäftigt (V. 16-19 ). Er forderte seinen Sohn auf, sich von solchem Unglück
und von Gottes Unwillen fernzuhalten (V. 15 ).
Spr 6,12
Die Bezeichnungen Schuft und Schurke beziehen sich auf
eine Person, wie durch den Gebrauch einzelner Verben in den Versen 12-15
deutlich wird. "Schurke" (vgl. Spr 16,27; 2Sam 16,7;1Kö . Spr 21,10 ) bedeutet
wörtlich "Mann Belials", ein Nichtswürdiger und Gottloser. Später wurde das Wort
Belial für den Teufel benutzt, für den, der im höchsten Maße nichtswürdig und
gottlos ist ( 2Kor 6,15 ). Ein Schuft hat einen falschen (wörtl. "verdrehten";
vgl. den Kommentar zu Spr 2,15 ) Mund (vgl. Spr 4,24 ), und er redet falsche,
betrügerische Worte.
Spr 6,13-14
Mit seiner unheilvollen Körpersprache widerspricht der
Schuft dem, was er sagt (vgl. Spr 10,10;16,30; Ps 35,19 ), und wenn er mit
seinen Füßen und Fingern Zeichen macht, vermittelt er seinen Mitverschworenen
bestimmte Botschaften. Er hat Böses im Sinn (vgl. den Kommentar zu Spr
3,29;1,11-14 ), das aus einem falschen Herzen kommt, so daß die Menschen nichts
von seinen Absichten bemerken, bis es zu spät ist. Er heuchelt zwar
Aufrichtigkeit, aber im Innern ist er verkehrt. Er verursacht Zwistigkeiten,
indem er andere in Streit miteinander verwickelt. Zwistigkeit (vgl. Spr 6,19 )
kommt durch Haß ( Spr 10,12 ) und Wut ( Spr 15,18 ), durch Verkehrtheit ( Spr
16,28 ), Gier ( Spr 28,25 ) und Zorn ( Spr 29,22 ) zustande. (Vgl. auch weitere
Verse zum Thema Streit: Spr 17,1;18,6;20,3;22,10;23,29;26,21;30,33 .)
Spr 6,15
Ein Schuft verursacht durch seine betrügerischen Worte
und unheilvollen Gesten nicht nur Uneinigkeit zwischen Menschen, sondern er
bringt auch über sich selbst Unglück. Es bricht unerwartet und rasch herein ( in
einem Augenblick und plötzlich ), ohne eine Möglichkeit zur Heilung. Ob es dabei
um die natürlichen Folgen seines Handelns oder um das Eingreifen Gottes geht,
wird nicht klar. Aber sein Fall geschieht schnell, gänzlich und gewiß.
Spr 6,16
Der Herr haßt das Tun des heillosen Menschen (V. 12-14
), was in den Versen 16-19 beschrieben wird. Diese beiden Abschnitte werden
durch die Worte "bringt Streit auf" (V. 14.19 ) miteinander verbunden.
Das sechs - sieben- Muster wird auch in Hi 5,19
verwandt, und ein ähnliches Motiv wird in Spr 30,15-16.18-19.21-31 gebraucht.
Die Absicht hinter diesen Aufzählungen (x und x+1) ist nicht eine vollständige
Auflistung. Vielmehr wird dadurch der letzte Punkt als Höhepunkt oder Ergebnis
aus dem Vorhergehenden betont (x+1).
Spr 6,17-19
Ein Mensch mit stolzen Augen (d. h. einem stolzen
Blick; vgl. Spr 8,13;30,13; Ps 18,28;101,5 ), einer lügnerischen Zunge (vgl. Spr
12,19;21,6;26,28 ), Händen , die morden (unschuldiges Blut vergießen; vgl. Spr
1,11 ), einem Herz, das (vgl. den Kommentar zu Spr 3,29 ) böse Ränke schmiedet
(vgl. Spr 4,16;6,14 ), Füßen , die eilen, um die Sünde zu vollbringen (vgl. Spr
1,16 ), und ein Mensch, der vor Gericht falsche Aussagen macht (vgl. Spr
12,17;14,5.25;19,5.9;21,28;25,18 ), sind Menschen, die Zwistigkeit (vgl. den
Kommentar zu Spr 6,14 ) unter Freunde säen. Offensichtlich bringt er mit seinen
Lügen seine Freunde dazu, daß sie sich gegenseitig mißtrauen. Das Lügen wird
hier in dieser Aufzählung der Dinge, die Gott ein Greuel sind, zweimal erwähnt
(V. 17.19 ). Es ist eine der vielen Arten von Wortmißbrauch, die in den Sprüchen
verurteilt werden. (Die Übersicht "Das Buch der Sprüche über das Reden", die die
vielen falschen und richtigen Arten aufzählt, wie man Worte gebrauchen kann, von
denen in den Sprüchen gesprochen wird, listet die einzelnen Punkte auf. Als
Aufzählung einiger der zahlreichen anderen Punkte in den Sprüchen vgl. die
Übersicht "Positive und negative Begriffe und andere Themen in den Sprüchen" in
der "Einleitung".)
Der Schuft (V. 12 ) gebraucht bei der Verletzung der
Gebote in Spr 4,23-26 verschiedene Körperteile, wie in diesen Abschnitten
deutlich wird: sein Herz, seinen Mund, seine Lippen, seine Augen, seine Füße (
Spr 4,23-26 ); seinen Mund, sein Auge, seine Füße, seine Finger, sein Herz ( Spr
6,12-14 ); seine Augen, seine Zunge, seine Hände, sein Herz, seine Füße (V.
17-18 ).
M. Der Wert der Weisheit bei der Bewahrung vor
unmoralischem Verhalten auf sexuellem Gebiet
( 6,20-7,27 )
Fünfmal erwähnte Salomo in den Kap. 1-9 das Problem
der Unmoral auf sexuellem Gebiet: Spr 2,16-19;5,3-23;6,20-35; Kapitel 7 ;
9,13-18 . ( Spr 9,13-18 spricht zwar nicht direkt vom Ehebruch, aber die
Torheit, die als Frau personifiziert wird, könnte auf das Thema Ehebruch
hindeuten. Vgl. den Kommentar an dieser Stelle.) Spr 6,20-35 warnt vor Ehebruch,
und Kapitel 7 schildert die Wege der Verführerin und die Folgen, die man zu
spüren bekommt, wenn man sich mit ihr einläßt.
1. Weisheit bewahrt vor Ehebruch
( 6,20-35 )
Spr 6,20-21
Noch einmal ermahnte Salomo seinen Sohn (vgl. den
Kommentar zu mein Sohn bei Spr 1,8 ), die Weisungen seines Vaters und seiner
Mutter zu bewahren (vgl. Spr 1,8 ) und innerlich an ihnen festzuhalten ( Spr
6,21 a; vgl. Spr 7,3 b), auf daß er ein Leben unter ihrer Huld führte ( Spr 6,21
b; vgl. Spr 3,3.22;7,3 a).
Spr 6,22-23
Die Weisung der Eltern vermittelt Wegweisung, Schutz
(vgl. Spr 2,11 ) und Rat ( Spr 6,22 ). Die Lehre sollte aus dem Gesetz Gottes
erfolgen, denn die Gebote der Eltern sollten wie das Wort Gottes eine Leuchte
und ein Licht sein, die auf den Weg eines Menschen scheinen ( Ps 119,105 ).
Zucht (vgl. Spr 1,2.7 ) ist zwar schmerzhaft (vgl. Hebr 12,11 a), aber sie hält
den Menschen auf dem richtigen Weg und führt ihn den Weg des Lebens .
Spr 6,24
Die Weisheit, die ein Mensch durch Gottes Wort mittels
der Lehre der Eltern erlangt (V. 20-23 ), schützt ihn vor Ehebruch (vgl. Spr
2,12.16-19 ). Bei der Frau der Bosheit - möglicherweise eine unverheiratete Frau
- könnte es sich um die in Spr 6,26 erwähnte Hure handeln. Die zuchtlose Frau
(Luther: die Fremde ) ist eine promiskuitiv lebende, verheiratete Frau (vgl.
"die Frau seines Nächsten", Spr 6,29 ). In Vers 26 wird sie "Ehebrecherin"
genannt, wörtlich, "die Frau eines Mannes". Zu noKrIyCh vgl. den Kommentar zu
Spr 2,16 .Solche Frauen haben eine glatte Zunge; sie reden verführerisch (vgl.
Spr 2,16;5,3;7,5.21 ).
Spr 6,25
Dieser Vers spricht eine Warnung aus, und V.
26-29.32-35 nennen die Gründe für die Warnung. Wer in seinem Herzen (vgl. den
Kommentar zu Spr 3,5;4,23 ) eine äußerlich attraktive, promiskuitiv lebende Frau
begehrt, sei sie nun verheiratet oder unverheiratet, der sündigt. Jesus hat sich
ganz ähnlich geäußert ( Mt 5,28 ). Die Sünde des Ehebruches nimmt häufig mit
lüsternen Blicken ihren Anfang. Wenn ein Mann einer solchen Frau
hinterherblickt, dann versucht sie vielleicht, ihn mit ihren Augen zu umgarnen .
Spr 6,26
Unmoralisches Verhalten ist teuer! Eine Hure (vgl. Spr
7,10;23,27;29,3 ) kann einen Mann in die größte Armut bringen, so daß ihm nur
ein Laib Brot übrigbleibt und er sein Geld für ihre Dienste ausgibt (vgl. Spr
29,3 ). Eine verführerische Frau (vgl. den Kommentar zu Spr 6,24 ) kann Jagd auf
das Leben des Mannes machen, d. h. ihn ruinieren und zu Tode bringen (vgl. Spr
2,18-19;5,5.14;7,22-23.26-27 ).
Spr 6,27-29
Eine Folge der Untreue auf sexuellem Gebiet wird in
Vers 26 genannt, eine weitere in den Versen 27-35 . Gräßliche Folgen sind
unvermeidlich (V. 27-29 ) und treffen schwer (V. 30-35 ). So wie es unmöglich
ist, Feuer an ein Gewand zu halten, ohne die Kleidung zu verbrennen, oder auf
Kohlen zu schreiten, ohne sich die Füße zu verbrennen, so ist es auch unmöglich,
mit der Frau eines anderen Mannes Ehebruch zu begehen, ohne Schaden zu leiden.
Verbotene Sexualität ist dem Spiel mit dem Feuer gleich! Solch ein Mann wird
seine Strafe bekommen, vielleicht auch von dem betrogenen Ehemann der Frau (vgl.
V. 34 ).
Spr 6,30-31
Möglicherweise hat man für einen Dieb noch Verständnis
(wenn man sein Tun auch nicht gutheißt), wenn er durch seinen Diebstahl dem
Hungertod entgehen möchte. Trotzdem muß er das Gestohlene siebenfach
zurückerstatten, auch wenn ihn das alles kostet, was er hatte (vgl. dazu den
Mann, der nur noch einen Laib Brot übrigbehielt, V. 26 ). Die Bestrafung des
Diebes ist aber nicht so streng wie die des Ehebrechers. Wer die Frau seines
Nächsten "stiehlt", dem wird keine Vergebung und keine Milde zuteil.
Spr 6,32-35
Wer sich in Ehebruch verstrickt, der zeigt damit nur
seine Dummheit (vgl. Spr 7,7; Spr 9,4.16 ); er begeht seine Sünde, während er
doch weiß, daß die schlimmen Folgen bald kommen werden. Er zerstört sich selbst
(vgl. Spr 6,26 b; 5Mo 22,22 ); Ehebruch ist eine Art "Selbstmord". Er erleidet
Schande und Schmach; im Gegensatz zu dem Dieb ( Spr 6,30 ) wird ein Ehebrecher
verachtet. Der betrogene Ehemann, der von dieser Tat erfährt, wird eifersüchtig,
wild (vgl. Spr 27,4 ) und sinnt gegen den Ehebrecher auf Rache (offensichtlich
gibt er dem Mann mehr Schuld als seiner Frau). Der Zorn eines solchen betrogenen
Ehemannes kann durch Bestechung nicht beschwichtigt werden, wie groß das
Geschenk auch immer sein mag. Die Bestechung wird wiederholt angeprangert, und
zwar in den Sprüchen ( Spr 6,35;15,27;17,8 ), im Gesetz ( 2Mo 23,8; 5Mo 16,19;
27,25 ) und auch an anderen Stellen (z. B. Hi 36,18; Ps 15,5; Pred 7,7; Jes
33,15 ).
2. Weisheit bewahrt vor der Verführerin
( Spr 7 )
In Spr 6,20-35 gab der Vater die Worte der
Unterweisung über die Tragödie des Ehebruches weiter. In Kapitel 7 erläuterte
er, wie ein einfältiger junger Mann leicht in die Falle einer verführerischen
Frau geraten kann. Salomo ermahnte seinen Sohn, die Belehrung seines Vaters zu
bewahren ( Spr 7,1-5 ), stellte das listige Vorgehen der Ehebrecherin dar ( Spr
7,6-23 ) und schloß mit einer Warnung vor ihrer Falle ( Spr 7,24-27 ).
a. Die Weisung des Vaters
( 7,1-5 )
Spr 7,1-2
Kapitel 7 beginnt mit einer uns gut bekannten Bitte
Salomos an seinen Sohn (zu mein Sohn vgl. den Kommentar zu Spr 1,8 ), daß er die
Weisung seiner Eltern hören, annehmen und danach leben sollte. Diese Weisung
umfaßte die Worte seines Vaters (vgl. Spr 2,1;4,4-5.20;5,1 ), seine Gebote (vgl.
Spr 2,1;3,1;4,4;6,20.23;7,2 ) und seine Lehren (vgl. den Singular "Lehre" in Spr
1,8;3,1;4,2;6,20.23 ). Der Sohn sollte mit ihrer Hilfe die Lehre behalten (vgl.
Spr 3,1;4,4.21;6,20 ), sie bewahren (vgl. Spr 2,1;10,14 ) und sie wie einen
Schatz beobachten. Wenn er das tat, würde er ein erfülltes Leben haben (vgl. Spr
3,18;4,4 c; Spr 8,35 ). Der (Aug-)Apfel ( ?ISNn ) ist wörtlich das Zentrum eines
Gegenstandes; in Spr 7,9 wird damit die Mitte der Nacht bezeichnet, d. h. die
tiefste Finsternis. Die Pupille, das Zentrum des Auges (vgl. 5Mo 32,10; Ps 17,8
), ist der empfindlichste Teil der äußerlich sichtbaren Organe des menschlichen
Körpers, der sorgfältig geschützt werden muß.
Spr 7,3
In 3,3 war der Sohn ermahnt worden, die Lehren seines
Vaters um seinen Hals zu hängen. In 7,3 forderte der Vater ihn auf, sie wie
einen Ring um seine Finger zu winden. Wie in Spr 3,3 sollte er sie sich auch ins
Herz schreiben (vgl. Spr 6,21 ).
Spr 7,4-5
Zur Zeit des Alten Testamentes wurde die Schwester
eines Menschen als eine enge Verwandte betrachtet. Deshalb wurde " Schwester "
bisweilen als Synonym für die eigene Ehefrau gebraucht (vgl. Hl 4,9-10.12;5,1-2
). In gleicher Weise soll ein Mensch mit der Weisheit auf vertrautem Fuß stehen,
als wenn sie seine Schwester oder Frau wäre. Dasselbe gilt für die Erkenntnis
("Einsicht"; vgl. Spr 2,2 ), die wie eine Angehörige sein soll (vgl. Rt 3,2 ).
Die Vertrautheit eines Menschen mit der Einsicht sollte so eng sein wie zwischen
Verwandten. Weisheit und Einsicht, die in den Sprüchen häufig als Synonyme
aufgefaßt werden, halten junge Männer von der Ehebrecherin und der fremden Frau
fern (vgl. den Kommentar zu Spr 2,16;6,24 ), die sie mit verführerischen Worten
locken möchten (vgl. Spr 6,24;7,21 ). "Verführerisch" ist mit dem Wort "glatter"
in Spr 5,3 verwandt.
b. Die Einfalt des Opfers
( 7,6-9 )
Vers 6-23 lesen sich wie der Bericht eines
Augenzeugen. Der Bericht der Unterredung in den Versen 14-20 möchte vielleicht
deutlich machen, daß Salomo das Thema aus seiner einen oder der Erfahrung
anderer Menschen erörtert oder daß er sich mit dem jungen Mann in der Erörterung
tatsächlich nach dem Ereignis unterhielt. Möglicherweise hörte Salomo die
Unterhaltung von seinem Aussichtspunkt am Fenster in Wirklichkeit gar nicht.
Spr 7,6-9
Salomo sah durch ein vergittertes Fenster und sah
einige unverständige ( peTI , unwissend oder leichtgläubig, einfältig; vgl. den
Kommentar zu Spr 1,4 ) Jünglinge, und unter ihnen befand sich einer, dem es an
Urteilsvermögen mangelte (vgl. Spr 6,32;9,4.16;10,13 ). Damit ist seine
Unwissenheit gemeint, nicht seine Torheit oder ungezügelte Gier. Wenn er sich zu
dem Haus dieser Frau begab, dann heißt das nicht automatisch, daß er sich
absichtlich dorthin begab. Allerdings könnte er gewußt haben, daß sie dort
wohnte. Er ging dorthin, wo am Abend die Versuchung lauerte, als der Tag zu Ende
ging und die Dunkelheit hereinbrach. Die Dunkelheit der Nacht heißt wörtlich "in
der Mitte der Nacht", noch besser "Finsternis" (vgl. Spr 7,2 ). Robert L. Alden
schreibt dazu: "Wenn du das Böse vermeiden willst, dann begib dich auch nicht in
seine Nachbarschaft. Wenn du vermutest, daß du für eine bestimmte Sünde anfällig
sein könntest, dann unternimm konkrete Schritte, diese zu vermeiden" ( Proverbs,
A Commentary on an Ancient Book of Timeless Advice, S. 63).
c. Der Charakter der Verführerin
( 7,10-12 )
Spr 7,10-12
Die Frau, bei der es sich um eine verheiratete Frau
handelte (V. 19 ), ging hinaus, um dem jungen Mann zu begegnen, denn sie merkte,
daß er eine leichte Beute sein würde. Sie war (a) in ihrer Kleidung schamlos
(verführerisch gekleidet wie eine Hure), (b) geheimnistuerisch (listige Absicht
heißt wörtlich "geheimnistuerisch in ihrem Herzen"), (c) laut (Luther: wild;
vgl. Spr 9,13 ), (d) sie verhöhnte Gottes Gebote und ihr Ehegelöbnis, (e) eine
Herumtreiberin und (f) hinterhältig (lauert in den Straßen).
d. Die Taktik der Verführerin
( 7,13-20 )
Spr 7,13-14
Sie überraschte ihn, umarmte ihn plötzlich, küßte ihn
und sprach dann dreist auf ihn ein ( mit unverschämtem Gesicht ). Wenn sie ihre
Dankopfer zu Hause und ihre Gelübde erwähnte, dann meinte sie damit
möglicherweise ein Opfer, das sie (in ihrer Heuchelei natürlich) dargebracht
hatte und wovon sie nun noch Fleisch übrig hatte ( 3Mo 7,16-17 ). Teile des
geopferten Tieres nahm der Opfernde mit nach Hause. Wenn das Fleisch nicht
gekühlt werden konnte, mußte es schnell gegessen werden; daher gehörte zu einem
Opfer meist ein Fest. Ihr religiöses Gebaren war jedoch ein Vorwand, ein
Versuch, jegliches Empfinden für ein falsches Tun, das sie vielleicht gehabt
haben könnte, zu verdunkeln.
Spr 7,15-18
Sie täuschte den jungen Mann also durch Heuchelei (V.
15 ) und wollte ihn dann verlocken, indem sie die sinnliche Atmosphäre in ihrem
Schlafzimmer schilderte. Die Leinen auf ihrem Bett kamen aus Ägypten (und waren
wahrscheinlich kostbar und teuer), und sie hatte ihr Bett mit drei Gewürzen
parfümiert: mit Myrrhe , Aloe und Zimt (vgl. den Kommentar zu eben diesen
Gewürzen in Hl 4,14 ). Wenn sie davon sprach, daß sie sich die ganze Nacht an
der Liebe berauschen wollten, dann benutzte sie eine Wendung, die den sexuellen
Umgang mit dem Trinken aus einer Quelle verglich (vgl. Spr 5,18; Hl 4,12.15 ).
Spr 7,19-20
Die Frau wollte dem jungen Mann die Zusicherung
machen, daß sie von ihrem Ehemann (wörtl.: "der Mann") nicht erwischt würden,
denn er befand sich auf Geschäftsreise und würde bis zum Vollmond nicht zurück
sein (d. h., daß er mindestens mehrere Tage abwesend war), und sie war untreu
gegen ihn (vgl. Spr 2,16-17 ).
e. Die Antwort des Opfers
( 7,21-23 )
Spr 7,21-23
Der Jüngling war unfähig, ihrer Überredung, die sie
mit glatter Zunge vorbrachte, zu widerstehen (vgl. V. 5 ; Spr 2,16;5,3 ). Er
folgte ihr alsbald zu ihrem Haus und in ihr Schlafzimmer. Er war wie ein stummes
Tier ( ein Stier ), das zur Schlachtung geführt wird, und er überlegte seine
Situation nicht. Er war auch wie ein Hirsch, der in eine Schlinge getreten war.
Der Jüngling wurde mit einem Pfeil überwältigt oder war wie ein Vogel, der in
einer Falle gefangen wird. Er hatte diesen Gefahren keine Beachtung geschenkt
und war nun gefangen, ohne daß es einen Ausweg gegeben hätte. Er saß schon fest,
bevor er überhaupt merkte, daß ihn sein mangelnder Widerstand bei der Versuchung
(nicht so wie Josef; vgl. 1Mo 39,6-12 ) sein Leben kosten würde (vgl. Spr 6,32
).
f. Die abschliessende Ermahnung des Vaters
( 7,24-27 )
Spr 7,24-25
Die Worte nun denn leiten die Ermahnung des Vaters
ein, die auf die vorgehenden Verse zurückgreift. Meine Söhne (Pl.) werden wie in
Spr 4,1;5,7 angesprochen, und noch einmal forderte sie ihr Vater Salomo auf, ihm
aufmerksam zuzuhören (vgl. den Kommentar zu Spr 1,8; habt acht ; Spr
4,1.20;5,1;22,17 ). Er gab ihnen den Rat, sich von der Ehebrecherin
fernzuhalten, ihr (in ihren Gedanken und Fantasievorstellungen) nicht ihr Herz
zuzuwenden (vgl. den Kommentar zu Spr 4,23 ) und sich ihr körperlich nicht zu
nähern ( Spr 7,25 ). Das Wort weichen lautet QAFCh , "sich wegwenden", ein Wort,
das einschließlich der Erwähnung in Spr 4,15 (und 4Mo 5,12.19-20.29 ) nur
sechsmal im AT vorkommt. Der Begriff abirren ( tAZCh ) bedeutet "umherwandern"
oder "abschweifen". Offensichtlich war der Jüngling in Schwierigkeiten geraten,
weil er in die Nähe des Hauses der Ehebrecherin abgeirrt oder abgeschweift war (
Spr 7,8 ).
Spr 7,26-27
Der Grund für die Ermahnung in Vers 24-25 wird in den
Versen 26 - 27 genannt. Viele andere sind bereits ein Opfer dieser Versuchung
geworden. Wer sich in ihr Haus begibt (und mit ihr ins Bett geht), der begibt
sich auf den schnell hinabführenden Weg ins Grab und in den Tod (vgl. Spr
2,18-19;5,5;9,18 ). Ein junger Mann, der sich auf das Gebiet verbotener
Sexualität begibt, kann durch die Strafe sterben, die ihm der betrogene, zornige
Ehemann zumißt, oder er kommt durch eine Geschlechtskrankheit um, oder er geht
an der geistlichen und seelischen Pein zugrunde.
N. Der Wert der Weisheit erweist sich in ihren
Tugenden und ihren Belohnungen
( 8,1-21 )
Der Lehrer Salomo, der die Weisheit als Frau
personifizierte, berichtete von ihrem Ruf (V. 1-5 ), ihren Tugenden (V. 6-11 )
und ihrem Nutzen (V. 12-21 ).
1. Der Ruf der Weisheit
( 8,1-5 )
Spr 8,1
Der öffentlich ergehende Ruf der Weisheit beginnt mit
zwei rhetorischen Fragen (V. 1 ). Die Ehebrecherin ging auf die Straßen hinaus (
Spr 7,8-12 ), um den jungen Mann zu verführen. Aber die Weisheit hält sich wie
eine tugendhafte Frau in den Straßen auf und bietet ihre Dienste all denen an,
die dafür empfänglich sind (vgl. ihr lautes Rufen in Spr 1,20-22 ). Der Mangel
an Tugend, der die Ehebrecherin charakterisiert hat, wird den bewährten
Eigenschaften der Weisheit gegenübergestellt. Wenn die Wege der Verführerin
geheimnistuerisch und trügerisch sind, liegen die Wege der Weisheit offen
zutage, und sie sind aufrichtig. Wer sich auf die Ehebrecherin einläßt, der
erlebt Schande und Tod, aber wer der Weisheit folgt, der erlangt Klugheit, um
ein Leben in Weisheit zu verbringen.
Spr 8,2-3
Die Weisheit ruft dort, wo man sie hören kann und wo
Menschen vorbeikommen: auf Hügeln, auf dem Weg, an Kreuzungen, bei den Toren (wo
Gerichtsfälle gehört und Geschäfte gemacht wurden) und an den Zugängen.
Spr 8,4-5
Die Weisheit ( ich ) spricht von Vers 4-31 . Sie lädt
alle Menschen ein; die Weisheit steht jedem Menschen zur Verfügung. Aber sie
wendet sich insbesondere an die Einfältigen ( peTI ; vgl. den Kommentar zu Spr
1,4 ) und die Törichten ( k+sIl ; vgl. den Kommentar zu Spr 1,22 ) - an die, die
sie am meisten nötig haben und die eher dazu neigen, ihren Ruf zu überhören.
Sowohl die Ehebrecherin als auch die Weisheit wenden sich an den Einfältigen.
Die Weisheit fordert den Einfältigen dazu auf, Klugheit zu erwerben ( ZormCh ;
vgl. den Kommentar zu Spr 1,4; vgl. Spr 8,12 ), ein besseres Verständnis des
Lebens, also Klugheit im guten Sinne. Die Toren werden aufgefordert, Einsicht,
Verständnis oder Urteilsvermögen zu erlangen (vgl. Spr 1,2.6 ).
2. Die Tugenden der Weisheit
( 8,6-11 )
Spr 8,6-9
Die Verse 6-11 sprechen von der Geradheit und
Aufrichtigkeit der Weisheit. Die jungen Männer, die von Salomo unterwiesen
worden waren, sollten auf die Weisheit hören (V. 6 , die Ermahnung), denn was
sie spricht, ist wahr (V. 7-9 , der Grund). Die jungen Männer sollten sich für
die Weisheit entscheiden (V. 10 , die Ermahnung), denn sie hat großen Wert (V.
11 , der Grund). Die Weisheit spricht; auf ihre Lippen (V. 6 b), ihren Mund (V.
7 a), ihre Lippen (V. 7 b) und ihren Mund (V. 8 a) wird abwechselnd Bezug
genommen. Ihre Worte sind würdige (wörtl.: "edle oder fürstliche") Dinge. Dieses
Wort kann auch mit "richtig" (so wie in 2Sam 15,3 ) oder mit "recht" (wie in Jes
30,10 ) übersetzt werden. Der Gedanke dabei ist folgender: Die Worte der
Weisheit stimmen mit der Wirklichkeit überein; deshalb sind sie recht
("aufrichtig oder gerade"; vgl. Spr 8,9 ), sie sind wahr und gerecht (vgl. Spr
1,3;8,15.20 ). Daher ist kein Wort der Weisheit falsch ("verdreht") oder
verkehrt ( ZiqqES ; vgl. den Kommentar zu Spr 2,15 ). Sie weisen auch in die
richtige Richtung. Wer Einsicht hat ( Spr 8,9 ), der weiß, daß die Dienste der
Weisheit recht ("gerade oder ehrlich") sind, und Menschen mit Erkenntnis wissen,
daß die Worte der Weisheit tadellos (wörtl.: "aufrecht oder gerade"; in V. 6 mit
"recht" übersetzt) sind.
Spr 8,10-11
Die Weisheit fordert die Menschen auf, lieber ihre
Unterweisung und Erkenntnis anzunehmen als Silber und auserlesenes Gold ( HArUQ
, reines, geläutertes Gold, das in Vers 19 feines Gold genannt wird) oder Rubine
(vgl. Spr 3,13-15 ). Der Gedanke, daß der Wert der Weisheit über den Wert
materieller Dinge hinausgeht, wird in Spr 8,18-21 erläutert. Dort wird
hervorgehoben, daß Weisheit das gibt, was man nötig hat, und den Wohlstand
fördert; die Weisheit zur Rechtschaffenheit und zum Frieden, den ein Mensch
genießt; etwas, was Silber, Gold und Edelsteine nicht vermögen. In den Sprüchen
haben diese nicht materiellen Dinge größeren Wert als alles, was man käuflich
erwerben kann.
3. Der Nutzen der Weisheit
( 8,12-21 )
Die vielfache Erwähnung der Personalpronomen (ich,
mein, mich, mir - insgesamt 16mal in 10 Versen) stellen die Weisheit selbst in
den Mittelpunkt und nicht ihren Nutzen.
Spr 8,12-13
Wenn ein Mensch Weisheit besitzt, dann besitzt er auch
Klugheit (vgl. den Kommentar zu Spr 1,4; vgl. Spr 8,5 ), Einsicht und
Besonnenheit. Alle drei Nomen finden sich in Spr 1,4 .Manche Ausleger sind der
Meinung, daß Spr 8,13 den Gedankenfluß zwischen Vers 12 und Vers 14 unterbricht.
Vers 13 erinnert jedoch daran, daß eine verständige, besonnene Lebensführung (V.
12 ) nicht in irgendeiner Weise mit den in Vers 13 erwähnten Untugenden in
Beziehung steht. Vers 13 zeigt: Weisheit besitzen, heißt, auf moralischem und
geistigem Gebiet weise sein. Wer den Herrn fürchtet (vgl. den Kommentar zu Spr
1,7 ) und deshalb weise ist, der wird das Böse (vgl. Spr 3,7;14,16;16,6; Ps
97,10 ) und auch das stolze, hochmütige Verhalten und die verkehrte Rede hassen
(zurückweisen). Das Wort für "verkehrt" ( tahpVKCh ) kommt in den Sprüchen
achtmal vor (vgl. den Kommentar zu Spr 2,12 ).
Spr 8,14-16
Die Weisheit versetzt die Menschen in die Lage, einen
weisen Rat und ein gesundes Urteil abzugeben, Verständnis (Einsicht) und Stärke
(Tapferkeit) zu haben. Die Weisheit gibt einem Menschen Mut wie einem tapferen
Soldaten. Könige, Herrscher, Fürsten und Edle, die herrschen, können das nur
durch Gottes Weisheit tun; sie machen gerechte Gesetze . Die Tatsache, daß viele
der Könige Israels und Judas und deren Nachbarn keine gerechten Gesetze machten,
macht deutlich, daß ihnen Gottes Weisheit fehlte.
Spr 8,17-18
Weisheit können zwar alle Menschen erlangen, aber nur
jene erlangen sie auch wirklich, die sie lieben (vgl. V. 21 ; Spr 4,6 ) und
suchen (vgl. Spr 2,1-4 ). Wer weise ist, der bekommt Reichtum und Ehre (vgl. Spr
3,16 ), bleibenden Besitz (vgl. Spr 8,21;14,24;15,6;22,4 ) und Gerechtigkeit .
"Bleibend" heißt wörtlich "außerordentlich" oder "außergewöhnlich". Die
Reichtümer, die der erlangt, der Weisheit besitzt, sind echte, nicht künstliche
Reichtümer, die mit Silber oder Gold zu erwerben wären. Die Ehre in einer
Gemeinschaft ist das Ergebnis des Wandels eines Menschen (seiner Lebensführung)
und nicht so sehr des Reichtums an sich. Ein gottesfürchtiger Lebenswandel ist
das herausragendste Ergebnis davon, daß ein Mensch Weisheit erlangt hat.
Spr 8,19-21
Der Begriff Ertrag (V. 19 ) wird normalerweise auf dem
Marktplatz gebraucht; damit wird vor allem hervorgehoben, daß die Weisheit viel
mehr einbringen kann als feines Gold ( HArUQ ; vgl. V. 10 ) und Silber. Weisheit
geht mit der Gerechtigkeit und dem Recht Hand in Hand (vgl. V. 8 ). Das Verb
gehen drückt aus, daß ein Mensch sich beständig fortbewegt. (Zu einer
Unterscheidung zwischen Gerechtigkeit und Recht vgl. den Kommentar zu Am 5,7 .)
Wie an vielen anderen Stellen in den Sprüchen werden
die Begriffe Weg(e) und Pfad(e) synonym gebraucht (vgl. den Kommentar zu Spr
2,13 ). Wie bereits in Spr 8,18 festgestellt wurde, kommt der, der die Weisheit
liebt (vgl. V. 17 ) und sie erlangt, zu Reichtum (vgl. Spr 3,16;14,24;15,6;22,4
). So wie viele Aussagen in den Sprüchen ist auch das eine Verallgemeinerung, zu
der natürlich Ausnahmen existieren. Materieller Besitz kann bei dem Geschick des
Weisen, mit diesen Dingen umzugehen, vermehrt werden (und seine Schatzkammern
füllen).
O. Der Wert der Weisheit und der Herr der Schöpfung
( 8,22-36 )
Die vielen Ansprüche der Weisheit (V. 6-21 ) sind
aufgrund ihrer Verbindung mit dem Herrn der Schöpfung alle glaubwürdig. Sie
existierte, bevor die Welt geschaffen wurde (V. 22-29 ), sie hatte mit dem Herrn
an der Schöpfung Anteil und freute sich mit dem Herrn an dem Gewordenen (V.
30-31 ). Weil die Weisheit so einzigartig ist, wendet sie sich mit einer letzten
Aufforderung noch einmal an die Menschen, ihr nachzustreben (V. 32-36 ).
1. Die Weisheit existierte schon vor der Schöpfung
( 8,22-26 )
Spr 8,22
Es wird hier deutlich, daß die Weisheit nicht nur in
der Gegenwart den Menschen Reichtum schenken kann (V. 12-21 ), sondern auch in
der Vergangenheit an der Schöpfung beteiligt war. Es geht hier eindeutig um die
Weisheit; mich bezieht sich klar zurück auf "ich, Weisheit" (V. 12 ). Die
Weisheit existierte vor der Erschaffung der Welt ( bevor erscheint in V.
22-23.25-26 fünfmal) und war deshalb schon da, als Gott das Universum erschuf
("als" kommt siebenmal vor; V. 24.27-29 ).
Manche Leute sind der Meinung, daß mit der Weisheit in
Vers 22-32 Christus gemeint ist. Selbstverständlich offenbart er den Gläubigen
Gottes Weisheit ( 1Chr 1,30 ), und in ihm ist alle Weisheit und Erkenntnis
verborgen ( Kol 2,3 ), aber Spr 8,22-31 gibt keinen Anhaltspunkt, daß mit der
Weisheit Christus gemeint sei. Wenn das so wäre, dann müßten sich alle anderen
Erwähnungen der Weisheit auch auf Christus beziehen, und das ist
unwahrscheinlich. Besser betrachtet man wohl die Weisheit, von der hier bildhaft
gesprochen wird, als Personifizierung der Weisheit Gottes.
Spr 8,23-26
Bevor Gott das Universum erschaffen hat, hat er die
Weisheit eingesetzt (vgl. Ps 2,6 ). Spr 8,23 spricht davon, daß die Weisheit
existierte, bevor Gott die Welt erschuf (vgl. 1Mo 1,1-5 ), bevor die Wasser
voneinander geschieden waren, Wolken und Meere existierten (zum zweiten
Schöpfungstag vgl. 1Mo 1,6-8 ). Bevor das trockene Land sichtbar wurde (zum
dritten Tag der Schöpfung vgl. 1Mo 1,9-10 ), war die Weisheit bereits geboren (
Spr 8,24-25 ).
2. Das Werk der Weisheit in der Schöpfung
( 8,27-31 )
Spr 8,27-29
Die Weisheit war gegenwärtig, als Gott die Himmel
bereitete (V. 27 a; vgl. 1Mo 1,1-5 ), als er die Wasser voneinander schied und
Wolken und Meere schuf ( Spr 8,27 b - 28; zum zweiten Schöpfungstag vgl. 1Mo
1,6-8 ) und als er das trockene Land erscheinen ließ ( Spr 8,29; zum dritten
Schöpfungstag vgl. 1Mo 1,9-10 ). Zum Begriff Tiefe ( Spr 8,27 ) vgl. den
Kommentar zu 1Mo 1,2 .
Spr 8,30-31
Es wird von der Weisheit gesagt, daß sie ein
Werkmeister (Luther: sein Liebling ) an der Seite Gottes war, als er die Erde
erschuf. Gott zeigte seine Weisheit bei dem, was er geschaffen hatte. Daß die
Weisheit bei ihm war, macht ihre enge Verbindung deutlich. Wenn hier zum
Ausdruck kommt, daß Gottes Werk durch Weisheit gekennzeichnet ist, dann ist
damit nicht gemeint, daß die Weisheit selbst das Werk Gottes entworfen hätte.
Gott hat seine Schöpfung geplant. Diese Unterscheidung ist wichtig. Die
Erklärung, daß die Weisheit vor und während der Schöpfung anwesend und dann bei
dem Werk Gottes selbst beteiligt war, verschafft ihrer Zusage, den Menschen zu
belohnen, Glaubwürdigkeit. Die personifizierte Weisheit erfreut sich an Gottes
Gegenwart und seiner geschaffenen Welt und den Menschen.
Wenn Gott sich bei seinem Schöpferwerk der Weisheit
bediente, wieviel mehr hat dann der Mensch Weisheit nötig!
3. Die Aufforderung der Weisheit und ihre Verheißungen
( 8,32-36 )
Spr 8,32-34
Hier wandte sich die Weisheit selbst an die jungen
Männer als meine Söhne , so wie es der Vater bereits dreimal getan hatte ( Spr
4,1;5,7;7,24 ). Die Worte nun denn setzen diesen Anruf zu den vorhergehenden
Aufforderungen der Weisheit in Beziehung. In den Versen 32-34 werden die Worte
hört und glücklich (Luther: Wohl dem) abwechselnd gebraucht (hört, V. 32 ;
glücklich V. 32 ; hört, V. 33 ; glücklich, V. 34 ; hört, V. 34 ). Die dreifache
Aufforderung der Weisheit an die jungen Männer, zu hören, erinnert an Salomos
mehrfache Aufforderung an sie, zu hören (vgl. den Kommentar zu Spr 1,8 ). Wenn
sie auf die Weisung der Weisheit hörten und sie befolgten, würden sie weise und
"glücklich". Das Glück resultiert daraus, daß sie der Weisheit eifrig
nachstreben ( wachen und hüten ).
Spr 8,35-36
Die Weisheit schenkt Leben (vgl. Spr
3,18;4,4.22;7,2;9,11;19,23 ) und das Wohlgefallen des Herrn (vgl. Spr 12,2;18,22
). Das Wort für "Wohlgefallen", rAQNn , kommt in den Sprüchen 14mal vor und
bedeutet "Annahme, Wohlwollen oder Anerkennung". Es kommt von dem Verb rAQCh ,
"Gefallen finden an". Wer die Weisheit von sich weist, der erfährt Unglück (vgl.
Spr 6,32;7,23;9,12 b) und Tod (vgl. Spr 2,18;5,5;7,27 ). Die Weisheit ist der
Weg zum Leben, und die Torheit ist der Weg zum Tod. Der Mensch hat die Wahl
zwischen beiden.
P. Der Wert der Weisheit wird zusammengefaßt: Die
Einladung der Weisheit wird der Verführung der Torheit gegenübergestellt
( Spr 9 )
Dieses Kapitel faßt Spr 1,8-8,36 zusammen, indem es
die Einladungen der Weisheit ( Spr 9,1-6 ) und der Torheit (V. 13-18 ) einander
gegenüberstellt. Zwischen den beiden Aufforderungen werden einige knapp
formulierte Sprüche dem Wesen und den Folgen für jene gegenübergestellt, die auf
die eine oder die andere Einladung eingehen (V. 7-12 ). Die Weisheit und ihre
Rivalin, die Torheit, werden als zwei Frauen dargestellt, die sich beide für ein
Fest vorbereiten und junge Männer in ihre Häuser einladen. Die Weisheit wird als
verantwortungsvolle Frau mit gutem Charakter dargestellt, die auch Reichtum
besitzt und ihr Fest vorbereitet, während die Torheit als Hure dargestellt wird,
die junge Männer zu einem wollüstigen Mahl mit gestohlenem Wasser und heimlicher
Nascherei einlädt.
1. Die Einladung der Weisheit
( 9,1-6 )
In den Sprüchen wird die Weisheit häufig als eine
würdevolle Dame personifiziert ( Spr 1,20-33;3,16-18;4,3-6;8,1-21.32-36;9,1-6 ).
In Spr 9,1-6 ist sie ein Baumeister, und sie richtet ihr Heim für das Fest her;
ein Fest, das sie für jene gibt, denen es an Weisheit mangelt.
a. Die Vorbereitungen der Weisheit für ihr Fest
( 9,1-2 )
Spr 9,1
Das gebräuchliche hebr. Wort für Weisheit lautet
HoKmCh , aber hier steht es in der Pluralform ( HoKmNT ) mit dem Verb im
Singular hat gebaut (aber manche verstehen HoKmNT in Anlehnung an die analogen
Formen in den kanaanitischen Dialekten als Singular). Das trifft auch in Spr
1,20;24,7 und Ps 49,4 zu. Wenn die Form im Plural steht, dann ist wohl die Fülle
der Weisheit gemeint. Die Beschreibung des Tuns der "Frau Weisheit" beim Bau
ihres Hauses, wozu auch das Aushauen von sieben Säulen gehört, spricht schon von
der Emsigkeit, die zur Weisheit gehört. Die Ausleger haben über die Bedeutung
dieser sieben Pfeiler verschiedene Meinungen vorgebracht (z. B. die, daß es sich
um die sechs Tage der Schöpfung und Gottes siebten Ruhetag handelt; oder um die
Sonne, den Mond und die fünf Planeten, die zu jener Zeit bekannt waren). Es
scheint aber wahrscheinlicher, daß diese sieben Pfeiler andeuten, daß das Haus
groß und geräumig war. Das steht im Einklang mit den Aussagen in den Sprüchen,
die der Weisheit einen hohen Rang im Leben eines Menschen einräumen.
Spr 9,2
Zu dem Festmahl, das "Frau Weisheit" vorbereitete,
gehörte Fleisch und gemischter Wein (vgl. V. 5 ). Sie bereitete das Fleisch zu
heißt wörtlich "sie schlachtete ihr Schlachten" (d. h., daß sie ihr Vieh
schlachtete und das Fleisch kochte). Wenn vom Mischen des Weines gesprochen
wird, so kann damit das Verdünnen des Weines gemeint sein, denn das war im alten
Israel so Sitte (vgl. das apokryphe Buch 2. Makkabäer 15,40 und The
International Standard Bible Encyclopaedia , Grand Rapids, 1939/5, S. 3087).
Unverdünnten Wein betrachteten die Juden mit Abscheu; der Wein für das Passa
enthielt drei Teile Wasser und einen Teil Wein. Oder es wurde hier auf die Sitte
angespielt, den Wein mit Gewürzen zu mischen, um ihn mehr duften zu lassen (vgl.
Ps 75,9; vgl. auch Jes 5,22 ). Vielleicht ist auch beides hier gemeint.
b. Die Einladung der Weisheit zu ihrem Festmahl
( 9,3-6 )
Spr 9,3
Die Gastgeberin hatte das Mahl vorbereitet und sandte
ihre Mägde aus, um die Menschen einzuladen, an ihrem Festmahl teilzunehmen (vgl.
Mt 22,2-3 ). D ie Höhen der Stadt (vgl. Spr 8,2 ) waren ein erhöhter Punkt, wo
viele die Einladung, wenn sie ausgerufen wurde, hören konnten. "Frau Torheit"
rief die Menschen auch von solch einem erhöhten Punkt ( Spr 9,14 ).
Spr 9,4-6
Die Worte der Einladung seitens der Weisheit umfassen
zumindest die Verse 4-6 , möglicherweise jedoch auch noch die Verse 7-12 . Die
Einfältigen ( peTI , "naiv, leichtgläubig"; vgl. den Kommentar zu Spr 1,4; vgl.
Spr 8,5;9,16 ) und die, denen Einsicht fehlt (vgl. den Kommentar zu Spr 6,32 ),
werden zum Mahl der Weisheit eingeladen. Diejenigen, die ihrer Aufmerksamkeit
und Hilfe am meisten bedurften, waren als die Gäste der Weisheit eingeladen. Sie
sollten kommen und essen und trinken , d. h. Menschen, die keine Weisheit
besaßen, sollten sie erlangen und Gewinn daraus ziehen. Sie sollten ihre
einfältigen Wege verlassen ( p+TA?Im , Spr 9,6; der Plural von "einfältig" in V.
4 ). Der zweite Teil des Verses, der die Gäste dazu auffordert, auf den Wegen
der Einsicht zu wandeln, macht deutlich, daß sich der Ausdruck "einfältige Wege"
auf das Verhalten der Einfältigen bezieht. Wie bereits deutlich wurde ( Spr
3,18;4,4;7,2 ), kommt aus der Weisheit das Leben ( ihr werdet leben ; vgl. Spr
9,11;19,23 ).
2. Die Folgen aus der Annahme der Einladung
( 9,7-12 )
Es scheint zunächst so, als ob diese Verse den Fluß
dieses Abschnittes unterbrechen, da sie zwischen der Einladung der Weisheit (V.
1-6 ) und der Einladung der Torheit (V. 13-18 ) stehen. Aber dieser Abschnitt
ist hier durchaus am richtigen Platz, denn er weist auf die Folgen hin, die sich
aus der Annahme der beiden Einladungen ergeben. Wer der Weisheit seine
Aufmerksamkeit schenkt, der reagiert auf Zurechtweisung und lernt daraus (V. 8
b; vgl. den Kommentar zu Spr 1,23 ), erlangt mehr Einsicht ( Spr 9,9 ) und
erfreut sich seines Lebens (V. 11 ). Wer sich aber der Torheit zuwendet, der
möchte keine Zurechtweisung (V. 7-8 a), so daß er Leid erfährt (V. 12 b). Das
sind die Spötter, die auf Zurechtweisung unwillig reagieren. Die Einladung der
Torheit befestigt sie nur noch auf ihrem Weg.
Spr 9,7-8 a
Ein gottloser Spötter (vgl. den Kommentar zu Spr 1,22
) ist unbelehrbar. Wenn ihn jemand zurechtweist, dann ist er auf denjenigen
zornig und wird ausfallend, indem er den anderen beschimpft ( Spr 9,7-8 a). Wenn
ein Gottloser zurechtgewiesen wird, dann schleudert er die Rüge dem anderen ins
Gesicht zurück und schmäht den, der ihm einen Rat geben wollte. Solch ein
Spötter hält an seinen Wegen fest.
Spr 9,8-9 (Spr 9,8b-9)
Auf der anderen Seite wird ein Weiser die Rüge gerne
annehmen, denn er zieht daraus seine Lehren. Ein Tadel kann für den, der bereit
ist, daraus zu lernen, sehr nützlich sein ( Spr 15,31;17,10;19,25;25,12;27,5-6
). Wer gerne lernt (vgl. Spr 10,8 a; 12,15 b; 14,6 b; 15,32 b; 21,11 b), der
wird weiser (vgl. Spr 1,5 ). So wie auch an anderen Stellen in den Sprüchen wird
der Weise als der Gerechte bezeichnet. Einer gottesfürchtigen Haltung sollte
Scharfsinn zugrundeliegen.
Spr 9,10-11
Das Thema des Buches ( Spr 1,7 a) wird in Spr 9,10 a
mit zwei Variationen noch einmal genannt: Das hebr. Wort für Anfang an dieser
Stelle unterscheidet sich von dem Begriff für Anfang in Spr 1,7 . In Spr 9,10
bedeutet es "Voraussetzung" oder "Vorbedingung" (vgl. den Kommentar zu Spr 1,7
). In Spr 9,10 steht das Wort Weisheit statt "Erkenntnis" wie in Spr 1,7 a.
Die persönliche Erkenntnis Gottes - der in den
Sprüchen der allein Heilige genannt wird - vermittelt Einsicht in das Leben.
Die Weisheit ( mich ; Spr 9,11 ) vermittelt dem
Menschen ein langes Leben (vgl. V. 6 ; Spr 3,2.16;4,10;10,27;14,27;15,24 ).
Spr 9,12
Wie in den Sprüchen auf verschiedene Weisen immer
wieder festgestellt wird, bringt die Weisheit dem Menschen Gutes ein, und das
Gespött hat Leiden zur Folge. Einige dieser positiven Auswirkungen der Weisheit
werden in Vers 8 a. 9-11 erwähnt.
3. Die Einladung der Torheit
( 9,13-18 )
Spr 9,13
Das Fest der Torheit wird nun dem Fest der Weisheit
gegenübergestellt. In ähnlicher Weise bot Madam Torheit (die fem. Form von k+sIl
; vgl. den Kommentar zu Spr 1,7 ), die hier als Hure dargestellt wird, ihre
Dienste an. Sie ist wild (vgl. Spr 7,11 ), zügellos (wörtl.: "unwissend oder
leichtsinnig" wie ihre Gäste; vgl. Spr 9,16 ) und unwissend. Sie ist anziehend,
aber ungestüm. Hier bietet die Torheit wie auch an anderen Stellen sofortige
Befriedigung an, während die Weisheit häufig Zufriedenheit auf lange Sicht
schenkt.
Spr 9,14-15
Im Gegensatz zu Frau Weisheit, die für ihre Gäste
Vorbereitungen traf (V. 1-2 ) und nach ihren Gästen ausgesandt hat (V. 3-6 ),
saß Madam Torheit lediglich an ihrer Tür und rief. Aber sie rief wie die
Weisheit von den Höhen der Stadt (vgl. V. 3 ). Die Torheit wandte sich an die,
die vorüberkamen (vgl. Spr 7,8.10 ). Die Wendung die gerade auf ihrem Wege
wandeln könnte sich auf die Menschen beziehen, die vorbeikommen, ohne zu
verweilen, oder auf jene, die einen geraden Lebensweg gehen. Möglicherweise
trifft beides auf den Vers zu.
Spr 9,16-17
Die Torheit rief ihre Gäste, indem sie absichtlich
dieselben Worte gebrauchte wie Frau Weisheit (vgl. V. 4 und den Kommentar dort).
Da der Genuß des Wassers aus der eigenen Quelle die Sexualität in der Ehe meint
( Spr 5,15-16 ), könnte mit dem gestohlenen Wasser die unerlaubte Sexualität
gemeint sein (vgl. Spr 7,18-19 ). In diesem Sinne wandte sich Madam Torheit an
die niederen Bedürfnisse ihrer Gäste. Der Ausdruck heimlich verzehrtes Brot
meint ebenfalls das verborgene Tun.
Spr 9,18
Die Einladung der Torheit mag zwar anziehend sein,
aber das Endergebnis ist nicht das Leben (vgl. V. 11 ), sondern der Tod (vgl.
Spr 2,18;5,5;7,27 ). Madam Torheit ist offensichtlich eine unberechenbare Frau.
Damit wird angedeutet, daß die Unmoral auf sexuellem Gebiet den Höhepunkt der
Torheit darstellt. Die beiden Wege der Weisheit und der Torheit, die entweder
das Leben oder den Tod zur Folge haben, erreichen in Kapitel 9 einen deutlichen
Höhepunkt. Fast jeder Vers im übrigen Buch weist auf einen dieser beiden Wege
sowie ihre Folgen hin.
III. Die Sprüche Salomos
( 10,1-22,16 )
Dieser lange Abschnitt des Buches der Sprüche enthält
375 Aussprüche. Die Entwicklung der Gedanken wird durch die beiden (oder
bisweilen auch mehrere) Zeilen eines jeden Verses begrenzt. Kapitel 10-15 führen
das Thema fort, das Kapitel 1-9 bestimmt und das den Gerechten (oder Weisen) dem
Gottlosen (oder Toren) gegenüberstellt. Der Rest des Abschnittes ( Spr
16,1-22,16 ) hat nicht mehr dieses eine durchgängige Thema.
Die meisten Verse in Kapitel 10-15 bezeichnen
Gegensätze (in antithetischem Parallelismus); die zweite Zeile beginnt bei den
weitaus meisten Versen mit "aber". In 16,1-22,16 bezeichnen nur einige der Verse
Gegensätze; die meisten Verse bezeichnen entweder Vergleiche (in synonymem
Parallelismus) oder Vervollständigungen (in synthetischem Parallelismus), die
mit "und" verbunden sind, womit die zweite Zeile in vielen Versen eingeleitet
wird.
Der häufige Themenwechsel von einem Vers zum nächsten
kann durchaus Absicht sein, um die Leser zu zwingen, sich mit dem Gedanken eines
Verses wirklich zu befassen, bevor er zum nächsten übergeht. Allerdings sind
auch gelegentlich zwei oder mehr aufeinanderfolgende Verse durch ein gemeinsames
Thema oder Wort miteinander verbunden. So erörtert zum Beispiel Spr 10,4-5
sowohl die Faulheit als auch den Fleiß; Spr 10,11-14.18-21.31-32 beziehen sich
auf das Reden. Der Begriff "Herr" wird in jedem der Verse 16,1-7 erwähnt, in den
Versen Spr 16,12-15 ist das Schlüsselwort "König", die Verse 15,16-17 beginnen
mit dem Wort "besser", die Verse Spr 12,9-11 spielen sich in der häuslichen
Umgebung ab, und die Verse 11,9-12 beginnen mit demselben hebräischen
Buchstaben.
A. Sprüche, die eine gerechte und eine gottlose
Lebensführung einander gegenüberstellen
( Spr 10-15 )
Spr 10,1
Zu den Sprüchen Salomos vgl. "Autor und
Entstehungszeit" in der Einleitung . Salomo verfaßte Kapitel 1-9 (vgl. Spr 1,1
), Kapitel 25-29 (vgl. Spr 25,1 ) und Spr 10,1-22,16 und schrieb damit 84
Prozent des Buches, das selbstverständlich ganz durch den göttlichen Autor, den
Heiligen Geist, inspiriert worden ist.
Ein weiser Sohn wird hier "einem törichten Sohn", in
Spr 13,1 einem Spötter und in Spr 15,20 einem törichten Mann gegenübergestellt.
Ein Sohn, der weise geworden ist, indem er die Unterweisungen seiner Eltern
bewahrt hat ( Spr 5,1-2 ), macht seinem Vater Freude , eine Tatsache, die in den
Sprüchen viele Male zur Sprache gebracht wird ( Spr 15,20;23,15.24;27,11;29,3 ).
Ein törichter ( k+sIl ; vgl. den Kommentar zu Spr 1,7 ) Sohn bekümmert auf der
anderen Seite seine Mutter. Das bedeutet nicht, daß ein törichter Sohn seinen
Vater nicht bekümmert, so wie es in Spr 17,21.25 und Spr 19,13 klar zum Ausdruck
kommt. Spr 10,1 bedeutet auch nicht, daß das Herz einer Mutter sich nicht freut,
wenn ein Sohn weise geworden ist. Der Gebrauch des Wortes "Vater" in einer Zeile
und "Mutter" in der anderen Zeile ist für die Literatur der Sprüche typisch.
Beide Elternteile erleben entweder Freude oder Kummer, so wie auch beide den
Sohn unterwiesen haben ( Spr 1,8;4,3-4;6,20 ).
Spr 10,2
Die Aussage, daß Schätze keinen Wert haben , scheint
eine bestürzende, fast widersprüchliche Aussage zu sein, wenn man sich nicht
daran erinnert, daß die Schätze ja durch Diebstahl oder Betrug unrecht
erworbenes Gut waren (vgl. Spr 1,19;28,16; Mi 6,10; vgl. auch Spr 16,8 ). Ein
Beispiel dafür steht in Spr 1,11-14.18-19 .Solche Schätze sind nicht gut, denn
sie schwinden dahin ( Spr 13,11;21,6 ) und können nicht den Tod verhindern ( Spr
11,4 ). Natürlich kann auch unrecht erworbenes Geld für eine gewisse Zeitdauer
Vergnügen schaffen, aber auf lange Sicht kann es keine Zufriedenheit schenken.
Spr 10,3
Die Verse 3-5 sprechen über Eifer und Faulheit. Wenn
ein Mensch satt wird, ist das dem Herrn zu verdanken (V. 3 ), aber Armut und
Reichtum haben ihren Ursprung in Faulheit oder Fleiß (V. 4 ); Geschäftigkeit
kennzeichnet einen weisen Sohn und Schlaf einen schandbaren (V. 5 ). Der
Gerechte heißt wörtlich "die Seele des Gerechten". Weil der Begriff "Seele" für
die ganze Person steht, hat Gott hiermit gesagt, daß er sich aller Bedürfnisse
eines Menschen annimmt, einschließlich des körperlichen Bedürfnisses nach
Nahrung (vgl. Ps 37,19.25 ). Die Wendung die Gier der Gottlosen bezieht sich auf
ihre bösen Wünsche, auf ihr Trachten nach Zerstörung und Unglück. Gott kann sie
daran hindern, diese Pläne in die Tat umzusetzen. Wie so viele Verse in den
Sprüchen ist dieser Vers eine Verallgemeinerung. Es trifft normalerweise zu, daß
die Gottesfürchtigen nicht hungern und daß die Gottlosen nicht all das bekommen,
was sie sich wünschen.
Spr 10,4-5
Wenn ein Mensch sich weigert, zu arbeiten, wird er arm
werden (dieses Wort kommt in den Sprüchen häufig vor), wohingegen ein fleißiger
Arbeiter schließlich seinen Lohn erhalten wird. (Neben der Faulheit werden in
den Sprüchen auch andere Gründe für die Armut genannt. Vgl. den Kommentar zu Spr
14,23 .) Ein Beispiel für Eifer und daher auch für Weisheit ( weise kommt von
dem Verb RAKal , und das bedeutet "klug sein, Erkenntnis haben"; vgl. Spr
1,3;16,20 ) ist die Ernte im Sommer, wenn die Ernte reif ist. Ein Beispiel für
Faulheit ist ein Sohn, der schläft, anstatt während der Erntezeit zu arbeiten
(im Gegensatz zu den Ameisen, Spr 6,6-11 ). Tatsächlich bringt ein solcher
Mensch Schande (das ist die Bedeutung von schandbar ) über seine Eltern.
Spr 10,6
Ein Gerechter ererbt Segen, aber bei dem Gottlosen
verhält sich das ganz anders. Gewalttat überwältigt seinen Mund. Dieselbe
Aussage wird in Vers 11 gemacht. Da das Wort für "überwältigt" mit "bedeckt"
übersetzt werden kann (so wie in V. 12 ), könnte der zugrundeliegende Gedanke
der sein, daß sein Mund die Gewalttat verbirgt oder in betrügerischer Absicht
verhüllt oder aber daß das, was dieser Mensch sagt, von Gewalt gekennzeichnet
ist. Jesus sagt: "... ein böser [Mensch] bringt Böses hervor aus dem bösen
[Schatz seines Herzens]. Denn wes das Herz voll ist, des geht der Mund über" (
Lk 6,45 ).
Spr 10,7
Wenn vom Segen und dem Gerechten gesprochen wurde (V.
6 ), so wird hier erwähnt, daß sogar das Nachdenken über Gerechte aus der
Vergangenheit eine Quelle geistlicher Segnung sein kann. Im Gegensatz dazu
möchten die meisten Menschen die Gottlosen vergessen. Wie ihr Wesen, so ist auch
ihr Name verdorben und verfault wie ein Leichnam.
Spr 10,8-9
Ein Weiser ist belehrbar und möchte gerne noch weiser
werden (vgl. Spr 1,5;9,9 ). Aber ein Tor ( ?MwIl , ein grober, verhärteter Tor;
vgl. den Kommentar zu Spr 1,7; vgl. Spr 10,21 ) hört nicht auf zu schwatzen und
lernt nichts hinzu. In den Sprüchen wird unnützes Reden häufig mit Torheit in
Verbindung gebracht. Solch ein Mensch kommt zu Fall , eine Wendung, die nur zwei
Verse später wiederholt wird (V. 10 ; vgl. Spr 13,3 ). "Fall" kommt in Kapitel
10 fünfmal vor (V. 8.10.14-15.29 ). Ein ehrlicher Mensch (V. 9 ) lebt sicher
(vgl. einen ähnlichen Gedanken in Spr 3,23;18,10;28,18 ) in seinem Wandel
(seiner Lebensführung), aber ein Mensch, dessen Pfade gekrümmt sind und dessen
Wandel böse ist im Gegensatz zu einem ehrbaren Menschen, wird am Ende entlarvt
werden, so daß offenbar wird, was er eigentlich für ein Mensch ist.
Spr 10,10
Die Verse 10-12 behandeln das Thema der Beziehungen
zwischen Menschen. Wer arglistig mit den Augen zwinkert, hat wohl böse Absichten
(vgl. Spr 6,13;16,30; Ps 35,19 ). Es ist kein Wunder, daß das zu Kummer für die
Opfer ihrer bösen Pläne oder für die Angehörigen der Opfer führt. Ein
geschwätziger Tor wird sich selbst am Ende in Schwierigkeiten bringen (vgl. die
ähnliche Aussage in Spr 10,8 b).
Spr 10,11
Das Wort des Gerechten (und Weisen) ist wie eine
Quelle des Lebens (vgl. Spr 13,14;14,27;16,22; vgl. auch Spr 18,4 ). Seine Worte
der Weisheit sprudeln hervor und sind so erfrischend wie ein kühler Brunnen für
einen ermüdeten Wüstenwanderer. Zum zweiten Teil von Spr 10,11 vgl. den
Kommentar zu Vers 6 b.
Spr 10,12
Haß hat Streit zur Folge (vgl. Spr 6,14 ), denn
Menschen, die sich gegenseitig verachten, können wohl kaum in Frieden zusammen
arbeiten oder leben. Liebe leistet zum Frieden ihren Beitrag, denn sie deckt die
Fehler der anderen Menschen zu oder vergibt sie (vgl. Spr 17,9 ). Sie rechnet
das Böse nicht an (vgl. 1Kor 13,5; Jak 5,20; 1Pet 4,8 ). K AsCh wird mit
"bedeckt" übersetzt. Die Worte des Gottlosen sind mit Gewalttat überdeckt , aber
der Gerechte bedeckt Sünden, indem er dem Sünder vergibt.
Spr 10,13-14
Diese Aussagen stellen den Weisen und den Toren
einander gegenüber. Während der Verständige durch seine weisen Worte
gekennzeichnet wird, erfährt der Unverständige (vgl. V. 21 ; Spr 6,32; 7,7;
9,4.16; 11,12; 12,11; 15,21; 17,18; 24,30; 28,16 ) Widerstand. Er wird
vielleicht mit einer Rute auf seinem Rücken bestraft (vgl. Spr 14,3;26,3 ). Der
Weise bewahrt Erkenntnis; er hält mit ihr zurück, bis die richtige Gelegenheit
gekommen ist, ohne seine Erkenntnis zu verschleudern. Was der Tor von sich gibt,
bringt ihn jedoch in Schwierigkeiten und stürzt ihn letztlich sogar ins
Verderben, denn er redet in seiner Torheit die falschen Dinge und manövriert
sich selbst in Probleme hinein (vgl. Spr 10,19 ).
Spr 10,15-16
Diese Verse gehören zusammen, denn sie haben beide den
Reichtum zum Thema. Die erste Zeile von Vers 15 wird in Spr 18,11 wiederholt.
Nun sollte der Reichtum zwar nicht über die Ehre gestellt werden ( Spr 28,20 ),
und man sollte sich auch nicht darauf verlassen ( Spr 11,4;23,5 ), aber er kann
ein Schutz vor manchem Unglück sein. Seine Armut bedrückt den Armen beständig
(vgl. Spr 14,20;18,23;19,7;22,7 ). Das hebr. Wort für arm lautet an dieser
Stelle dal , "schwach, hilflos" und wird in Spr
19,4.17;21,13;22,16;28,3.8.11.15;29,7.14 mit "arm" oder "hilflos" wiedergegeben.
In den Sprüchen werden noch mehrere andere Worte für "arm" und "Armut"
gebraucht.
Der Begriff Lohn (oder Erwerb; Spr 10,16 ) bezieht
sich nicht auf Geld, sondern auf das, was aus einem gerechten Lebenswandel
hervorgeht. Das Ergebnis davon ist ein erfülltes Leben (vgl. Spr
3,18.21-22;4,4;7,2 a). Aber der Gottlose erntet Unglück ( Gal 6,7 ).
Spr 10,17
Der Begriff Leben verbindet Vers 16 und Vers 17
miteinander. Ein Mensch, der aus der Zucht lernt, ist ein Beispiel für ein
sinnvolles Leben für andere, wohingegen die, die sich weigern, Zucht anzunehmen,
andere noch vom Weg abbringen. Der Lebenswandel eines Menschen beeinflußt nicht
nur die eigene Person, sondern auch andere Menschen, und zwar entweder zum Guten
oder zum Schlechten.
Spr 10,18
Jeder einzelne der Verse 18-21 bezieht sich in
irgendeiner Weise auf das Reden. Das Thema des Hasses wurde bereits in Vers 12
eingeführt, und in Vers 18 wird zu diesem Thema ein anderer Gedanke hinzugefügt.
Wenn ein Mensch einen anderen haßt, das aber nicht zeigen möchte, dann muß er
häufig zur Lüge greifen. Haß führt zur Verleumdung dessen, den man verachtet.
Die zweite Zeile in Vers 18 beginnt mit und , anstatt mit "aber", um deutlich zu
machen, daß Haß und Verleumdung sich nicht widersprechen. Die Lüge und die
Verleumdung, die aus dem Haß erwachsen, kennzeichnen den Toren.
Spr 10,19
Dauerndes Reden führt schließlich zur Sünde und bringt
einen Menschen in Schwierigkeiten (vgl. V. 8.10 ; vgl. auch Jak 3,2-8 ). Das ist
ganz offensichtlich Torheit, denn wer schweigen kann, der ist weise (vgl. Spr
11,12 ).
Spr 10,20
Im Gegensatz zu dem herabsetzenden Geschwätz des
Gottlosen (Lüge, Verleumdung und Geplapper, V. 18-19 ) wirken die Worte ( Zunge
) des Gerechten aufrichtend und werden deshalb wie kostbares Silber geschätzt.
Bei den Gottlosen haben noch nicht einmal ihre Gedanken ( Herz ) Wert,
geschweige denn ihre Worte!
Spr 10,21
Das Wort "Zunge" verbindet
Vers 19 und Vers 20 miteinander, das Wort Lippen Vers 21 mit Vers 18 , und das
Wort der Gerechte verbindet Vers 20 mit Vers 21 . Einer der Gründe dafür, daß
die Worte des Gerechten wertvoll sind (V. 20 ), liegt darin, daß sie anderen
geistliche Nahrung geben. Der Tod widerfährt denen, die Toren sind (�Ԥew¯l; vgl.
V. 8 und den Kommentar zu Spr 1,7 ), denn ihnen fehlt die Erkenntnis (vgl. Spr
6,32;7,7;9,4.16;10,13;11,12;12,11;15,21;24,30;28,16 ). Weil sich der erste Teil
von Spr 10,21 auf das Reden bezieht, meint der zweite Teil möglicherweise, daß
den Toren die Einsicht für das fehlt, was sie von sich geben. Dieses üble Reden
gibt noch nicht einmal ihnen selbst Nahrung; sie bleiben geistlich unterernährt
und verhungern.
Spr 10,22
Nach dem Wort "Herr" wird im Hebr. noch ein "der" zur
Betonung hinzugefügt. So lautet denn die erste Zeile: D er Segen des HERRN, der
gibt Reichtum . Die zweite Zeile bestätigt noch einmal, daß mit dem Reichtum,
den der Herr (dem Gerechten und Fleißigen) schenkt, kein Abmühen verbunden ist
wie bei dem unlauter erworbenen Gut (vgl. V. 2 ).
Spr 10,23
Der überwiegende Teil von Vers 23-32 stellt den
Gerechten und den Gottlosen einander gegenüber. Der Tor ( k+sIl , ein Narr; vgl.
den Kommentar zu Spr 1,7 ) freut sich, wenn er eine Sünde begeht, wohingegen der
Weise sich für die Weisheit entscheidet. Dieser Gegensatz zwischen einem
gottlosen Wandel und der Weisheit macht deutlich, daß die Weisheit, von der die
Bibel spricht, den ethischen Bereich betrifft.
Spr 10,24-25
In den Sprüchen wird immer wieder das Unglück
geschildert, das über den Gottlosen hereinbricht, und es wird dargestellt,
wieviel besser es dem Gerechten geht. Salomo möchte auf diesem Wege den
Einfältigen und Unwissenden davon überzeugen, daß er die Früchte der Weisheit
auf lange Sicht bedenken sollte und nicht die Augenblicks-Erfolge. Viele
Gottlose fürchten sich vor einem Unglück, und es bricht auch tatsächlich über
sie herein! Der Gerechte bekommt auch häufig das, was er sich wünscht, nämlich
den Segen Gottes. Gott ist letztlich die Quelle beider Dinge. Ein Sturm kann
plötzlich hereinbrechen und für den Gottlosen eine Katastrophe mit sich bringen,
indem er sein Leben auslöscht und seinen Besitz vernichtet (vgl. Spr
1,27;6,15;29,1 ), aber der Gerechte ist fester gegründet (vgl. Spr 10,9.30;12,3
).
Spr 10,26
So wie Essig (aus Wein hergestellt) sauer schmeckt und
Rauch die Augen reizt, so reizt der Faule (vgl. den Kommentar zu Spr 6,6-11 )
die, die ihn zur Arbeit oder auf einen Botengang senden, denn er erfüllt seine
Pflicht nicht.
Spr 10,27-30
Diese Verse nennen mehrere Segnungen, die dem
Gerechten zuteil werden: langes Leben, Freude und Sicherheit. Normalerweise
besitzt der Gottlose keines dieser Dinge, wenn man sie aus der Perspektive der
Ewigkeit betrachtet. Das lange Leben des Gerechten und die kurze Lebensspanne
des Gottlosen werden in den Sprüchen häufig thematisiert ( Spr
3,2.16;4,10;9,11;14,27;15,24 ). Zur Furcht des HERRN vgl. den Kommentar zu Spr
1,7 (vgl. auch Spr
2,5;3,7;8,13;9,10;14,26-27;15,16.33;16,6;19,23;22,4;23,17;24,21 ). Freude
erleben die, die den Herrn fürchten, aber das Verlangen der Gottlosen nach
Freude wird nicht gestillt (vgl. Spr 10,24;11,7 ). Wenn der Gerechte auf dem Weg
des HERRN wandelt, d. h. ein Leben nach Gottes Maßstäben führt, dann hat er eine
Zuflucht (vgl. Ps 31,2.4; Nah 1,7 ). Er wohnt sicher im Land (vgl. Spr 10,9.25
), nicht so jedoch der Gottlose (vgl. Spr 2,21-22 ).
Spr 10,31-32
Diese beiden Verse behandeln wiederum das Reden eines
Menschen (vgl. V. 11-14.18-21 ). Der Gerechte redet weise (vgl. V. 11 ). Der
Ausdruck bringt hervor heißt wörtlich "trägt Früchte". So wie ein Baum
normalerweise Früchte trägt, so sind weise Worte das natürliche Ergebnis der
Aufrichtigkeit (vgl. Lk 6,43-45 ). Daher sind sie dann auch passend oder
angemessen (vgl. den Kommentar zu Spr 10,14 ). Verkehrt , ein Begriff, der
sowohl in Vers 31 als auch in Vers 32 gebraucht wird, bezeichnet das, was vom
Normalen abweicht (vgl. Spr 2,12 ).
Spr 11,1
Der Herr haßt falsche Waagschalen (wörtl. "Gewichte
des Betruges"), aber er freut sich über richtige Gewichte (wörtl. "vollkommene
Steine"). Unehrlichkeit bei Geschäften wurde verurteilt, Ehrlichkeit empfohlen
(vgl. Spr 16,11;20,10.23; 3Mo 19,35-36; 5Mo 25,13-16; Mi 6,10-11; vgl. auch Am
8,5 ). Um ihren Gewinn zu erhöhen, gebrauchten viele Händler zwei Sätze ihrer
Steingewichte, wenn sie ihre Waren abwogen. Die leichteren Steine wurden auf die
Schalen gelegt, wenn sie etwas verkauften (so daß sie für den festgesetzten
Preis weniger Ware abgaben), und die schwereren Steine wurden genommen, wenn sie
etwas einkauften (so daß sie für denselben Preis mehr Ware erhielten). Wo keine
Münzen in Gebrauch sind, werden Waagschalen für die meisten täglichen Geschäfte
verwendet. Wenn hier von "dem Herrn" gesprochen wird, so wird damit der
Zusammenhang zwischen Geschäften und dem geistlichen Bereich dargestellt.
Spr 11,2
Dieser Vers enthält eine interessante Wortkombination.
Stolz führt zu Schande, also dem Gegenteil von Stolz, und Demut (dieses hebr.
Nomen wird nur an dieser Stelle gebraucht; die Verbalform des Wortes wird nur in
Mi 6,8 gebraucht, "in Demut wandeln"), womit eine bescheidene Haltung gegen Gott
und Menschen gemeint ist, führt zu Weisheit oder geht mit der Weisheit Hand in
Hand. Spr 13,10 stellt ebenfalls Stolz und Weisheit einander gegenüber. Der
Begriff für "Stolz" ( zADNn , "Hochmut"; vgl. Spr 13,10 ) kommt von dem Verb zID
, "aufkochen" (vgl. 1Mo 25,29 ) und ähnelt dem hebr. Wort für Schande ( qAlNn )
im Klang.
Spr 11,3
Vers 3-8 behandeln den Wert der Gerechtigkeit bei der
Führung eines Menschen und beim Schutz vor Unglück. Rechtschaffenheit (wird auch
mit "lauter" übersetzt; vgl. Hi 1,1; Spr 11,20 ) bezieht sich auf das ethische
Verhalten eines Menschen, der in dieser Hinsicht ein einwandfreies Leben führt.
Wer rechtschaffen lebt, den leitet sie wie ein Hirte. Falschheit ist der
Gegensatz dazu. Das Nomen seleP wird nur an dieser Stelle und in Spr 15,4
gebraucht ("betrügerisch"); das verwandte Verb sAlaP bedeutet "verkehren,
umstoßen". Es wird in Spr 13,6 und Spr 22,12 mit "zu Fall bringen" übersetzt.
Spr 11,4
Die Wendung der Tag des Zorns (vgl. "Zorn" in V. 23 )
bezieht sich möglicherweise auf den Tod. Mit Reichtum kann man sich kein langes
Leben kaufen; nur Gerechtigkeit kann dazu verhelfen (vgl. Spr 10,2 b). In Spr
10,27 steht, daß die Furcht des Herrn mit zu einem langen Leben beiträgt.
Spr 11,5
Wer gerecht lebt, der geht einen geraden Weg (vgl. Spr
3,5-6 ) und erfährt weniger Hindernisse und Schwierigkeiten (vgl. Spr 11,8 ),
aber Gottlosigkeit bringt zu Fall.
Spr 11,6
Ein weiteres Ergebnis eines in Gerechtigkeit geführten
Lebens ist Rettung und das Entkommen aus Unglück (vgl. den Kommentar zu V. 5 )
und Tod (V. 4 ). Aber sogar die bösen Wünsche des Treulosen (wörtl.
"verräterisch, trügerisch") bringen ihn in Schwierigkeiten (vgl. V. 3 ). Er wird
gefangen ( Spr 1,17-18;6,2;7,22-23;12,13 ), denn seine Wünsche führen ihn in die
Sünde.
Spr 11,7
Der Tod macht den Hoffnungen des Gottlosen ein Ende.
Weder sein Reichtum (V. 4 ) noch seine Macht kann den Tod abwenden.
Offensichtlich ist es vergeblich, die Gerechtigkeit hintan zu stellen, um Macht
zu erlangen.
Spr 11,8
Wie bereits in den Versen 3.5-6 festgestellt wurde,
wendet ein in Gerechtigkeit geführtes Leben Unheil ab (vgl. Spr 12,13 ). Im Buch
Ester fiel das Unheil, das Haman über Mardochai bringen wollte, auf Haman selbst
zurück ( Est 3-7 ).
Spr 11,9
Die Verse 9-15 reden von den Beziehungen zwischen den
Menschen: vom Nächsten (V. 9.12 ), der Stadt (V. 10-11 ), dem Geschwätz (V. 13
), ungünstigen Umständen für ein ganzes Volk (V. 14 ) und einem Bürgen (V. 15 ).
Ein Gottesfürchtiger kann einen anderen Menschen nur durch das, was er sagt,
verleumden (vgl. den Kommentar zu Spr 10,18-19 a). Das hebr. Wort für
gottesfürchtig lautet HAnEP , "weltlich, gottlos". Das Verb HAnaP wird mit
"verunreinigt, befleckt" übersetzt (vgl. Jer 3,1; 4Mo 35,33; Ps 106,38 ). Dem
weltlich gesinnten Menschen, der sich nicht darum kümmert, was er sagt, wird der
Gerechte gegenübergestellt, der durch Einsicht entkommen kann. Vielleicht ist
damit gemeint, er entgehe der durch Verleumdung entstehenden Kränkung entweder
weil er weiß, daß sie nicht zutrifft, oder weil er sich von Gottlosen
fernzuhalten versteht.
Spr 11,10-11
Diese Verse sprechen von dem Guten, das dem Gerechten
auch im öffentlichen Leben widerfahren kann. Die Bewohner einer Stadt finden
Gefallen an dem Wohlergehen des Gerechten und erfreuen sich daran wie auch an
Gottes Segen über die aufrichtigen Bewohner der Stadt, denn durch sie kommt eine
Stadt hoch . Damit ist gemeint, daß solche Leute das wirtschaftliche und
moralische Leben einer Stadt in positiver Weise mitprägen (vgl. Jer 22,2-5 ).
Umgekehrt freuen sich die Bewohner einer Stadt, wenn die Gottlosen - die lügen,
verleumden, betrügen, rauben und morden - sterben (vgl. Spr 28,12.28 ), denn
dann herrscht in der Stadt größere Sicherheit. Die Worte der Gottlosen ( Mund;
vgl. Spr 11,9 ) - um gar nicht von ihren Taten zu reden! - können eine Stadt
wirtschaftlich und moralisch zerstören.
Spr 11,12-13
Bei diesen Beziehungen in der Gemeinde ( V. 9-15 )
wird über das rechte und falsche Reden mehrere Male gesprochen (in Vers 9.11-13
). Wer seinen Nächsten (vgl. Spr 14,21 ) verhöhnt ( bUz , "verachten,
herabsetzen"; vgl. den Kommentar zu bUz bei Spr 1,7 b), dem mangelt es an
Einsicht (vgl. den Kommentar zu Spr 6,32;10,13 ). Es ist einfach unsinnig, wenn
jemand seinen Nächsten, mit dem er zusammen lebt oder arbeitet, verleumdet (vgl.
Spr 10,18 ). Da daraus Entzweiung und Streit folgen, ist es weise, sich still zu
verhalten (seine Zunge zu bewahren; vgl. Spr 10,19 ), auch wenn man etwas
Unerfreuliches über seinen Nächsten weiß. Wer ein Geheimnis ausplaudert, der
mißbraucht Vertrauen (das wird auch in Spr 20,19 festgestellt). Geschwätz wird
auch in Spr 16,28;18,8;26,20.22 verurteilt.
Spr 11,14
Das Wort Führung ( taHbVlNT ; der Begriff wird auch in
Spr 1,5 gebraucht) ist ein Begriff aus der Seefahrt, der für das Steuern eines
Schiffes verwendet wird. Das "Steuern" oder der Rat der Ratgeber kann hilfreich
sein (vgl. Spr 15,22;20,18;24,6 ). Ein Weiser ist für die Meinungen und den Rat
anderer stets offen. Ohne diesen Rat hätte er unter Umständen schlimme Fehler
gemacht.
Spr 11,15
Wer für einen anderen Bürge wird, der erlebt große
Schwierigkeiten (vgl. den Kommentar zu Spr 6,1-5; vgl. Spr 17,18;22,26-27 ).
Spr 11,16
Die meisten der Verse in Spr 11,16-31 beziehen sich in
irgendeiner Weise auf den Nutzen oder die Vorteile eines gerechten und frommen
Lebenswandels. Vers 16 stellt das Ansehen oder die Ehre einer gütigen ( HEn ,
"gütig, anmutig") Frau (vgl. zu einem gütigen Mann V. 17 ) dem Reichtum
gegenüber, den Unbarmherzige erlangt haben. Frauen mit vorbildlichem Charakter
werden ferner in Spr 12,4;14,1;19,14;31,10-31 erwähnt. Es wird deutlich, daß der
Wert des Reichtums weit unter dem der Ehre liegt (die Probleme, die mit dem
Reichtum im Zusammenhang stehen, werden in Spr 1,19;10,2;11,4 erwähnt). Der
Begriff "unbarmherzig" ( ZArIQ ) meint einen Menschen, der mit seiner
Schlechtigkeit Schrecken verbreitet. Daher genießt er keine Ehre oder Ansehen
und findet auch keinen Frieden.
Spr 11,17
Verse 17-21 stellen alle die Resultate eines gottlosen
und eines gerechten Lebenswandels gegenüber.Der Barmherzige ( HeseD wird mit
barmherzig übersetzt) und der Herzlose werden einander gegenübergestellt.
Barmherzigkeit beschenkt den Geber (denn er erhält vom Empfänger wiederum
Freundlichkeit), und Herzlosigkeit fällt wiederum auf den Herzlosen zurück, und
damit ist der Herzlose und der, der die Herzlosigkeit zu spüren bekommt,
getroffen (vgl. Spr 13,20 ).
Spr 11,18
Sogar der Lohn, den ein Sünder verdient, ist
betrügerisch, das heißt, der Sünder ist der Meinung, daß ihm sein Geld helfen
wird, voranzukommen, aber er merkt, daß es letztendlich keinen Wert hat (V. 4 ).
Auf der anderen Seite hat ein Mensch durch das Säen von Gerechtigkeit und ein in
Gerechtigkeit geführtes Leben großen Gewinn, der nicht nur von kurzer Dauer ist.
"Betrügerisch" lautet im Hebr. SAqer , und Gewinn ist das ganz ähnlich klingende
ReKer . Es sind hier also eine Alliteration und eine Assonanz (ein vokalischer
Gleichklang) beabsichtigt, die die Aufmerksamkeit auf diese Worte lenken.
Spr 11,19
Wer sein Leben in Gerechtigkeit führt, erhält das
Leben (vgl. Spr 12,28 ), und auf Gottlosigkeit folgt der Tod . Das ist ein
häufiges Thema in den Sprüchen. Der Sünder erfährt Verderben ( Spr 11,17 ), er
erlangt wertloses Geld (V. 18 ), und letztendlich muß er sterben (V. 19 ).
Spr 11,20
Wir erfahren in den Sprüchen, daß der Herr viele
verschiedene sündhafte Einstellungen und Taten haßt: Verkehrte ( ZiqqES ,
verdreht oder verkehrt; vgl. den Kommentar zu Spr 2,15 ) Wege ( Spr 3,32;11,20
), die Lüge ( Spr 12,22 ), die Heuchelei ( Spr 15,8 ), einen gottlosen
Lebenswandel ( Spr 15,9 ), gottlose Gedanken ( Spr 15,26 ), Stolz ( Spr 16,5 ),
Ungerechtigkeit ( Spr 17,15 ) und Unehrlichkeit beim Geschäftemachen ( Spr
20,10.23; vgl. ferner Spr 6,16-19 ). Auf der anderen Seite freut sich der Herr
über die, die ethisch untadelig leben (untadelig; vgl. Spr 11,3 ) und wahrhaftig
sind ( Spr 12,22 ).
Spr 11,21
Sei gewiß ist eine Wiedergabe der idiomatischen
Wendung "Hand darauf" (vgl. auch Spr 16,5 b). Damit mag ein Handschlag bei einer
Vereinbarung, z. B. bei einem Geschäftsabschluß, gemeint sein. Sicher ist
jedoch, daß der Sünder Strafe leiden wird, der Gerechte jedoch nicht.
Spr 11,22
Die israelitischen Frauen trugen zur Zierde
Nasenringe, wie wir heutzutage Ohrringe und Fingerringe. Wie widersinnig war die
Annahme, daß ein Nasenring ein Schwein wirklich schön macht, ein Tier, das
ständig schmutzig ist! Es ist ebenso widersinnig, wenn man annimmt, daß die
äußerliche Schönheit einer Frau eine Entschuldigung für ihren Mangel an Einsicht
(in moralischer Hinsicht) ist. Dieser Vers klingt ungewöhnlich, weil er eine
schöne Frau mit einem widerlichen Schwein vergleicht. Äußerliche weibliche
Schönheit zusammen mit einem unvernünftigen Lebenswandel ist wertlos und
moralisch widerlich. Dies ist der erste Vers in den Sprüchen, in dem das Wort
wie vorkommt, um einen Vergleich anzustellen. Das ist ein symbolischer
Parallelismus.
Spr 11,23
Wonach sich der Gerechte sehnt (vgl. Spr 10,24;13,4 ),
hat ein gutes Ende (oder "das ist gut"). Im Gegensatz dazu endet das, worauf der
Gottlose hofft (vgl. Spr 10,28 b; 11,7 ), im (oder "ist") Zorn (vgl. Spr 11,4 ).
Damit ist entweder gemeint, daß der Zorn Gottes über die Gottlosen kommt und
ihre Wünsche zunichte macht oder daß sich die Gottlosen nur deshalb etwas
wünschen, um ihrem Zorn Luft zu machen.
Spr 11,24-26
Diese Verse sind eine Ermutigung zur Großzügigkeit.
Wer gerne gibt, der hat viel, ein offensichtliches Paradoxon (vgl. 2Kor 9,6 ).
Umgekehrt hat ein Mensch, der geizig ist und versäumt, den anderen in ihren
offensichtlichen Bedürfnissen beizustehen, immer selbst zu wenig (vgl. Spr 28,22
). Wenn ein Mensch freigiebig ist ( Spr 11,25 ), geht es ihm gut, und er
empfängt seinerseits Hilfe (vgl. V. 17 ). Getreide (V. 26 ) war in einer
Agrargesellschaft ein Haupttauschmittel; wer Getreide aufhäufte, der konnte
großen Einfluß auf die Preise nehmen. Aber wer sein Getreide verkaufte und es
nicht aufhäufte, der war für andere ein Segen.
Spr 11,27-28
Wenn ein Mensch auf das Gute in anderen und für andere
Menschen aus ist ( SAHar wird mit "suchen" oder "streben" übersetzt und meint
das eifrige Ausschauen nach etwas, wie z. B. nach der Morgenröte), wird ihm
seinerseits von den anderen Wohlgefallen zuteil ( rAQNn , "Annahme,
Anerkennung"; vgl. den Kommentar zu Spr 8,35;14,9 ). Die beiden Dinge stehen in
Wechselbeziehung wie in Spr 11,17 a.25. Wenn ein Mensch danach strebt, Böses
über andere zu bringen, wird er erfahren, daß das Böse auf ihn selbst
zurückfällt (vgl. Spr 11,17 b). Es ist nicht verkehrt, Geld zu haben, aber es
ist falsch, darauf zu vertrauen (vgl. 1Tim 6,9-10 ), denn das Geld und der, der
es besitzt, sind vergänglich (vgl. Ps 62,10; Spr 23,5;27,24; Jak 1,11 ). Aber
der Gerechte, der auf den Herrn vertraut, sprießt empor wie ein grünes Blatt
(vgl. den Baum in Spr 11,30 und in Ps 1,3-4;92,13-16; Jer 17,7-8 ).
Spr 11,29
Wenn ein Mensch Unglück über die Mitglieder einer
Familie bringt, bedeutet das, daß er von dem Besitz enterbt werden wird; er wird
nur Wind oder gar nichts bekommen. Statt reich zu werden und Diener zu haben,
wird solch ein Tor selbst zum Knecht!
Spr 11,30
Als Endergebnis ( Frucht ) einer gerechten
Lebensführung wird ein Mensch ein Baum des Lebens (vgl. Spr 3,18;13,12;15,4 ),
eine Quelle eines erfüllten Lebens für andere (vgl. das Blatt in Spr 11,28 ).
Das steht zu dem Toren in Gegensatz, der seiner Familie Kummer macht ( Spr 11,29
). Die Wendung gewinnt Seelen in Vers 30 meint nicht, daß ein Mensch hier Seelen
gewinnt, indem er evangelisiert. "Gewinnen" bedeutet wörtlich "anziehen oder
nehmen". Es könnte also damit gemeint sein, daß ein Gerechter andere auf die
Weisheit hinlenkt. Das paßt zu dem Gedanken im ersten Teil des Verses: ein Baum
schenkt anderen mit seinen Früchten Leben.
Spr 11,31
Wenn der Gerechte in diesem Leben ( auf der Erde )
bestraft wird, wenn er eine Sünde tut, dann aber sicher erst recht ( wieviel
mehr) der, der sich der Sünde und dem Bösen verschrieben hat (vgl. V. 21 ). Der
erste Teil des Verses kann auch bedeuten, daß der Gerechte in seinem Leben Segen
erfährt. "Wieviel mehr" steht auch in Spr 15,11;19,7;21,17; vgl. auch Spr
17,7;19,10 . Vers 31 von Kapitel 11 ist eine Zusammenfassung von Vers 29-30 .
Spr 12,1
Wer Zucht ( mUsAr , "Zucht oder Zurechtweisung auf
moralischem Gebiet"; vgl. Spr 1,2.7; Spr 10,17 ) liebt (d. h. sie freiwillig und
gerne annimmt oder nach ihr verlangt), der zeigt, daß er Erkenntnis liebt (nach
ihr verlangt). Er möchte den rechten Weg gehen, er möchte weise sein. Wer
Zurechtweisung haßt (ablehnt und verachtet), der zeigt, daß er dumm ist ( baZar
, "unvernünftig oder stumpfsinnig" wie ein Tier; vgl. auch Spr 30,2 ). Ähnliche
Gedanken werden in Spr 12,15;13,1.13.18;15,5.10.12.31-32 geäußert.
Spr 12,2
In den Sprüchen werden viele verschiedene Ausdrücke
gebraucht, um den Gerechten und den Weisen zu beschreiben. So finden wir z. B.
aufrichtig ( Spr 11,3.11 ), untadelig ( Spr 11,5 ), verständig ( Spr 11,12 ),
vertrauenswürdig ( Spr 11,13 ), gütig ( Spr 11,17 ), großzügig ( Spr 11,25 ),
klug ( Spr 12,16.23 ) und wahrhaftig (V. 22 ). In Vers 2 wird gut als weiteres
Kennzeichen genannt. Solch ein Mensch wird mit Gottes Wohlgefallen (" rAQNn ";
vgl. den Kommentar zu Spr 8,35 ) gesegnet. Aber ein Heimtückischer (vgl. Spr
14,17 ) oder Hinterlistiger erlangt nicht nur kein Wohlgefallen bei Gott,
sondern er wird auch noch von Gott verurteilt ("für schuldig erklärt"; vgl. 2Mo
22,9 ).
Spr 12,3
Die Israeliten maßen dem Umstand, wie sicher sie in
ihrem Land wohnen konnten, große Bedeutung zu. Aber nicht jedermann erlebte das
(vgl. V. 7 ; Spr 10,25 ). Ein Gottloser kann entwurzelt werden wie eine Pflanze,
die mit den Wurzeln ausgerissen wird. Damit wird das Exil oder der Tod
beschrieben.
Spr 12,4
Eine Frau von edlem Charakter (vgl. Spr 31,10; Rt 3,11
) ist wie eine Krone auf dem Haupt ihres Mannes. Das heißt, daß die Stärke in
ihrem Charakter ( Hayil heißt wörtlich "Stärke") ihren Ehemann stolz macht und
ihn ehrt. Sie schenkt ihm Würde. Im Gegensatz dazu läßt eine schändliche Frau
(eine Frau, die nicht edel oder in moralischer Hinsicht gefestigt ist) seine
Gebeine verderben (vgl. den Kommentar zu Spr 3,8 ); ihre Schande verursacht bei
ihm innerlichen Schmerz.
Spr 12,5
Die Verse 5-9 stellen den Gerechten und den Gottlosen
einander gegenüber. Der Gerechte hegt für sich und andere Menschen Pläne oder
Wünsche, die aufrichtig und ehrlich sind, aber der Gottlose rät anderen,
verderbliche Wege zu gehen. Er gibt ihnen unlautere und eigennützige Ratschläge
(vgl. V. 8 ). Die Gedanken und Worte eines Menschen stimmen gewöhnlich mit
seinem Charakter überein.
Spr 12,6
Die Gottlosen sind darauf aus, andere Menschen durch
ihre betrügerischen Ratschläge zu verderben, wie aus Vers 5 hervorgeht. Die
Aufrichtigen versuchen, sie, die Opfer der Schwätzer und Verleumder, zu
erretten.
Spr 12,7
Wenn der Gottlose versucht, andere zu Fall zu bringen
(V. 6 ), dann wird er selbst im Tod zu Fall gebracht (vgl. Spr 1,18 ). Er
verheddert sich in seiner eigenen Falle. Er ist nicht mehr; er hat aufgehört zu
existieren. Aber das Haus (die Familie) eines Gerechten bleibt sicher stehen
(vgl. Spr 12,3;14,11 ).
Spr 12,8
Die Einstellung der Menschen zu den Gerechten und den
Gottlosen werden einander gegenübergestellt: dem Weisen gebührt das Lob ( REKel
ist hier der Begriff für Weisheit
"Klugheit oder gesundes Urteilsvermögen"; vgl. Spr 1,3
), und Haß gebührt jenen, die einen verkehrten Sinn haben. "Verkehrt" ( ZAwCh )
ist eines der vielen Worte in den Sprüchen für "verkehrt, verdreht". Das Denken
dieser Menschen ist verdreht.
Spr 12,9
Die Verse 9-11 gehen auf den häuslichen Bereich ein.
Mit den Worten besser als wird anstelle des Wortes "aber" ein Gegensatz
dargestellt. Dies ist der erste der 19 Verse in den Sprüchen, die das Muster
"besser als" aufweisen (vgl. V. 9 ; Spr
15,16-17;16,8.16.19.32;17,1.12;19,1.22;21,9.19;22,1;25,7.24;27,5.10;28,6 ).
Es ist besser, unbekannt zu sein ( niemand zu sein
oder so tun, als ob man niemand sei) und dennoch eine ehrenvolle Position
innezuhaben (in der Lage zu sein, einen Knecht zu haben), als damit anzugeben,
jemand zu sein und dennoch Hunger zu leiden (vgl. Spr 13,7 ). Wofür ist so eine
Behauptung gut, wenn ein Mensch nichts zu essen hat?
Spr 12,10
Ein Gerechter kümmert sich nicht nur um seine eigene
Person und seine Familie. Seine Güte erstreckt sich auch auf seine Tiere (seine
Haustiere und sein Vieh). Er kümmert sich um die Bedürfnisse seiner Tiere heißt
wörtlich "er kennt die Seele seiner Tiere". Er weiß um die Bedürfnisse seiner
Tiere (vgl. Spr 27,23 ). Im Gegensatz dazu ist der Sünder wirklich grausam . Er
weiß seine Herden nicht gut zu behandeln.
Spr 12,11
Wer sein Land mit Sorgfalt bebaut, der hat viel zu
essen (vgl. Spr 28,19 a; vgl. auch Spr 14,23 ). Aber wer im Geiste oder mit dem
Körper nichtigen Dingen (wertlosen, nichtigen Dingen) nachjagt (damit ist ein
wirklich wildes Hinterherjagen gemeint), der kommt nicht dazu, sein Land zu
bebauen, und es mangelt ihm daher an Nahrung (vgl. Spr 28,19 b). Wer die eigene
Arbeit vernachlässigt und über andere Dinge nachdenkt, der zeigt seinen Mangel
an Einsicht (vgl. den Kommentar zu Spr 6,23;10,13 ).
Spr 12,12
Was die Gottlosen auf betrügerische Weise erlangen,
danach sehnen sich auch andere Gottlose. Fang bedeutet wörtlich "Netz" und
bezieht sich auf die Dinge, die in dem Netz gefangen werden. Im Gegensatz zu der
Vergänglichkeit der Dinge, die die Gottlosen rauben (vgl. Spr 1,19;10,2-3;11,4-5
), ist es die Wurzel des Gerechten, die aufsprießt . Der Gerechte ist einer
Pflanze gleich, deren sicher verankerte Wurzel (vgl. Spr 10,30 ) dafür sorgt,
daß die Pflanze grün ist (vgl. Spr 11,28 ) und Früchte trägt (vgl. Spr 11,30 ).
Spr 12,13
Die Verse 13-20.22-23 beziehen sich alle in
irgendeiner Weise auf das rechte und das falsche Reden (vgl. Spr
10,11-14.18-21.31-32;11,9.11-13 ). Das Gefangensein in einer Falle ist in den
Sprüchen ein häufig gebrauchtes Bild (vgl. den Kommentar zu Spr 11,6 ). Der
Gerechte, der gerechte Worte spricht, gerät daher nicht wie der Gottlose durch
das in Schwierigkeiten, was er spricht. Er entkommt dem Unglück (vgl Spr
11,8.21;12,21 ).
Spr 12,14
Die Frucht der Lippen sind die Worte eines Menschen
(vgl. Spr 13,2 ). Sein Reden bringt ihm und anderen Gutes ein (bringt ihm selbst
Nutzen oder Gewinn; vgl. Spr 11,17 ). Diese Art von Gewinn ist so groß wie die
Ergebnisse aus der manuellen Arbeit, auch wenn das vielleicht weniger
offensichtlich ist.
Spr 12,15-16
Zwei Kennzeichen eines Toren und eines Weisen werden
in diesen Versen genannt: Der Tor ( ?MwIl , "ein verhärteter, dummer Tor") hält
seinen Weg für recht (vgl. Spr 21,2 ), woraus klar wird, warum er keine Weisung
annimmt (vgl. Spr 1,7 ); wenn er sich ärgert (etwa über eine Beleidigung), dann
zeigt er das sofort. Der Weise (klug; vgl. den Kommentar zu Spr 12,23 ) ist im
Gegensatz dazu offen für Rat (vgl. Spr 10,17;11,14;12,1 ), und er ärgert sich
nicht über eine Beleidigung. Der Begriff überhören bedeutet nicht, daß er die
Schmähung nicht hörte, sondern daß er seine Reaktion unter Kontrolle hält oder
daß er vergibt. Das gleiche Wort ( kAsCh ) wird in Spr 10,12 mit "bedeckt"
wiedergegeben; "Beleidigung" (Luther: "Schmähung") in Spr 11,2 mit "Schande".
Spr 12,17
Das richtige Reden des Gerechten erlebt man auch, wenn
er vor Gericht ehrliche Aussagen macht, aber ein Ungerechter spricht vor Gericht
vorsätzlich Lügen aus (vgl. Spr 6,17.19;14,5.25;19,5.9;21,28 ).
Spr 12,18-19
Leichtsinnig ausgesprochene Worte, die vielleicht gar
nicht verletzen sollten, können trotzdem sehr verletzend sein und wie ein
Schwert durchbohren. Sie sind nicht richtig überdacht worden. Wer hätte nicht
schon einmal etwas Unbedachtes gesagt und dann gemerkt, daß seine leichtsinnig
ausgesprochenen Worte eine schlimme Wirkung hatten? Die Worte des Weisen können
jedoch gerade das Gegenteil bewirken; sie können heilen (vgl. Spr 15,4 ),
anstatt zu verletzen. Die Wirkung freundlicher (vgl. Spr 12,25 ), ermutigender
und wahrhaftiger Worte bleibt bestehen, nicht so jedoch Falschheit und Lüge. Nur
einen Augenblick ist ein Idiom, das wörtlich "ein Augenzwinkern" heißt (vgl. Hi
20,5 ).
Spr 12,20
Wie in den Sprüchen oft festgestellt wird, wird der
Gottlose vom Trug gekennzeichnet (V. 5 ; Spr 6,14;11,18;14,8;15,4;26,19.24.26 ),
aber Freude erleben die Menschen, die für andere Menschen den Frieden ( SAlNm )
herbeisehnen und sich dafür einsetzen. Zu dem Begriff Anschlag oder Plan vgl.
den Kommentar zu Spr 3,29 .
Spr 12,21
Den Gerechten wird nicht nur Freude zuteil (V. 20 ),
sondern auch Schutz. Im Gegensatz dazu erleben die Gottlosen Unglück (vgl. Spr
11,8.21; Ps 32,10 ).
Spr 12,22
Noch einmal wird das Thema der Lüge aufgegriffen (vgl.
V. 17.19 ; Spr 21,6; 26,28 ); der Herr haßt die Lüge, denn sie steht seinen
Maßstäben von Wahrheit ganz direkt entgegen (vgl. Ps 31,19 ). (Vgl. den
Kommentar zu Spr 11,20 zu den anderen Dingen, die dem Herrn ein Greuel sind.)
Statt dessen wird die Wahrhaftigkeit gerühmt (vgl. Spr 12,17.19;14,5.25 ), denn
sie leistet der Gerechtigkeit Vorschub.
Spr 12,23
Ein kluger Mann ist nicht bestrebt, seine Klugheit
auch zu zeigen; er ist nicht wie der Tor, der seine Torheit hinausschreit. ZArUm
, "scharfsinnig" im guten Sinne, wird mit "klug" wiedergegeben. Dieser Begriff
wird nur noch im Buch Hiob ( Spr 5,12;15,5 ) und in den Sprüchen verwendet ( Spr
12,16.23;13,16;14,8.15.18;22,3;27,12 ).
Spr 12,24
Fleiß und Faulheit werden hier wie auch in Vers 27 ,
in Spr 10,4 und in Spr 13,4 einander gegenübergestellt (vgl. auch Spr 12,11 ).
Die Aussage, daß der Fleißige herrschen wird , bedeutet wohl nicht, daß er
Herrscher werden wird, sondern daß ihm in allen möglichen Situationen die
Verantwortung übertragen wird. Faulheit kann auf der anderen Seite einen
Menschen in die Sklaverei führen oder in ein Dienstverhältnis bringen (vgl. Spr
11,29 ), in dem er dann härter arbeiten muß.
Spr 12,25
Wie heute auf dem Gebiet der Medizin und Psychologie
wohlbekannt ist, kann Kummer einen Menschen niederdrücken (wörtl.: "einen
Menschen niederbeugen" oder ihn entmutigen). Ein freundliches Wort kann einen
niedergedrückten, bekümmerten Menschen jedoch wieder aufrichten und ihn erfreuen
(vgl. V. 18 ).
Spr 12,26
Der Gerechte nimmt sich nicht jeden zum Freund; er
wählt seine Freunde sorgfältig aus. Die Wendung ist vorsichtig kann mit "sucht
aus" (vgl. 5Mo 1,33 ) oder mit "untersucht, erforscht" (vgl. Pred 7,25 )
übersetzt werden. Der Gottlose aber sorgt sich nicht darum, wer sein Freund
wird. Der Gottlose führt andere Gottlose in die Irre, denn sie sind alle auf dem
falschen Weg.
Spr 12,27
Manche Übersetzungen geben wieder: Der Faule (vgl. V.
24 ) möchte sein Wild nicht braten . "Braten" ( HArak ) wird im AT nur an dieser
Stelle gebraucht, und es ist schwierig, diesen Begriff korrekt zu übersetzen. Es
könnte damit gemeint sein, daß der Faule noch nicht einmal seiner Nahrung
nachjagt. Es könnte aber auch bedeuten, daß der Faule zwar das Wild jagt, aber
zu faul ist, es dann zuzubereiten. Der Fleiß bringt jedoch einen Jäger dazu, den
Wert des Gejagten zu schätzen. Damit wird angedeutet, daß ein Fauler nicht das
schätzt, was ihm gehört.
Spr 12,28
Der rechte Lebenswandel ( Weg ) führt zum Leben, womit
hier möglicherweise der gegenwärtige Segen und nicht das ewige Leben gemeint ist
(vgl. den Kommentar zu Spr 3,18 ). Die zweite Zeile von Spr 12,28 ist im Hebr.
schwer zu verstehen. Eine Übersetzungsmöglichkeit lautet: Auf diesem Pfad ist
Unsterblichkeit . Manche Ausleger haben sich zwar gegen den Gedanken der
Unsterblichkeit im AT gewandt, aber in mehreren Abschnitten wird dieses Thema
doch behandelt (z. B. Hi 19,25-27; Ps 16,10; Jes 25,8 ).
Spr 13,1
Die Verse 1-3 haben jeweils das Reden eines Menschen
zum Thema. Ein weiser Sohn (vgl. Spr 10,1 ) nimmt die Weisung der Eltern an
(vgl. den Kommentar zu Spr 12,1 ). Das Wort bewahren steht zwar nicht im
Hebräischen, man kann es aber heraushören. Das Gegenteil eines weisen,
belehrbaren Sohnes ist ein Spötter (vgl. Spr
14,6;15,12;17,5;19,29;21,11;22,10;24,9;30,17 ), der weder auf Tadel hören, noch
daraus lernen möchte (vgl. den Kommentar zu Spr 1,23 ).
Spr 13,2
Der erste Satz dieses Verses klingt ganz ähnlich wie
Spr 12,14 a. Die Frucht der Lippen ist die Rede eines Menschen, wobei hier
offensichtlich von einem Gerechten gesprochen wird. Wer Gutes redet und anderen
mit seinem Reden eine Hilfe ist (vgl. Spr 12,18 b), der wird gesegnet. Was er
gibt, das empfängt er auch wieder. Der Treulose (wörtl. "der Verräterische,
Treulose") möchte anderen nicht helfen, sondern ihnen schaden, indem er
verletzende Worte spricht und Gewalttat tut (vgl. Spr 13,4 ).
Spr 13,3
Wenn ein Mensch sich mit dem vorsieht, was er sagt, so
hilft ihm das, Schwierigkeiten zu vermeiden (vgl. Spr 14,3;21,23 ). Wer aber
überstürzt redet (hastig und unüberlegt; vgl. Spr 12,18 ), der hat, Unglück
(vgl. Fall in Spr 10,8.14 ) für sich selbst und andere zu fürchten. Mit seinen
übereilten Worten macht er Versprechungen, die er nicht halten kann, er plaudert
private Dinge aus, verletzt andere oder stellt Dinge falsch dar. Die Menschen
merken, daß sie sich nicht auf das verlassen können, was derjenige gesagt hat,
und möchten nichts mit ihm zu tun haben. Dieser Mensch leidet unter Umständen
auch körperlich oder in finanzieller Hinsicht.
Spr 13,4
Ein Fauler (zu Faulpelz vgl. den Kommentar zu Spr 6,6
) hat seine Wünsche (dieser Begriff bezieht sich auf ein tiefverwurzeltes
physisches Verlangen oder auf den Appetit; vgl. Spr 13,2 ), aber sie werden
nicht erfüllt, denn er möchte nicht arbeiten. Fleiß (vgl. den Kommentar zu Spr
12,24 ) schenkt einem Menschen jedoch Zufriedenheit (vgl. 11, 23 ).
Spr 13,5
Wie bereits in Spr 8,13 festgestellt wurde, bedeutet
die Furcht des Herrn zugleich, daß ein Mensch das haßt, was Gott auch haßt. Weil
Gott Falschheit haßt ( Spr 12,22 ), haßt der Gerechte sie auch. Lügen setzt
herab und bringt Mißtrauen und Ungerechtigkeit mit sich. Der Gottlose
jedenfalls, der der Falschheit den Vorzug gibt, bringt Schande und Schmach über
andere und sich selbst.
Spr 13,6
Wiederum: wenn jemand sein Leben in Gerechtigkeit und
Weisheit führt, wird er auch beschützt (vgl. V. 3 ; Spr 2,11;4,6 vgl. auch Spr
12,21 ). Zu dem Begriff Vollkommenheit vgl. den Kommentar zu Spr 11,3 .Wenn ein
Sünder sein Leben gottlos und unweise verbringt, dann genießt er keinen Schutz.
Er wird mit Leichtigkeit zu Fall gebracht.
Spr 13,7
Der Begriff sich stellen bezieht sich eher auf eine
Lebensweise als auf Schauspielerei. Ein Mensch kann in bezug auf materielle
Güter reich sein, aber in sozialer oder geistlicher Hinsicht nichts aufzuweisen
haben. Umgekehrt kann ein anderer in materieller Hinsicht arm sein, jedoch reich
im geistlichen Bereich.
Spr 13,8
Die Worte Reichtümer und arm stellen die Verbindung
zwischen diesem und dem vorhergehenden Vers her. Ein Reicher braucht vielleicht
sein Geld, um sich von dem Unglück wieder freizukaufen ( sein Leben loskaufen ),
aber ein Armer wird nicht von Entführung oder Diebstahl bedroht. So hat die
Armut zumindest einen Vorteil.
Spr 13,9
Ein Licht und eine Lampe , beides häufig verwendete
bildhafte Vergleiche (vgl. Spr 6,23;20,20;21,4;24,20; Hi 18,5-6; Ps 119,105 ),
beziehen sich hier auf das leibliche Leben. Wenn eine Lampe in einem Zelt des
Nahen Ostens ausging, dann war die Umgebung pechschwarz, und das erinnert an die
Finsternis des Todes. Der Gerechte wird ein langes Leben leben, aber der
Gottlose wird früh sterben.
Spr 13,10
Mit Stolz ( zADNn von zID , "kochen"; vgl. Spr 11,2 )
ist der unbeugsame Hochmut gemeint. So eine hochmütige, allwissende Einstellung
eines Menschen führt zu Streit. Das steht im Gegensatz zu einem demütigen,
weisen Geist, der bereit ist, zu lernen und Rat anzunehmen (vgl. Spr 12,15; vgl.
"Streit" in der Übersicht "Das Buch der Sprüche über das Reden" bei Spr 6,17-19
).
Spr 13,11
Unehrlich erworbenes Geld (vgl. "gottlos erworbene
Schätze"; Spr 10,2 ) hat keinen Bestand (vgl. Spr 10,2;13,22;23,5 ). Auf der
anderen Seite kann Geld sich vermehren, wenn es Stück für Stück auf ehrlichem
Weg erworben wurde.
Spr 13,12
Es ist gut für einen Menschen, wenn er Hoffnung hat,
aber wenn diese Hoffnung sich lange Zeit nicht erfüllt, dann führt das zu
Enttäuschung (sein Herz wird krank). Aber wenn eine Hoffnung in Erfüllung geht
(vgl. V. 4.19 ), dann wird ein Mensch belebt. Die Erfüllung einer Hoffnung
schenkt Ermunterung wie ein Baum, der Leben gibt (vgl. Lebensbaum in Spr
3,18;11,30;15,4 ).
Spr 13,13
Wer die Weisung seiner Eltern oder anderer Menschen
verachtet, der muß eine "Zahlung" seiner Schuld und seiner Bestrafung leisten.
Aber wer diese Weisungen beachtet und sie befolgt, der wird mit Segen "belohnt".
B Uz ("verachten, darauf herabsehen, sich lustig machen über"; vgl. Spr 14,21
und den Kommentar zu Spr 1,7 ) wird mit verachten übersetzt.
Spr 13,14
Unterweisung von einem Weisen bekommen und behalten
ist so erfrischend und lebenspendend wie eine Quelle des Lebens ( Spr
10,11;14,27;16,22 ). Im Zusammenhang mit dem Gewinn der weisen Lehre wird noch
ein anderer Aspekt genannt: Sie bewahrt vor den Fallen des Todes (in Spr 14,27 b
wird eine inhaltlich gleiche Feststellung gemacht). Die Weisheit kann einen
Menschen vor dem vorzeitigen Tod bewahren (vgl. Spr 1,32-33;2,11;4,20-22;8,35-36
), der hier bildhaft als Tierfalle dargestellt wird, die plötzlich zuschnappt.
Zu der zweiten Zeile von Spr 13,14 ,die vom ersten Teil abhängt, steht dieser
Satz im synthetischen Parallelismus (vgl. "Der Stil des Buches" in der
Einleitung ) anstatt im antithetischen Parallelismus wie die meisten Verse in
Kapitel 10-15 .
Spr 13,15
}EKel FNB wird mit gute Einsicht wiedergegeben (vgl.
den Kommentar zu Spr 3,4 ). In 3,4 und Spr 13,15 werden diese hebr. Worte mit
Wohlgefallen ( HEn , "Gunst") in Verbindung gebracht. Im Gegensatz dazu ist das
Leben des Treulosen hart. Das hebr. Wort für "hart" ( ?LTAn ) bedeutet
"dahinfließend" wie ein Fluß ( Ps 74,15 ), "bleibend" wie ein Volk oder "lange
festbegründet" wie ein Führer. Möglicherweise bezieht sich Spr 13,15 auf das
eintönige, dahinplätschernde Leben des Gottlosen, der auf seinem Weg so
festgefahren ist, daß er es für außerordentlich schwierig hält, sich davon
abzuwenden.
Spr 13,16
Normalerweise stimmt der Wandel eines Menschen mit
seinem Charakter überein (vgl. Spr 4,23-24 ). Wer Einsicht hat, legt Klugheit an
den Tag ( ZArUm , "scharfsinnig" im guten Sinne; vgl. den Kommentar zu Spr
12,23; vgl. Spr 12,16 ), aber ein Narr macht seine Torheit offenbar (vgl. Spr
12,23 b) "wie ein Hausierer, der seine Waren vor den Augen aller Menschen
ausbreitet" (Crawford H. Toy, A Critical and Exegetical Commentary on the Book
of Proverbs , S. 273).
Spr 13,17
Während ein unverläßlicher Bote in Not gerät
(möglicherweise durch seine Faulheit; vgl. Spr 10,26; oder durch seinen
törichten Lebenswandel; vgl. Spr 26,6 ) und daher enttäuschend ist, bringt ein
verläßlicher Bote Heilung, d. h. er trägt zum Wohlergehen derjenigen bei, für
die er arbeitet.
Spr 13,18
Wer die Zucht verachtet ( mUsAr , "Zucht oder
Zurechtweisung auf moralischem Gebiet"; vgl. Spr 1,2 ), erlebt Armut und
Schande, weil ein Mensch ohne Selbstzucht faul ist und andere sich seiner
schämen. Aber wer Zurechtweisung beachtet, der wird geehrt. Die Offenheit,
Zurechtweisung anzunehmen, wird häufig in den Sprüchen erwähnt (z. B. Spr
12,1;13,1.13 ).
Spr 13,19
Der Begriff Toren verbindet Vers 19 und Vers 20 zu
einer Einheit, obwohl das Thema dieser Verse nicht dasselbe ist. Vers 19 a
spricht wie Vers 12 b von der Befriedigung und der Freude, die daraus
resultieren, wenn sich eine Hoffnung erfüllt oder ein Traum Wirklichkeit wird.
Die Toren verharren auf der anderen Seite in ihrer Sünde. Damit wird praktisch
gesagt, daß sich ihre Hoffnungen nicht erfüllen.
Spr 13,20
Eine Möglichkeit, weise zu werden ist, mit Weisen,
darunter Gefährten und Lehrern, Umgang zu haben. Umgekehrt bringt der Umgang mit
Toren Unglück. Die hebr. Worte für Gefährte ( rOZeh ) und leidet Ungemach (
yErNaZ ) klingen ein bißchen ähnlich. Der Einfluß guter und schlechter
Bekanntschaften wird in den Sprüchen häufig thematisiert ( Spr
1,10-11;2,12;4,14-17;16,29;22,24-25;23,20-21;28,7 ).
Spr 13,21
Die Verse 21-23 haben die Armut und den Reichtum zum
Thema. Schwierigkeiten ereilen den Sünder wie ein Tier, das ihn verfolgt; er
kann nicht entkommen. Ein solches Problem ist der Hunger, der in Vers 25 erwähnt
wird. Die Gerechten jedoch, die in den Sprüchen mit den Weisen und den Fleißigen
gleichgesetzt werden, erfreuen sich guter Dinge in ihrem Leben, was ein weiteres
häufig aufgegriffenes Thema in den Sprüchen darstellt ( Spr
3,2;8,18;10,6.22;21,21;28,25 ). Die Aussagen in Spr 13,21 treffen ganz allgemein
zu, obwohl man auch Ausnahmen davon anführen könnte.
Spr 13,22
Der in ethischer Hinsicht als gut Beurteilte wird so
gesegnet, daß er seinen Enkeln noch etwas vererben kann. Aber der Reichtum, den
ein Sünder vielleicht erlangen mag, ist verloren, und er geht schließlich in die
Hände der Gerechten über; vielleicht weil der Sünder mit seinem Besitz töricht
und unweise umgeht.
Spr 13,23
Ein Armer kann mit eigenen Händen genug Nahrung
erarbeiten, um satt zu werden (vgl. Spr 12,11 a), aber ohne Schutz vor
Ungerechtigkeit kann er es wieder verlieren. Spr 13,22 spricht von einem Sünder,
der sein Geld verliert; Vers 23 spricht von denen, die unter solchen Sündern
leiden.
Spr 13,24
Die Verse 24-25 und Spr 14,1-4 thematisieren das
häusliche Umfeld. Ein liebendes Elternteil läßt sein Kind lieber eine Zeitlang
"leiden" (und schlägt es mit der Rute), um ihm das Elend eines zuchtlosen Lebens
auf lange Sicht zu ersparen. Wer sein Kind nicht züchtigt, wenn es das braucht,
dessen Liebe und Anteilnahme an dem Kind sind fragwürdig. Weitere Verse in den
Sprüchen zur Züchtigung der Kinder stehen in Spr 19,18;22,15;23,13-14;29,15.17
.Gott züchtigt die Seinen auch (vgl. Spr 3,11-12; Hebr 12,6 ).
Spr 13,25
Gott sorgt für die körperlichen Bedürfnisse des
Gerechten.
Spr 14,1
Die weise Frau und die törichte Frau beziehen sich
möglicherweise eher auf Menschen als auf die personifizierte Weisheit und
Torheit wie in Spr 9,1.13 .Der Begriff baut bezieht sich wohl nicht auf den Bau
eines wirklichen Hauses, sondern auf die Sorge für einen Haushalt und das
Bemühen, daß er gut läuft. Die Weisheit der Frau baut ihren Haushalt auf,
während die Torheit ihren Haushalt vernachlässigt.
Spr 14,2
Die Einstellung eines Menschen dem Herrn gegenüber -
entweder fürchtet er ihn (vgl. den Kommentar zu Spr 1,7 ) oder er verachtet ihn
- zeigt sich in seinem Verhalten. Sein Wandel ist entweder aufrecht oder
unaufrichtig (vgl. Spr 2,15 ).
Spr 14,3
Die Rede eines Toren (�Ԥew¯l,
ein arroganter, verhärteter und dummer Mensch) führt dazu, daß er mit einer Rute
(hier wird nicht dasselbe Wort für Rute wie in Spr 13,24 gebraucht) auf seinem
Rücken (vgl. Spr 10,13;26,3 ) bestraft wird. Weise Worte jedoch schützen einen
Menschen vor Strafe (vgl. Spr 13,3 ).
Spr 14,4
Wenn ein Bauer keine Rinder zum Pflügen hat, dann ist
die Krippe in seinem Stall leer, d. h. sauber. Aber wenn er Zeit und Geld
aufwendet und gut für die Rinder sorgt, dann wird er viel Nahrung haben, weil er
durch das gute Pflügen mit den Rindern eine überreiche Ernte erzielt. Wer bei
irgendeiner Sache gute Ergebnisse erzielen will, muß Zeit, Geld und Arbeit
investieren.
Spr 14,5
Der Gegensatz zwischen einem wahren und einem falschen
Zeugnis wird auch in Spr 12,17;14,25 erwähnt. Falsche Angaben vor Gericht werden
in Spr 19,5;21,28;24,28;25,18 verurteilt.
Spr 14,6
Es ist ungewöhnlich, in den Sprüchen zu lesen, daß ein
Spötter (vgl. den Kommentar zu Spr 13,1 ) Weisheit sucht , aber das macht
deutlich, daß es nicht daran liegt, daß der Spötter nicht gerne Weisheit
erlangen möchte, sondern eher daran, daß er die wichtigste Bedingung nicht
erfüllt und den Herrn nicht fürchtet ( Spr 1,7;9,10 ). Offensichtlich suchen die
Spötter am falschen Ort nach der Weisheit. Erkenntnis erlangt mit Leichtigkeit,
wer in geistlichen Belangen Unterscheidungsvermögen besitzt. Diese Menschen
wissen, wo sie nach echter Erkenntnis suchen müssen.
Spr 14,7
Die Verse 7-9 machen Aussagen über die Toren. Vers 7
ist der erste Imperativ in dem Abschnitt, der mit Spr 10,1 begonnen hat. Auch
Spr 14,7 ist im synthetischen Parallelismus abgefaßt, denn die zweite Zeile
liefert die Erklärung für die erste Zeile. Weil der Umgang eines Menschen ihn
zum Guten oder zum Bösen hin beeinflussen kann (vgl. Spr 13,20 ), sollte er den
Toren ( k+sIl ) aus dem Weg gehen, denn sie reden ohne Erkenntnis. Sie können
dem jungen Menschen nichts anbieten, was irgendwie wertvoll wäre.
Spr 14,8
Der Kluge ( ZArUm , "scharfsinnig im guten Sinne";
vgl. V. 18 ; vgl. den Kommentar zu Spr 12,23 ) überdenkt die Dinge und wird
deshalb nicht so leicht getäuscht, aber der Tor merkt nicht, daß seine eigene
Torheit (vgl. Spr 14,18.24.29 ) ihn zu Fall bringt. Er hält seine Wege für
richtig.
Spr 14,9
Wenn ein Tor sündigt, dann macht er sich über den
Gedanken lustig, daß er sich bessern sollte. Im Gegensatz zu den Toren, die ihre
sündigen Wege nicht verlassen wollen, erlangen die Aufrichtigen Wohlgefallen, d.
h. sie werden von Gott und den Menschen angenommen (zu rAQNn vgl. den Kommentar
zu Spr 8,35 ).
Spr 14,10
Den inneren Schmerz (Bitterkeit) und die Freude eines
Menschen kann ihm keiner ganz nachempfinden. Das sind persönliche Empfindungen
in der Seele eines Menschen.
Spr 14,11
Das Ende im Leben eines Menschen ist das Thema der
Verse 11-14 . Das Haus der Gottlosen (damit ist entweder sein Besitz oder seine
Familie gemeint) wird vertilgt (vgl. Spr 15,25 ) und wird nicht bestehen. Auf
der anderen Seite wird das Zelt des Aufrichtigen (der Besitz oder die Familie)
aufsprossen, wie ein Baum Knospen treibt und aufsproßt. Das ist ein Bild für
Wachstum, Gedeihen und Bestehen.
Spr 14,12
Dieser Vers wird wörtlich in Spr 16,25 wiederholt. Ein
Pfad (Weg des Lebens) mag manchen Menschen recht erscheinen (gerade oder eben).
Aber weil er zum Tod führt , ist es der Weg der Sünde und der Torheit (vgl. Spr
5,5.23;7,27;9,18;11,19;21,25 ). Der Mensch kann der Sünde nicht entkommen.
Spr 14,13
Mit seinem Gelächter kann ein Mensch den Eindruck
erwecken, er freue sich seines Lebens, aber in seinem Herzen leidet er (vgl. V.
10 ; 15,13 b). Die Worte Freude kann im Kummer enden beziehen sich entweder auf
die wechselvolle Natur der menschlichen Gefühle oder auf die Vorstellung, daß
die Freude selten rein und von Kummer ungetrübt ist.
Spr 14,14
Sowohl dem Gottlosen als auch dem Gerechten - dem
Treulosen (wörtl. "Rückfälliger im Herzen") und dem Guten - wird gemäß ihrem
Wandel vergolten (vgl. Spr 1,31 ). Was sie gesät haben, das werden sie auch
ernten ( Gal 6,7 ).
Spr 14,15
Die Verse 15-18 sprechen von dem Weg des Toren und
beginnen und enden mit einem Verweis auf den Einfältigen und den Klugen. Der
Einfältige ( peTI , "naiv, unwissend"; vgl. den Kommentar zu Spr 1,4 ) ist
leicht beeinflußbar (vgl. z. B. Spr 7,7-10.21-23 ), aber der Kluge ( ZArUm ;
vgl. Spr 14,8.18 und den Kommentar zu Spr 12,23 ) denkt nach, bevor er handelt.
Spr 14,16
Die Worte der HERR stehen nicht im Hebr. ,jedoch
zwischen den Zeilen. Der Vers heißt wörtlich ein Weiser fürchtet und vermeidet
das Böse (vgl. Spr 3,7;8,13;16,6; Ps 97,10 ). Ein Tor, der von seinem ungestümen
( hitzköpfigen ) Wesen gelenkt wird, ist wild ( verwegen ) im Hinblick auf das
Böse.
Spr 14,17
Der Begriff hitzig oder jähzornig setzt diesen Vers
mit dem vorhergehenden in Verbindung. Solch eine Person tut törichte Dinge (vgl.
V. 29 ; Spr 15,18 ). Wer "aus den Fugen gerät" - also sich nicht mehr unter
Kontrolle hat - der sagt oder tut lächerliche Dinge, die ihm später leid tun und
die er nicht mehr zurücknehmen kann. Es ist noch schwieriger, mit einem
verschlagenen Menschen oder mit einem Ränkeschmied ( m+zimmCh ; vgl. den
Kommentar zu Spr 1,4 ) zusammen zu leben oder zu arbeiten (vgl. Spr 12,2 ). Ein
Mensch, der Ränke schmiedet und hinterlistig handelt, um seinen Weg zu gehen und
andere zu bekämpfen, wird von anderen gehaßt, denn er ist nicht
vertrauenswürdig. Er geht in die Irre ( Spr 14,22 ).
Spr 14,18
Aufgrund seiner Einfalt erntet der Einfältige (vgl. V.
15 und den Kommentar an dieser Stelle) Torheit und nicht Weisheit (vgl. V. 24 ).
Derjenige, der das Gegenteil eines Einfältigen darstellt - der Kluge (vgl. den
Kommentar zu V. 8 ; vgl. V. 15 ) - wird mit mehr Einsicht gesegnet.
Spr 14,19
Böse Männer werden sich in der Gegenwart der guten
Männer verbeugen. Das erlebt man heute selten - normalerweise ist es gerade
umgekehrt - und daher spricht dieser Vers möglicherweise von der Zukunft, wenn
die Gottesfürchtigen über den Gottlosen stehen werden.
Spr 14,20-21
Vers 20 bezieht sich auf Menschen, die sich von ihren
armen Nächsten fernhalten. In Vers 21 wird dieses Verhalten als Sünde
bezeichnet. Außer unter den wirtschaftlichen Schwierigkeiten, die mit der Armut
einhergehen, leiden Arme häufig darunter, daß man nichts mit ihnen zu tun haben
will (vgl. Spr 19,4.7 ). Spr 14,20 stellt dieses Problem der Armen der Tatsache
gegenüber, daß viele Menschen Freunde der Reichen sein wollen. Vers 21 stellt
zwei Verhaltensweisen einander gegenüber: Entweder man zeigt seinen Haß auf
seinen armen Nächsten oder man zeigt seine Güte. Wer seinen Nächsten verachtet (
bUz wird mit verachten übersetzt und heißt "herabschauen auf, herabsetzen, sich
lustig machen über"; vgl. "verachtet"; Spr 13,13; vgl. den Kommentar zu Spr 1,7
), der sündigt, aber Güte gegen den Bedürftigen (vgl. Spr 14,31;19,17;28,27 )
bringt den Segen des Herrn ein.
Spr 14,22
Ein Mensch, der Böses schmiedet (zu schmieden vgl. den
Kommentar zu Spr 3,29 ), irrt von dem Pfad eines aufrichtigen Lebenswandels ab.
Umgekehrt sind die Kennzeichen eines Menschen, der gute Taten für andere
Menschen (vgl. "gütig" in Spr 14,21 ) plant ( planen ist dasselbe Wort wie
"schmieden"), Liebe ( HeseD , "treue Liebe") und Treue (vgl. Spr 3,3;16,6;20,28
).
Spr 14,23
Harte Arbeit zahlt sich aus (vgl. Spr 10,4;12,11.24 ),
wohingegen Menschen, die bloß über Arbeit reden, arm werden (vgl. Spr 6,10-11 ).
Andere Gründe für die Armut eines Menschen, die in den Sprüchen erwähnt werden,
sind Geiz ( Spr 11,24;28,22 ), Übereiltheit ( 21,5 ), Hedonismus ( Spr 21,17 ),
Unterdrückung ( Spr 22,16 ) und Günstlingswirtschaft ( Spr 22,16 ).
Spr 14,24
Der Weise wird gekrönt, d. h. er wird mit Reichtum
gesegnet (vgl. Spr 3,16;8,18.21; 15,6;22,4 ), weil er fleißig war ( Spr 14,23 ),
aber ein törichter Wandel zieht keinen Segen nach sich, sondern nur noch mehr
Torheit (vgl. V. 18 ).
Spr 14,25
Wenn ein Mensch vor Gericht die Wahrheit aussagt, kann
er damit Menschen vor der Todesstrafe bewahren, wohingegen eine falsche Aussage,
womit vorsätzlich die Tatsachen verdreht werden, den Unschuldigen zu Tode oder
ins Gefängnis bringen kann, während der Schuldige fälschlicherweise
freigesprochen wird. Menschen, die vor Gericht aussagen (vgl. V. 5 ), befinden
sich in einer entscheidenden Position; sie können auf das Leben anderer Menschen
nachhaltig Einfluß nehmen.
Spr 14,26-27
Diese beiden Verse stehen miteinander in Verbindung,
weil sie sich beide auf die Furcht des Herrn beziehen (vgl. den Kommentar zu Spr
1,7 ). In Spr 14,26 verschafft die Furcht des Herrn Sicherheit (vgl. V. 32 ) und
Schutz vor einem Leben des Verderbens für die Gläubigen und auch ihre Kinder,
die von ihren gottesfürchtigen Eltern zur Gottesfurcht angehalten werden. In
Vers 27 ist die Furcht des HERRN eine Quelle des Lebens (vgl. Spr
10,11;13,14;16,22 ), d. h., daß die Furcht des Herrn langes Leben zur Folge hat
(vgl. Spr 3,2.16; 9,10-11; 10,27; 15,24 ), denn sie bewahrt vor den Fallen des
Todes (vgl. Spr 10,2 b; 11,4 b; 13,14 b).
Spr 14,28
Menschen sind die größte Reserve eines Königs. Wenn er
aber niemanden hat, über den er herrschen kann, dann werden der Titel König und
seine hochgestellte Position wertlos. Ein beeindruckender Titel ohne wirklichen
Verantwortungsbereich verschafft dem König nur wenig Achtung.
Spr 14,29
Wer unter schwierigen Umständen geduldig bleibt (vgl.
Spr 16,32;19,11 ), der stellt seine Weisheit unter Beweis, aber ein ungeduldiger
Mensch, der sich nicht beherrscht (vgl. Spr 14,16-17 ), macht seine Torheit
offenbar. Das hebr. Wort rUm ( zeigt ) bedeutet "erheben, zum Vorzeigen
emporheben". Es ist immer weise, sich selbst zu beherrschen, und es ist niemals
weise, wenn einem der Kragen platzt!
Spr 14,30
Die Gefühle eines Menschen wirken auf sein
körperliches Befinden zurück, eine Tatsache, die heute hinreichend bekannt ist
(vgl. Spr 15,13.30;17,22;18,14 ). Ein gelassenes Herz (oder "ein gesunder
Geist", d. h. in gesundem Zustand) trägt mit zu einem gesunden Körper bei, aber
Neid, der heftige Wunsch, etwas zu besitzen, was anderen gehört, führt im
körperlichen Bereich zum Gegenteil (zu dem Begriff Gebeine vgl. den Kommentar zu
Spr 3,8 ).
Spr 14,31
Einen Armen übervorteilen ist Sünde gegen Gott (vgl.
Spr 17,5 ), denn Gott ist der Schöpfer aller Menschen (vgl. Hi 31,13.15 ), und
Gott nimmt sich der Sache der Armen an ( Spr 22,22-23 ). Der Gerechte und Weise
ist gütig gegen den Armen ( 14,21 ; Spr 19,17;28,27 ), denn damit ehrt er Gott.
Spr 14,32
Schwierigkeiten können für den Gottlosen ein
fürchterliches Ende nehmen (vgl. Spr 6,15 ), denn der Gottlose hofft nicht auf
den Herrn. Wenn der Gerechte auf der anderen Seite dem Tod entgegensieht, hat er
eine Zuflucht in Gott.
Spr 14,33
Die Weisheit ist allgegenwärtig (im Herzen des Weisen
und sogar unter den Toren; vgl. Spr 1,20-22;9,1-4 ), aber sie (wieder wird die
Weisheit als Frau personifiziert; vgl. den Kommentar zu Spr 1,20-33 ) erfährt
ganz verschiedene Reaktionen.
Spr 14,34
Gerechtigkeit unter einem Volk bringt Gutes hervor (
erhöhen bedeutet "erheben" und wird hier im ethischen Sinne gebraucht), aber die
Sünde unter diesem hat den gegenteiligen Effekt (es ist eine Schande, ein Wort,
das nur an dieser Stelle und in 3Mo 20,17 gebraucht wird). Es sieht zwar
manchmal so aus, als wenn die Menschen mit der Sünde durchkommen, aber
letztendlich werden sie doch von ihr eingeholt und beschämt.
Spr 14,35
Ein König freut sich, wenn seine Knechte klug sind
(das Wort weise bedeutet an dieser Stelle "klug"), aber wenn sie nicht klug
sind, machen sie ihm Schande (die Bedeutung des Wortes ist schandbar; der
Begriff wird in diesem Sinne auch in Spr 10,5;19,26;29,15 gebraucht), und er
ärgert sich über sie. ZeBrCh , Zornesausbruch, wird mit Zorn übersetzt. Dasselbe
gilt heutzutage für Arbeitnehmer: Klugheit zahlt sich aus, Mangel an Klugheit
macht den Arbeitgebern Schwierigkeiten.
Spr 15,1
Die Verse 1-2.4.7.14 b. 23. 28 b beziehen sich auf das
Reden, ein Thema, das in den Sprüchen häufig aufgegriffen wird (vgl. die
Übersicht "Das Buch der Sprüche über das Reden" bei Spr 6,17-19 ).
Eine sanfte (wörtl. "weiche") Antwort kann eine
spannungsgeladene Situation entschärfen, indem sie den Zorn ( HEmCh , "Wut")
eines Menschen zerstreut. Wenn man in solch einer Situation Versöhnung stiften
will, muß man vorausschauend, geduldig, beherrscht und gütig sein, also Tugenden
besitzen, die in den Sprüchen vielfach gelobt werden. Ein hartes (wörtl.
"verletzendes") Wort bringt den Zorn im Gegensatz dazu erst auf.
Spr 15,2
Die Zunge (Worte) des Weisen fördert die Erkenntnis
(vgl. V. 7 ). Der Weise besitzt nicht nur Erkenntnis, sondern die Tatsache, daß
er sie einsetzt, macht sie für andere anziehend und erstrebenswert. Ein Tor
jedoch läßt seine Torheit hervorquellen (wörtl. "sprudelt hervor"; dieser
Begriff wird auch in V. 28 gebraucht). Seine vielen Worte, die er wie Wasser aus
einer Quelle hervorquellen läßt, zeigen, wie töricht er ist. Der Mund eines
Toren macht auch seine Sünde offenbar (V. 28 ) und ernährt sich von Torheit (V.
14 ).
Spr 15,3
In seiner Allmacht sieht und weiß Gott, was jeder
Mensch tut (vgl. Spr 5,21; Hebr 4,13; vgl. auch die Augen des HERRN in 2Chr 16,9
), weil er wie ein Wächter, der eine Stadt bewacht, Ausschau hält. Gottlose
sollen mit dieser Wahrheit gewarnt und gute Menschen getröstet werden. Er sieht
sogar den Tod und die Vernichtung ( Spr 15,11 ). Die zweite Zeile von Vers 3 ist
ein Partizipialsatz, der den Gedanken der ersten Zeile vervollständigt, so daß
dieser Vers einen synthetischen Parallelismus aufweist (vgl. "Der Stil des
Buches" in der Einleitung ).
Spr 15,4
Worte können einen Menschen ermutigen oder entmutigen.
Worte, die heilen, die also mit zur seelischen Gesundheit eines Menschen
beitragen, sind wie ein Baum des Lebens (vgl. Spr 3,18;11,30;13,12 ), eine
Quelle der Stärke und des Wachsens. Worte, die trügerisch sind ( seleP ,
"zerstörerisch"; dieser Begriff wird im AT nur an dieser Stelle und in Spr 11,3
gebraucht; "Falschheit") können den Geist zerstören (vgl. Spr 15,13;17,22;18,14
) oder einen Menschen in niedergedrückte Stimmung versetzen.
Spr 15,5
Wenn ein Sohn sich weigert, aufgrund der Zucht ( mUsAr
; vgl. den Kommentar zu Spr 1,3 ) seines Vaters zu lernen, dann ist er ein Tor (
?MwIl , ein ungeschliffener, verhärteter Tor; vgl. den Kommentar zu Spr 1,7 ).
Er ist auch einfach dumm ( Spr 12,1 ), ein Spötter ( Spr 13,1;15,12 ), und er
haßt sich selbst (V. 32 ). Er wird sterben (V. 10 ). Wer aber der Weisung seiner
Eltern folgt, der ist weise. Das Verb ZAram , "Scharfsinn besitzen" im guten
Sinne (der Begriff wird auch in Spr 19,25 gebraucht), wird mit zeigt Klugheit
übersetzt. Der Begriff ist dem Nomen ZormCh (in Spr 1,4;8,5.12 ) und dem
Adjektiv ZArUm ( Spr 12,23;13,16;14,8.15.18;22,3;27,12 ) ähnlich. Das Bewahren
der Ratschläge seiner Eltern bringt Ehre ein (vgl. dazu Spr 12,1;13,1.13.18 ).
Spr 15,6
Wie in den Sprüchen schon vielfach festgestellt wurde,
führt ein gerechter (und weiser) Wandel im allgemeinen das Wohlergehen eines
Menschen herbei (vgl. Spr 3,16;8,18.21;14,24;22,4 ). Es gibt dazu zwar viele
Ausnahmen, aber das Geld, das der Gottlose (und Unweise) erlangt, bringt am Ende
Unglück mit sich (vgl. "Unglück" in Spr 15,27; vgl. auch Spr 1,19;10,2 ).
Spr 15,7
Weise Menschen sagen im Gegensatz zu Toren ( k+sIl )
hilfreiche Dinge. Letztere verbreiten Torheiten (V. 2 ). Die Worte ( Lippen )
eines Menschen offenbaren, was in seinem Herzen (vgl. Herz und Lippen in Spr
4,23-24 ) vorgeht.
Spr 15,8-9
Der Herr haßt (vgl. Spr 6,16-19 ) das Opfer und den
Weg der Gottlosen, wie auch ihre Gedanken ( Spr 15,26 ). (Zu anderen Dingen, die
dem Herrn ein Greuel sind, vgl. den Kommentar zu Spr 11,20 .) Gott haßt die
Opfer, die die Gottlosen bringen (vgl. 1Sam 15,22; Jes 1,11; Jer 7,22; Am 5,22
), denn diese Opfer sind Heuchelei. Weil der Herr "den Weg" (den Wandel) der
Gottlosen haßt, haßt er auch ihre Opfer. Aber die Gebete der Aufrichtigen sind
ihm ein Wohlgefallen , und er erhört sie ( Spr 15,29 ). Das Opfern ist eine
äußerliche Handlung und kein Ersatz für einen gerechten Wandel, den Gott
offensichtlich liebt.
Spr 15,10
In den Versen 10-12 führt die zweite Zeile den
Gedanken der ersten Zeile weiter aus. Wenn ein Mensch den Weg der Geradheit und
Gerechtigkeit (vgl. V. 8-9 ) verläßt, erfährt er harte Züchtigung ( mUsAr ,
"ethische Zurechtweisung"); und wenn er Zurechtweisung ablehnt (V. 5.12 ; vgl.
Spr 10,17;12,1 ), dann wird er dafür mit Armut, Schande ( Spr 13,18 ) und Tod (
Spr 15,10 ) bezahlen ( 13,13 ).
Spr 15,11
Die Begriffe Tod ( S+?Nl ) und Abgrund ( ?XBaddNn ,
von ?ABaD , "dahinschwinden oder sterben") können Synonyme für das Grab und für
den Tod sein (vgl. Spr 27,20; Hi 26,6; "Abgrund" ( ?XBaddNn ) kommt auch in Hi
28,22;31,12; Ps 88,12 vor). Da Gott die Toten in ihren Gräbern sehen kann, kann
er mit Sicherheit die Herzen (d. h. ihre Beweggründe, Gedanken und Wünsche; vgl.
Ps 38,10 a) der lebenden Menschen erkennen (vgl. Spr 15,3 ). Das Herz eines
Menschen täuscht diesen, aber Gott kennt es ( Jer 17,9-10 ).
Spr 15,12
Das Wort für Zurechtweisung ist nicht das Wort, das
normalerweise in den Sprüchen mit "Zurechtweisung" übersetzt wird. Hier handelt
es sich um den Begriff für tadeln oder rügen (so wie in Spr 9,7-8;19,25;25,12 ).
Ein Spötter (vgl. Spr 13,1 ) verübelt (wörtl. "liebt nicht") solch einen Tadel
und weigert sich, von weisen Menschen zu lernen (vgl. den Gegensatz in Spr 15,31
). Daran wird deutlich, daß Spott ein Zeichen für Torheit ist.
Spr 15,13
Die Verse 13-15 beziehen sich auf ein fröhliches Herz
, ein einsichtiges Herz und ein vergnügtes Herz. Innere Freude ( RAmaH ; vgl.
den Kommentar zu V. 21 ) zeigt sich auf dem Gesicht eines Menschen, aber
innerlicher Kummer ( ein trauriges Herz ; vgl. Spr 14,13 ) drückt die Stimmung
eines Menschen nieder ( zerbricht den Geist ; vgl. Spr 15,4;17,22;18,14 ).
Fröhlichkeit und Niedergeschlagenheit betreffen das Herz. Das innerliche
Befinden eines Menschen hat dauerhafteren Einfluß auf seine Gemütslage als die
Umstände, in denen er lebt. Manche Menschen verkraften schwierige Umstände
besser als andere, weil sie innerlich stark sind.
Spr 15,14
Ein Mensch, der Einsicht hat, sucht mehr Erkenntnis
(vgl. Spr 18,15;19,25;21,11 ), und sie fällt ihm leicht ( Spr 14,6 ). Aber ein
Narr futtert weiter ( rAZCh , "grast" wie das Vieh) und ist mit seiner Torheit
zufrieden (vgl. Spr 15,2.21 ).
Spr 15,15
Im Gegensatz zu den Unterdrückten (`an¯, wörtlich "die
niedergebeugt sind", die Armen, Geplagten; oft mit "Bedürftigen" übersetzt wie
in Spr 14,21 ), die arm sind, sind sie fröhlich (vgl. Spr 15,13 ) und haben als
Ergebnis ein andauerndes Fest ; sie erfreuen sich am Leben trotz widriger
Umstände. Deshalb sollten die Menschen die Unterdrückten ermutigen, indem sie
ihnen helfen.
Spr 15,16
Die Verse 16.17 sind zwei von den neunzehn "besser
als"-Versen in den Sprüchen (siehe den Kommentar zu Spr 12,9 ). Allgemein würde
ein Mensch Wohlstand (Überfluß) der Armut vorziehen. Aber wenn er arm ist (ein
wenig; vgl. Spr 16,8 ) und die Furcht des Herrn (siehe Kommentar zu Spr 1,7 )
hat, ist diese Kombination gewiß dem Wohlstand vorzuziehen, wenn das Geld
Aufruhr ( m+hUmCh ; vgl. Jes 22,5 : "Tumult"; 5Mo 7,23 : "Verwirrung"; 1Sam
14,20; Hes 7,7 : "Panik"; Sach 14,13 ) mit sich bringt.
Die Aussage in Spr 15,16 bedeutet, (a) daß der
erwähnte Wohlstand keinem gehört, der den Herrn fürchtet, und (b) daß die
Gottesfurcht Frieden verleiht, nicht Verwirrung.
Spr 15,17
Wie Vers 16 stellt auch Vers 17 Armut (wenn man nur
noch ein Gericht Gemüse hat) und Wohlstand einander gegenüber ( ein gemästetes
Kalb ). Normalerweise würden die Menschen Luxus der Entbehrung vorziehen, aber
was noch wichtiger ist, ist die Liebe. Viele Menschen merken, daß ein materiell
nur wenig begütertes Zuhause, in dem die Menschen einander aber liebhaben, einem
Zuhause vorzuziehen ist, das viele Reichtümer aufzuweisen hat, wo die Menschen
sich aber hassen (vgl. Spr 17,1 ). Die Liebe macht schwierige Umstände
erträglich, wohingegen Haß die ganze Freude zunichte macht, die ein gutes Essen
sonst bereitet hätte.
Spr 15,18
Ein hitziger Mann (wörtl. "ein Mann der Wut"; vgl.
ähnliche Ausdrücke in Spr 14,16-17.29; vgl. auch Spr 19,19;22,24 ) bringt Zank
auf (vgl. Spr 6,14.19;10,12;16,28;28,25;29,22; vgl. den Kommentar zu Spr 6,14 ).
Das könnte ein Grund für den Aufruhr und den Haß sein, der in Spr 15,16-17
erwähnt wird. Geduld (vgl. Spr 14,29;16,32;19,11;25,15 ) jedoch kann Zank
beilegen. Der Ausdruck ein geduldiger Mann heißt wörtlich: ein Mann, der
"langsam zum Zorn" ist (vgl. Jak 1,19 ).
Spr 15,19
Haß und Zorn lassen Schwierigkeiten entstehen ( Spr
15,17-18 ), und dasselbe gilt für die Faulheit. Die Wendung Dornen auf dem Weg
(vgl. Spr 22,5;24,30-31 ) steht für Schwierigkeiten, die einen Menschen davon
abhalten, das zu bekommen, was er möchte; er erlebt Hindernisse. Die
Aufrichtigen aber sind fleißig und haben daher weniger Probleme; ihr Leben ist
eher wie eine ebene Bahn (vgl. Spr 4,26 ).
Spr 15,20
Vers 20 und Vers 21 sprechen vom Einfluß der Weisheit
und Torheit auf das Leben eines Menschen. Liebe in einem Haus bringt Frieden (V.
16-17 ), und ein gehorsamer und weiser Wandel bringt den Eltern Freude ( RAmaH
), nicht jedoch die Torheit. Tatsächlich wird nur ein Tor seine Mutter
verachten. An dieser Stelle wird nicht so sehr darauf abgehoben, daß eine Mutter
die Torheit ihres Sohnes feststellt (wie in Spr 10,1 ), sondern ihre Reaktion
wird nur angedeutet, und die Haltung des Toren ihr gegenüber wird erwähnt.
Spr 15,21
Ein weiser Sohn macht seinem Vater (V. 20 ) Freude (
RAmaH ), aber ein törichter Mensch (dem Einsicht fehlt, wörtl. "der ein leeres
Herz hat"; vgl. den Kommentar zu Spr 6,32;10,13 ) erfreut sich ( RAmaH ) an
seiner Torheit (vgl. auch den Kommentar zu RAmaH bei Spr 15,13.23.30 ). Ein
Weiser geht den geraden Weg (vgl. "Bahn" in 19 b). Damit wird angedeutet, daß
der Weg eines Toren unehrlich ist (und auf seinem Weg Hindernisse sind; vgl. V.
19 a).
Spr 15,22
Viermal spricht das Buch der Sprüche von der Bedeutung
des Rates anderer Menschen für die eigenen Pläne ( Spr 11,14;15,22;20,18;24,6 ).
Spr 15,23
In Vers 23.30.33 beginnt die zweite Zeile mit einem
und , was auf einen synonymen Parallelismus hinweist (vgl. "Der Stil des Buches"
in der Einleitung). Ein passendes Wort (vgl. Spr 25,11-12 ) zur rechten Zeit
erfreut ( RAmaH ; vgl. den Kommentar zu Spr 15,20 ) nicht nur den Adressaten,
sondern auch den, der es gesagt hat. Worte, die zur rechten Zeit gesprochen
werden (seien es nun Worte der Liebe, der Ermutigung, des Tadels oder Worte, die
Frieden stiften), sind wohltuend.
Spr 15,24
Die Verse 24.26-33 beziehen sich direkt oder indirekt
auf eine Beschreibung des Gottesfürchtigen: Er ist weise (V. 24 ), demütig (V.
33 ), rein (V. 26 ), ehrlich (V. 27 ), besonnen (V. 28 ), ein Beter (V. 29 ),
fröhlich (V. 30 ), belehrbar (V. 31-32 ) und fürchtet den Herrn (V. 33 ). Die
Weisheit kann einen Menschen vor einem vorzeitigen Tod bewahren, eine Aussage,
die in den Sprüchen häufiger gemacht wird (vgl. Spr 3,2.16;4,10;9,11;10,27;14,27
).
Spr 15,25
Vers 25 und Vers 26 haben beide das Thema, wie Gott
die verschiedenen Charaktere der Menschen behandelt. Die Stolzen ( gE?eh ; der
Begriff wird auch in Spr 16,19 gebraucht und kommt von dem Verb gA?Ch , "erheben
oder emporgehoben werden") häufen Besitztümer an, darunter auch Häuser, aber der
Herr reißt sie nieder (vgl. Spr 14,11 ), beschützt dagegen die Witwen.
Das Land war den Israeliten ein kostbares Gut. Es war
durch Grenzen markiert, damit seine ursprüngliche Einteilung ( 5Mo 19,14 ) nicht
verändert wurde. Das Land blieb bei einer Familie, und seine Grenzen waren von
großer Wichtigkeit ( Spr 22,28;23,10-11 ). Die Wehrlosigkeit der Witwen machten
sie zu einer leichten Beute für Diebe, die ihnen das Land wegnehmen wollten; so
versprach der Herr selbst, die Grenzen der Witwen vor Veränderung zu beschützen.
Spr 15,26
Der Herr haßt nicht nur die Opfer und den Wandel der
Gottlosen (V. 8-9 ), sondern sogar ihre Gedanken (oder ihre Pläne; dieser
Begriff wird in Spr 6,18 mit "Anschläge" übersetzt). Aber die Gedanken der
Untadeligen sind ihm eine Freude. Gott weiß in seiner Allmacht alles.
Spr 15,27
Das hebr. Wort für gierig (basa`, "schneiden oder
abbrechen") klingt nach unrecht oder gewaltsam erworbenem Gewinn. (Zu "ein
gieriger Mann" vgl. Spr 28,25 .) Ein unaufrichtiger Vater, der für seine Familie
mit unrechten oder gewalttätigen Mitteln sorgt, wird letztendlich Leid über
seine Frau und seine Kinder bringen (vgl. Unglück in Spr 11,29;15,6 ). Wer
Bestechungsgeschenke annimmt oder gibt, handelt unehrlich oder gierig, denn die
Gerechtigkeit wird verkehrt (vgl. den Kommentar zu Spr 6,35 ). Wer also
Bestechungsgeschenke ablehnt, der verhilft sich zu einem langen Leben und hält
das Unglück von seiner Familie fern.
Spr 15,28
Der Gerechte wägt (sinnt darüber nach, bedenkt eine
Sache) seine Anworten ab, bevor er sie gibt, anstatt daß er mit dem ersten
Gedanken herausplatzt, der ihm kommt. Auf diese Weise sind seine Worte
angemessener und kommen zur rechten Zeit (V. 23 ). Ein Tor jedoch läßt böse
Worte wie Wasser hervorquellen (wörtl.: er "sprudelt hervor"; derselbe Begriff
wird auch in V. 2 gebraucht), das aus einer Quelle entströmt.
Spr 15,29
Weil Gott die Gottlosen (V. 8-9.26 ) ein Greuel sind,
ist er ihnen auch fern und erhört sie nicht. Aber er hört das Gebet der
Gerechten (vgl. Ps 34,16.18; 1Pet 3,12 ), denn ihre Gebete finden sein
Wohlgefallen ( Spr 15,8 ).
Spr 15,30
Die Ermutigung eines guten Menschen, sei sie wortlos
(durch einen fröhlichen Blick, wörtl. "strahlende Augen") oder ausgesprochen
(eine gute Nachricht; vgl. Spr 25,25 ), ist eine Hilfe und gibt ihm Auftrieb.
Die Wendung bringt Freude steht für RAmaH ; vgl. auch in Spr 15,20-21.23.31 .So
wie in Vers 13 a wird auch hier deutlich, daß die seelische Gesundheit eines
Menschen zu seinem körperlichen Wohlbefinden beiträgt (zu der Wendung
Wohlbefinden für die Gebeine vgl. den Kommentar zu Spr 3,8 ).
Spr 15,31
Die Verse 31-33 behandeln die Frage, wie man ein
Weiser werden kann: durch Hören (und Bewahren) des Tadels (V. 31 ), durch das
Bewahren der Zurechtweisung (V. 32 ), durch die Furcht des Herrn und durch Demut
(V. 33 ). Das Bewahren einer Rüge (vgl. den Kommentar zu Spr 1,23 ) kann
lebensspendend sein (vgl. Spr 1,33 ), denn solch ein Mensch wird davon
beeindruckt ( Spr 17,10 ), lernt daraus ( Spr 19,25 ) und wird als weise
betrachtet.
Spr 15,32
Wer die Zucht abweist ( mUsAr , "Zurechtweisung auf
ethischem Gebiet"; vgl. V. 5.10 ), der wird sein Leben und seine Einsicht
verlieren. Daraus wird deutlich, daß dieser Mensch sich selbst haßt (vgl. "sich
selbst zerstört"; Spr 8,36 ).
Spr 15,33
Die Furcht des Herrn (vgl. den Kommentar zu Spr 1,7 )
ist nicht nur der Beginn der Weisheit, sondern sie lehrt auch die Weisheit. Wenn
ein Mensch den Herrn fürchtet (ihn ehrt, ihm gehorcht, ihm dient und ihn
anbetet), dann lernt ein Mensch Weisheit. Demut, die mit der Furcht des Herrn in
Beziehung steht, muß der Ehre vorausgehen (vgl. Spr 18,12 b; Spr 29,23 ), die
die Weisheit begleitet. (Die Furcht des Herrn und die Demut stehen auch in Spr
22,4 miteinander in Verbindung.)
B. Sprüche, die eine gerechte Lebensführung rühmen
( 16,1-22,16 )
Die meisten der 191 Verse dieses Abschnittes sind
entweder Vergleiche (in synonymem Parallelismus) oder Ergänzungen (in
synthetischem Parallelismus), und nur wenige beschreiben Gegensätze
(antithetische Parallelismen). Die Verse 1-7.9 von Kapitel 16 sprechen von dem
Herrn; Vers 1.3.9 von den Plänen des Menschen in Beziehung zu Gottes
Souveränität. Diese Pläne kommen in dem zum Ausdruck, was einer sagt ("die
Zunge", V. 1 ) und tut ("Schritte", V. 9 ). Vers 1.5.9 beziehen sich auf das
Herz, und Vers 2 hat die Beweggründe des Menschen zum Thema. Stolz (V. 5 ),
Böses (V. 6 ) und Ungerechtigkeit (V. 8 ) werden verurteilt. Der Mensch wird in
den Sprüchen zwar sehr dazu ermutigt, Weisheit zu erlangen, aber er soll
trotzdem auf den Herrn vertrauen.
Spr 16,1
Ein Mensch mag zwar in seinem Herzen (vgl. Spr 19,21 )
Pläne machen (Dinge in eine Ordnung bringen, wie die Aufstellung von Soldaten in
Schlachtreihen; vgl. 1Mo 14,8 ), aber Gott lenkt, was aus dem Herzen über die
Lippen kommt ( die Antwort der Zunge ). Gott ist in seiner Allmacht Herr über
den Menschen (vgl. Spr 16,9 ). Das Herz eines Menschen und seine Rede stehen in
enger Beziehung miteinander (vgl. Spr 4,23-24 ).
Spr 16,2
Ein Mensch mag der Meinung sein, daß an dem, was er
tut, nichts Verkehrtes ist; äußerlich mag er lauter zu sein scheinen. Aber Gott
kennt sein Herz und weiß, ob seine Beweggründe für seine Handlungen rein sind
oder nicht. Der Herr richtet die Menschen aufgrund ihrer Beweggründe (vgl. Spr
17,3; 21,2 ), denn er sieht die Herzen der Menschen (vgl. Mt 6,4.8.18 ).
Spr 16,3
Wenn man bei einer Sache Erfolg haben will, ist es
sehr wichtig, dem Herrn seine Pläne anzubefehlen (V. 1.9 ). Dennoch spricht
dieser Vers nicht von der Hilfe Gottes bei allen Vorhaben. Von dem Toren ( Spr
1,32 ) und dem Faulen ( Spr 6,9-11 ) wissen wir, daß sie ein unerfreuliches Ende
nehmen werden. Befiehl heißt wörtlich "wälze" (vgl. Ps 37,5 ).
Spr 16,4
Gott lenkt alle Dinge nach seinem Zweck (vgl. Röm 8,28
), darunter auch die Gottlosen zur Vernichtung. Es mag zwar schwer zu verstehen
und anzunehmen sein, aber die Bestrafung der Unbußfertigen steht in Einklang mit
der Gerechtigkeit Gottes, und das ist eine Wahrheit, die in den Sprüchen an
vielen Stellen gelehrt wird (darunter auch in Spr 16,5 ).
Spr 16,5
Gott haßt den Stolz und daß ein Mensch dem Herrn ferne
ist (zu den anderen Dingen, die der Herr haßt, vgl. den Kommentar zu Spr 11,20
); deshalb wird darüber seine Strafe ergehen. Sei dessen sicher heißt wörtlich
"die Hand darauf" (vgl. den Kommentar zu Spr 11,21 ). Spr 16,6 : Nun wird zwar
ungebüßte Sünde "nicht ungestraft bleiben" (V. 5 ), aber Gott hat in seiner
Liebe ( HeseD , "treue Liebe") und Treue (vgl. Spr 3,3;14,22;20,28 ) einen Weg
für die Sünde eröffnet, die gesühnt werden muß. Wenn die Sünden eines Menschen
aufgrund seines Glaubens an den Herrn gesühnt sind, darf er nicht mit der Sünde
fortfahren. Er soll das Böse meiden (vgl. Spr 16,17 ), indem er den Herrn
fürchtet (vgl. den Kommentar zu Spr 1,7; vgl. Spr 3,7;8,13 ).
Spr 16,7
Wenn ein Mensch dem Herrn wohlgefällt (besonders indem
er das Böse meidet, V. 6 ), dann versöhnt er (entweder dieser Mensch oder der
Herr) die Feinde dieses Menschen mit ihm.
Spr 16,8
Dieses besser als (vgl. den Kommentar zu Spr 12,9 )
gleicht Spr 15,16 ,ausgenommen die Tatsache, daß hier Gerechtigkeit für "die
Furcht des Herrn", viel Einkommen für "großen Reichtum" und Ungerechtigkeit für
"Aufruhr" eingesetzt worden ist. Wer Einkünfte auf unehrliche Weise (vgl. Spr
10,2.16;13,11;15,27 ) anhäuft (das hebr. Wort für "Einkommen" wird auch in Spr
10,16 und in Spr 15,16 gebraucht), wird am Ende bestraft werden. So ist also ein
gerechter Wandel - auch wenn das bedeutet, daß man nur wenig hat - mit
Sicherheit besser.
Spr 16,9
Ein Mensch plant sein Tun, aber der Herr bestimmt
(oder legt fest), wie er wandeln wird ( seine Schritte ). Die Bedeutung ist hier
dieselbe wie in Vers 1 , aber es werden hier die "Schritte" anstelle der "Zunge"
genannt.
Spr 16,10
"König", "Könige" und "eines Königs" werden in den
Versen 10.12-15 erwähnt. Wenn ein König Israels einen Orakelspruch tat, dann
geschah das als Stellvertreter Gottes. Daher mußte er ein gerechter Herrscher
sein (vgl. 5Mo 17,18-20 ).
Spr 16,11
Zu Waagschalen und Gewichten vgl. den Kommentar zu Spr
11,1 (vgl. auch Spr 20,10.23 ). Der König setzte die Gewichte und Maße fest
(vgl. "sein Gewicht nach dem königlichen Gewicht"; 2Sam 14,26 ), aber hier wird
die Aussage gemacht, daß der Herr hinter derartigen Gewichten steht. Deshalb
sollten sie in Ehren gehalten werden. Unrechte Gewichte und Maße zu benutzen,
bedeutete sowohl Ungehorsam gegen den König als auch gegen Gott.
Spr 16,12-13
Könige hassen das Unrecht (V. 12 ) und lieben die
Ehrlichkeit (V. 13 ); zumindest sollte das so sein, denn eine gerechte, ehrliche
Herrschaft befestigt den Thron des Königs (vgl. Spr 20,28;25,5;29,14 ).
Unehrlichkeit und Ungerechtigkeit wird seine Herrschaft ins Wanken bringen.
Könige sollten Ehrlichkeit lieben, und zwar nicht nur bei sich selbst, sondern
auch bei anderen Menschen.
Spr 16,14
Wenn jemand einen König in Zorn bringt, wird er
möglicherweise getötet; nur die Weisheit kann seinen Zorn besänftigen (vgl. Pred
10,4 ). Gegen die Macht eines Königs kann man nichts ausrichten; die einzige
Zuflucht eines Menschen liegt darin, ihn zu besänftigen.
Spr 16,15
Eine Möglichkeit, das Angesicht eines Königs zum
Leuchten zu bringen, wird in Vers 13 genannt, nämlich ehrlich zu sein. Eine
Regenwolke im Frühling (der "Spätregen" im März oder April) wurde sehnlichst
erwartet, denn Regen war für eine gute Ernte notwendig. Das Wohlgefallen eines
Königs verhieß etwas viel Besseres als sein Zorn. Sein Wohlgefallen wurde auch
mit dem Tau verglichen ( Spr 19,12 ).
Spr 16,16
Stolz ist so verachtenswert, daß man ihn selbst dann
vermeiden sollte, wenn das wirtschaftliche Bedrückung bedeutet.
Spr 16,17
Der Aufrichtige möchte das Böse vermeiden (vgl. V. 6 ;
Spr 3,7;8,13 ). Wer auf seinen Weg achtgibt (d. h. einen aufrichtigen Wandel
beibehält), bewahrt dadurch seine Seele (sein inneres Wesen mit seinen Wünschen,
Trieben und seinem Verlangen) vor der Sünde.
Spr 16,18-19
Diese Verse erörtern die Themen Stolz, Demut und
Unglück. Stolz führt zum Fall eines Menschen (vgl. Spr 18,12;19,23 ). Es ist
zwar möglich, die Beute mit den Stolzen zu teilen (die auf gewalttätigem oder
unehrlichem Wege erlangt wurde), aber diese Unehrlichkeit wird nicht ungestraft
bleiben (vgl. Spr 15,25 ).
Spr 16,20
Wer die Weisung ( dABAr , "Wort"; auch mit "Weisung"
übersetzt; vgl. Spr 13,13 ) bewahrt (wörtl. "ist klug im Hinblick auf" oder
"sinnt nach"; vgl. Spr 21,12 ,"achthaben"), dem ergeht es wohl (vgl. Spr 19,8 ),
d. h., daß Gott ihn mit Glück segnet. Solch ein Mensch vertraut auf den Herrn
und wird daher gesegnet.
Spr 16,21
Die Verse 21.23-24 sprechen von weisen und
freundlichen Worten. Wer weise ist, der ist für seine Einsicht und für seine
Fähigkeit, das Herz der Sache zu erkennen, bekannt. Das Wort für freundlich (
meTeq , "Süße") wird auch in Spr 27,9 verwendet. Ein ähnliches Wort ( mATNq ,
"süß") wird in Spr 16,24;24,13;27,7 gebraucht. Süße (d. h. angenehme oder
hilfreiche) Worte fördern die Unterweisung in dem Sinne, daß sie das Lernen
(vgl. Spr 1,5 ) zu einer wünschenswerten Sache machen. Harte Worte bewirken das
Gegenteil.
Spr 16,22
Das Wort für Verstehen in diesem Vers lautet REKel ,
"Klugheit oder Einsicht" und wird auch in Spr 13,15 (und in Spr 12,8;19,11;23,9
) gebraucht. Klugheit ist wie eine Quelle des Lebens (vgl. Spr 10,11;13,14;14,27
); sie ist erfrischend, lebenerhaltend und unerschöpflich. Torheit hat auf der
anderen Seite Strafe zur Folge. Die Toren gewinnen keine Einsicht, und ihrem
törichten Wandel tut Zucht ( mUsAr ) not.
Spr 16,23
Ein Weiser ist vorsichtig mit dem, was er sagt ( lenkt
seinen Mund heißt wörtl. "macht seinen Mund klug"), denn er möchte helfen und
nicht verletzen. Er plappert nicht heraus, was ihm gerade durch den Kopf geht
(vgl. Spr 15,28 b). Daher fördern seine Lippen die Unterweisung (vgl. den
Kommentar zu Spr 16,21 zu "Weisheit fördern").
Spr 16,24
Freundliche (dieses hebr. Wort unerscheidet sich von
dem Begriff in V. 21 ) Worte sind so süß (vgl. den Kommentar zu V. 21 zu mATNq )
und daher so erstrebenswert wie Honig aus einer Honigwabe (vgl. Ps 19,10 ).
Angemessene Worte (vgl. Spr 15,23 ), die ermutigen, besänftigen oder loben,
können überaus lieblich sein. Sie können so erhebend sein, daß sie einem
Menschen zu größerem körperlichen Wohlsein verhelfen (vgl. den Kommentar zu
Gebeine bei Spr 3,8 ).
Spr 16,25
Diese Aussage stimmt mit Spr 14,12 überein (vgl. den
Kommentar dort). Offensichtlich wurde dieser Satz wiederholt, um ihn auf diese
Weise hervorzuheben.
Spr 16,26
Hunger kann Menschen, manchmal sogar faule Menschen,
zur Arbeit motivieren, damit sie mit ihrem Lohn Nahrung kaufen können. Dieser
Vers enthält ein interessantes Wortspiel: Obwohl ein Mensch für einen anderen
Menschen arbeitet, "arbeitet" sein Hunger für ihn selbst. In 10,4-5 ; Spr
12,24;14,23;28,19 wird zum Fleiß aufgerufen.
Spr 16,27
Die Verse 27-30 sprechen von Leuten, die auf
verschiedene Art und Weise Unglück herbeiführen - sie schmieden Böses (V. 27 ),
sie bringen Zank auf (V. 28 ), sie verführen andere zu Gewalttaten (V. 29 ) und
beharren in der Sünde (V. 30 ). Ein Schurke (vgl. den Kommentar zu Spr 6,12 )
ist nichtswürdig und böse, denn er ist in moralischer Hinsicht tief gesunken. Er
schmiedet Böses (vgl. Spr 1,10-14;6,14;12,20;14,22;24,2.8 ). "Er schmiedet
Böses" heißt wörtlich "er gräbt Unheil aus", womit seine Mühe beschrieben wird,
die er aufwendet, um anderen eine Falle zu stellen oder eine Schlinge zu legen.
Er tut das hauptsächlich durch Worte, die wie Feuer brennen (vgl. Jak 3,5-6 ).
Spr 16,28
Ein Mann der Verkehrtheit (vgl. den Kommentar zu Spr
2,12 ) bringt Streit auf (vgl. Spr 6,14.19;10,12;15,18;28,25;29,22 ) und
verursacht Zank zwischen Freunden. Mit seinem Klatsch (vgl. Spr
11,13;18,8;20,19;26,20.22 ) bringt er enge Freunde dazu (vgl. Spr 17,9 ), daß
sie aneinander zweifeln und einander mißtrauen.
Spr 16,29
Ein Gewalttätiger (wörtl. "ein Mann der Gewalt"; V.
27-29 beginnen im Hebr. jeweils mit "ein Mann der ... ") ist nicht damit
zufrieden, daß er die Sünde tut; er möchte andere auf seine bösen Wege locken
(vgl. z. B. Spr 1,10-14 ).
Spr 16,30
Wenn ein Böser mit den Augen zwinkert (vgl. Spr
6,13;10,10; Ps 35,19 ) und seine Lippen schürzt, gibt er damit anderen einen
unausgesprochenen Wink und tut damit seine verkehrten (vgl. Spr 16,28; vgl. den
Kommentar zu Spr 2,12 ) und bösen (vgl. Spr 16,27 ) Absichten kund.
Spr 16,31
Junge Männer sind auf ihre Stärke stolz ( Spr 20,29 ),
aber alte Männer mögen auf ihr graues Haar stolz sein, das wie eine vornehme
Krone ist (vgl. "prächtige Krone" in Spr 4,9 ). Langes Leben kommt aus einem
gerechten Wandel (vgl. Spr 9,6;10,27 ), aber nicht alle alten Leute haben ihr
Leben in Gerechtigkeit geführt.
Spr 16,32
In diesem besser als -Spr. (vgl. den Kommentar zu Spr
12,9 ) wird Geduld und Langmut über den Beruf eines Soldaten gestellt. In einem
Land, in dem die Sicherheit von Macht und Geschick in der Kriegsführung abhing,
kann diese Aussage überraschen. Sich selbst besiegen (vgl. Spr
14,17.29;25,28;29,11 ), ist besser als eine Stadt besiegen.
Spr 16,33
Das Ergebnis des Loswerfens (vgl. Spr 18,18; vgl. den
Kommentar zu Est 3,7; Apg 1,26 ) mag als bloßer Zufall erscheinen, aber Gott ist
auch darüber der Herr (vgl. die Anstrengungen des Menschen und Gottes Allmacht
in Spr 16,1-2.9 ).
Spr 17,1
Die Verse 1-20 beziehen sich alle mehr oder weniger
direkt auf Streit und Frieden. So wie in den ähnlichen Sprüchen mit besser als
in Spr 15,16-17 festgestellt wurde, ist es viel besser, ein armseliges (eine
trockene Brotkruste), aber ruhiges Mahl in Frieden zu genießen, als eine Menge
zu essen zu haben (ein Haus voll mit Festspeise, wörtl. "Opfer", d. h. ein Haus
voll von Fleisch von Tieren, die dem Herrn geopfert wurden; vgl. Spr 7,14 ) in
einem Haus, in dem Streit regiert. Harmonie in den zwischenmenschlichen
Beziehungen ist viel besser als reichlich Nahrung.
Spr 17,2
Manchmal kann ein Knecht aufgrund seiner Weisheit
("Klugheit"; wird in Spr 16,20 übersetzt mit "bewahrt die Unterweisung") eine
Erbschaft antreten oder einen Teil davon bekommen. Er erhält von seinem Herrn
eine mächtige Position über einen schandbaren Sohn (der über seine Eltern
Schande bringt; vgl. Spr 19,26 ). Interessanterweise stieg Jerobeam über Salomos
schandbaren Sohn Rehabeam auf und wurde der Anführer über zehn der zwölf Stämme
( 1Kö 12 ).
Spr 17,3
So wie Silber und Gold unter großer Hitze geläutert
werden (vgl. Spr 27,21 ), so wird das Herz der Gläubigen durch die Hitze der
Versuchungen geläutert, die der Herrh ihnen schickt ( Jak 1,2-3; 1Pet 1,7 ).
Spr 17,4
Ein Gottloser und ein Lügner füttern sich mit dem, was
ihnen entspricht. Sie hören bereitwillig auf Geschwätz, auf böse Rede, die böse
Anschläge ersinnt, auf Lügen und Verleumdung. H awwOT wird mit böswillig oder
tückisch übersetzt und bedeutet "Verderben oder Vernichtung, die ein Mensch über
einen anderen bringt". (Vgl. "Gerede, Klatsch" in Spr
11,13;16,28;18,8;20,19;26,20.22 .)
Spr 17,5
Eine Art, andere Menschen mit bösartiger Rede zu
überwältigen (V. 4 ), ist der Spott über die Armen. Weil die Armen wie alle
Menschen zum Bilde Gottes geschaffen wurden, bedeutet ihre Verspottung, sich
gegen Gott, ihren Schöpfer, auszusprechen (vgl. Spr 14,31;18,23 ). In gleicher
Weise ist es verwerflich, wenn man sich über die Not anderer Menschen freut
(vgl. Spr 24,17 ). Wer sich über das Unglück anderer Menschen hämisch freut,
über den wird das Unglück kommen (er wird bestraft werden).
Spr 17,6
Die Krone (Grund der Freude und Ursache der Würde) der
älteren Menschen (vgl. Spr 16,31 ) sind ihre Enkel. Die Kinder sollten auch auf
ihre Eltern stolz sein. Die Freude und der Stolz hängen natürlich davon ab, ob
die Familienmitglieder eine gesunde Beziehung ( 5Mo 6,2 ) untereinander haben.
Spr 17,7
Die Verse 7-9 sprechen von den verschiedenen Formen
der Ungerechtigkeit: von der Lüge, der Bestechung und dem Klatsch. Der Begriff
hochmütige Lippen heißt wörtlich "Lippen der Ausschweifung" und bezieht sich auf
einen Menschen, der zuviel redet. N ABAl ist der Begriff für Tor . Er wird in
den Sprüchen nur dreimal gebraucht (V. 7.21 ; Spr 30,22 ). Der Begriff bezieht
sich auf einen Menschen, dem geistliche Erkenntnis und Feingefühl fehlen. Ein
nABAl sollte besser nicht soviel reden, denn er weiß nur in den seltensten
Fällen, wovon er überhaupt spricht. In gleicher Weise ist die Lüge für einen
Herrscher ( nADIB , Edler oder Oberster; Spr 17,26 ) vollkommen unangemessen;
ein Herrscher sollte rechtschaffen, ehrlich und vertrauenswürdig sein (vgl.
nADIB in Jes 32,8 ). Ein Herrscher, der Lügen verbreitet, ist einem Toren
gleich.
Spr 17,8
Dieser Vers ermutigt nicht zur Bestechung , die ja in
Spr 17,23;15,27; 2Mo 23,8; 5Mo 16,19; 27,15 verurteilt wird (vgl. den Kommentar
zu Spr 6,35 ). Spr 17,8 spricht einfach aus der Sicht desjenigen, der das
Bestechungsgeschenk verteilt: Bestechung "wirkt wie ein Zauberstein". Wenn man
feststellt, daß Bestechungsgeschenke wirksam sind (vgl. Spr 18,16;21,14 ), hat
man sie damit noch nicht gebilligt; es wird nur festgestellt, wie die Dinge
liegen.
Spr 17,9
Wer ein Vergehen zudeckt (vgl. den Kommentar zu Spr
10,12 ), der beweist seine Liebe und fördert daher die Liebe. Aber wer die
Sünden anderer Menschen immer wieder aufbringt oder darüber klatscht, der kann
Freunde dazu bringen, daß sie einander mißtrauen (vgl. Spr 16,28 ).
Spr 17,10-11
Die Verse 10-16 reden jeweils von dem bösen oder
törichten Tun der Menschen. Vers 10 stellt die Empfänglichkeit eines
verständigen Menschen einem Toren gegenüber. Ein bloßer Tadel (vgl. den
Kommentar zu Spr 1,23 ) hilft einem Weisen mehr als die körperliche Strafe von
100 Schlägen, die man einem Toren gibt ( k+sIl ; vgl. Spr 17,12.16; vgl. den
Kommentar zu Spr 1,7 ). Weil im Gesetz ( 5Mo 25,2-3 ) nicht mehr als 40 Schläge
erlaubt waren, ist diese Erwähnung von 100 Schlägen wohl ein überspitzter
Vergleich (Hyperbel). Der Weise ist empfänglich, und er lernt bereitwillig, aber
ein dummer Tor ist unempfänglich, auch wenn er mit drastischen Methoden
zurechtgewiesen wird. Ein Böser ( Spr 17,11 ) beharrt auf seiner Auflehnung; er
lehnt es ab, aus der Zurechtweisung oder dem Tadel zu lernen (V. 10 ).
Letztendlich wird ihm jedoch Gerechtigkeit beigebracht, und er wird von einem
unbarmherzigen Boten bestraft (vgl. Spr 11,21;16,5 ).
Spr 17,12
Eine Bärin , der man die Jungen weggenommen hat, ist
zornig und daher gefährlich (vgl. Hos 13,8 ). Aber eine noch größere Gefahr ist
eine Begegnung mit einem Toren ( k+sIl ; vgl. Spr 17,10.16; vgl. den Kommentar
zu Spr 1,7 ). Nicht alle Toren sind in gleicher Weise gefährlich, aber, wie
Robert L. Alden geraten hat: "Begegne einem Toren besser mit einem Messer oder
einem Gewehr, oder versteck dich hinter einem Wagenrad; eine Bärin könnte
weniger gefährlich sein" ( Proverbs, A Commentary on an Ancient Book of Timeless
Advice, S. 134).
Spr 17,13
Wenn ein Mensch Gutes mit Bösem vergilt , macht er
deutlich, daß er ein böses Herz hat (V. 11 ) und töricht ist (V. 12 ). Ihm wird
auf diese Weise nicht mehr das "Gute" (Segnungen) widerfahren. Statt dessen wird
das Böse (Unglück) bei seinem Haus verharren, d. h. bei seiner Familie.
Spr 17,14
Der Beginn eines Streites (vgl. V. 19 ) sieht
vielleicht recht unbedeutend aus. Aber häufig verliert man darüber die
Kontrolle, so wie ein kleiner Riß in einem Damm größer wird, bis der Damm
bricht. Daher lautet die Antwort: laß nicht zu, daß ein Streit sich ausbreitet,
sondern höre lieber auf damit, bevor der Streit auch nur anfängt.
Spr 17,15
Der Herr haßt (vgl. den Kommentar zu Spr 6,16 )
Ungerechtigkeit in einem Rechtsfall - sei es nun, daß der Schuldige
freigesprochen wird oder der Unschuldige verurteilt wird (vgl. V. 26 ).
Spr 17,16
Ein Tor ( k+sIl ; vgl. V. 10.12 ; vgl. den Kommentar
zu Spr 1,7 ) ist so einfältig, daß er der Meinung ist, er kann Weisheit kaufen.
Er kommt mit dem Geld in der Hand, aber er versteht nicht, daß ihm das einzig
notwendige Mittel fehlt, um Weisheit zu erlangen: das echte, aufrichtige
Verlangen danach.
Spr 17,17
Manche Bibelübersetzungen stellen in diesem Vers
zwischen einem Freund und einem Bruder einen Gegensatz her und lassen die zweite
Zeile mit "aber" beginnen. Die Übersetzung mit und ist jedoch vorzuziehen; sie
gibt den Gedanken wieder, daß sowohl der Freund als auch der Bruder
wertgeschätzt werden. In 18,24 wird allerdings ein Freund über den Bruder
(Verwandten) erhoben. Wahre Freunde - und Verwandte - sind zur Zeit des Unglücks
als auch zur Zeit des Wohlergehens treu.
Spr 17,18
Es ist ein Unterschied zwischen einem verläßlichen
Freund zur Zeit des Unglücks (V. 17 ) und einer tollkühnen Vereinbarung, bei
einer Kreditnahme mit hohem Zinssatz als Bürge einzutreten (vgl. den Kommentar
zu Spr 6,1-5 ). Zu Mangel an Einsich t vgl. den Kommentar zu Spr 6,32;10,13 .
Spr 17,19
Freundschaft (V. 17 ) hilft bei der Überwindung von
Zank. Unweise finanzielle Verpflichtungen können Zank verursachen (V. 18 ).
Streit (V. 19 ), verkehrte Beweggründe, eine schlechte Moral und betrügerische
Worte (V. 20 ) tragen alle zum Zank bei. Streit (vgl. V. 14 ) macht deutlich,
daß sein Verursacher die Sünde liebt, denn ein Streit führt unvermeidlich zu
Schwierigkeiten. Der Ausdruck hohe Tür bezieht sich entweder im wörtlichen Sinne
auf eine hohe Tür, die sich ein reicher Mann baut, um sich zu brüsten, oder er
bezieht sich bildlich auf seine Prahlerei. In beiden Fällen ist Stolz vorhanden,
und der führt zum Fall ( Spr 11,2;16,18;18,12;29,23 ).
Spr 17,20
Verkehrt ( ZiqqES ) bedeutet "verdreht oder entstellt"
(vgl. den Kommentar zu Spr 2,15 ). Einem Menschen, der verdrehte Beweggründe und
Moralvorstellungen ( Herz ) hat, wird es nicht wohlergehen (er wird von Gott
nicht gesegnet; vgl. Spr 16,20 ). Aus einem verkehrten Herzen kommen falsche
Worte, also die Lüge. Daraus entsteht Unglück ( raZCh wird auch mit "Böses"
übersetzt; vgl. Spr 17,13 ).
Spr 17,21
Eltern sind über einen törichten, enttäuschenden Sohn
(vgl. V. 25 ; Spr 10,1 ) tief bekümmert. In 17,21 werden zwei Begriffe für Tor
gebraucht. Der erste lautet k+sIl und bezeichnet einen trägen und dummen
Menschen. Der andere Begriff lautet nABAl und meint jemand, dem es an
geistlicher Einsicht und Empfänglichkeit mangelt (vgl. V. 7 ; Spr 30,22 ).
Spr 17,22
Bereits in Spr 15,13.15.30;18,14 wurde festgestellt,
daß das Innere eines Menschen sein körperliches Wohlergehen beeinflußt. Für die
Wendung ein fröhliches Herz stehen zwei hebr. Worte, die in Spr 15,13 mit "ein
glückliches Herz" wiedergegeben werden. Der Begriff für Arznei steht nur an
dieser Stelle im AT. Ein zerbrochener Geist bezieht sich auf eine
niedergeschlagene, traurige Stimmung eines Menschen (vgl. Spr 18,14 ). Ein
Beispiel für einen zerbrochenen Geist ist der Kummer eines Vaters über einen
schlimmen Sohn ( Spr 17,21 ). Zu dem Begriff die Gebeine vgl. den Kommentar zu
Spr 3,8 .
Spr 17,23
Vers 8 sprach davon, daß Bestechung den Menschen
häufig das einbringt, was sie erstrebt haben. Vers 23 nennt die Absicht der
Bestechung: die Umkehrung ("Beugung") der Gerechtigkeit . Richter, die heimlich
Bestechungsgeschenke annehmen, sind böse (d. h. schuldig). Das ist ironisch,
denn Richter sollten ja eigentlich Gerechtigkeit ausüben, und dazu gehört auch,
daß sie die Schuldigen bestrafen.
Spr 17,24
Die erste Zeile dieses Verses lautet wörtlich: "Vor
einem Mann der Einsicht (vgl. V. 10 ) ist Weisheit". Ein Weiser findet Weisheit
an naheliegenden Orten, aber die Augen des Toren wandern umher und finden sie
doch niemals.
Spr 17,25
Dieser Vers wiederholt den Gedanken von Vers 21 ,
gebraucht aber ein stärkeres Wort für Kummer . Das hebr. kaZas bedeutet Sorge (
Pred 1,18;7,3 ), Verärgerung ( Spr 27,3 ), Ärgernis ( Spr 12,16 ) oder Reizung.
Törichte Kinder bringen Bitterkeit über ihre Mütter.
Spr 17,26
Dies ist der erste von vier Sprüchen mit den Worten:
Es ist nicht gut (vgl. Spr 18,5; 19,2;25,27 ,vgl. "ist nicht gut" in Spr
24,23;28,21 ). Noch einmal wird die Ungerechtigkeit vor Gericht verurteilt (vgl.
Spr 17,15 ). Die Bestrafung eines Unschuldigen (vgl. Spr 18,5 ) oder das
Schlagen eines Edlen (das konnten nur Könige oder Richter anordnen), die in
Lauterkeit wandeln, kommt der Bestechung ( Spr 17,23 ) gleich, denn die
Gerechtigkeit wird verkehrt.
Spr 17,27-28
Ein weiser Mann ist vorsichtig mit dem, was er sagt;
er denkt nach, bevor er spricht (vgl. Spr 14,8 ), und plappert nicht. Das macht
deutlich, daß er Gleichmut besitzt (wörtl. "kühlen Geistes ist"). Wenn er sich
beim Reden beherrscht, kann man sogar einen Toren ( ?MwIl , ein hochmütiger,
verhärteter Tor; vgl. den Kommentar zu Spr 1,7 ) für weise halten.
Spr 18,1
Manche Menschen möchten aus selbstsüchtigen Motiven
keine freundschaftlichen Beziehungen zu anderen Menschen haben. Ihre Egozentrik
macht sie zu Feinden der gesunden Einsicht (vgl. Spr 3,21;8,14 ). L AZag wird
mit widersetzt sich übersetzt (vgl. Spr 1,26;17,5;30,17 ).
Spr 18,2
Das zweifache Unglück des Toren ist sein
"verschlossener Geist" und sein "offener Mund" (Derek Kidner, The Proverbs, An
Introduction and Commentary , S. 127). Er möchte in Wirklichkeit keine
Erkenntnis erlangen; er möchte nur seine eigenen Ansichten mitteilen. Sein Mund
"sprudelt Torheit hervor" ( Spr 15,2 ). Wenn er jedoch still wäre, dann hielten
ihn die Menschen für weise ( Spr 17,28 ). Die Folgen der Geschwätzigkeit eines
Toren werden in Spr 18,6-7 erwähnt.
Spr 18,3
Ein sündhafter Wandel ist mit Verachtung verbunden,
und mit der Schande kommt die Schmach. Diese schimpflichen Worte stehen im
Gegensatz zu dem Vorteil eines aufrechten, weisen Wandels, zu dem Ehre und Würde
gehören ( Spr 4,7-9 ). In Spr 18,3 wird ein interessanter Fortgang beschrieben:
"Verachtung" führt zu "Schande", und Schande führt zu "Schmach" (vgl.
"schandbar" in Spr 10,5;17,2 ).
Spr 18,4
Die Verse 4.6-8.20-21 beziehen sich auf das Reden.
Worte sind wie tiefe Wasser , womit möglicherweise das Wasser in einer Zisterne
gemeint ist, das (wie in Spr 20,5 ) "verborgen" oder "schwer zugänglich" ist. In
Weisheit gesprochene Worte jedoch sind frisch und sprudelnd wie Wasser aus einer
Quelle. Im Gegensatz zum Toren, der seine unweisen und daher wenig hilfreichen
Gedanken ( Spr 18,2 ) nach außen trägt, sind die Worte eines Weisen hilfreich
und ermutigend (vgl. Spr 10,11;13,14 ).
Spr 18,5
Für den Gottlosen Partei zu ergreifen bedeutet
Ungerechtigkeit, die in den Sprüchen häufig verurteilt wird ( Spr
17,15.26;24,23;28,21 ). In gleicher Weise von Übel ist es, wenn vor Gericht der
Unschuldige der Gerechtigkeit beraubt wird (vgl. Spr 17,23 ).
Spr 18,6-7
Ein Tor befindet sich in Schwierigkeiten, denn er
redet, ohne nachzudenken (vgl. V. 2 ), aus einem verderbten Herzen heraus.
Lippen und Mund (V. 6 ) werden in Vers 7 in umgekehrter Reihenfolge genannt.
Seine Worte sind so fehl am Platze, daß andere ihn verprügeln (vgl. "Schläge" in
Spr 19,29 ). Seine Rede ist sein Fall; er wird gefangen (vgl. Spr 5,22 ).
Spr 18,8
Gerede (vgl. Spr 11,13;16,28;26,20 ) ist wie
Leckerbissen (wörtl. "gierig Verschlucktes", ein hebr. Begriff, der nur an
dieser Stelle und in Spr 26,22 gebraucht wird; Spr 26,22 ist mit Spr 18,8
identisch). Klatsch zu hören kommt einer Delikatesse gleich (etwas, das nicht
jeder andere auch hört). Deshalb wird das Gerede gleich der Nahrung, die verdaut
wird, in den innersten Teil des Körpers aufgenommen (d. h. man behält es und
erinnert sich daran).
Spr 18,9
Ein Mensch, der seine Arbeit nachlässig tut, ist ein
Bruder (d. h. ist ähnlich dem) des Verderbers. Eine nachlässig getane oder
unvollendete Arbeit unterscheidet sich nur wenig von einem zerstörten Projekt;
beide Dinge sind wertlos.
Spr 18,10-11
Die Verse 10-12 erörtern das Thema der wahren und
falschen Sicherheit. Die Zuflucht des Gerechten wird in Vers 10 genannt, und die
Zuflucht des Reichen in Vers 11 . Der Gerechte wendet sich dem Namen des Herrn
zu (d. h. seinem offenbarten Wesen). Wenn er sein Vertrauen auf den Herrn setzt,
ist er sicher (vgl. Spr 29,25 ), so wie ein Mensch, der sich vor einem Feind in
einem starken Turm verbirgt. Reichtum ist zwar erstrebenswerter als Armut und
trägt mit dazu bei, einen Menschen vor dem Unglück zu bewahren (vgl. Spr 10,15
,wo die erste Zeile mit der ersten Zeile von Spr 18,11 identisch ist), aber Geld
kann nicht den Herrn als Grundlage der Sicherheit ersetzen. Der Reiche meint
(stellt sich vor), daß sein Reichtum ihn vor Unglück bewahren kann wie eine hohe
Stadtmauer, die zum Schutz vor feindlichen Truppen dient. Der Reiche irrt sich
jedoch. Geld kann Menschen vor vielen Schwierigkeiten nicht bewahren.
Spr 18,12-14
Es ist ebenso verkehrt, sich auf sich selbst zu
verlassen. Man sollte diesen Vers mit den beiden vorhergehenden Versen zusammen
lesen. gABAh wird mit ist stolz übersetzt und bedeutet "erhoben, hochmütig
sein"; es ist mit dem Nomen gOBAh , "Hochmut", in Spr 16,18 verwandt. Wer sich
für überlegen hält, der wird zu Fall kommen (vgl. Spr 11,2;16,18;29,23 a). Demut
auf der anderen Seite bringt Stärke und kann das Leben eines Menschen bestimmen;
sie kann ihm, wie die Ärzte wissen, durch eine Krankheit hindurchhelfen. Aber
wenn ein Mensch innerlich zerbrochen ("niedergebeugt oder niedergeschmettert")
ist (vgl. Spr 15,13;17,22 ) und wenn er keine innerliche Stärke mehr hat, dann
kann ihn auch die Medizin kaum noch aufrecht halten. Ein physisch Kranker kann
durch seinen Geist aufrechtgehalten werden, aber wenn sein Geist auch
niedergedrückt und niedergeschlagen ist, was oder wer kann ihn dann aus seiner
Krankheit heraus aufrichten?
Spr 18,15
Der Verständige und der Weise sind eifrig darauf
bedacht, ihr Wissen zu vergrößern. Sie verlangen mit ihrem Herzen danach (vgl.
Spr 15,14 ), und sie hören darauf mit ihren Ohren (vgl. Spr 23,12 ). "Wissen"
steht im Hebr. in beiden Zeilen, um das Gesagte hervorzuheben.
Spr 18,16
Wer ein Geschenk macht, um sich damit den Weg bei
einflußreichen Leuten freizukaufen, der nähert sich der Bestechung (vgl. Spr
17,8.23 ), obwohl diese Sache leiser vonstatten gehen kann. Spr 18,16 billigt
jedoch den Gebrauch von Geschenken auf diese Weise nicht und ermutigt auch nicht
dazu; es wird einfach festgestellt, daß es so geschieht.
Spr 18,17
Die Verse 17-19 erörtern das Thema der Streitfälle.
Wenn ein Richter sich mit einem Streitfall befaßt (einem Verfahren), muß er
beide Seiten eines Falles hören, bevor er antwortet (vgl. V. 13 ) oder eine
Entscheidung fällt. Dasselbe gilt für Eltern, wenn ihre Kinder streiten. Spr
18,18 : In biblischen Zeiten wurden Streitfälle bisweilen durch Losewerfen (vgl.
Spr 16,33; vgl. den Kommentar zu Est 3,7; Apg 1,26 ) beigelegt. Diese
ja-oder-nein-Entscheidung durch das Los beendete den Konflikt oder den
Rechtsstreit zwischen starken Gegnern.
Spr 18,19
Der Grund für die in den Versen 17-18 empfohlene
Vorsicht wird hier genannt. Wenn ein Bruder (der Begriff kann entweder einen
Freund oder einen Blutsverwandten bezeichnen) in einem Streitfall angegriffen
wird, kann die Rückgewinnung seiner Freundschaft ebenso schwer sein wie die
Eroberung einer schwer befestigten Stadt. Die gestörte Beziehung ist wie
verriegelte Tore, die nur schwer zu bewegen sind.
Spr 18,20-21
Die Worte eines Menschen, die hier bildhaft als die
Frucht seines Mundes (vgl. "Frucht seiner Lippen", Spr 12,14;13,2 ) und der
Ertrag seiner Lippen bezeichnet werden, können ihm selbst Gewinn bringen, wenn
seine Worte positiv und erhebend sind. Aber die Worte eines Menschen ( Zunge )
können sowohl Tod als auch Leben bringen. Ein Zeuge vor Gericht kann zum
Beispiel mit seinen Worten mit darüber entscheiden, ob ein Angeklagter leben
oder sterben wird. Diejenigen, die sie lieben (gemeint ist die Zunge), bezieht
sich auf geschwätzige Menschen (vgl. Spr 10,19;18,2;20,19 ); sie werden unter
den Folgen der Worte leiden (die Frucht essen ; vgl. Spr 18,20 ), die sie
gesprochen haben.
Spr 18,22
Die Ehe ist erstrebenswert, denn eine Frau ist ein
"Gegenüber" (vgl. 1Mo 2,20 und den Kommentar an dieser Stelle). Der Herr heißt
die Ehe gut, denn er sagt, daß es eine gute Sache ist, eine Frau zu finden, und
daß Gott für die Ehe ist (zu dem Nomen Wohlgefallen , rAQNn , vgl. den Kommentar
zu Spr 8,35; vgl. Spr 12,2 ).
Spr 18,23
Unseligerweise wird die Bitte eines Armen um Gnade von
einem Reichen häufig mit harten Worten beantwortet. Damit wird eine solche
Antwort nicht entschuldigt; es wird nur eine Tatsache festgestellt. Wer weniger
begünstigte Leute hochmütig behandelt, der handelt immer falsch. Auf indirekte
Weise warnt dieser Vers vor den Dingen, die zur Armut beitragen können, wie
Faulheit ( Spr 6,10-11 ), Geiz ( Spr 11,24 ), Unbelehrbarkeit ( Spr 13,18 ) und
Geschwätzigkeit ( Spr 14,23 ).
Spr 18,24
Wenn ein Mensch viele Gefährten hat oder zahlreiche
Freunde, die er wahllos zu seinen Freunden gemacht hat, dann kann er leicht in
Schwierigkeiten geraten (wörtl. "in Stücke gebrochen werden"). Der Autor macht
an dieser Stelle ein Wortspiel, denn das hebr. Wort für Gefährte ist rEZeh , und
das Wort für "in Stücke zerbrechen" ( vernichten ) lautet rAZaZ . Es ist besser,
einen echten Freund zu haben (wörtl. "einen, der liebt"; vgl. Spr 17,17 ) als
viele weniger verläßliche Gefährten.
Spr 19,1-2
Die erste Zeile dieses Verses stimmt mit der ersten
Zeile von Spr 28,6 überein. Es ist besser, arm und ehrlich zu sein (vgl. Spr
19,22 b; untadelig bedeutet auf ethischem Gebiet rein; vgl. Spr
2,7.21;11,5;28,10.18; Hi 1,1 ), als ein Tor zu sein ( k+sIl , "träge und dumm";
vgl. den Kommentar zu Spr 1,7 ), der verkehrte (ZiqqES, "verdreht"; vgl. den
Kommentar zu Spr 2,15 ) Worte redet. Der Begriff für "arm" ( rAS ) bedeutet
mittellos oder hungrig; es ist kein entehrendes Wort, das darauf hinweisen
würde, daß die Armut aus Faulheit resultiert. Ein Tor versucht vielleicht, auf
betrügerische Weise reich zu werden, aber Ehrlichkeit ist ein noch besserer Weg,
auch wenn das bedeutet, daß man Hunger leidet.
Eifer ( nePeS , wird normalerweise mit "Seele"
übersetzt) meint hier den inneren Antrieb oder die Tatkraft. Es ist damit nicht
so sehr der gefühlsmäßige Überschwang wie das ehrgeizige Streben gemeint, das
ohne die entsprechende Erkenntnis zu übereilten Fehlern führt. Derartige Eile
(vgl. Spr 21,5;29,20 ) kann dazu führen, daß ein Mensch den Weg verfehlt, d. h.
Fehler macht. Wir sagen: "Eile mit Weile".
Spr 19,3
Torheit richtet das Leben eines Menschen zugrunde
(wörtl. "umstürzen oder umstoßen"). Der Tor schafft sich selbst Schwierigkeiten
und ist für sein eigenes Tun verantwortlich. Er sollte besser nicht dem Herrn
die Schuld an den Ergebnissen seiner Nachlässigkeit geben, aber er tut das
dennoch.
Spr 19,4
Die Verse 4-6 sprechen von falscher Freundschaft. Die
erste Zeile von Vers 4 wird in Vers 6 weiter ausgeführt, und die zweite Zeile
von Vers 4 in Vers 7 . Die Reichen haben viele Freunde (vgl. Spr 14,20 b);
Menschen halten sich in ihrer Nähe auf in der Hoffnung, daß etwas von dem
Reichtum für sie abfällt. Armut, so schlimm sie schon an sich ist, führt auf der
anderen Seite dazu, daß man seine Freunde verliert. Viele Leute wollen leider
der Verlegenheit entgehen, mit Armen zusammenzusein (vgl. Spr 14,20 a; 19,7 ).
Spr 19,5
Menschen, die vor Gericht falsche Aussagen machen,
sind auch eine Art von falschen Freunden (vgl. V. 9 ; Spr 14,25 ). Ein Meineid
wird letztendlich jedoch bestraft werden (vgl. Spr 12,19;21,28 ). Hervorströmen
lassen heißt wörtlich "aushauchen oder ausspucken" (der Begriff wird auch in Spr
6,19;12,17 und Spr 14,5 gebraucht).
Spr 19,6
Der Ausdruck sich lieb Kind machen wollen meint eine
offensichtlich unehrlich gemeinte Schmeichelei. Einem Herrscher wird häufig um
des eigenen Vorteils willen geschmeichelt und manchmal, um die Gerechtigkeit zu
verkehren. Der Reiche, der das Geld hat, sich Freunde zu kaufen, ist vielen
solchen Angeboten zur "Freundschaft" ausgesetzt.
Spr 19,7
Im Gegensatz zu dem Reichen (V. 6 ) kann der Arme
häufig keine Freunde finden (vgl. Spr 14,20 ). Er ist sogar seinen Verwandten
lästig. Seine Bemühungen, einen Freund zu finden, haben häufig keinen Erfolg,
weil die Menschen ihm aus dem Weg gehen (vgl. Spr 19,4 ).
Spr 19,8
Leb (wörtl. "Herz") wird hier mit Weisheit übersetzt
und bedeutet an dieser Stelle "Sinn" (in Spr 15,32 wird der Begriff mit
"Verstehen" übersetzt). Wer bewußt lebt, der zeigt, daß er seine Seele liebt.
Das bezieht sich nicht auf Eitelkeit oder Narzißmus, sondern auf die echte
Anteilnahme am eigenen Geschick. Schätzen heißt wörtlich "behalten, bewachen
oder bewahren" (vgl. Spr 19,16 ). Wer über seine Einsicht wacht, der hat für
seine Seele Gewinn daraus ( Spr 8,35-36 ); es ergeht ihm wohl (vgl. Spr 16,20 ),
und zwar geistlich und seelisch (und auch materiell).
Spr 19,9
Dieser Vers ist abgesehen vom letzten Verb mit Vers 5
identisch. Offensichtlich wird dieser Gedanke wiederholt, weil es so eine ernste
Angelegenheit ist, wenn ein Mensch vor Gericht lügt.
Spr 19,10
Luxus ist für den Toren (wie auch die Ehre, vgl. Spr
26,1 ) "unpassend". Aber noch unpassender ist es, wenn ein Sklave die Position
eines Herrschers innehat und über denen steht, die eigentlich herrschen sollten
(vgl. Spr 17,2; Pred 10,7 ). Ein Sklave ist vermutlich nicht in der Lage, der
Führer zu sein, und daher ist die Position eines Herrschers für ihn ungeeignet.
Spr 19,11
Die Langmut wird in den Sprüchen mehrfach gerühmt (
Spr 14,29 a; 15,18 b; 16,32; 25,15). Sie entspringt und ist ein Kennzeichen der
Weisheit ( REKel ; der Begriff wird auch in Spr 12,8; 13,15; 16,22; 23,9
gebraucht). Im Gegensatz dazu steht der Hitzkopf und der Ungeduldige ( Spr
14,17.29 b; 15,18 a; 19,19; 22,24; 29,22 ). Ein kluger, geduldiger Mann wird
durch Menschen, die ihm entgegenstehen, nicht so leicht aufgebracht; er
übersieht ihre Angriffe (vgl. Spr 12,16 ), denn er weiß, daß das Aufstauen von
Groll oder der Versuch der Rache nur mehr Probleme schafft. Wer sie übersieht,
dem gereicht es zum Ruhm, d. h. es ist ehrenhaft.
Spr 19,12
Ein König kann durch Leute in Wut geraten (vgl. Spr
16,14;20,2 ), aber gleichzeitig anderen sein Wohlgefallen gewähren ( rAQNn ,
"Wohlwollen, Gefallen"; vgl. den Kommentar zu Spr 8,35 ). Der Gegensatz ist so
gewaltig wie zwischen dem unheilvollen Brüllen eines Löwen (vgl. Spr 28,15 ) und
dem erfrischenden Tau (vgl. "Regenwolke" in Spr 16,15 ).
Spr 19,13
Ein törichter Sohn (vgl. Spr 10,1;15,20;17,21.25 )
bringt über seinen Vater Verderben (wörtl. den "Abgrund"); ein törichter Sohn
ist wie eine überwältigende Katastrophe, die einen Menschen in eine tiefe Grube
zieht. Väter törichter Söhne können von der überwältigenden Pein Zeugnis
ablegen, die sie in tiefe Niedergeschlagenheit und Verzweiflung versinken läßt.
Eine zänkische Frau ist ebenfalls ein Problem. Hier
wird zum ersten Mal von ingesamt fünf Malen von einer zänkischen Frau gesprochen
(wörtl. "Streit einer Frau", vgl. Spr 21,9.19;25,24;27,15 ). Sie ist dem
ständigen Tropfen gleich (diese beiden hebr. Worte werden nur an dieser Stelle
und in Spr 27,15 verwendet), denn ihr Gezänk geht unbarmherzig weiter, es reizt,
und es ist nur schwer einzudämmen ( Spr 27,16 ). Crawford H. Toy faßt ein
arabisches Sprichwort zusammen: "Drei Dinge machen ein Haus unerträglich: tak
(wenn der Regen hereintropft), nak (das Nörgeln einer Frau) und bak (Insekten)"
( A Critical and Exegetical Commentary on the Book of Proverbs , S. 373). Der
Begriff für zänkisch (mad¶n) wird in den Sprüchen häufiger als in irgendeinem
anderen biblischen Buch im AT gebraucht. Es wird auch mit "Entzweiung, Streit
oder Zank" übersetzt ( Spr
6,14.19;10,12;15,18;17,14;18,18-19;22,10;23,29;26,20;28,25;29,22 ).
Spr 19,14
Ein junger Mann kann einen Teil oder das ganze Erbteil
seiner Eltern aufgrund der Tatsache bekommen, daß er in ihre Familie
hineingeboren worden ist. Eine kluge Frau jedoch kommt von dem Herrn (vgl. Spr
18,22 ). Das ist eine klare Aussage in einer Kultur, in der die Väter häufig die
Frauen für ihre Söhne aussuchten. Möglicherweise bezieht sich Spr 19,14 b dann
auf Gottes Führung der Väter bei der Wahl ihrer zukünftigen Schwiegertöchter.
Interessanterweise wird der zänkischen Frau die kluge Frau gegenübergestellt (V.
13 ).
Spr 19,15
Die Worte tiefer Schlaf beziehen sich auf einen
schweren Schlaf (vgl. Hi 4,13; 33,15 ), den Gott manchmal auf die Menschen
fallen läßt ( 1Mo 2,21; 15,12; 1Sam 26,12 ). Die Faulheit kann einen Menschen so
träge machen, daß er leicht in einen tiefen Schlaf fällt, blind für die kostbare
Zeit, die er verliert (vgl. Spr 20,13 ). Ein träger Mann heißt wörtlich "eine
Seele (oder ein Mensch) der Lässigkeit" ( r+miyyCh wird in den Sprüchen viermal
und einmal an einer anderen Stelle, Jer 48,10 ,gebraucht). Über die Faulheit,
die dazu führt, daß ein Mensch hungert, wird auch in Spr 6,9-11 gesprochen.
Spr 19,16
Die Worte gehorchen und bewachen sind im Hebr.
dieselben Worte. Man könnte sie auch mit "halten" übersetzen (vgl. den Kommentar
zu V. 8 ). Unterweisung zu behalten, d. h. ihr zu gehorchen (vgl. V. 20 ), ist
reine Selbsterhaltung; das Gegenteil ist Selbstzerstörung ( Spr 1,32;6,32; vgl.
auch "Verderben" in Spr 10,8.10.14.29;13,3 ). Die Wendung seine Wege verachten (
bAzCh , "mit Verachtung herabsehen auf") bezieht sich entweder auf die Wege
Salomos, des Vater-Lehrers, auf Gottes Wege oder auf die Wege des Lernenden. Mit
Hinblick auf Spr 19,8 könnte man der dritten Möglichkeit den Vorzug geben.
Spr 19,17
Dem Armen ( dal , der Schwache oder Hilflose; vgl. den
Kommentar zu Spr 10,15 ) gegenüber gütig sein bezieht sich auf ein Verhalten,
das über bloßes "Mitleid" hinausgeht. Es bezieht sich auf eine Hand, die helfend
gereicht wird, damit die Bedürfnisse des Armen gestillt werden. Das Gesetz ( 5Mo
15,7-11 ) und die ( Spr 14,21 b. 31 b; 22,9; 28,27 ) fordern zur Güte gegen die
Armen auf. Das Fehlen dieser Güte wird verurteilt ( Spr 14,31 a; 21,13; 22,16;
28,3.27 b). Wer den Armen gibt, der leiht dem Herrn, denn es ist eine
Investition, die Gott belohnen wird. Gott segnet die Großzügigkeit eines
Menschen mit seiner Großzügigkeit.
Spr 19,18
Dieser Vers ist im Gegensatz zu den meisten Versen in
den Sprüchen kein Aussagesatz, sondern ein Imperativ. Das Gebot züchtige deinen
Sohn ist eine strenge Warnung vor elterlicher Passivität. Der Vers steht mit Spr
13,24;22,15;23,13-14 in Einklang. Ein Kind, das etwas Falsches getan hat, sollte
in seinen jungen Jahren gezüchtigt werden, solange es noch Hoffnung für das Kind
gibt. Der Tod ist häufig das Los des Toren ( Spr 1,32 ), des Gottlosen ( Spr
10,27 ) und des Faulpelzes ( Spr 21,25 ).
Spr 19,19
Ein Hitzkopf (vgl. Spr 15,18;22,24;29,22 ) bringt sich
selbst immer wieder in Schwierigkeiten und muß dafür bezahlen. Wenn ein Mensch,
der sich selbst beherrscht, ihn vor seiner Strafe rettete, dann würde der
Hitzkopf möglicherweise das noch ausnutzen, so daß man dasselbe noch einmal tun
muß. Mit anderen Worten, ein Hitzkopf lernt nicht dazu. Wie viele zuchtlose
Söhne, so ist auch er unverbesserlich.
Spr 19,20
Wer auf Rat hört (vgl. den Kommentar zu Spr 1,8 ) und
Unterweisung ( mUsAr , "ethische Zurechtweisung und Zucht") annimmt (vgl. Spr
2,1;4,10;10,8 ), der wird weise werden. Die Wendung am Ende (vgl. Spr 5,4;14,12
) kann für das Lebensende eines Menschen stehen. Es ist jedoch wahrscheinlicher,
daß damit eine Zeit nach der Unterweisung gemeint ist.
Spr 19,21
Ein Mensch mag und sollte Pläne machen (vgl. Spr
16,1.9 ), aber Gott kann in seiner Allmacht diese Pläne umstoßen, und er führt
seine Absicht ungeachtet dessen aus, was ein Mensch selbst geplant hatte.
Spr 19,22
Treue ( HeseD , treue Liebe ) ist eine Tugend, die man
sich bei anderen wünscht. Aber die Lüge, ein Beweis für die fehlende Treue, ist
so schlimm, daß die Armut ihr noch vorzuziehen ist (vgl. V. 1 ).
Spr 19,23
Wer den Herrn fürchtet (vgl. den Kommentar zu Spr 1,7
), der hat das Leben (vgl. Spr 11,19; Spr 12,28 ). Er ist sicher und lebt im
Frieden mit sich selbst und anderen (vgl. Spr 3,26 ).
Spr 19,24
Der Faulpelz (vgl. Spr
6,6.9;10,26;13,4;15,19;20,4;22,13;24,30;26,13-16 ) ist so faul, daß er, so
komisch das klingen mag, noch nicht einmal die Kraft aufwendet, seine Hand von
seinem Teller zu seinem Mund zu führen, um seinen Hunger zu stillen. Dieser
Gedanke wird mit fast denselben Worten in Spr 26,15 wiederholt.
Spr 19,25
Das Leiden und die schlechte Behandlung anderer
Menschen sind das Thema der Verse 25-29 . Wenn ein Spötter geschlagen wird (vgl.
V. 29 ), erlangt der Einfältige ( peTI ; vgl. den Kommentar zu Spr 1,4 )
Klugheit ( ZArUm ; vgl. den Kommentar zu Spr 15,5 ). Aber Spötter lernen nichts
dazu (vgl. Spr 9,8;13,1;21,11 ). "Der Einfältige" ist der Ungelehrte,
Unwissende, Aufgeschlossene, der an dieser Stelle durch die öffentliche
Bestrafung anderer gewarnt wird. Der Spötter hat Schläge nötig, aber ein
verbaler Tadel (vgl. den Kommentar zu Spr 1,23 ) reicht für einen Verständigen
aus.
Spr 19,26
Ein erwachsener Sohn, der seinen Vater (vgl. Spr 28,24
) beraubt (angreift oder schlecht behandelt) und seine Mutter von ihrem Besitz
verjagt , bringt Schande und Schmach über sich selbst und seine Gesellschaft. Es
ist schlimm genug, die Weisungen der Eltern nicht zu beachten, aber die Eltern
zu mißhandeln (oder sie zu verfluchen, Spr 20,20 ) ist verächtlich.
Spr 19,27
Wenn ein Mensch nicht mehr auf die Weisungen hört,
dann lernt er nicht mehr dazu (vgl. V. 20 ). Weise zu sein, bedeutet, nicht auf
der Stelle zu treten. Dies ist die einzige Stelle zwischen Spr 7,1 und Spr 23,15
,an der die Worte mein Sohn stehen.
Spr 19,28
Ein verderbter Zeuge verdreht die Dinge absichtlich
und macht sich über das Recht lustig. Der Begriff für "verderbt" lautet wörtlich
belial , "nichtig und gottlos oder böse" (vgl. den Kommentar zu Spr 6,12 ). Ein
falscher Zeuge (vgl. den Kommentar zu Spr 14,5 ) verbindet sich mit den
Gottlosen, die das Böse verschlingen, d. h., daß sie mit der Sünde mit einem
unstillbaren Verlangen weitermachen.
Spr 19,29
Strafen und Schläge (vgl. Spr 10,3 b; 14,3 a; 26,3 ),
die dazu da sind, um widerspenstiges Verhalten zu korrigieren, tun den Spöttern
und den Toren nichts Gutes. Damit wird noch einmal darauf hingewiesen, wie
unverbesserlich die Wege der Spötter sind (vgl. Spr 19,25 ).
Spr 20,1
Wein und Bier werden hier als Menschen mit niedrigem
Charakter personifiziert: als Spötter (vgl. Spr 19,25.29 ) und als Krakeeler.
Der Gedanke ist der, daß Wein den lächerlich macht, der ihn trinkt, und Bier ihn
aggressiv macht. Yayin , das gebräuchlichste Wort für Wein, wurde meist auf
gegorenen Traubensaft angewandt, bisweilen aber auch auf unvergorenen. Der
Begriff für Bier ( SEKAr , der auch mit "starkem Getränk" übersetzt wird) bezog
sich auf Getränke aus Gerste, Datteln oder Granatäpfeln. Es hatte eine
berauschende Wirkung ( Jes 28,7 ) und war für Priester ( 3Mo 10,9 ), Nasiräer (
4Mo 6,1-3 ) und andere ( Jes 5,11 ) verboten. Berauschende Getränke können die
Menschen in die Irre führen und sie dazu bringen, törichte Dinge zu tun. Andere
Abschnitte in den Sprüchen, die die Trunkenheit verurteilen, sind Spr
23,20-21.29-35;31,4-5 .
Spr 20,2
Könige werden in den Versen 2.8.26 erwähnt. Der Zorn
eines Königs (vgl. Spr 14,35;16,14 ) ist wie das Brüllen eines Löwen (vgl. Spr
19,12;28,15 ). Es ist gefährlich, einen Herrscher zu erzürnen, weil er die Macht
hat, dem Übeltäter das Leben zu nehmen. Tatsächlich kann die Verärgerung eines
jeden Menschen Probleme aufwerfen.
Spr 20,3
Wer Streit vermeidet, dem ist es eine Ehre, obwohl die
Tatsache, daß manche Menschen so schnell beim Streiten sind, einen Menschen
glauben machen könnte, sie hielten den Streit für eine ehrenhafte Angelegenheit.
Solche Menschen sind Toren. Diskussionen können vermieden werden, wenn man
Angriffe auf die eigene Person übersieht ( Spr 12,16 ), man läßt die Dinge
fallen, die möglicherweise zu einem Streit führen können ( Spr 17,14 ), und man
versucht, den Spötter loszuwerden ( Spr 22,10 ).
Spr 20,4
Im Nahen Osten ist der Winter, die Regenzeit, die Zeit
zum Pflügen und zum Pflanzen. Ein Fauler scheut die Mühe und die Arbeit, ein
schmutziges Feld in der Kälte zu pflügen. Daher sucht er zur Erntezeit auf
seinem Feld, aber er findet nichts. Ohne Mühe und Vorausplanung sind die
Ergebnisse nur mager; Mangel an Arbeit führt zu Mangel an Ertrag.
Spr 20,5
Die Pläne eines Menschen sind wie tiefe Wasser (vgl.
Spr 18,4 ), die ein Weiser heraufholen kann. Das heißt, ein Verständiger kann
einem anderen helfen, seine wahren Gedanken, Absichten oder Beweggründe an die
Oberfläche zu bringen. Häufig kann ein weiser Ratgeber einem Menschen helfen,
seine wahren Beweggründe zu prüfen - die Gedanken, die er sonst nicht
vollständig verstehen würde.
Spr 20,6
Treue ( HeseD , treue Liebe ) und Zuverlässigkeit sind
wünschenswerte Eigenschaften (vgl. Spr 3,3;19,22 ), aber nicht jeder, der
behauptet, sie zu besitzen, hat sie auch. Tatsächlich mangelt es häufig an der
Treue. Es ist wichtig, daß man sein Wort hält und seine Verpflichtungen treu
einhält.
Spr 20,7
Die Verse 7-11 beziehen sich auf verschiedene Arten
des Wandels. Normalerweise werden die Kinder des Gerechten, eines Menschen, der
beständig redlich und lauter (in ethischer Hinsicht; vgl. Spr 2,7;10,9 )
gewandelt ist, gesegnet werden. Seine Kinder, die sein Beispiel der
Rechtschaffenheit vor Augen haben, werden ermutigt, ihm nachzueifern.
Spr 20,8
Könige waren häufig die obersten Richter (z. B.
Salomo; 1Kö 3,16-28 ). Durch sorgfältige Prüfung ( mit seinen Augen ) eines
Falles konnte ein König böse Beweggründe und Handlungen aufdecken (aussondern
oder aussieben; vgl. Spr 20,26 ). Man konnte ihn nicht so leicht zum Narren
halten.
Spr 20,9
Manche Menschen behaupten vielleicht, vollkommen und
ohne Sünde zu sein, aber eine solche Behauptung ist falsch. Was sie behaupten
(vgl. V 6 ), stimmt nicht mit dem überein, was sie wirklich sind. Alle haben
gesündigt ( Röm 3,9-12.23 ,vgl. 1Kö 8,46; Pred 7,20 ).
Spr 20,10
Ein Beweis für die unlauteren Beweggründe und die
verderbten Taten eines Menschen (V. 9 ) ist seine Unehrlichkeit bei seinen
Geschäften (vgl. V. 23 ). Gott sind ungleiche Gewichte und Maße , die beim
Verkauf oder Einkauf von Handelsware gebraucht werden, um auf unehrliche Weise
zu mehr Geld zu kommen (vgl. den Kommentar zu Spr 11,1; vgl. Spr 16,11 ) ein
Greuel (vgl. den Kommentar zu Spr 6,16;11,20 ).
Spr 20,11-12
Wie bereits angedeutet wurde (V. 6 ), ist das, was ein
Mensch sagt, nicht immer ein Anzeichen für das, was er ist. Das gilt genauso für
Kinder. Ihr Handel und Wandel machen offenbar, was sie sind, ob sie lauter (vgl.
V. 9 ) und redlich (vgl. V. 7 ) sind. Das Verhalten eines Menschen offenbart
seinen Charakter. Deshalb ist es wichtig, nicht nur mit seinen Ohren zu hören,
was die Menschen sagen, sondern auch mit seinen Augen zu beobachten, was die
Menschen tun (V. 12 ). Man sollte beide Sinne gebrauchen, um zu erkennen, ob bei
den Menschen Reden und Handeln übereinstimmen.
Spr 20,13
Die Faulheit wird hier als Schlaf (vgl. Spr
6,9-10;19,15 a) bezeichnet, Fleiß jedoch als Wachbleiben . Letzteres bringt viel
Brot (vgl. Spr 10,4 b) ein. Wer schläft, während er eigentlich arbeiten sollte,
wird Mangel an Brot haben (vgl. Spr 10,5 ).
Spr 20,14
Manchmal wird ein kluger Käufer dem Verkäufer
gegenüber den Wert einer Ware herunterspielen, damit der Verkäufer mit dem Preis
heruntergeht. Wenn er dann gekauft hat, prahlt der Käufer mit dem "Geschäft",
das er gemacht hat. Dies wird zwar nur als Tatsache berichtet, aber es wird
zwischen den Zeilen klar, daß ein solches Handeln falsch ist und daß ein Mensch,
der Waren verkauft, vor unehrlichen Geschäftejägern auf der Hut sein muß.
Spr 20,15
Gold und Rubine sind zwar selten und wertvoll (vgl.
Spr 3,13-15 ), aber sie sind im Überfluß vorhanden im Vergleich zu der seltenen,
wertvollen Fähigkeit, weise zu reden und für eine Situation passende Worte zu
haben.
Spr 20,16
Dieser Vers wird in Spr 27,13 wiederholt. Die
Überkleider eines Schuldners konnten ihm von dem Gläubiger als Sicherheit
weggenommen werden, um sicherzustellen, daß der Schuldner auch zahlte ( 2Mo
22,26 ). Hier wird der Gläubiger angewiesen, die Kleidung eines Menschen zu
nehmen, der für einen Fremden gebürgt hat. Offensichtlich nimmt der Gläubiger
ohne die Kleidung als Pfand ein großes Risiko auf sich, daß er vielleicht
niemals von dem Schuldner oder von dem Bürgen sein Geld bekommt! Weitere
Abschnitte in den Sprüchen, die von den Gefahren einer Bürgschaft für Schulden
sprechen, sind Spr 6,1-5 (vgl. den Kommentar dort); Spr 11,15;17,18;22,26-27 .
Spr 20,17
Der Geschmack des auf unehrliche Weise erlangten
Brotes (vgl. V. 10.14 ) mag zu Anfang süß sein (vgl. "Gestohlenes Wasser ist
süß; heimlich verzehrtes Brot ist köstlich"; Spr 9,17 ), aber am Ende ist es so
unangenehm, als wenn man Kies äße. Damit wird die nur kurz anhaltende Lust der
Sünde ihren Langzeitfolgen gegenübergestellt. Die Sünde ist gewöhnlich zuerst
sehr anziehend, weil man sofort etwas davon hat, aber letztendlich wendet sie
sich gegen einen (vgl. Spr 7,14-23 ).
Spr 20,18
Es ist von großer Wichtigkeit, von anderen Rat zu
bekommen, wenn man Pläne macht (vgl. Spr 15,22 ), ganz besonders dann, wenn man
Krieg führt (vgl. Spr 11,14;24,6; Lk 14,31 ).
Spr 20,19
Weil Gerede Vertrauen verrät (das wird auch in Spr
11,13 a festgestellt), sollte sich ein Mensch vorsehen, wem er seine Geheimnisse
mitteilt. Der Klatsch wird auch in Spr 16,28;18,8;26,20.22 verurteilt. Man
sollte also dem aus dem Weg gehen, der zuviel redet, denn er wird möglicherweise
Informationen ausplaudern, die vertraulich behandelt werden sollten.
Spr 20,20
Im AT verstieß ein Mensch, der seinen Eltern fluchte,
gegen das fünfte Gebot ( 2Mo 20,12 ) und beging eine Sünde zum Tod. Der Tod war
die Strafe für die Verfluchung der Eltern (und für die Auflehnung gegen sie;
vgl. 2Mo 21,17; 3Mo 20,9 ). Das Verlöschen der Lampe war ein bildhafter Ausdruck
für den Tod (vgl. den Kommentar zu Spr 13,9; vgl. Spr 24,20; Hi 18,5-6; 21,17 ).
Tiefste Finsternis heißt wörtlich "Pupille (des Auges) der Finsternis" und bezog
sich auf den dunkelsten Abschnitt der Nacht (vgl. den Kommentar zu "Apfel" bei
Spr 7,2 ).
Spr 20,21
Die Wendung ein schnell erlangtes Erbe kann sich auf
eine vorzeitig geforderte Erbschaft beziehen (vgl. das Gleichnis von dem
verlorenen Sohn, Lk 15,11-20 ) oder auf ein Erbe, das auf unehrlichem Wege
erlangt worden war (so wie in Spr 19,26 ). Derartiger Reichtum mag verschwendet
werden und macht die Initiative und die Arbeit eines Menschen zunichte. Als
Ergebnis davon wird der Empfänger am Ende nicht gesegnet werden .
Spr 20,22
Die Verse 22-24 beziehen sich auf das Eingreifen des
Herrn in das Tun des Menschen. Wer die Rache in seine eigenen Hände nimmt,
handelt verkehrt (vgl. Spr 17,13;24,29; 5Mo 32,35; Röm 12,19 ). Es ist viel
besser, die Bestrafung der Ungerechtigkeit dem Herrn zu überlassen, denn er wird
zur rechten Zeit erretten.
Spr 20,23
Dieser Vers ähnelt Vers 10 , abgesehen davon, daß in
Vers 10 von betrügerischen Gewichten und Maßen gesprochen wird, während hier
betrügerische Gewichte und Waagschalen erwähnt werden (vgl. den Kommentar zu Spr
11,1 ).
Spr 20,24
Der HERR lenkt des Menschen Schritte (das hat David
auf ganz ähnliche Weise in Ps 37,23 festgestellt), d. h., daß Gott seine
Entscheidungen lenkt und seinen Wandel leitet (vgl. Spr 16,1.9;19,21 ). Weil
Gott im Leben des Menschen "das letzte Wort" hat, ist es häufig für einen
Menschen schwierig, seinen eigenen Weg voll und ganz zu begreifen.
Spr 20,25
Es ist gefährlich, schnelle Versprechungen zu machen,
ohne vorher darüber nachzudenken (vgl. 5Mo 23,22-24; Pred 5,4-5 ). Wer ein
übereiltes Gelübde ablegt und dann erst darüber nachdenkt, was er getan hat, der
kann ebenso in Schwierigkeiten geraten, wie wenn er in eine Tierfalle geraten
wäre. Es ist besser, erst nachzudenken und dann zu handeln.
Spr 20,26
Könige sind dafür verantwortlich, die Gottlosen von
den Gerechten auszusondern und zu versuchen, das Verhalten der Gottlosen zum
Guten zu beeinflussen, indem sie ihnen Strafen auferlegen. Ihre erste
Verantwortlichkeit wird durch das Aussondern (vgl. V. 8 ) und die zweite durch
das Dreschen angedeutet. In der Landwirtschaft wird das Getreide gedroschen,
bevor man es worfelt. Beim Dreschen wird ein Schlitten mit Eisenspitzen über die
Getreidehalme gezogen, um das Getreide von den Halmen zu lösen und um die Körner
von ihrer Umhüllung (der Spreu) zu scheiden. Beim Worfeln wirft der Bauer das
Getreide hoch, so daß der Wind die unerwünschte Spreu wegtragen kann. Ein König
(oder ein anderer Herrscher) sollte dafür sorgen, daß man die Gottlosen entdeckt
und sie bestraft. Das ist wichtig, um Ordnung und Gerechtigkeit
aufrechtzuerhalten.
Spr 20,27
Ein König spürt die Sünder auf (V. 26 ), und der Herr
erforscht das Herz des Menschen. Wie eine Lampe zeigt, was sich in der
Finsternis verbirgt, so offenbart Gott, was in dem Geist des Menschen ist, und
er erforscht sein Innerstes (vgl. V. 30 ).
Spr 20,28
Liebe ( HeseD , "treue Liebe"; vgl. V. 6 ) und Treue
(vgl. Spr 3,3;14,22; 16,6 ) sind für einen erfolgreichen Herrscher unbedingt
notwendig. Die Treue (Liebe) hält ihn auf dem Thron (vgl. Spr 16,12 ); Untreue
und Unverläßlichkeit könnten die Menschen dazu bringen, daß sie ihn durch einen
anderen Herrscher ersetzen.
Spr 20,29
In der hebr. Kultur hatten sowohl der junge als auch
der alte Mensch ihren besonderen Vorzug, den der andere jeweils nicht besaß. Die
Jungen waren auf ihre Stärke stolz und die Älteren auf ihre Weisheit, die in
ihrem grauen Haar zum Ausdruck kam (vgl. Spr 16,31 ).
Spr 20,30
Der Sinn der körperlichen Strafen ( Schläge, Wunden,
Prügel ) ist nicht die Zufügung von Schmerz, sondern die Abwendung eines
Menschen von der Sünde. Diese Strafe soll jedoch den Wandel eines Menschen nicht
aus Angst vor körperlichen Schmerzen verändern, sondern ihm helfen, zu reifen (
sein Innerstes zu reinigen; vgl. V. 27 ).
Spr 21,1
Kapitel 21 beginnt (V. 1-3 ) und endet (V. 30-31 ) mit
einem Verweis auf den Herrn. Spr 20,2.8.26.28 verweisen auf die Könige. Nun wird
der König noch einmal erwähnt. Das Herz des Königs ist in Gottes Hand (vgl. Pred
9,1 ), wie die Pläne aller Menschen (vgl. Spr 16,1.9 ). Der Bauer lenkt das
Wasser, indem er Kanäle gräbt. In ähnlicher Weise lenkt der Herr die Herzen der
Könige, wie zum Beispiel das Herz des Pharaos ( 2Mo 10,1-2 ), Tiglat-Pilesers (
Jes 10,5-7 ) und Artahsastas ( Esr 7,21; Neh 2,1-8 ). Gott ist allmächtig ( Spr
21,30 ).
Spr 21,2
Der Herr lenkt die Herzen der Könige, aber nicht nur
die der Könige (V. 1 ). Dieser Vers ist mit Spr 16,2 fast vollkommen identisch.
Ein Mensch mag der Meinung sein, daß an seinen Wegen (seinem Wandel; vgl. Spr
12,15 ) nichts Verkehrtes ist, aber der Herr weiß, was in seinem Herzen ist.
"Der Mensch sieht, was vor Augen ist, aber der Herr sieht das Herz an" ( 1Sam
16,7 ). Der Herr bewertet genau ( wiegen ; vgl. Spr 16,2;24,12 ) die Beweggründe
des Menschen, und er prüft sie ( Spr 17,3 ). Gott ist allmächtig ( Spr 21,1 )
und allwissend (V. 2 ).
Spr 21,3
Gott zieht den Gehorsam der Menschen - wenn sie tun,
was recht (vgl. V. 7 ) und gerecht ist - ihrem Opfer vor. In Israel waren die
Opfer kein Ersatz für das "Opfer" eines gerechten Wandels (vgl. 1Sam 15,22 ).
Dem Herrn war die Heuchelei eines Gottlosen, der Gott ein Tieropfer darbrachte,
ein Greuel (vgl. Spr 15,8;21,27 ).
Spr 21,4
Achtmal wird in diesem Kapitel auf die Gottlosen
verwiesen (V. 4.7.10.12 [zweimal]. 18.27.29 ). Hochmut (vgl. stolze Augen in Spr
6,17 ) und Stolz (vgl. Spr 21,24 ) sowie Heuchelei (V. 3 ) gedeihen bei den
Gottlosen. Aber Stolz ist Sünde. Stolz ist die Lampe der Gottlosen , d. h. er
ist ihr Leben (vgl. den Kommentar zu Spr 13,9; vgl. Spr 20,20;24,20 ).
Spr 21,5
Vers 5 und Vers 6 beziehen sich auf das Thema
Reichtum. Ein Mensch, der sorgsam und sorgfältig seine Arbeit plant und seine
Pläne ausführt, wird einem Nachlässigen gegenübergestellt, der übereilte
Entscheidungen trifft und hastig handelt, ohne die Dinge durchzudenken. Der eine
erwirtschaftet Gewinn , der andere gerät in Armut (vgl. Spr 14,23 ). Wie in Spr
10,4 wird die fleißige Arbeit mit Reichtum in Verbindung gebracht. Fleiß und
Faulheit werden in Spr 12,24.27 und Spr 13,4 einander gegenübergestellt, und die
Eile wird auch in Spr 19,2 und Spr 29,20 erwähnt.
Spr 21,6
Die Verse 6-8 sprechen von den Gottlosen - ihren
Lügen, ihrer Gewalttat und ihrem verderbten Handeln. Der auf unehrlichem Wege
(durch Lügen) erlangte Reichtum (Vermögen) hat keinen Bestand (vgl. Spr
10,2;13,11 ); er wird schnell wie ein Dampf dahinschwinden (vgl. Spr
23,4-5;27,24 ). ( Eine tödliche Falle lesen einige hebr. Manuskripte, die
Septuaginta und die Vulgata, aber die meisten hebr. Manuskripte haben: "die den
Tod suchen".) Der Gedanke ist entweder der, daß auf unehrlichem Wege erworbenes
Geld gefangen nimmt, anstatt einen Menschen zu segnen, ihn also schließlich zu
Tode bringen wird, oder daß das unehrliche Trachten nach Geld dem Trachten nach
dem Tod gleichkommt.
Spr 21,7
Menschen, die sich der Gewalttat an anderen Menschen
schuldig gemacht haben, werden merken, daß dieselbe Sache auf sie zurückfällt
(genauso wie böses Gerede; Spr 12,13 ); zuletzt werden sie weggeschleift wie
Fische, die in einem Netz gefangen sind. In Hab 1,15 wird das Verb gArar (
wegschleppen ) für den Fischfang und das Wegschleppen der Fische in einem Netz
gebraucht. Die Gottlosen werden bestraft werden, denn obwohl sie wissen, was
recht ist, weigern sie sich doch, es auch zu tun.
Spr 21,8
Die beiden Begriffe unredlich und aufrichtig
beschreiben den Wandel des Schuldigen und des Unschuldigen in dieser
Reihenfolge. Die hebr. Begriffe für "schuldig" und "unredlich" tauchen im AT nur
an dieser Stelle auf. Dieser Vers, der im antithetischen Parallelismus steht,
stellt der Verkrümmtheit (oder Unehrlichkeit) des schuldigen Menschen die
Aufrichtigkeit (oder Geradheit) des Gottesfürchtigen entgegen. In 20,11 wird
"unschuldig" (zak) mit "rein" und "aufrichtig" ( yASAr ) mit "redlich"
übersetzt. Interessanterweise ist in Spr 21,8 der hebr. Begriff für "schuldig"
wAzAr ; ihm folgt der ähnlich klingende hebr. Begriff für "aber ... der
Unschuldige" ( w+zak ).
Spr 21,9
Die Aussage über eine zänkische Frau wird in Spr 25,24
wiederholt. Ähnliche Gedanken werden in Spr 19,13;21,19;27,15-16 geäußert. Vers
9 und Vers 19 von Kapitel 21 sind zwei der 19 Formulierungen in den Sprüchen mit
besser als (vgl. den Kommentar zu Spr 12,9 ). In 21,9.19 wird darauf abgehoben,
daß es besser ist, sehr beengt zu wohnen ( in einer Ecke eines Daches , V. 9 ,
oder in einer Öde, "einer Wüste", V. 19 ), wo man zumindest Ruhe und Frieden
genießen kann, als in einem geräumigen Haus mit einer streitsüchtigen Frau
zusammen zu wohnen. Eine Frau, die Streit aufbringt, macht ein Haus zu einem
ungemütlichen Ort.
Spr 21,10
Den Gottlosen gelüstet es nach Bösem , als wenn er
davon abhängig wäre (vgl. Spr 4,16 ). Er benimmt sich sogar gegen seine Nächsten
niederträchtig.
Spr 21,11
Wie bereits in Spr 19,25 gesagt wurde (ein Vers, der
mit Spr 22,11 fast vollständig übereinstimmt), kann die öffentliche Bestrafung
eines Spötters den Einfältigen ( peTI , "den Unwissenden, Aufgeschlossenen")
dazu bringen, Weisheit anzunehmen.
Spr 21,12
Der Ausdruck der Gerechte bezieht sich hier auf Gott,
nicht auf einen Menschen, denn nur Gott weiß wirklich, was die Gottlosen tun und
kann sie ins Unglück bringen. Bringen heißt wörtlich "stürzen" (vgl. Spr
13,6;19,3;22,12 ).
Spr 21,13
Wer die Bedürfnisse der Armen ( dal , "schwach,
hilflos"; vgl. den Kommentar zu Spr 10,15 ) in seiner Gefühllosigkeit unbeachtet
läßt, der ist böse ( Spr 21,10-12 ). Er selbst wird kein Gehör finden, wenn er
sich in Not befindet.
Spr 21,14
Wer einem anderen Menschen ein Geschenk macht, der
kann dadurch dessen Ärger besänftigen, denn der Empfänger merkt, daß die Gabe
ein Beweis für die Liebe zu ihm oder zumindest für die Anteilnahme an ihm ist.
Sogar ein Bestechungsgeschenk im Verborgenen trägt dazu bei, daß der Zorn sich
mildert (vgl. Spr 17,8 ). Damit wird nicht die Bestechung entschuldigt (vgl. 2Mo
23,8; 5Mo 16,19 ); es wird nur eine Tatsache berichtet.
Spr 21,15
Vers 15 und Vers 16 beziehen sich auf die Bestrafung
des Bösen. Nur der Gerechte kann das Recht begrüßen, denn die Übeltäter sind
dessen Opfer. M +HittCh ("Bestürzung, Vernichtung, Verderben") wird mit
Schrecken übersetzt. Dieser Begriff wird in den Sprüchen mehr als in irgendeinem
anderen biblischen Buch verwendet (vgl. Spr 10,14-15.29;13,3;14,28;18,7 ).
Spr 21,16
Unweise zu sein wird hier mit dem Bild des Abirrens
von dem Pfad der Einsicht dargestellt ( RAKal , "klug sein"). Wer sich
absichtlich von einem weisen, gottesfürchtigen Wandel abwendet, der wird im Tod
enden. R +PA?Im wird wie in Spr 2,18;9,18 mit die Toten übersetzt (vgl. den
Kommentar zu Hi 26,5 ). Ein Unweiser verläßt die Gesellschaft der Weisen, und er
wird sich in der Gesellschaft der Toten wiederfinden!
Spr 21,17
Wer Vergnügen liebt (der Begriff wird in V. 15 mit
"Freude" übersetzt), der wird in Armut enden. M aHsNr ist noch ein anderer
Begriff für die Armut. Er bedeutet "mittellos, notleidend". Er kommt in den
Sprüchen häufiger vor als in irgendeinem anderen alttestamentlichen Buch ( Spr
6,11;11,24;14,23;21,5.17;22,16;24,34;28,27 ). Spr 21,17 a spricht sich nicht für
ein elendes, in Gleichmut ertragenes Dasein aus, sondern dagegen, daß ein Mensch
ausschließlich für das Vergnügen und sich selbst lebt. Wenn ein Mensch Wein und
Salböl liebt, wird er nicht reich werden.
Spr 21,18
Dieser Vers bedeutet nicht, daß der Gottlose den
Gerechten erlöst. Statt dessen könnte er bedeuten, daß der Gottlose, der dem
Gerechten Leid zugefügt hat, selbst leiden und dadurch für den Gerechten ein
Lösegeld werden wird, denn der Gottesfürchtige wird seitens des Gottlosen nicht
länger leiden.
Spr 21,19
Zu dem Ausdruck zänkische Frau vgl. den Kommentar zu
V. 9 (vgl. auch Spr 19,13;25,24;27,15 ).
Spr 21,20
Ein Weiser sammelt wie eine Ameise Nahrung an, um sich
auf den Winter vorzubereiten ( Spr 6,6-8 ), aber ein Törichter ist kurzsichtig.
Er denkt nur an die Freuden des Augenblicks und legt nichts für die Zukunft
zurück; er verzehrt seine ganze Nahrung und hat daher zwischen zwei Ernten
nichts zu essen.
Spr 21,21
Gerechtigkeit und Treue ( HeseD , Liebe) führen zum
Leben (vgl. Spr 3,18.22;4,13.22;8,35 ), zu Wohlergehen (vgl. Spr
3,2.16;8,18;13,21;15,6;28,25 ) und Ehre ( Spr 3,16.35;4,8;8,18 ). Diese drei
Segnungen werden auch in Spr 22,4 zitiert (vgl. Mt 6,33 ).
Spr 21,22
Ein Weiser ist in der Lage, die Mächtigen zu besiegen
(vgl. Spr 24,5 ). Der, dessen Stärke in einem weisen, gottesfürchtigen Wesen
liegt, wird bildhaft als einer dargestellt, der einen andern besiegt, der auf
seine körperliche Stärke vertraut. Die Weisheit verleiht Stärke und Sicherheit
(und auch die Segnungen, die in Spr 21,21 erwähnt werden).
Spr 21,23
Dieser Vers gleicht Spr 13,3 .Wenn man vorsichtig und
weise mit seinen Worten ist, dann ist das auch ein Weg, sich von Schwierigkeiten
fernzuhalten (vgl. Spr 12,13;14,3 ).
Spr 21,24
Drei Begriffe für Stolz beschreiben den Spötter (vgl.
V. 11 ; Spr 13,1;14,6;19,29;22,10 ): stolz, hochmütig, vermessen . Das erste und
das dritte Wort sind miteinander verwandt ( zED und zADNn ); das hebr. Wort für
"hochmütig" lautet HeseD yAhIr und wird nur an dieser Stelle und in Hab 2,5
verwendet. Im Hebr. werden in Spr 21,4 noch zwei andere Begriffe für hochmütig
und stolz gebraucht. Wer spottet, der zeigt damit, daß er sich für besser als
andere Menschen hält. Diese Einstellung ist Gott und anderen Menschen ein Greuel
(vgl. Spr 16,5 )!
Spr 21,25-26
Beide Verse sprechen von einem Faulpelz (vgl. den
Kommentar zu Spr 6,6.9 ). Er verlangt nach Dingen, aber weil er sich weigert, zu
arbeiten, wird er schließlich Hunger leiden. Im Gegensatz zu dem Faulen, der auf
Dinge begierig ist, die er nicht hat, hat der Gerechte vieles und gibt gern.
Spr 21,27
Wie bereits in Spr 15,8 festgestellt wurde, sind Gott
die Opfer ein Greuel, die die Gottlosen bringen, denn sie werden in
heuchlerischer Absicht dargebracht. Das Herz der Gottlosen steht nicht mit ihrem
Handeln im Einklang. Es ist jedoch noch schlimmer, wenn sie wissentlich mit
schändlichen Beweggründen Opfer darbringen und sich dem Priester vielleicht mit
Stolz oder Falschheit nähern.
Spr 21,28
Immer wieder sprechen sich die Sprüche gegen den
Meineid aus, also dagegen, daß man vor Gericht ein falsches Zeugnis ablegt ( Spr
6,19;12,17;14,5.25;19,5.9;25,18 ). Sowohl der falsche Zeuge als auch der Richter
oder auch andere Menschen, die diesen Weg gehen, werden umkommen. Gott bestraft
Betrug!
Spr 21,29
In seinem Hochmut und seiner Heuchelei macht der
Gottlose ein freches Gesicht . Er möchte die Menschen dazu bringen, daß sie ihm
glauben, häufig mit Täuschung oder Lüge. Auf der anderen Seite sinnt der
Gerechte ( Aufrichtige; vgl. V. 8.18 ) über seinen Wandel nach, bemüht sich,
ehrlich zu sein, frei von Heuchelei, und konsequent in all seinem Tun. Er möchte
sich sicher sein ( macht sich Gedanken über heißt wörtl. "er vergewissert
sich"), daß sein Handeln redlich ist. Das steht in scharfem Gegensatz zu dem
starrköpfigen und frechen Auftreten des Gottlosen, der keine Rücksicht kennt.
Spr 21,30
Die Weisheit des Menschen ist Gottes Weisheit nicht
ebenbürtig. Keine Weisheit und keine Pläne eines Menschen können letztendlich
die Pläne des Herrn vereiteln, denn er ist der Allmächtige (vgl. V. 1-2 ; Hi
42,2 ) und Allweise.
Spr 21,31
Die Anstrengungen der Menschen sind wie ihre Weisheit
(V. 30 ) begrenzt. Es hat keinen Zweck, gegen Gott zu kämpfen (V. 30 ). Soldaten
können zwar Pferde in der Schlacht gebrauchen, aber die Überlegenheit einer
Reitereinheit gegenüber den zu Fuß kämpfenden Soldaten ist noch keine Garantie
für den Sieg. Der Sieg kommt alleine vom Herrn, der Schlachten ungeachtet
menschlicher Anstrengungen wenden kann (vgl. Ps 20,8;33,17 ).
Spr 22,1
Ein guter Name (vgl. Spr 3,4; Pred 7,1 ), also ein
guter Ruf aufgrund eines guten Charakters, wird höher geschätzt als großer
Reichtum. Reichtümer sind sinnlos (vgl. Spr 1,19;10,2;13,11 ), wenn man seinen
Charakter zerstören muß, um sie zu erlangen.
Spr 22,2
Die Armen werden in diesem Kapitel mehrfach erwähnt
(V. 2.7.9.16.22 ). Ein Mensch mag Reichtum erlangen (V. 1 ), aber das grenzt ihn
nicht völlig von den Armen ab, denn beide sind Geschöpfe ihres Herrn (vgl. Spr
14,31 ). Gott kümmert sich um alle Menschen, und zwar ungeachtet ihrer
wirtschaftlichen Verhältnisse.
Spr 22,3
Dieser Vers wird in Spr 27,12 wiederholt, und ein
ähnlicher Gedanke wird in Spr 14,16 zum Ausdruck gebracht. Dies ist ein weiterer
Gegensatz zwischen dem Klugen ( ZArUm , "scharfsinnig im guten Sinne") und dem
Einfältigen ( peTI , dem "Unwissenden, Ungelehrten"). Der eine ist sich der
Gefahr bewußt und geht ihr in seiner Weisheit aus dem Weg (vgl. Spr 22,5 ); der
andere sieht vielleicht die Gefahr, aber er unternimmt keinerlei Anstrengung,
ihr aus dem Weg zu gehen, so daß er Schaden leidet. Diese Tatsache wird in Spr
7,7-23 veranschaulicht.
Spr 22,4
Demut und die Furcht des HERRN gehen Hand in Hand
(vgl. Spr 15,33 ). Ein Mensch kann Gott nicht fürchten (ihn anbeten, ihm
vertrauen, ihm gehorchen und ihm dienen) und gleichzeitig mit selbstsüchtigem
Stolz erfüllt sein. Reichtum, Ehre und Leben resultieren aus der Furcht Gottes,
und wie es in Spr 21,21 steht (vgl. den Kommentar dort), entspringen sie
ebenfalls einem gerechten Wandel. So stehen die Furcht des Herrn und die
Gerechtigkeit in enger Beziehung zueinander.
Spr 22,5
Die Gottlosen sehen sich Schwierigkeiten
gegenübergestellt: Dornen (vgl. Spr 15,19 ) und Schlingen (vgl. Spr 21,6 ) sind
auf ihren Wegen. Wie die Dornen hält sie ihr Wandel davon ab, voranzukommen, und
wie die Schlingen werden sie festgehalten wie ein gefangenes Tier. Ein Weiser
ist sich auf der anderen Seite dieser Folgen (vgl. Spr 22,3 ) bewußt, er sieht
sich vor und meidet die Pfade der Gottlosen.
Spr 22,7
Unglücklicherweise "herrscht" ein Reicher über einen
Armen, und ein Gläubiger ist der Herr über den Schuldner. Daraus wird deutlich,
daß ein Mensch vorsichtig sein sollte, bevor er einen großen Kredit aufnimmt.
Möglicherweise wird er zum Sklaven; er wird ein armer, unterdrückter Mensch.
Spr 22,8
Wer den Samen der Bosheit ( ZawlCh ,
"Ungerechtigkeit") sät, wird als Ernte Unglück ( ZAwen , "Elend oder Kummer";
vgl. Spr 12,21 ) einfahren. Unglück ist das unumgängliche Ergebnis der Sünde
(vgl. Hos 10,13; Gal 6,7 ). Wut bezeichnet "übermäßigen Zorn". Was die Gottlosen
mittels ihrer Wut oder ihres Zornes erlangen, wird keinen Bestand haben; ihre
Mittel und Wege werden sich totlaufen. Dieser Gedanke ist für die Unterdrückten
ermutigend. Das Unglück, das die Gottlosen über andere Menschen bringen, wird
auf sie selbst zurückfallen.
Spr 22,9
Der Begriff ein großzügiger Mensch heißt wörtl. "ein
gütiges Auge". (In Spr 23,6 und Spr 28,22 heißt "ein geiziger Mann" wörtl. "ein
böses Auge".) Wer bereit ist, sein Brot mit den Armen ( dal , "schwach,
hilflos") zu teilen, macht deutlich, daß er ein aufrichtiger Mensch ist; er
sieht andere und hat den Wunsch, ihnen zu helfen (vgl. die Großzügigkeit den
Armen gegenüber in 5Mo 15,10; Spr 14,21.31;28,27 ).
Spr 22,10
Ein Spötter (vgl. Spr
9,7-8.12;13,1;14,6;15,12;19,25.29; 21,11.24;24,9 ) bringt Streit (Zank) auf, und
er spricht Schmähungen aus ( qAlNn , "Schmach"; dieser Begriff wird in den
Sprüchen achtmal und nur neunmal an anderen Stellen gebraucht). Wenn man also
einen solchen Streithahn entfernt, dann verschwindet der Streit mit ihm.
Spr 22,11
Reinheit der Beweggründe und Gedanken ( ein reines
Herz ) und gütige Rede werden von einem König geschätzt (vgl. Spr 14,35;16,13 ).
Natürlich möchte er solche Leute um sich haben. Daher sind Reinheit und Güte von
Vorteil; sie verhelfen einem Menschen zu einer Freundschaft mit Führern in hohen
Positionen.
Spr 22,12
In seiner Allmacht (vgl. Augen des HERRN in Spr 15,3 )
behütet Gott die Erkenntnis. Auf der anderen Seite werden verächtliche (wörtl.
"treulose") Worte zu Fall gebracht werden ( sAlaP ; vgl. Spr 13,6;19,3;21,12 ).
Weise zu sein bedeutet dann, unter Gottes Schutz zu stehen. Unweise und treulos
zu sein, und zwar auch in dem, was ein Mensch sagt, bedeutet, auf einem Weg zu
gehen, der in der Enttäuschung endet.
Spr 22,13
Die ausgefallenen Entschuldigungen, die ein Fauler
nennt, um der Arbeit aus dem Weg zu gehen, sind lächerlich. (Zu dem Begriff
Faulpelz vgl. den Kommentar zu Spr 6,6 .) Höchstwahrscheinlich würde ein Löwe
(vgl. Spr 26,13 ) nicht in den Straßen einer israelitischen Stadt brüllen. Wenn
ein Fauler sich tatsächlich davor fürchtete, ermordet zu werden, dann würde er
sich niemals nach draußen begeben!
Spr 22,14
Wer auf die Worte einer Ehebrecherin hört und sich von
ihr zur Sünde verführen läßt (vgl. Spr 2,16-22;5,3-6;7,10-23 ), dem ist es, als
wenn er in eine Grube fällt (vgl. Spr 23,27 ), aus der es kein Entkommen gibt.
Die schrecklichen Folgen des Ehebruches sind Teil der Strafe Gottes, die er in
seinem Zorn über die Sünde ergehen läßt.
Spr 22,15
Die Torheit (von ?MwIl , ein hochmütiger, frecher,
verhärteter Tor) wohnt zwar im Herzen des Kindes, aber Zucht kann mit dazu
beitragen, daß diese Einstellung daraus verschwindet und die Weisheit an ihre
Stelle tritt. "Zucht" ( mUsAr ) ist die ethische Zurechtweisung, zu der auch die
Schläge gehören ( die Rute ; vgl. Spr 13,24;23,13-14;29,15 ), die mündliche
Zurechtweisung und andere Formen der Zucht.
Spr 22,16
Der Kauf von Einfluß oder Gunst mit Geschenken (vgl.
Spr 17,23 ) an diejenigen, die sie nicht brauchen (die Reichen), während sie die
Armen ( dal , "schwach, hilflos"; vgl. den Kommentar zu Spr 10,15 )
unterdrücken, um Reichtum zu erlangen, wird auf den Menschen zurückfallen, der
solches tut. Ironischerweise ist das Ergebnis solchen Tuns nicht der Reichtum,
sondern die Armut!
IV. Die Sprüche der Weisen
( 22,17-24,34 )
Dieser Abschnitt besteht aus zwei Teilen. Der erste
Teil ( Spr 22,17-24,22 ) wird mit den "Sprüchen der Weisen" ( Spr 22,17 )
eingeleitet, und der zweite Teil ( Spr 24,23-34 ) wird mit der Aussage "Dies
sind ebenfalls Sprüche der Weisen" ( Spr 24,23 ) eingeleitet. Hinsichtlich des
Stils enthält dieser Abschnitt mindestens 20 Beispiele, in denen zwei Verse
einen abgeschlossenen Gedanken enthalten, anstatt nur ein Vers wie in Spr
10,1-22,16 (vgl. z. B. Spr 22,17-18.20-21;23,1-2 ). Zudem haben sieben Verse
drei Zeilen anstatt der üblichen zwei Zeilen ( Spr 22,29;23,5.29.31;24,14.27.31
), und zwei Verse haben jeweils vier Zeilen ( Spr 23,7; 24,12 ). Der Ausdruck
"mein Sohn" wird 5mal gebraucht ( 2,15.19.26 ; Spr 24,13.21 ), wohingegen er in
den Kap. 1-9 15mal und nur einmal ( Spr 19,27 ) in Spr 10,1-22,16 und zweimal (
Spr 27,11;31,2 ) in dem Rest des Buches verwendet wird. Die Wendung "ein weiser
Sohn" kommt im Vergleich mit den fünf Stellen in Spr 10,1-22,16 nur einmal ( Spr
23,24 ) in Spr 22,17-24,34 vor.
Viele der Sprüche sind Warnungen, wobei davor gewarnt
wird, etwas Bestimmtes zu tun (vgl. Spr
22,22.24.26.28;23,3-4.6.9-10.13.17.20.22-23.31;24,1.15.17.19.21.28-29 ).
Interessanterweise nennen alle der 30 Sprüche in Spr 22,22-24,22 einen Grund für
die Warnung oder den anderslautenden Rat, und auch mehrere der Sprüche in Spr
24,23-34 enthalten eine Begründung.
Die Sprüche in Spr 22,17-24,34 wurden von weisen
Männern und nicht von Salomo geschrieben. Sie wurden entweder zu seinen
Lebzeiten oder aber erst später zusammengestellt. Die Gliederung in den
Kommentaren zu Spr 22,17-24,22 macht deutlich, wie dieser Abschnitt in 30
Sprüche aufgeteilt werden kann (z. B. Spr 22,22-23 der erste Spruch; Spr
22,24-25 der zweite Spruch).
Viele Gelehrte haben daran festgehalten, daß diese
Weisen bei dem ägyptischen Werk Die Anweisungen Amen-em-Opes Anleihen gemacht
hätten, das 30 Abschnitte umfaßt. Das scheint jedoch aus mehreren Gründen
unwahrscheinlich zu sein:
1) Die Sprüche in dem ägyptischen Werk sind viel
länger als die in den Sprüchen. Die 30 Kapitel in Amen-emOpe variieren in der
Länge von 7 bis 26 Zeilen, wohingegen die meisten Sprüche im Buch der Sprüche 4
Zeilen umfassen, wobei einige wenige etwas kürzer und einige wenige etwas länger
sind.
2) Die Datierung von Die Anweisungen Amen-em-Opes ist
umstritten. John A. Wilson schreibt: "Ein Zeitpunkt irgendwo zwischen dem 10.
und dem 6. Jahrhundert v. Chr. ist möglich, wobei einige Anzeichen für das 7. -
6. Jahrhundert sprechen" ( Ancient Near Eastern Texts Relating to the Old
Testament , Hg. James B. Pritchard, Princeton, N.J., 1955, S. 421). Wenn dieses
Werk 500 oder 600 Jahre v. Chr. verfaßt worden ist, dann war das also viel
später als die Zeit Salomos (er regierte 971 - 931 v. Chr.) und immer noch
später als Hiskias Regierung (715 - 686 v. Chr.). Die späteste Zeitangabe in den
Sprüchen ist die Zeit Hiskias ( Spr 25,1 ). Die Sprüche können also von dem
ägyptischen Werk nichts übernommen haben.
3) Eine ungewöhnlich kleine Zahl von Versen in Spr
22,22-24,22 sind dem ägyptischen Werk ähnlich. Pritchard zitiert D. C. Simpson,
der die folgenden Parallelen annimmt ( Ancient Near Eastern Texts Relating to
the Old Testament , S. 424, n. 46). Sprüche Die Anweisungen des Amen-em-Ope 1.
Rede, Spr 22,22-23 Kap. 2,4,4-5 2. Rede, Spr 22,24-25 Kap. 9,11,13-14 3. Rede,
Spr 22,26-27 Kap. 9, 13,8-9 4. Rede, Spr 22,28 Kap. 6, 7,12-13 5. Rede, Spr
22,29 Kap. 30, 27,16-17 6. Rede, Spr 23,1-3 Kap. 23, 23,13-18 7. Rede, Spr
23,4-5 Kap. 7, 9,14-10,5 8. Rede, Spr 23,6-7 Kap. 11, 14,5-10 8. Rede, Spr 23,8
Kap. 11, 14,17-18 9. Rede, Spr 23,9 Kap. 21, 22,11-12 10. Rede, Spr 23,10-11
Kap. 6, 7,12-15; 8,9-10 25. Rede, Spr 24,11 Kap. 8, 11,6-7
Nur 11 der 30 Sprüche im Buch der Sprüche weisen zu
neun der Kapitel des Werkes Amen-em-Ope Ähnlichkeiten auf. Das kann man kaum als
umfassende inhaltliche Anleihe oder als Abhängigkeit der Sprüche von dem
ägyptischen Werk betrachten. Entweder hat das Werk Amen-em-Ope Dinge von den
Sprüchen übernommen, oder beide Werke wurden unabhängig voneinander verfaßt. Daß
die Zahl 30 hier verwendet wurde, kann möglicherweise ein gebräuchlicher
literarischer Kunstgriff sein. Die Ähnlichkeiten zwischen dem säkularen
ägyptischen Werk und der Bibel macht nicht die Verbalinspiration der Schrift
zunichte, denn der Heilige Geist führte Männer so, daß sie genau das
niederschrieben, was Gott in den Sprüchen niedergeschrieben haben wollte, auch
wenn ein paar wenige dieser Sprüche mit den sprichwortähnlichen Sprüchen in
Ägypten Ähnlichkeiten aufwiesen.
A. Dreißig Sprüche der Weisen
( 22,17-24,22 )
1. Einleitung zu den Spr 1-10
( 22,17-21 )
Spr 22,17-19
Die Ermahnungen in Vers 17 , aufzumerken (vgl. Spr
4,1.20;5,1;7,24 ), zu hören (vgl. Spr 1,8;4,1.10.20;5,1.7;7,24;8,32-33 ) und
sein Herz zu wenden (vgl. Spr 2,2 ), sind Aufrufe, dem zu folgen und das zu
befolgen, was in den 30 Sprüchen dargeboten wird. Die Gründe für die Ermahnungen
werden in Vers 18-19 genannt: es ist lieblich , sich an die Sprüche zu erinnern
( behalte sie in deinem Herzen ) und sie zitieren und darüber sprechen zu können
( führe sie auf deinen Lippen) , denn sie ermutigen die Menschen, dem Herrn zu
vertrauen.
Spr 22,20-21
Zu den 30 Sprüchen vgl. den Kommentar unter der
Überschrift "IV. Die Sprüche der Weisen ( Spr 22,17-24,34 )". Der Rat in diesen
Sprüchen kommt aus der Erkenntnis der Weisen, deren Worte wahr waren. Noch
einmal (vgl. Spr 22,18-19 ) wird ein Grund genannt: auf daß der Lernende rechte
Antworten geben kann. "Recht" bedeutet "verläßlich". Dasselbe Wort, ?MmeT , wird
in Vers 21 mit verläßlich übersetzt. Die Wendung der dich gesandt hat, kann sich
auf den Lehrer oder den Herrn des Lernenden beziehen.
2. Die Spr 1-10
( 22,22-23,11 )
Spr 22,22-23
Der erste Spruch
Diese Verse sprechen eine strenge Warnung aus vor dem
Ausnutzen des Armen (vgl. Spr 14,31 ). Der Arme ( dal , "schwach, hilflos") und
der Bedürftige sind für böse Menschen eine leichte Beute, die vor Gericht durch
Bestechung und falsche Anschuldigungen ihre Sache durchbringen. Aber die
Schutzlosen werden vom Herrn verteidigt, der für ihre Sache kämpft und
gerechterweise von denen nimmt, die ungerechterweise von den Bedürftigen nehmen.
Spr 22,24-25
Der zweite Spruch
Die Warnung ist hier folgende: Werde nicht der Freund
und habe auch keinen Umgang mit einem hitzköpfigen Mann (wörtl. "ein Besitzer
oder Herr des Zorns"; vgl. Spr 19,19 ) oder mit einem Menschen, der leicht in
Zorn gerät (wörtl. "ein Mann des Zorns"), denn solch eine Verbindung bringt
einen Menschen dazu, den Weg des Zorns zu gehen, der als töricht ( Spr 14,17.29
), entzweiend ( Spr 15,18 ) und sündhaft ( Spr 29,22 ) bezeichnet wird; man wird
in einer Situation gefangen (vgl. Spr 29,6 ), aus der man nur schwer wieder
herauskommt.
Spr 22,26-27
Der dritte Spruch
In den Sprüchen wird mehrfach das hohe Risiko erwähnt,
das ein Mensch eingeht, wenn er für die Schulden eines anderen Menschen bürgt (
Spr 6,1-5; vgl. den Kommentar dort; Spr 11,15;17,18;20,16;27,13 ). Mit
Handschlag bekräftigen bedeutet, eine Übereinkunft zu bekräftigen. Wenn ein
Schuldner nicht bezahlen kann, wird der Gläubiger dem Bürgen nachsetzen, und
wenn der Bürge nicht bezahlen kann, dann können ihm seine Möbel als Bezahlung
weggenommen werden. Diese ernsten Folgen resultieren daraus, wenn ein Mensch
sich töricht in die finanziellen Angelegenheiten anderer Menschen einmischt.
Spr 22,28
Der vierte Spruch
Sechsmal erwähnt die Bibel die Sünde des Versetzens
von Grenzsteinen ( 5Mo 19,14; 27,17; Hi 24,2; Spr 22,28;23,10; Hos 5,10 ). Ein
Bauer konnte leicht den Umfang seines eigenen Landes vergrößern und den seines
Nachbarn verkleinern, wenn er die Steine an den Grenzlinien versetzte. Mit
dieser Art Diebstahl wurde das achte Gebot verletzt ( 2Mo 20,15 ).
Spr 22,29
Der fünfte Spruch
Wer fleißig und geschickt ( mAhIr kann auch "schnell
oder prompt" bedeuten) arbeitet , der nimmt am leichtesten auf seinen
Arbeitgeber Einfluß. Fleiß hat häufig eine Beförderung zur Folge (den Dienst vor
Königen und nicht nur vor Niedrigen). Wenn ein König (oder ein anderer Führer)
von einem guten Arbeiter hört, wird er ihn einstellen wollen.
Spr 23,1-3
Der sechste Spruch
Wenn man zu einem Festmahl eingeladen ist, das von
einem angesehenen Gastgeber gegeben wird (z. B. von einem Herrscher), dann
sollte man demütig und zurückhaltend sein. Man sollte sich darüber klar sein,
was um einen vorgeht, und wenn man in der Versuchung steht, gierig zu sein (vgl.
V. 21 ; Spr 28,7 ), dann sollte man seinen Appetit zügeln. Es klingt komisch,
wenn dem Gast hier der Rat gegeben wird, ein Messer an seine Kehle zu setzen
(anstatt an sein Essen)! Damit ist nicht gemeint, daß er Selbstmord begehen
sollte, sondern daß er keine Völlerei betreiben sollte. Das hebr. Wort nePeS
wird interessanterweise mit gierig übersetzt. Der Begriff hat verschiedene
Bedeutungen, die sich auf das Leben eines Menschen ( Spr 13,3.8 ), die eigene
Person ( Spr 19,8;21,23 ), den Hunger eines Menschen ( Spr 16,26 ), auf sein
Verlangen ( Spr 10,3 ) und auf den Sitz dieses Verlangens ( Spr 21,10 heißt
wörtl. "die böse Seele sehnt sich nach") beziehen. Daher kommt der Gedanke der
Gier in Spr 23,2 .
Die Delikatessen bei einem königlichen Festmahl können
trügerisch sein. Der gastgebende Herrscher mag freundlich zu sein scheinen ,
wenn ein aufwendiges Mahl serviert wird, aber in Wirklichkeit plant er
vielleicht, seinen Gast zu verraten oder ihm eine Ungerechtigkeit zuzufügen
(vgl. V. 7 ). Das Festmahl dient vielleicht bloß der Schmeichelei.
Spr 23,4-5
Der siebte Spruch
Diese Verse warnen davor, sich um der Erwerbung von
Reichtümern willen zu überarbeiten. Damit wird nichts gegen fleißige Arbeit
gesagt, aber dagegen, daß ein Mensch sich selbst für Geld verzehrt. Weise
Beschränkung auf diesem Gebiet (wie auch bei dem, was man bei einem Festmahl
ißt, V. 1-2 ) tut not, und zwar ganz besonders in der gegenwärtigen Zeit, da der
Materialismus viele Menschen zu zuviel Arbeit antreibt, um noch mehr Geld
anzuhäufen. Der Grund für diesen Ratschlag ist der folgende: Reichtümer sind
vergänglich und unbeständig (vgl. Spr 27,24 ). Der erste Teil von Spr 23,5
lautet wörtl.: "Wenn du ihm (d. h. dem Reichtum) deine Augen nachfliegen läßt".
Ironischerweise ist die Folge davon, daß man dem Reichtum nachfliegt, daß dieser
wie ein Adler wegfliegt.
Spr 23,6-8
Der achte Spruch
Vers 1-3 warnen vor dem gierigen Verschlingen des
Essens, das von einem großzügigen Herrscher serviert wird Vers 6-8 warnen vor
dem Verzehr von Essen, das von einem Geizigen (wörtl. "ein böses Auge"; dieser
Begriff wird im Alten Testament nur an dieser Stelle und in Spr 28,22 verwendet;
vgl. den Kommentar zu "einem großzügigen Mann", wörtl. "ein gütiges Auge" in Spr
22,9 ) serviert wird. Wenn einem Menschen bei seinen Delikatessen der Mund
wässrig wird, dann ist das ebenso falsch und gefährlich, wie wenn man nach den
köstlichen Speisen giert, die ein Herrscher aufträgt ( Spr 23,3 ). Wenn ein Gast
merkt, daß sein Gastgeber nur an die Kosten des Mahles denkt, während er
Großzügigkeit ( iß und trink ) heuchelt, wird der Gast davon abgestoßen. Der
Gast möchte das Mahl erbrechen (oder ausspeien), denn es ist nicht mit
Ehrlichkeit aufgetragen worden, und er merkt, daß seine artigen Worte
Verschwendung waren.
Spr 23,9
Der neunte Spruch
Einen Toren ( k+sIl , "dummer, sturer Tor"; vgl. den
Kommentar zu Spr 1,7 ) zu unterweisen versuchen, ist eine sinnlose
Angelegenheit. Er begrüßt das nicht, was ein Lehrer in seiner Klugheit ( REKel ,
"Klugheit" wird mit Weisheit übersetzt; der Begriff wird auch in Spr
12,8;13,15;16,22 und Spr 19,11 gebraucht) ihm mitteilt.
Spr 23,10-11
Der zehnte Spruch
Vers 10 a stimmt mit Spr 22,28 a überein, und Spr
23,10 b. 11 weist einige Ähnlichkeiten mit Spr 22,22-23 auf. Wer einem Nachbarn
Land stiehlt, indem er seine Grenzsteine versetzt, der handelt schlimm genug,
aber den Kindern einer Witwe die Felder wegnehmen ist noch schlimmer! Der Herr
ist um die Waisen besorgt ( 5Mo 10,18; Ps 10,14.17-18;68,6;82,3;146,9 ) und
steht all denen entgegen, die die Waisen schlecht behandeln oder ihnen etwas
wegnehmen. Er ist ihr Beschützer ( gO?El , eine Person, die dafür verantwortlich
war, für die Bedürfnisse eines schutzlosen oder in Not geratenen Verwandten zu
sorgen).
3. Einleitung zu den Spr 11-30
( 23,12 )
Spr 23,12
Dieser Vers unterbricht die lange Aneinanderreihung
von Sprüchen und bildet die Einleitung zu den Spr 11-30 , so wie Spr 22,17-21
die Einführung zu den Sprüchen 1-10 war. Neige dein Herz (vgl. Spr 22,17 b)
deutet auf Fleiß und auf den Wunsch nach Unterweisung ( mUsAr , der Begriff wird
häufig mit "Zucht" übersetzt; vgl. 23,13 ) hin. Neige deine Ohren ist eine
weitere Wendung für "merke auf und hör zu" (vgl. Spr 22,17 a).
4. Die Spr 11-30
( 23,13-24,22 )
Spr 23,13-14
Der elfte Spruch
Kinder brauchen Zucht ( mUsAr , "ethische
Zurechtweisung", sowohl im verbalen als auch im körperlichen Bereich; vgl. Spr
1,2.7 ). Körperliche Strafen (durch die Rute oder einen Stock; vgl. Spr
13,24;22,15;29,15 ) werden in der Bibel gebilligt, obwohl "Rute" auch bildhaft
für jede Form der Züchtigung gebraucht werden kann. Der Schmerz, den die Schläge
verursachen, läßt die Eltern und das Kind vielleicht annehmen, daß das Kind
sterben könnte, aber das ist nicht der Fall. Die Strafe wird das Kind vor dem
Tod ( S+?Nl , das Grab) erretten und nicht seinen Tod verursachen .
Spr 23,15-16
Der zwölfte Spruch
Dieser Appell an meinen Sohn (vgl. V. 19.26 )
veranschaulicht, daß ein weises Kind aus der elterlichen Zucht lernt (V. 13-14
). Die Tatsache, daß ein weiser Sohn eher als ein törichter Sohn das Herz seines
Vaters erfreut, wird auch in Spr 10,1;15,20;23,24;27,11 und Spr 29,3
festgehalten. Die Weisheit muß von einem Menschen in seinem Herzen (vgl. Spr
23,17.19.26; vgl. auch V. 12 ; Spr 22,17 ) verinnerlicht werden. Das Herz des
Vaters und sein Innerstes beziehen sich auf sein geistiges und emotionales Ich.
Ein weises Herz wird durch rechte Rede offenbar.
Spr 23,17-18
Der 13. Spruch
Es ist unvernünftig, die Sünder zu beneiden (vgl. Spr
3,31;24,1.19; Ps 37,1 ) und das tun zu wollen, was sie tun, denn sie haben
keinerlei Hoffnung ( Spr 24,20 ), wohingegen die Weisen und Gottesfürchtigen
Hoffnung besitzen. Das unmittelbar einsetzende Vergnügen der Sünde kann mit der
letzten Hoffnung nicht verglichen werden, die mit der Furcht des HERRN in
Verbindung gebracht wird (vgl. Spr 19,23;24,21 ).
Spr 23,19-21
Der 14. Spruch
Wer auf die Unterweisungen seines Vaters hört und den
rechten Weg gehen möchte (d. h. den rechten Wandel führen möchte), ist ein
weiser Sohn. Auf dem "rechten Weg" zu bleiben, bedeutet etwa, sich nicht der
Trunkenheit (vgl. den Kommentar zu Wein zu Spr 20,1 ) und der Völlerei (vgl. Spr
23,2 ) zu ergeben. Diese beiden Sünden sind die Ursache für Schläfrigkeit, die
Faulheit und Armut nach sich zieht. Anderweitige böse Auswirkungen des Trinkens
werden in den Versen 29-35 erörtert.
Spr 23,22-23
Der 15. Spruch
Die Verse 22.24-25 beziehen sich auf den Vater oder
die Mutter eines Menschen oder auf beide. Noch einmal wird dazu aufgefordert,
die Unterweisung der Eltern zu bewahren und ihren Rat zu befolgen. Diese Aussage
wird in den Sprüchen mehrfach wiederholt. Dies geschieht offensichtlich wegen
der Neigung der Kinder, eigene Wege zu gehen. Weise Kinder achten ihre Eltern,
wenn sie alt geworden sind. Wer sie verachtet ( bUz , "herabsehen"; dieses Verb
wird in den Sprüchen häufig gebraucht; vgl. den Kommentar zu Spr 1,7 ),
mißachtet das fünfte Gebot ( 2Mo 20,12 ). Wer die Wahrheit erwerben will, der
muß wohl alle Energie- oder Geldreserven angreifen, um die Wahrheit zusammen mit
Weisheit, Zucht ( mUsAr , vgl. den Kommentar zu Spr 23,12-13 ) und Verständnis
(vgl. Spr 1,2-6 ) zu erlangen.
Spr 23,24-25
Der 16. Spruch
Vers 24 ist ein weiterer Beweis dafür, daß in den
Sprüchen die Weisheit (vgl. V. 15 ) in Gottes Augen mit Gottesfurcht oder
Gerechtigkeit gleichzusetzen ist. Interessanterweise wird das hebr. Wort gIl
sowohl mit hat große Freude als auch mit frohlocken übersetzt, und RAmaH wird
mit freut sich und ist fröhlich wiedergegeben. Von dem Vater wird gesagt, daß er
dem Sohn das Leben gegeben hat (V. 22 ), und die Mutter hat den Sohn geboren.
Ein weiser, gottesfürchtiger Wandel im Gehorsam gegenüber der Zucht der Eltern
ist nicht nur zum Vorteil für das Kind; auch für die Eltern ist es wohltuend.
Spr 23,26-28
Der 17. Spruch
Noch einmal wurde der Sohn ( mein Sohn ; vgl. V. 15.19
; Spr 24,13.21 ) ermahnt, den Lehren seines Vaters Folge zu leisten. Die Worte
gib mir dein Herz (vgl. Spr 23,15.17.19 ) appellieren an die Gedanken und
Wertvorstellungen des Sohnes, auf daß er mit seinem Lebenswandel ( Weg ) dem
seines Vaters nacheifern möge. Die Augen des Sohnes wie auch seine Lippen ( Spr
22,18 ) und seine Ohren ( Spr 23,12 ) sind von großer Bedeutung. Was ein Mensch
sieht, sagt und hört, sollte dem Herrn wohlgefallen. Daß der Vater sich so
dringend an den Sohn wendet, hängt mit den Gefahren auf sexuellem Gebiet für den
Sohn zusammen (vgl. Spr 5,20;6,24;7,5;20,16 ). Zwei Arten unmoralischer Frauen
hat der Vater hier im Blick: die unverheiratete Frau (die Hure ) und die
verheiratete Frau (die Fremde ). (Zu den hebr. Worten für diese Ausdrücke vgl.
den Kommentar zu Spr 2,16 .) Moralisch verwerfliche Frauen sind wie eine tiefe
Grube (vgl. Spr 22,14 ) oder ein Brunnen, in den sie Männer einsperren und
gefangennehmen (vgl. Spr 6,27-35; 7,21-27 ). Sie machen es ihnen unmöglich, den
Folgen zu entfliehen. Männer sollten vor der Fremden auf der Hut sein, die sie
verführen möchte und sie plötzlich anspringt (vgl. Spr 7,7-10 ) wie ein Räuber,
der zu seinen Opfern noch ein weiteres hinzufügt. Natürlich warnt die Bibel auch
vor Männern, die Frauen verführen.
Spr 23,29-35
Der 18. Spruch
Diese Verse stellen die längste und ausdrücklichste
Warnung in den Sprüchen vor der Trunkenheit dar (vgl. V. 20-21 ; Spr 20,1;31,4-5
). Sechs Fragen lenken die Aufmerksamkeit auf die Probleme im Gefühlsbereich (
Kummer und Sorgen ), auf die gesellschaftlichen Probleme ( Streit und Klagen )
und auf die physischen Probleme ( Wunden - die man sich durch Schläge zuzieht
oder aber dadurch, daß man beim Torkeln auf Dinge prallt - und trübe Augen ),
die daraus entstehen, daß man lange über dem Wein und gemischten Getränk (
mimsoK ; dieser Begriff wird nur hier und in Jes 65,11 verwendet) verweilt. Der
Wein scheint anziehend zu sein ( Spr 23,31 ); er ist rot, er funkelt, und er ist
lieblich - er spricht also das Auge und den Geschmackssinn an. Aber letztendlich
( am Ende ; vgl. Spr 5,4;14,12;16,25;19,20;25,8;28,23;29,21 ) ist er
zerstörerisch und verursacht Schmerzen wie ein Schlangenbiß.
Die Trunkenheit verursacht auch geistige
Schwierigkeiten ( Spr 23,33 ): Sie ruft Halluzinationen hervor und gaukelt dem
Menschen verworrene ("verkehrte oder abnormale") Dinge vor. Im physischen
Bereich kann ein Betrunkener das Gleichgewicht nicht halten, wenn er geht. In
seiner Benommenheit meint er vielleicht selbst, daß er sich wie ein Seemann
bewegt, der an der Spitze der Takelage (im Mastkorb) eines Schiffes hin-und
herschwankt. Der Betrunkene fühlt auch keinen Schmerz mehr, wenn er geschlagen
wird (vgl. "Wunden"; Spr 23,29 ). Er wird sich zwar seiner Benommenheit bewußt,
aber er möchte sie loswerden, indem er nach noch einem Glas verlangt. Der
Alkohol beherrscht ihn; er ist zum Sklaven des Weines geworden.
Spr 24,1-2
Der 19. Spruch
Dreimal wird in diesen 30 Sprüchen eine Warnung vor
dem Neidischsein auf die Gottlosen ausgesprochen (vgl. Spr 23,17;24,19; vgl.
auch Spr 3,31 ). In Spr 23,17-18 und Spr 24,19-20 ist der Grund, warum man die
Sünder nicht beneiden soll, der, daß sie eine finstere Zukunft vor sich haben.
Hier ist der Grund der, daß sie Gewalttaten planen (vgl. V. 8 ) und über das
Unglück sprechen, das sie über andere Menschen bringen wollen (vgl. Spr 1,10-19
). Was sie in ihrem Herzen haben, das kommt bei ihrer Rede (Lippen ; vgl. Spr
4,23-24 ) heraus.
Spr 24,3-4
Der 20. Spruch
Die Spr 20-22 betreffen die Weisheit. In diesen
Sprüchen wird mehrmals davon gesprochen, daß Menschen böse Pläne schmieden ( Spr
3,29;6,14;12,20;14,22;16,27.30;24,2.8 ). Das beste ist, sich von solchen
Menschen fernzuhalten. Durch Weisheit, Erkenntnis und Wissen werden Häuser
gebaut, gegründet und mit Schätzen gefüllt . Diese Aussage mag im wörtlichen
Sinn den Bau von Häusern meinen oder aber, was wahrscheinlicher ist, ein
Unternehmen allgemein. Torheit und Sünde tragen zur Sicherheit und zum
Wohlergehen eines Menschen im Gegensatz zur Weisheit nichts bei. Diese Tatsache
steht der Gewalttat gegenüber, die in Vers 2 erwähnt wird.
Spr 24,5-6
Der 21. Spruch
Die Weisheit gibt nicht nur Stärke und verhilft zum
Wohlstand (V. 3-4 ), sie gibt auch Stärke, um die verschiedenen Aufgaben zu
erfüllen (vgl. Spr 21,22 ). Ein Weiser verläßt sich nicht auf sich selbst; er
sucht Rat bei anderen, wie er eine Schlacht gewinnen könnte (vgl. Spr
11,14;20,18; vgl. auch Spr 15,22 ). Zu dem Begriff Beratung vgl. den Kommentar
zu Spr 1,5 .
Spr 24,7
Der 22. Spruch
Ein Tor ( ?MwIl , "ein hochmütiger, verhärteter Tor";
vgl. den Kommentar zu Spr 1,7 ) kann an der Weisheit keinen Gefallen finden, er
versteht sie nicht und kann auch selbst nichts Weises sagen. Die Weisheit (der
Begriff steht hier zur Hervorhebung im Pl. wie in Spr 1,20;9,1 ) ist ihm zu
hoch. Daher schweigt der Narr (oder sollte schweigen) im Tor, wo die
Gerichtsentscheide gefällt wurden.
Spr 24,8-9
Der 23. Spruch
Ein Mensch, der immer wieder darauf sinnt, wie er
Ränke schmieden kann (vgl. V. 2 ), wird als Ränkeschmied bekannt (wörtl. "ein
Besitzer oder Herr böser Pläne"; vgl. Spr 12,2;14,17 ). Solches Ränkeschmieden
ist töricht, denn es ist sündhaft und führt zum Spotten (vgl. den Kommentar zu
ein Spötter bei Spr 13,1 ), das die Menschen hassen (vgl. Spr 8,7;16,2;29,27 ).
Spr 24,10
Der 24. Spruch
Wer dem durch Unglück (ein anderes Wort für Unglück in
V. 2 bedeutet "Sorge oder Unheil") verursachten Druck nachgibt, macht deutlich,
daß seine Stärke nur begrenzt ist. Damit mag unterschwellig angedeutet werden,
daß dieser Mensch nicht weise ist, denn die Weisheit verleiht Stärke, wie in
Vers 5 festgestellt wird. Das Hebr. hat ein Wortspiel, bei dem der Begriff für
gering ( Qar , "beschränkt, knapp, begrenzt") direkt nach dem Begriff für
"Unglück" ( QArCh ) steht.
Spr 24,11-12
Der 25. Spruch
Vers 10 nimmt auf das Unglück Bezug, das über einen
Menschen kommt; die Verse 11-12 sprechen von dem Unglück, das über andere
Menschen hereinbricht. Die Menschen hier, die zum Tod und zur Schlachtung
geschleppt werden, sind vielleicht Opfer ungerechter Unterdrückung, also keine
schuldigen Menschen, die verurteilt werden. Manche Menschen mögen behaupten, daß
sie von der Situation der anderen nichts wußten, aber Gott weiß, wer schuldig
ist oder nichts wissen will, und er wird darüber Richter sein (er wird vergelten
; vgl. Mt 25,41-46 ). Er prüft die Herzen (vgl. Spr 21,2 ), d. h. er kennt und
erwägt die innersten Beweggründe und Gedanken der Menschen. Gott nimmt sich der
Situation der Armen und der Hilflosen an (vgl. Spr 22,22-23;23,10-11 ).
Spr 24,13-14
Der 26. Spruch
So wie Honig , die süßeste Speise, die im alten Orient
bekannt war, gut ist und süß schmeckt, so bringt die Weisheit Gewinn, und sie
ist gut für die Seele, denn sie gibt einem Menschen Hoffnung für die Zukunft
(vgl. Spr 23,18 ). Der Honig wird in den Sprüchen sechsmal erwähnt ( Spr 5,3;
24,13; 25,16.27; 27,7 [zweimal]). Die Anrede mein Sohn kommt in den 30 Sprüchen
fünfmal vor ( Spr 23,15.19.26;24,13.21 ).
Spr 24,15-16
Der 27. Spruch
Die Spr 27-29 sind Warnungen wie die Spr 1-4; 6-11;
14; 18-19 . Die Verse 15-16 warnen davor, daß es für den Gottlosen vergeblich
ist, wenn er versucht, den Gerechten und seine Besitztümer zu vernichten. Durch
Gottes Bewahrung erholt sich der Gerechte von den Diebstählen und Angriffen,
aber die Gottlosen, die andere zu diesen Ränken angestiftet haben (vgl. V. 2.8
), merken, daß sie diejenigen sind, die leiden (vgl. Spr 1,18-19 ). Beispiele
dafür, daß die Missetat eines Menschen auf ihn selbst zurückfällt, werden in Dan
3 und Dan 6 beleuchtet.
Spr 24,17-18
Der 28. Spruch
Gott erzürnt sich über die, die sich über den Fall
eines anderen Menschen hämisch freuen . Die Tatsache, daß ein Mensch angesichts
des Unglücks eines Armen Schadenfreude empfindet, wird in Spr 17,5 verurteilt;
in Spr 24,17 wird die Schadenfreude sogar dann verboten, wenn sich ein Feind in
Schwierigkeiten befindet. Schadenfreude bringt Gott unter Umständen dazu, daß er
sich auf die Seite des Feindes stellt und seinen Zorn von dem Feind abwendet.
Schadenfreude ist Gott ein Greuel, weil man sich damit über andere Menschen
erhebt.
Spr 24,19-20
Der 29. Spruch
Zum dritten Mal wird in den 30 Sprüchen verurteilt,
die Sünder zu beneiden (vgl. Spr 23,17;24,1 ). Es ist falsch, wenn man sich über
das ärgert, was die Sünder haben und tun (vgl. Ps 37,1 ), und sich wünscht, mit
ihnen gemeinsame Sache zu machen, denn sie haben keine Zukunftshoffnung. Sie
werden sterben (zu der Lampe, die ausgelöscht wird , vgl. den Kommentar zu Spr
13,9 ). Die Gerechten und die Weisen haben auf der anderen Seite Hoffnung für
die Zukunft (vgl. Spr 23,18;24,14 ). Die Worte böse und gottlos werden in den
beiden Versen 19.20 als Synonyme gebraucht.
Spr 24,21-22
Der 30. Spruch
Es ist durchaus angemessen, daß der letzte der 30
Sprüche von der Furcht des Herrn (vgl. den Kommentar zu Spr 1,7 ) redet. Der
Herr und der König - diese beiden - bestrafen die Aufrührer (vgl. Röm 13,1-7;
1Pet 2,13-17 ). Die Wendung: das Verderben, das sie bringen können , bezieht
sich entweder auf die Schwierigkeiten, die die Aufrührer über andere Menschen
bringen, oder, was wahrscheinlicher ist, auf das Verderben, das Gott und der
König über die Aufrührer bringen. Das hebr. Wort für "Unglück" ( pID ) wird nur
an dieser Stelle in den Sprüchen und viermal im Buch Hiob verwendet.
B. Weitere Sprüche der Weisen
( 24,23-34 )
Diese Verse enthalten weitere sechs Sprüche der Weisen
(vgl. den Kommentar zu Spr 22,17 ). Diese Sprüche erörtern die Themen
Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit bei Gericht, Ehrlichkeit, Prioritäten,
falsches Zeugnisgeben, Rache und Faulheit.
1. Der erste
( Spr 24,23-25 )
Spr 24,23-25
In 5Mo 1,17; 16,19; Spr 17,15;18,5 und Spr 28,21 wird
das Parteiergreifen im Gericht verurteilt. Es ist auch nicht gut, den Schuldigen
freizulassen (vgl. den Kommentar zu Spr 17,26 ). Wenn das Recht verkehrt wird,
werden die Führer verflucht und verurteilt. Auf der anderen Seite bringt die
Ausübung von Gerechtigkeit gegen die Schuldigen den Richtern reichen Segen ein;
jene Richter werden geachtet und geschätzt.
2. Der zweite
( Spr 24,26 )
Spr 24,26
Eine ehrliche Antwort heißt wörtl. "aufrichtige oder
gerade Worte". Das paßt wohl zu Vers 24-25 . Inwiefern gleichen sie ehrlichen
Worten und Küssen? Wie ein ernstgemeinter Kuß die Zuneigung eines Menschen
deutlich macht und eine schöne Sache ist, zeigt eine ehrliche (und vielleicht
freimütige) Anwort Anteilnahme, und sie wird begrüßt.
3. Der dritte
( Spr 24,27 )
Spr 24,27
Die Israeliten, von denen die meisten Land bebauten,
mußten pflügen und den Samen säen ( ihr Feld bestellen ; vgl. den Kommentar zu
V. 30-31 ), bevor sie sich den nächstliegenden Annehmlichkeiten widmen konnten.
Ob man den Begriff Haus wörtlich (in dem Sinne, daß hier von einem wirklichen
Hausbau die Rede ist) oder nur bildhaft auffaßt (in dem Sinne, daß ein Mensch
heiratet und eine Familie gründet) - das Prinzip bleibt doch dasselbe: Es ist
wichtig, daß man sich Prioritäten setzt.
4. Der vierte
( Spr 24,28 )
Spr 24,28
Vers 23 b. 24-25 hatten die Richter zum Thema; Vers
28-29 handeln von den Zeugen vor Gericht. Ein falsches Zeugnis abzulegen und
dadurch den Ruf eines Menschen zu schädigen oder auf unrechtem Wege von ihm
Dinge zu erlangen oder ihm sogar das Leben zu nehmen, wird in den Sprüchen immer
wieder untersagt (vgl. den Kommentar zu Spr 6,19 ). Das neunte Gebot verbietet
solches Vorgehen ( 2Mo 20,16 ). Wer bei dem betrügt, was er vor Gericht aussagt,
der handelt falsch (vgl. den Kommentar zu "Trug" in Spr 12,20 ).
5. Der fünfte
( Spr 24,29 )
Spr 24,29
Wenn dieser Vers mit Vers 28 in Verbindung steht (also
nicht für sich alleine steht), dann bezieht er sich in besonderer Weise auf die
Rache für einen Meineid. Wenn der Sprüche für sich alleine steht, dann handelt
es sich um eine allgemeinere Warnung vor der Rache (vgl. 5Mo 32,35; Ps 94,1; Spr
20,22; Röm 12,19; Hebr 10,30 ).
6. Der sechste
( Spr 24,30-34 )
Einige dieser Aussagen über den Faulen sind den
Aussagen in Spr 6,6-11 ähnlich (vgl. den Kommentar dort). Der Autor machte
einige Beobachtungen zur Faulheit ( Spr 24,30-31 ), sann darüber nach (V. 32 )
und zog einige Schlüsse über die Folgen der Faulheit, womit er sich an den
Faulen wandte (V. 33-34 ).
Spr 24,30-31
Der Faule , ein Begriff, der in den Sprüchen 13mal
gebraucht wird, wird hier ein Mensch genannt, dem es an Erkenntnis mangelt (vgl.
den Kommentar zu Spr 6,32;10,13 ). Der Faule wird mit seinen Feldern nicht
fertig (vgl. Spr 24,27 ). Er vernachlässigt sie so sehr, daß Dornen und Unkraut
darauf wachsen (vgl. Spr 15,19 ), so daß für die Ernte kein Raum mehr übrig
bleibt. Die steinerne Mauer um das Feld herum zerfällt.
Spr 24,32-34
Der Schreiber dieser Verse sann über das nach, was er
beobachtet hatte und erkannte daran die Lehre: Lässigkeit - man bleibt im Bett
und ruht sich aus, wenn es eigentlich Zeit zum Arbeiten wäre - führt zu Armut
(vgl. den Kommentar zu Spr 6,11 ). Wenn der Faule zur Erntezeit keine Ernte
einfahren kann, dann hat er nichts zu essen und nichts, was er anderen verkaufen
könnte, um damit Geld zu verdienen. Plötzlich wird er sich bewußt, wie seine
Lage wirklich ist; die Armut überrascht ihn wie ein Räuber, oder sie kommt so
plötzlich wie ein angreifender Soldat. Interessanterweise beginnen die 30
Sprüche mit einer Erwähnung der Armen ( Spr 22,22; dal , "schwach, hilflos"),
und die sechs zusätzlichen Verse enden mit einem Bezug auf die Armut ( maHsNr ;
"Mangel haben, in Not sein").
V. Die Sprüche Salomos, die von Hiskias Männern
gesammelt wurden
( Spr 25-29 )
Spr 25,1
Hiskias Männer, möglicherweise handelte es sich
hierbei um Schreiber, schrieben (wörtl. "übertrugen", d. h. von einem Buch oder
einer Rolle auf ein anderes) mehr als 100 der Sprüche Salomos auf. Das geschah
etwa 250 Jahre, nachdem Salomo sie verfaßt hatte. Hiskias Männer stellten viele
dieser Sprüche zu Einheiten zusammen, die ähnliche Gedanken enthielten.
Spr 25,2
Vers 2-7 sind Sprüche über den König. Der König war
zwar möglicherweise Salomo, aber diese Sprüche wandten sich an alle Könige
Israels und Judas. Gott hatte sich dafür entschieden, daß er nicht alles über
sich und seine Pläne offenbarte (vgl. 5Mo 29,28 ). Das bedeutet, daß Könige, die
die richtigen Entscheidungen treffen wollen, die Dinge ganz genau erforschen
müssen. Während Gott sich daran erfreut, gewisse Dinge zu verbergen, erfreuen
sich Könige daran, die Dinge zu erforschen.
Spr 25,3
Dieser Vers ist der erste der zahlreichen Verse in
Kapitel 25-26 , die Vergleiche anstellen und das Wort "gleich" oder wie
gebrauchen; zwölf davon finden sich in Kapitel 25 (V. 3.11-14.18-20.23.25-26.28
) und dreizehn in Kapitel 26 (vgl. den Kommentar zu Spr 26,1 ).
Gott verbirgt einen Teil seiner Erkenntnis vor
Königen, und die Könige verbergen einen Teil ihres Wissens vor ihren Untertanen.
Die Herrscher, die für das verantwortlich sind, was jeweils vor sich geht, und
dafür, daß sie die Dinge gänzlich erforschen ( Spr 25,2 ), müssen nicht alles
offenbar machen, was sie wissen. "Erforschen" in Vers 2 und unerforschlich in
Vers 3 verbinden diese beiden Verse miteinander.
Spr 25,4-5
So wie die unerwünschte Schlacke aus dem Silber
entfernt wird ( Spr 27,21 ), so sollen die Gottlosen von dem König entfernt
werden. Wenn der König die Gottlosen los wird (vgl. Spr 20,8.26 ), dann kann er
in Gerechtigkeit regieren. Die letzte Zeile von Spr 25,5 stimmt mit der letzten
Zeile von Spr 16,12 fast völlig überein.
Spr 25,6-7
Ein Mensch verhält sich falsch, wenn er versucht, sich
selbst in die Nähe des Königs zu erheben, und sich für groß ausgibt und es doch
nicht ist. Es ist viel besser, wenn der König ihn zu sich erhebt, als daß der
König ihn vor dem Edlen erniedrigt , dessen Position der Emporkömmling gerne
erlangen möchte. Christus hat das in einem Gleichnis veranschaulicht ( Lk
14,7-10 ).
Spr 25,8
Im Hebr. sind die Worte mit deinen Augen gesehen die
letzten Worte von Vers 7 . Manche Bibelübersetzungen ordnen diese Worte Vers 8
zu. Die Wendung macht Vers 7 für einen Spruch sehr lang und ergibt auch weniger
Sinn, als wenn man die Worte Vers 8 zuordnet.
Vers 8 warnt davor, übereilt einen anderen Menschen
vor Gericht zu ziehen (vgl. Spr 24,28 ). Der Grund ist der, daß der Kläger den
Fall unter Umständen verliert und beschämt werden könnte, denn was er glaubte,
gesehen zu haben, war vielleicht gar nicht geschehen.
Spr 25,9-10
Bei der Beweisführung gegen einen Nächsten vor Gericht
kann ein Kläger unter Umständen dazu gezwungen sein, das Vertrauen eines
Freundes zu verraten. Als ein Ergebnis davon beschämt ihn der Freund vielleicht,
und der Kläger riskiert den unwiederbringlichen Verlust seines Rufes. Es ist
eine riskante Sache, andere Menschen öffentlich vor Gericht anzuklagen.
Spr 25,11-12
Ein passendes und zur rechten Zeit gesagtes Wort (vgl.
Spr 15,23;24,26 ) - das kann manchmal auch ein Tadel sein (vgl. den Kommentar zu
Spr 1,23 ) - kann so wertvoll sein wie goldene Äpfel in einer silbernen Schale
oder ein Schnitzwerk oder ein goldener Ohrring oder anderer Schmuck.
Spr 25,13
Schnee in den Bergen (nicht der Schnee, der in der
trockenen Saison auf die Ernte fällt) ist in der Hitze der Erntezeit
erfrischend. In ähnlicher Weise ist ein vertrauenswürdiger Bote für den, der ihn
sendet, erfrischend (vgl. Spr 13,17 ). Von einem unverläßlichen Boten wird in
Spr 10,26 und Spr 26,6 gesprochen.
Spr 25,14
Wolken und Wind versprechen den Bauern normalerweise
Regen. Wenn aber kein Regen fällt, dann sind die Bauern bitter enttäuscht. In
ähnlicher Weise enttäuschen Menschen, die immer Geschenke versprechen, aber ihre
Versprechen niemals erfüllen, die vermeintlichen Empfänger. Man sollte nichts
versprechen, wenn man weiß, daß man es nicht halten kann.
Spr 25,15
Geduld und eine gelinde (wörtl. "weiche, sanfte")
Zunge (vgl. Spr 15,1 ) können einen ungewöhnlichen Einfluß nehmen und viel mehr
erreichen als Unbeherrschtheit und harte Worte. Eine gelinde Zunge, die harte
Gebeine zerbricht, ist eine ungewöhnliche Redewendung - wie kann eine Zunge
einen Knochen zerbrechen? Der Gedanke ist folgender: Gelinde Worte können
schwierige Dinge erreichen. Man braucht auch Geduld, wenn man einen Herrscher
überreden will, eine schwierige Sache in Angriff zu nehmen.
Spr 25,16-17
So wie der Verzehr von zu viel Honig zu Übelkeit
führen kann (vgl. V. 27 ; Spr 27,7 ), kann ein Nächster, der zu oft besucht
wird, anfangen, den Besucher zu hassen. Was man übertreibt, kann zu einem
Problem werden. Der Begriff selten heißt wörtl. "mache kostbar", "mache
wertvoll" (d. h. durch die Seltenheit). Ein Mensch sollte seinen Nächsten nicht
zu häufig besuchen, um zu vermeiden, daß er ihm lästig wird, aber er sollte ihn
oft genug besuchen, daß seine Besuche auch geschätzt werden.
Spr 25,18
Falsches Zeugnis vor Gericht gegen einen Nächsten
(vgl. den Kommentar zu Spr 6,19 ) kann wie ein Knüppel, ein Schwert oder ein
Pfeil zerschlagen, zerteilen oder durchbohren. Die Lüge kann den Charakter eines
Menschen schädigen und sogar sein Leben so wirkungsvoll wie eine Waffe
zerstören.
Spr 25,19
Ein fauler Zahn und ein lahmer Fuß können ein Problem
darstellen, und zwar besonders deswegen, weil man sich auf beides beim Essen
bzw. Gehen verläßt. Auch der Verlaß auf einen Menschen, der sich als nicht
vertrauenswürdig herausstellt, kann enttäuschend und unangenehm sein. Hiob
machte diese Erfahrung bei seinen Freunden und sprach das auch aus ( Hi 6,14-15
). Ein Beispiel für einen unverläßlichen Menschen ist der, der vor Gericht lügt
( Spr 25,18 ).
Spr 25,20
Wer einen Entmutigten oder Niedergeschlagenen ( ein
trauriges Herz ) versucht, durch Lieder aufzumuntern, der handelt so grausam,
als wenn er ihm sein Gewand bei kalter Witterung gestohlen hätte. Es ist so
ähnlich, als wenn man Essig auf Soda gießt; es ist unsinnig und ruft eine
heftige Reaktion hervor. Wer gefühllos ist und an anderen Menschen keinen Anteil
nimmt, der verursacht viel Leid.
Spr 25,21-22
Wer gegen seinen Feind gütig ist - und ihm Brot und
Wasser reicht - der häuft glühende Kohlen auf sein Haupt (das zitiert Paulus in
Röm 12,20 ). Bisweilen ging einem Menschen das Feuer aus, und er mußte sich
glühende Kohlen ausleihen, um sein Feuer wieder zu entzünden. Wer einem anderen
Kohlen in einer Pfanne überließ, damit er sie "auf seinem Haupt" nach Hause
tragen konnte, der handelte nachbarschaftlich und freundlich; man machte sich
dadurch Freunde, nicht Feinde. Wenn man so gütig war und einem anderen Brot und
Wasser gab, dann schämte er sich seiner Feindschaft. Gottes Segen kommt über den
Wohltäter. Mitleid, nicht Rache, soll ein Kennzeichen der Gläubigen sein (vgl.
Spr 24,29 ). Zum anderen kann vielleicht ein ägyptisches Sühneritual etwas Licht
auf diesen Abschnitt werfen, bei dem der, der sich einer Missetat schuldig
gemacht hatte, eine Pfanne mit brennenden Kohlen auf seinem Haupt als ein
Zeichen seiner Reue trug. Wer also seinen Feind gütig behandelt, der kann ihn
vielleicht zur Buße führen.
Spr 25,23
So wie ein Israelit die Auswirkung eines Nordwindes
vorhersagen konnte, so kann man auch die Auswirkungen einer heimlichen Zunge
vorhersagen (wörtl. "eine Zunge der Heimlichkeit", d. h. eine verleumderische
Zunge). Das eine bringt Regen , das andere ärgerliche Blicke . Verleumdung
bringt Ärger. Aber in Palästina kommt der Regen normalerweise nicht aus dem
Norden. Daher entstand der Spruch möglicherweise außerhalb Palästinas (Derek
Kidner, The Proverbs: An Introduction and Commentary , S. 160).
Spr 25,24
Einsamkeit in einer engen Wohnung mit Frieden ist
besser als (vgl. den Kommentar zu Spr 12,9 ) ein geräumiges Haus mit einer
rechthaberischen, streitsüchtigen Frau. Dieser Vers stimmt mit Spr 21,9 überein
(vgl. auch 21,19 ).
Spr 25,25
Die Wirkung einer guten Nachricht (vgl. Spr 15,30 )
von einem Freund oder einem Verwandten, der sehr weit entfernt wohnt, ist wie
ein erfrischender Trunk Wasser für einen Erschöpften. In biblischen Zeiten
brauchten Mitteilungen recht lange. Daher folgte der Abreise eines geliebten
Menschen oder eines Freundes in ein fernes Land normalerweise eine lange Zeit
ängstlichen Wartens.
e
Spr 25,26
Ein Gerechter, der zuläßt, daß sein Ruf geschädigt
wird, ist wie sauberes Wasser, das durch Schlamm oder andere Schadstoffe
verdorben wird. Der Wert eines sauberen Brunnens oder einer Quelle in einem
trockenen Land verleiht der Aussage Nachdruck. Verdorbene Brunnen oder Quellen
werden vielleicht nie wieder sauber und enttäuschen jene, die daraus trinken
wollen. Ein Gerechter, der sich der Sünde hingibt, enttäuscht andere, die auf
ihn schauen.
Spr 25,27
Wer sich selbst rühmen möchte ( seine eigene Ehre
sucht; vgl. V. 6 ; Spr 27,2 ), handelt so falsch wie einer, der zu viel Honig
ißt (vgl. Spr 25,16;27,7 ). Beides verursacht Schwierigkeiten.
Spr 25,28
Ohne Mauern war eine Stadt den feindlichen Angriffen
schutzlos ausgeliefert. Ein Zuchtloser, dem es an Selbstbeherrschung mangelt
(vgl. Spr 14,17.29 ; Spr 16,32;29,11 ), ist Schwierigkeiten ebenso schutzlos
ausgeliefert.
Spr 26,1
Dreizehn Verse in diesem Kapitel sind Vergleiche und
verwenden das Wort gleich oder "wie" (vgl. den Kommentar zu Spr 25,3 ). Die
Verse 1.3-12 beziehen sich auf einen oder mehrere Toren. Schnee im Sommer oder
Regen zur Erntezeit ist fehl am Platze, außerdem sehr ungewöhnlich und stellt
für die Ernte eine Gefahr dar. Einen Toren in eine ehrenhafte Position zu
versetzen (vgl. Spr 26,8 ) ist unangemessen (vgl. Spr 19,10 ) und kann anderen
zum Schaden gereichen, die ihm als Vorbild nachfolgen.
Spr 26,2
Das unvorhersagbare Hin- und Herflattern eines Vogels
verdeutlicht die Unfähigkeit eines Menschen, über andere einen unverdienten
Fluch zu bringen. Bileam erfuhr eben dieses Unvermögen ( 4Mo 23,8 ).
Spr 26,3
So wie man ein Pferd mit einer Peitsche antreibt und
einen Esel mit einem Halfter lenkt, anstatt zu denken, daß der Esel selbst
Einsicht besäße, so muß ein Tor mit einer Rute gelenkt werden (mit körperlicher
Bestrafung), denn er reagiert nicht darauf, wenn man an seinen Verstand
appelliert (vgl. Spr 10,13;14,3;19,29 ).
Spr 26,4-5
Diese beiden Sprüche gehören zusammen; sie ergänzen
einander. Es geht hier darum, daß man sich nicht auf die Ebene eines Toren
hinabbegeben sollte (V. 4 ). Zu Zeiten soll man sich der Sprache des Toren
bedienen, um den Toren zu widerlegen, damit er nicht eingebildet wird (V. 5 ;
vgl. V. 12.16 ). Man braucht Weisheit, um zu entscheiden, wann man Vers 4 und
wann man Vers 5 anwenden soll. Der jüdische Talmud vermutet, daß Vers 4 sich auf
törichte Kommentare bezieht, die man auch ignorieren kann, und daß sich Vers 5
auf falsche Vorstellungen bezieht, die zurechtgerückt werden müssen. Das du in
Vers 4 wird betont und kann mit "du, ja du" übersetzt werden.
Spr 26,6
Durch einen Toren eine Nachricht zu senden ist sinnlos
und möglicherweise auch nachteilig. Es ist wie das Abschneiden der eigenen Füße
, d. h., daß die Nachricht nicht ankommt; es ist, als ob der Absender versuchte,
die Nachricht selbst zu überbringen, aber dabei ohne Füße gehen wollte.
Spr 26,7
Einem Toren kann man keine Botschaft anvertrauen (V. 6
); auch ein Spruch in seinem Mund (vgl. V. 9 ) ist so nutzlos wie schlaffe Beine
für einen Lahmen (vgl. Spr 25,19 ). Ein Tor weiß nicht, was er mit einem Spruch
anfangen soll; er versteht ihn nicht, und er wendet ihn nicht an. Die Begriffe
Füße ( Spr 26,6 ) und Beine (V. 7 ) verbinden diese beiden Verse miteinander.
Spr 26,8
Es ist sinnlos, einen edlen Stein auf einen
Steinhaufen zu werfen. So ist es in gleicher Weise sinnlos, wenn man einem Toren
Ehre erweist , denn die Ehre kommt ihm nicht zu (V. 1 ). Der Ruf desjenigen, der
ihm Ehre erwiesen hat, mag darunter leiden, denn man wird seine Weisheit in
Frage stellen.
Spr 26,9
Wie wir in Vers 7 gesehen haben, ist ein Spruch, den
ein Tor ausgesprochen hat, nutzlos. Hier wird der Vergleich zu einem Dornbusch
in der Hand eines Betrunkenen gezogen. Das könnte verschiedenes bedeuten: (1)
Der Betrunkene kann anderen schaden, wenn er einen Dornbusch herumschwenkt und
damit andere gefährdet. (2) Er empfindet vielleicht überhaupt keinen Schmerz
mehr und fühlt die Dornen in seiner Hand nicht, so wie ein Tor für Weisheit
unempfänglich ist. (3) Ein Mensch, der so betrunken ist, daß er einen Dorn nicht
mehr aus seiner Hand ziehen kann, ist wie ein Tor, der einen Spruch nicht
anwenden kann, den er zitiert (Robert L. Alden, Proverbs, A Commentary on an
Ancient Book of Timeless Advice , S. 187). Man sollte vielleicht der ersten
Auslegung den Vorzug geben.
Spr 26,10
Wer als Arbeitgeber einen Toren oder einen
Vorübergehenden einstellt, der handelt so widersinnig wie ein wütender Schütze
(vgl. V. 18 ), der wahllos Schüsse abgibt, ohne ein Ziel anzuvisieren. Wer
"einfach irgend jemand" anstellt, wird dadurch Schaden erleiden.
Spr 26,11
So wie ein Hund sein Gespei wieder frißt (dieser Satz
wird in 2Pet 2,22 zitiert), so kann ein Tor nichts aus der Erfahrung lernen. Er
kehrt zu seinen Gewohnheiten zurück, auch wenn sie abstoßend sind.
Spr 26,12
Dieser Spruch schließt die Reihe der Aussagen über den
Toren ab (V. 1.3-12 ) und stellt fest, daß sogar ein Tor noch besser dran ist
als ein Mensch, der in seinen eigenen Augen weise ist (vgl. V. 5.16 ).
Einbildung und Stolz machen einen Menschen blind für das, was ihm nötig ist;
vielleicht empfindet der Tor zumindest sein Bedürfnis nach Zurechtweisung.
Der letzte Teil von Vers 12 wird in Spr 29,20 b
wiederholt. Vom Stolz und von der Einbildung wird in den Sprüchen häufig
gesprochen ( Spr 3,34;8,13;11,2;13,10;15,25;16,5.18-19;18,12;21,4.24;29,23; vgl.
Spr 26,5.12.16 ).
Spr 26,13
Vers 13-16 sprechen über den Faulen (vgl. Spr 6,6-11
). Der Faule greift zu merkwürdigen Mitteln, damit er nicht das Haus verlassen
muß, so behauptet er etwa, daß ein Löwe frei umherstreift (vgl. den Kommentar zu
Spr 22,13 ).
Spr 26,14
Der Faule, der sich in seinem Bett herumwirft, scheint
darin festzuhängen, wie eine Tür mit dem Pfosten verbunden ist. Er wendet noch
nicht einmal die Energie auf, die er bräuchte, um aufzustehen.
Spr 26,15
Dieses Bild eines Faulen, der hungert, weil er es
ablehnt, selbständig zu essen, findet sich ebenfalls in Spr 19,24 (vgl. den
Kommentar dort).
Spr 26,16
In seiner Einbildung (vgl. V. 5.12 ) ist der Faule der
Meinung, er sei klüger als alle anderen Menschen (sieben Männer). Dennoch
mangelt es bei seinen Antworten an Einsicht (wörtl. "Geschmack").
Spr 26,17
Vers 17-28 sprechen vom Streit (V. 17.20-21 ), vom
Trug (V. 18-19.24-26 ),vom Gerede (V. 20.22 ) und von der Lüge (V. 23.28 ). Wer
einen Hund bei seinen Ohren faßt, wird vielleicht gebissen. So handelt ein
Vorübergehender, der nicht am Geschehen beteiligt ist, der sich unaufgefordert
in anderer Leute Streit einmischt (wörtl. "sich darüber erregt"). Er macht sich
selbst Schwierigkeiten, denn er mischt sich in eine Situation ein, über die er
nur wenig weiß.
Spr 26,18-19
Es wird noch einmal auf den wütenden Schützen Bezug
genommen (vgl. V. 10 ), um die Situation anschaulich zu machen, in der ein
Mensch Schwierigkeiten macht. Nachdem er seinen Nächsten betrogen hat, versucht
er, der Anschuldigung aus dem Weg zu gehen, indem er sagt, daß er nur Spaß
gemacht hat. Das ist aber ein schlechter Witz. Sein Betrug ist wie ein tödlicher
Pfeil, der bereits Schaden angerichtet hat.
Spr 26,20-21
Die Begriffe Feuer und Zank verbinden diese beiden
Verse miteinander. Ein Zank geht ohne Klatsch zu Ende (vgl. Spr
11,13;16,28;18,8;20,19;26,22 ), wie ein Feuer ausgeht, wenn es keine Nahrung
mehr bekommt (V. 20 ). Umgekehrt trägt der Zank zum Streit (vgl. Spr
17,1;18,6;20,3;22,10;23,29;30,33 ) bei, wie Holzkohle und Holz ein Feuer
entfachen.
Spr 26,22
Vgl. den Kommentar zu Spr 18,8 ,wo dieselbe Aussage
gemacht wird. Hier paßt die Aussage über das Gerede zu Spr 26,20-21 .
Spr 26,23
Der Ausdruck eine Glasur bezieht sich auf eine schöne
Glasur auf Ton. Diese wird mit feurigen ( dAlaq , "brennen oder sich entzünden")
Lippen und einem bösen Herzen verglichen. Ein Mensch, der versucht, seine
schlechten Motive und seinen schlechten Charakter mit einer brennenden Rede zu
verbergen, ist wie ein silbern aussehendes Tongefäß. (Vgl. Jesu Ausspruch zu dem
reinen Äußeren von Becher und Schüssel in Lk 11,39; vgl. auch Mt 23,27 .)
Spr 26,24
Vers 24-26 führen den Gedanken aus Vers 23 weiter aus
(Lippen, Herz und "Rede" verbinden die Verse 23-25 miteinander). Ein arglistiger
Mensch plant Trug (vgl. V. 19 ), möchte das aber mit seiner glatten Rede
verbergen ("Lippen").
Spr 26,25
Dieser Vers warnt davor, von einem Arglistigen
eingefangen zu werden, dessen Worte bezaubernd sind (vgl. V. 23-24 ), aber
dessen Herz mit sieben (d. h. vielen; vgl. "sieben Männer", V. 16 ) Greueln
(vgl. Spr 6,16-19 ) erfüllt ist.
Spr 26,26
Bosheit ( Rin?Ch ) wird in Spr 10,12.18;15,17 mit
"hassen" oder "Haß" übersetzt (vgl. das Verb RAnE? , "haßt", in Spr 26,28 ). Ein
Schurke mag seine Gefühle zeitweise durch Trug verbergen, aber sie werden
letztendlich offenbar werden. Der Ausdruck die Versammlung bezieht sich auf eine
jede Gruppe, die für einen bestimmten Zweck zusammengerufen wird. Vielleicht
wurde diese Gruppe zur Rechtssprechung zusammengerufen.
Spr 26,27
Die Selbstvernichtung durch eigene Anschläge ist das
Thema dieses Verses und das Thema in Ps 7,16;9,16;35,8;57,7 .Wenn Spr 26,27 zu
Vers 23-26 in Beziehung steht, dann wird hier darauf abgehoben, daß die Versuche
eines Menschen, andere zu fangen oder zu vernichten, sich gegen diesen Menschen
selbst richten werden (vgl. Spr 1,18-19;28,10 ). Viele Male versichern die
Sprüche, daß die Sünde eines Menschen auf ihn selbst zurückfällt.
Spr 26,28
Lügner sind in der Tat hassenswert (vgl. den Kommentar
zur Bosheit in V. 26 ); sie möchten anderen Schaden zufügen, indem sie deren Ruf
verleumden. Die Menschen, die anderen schmeicheln, damit sie ihre
selbstsüchtigen, betrügerischen Ziele erreichen (vgl. V. 23-26 ), bringen
entweder über sich selbst, über ihre Opfer oder über beide Verderben.
Spr 27,1
16 der 27 Verse in diesem Kapitel behandeln das Thema
der Beziehungen der Menschen untereinander (V. 2-6.9-11.13-18.21-22 ). Diese
Warnung über die Unsicherheit des morgigen Tages wird in Jak 4,13-16 wiederholt.
Das hebr. Wort für rühmen wird in Vers 2 mit "loben" übersetzt. Ein Mensch
sollte sich nicht dessen rühmen, was er den nächsten Tag tun wird, denn er hat
ja keinerlei Möglichkeit, zu wissen, was wirklich geschehen wird.
Spr 27,2
Wer sich selbst rühmt, beweist damit seinen Stolz und
handelt also falsch. Ein Mensch sollte nicht nur vermeiden, sich dessen zu
rühmen, was er tun wird (V. 1 ); er sollte auch davon abstehen, sich dessen zu
rühmen, was er getan hat.
Spr 27,3
Die Verse 3-6 erörtern verschiedene
zwischenmenschliche Beziehungen. Die Last, wenn man von einem Toren aufgebracht
wird, ist wirklich schwer. In der Tat ist sie schwerer als ein großer Stein und
bedrückender als Sand. Daher sollte also ein Weiser nicht auf einen Toren
reagieren, auch wenn ihn die Handlungen und die Worte des Toren reizen.
Spr 27,4
Wenn ein Mensch ärgerlich und wütend ist, kann er
gegen andere grausam sein. Seine Worte und sein Handeln können andere dazu
bringen, daß sie sich in ihrer Furcht ducken. Aber Eifersucht ist noch
schlimmer, denn sie kann Zorn und Wut und gnadenlose Rache mitumfassen, wie in
Spr 6,32-35 veranschaulicht wird. Wer kann vor der Eifersucht bestehen? ist eine
der wenigen rhetorischen Fragen in den Sprüchen.
Spr 27,5
Wenn die Liebe eines Menschen echt ist, wird er sich
nicht davor fürchten, seinem Freund einen Fehler mitzuteilen oder ihn
zurechtzuweisen. Tadel (vgl. den Kommentar zu Spr 1,23 ) ist besser als
verborgene (wörtl. "verschlossene, zurückgezogene") Liebe . Mit anderen Worten
ist die Zurechtweisung eines Menschen, wenn er einen Fehler macht, ein Beweis
der Liebe; wenn er ihn aber nicht zurechtweist, zeigt er damit, daß seine Liebe
erloschen ist. Dieser Vers ist einer der 19 "besser als"-Verse in den Sprüchen
(vgl. den Kommentar zu Spr 12,9 ).
Spr 27,6
Ein Feind (wörtl. "ein Hasser") mag aufgrund seiner
vielen Küsse als Freund erscheinen, und ein echter Freund (wörtl. "ein
Liebender") mag aufgrund der Wunden, die er zufügt, als Feind erscheinen
(vielleicht geht es hier um innerliche Verletzungen, die aus dem Tadel oder der
Kritik erwachsen; vgl. V. 5 ). Dennoch kann ironischerweise der Tadel
tatsächlich ein aufrichtiger Ausdruck der Freundschaft sein.
Spr 27,7
Wenn ein Mensch mit Nahrung vollgestopft ist, dann ist
der Honig, den er sonst sehr gerne hätte, keine erstrebenswerte Sache mehr.
Umgekehrt mag einem Hungrigen sogar etwas Bitteres süß erscheinen, denn es
befriedigt sein Bedürfnis nach Nahrung. Dieser Vers mag also die Lehre
enthalten, daß die Haltung eines Menschen materiellem Besitz gegenüber davon
beeinflußt wird, wieviel er sein eigen nennt. Wer viel hat, der schätzt eine
Gabe nicht so sehr wie der, der nur wenig hat.
Spr 27,8
Dieser Vers richtet sich vielleicht gegen einen
Menschen, der sich seiner Verantwortung zu Hause und den dortigen
Annehmlichkeiten entzieht. So wie ein Vogel, der von seinem Nest zu früh oder zu
weit wegfliegt, in Not gerät, so merkt ein junger Mensch, der sein Heim zu früh
verläßt, daß er nicht in der Lage ist, für sich selbst zu sorgen (z. B. der
verlorene Sohn; Lk 15,11-32 ).
Spr 27,9
Der ernste Rat eines Freundes ist so süß oder so
erfreulich wie der Wohlgeruch, der Parfüm und Räucherwerk entströmt.
Aufrichtiger Rat zeigt, daß ein Mensch einem anderen Menschen am Herzen liegt.
Spr 27,10
Dieser Spruch ist wohl mehr dazu da, langanhaltende
Freundschaften zu erheben, als Familienbande zu verunglimpfen. Normalerweise
hilft ein Bruder (Verwandter) in Zeiten der Not ( Spr 17,17 ). Wenn aber der
Bruder sehr weit entfernt wohnt, kann ein Nachbar viel besser helfen (vgl. Spr
18,24 ).
Spr 27,11
Dies ist der einzige Vers in Kapitel 25-29 , der den
Ausdruck mein Sohn enthält (vgl. den Kommentar zu Spr 1,8 ). Noch einmal
versichern die Sprüche die Tatsache, daß ein weiser Sohn seinem Vater Freude
macht (vgl. Spr 10,1;15,20;23,15.24;29,3 ). Einen weisen Sohn zu haben, bedeutet
in der Tat, daß ein Vater den Kritikern Antwort geben kann, die ihn anklagen
könnten, daß er ein unfähiger Vater sei. Der Sohn, der seinen Wandel in Weisheit
führt, ist der Beweis einer guten Erziehung.
Spr 27,12
Dieser Vers ist mit Spr 22,3 fast völlig identisch
(vgl. den Kommentar dort).
Spr 27,13
Dieser Spruch ist derselbe wie in Spr 20,16 (vgl. den
Kommentar dort und zu Spr 6,1-5 ).
Spr 27,14
Es ist zwar lobenswert, seinen Nächsten zu segnen (d.
h. ihn zu rühmen oder zu preisen), nicht jedoch früh am Morgen. Die rechte Zeit
und Taktgefühl anderen Menschen gegenüber, die noch schlafen, sind von großer
Bedeutung. Die gute Tat zur falschen Zeit wird als Fluch aufgefaßt.
Spr 27,15-16
Tropfendes Wasser ist ein Bild für das aufreizende
Wesen einer streitsüchtigen Frau (vgl. Spr 19,13 und den Kommentar dort). Wie an
einem regnerischen Tag das Wasser tropft, so lästig ist sie und hört niemals auf
zu streiten. Man kann sie sowenig aufhalten wie den Wind. Ihrem streitsüchtigen
Geist Grenzen zu setzen ist so unmöglich, wie wenn man versuchen wollte, Öl in
die Hand zu nehmen. Sie ist sowohl unstet als auch aalglatt.
Spr 27,17
Wenn man Eisen an einem anderen Stück Eisen reibt,
wird es geformt und scharf. In ähnlicher Weise können sich Menschen gegenseitig
helfen, sich durch ihre Gespräche, ihre Kritik, ihre Vorschläge und ihre
Gedanken voranzubringen. Zu dem Einfluß von Gefährten auf das Leben eines
Menschen, sei es nun ein guter oder schlechter Einfluß, vgl. Spr 13,20;22,24-25
.Eine nörgelnde Frau ( Spr 27,15 ) bringt ihren Ehemann jedoch in Zorn.
Spr 27,18
Die Hege und Pflege eines Feigenbaumes sind unbedingt
notwendig, wenn ein Bauer eine gute Feigenernte haben möchte (vgl. Spr
12,11;28,19 ); und ein Knecht, der sich um die Bedürfnisse seines Herrn kümmert,
wird geehrt werden . Mit anderen Worten, gute Arbeit am Arbeitsplatz bringt gute
Ergebnisse hervor.
Spr 27,19
Das Hebr. bleibt hier im Dunkeln; wörtlich heißt es:
"Wie Wasser von Gesicht zu Gesicht, so ist das Herz eines Menschen zum
Menschen." So wie Wasser, einem Spiegel gleich, das Gesicht eines Menschen
widerspiegelt, so spiegelt das Herz oder der Geist eines Menschen das wider, was
er wirklich ist. Oder wie Wasser ein Gesicht widerspiegelt, so spiegeln Gedanken
(die in Worten ihren Ausdruck finden) die Persönlichkeit eines Menschen wider.
Spr 27,20
Das Grab (zu Tod und Vernichtung vgl. den Kommentar zu
Spr 15,11 ) wird hier personifiziert, als wenn es Hunger hätte. Offensichtlich
möchte es immer wieder, daß ein weiterer lebender Mensch stirbt. In gleicher
Weise sind die Augen der Menschen niemals satt . Die Menschen möchten
unaufhörlich neue Dinge sehen (vgl. Pred 1,8 ) und neue Dinge besitzen.
Spr 27,21
Die Hitze prüft und reinigt das Silber (vgl. Spr 25,4
) und das Gold und macht damit offenbar, wie die Metalle wirklich beschaffen
sind. (Die erste Zeile von Spr 27,21 ist mit Spr 17,3 identisch.) Ruhm ist für
den Menschen in ähnlicher Weise eine Prüfung, denn seine Reaktion darauf macht
deutlich, wie er wirklich ist. Wenn er sich daran weidet, dann zeigt er, daß er
hochmütig ist; er "weiß" bereits, daß er gut ist. Aber wenn er das Lob in
Bescheidenheit hinnimmt, zeigt er seine Demut.
Spr 27,22
Ein Tor ( ?MwIl , "ein hochmütiger, verhärteter Tor";
vgl. den Kommentar zu Spr 1,7 ) und seine Torheit sind so untrennbar miteinander
verbunden, daß er, wenn er immer wieder bestraft wird, wie das Zermahlen von
Getreide mit einer Mörserkeule, doch immer weiter töricht bleibt.
Spr 27,23-27
Diese fünf Verse sind eine kurze Abhandlung über das
Leben in einer von der Landwirtschaft geprägten Gesellschaft. Vorher erörterten
fünf Verse die Folgen der Faulheit ( Spr 24,30-34 ). Ein Bauer sollte sich um
seine Herden kümmern, denn sie sind eine bessere Investition als viele andere
Dinge. Die Herden vermehren sich durch ihre Nachkommen, aber das Geld ist weg,
wenn man es ausgegeben hat (vgl. Spr 23,5 ), und die Position eines Königs (
eine Krone ) hat keinen Bestand. Heu und Gras ist die Nahrung für die
Viehherden, die dafür wiederum die Bedürfnisse der Menschen nach Kleidung (die
Schafswolle), nach Geld (von dem Verkauf der Ziegen) und nach Milch und Nahrung
für eine Familie und ihre Knechte decken. Es ist wichtig, daß man sich um seine
Herden kümmert, die wiederum eine Versorgung für den Menschen darstellen, ja daß
man hart arbeitet und daß man die Fürsorge Gottes mittels der Natur erkennt.
Spr 28,1
Wie die Kapitel 10-15 enthalten die Kapitel 28-29 eine
Anzahl antithetischer Verse, die einen Gegensatz beschreiben, wobei die zweite
Zeile mit einem "aber" eingeleitet wird. 18 Verse, die einen Gegensatz
beschreiben, sind in Kapitel 28 enthalten (V. 1-2.4-5.7.10-14.16.18-20.25-28 )
und zwölf in Kapitel 29 (V. 3-4.6-8.11.15-16.18.23.25-26 ). In diesen beiden
Kapiteln werden Herrscher, Könige und andere Personen in mächtigen Positionen
häufig erwähnt ( Spr 28,2-3.12.15-16.28;29,2.4.12.14.26 ). Fünf der sechs
Erwähnungen des Gesetzes in den Sprüchen befinden sich in diesen beiden Kapiteln
( Spr 28,4.7.9; 29,18 [zweimal]; vgl. Spr 31,5 ). Andere häufig erwähnte Themen
sind der Arme und die Armut ( Spr 28,3.6.8.11.19.22.27;29,7.13-14 ), der
Gottlose ( Spr 28,1.4.12.15.28 [zweimal]; 29,2.7.12.16.27) und der Gerechte (
28,1.12.28 ; Spr 29,2.6-7.16.27 ).
Das schuldbeladene Gewissen der Gottlosen läßt sie vor
eingebildeten Verfolgern davonrennen ( Spr 28,1 ). Sie wissen, daß sie falsch
gehandelt haben, und befürchten, daß sie von den Gesetzeshütern gejagt werden.
Im Gegensatz dazu sind die Gerechten so mutig (d. h. selbstbewußt; vgl.
"Vertrauen" in 31,11 ) wie ein junger Löwe. Gott schenkt ihnen Mut; sie haben
keine Angst vor Vergeltungsmaßnahmen für Vergehen.
Spr 28,2
Unruhe und Aufruhr in einem Volk führt zum Sturz des
Herrschers. Zum Beispiel hatte das Nordreich viele Herrscher, nämlich 20 Könige
in neun Dynastien. Die Ordnung besteht jedoch in einem Volk durch gute
Herrscher, die Einsicht und Verstand zum Regieren besitzen.
Spr 28,3
Der hebr. Begriff für Herrscher in diesem Vers
unterscheidet sich von dem Wort für "Herrscher" in Vers 2 . Tatsächlich stehen
für "Herrscher" (V. 3 ) zwei Begriffe, die wörtlich "ein starker Mann" ( geBer
), der mittellos oder hungrig ist ( rAS ; vgl. V. 6.27 ), bedeuten. Wenn ein
Mann, der selbst Not leidet, die Armen unterdrückt ( dal , "schwach, hilflos";
vgl. den Kommentar zu Spr 10,15 ), dann bekämpft er die Menschen, mit denen er
manches gemeinsam hat und die seine Freunde sein könnten. Solche Grausamkeit und
Umkehrung des Rechts ist wie ein herabprasselnder Regen, der die Ernte eher
zerstört als ihr dienlich ist.
Spr 28,4
Die Unterdrückung der Armen (V. 3 ) ist ein Beispiel
für das Verlassen des Mosaischen Gesetzes (vgl. "Gesetz" in V. 7.9 ). Wenn die
Menschen sich davon abwenden, Gottes Geboten zu gehorchen, dann fangen sie
gewöhnlich damit an, Gottlose zu rühmen ( loben ) und sich auf ihre Seite zu
stellen. Wer aber das Gesetz bewahrt (vgl. V. 7 ), der widersteht den gottlosen
Gesetzesbrechern und versucht, das Recht hochzuhalten (vgl. Spr 18,5;24,25 ).
Spr 28,5
Wenn Menschen dem Gesetz und dem Herrn nicht
gehorchen, dann ist ihr Empfinden für Aufrichtigkeit und Moral verkehrt. Es ist
für sie sogar schwierig, das Recht zu verstehen ("Einsicht haben in"). Auf der
anderen Seite haben die Gerechten, die den HERRN suchen , ein feines Empfinden
für Gerechtigkeit.
Spr 28,6
Dieser Vers stimmt mit Spr 19,1 fast vollständig
überein, ausgenommen, daß die "Lippen" eines Toren (Worte) verkehrt sind,
wohingegen das in Spr 28,6 von den Wegen eines Reichen gesagt wird ( ZiqqES ;
"verdreht"; vgl. den Kommentar zu Spr 2,15 ). Möglicherweise soll damit
angedeutet werden, daß ein verkehrter reicher Mensch ein Tor ist. Es ist besser,
arm ( rAS , "mittellos"; vgl. Spr 28,3.27 ) und ehrlich zu sein ( untadelig ;
"in ethischer Hinsicht rein"; vgl. Spr 2,7.21;11,5;28,10.18 ), als reich und
gottlos. Dies ist der letzte der 19 besser als -Spr. (vgl. den Kommentar zu Spr
12,9 ).
Spr 28,7
Ein Sohn, der dem Gesetz gehorcht (vgl. V. 4 ), ist
weise; er besitzt Einsicht. Der hebr. Begriff für Einsicht wird in Vers 2 mit
"Verständnis" übersetzt. Wer sich mit Schlemmern einläßt, ist töricht und zeigt
seinen Mangel an Einsicht, denn das kann einen Menschen auf den Pfad der
Trunkenheit, Faulheit und ironischerweise sogar auf den Pfad der Armut bringen
(vgl. Spr 23,20-21 ). Darüber hinaus bringt ein Sohn, der ein Schlemmer ist,
Schande über seinen Vater. Damit wird gesagt, daß ein verständiger Sohn ( Spr
28,7 a) seinem Vater Freude bringt.
Spr 28,8
Wer von anderen übermäßig hohen Zins verlangt und
dadurch reich wird, wird letztendlich seinen Reichtum verlieren, der an die
Armen ( dal , "schwach, hilflos"; vgl. V. 3.11 und den Kommentar zu Spr 10,15 )
verteilt wird. Das Recht siegt am Ende über die Ungerechtigkeit.
Spr 28,9
Wenn man Gottes Gesetz nicht gehorchen will (vgl. V.
4.7 ), hat das katastrophale Folgen. Die Gebete eines solchen Menschen sind
Heuchelei. Deshalb erhört Gott diese Gebete nicht, die ihm ein Greuel sind (vgl.
Spr 15,8; Ps 66,18; Jes 59,2 ). Wenn ein Mensch nicht auf den Herrn hört (ihm
gehorcht), wird der Herr auch auf ihn nicht hören.
Spr 28,10
Wer einen Gerechten zur Sünde verführt, wird durch
seine eigenen Anschläge zu Fall kommen (vgl. Spr 1,18;26,17 ). Im Gegensatz dazu
werden die Untadeligen (vgl. Spr 28,6.18 ) bereichert werden. Die Gottlosen, die
andere in die Irre führen, werden plötzlich gefangen werden und sterben, aber
die Gerechten werden leben und das Erbteil ihrer Eltern empfangen.
Spr 28,11
Der Reiche und der Arme ( dal , "schwach, hilflos";
vgl. den Kommentar zu Spr 10,15 ) werden wiederum einander gegenübergestellt
(vgl. V. 6 ). Ein Verständiger kann durch die protzige Fassade eines
eingebildeten Reichen hindurchsehen, der der Meinung ist, er wisse alles (vgl.
weise(r) in seinen eigenen Augen in Spr 26,5.12.16 ). Wer Geld hat, ist damit
nicht automatisch weise. Zu Verständnis ("Einsicht") vgl. Spr 28,2.7 .
Spr 28,12
So wie in Vers 1 und Vers 28 werden der Gerechte und
der Gottlose einander gegenübergestellt. Wenn ein gerechter Herrscher über ein
Volk regiert, dann sind die Menschen glücklich (vgl. Spr 11,10 ), denn es
herrscht Ordnung (vgl. Spr 28,2 ) und Gerechtigkeit. Wenn aber gottlose
Herrscher regieren, dann verbergen sich die Guten (das wird auch in V. 28 a
ausgesagt), um der Unterdrückung zu entgehen (vgl. V. 15-16 ), die sie seufzen
läßt ( Spr 29,2 ).
Spr 28,13
Wenn ein Mensch sündigt, dann versucht er vielleicht,
diese Tatsache vor Gott und den anderen zu verbergen (vgl. Spr 17,9 ). Es zahlt
sich aber nicht aus, seine Sünde zu verbergen. Salomos Vater David hatte diese
Erfahrung gemacht ( Ps 32,3-4 ). Es ist viel besser, die Sünde zu bekennen und
ihr abzuschwören. David hatte erfahren, daß das Bekennen der Sünde Gottes Gnade
und Vergebung zur Folge hat ( Ps 34,5; 51,1-12 ).
Spr 28,14
Die Worte der HERR werden in einigen Übersetzungen
hinzugefügt, stehen aber nicht im Hebr. P AHaD , "sich ängstigen", wird wie in
Spr 1,33;3,24-25 mit "fürchten" übersetzt. In Spr 1,7 und Spr 3,7 lautet das
Wort für "Furcht" yArE? , "Ehrfurcht haben". Möglicherweise bezieht sich also
Spr 28,14 auf die Furcht oder den Schrecken, der aus den Folgen der Sünde
entsteht (vgl. V. 13 ). Wer diese Furcht hat, der wird glücklich sein ( gesegnet
; vgl. Ps 1,1 ); er wird sein Herz nicht verhärten und nicht in Schwierigkeiten
geraten (vgl. Spr 29,1 ).
Spr 28,15-16
Die Gefahr, die entsteht, wenn ein Gottloser an die
Macht kommt, und auf die in Vers 12 schon hingedeutet wurde, wird hier nun
weiter ausgeführt. Ein gottloser Herrscher ist grausam und zerstörerisch wie ein
Löwe (vgl. Spr 19,12;20,2 ) oder ein Bär. Die Hilflosen sind die Schwachen ( dal
, der Begriff wird häufig mit "arm" übersetzt, so wie in Spr 28,3.8.11 ). Einem
tyrannischen Herrscher mangelt es an Einsicht und gesundem Menschenverstand
(vgl. den Kommentar zu Spr 6,32;10,13 ). Im Gegensatz dazu wird sich einer, der
es ablehnt, seine Macht zur persönlichen Bereicherung (vgl. unrechtmäßig
erworbene Schätze in Spr 1,19;10,2 ) zu gebrauchen, an dem Segen eines langen
Lebens erfreuen . Das heißt, daß ein tyrannischer Herrscher nicht lange leben
wird.
Spr 28,17
Das schuldbeladene Gewissen des Mörders verfolgt ihn,
quält ihn und bringt ihn dazu, daß er versucht, der Strafe zu entfliehen. Sein
einziges Entkommen liegt jedoch im Tod. Wer versucht, ihn zu trösten oder ihn zu
retten, der handelt falsch; einem Verbrecher zu helfen, ist nicht richtig. Die
Bibel ermutigt jedoch dazu, den Unschuldigen zu retten ( Spr 24,11-12 ).
Spr 28,18
Ein untadeliger (vgl. den Kommentar zu V. 6 )
Lebenswandel schenkt Sicherheit (vgl. Spr 1,33;3,23;18,10;28,26 ), aber ein
Mensch, dessen Wege verkehrt sind (von ZAqaS , "verdrehen"; vgl. das Adjektiv
ZiqqES in V. 6 ; Spr 2,15 ), wird plötzlich zu Fall kommen . Ähnliche Aussagen
werden in Spr 10,9;28,10 gemacht.
Spr 28,19
Dieser Vers ist mit Spr 12,11 fast vollkommen
identisch (vgl. den Kommentar dort). Ein Bauer, der hart arbeitet, wird viel zu
essen haben (vgl. Spr 27,18 ). Im Gegensatz zu dem Fleißigen wird der Lässige,
der seinen Fantasien nachjagt, seine Arbeit nicht fertig bekommen und von der
Armut genug haben , nicht jedoch vom Brot (vgl. 14,23 ).
Spr 28,20
Wer reich gesegnet werden will, muß treu sein
("vertrauenswürdig") und nicht schnell reich werden wollen. Wer eifrig darauf
bedacht ist, reich zu werden , der gerät häufig auf krumme, unehrliche Wege
(vgl. Spr 13,11;20,21 ) und wird letztendlich entweder vom Gericht oder von
beiden bestraft (vgl. Spr 28,22 ). Andere, die nicht ungestraft bleiben werden ,
werden in Spr 6,29;11,21;16,5;17,5;19,5.9 erwähnt.
Spr 28,21
Es ist nicht gut, für jemand Partei zu ergreifen (vgl.
Spr 18,5;24,23 ). Dies ist der letzte von sechs "es ist nicht gut"-Sprüchen im
Buch der Sprüche ( Spr 17,26; 18,5; 19,2; 24,23; 25,27; 28,21 ). Bei
Gerichtsverhandlungen ergreifen manche Richter Partei für jene, die sie sogar
nur mit einem kleinen von der Armut oderBestechungsgeschenk bestechen wie ein
Stück Brot. Es ist eine Ironie, daß das Recht so leicht verkehrt werden kann,
besonders, wenn die Bestechung so bestimmt verurteilt wird (vgl. den Kommentar
zu Spr 6,35 ).
Spr 28,22
Ein Geiziger heißt wörtlich "ein Mann mit einem bösen
Auge" (vgl. den Kommentar zu Spr 23,6 ). Ironischerweise wird ein Mensch, der in
seiner Gier versucht, schnell reich zu werden (vgl. Spr 28,20 ), in Armut enden,
also beim Gegenteil seines Zieles (vgl. Spr11,24 b).
Spr 28,23
Es ist nicht einfach, einen notwendigen Tadel
auszusprechen, anstatt über die Sache hinwegzusehen oder gar eine Schmeichelei
auszusprechen (vgl. Spr 29,5 ). Aber am Ende (später) ist der Weise dafür
dankbar (vgl. Spr 27,5; vgl. den Kommentar zu Spr 1,23 ). Zu dem Begriff Gunst
vgl. den Kommentar zu Spr 8,35 .
Spr 28,24
Ein Sohn, der in seiner Herzlosigkeit behauptet, es
sei nichts Falsches daran, seine Eltern zu berauben (vgl. Spr 19,26 ), ist wie
ein Zerstörer. Er macht ihnen Schande (vgl. Spr 28,7 ) und ist wie einer, der
Vernichtung bringt. Das heißt, er hat ihren guten Ruf und ihren Frieden
vernichtet.
Spr 28,25
Gierig heißt wörtlich "mit großer Seele" und bezieht
sich auf einen unkontrollierten, habgierigen Appetit auf materielle Dinge. Weil
Gier selbstsüchtig ist, folgt daraus Entzweiung oder Streit. So ist die Gier
eine Gefährtin des Betruges ( Spr 6,14 ), des Hasses ( 10,12 ), des Zornes ( Spr
15,18 ), der Verkehrtheit ( Spr 16,28 ) und des Ärgers ( Spr 29,22 ). Wer auf
den HERRN vertraut statt auf seine Reichtümer, die er durch seine Gier erlangt
hat, dem wird es wohlergehen (vgl. Spr 11,25 ).
Spr 28,26
Im Gegensatz zu einem, der auf den Herrn vertraut (V.
25 ), steht ein Mensch, der auf sich selbst vertraut (vgl. Spr 14,12 ). Er ist
ein Tor ( k+sIl , "dumm, töricht"; vgl. den Kommentar zu Spr 1,7 ). Ein Weiser,
der nicht auf sich selbst vertraut, wird sicher wohnen (vgl. Spr
3,5-6;28,18;29,25 ).
Spr 28,27
Wenn ein Mensch dem Armen ( rAS ; "mittellos,
hungrig", der Begriff wird auch in V. 3.6 gebraucht; vgl. Spr 29,7 ) gegenüber
freigiebig ist, bedeutet das nicht, daß er dann als der Gebende Mangel leiden
wird. Gerade das Gegenteil ist der Fall: Ihm wird nichts mangeln .
Freigiebigkeit wird belohnt (vgl. Spr 11,24-25 ; 14,21 b. 31 b; 19,17; 21;26;
22,9 , 5Mo 15,10 ). Wer aber die Bedürfnisse der Armen ignoriert, wird von ihnen
verflucht (vgl. Spr 11,24 b.26 a).
Spr 28,28
Der erste Teil dieses Verses gleicht Vers 12 b. Der
zweite Teil von Vers 28 fügt einen weiteren Gedanken hinzu: Wenn die Gottlosen
dahinschwinden (vgl. Spr 11,10 ), wie es geschehen wird, dann können die
Gerechten zahlreich werden (wörtl. "groß werden"; vgl. Spr 29,2 ), ohne sich
verbergen zu müssen.
Spr 29,1
Ein halsstarriger Mensch, d. h. ein Mensch, der
verhärtet ist und sich weigert, Buße zu tun oder die wiederholte Zurechtweisung
anzunehmen ( viel Tadel ; vgl. den Kommentar zu Spr 1,30 ), wird plötzlich (vgl.
Spr 1,27;6,15;10,25 a; 28,18 ) im Tod vernichtet werden. Es wird dann kein
Heilmittel mehr geben.
Spr 29,2
Wenn gerechte Führer an der Regierung (viele werden;
wörtl. "groß werden"; vgl. Spr 28,28 ,diese Bedeutung könnte dort zutreffen)
sind, freuen sich die Menschen, denn sie genießen nun größere Sicherheit, und es
ergeht ihnen wohl. Aber wenn gottlose Führer herrschen, dann seufzen die
Menschen (vgl. Spr 28,12 ) unter der grausamen Bedrückung (vgl. Spr 28,15;29,16
).
Spr 29,3
Die Freude eines Vaters, der einen weisen Sohn hat
(vgl. Spr 10,1;15,20;23,15.24;27,11 ), wird dem Reichtum des Vaters
gegenübergestellt, der von einem Sohn verschleudert wird, der mit Huren Umgang
hat. Gemäß Spr 2,12.16; 5,1-3.7-11 hält die Weisheit einen Menschen vom Ehebruch
zurück.
Spr 29,4
Recht schenkt einem Volk Stabilität und Freude (vgl.
V. 2.7.14; 14,34 ; Spr 16,12;20,8.26;21,15;28,12 ), wohingegen ein habsüchtiger
Führer mit zum Fall eines Volkes beiträgt. Die Wendung einer, der gierig nach
Bestechungsgeschenken ist , heißt wörtlich "ein Mann der Spenden und Beiträge".
Das hebr. Wort für "Bestechungsgeschenke" bezieht sich normalerweise auf heilige
Opfer; hier kann sich der Ausdruck auf Steuern beziehen. Rehabeam
veranschaulichte die Wahrheit dieses Spruches ( 1Kö 12,1-19 ), den er
möglicherweise von seinem Vater Salomo gehört haben könnte.
Spr 29,5
Der Begriff schmeicheln heißt wörtlich "jemanden weich
machen". In Spr 2,16 und Spr 7,5 wird das Wort mit "verführerisch"
wiedergegeben. Diese Schmeichelei in Spr 29,5 ist die glatte Rede, die täuscht,
denn sie möchte Schaden zufügen. Ein Schmeichler jedoch bezahlt dafür (vgl. Spr
26,28 ). Er wird in demselben Netz gefangen, das er für andere ausgelegt hat
(vgl. Spr 29,6;1,18;28,10 ).
Spr 29,6
Ein Böser wird in seiner selbstausgelegten Falle
gefangen (vgl. den Kommentar zu V. 5 ), während der Gerechte glücklich und
sorgenfrei lebt. Er braucht sich keine Gedanken darüber zu machen, daß sein
Handeln auf ihn selbst zurückfällt.
Spr 29,7
Gerechte möchten sehen, daß das Recht statt der
Unterdrückung bei dem Armen (dal, "schwach, hilflos"; vgl. V. 14 und den
Kommentar zu Spr 10,15 ) zur Anwendung kommt. Aber die Gottlosen kümmern sich
nicht darum, ob die Armen gerecht behandelt werden oder nicht. Die Beziehung
eines Menschen zu Gott zeigt sich in seiner Haltung den Bedürftigen gegenüber.
Spr 29,8
Die Verse 8-11 stellen zornige Toren ehrlichen, weisen
Menschen gegenüber. Die Spötter (vgl. Spr 1,22 ) lachen über Beschränkungen auf
ethischem Gebiet und entfachen einen Streit. Sie sorgen dafür, daß die Dinge in
Aufruhr bleiben. Diese Unruhestifter versetzen andere in Zorn und setzen einen
Aufruhr in Gang (vgl. "Zorn" und "ärgerlich" in Spr 29,11.22 ). Die Weisen
jedoch bringen eine Stadt zur Ruhe, indem sie den Zorn und seine tumulthaften
Folgen abwenden.
Spr 29,9
Der Begriff "gerecht" verbindet Vers 6 und Vers 7
miteinander. Hier verbindet der Begriff weise Vers 8 undVers 9 miteinander. Man
sollte nicht versuchen, eine Gerichtsverhandlung mit einem Toren ( ?MwIl , "ein
hochmütiger, verhärteter Tor") zu gewinnen, denn er folgt eher seinen Gefühlen
als der Logik (vgl. Spr 27,3 ), da er mit seinem ärgerlichen (vgl. Spr 29,11 )
Gerede (mit Schimpfen und Toben) dafür sorgt, daß die Dinge in Aufruhr bleiben (
kein Friede) .
Spr 29,10
Ehrliche Menschen werden von den Toren gehaßt, die die
Ehrlichen lieber töten würden, damit sie nicht gegen die Gottlosen vor Gericht
Zeugnis ablegen können. Rechtschaffenheit wird häufig mit "untadelig" übersetzt
(z. B. in Spr 28,6.10.18 ).
Spr 29,11
Ein Tor ( k+sIl ; vgl. den Kommentar zu Spr 1,7 ) läßt
seinen Ärger heraus (vgl. Spr 15,1;29,8.22 ), aber ein Weiser behält seine
Selbstbeherrschung (vgl. Spr 14,29;16,32 ). Die Wendung er beherrscht sich heißt
wörtlich "beruhigt" (wie man einen Sturm stillt). Das Verb wird nur an dieser
Stelle und in Ps 65,8 und Ps 89,10 verwendet, wo es sich auf das Beruhigen der
Meereswogen bezieht.
Spr 29,12
Wenn ein Herrscher den Rat von Lügnern annimmt,
ermutigt er die Menschen um ihn herum zur Bosheit. Wenn er aber statt dessen die
Ehrlichkeit belohnt, dann wird der Ehrlichkeit Raum gegeben und die Falschheit
bestraft (vgl. Spr 20,8.28 ).
Spr 29,13
Der Arme ( rAS , "mittellos, hungrig"; vgl. Spr
28,3.6.27 ) und der Unterdrücker sind in ethischer Hinsicht Gegensätze. Eine
Sache, die arme Opfer mit ihren Peinigern gemeinsam haben, ist die, daß der Herr
ihnen beiden das Augenlicht gegeben hat (vgl. Spr 22,2 und "Schöpfer" in Spr
14,31;17,5 ). Jeder kann den anderen sehen.
Spr 29,14
Gerechtigkeit (vgl. V. 7 ) gegen diejenigen, die am
wenigsten für sich selbst sorgen können (die Armen, dal , "schwach, hilflos";
vgl. den Kommentar zu Spr 10,15 ), ist ein Zeichen für einen guten König (vgl.
V. 4 ), dessen Thron daher sicher besteht (vgl. Spr 16,12;20,28 ). Gott segnet
die Herrscher, die sich um die Armen kümmern, und die Menschen schätzen solche
Herrscher hoch ein.
Spr 29,15
Im Hebr. heißt der Ausdruck die Zuchtrute wörtlich
"die Rute und die Zurechtweisung". Entweder ist die Rute das Instrument der
Zurechtweisung (in diesem Falle wird hier eine Redewendung gebraucht, die man
Hendiadyoin nennt), oder sowohl die Rute (die körperliche Strafe; vgl. Spr
13,24;22,15;23,13-14 ) als auch die verbale Zurechtweisung (wörtl. "Tadel")
sollen zur Anwendung kommen. Ein Kind, das nicht erzogen wird und sich selbst
überlassen bleibt (das heißt, daß es tun kann, was es will, und daß es bekommt,
was es wünscht), wird ein aufsässiger Mensch werden. Es wird Schande über seine
Mutter bringen (vgl. Spr 19,26;28,7 ).
Spr 29,16
Wenn gottlose Führer eine Nation regieren (vgl. den
Kommentar zu V. 2 ), bekommt die Sünde Auftrieb. Aber wie in den Sprüchen oft
festgestellt wird, werden die Gottlosen letztendlich zu Fall kommen; die
Gerechten werden es erleben und dann frohlocken (vgl. Spr 28,12.28 ).
Spr 29,17
Die Eltern, die ihren Sohn züchtigen , werden Frieden
und Freude erleben, denn ihr Sohn wird in Weisheit aufwachsen und sich zu
benehmen wissen (vgl. Spr 10,1 ). Das Verb züchtigen ( yAsar ) ist mit dem Nomen
"Zucht" verwandt ( mUsAr ; vgl. Spr 1,2; der Begriff meint die "Züchtigung oder
Zurechtweisung in ethischer Hinsicht").
Spr 29,18
Der Begriff für Offenbarung ( HAzNn ) ist der Begriff
für eine Offenbarung, die ein Prophet empfängt. "Vision" ist daher eine
unzulässige Übersetzung. Der Vers meint, daß Menschen sich ohne das Wort Gottes
in ihren eigenen sündigen Wegen gehen lassen. Auf der anderen Seite bringt das
Bewahren (Gehorchen) des Gesetzes Gottes (vgl. Spr 28,4.7 ) Glück.
Spr 29,19
Dieser Vers, gekoppelt mit Vers 21 , scheint
nahezulegen, daß die Knechte so wie Söhne eines Menschen Zucht nötig haben.
Manchmal sind Worte nicht genug; ein Knecht mag zwar die Worte kennen, kann sich
aber hartnäckig weigern, zu tun, was man ihm gesagt hat. Wenn sich das so
verhält, dann müssen andere Formen der Zurechtweisung zum Zuge kommen.
Spr 29,20
Ein Mann, der hastige Worte spricht, ist ein Tor ,
denn er sprudelt seine Worte hervor, ohne nachgedacht zu haben (vgl. Spr 15,2.28
), wobei er bisweilen antwortet, bevor er zugehört hat ( Spr 18,3 ). In der Tat
ist er noch schlimmer als ein Tor. Wer hastige Worte spricht und eingebildet
ist, für den ist noch weniger Hoffnung als für einen Toren (vgl. Spr 26,12 ).
Diese Art Menschen stürzt sich selbst und andere ins Unglück (vgl. Spr
17,19-20;18,6-7 ).
Spr 29,21
Hier geht es noch einmal darum, wie wichtig es ist,
Knechte zu züchtigen und nicht zu verhätscheln (vgl. V. 19 ). Wer seinen Knecht
nicht züchtigt und nicht von ihm fordert, seinen Pflichten nachzukommen, der
wird als sein Herr am Ende (später) Kummer (dieses hebr. Wort kommt im AT nur an
dieser Stelle vor) erleben.
Spr 29,22
Die Auswirkungen eines unbeständigen Wesens sind eine
Warnung davor, daß ein Mensch nicht seine Beherrschung verlieren soll. Ein
zorniger, hitziger (wörtl. "Besitzer von Zorn"; vgl. den Kommentar zu Spr 22,24
) Mensch verursacht Streit (vgl. Spr 26,21;30,33 ) und begeht viele Sünden .
Vielleicht gehört dazu auch, daß er andere verflucht oder beleidigt, Gottes
Namen mißbraucht, daß er unverschämt, unfreundlich, grausam, unterdrückend und
stolz ist.
Spr 29,23
Die gegenteiligen Wirkungen des Stolzes und der Demut
warnen den einen und ermutigen den anderen. Ironischerweise führt der Stolz,
durch den ein Mensch versucht, sich zu erheben, dazu, daß er erniedrigt ( SAPal
) wird, wohingegen einer, der einen demütigen ( SAPal ) Geist hat, von anderen
in eine ehrenvolle Position erhoben wird (vgl. Spr 3,34;15,33;16,18-19;18,12 ).
Gott haßt den Stolz (vgl. den Kommentar zu Spr 6,17 ), denn er bringt einen
Menschen an den Punkt, daß er ein Leben ohne Gott führt.
Spr 29,24
Der Komplize eines Diebes wird sein eigener Feind,
denn seine Verstrickung in die Verbrechen arbeitet gegen ihn. Vor Gericht legt
er einen Eid ab, muß dann aber lügen oder gar nichts sagen. Wenn er ein Zeugnis
ablegt, wird er sich selbst hineinziehen, und wenn er nichts sagt, wird er für
schuldig gehalten ( 3Mo 5,1 ).
Spr 29,25
Wer sich vor Menschen fürchtet ("zittert", das ist
nicht der Begriff für die Ehrfurcht vor Gott; z. B. Spr 1,7;8,13;9,10 ), wird in
dem Sinne ein Gefangener, daß sein Handeln von dem Menschen beherrscht oder
begrenzt wird, den er fürchtet. Es ist viel besser, auf den Herrn zu vertrauen,
denn das schenkt Sicherheit (vgl. Spr 18,10;28,18.26 ). Die Worte wird in
Sicherheit bewahrt kommen von dem Verb RAGaB , "unerreichbar hoch oder erhöht
sein". Die Sicherheit in dem Herrn räumt die Furcht vor Menschen aus.
Spr 29,26
Menschen suchen das Angesicht eines Herrschers (vgl.
Spr 19,16 ), um sich bei ihm lieb Kind zu machen oder um recht zu bekommen, aber
sie haben keine Garantie dafür, daß ihnen auch das Recht zuteil wird. Der
Herrscher kann sich sogar "als Falle entpuppen". Wahres Recht kommt von dem
HERRN ; er wird die Dinge am Ende richtig machen. Deshalb ist das Vertrauen auf
ihn von viel größerer Bedeutung als jede Furcht vor den Menschen.
Spr 29,27
Der Gegensatz zwischen dem Gerechten und dem Gottlosen
wird hier recht plastisch dargestellt. Ist ein Greuel wird in beiden Zeilen des
Verses gebraucht und ist ein starker Ausdruck, der mit "für abscheulich oder
widerwärtig halten, verabscheuen" übersetzt werden könnte. Der Begriff wird für
Gottes Einstellung zum Götzendienst und zum Kinderopfer ( 5Mo 12,31 ) und zu
anderen abscheulichen und unreinen Dingen gebraucht. Der Gerechte steht so sehr
auf der Seite der Aufrichtigkeit, daß er wie Gott das haßt, was unrecht ist. Die
Abneigung des Gottlosen dem Aufrichtigen gegenüber macht seine verkehrten
Wertmaßstäbe offenbar. Überall in den Sprüchen werden der Gerechte und der
Gottlose natürlich einander gegenübergestellt. Hier werden sie als scharfe
Gegensätze geschildert.
VI. Die Worte Agurs
( Spr 30 )
A. Einleitung
( 30,1 )
Spr 30,1
Es ist nicht bekannt, wer Agur eigentlich gewesen ist.
Offensichtlich war er ein demütiger (V. 2-4 ), aufmerksamer und wißbegieriger
(V. 5-33 ) Mann. M aRRA? wird mit Ausspruch übersetzt und meint eine gewichtige
Botschaft (vgl. den Kommentar zu Sach 9,1 ). Agurs Worte galten Itiel und Ukal,
deren Identität ebenfalls nicht festgestellt werden kann.
B. Die Erkenntnis Gottes
( 30,2-9 )
1. Der Mensch erkennt Gott nicht
( 30,2-4 )
Spr 30,2-3
Agur bezeichnet sich selbst als den unwissendsten Mann
und meint das vielleicht ironisch. Wenn diese Aussage zutrifft, dann stellte er
sich zu einer Person in Gegensatz, die für sich selbst hochmütig Weisheit in
Anspruch genommen hatte, eine Person, die er zur Antwort aufforderte (V. 4 ).
Oder die Aussage in Vers 2 ist Agurs ernstgemeinte Antwort auf die Überlegungen,
die er dem Leser in Vers 4 mitteilt. Das hebr. Wort baZar wird mit "unwissend"
übersetzt und bedeutet "dumm" wie ein Tier (vgl. Ps 73,22; Spr 12,1 ). Im
zweiten Teil von Spr 30,2 schreibt Agur, daß er keinen Menschenverstand besitzt.
Agur empfand seinen Mangel an Weisheit , denn er kannte den unendlichen Gott
nicht ( den Heiligen ; vgl. Spr 9,10 ). Die Erkenntnis Gottes ist das Fundament
echter Weisheit ( Spr 1,7;15,33 ).
Spr 30,4
Die einzige Anwort auf die fünf Fragen in diesem Vers
lautet: Gott. Nur er kann in die Himmel hinaufsteigen und herabsteigen . Das
erinnert uns an Christus, den Sohn Gottes. Nur Gott kann den Wind in seinen
Händen halten (d. h. den Wind lenken) und, bildlich gesprochen, die Wasser in
einen Mantel einhüllen (damit sind möglicherweise die Wolken gemeint; vgl. Hi
26,8 ), und er allein hat die Erde an ihrem Ort befestigt (vgl. Hi 38,4.6; Spr
8,29 ). Die Frage: Wie ist sein Name? meint sein Wesen. Die Frage: Wie lautet
der Name seines Sohnes ? legt die Frage nahe: "Hat er sein Wesen oder seine
Eigenschaften auf irgend jemand übertragen, den man vielleicht seinen Sohn
nennen könnte?" (T.T. Perowne, The Proverbs , S. 180) Die Wendung: Teile es mir
mit, wenn du es weißt spiegelt Agurs Wunsch wider, das Wesen Gottes zu erkennen.
2. Der Mensch erkennt Gott durch sein Wort
( 30,5-6 )
Spr 30,5-6
Vers 4 betonte, daß der Mensch nicht aus sich selbst
heraus in der Lage ist, das Wesen Gottes zu erkennen. Nun machen die Verse 5-6
deutlich, wie man Gott erkennen kann: man erkennt ihn durch sein Wort, das
geläutert ist (wörtl. "gereinigt" wie beim Schmelzen von Silber; vgl. Ps 12,7 ).
Der Mensch kann Gott allein deshalb erkennen, weil er sich durch das
geschriebene Wort, die unfehlbare Schrift, offenbart hat. Wer sein Vertrauen auf
Gott setzt, der hat eine persönliche Beziehung zu ihm; er wird von ihm
beschützt. Spr 30,5 stimmt mit Ps 18,31 fast völlig überein. Die Warnung, zu
seinen Worten nichts hinzuzufügen, könnte sich auf die Gefahr der Hinzufügung
menschlicher Spekulationen zur göttlichen Offenbarung beziehen. Der Mensch soll
sein Bild von Gott (seine Theologie) nicht aufgrund von menschlichen
Vorstellungen, sondern aus Gottes Wort gewinnen. Gott tadelt diejenigen, die der
Meinung sind, sie könnten von Gott mehr wissen als das, was er über sich selbst
offenbart hat. Tatsächlich sind sie damit häufig so weit von dem Fundament
entfernt, daß Gott sie als Lügner bezeichnet.
3. Der Mensch betet zu Gott
( 30,7-9 )
Spr 30,7-9
Die Worte zwei Dinge bilden die Einleitung zu einer
Reihe von sechs numerischen Sprüchen in diesem Kapitel (V. 7-9.15 b.
16.18-19.21-23.24.28.29-31 ). Dieses Gebet um "zwei Dinge" bestätigt die Demut
Agurs, die wir in den Versen 2-3 bereits kennengelernt haben. Er erkannte seine
Anfälligkeit und bat den Herrn um ganz besondere Hilfe bei zwei Schwächen, bevor
er starb: Um Bewahrung vor der Lüge und um Versorgung mit der täglichen Nahrung
(Brot; vgl. Mt 6,11 ), ohne die er den Versuchungen des Reichtums oder der Armut
ausgesetzt wäre. Der Reichtum könnte ihn dahin bringen, daß er den Herrn
verleugnete und ihn vergäße (vgl. 5Mo 8,12-17 ), denn dann dächte er vielleicht,
er könnte für sich selbst sorgen; und die Armut könnte ihn dazu verleiten, zu
stehlen und dadurch über Gottes Namen Schande zu bringen.
C. Agurs Beobachtungen
( 30,10-33 )
1. Agurs Rat
( 30,10 )
Spr 30,10
Dieser Vers ist eine Warnung, sich nicht in die
häuslichen Angelegenheiten anderer Menschen einzumischen. Ein Herr verflucht
vielleicht denjenigen, der fälschlicherweise seinen Knecht beschuldigt. Im
Gegensatz zu dem "unverdienten Fluch" aus Spr 26,2 ,wird dieser Fluch sozusagen
"sein Ziel erreichen", denn der, dem geflucht worden ist, hat den Fluch
verdient. Dieser Spruch kann als in sich geschlossener Grundsatz stehen, könnte
aber auch (und das ist wahrscheinlicher) eine Einleitung zu Spr 30,11-14
darstellen.
2. Vier Arten unerwünschten Verhaltens
( 30,11-14 )
Es existiert hier zwar keine Einleitung zu einer
numerischen Reihe (vgl. den Kommentar zu V. 7 ), aber es werden hier vier Arten
von Menschen genannt: die Unehrerbietigen, die Heuchler, die Hochmütigen und die
Unterdrücker.
Spr 30,11
Die Sünde der Verfluchung der eigenen Eltern (vgl. V.
17 ) wird in Spr 20,20 erwähnt (vgl. den Kommentar dort).
Spr 30,12
Menschen, die meinen, daß sie vor Gott rein sind (in
ethischer Hinsicht), die aber von dem Schmutz ihrer Sünde im ethischen Bereich
nicht reingewaschen sind, sind Heuchler.
Spr 30,13
Der Hochmut (vgl. Spr 6,16-17;21,4; Ps 18,28;101,5;
Jes 10,12 ), den der Herr verachtet, steht im Gegensatz zu Agurs Einstellung,
die von Demut und Ehrfurcht bestimmt ist ( Spr 30,2-3.7-9 ). Der Begriff Augen
verbindet Vers 13 mit Vers 12 .
Spr 30,14
Wer die Armen ( ZAnI , "Bedrückten, Niedrigen") und
Elenden ( ?eByNn , "Menschen, die Hilfe brauchen"; vgl. Spr 31,9.20 )
unterdrückt, gleicht gefräßigen wilden Tieren, deren scharfe Zähne ihre Beute in
Stücke reißen (vgl. Ps 14,4 ).
3. Die vier, die niemals satt werden
( 30,15-16 )
Spr 30,15-16
Diese Aufzählung befaßt sich mit unstillbaren
Bedürfnissen. Der Schrei der Töchter des Blutegels (gib her! gib her! ) bildet
die Einführung in das Thema. Die Blutegel stehen für die Haltung des Gierigen,
der zäh darum ringt, mehr von dem Gewünschten zu bekommen. Zu der Stilfigur der
drei , denen die vier folgen (x und x+1), die in den Versen 15.18.21.29
gebraucht wird, vgl. den Kommentar zu Spr 6,16 .Vier Dinge werden
personifiziert, die niemals satt werden: Das Grab ( S+?Nl ) möchte mehr Tote
haben (vgl. Spr 27,20 ), der unfruchtbare Mutterleib sehnt sich danach, ein Kind
zu gebären, das Land verlangt immer nach Wasser , und das Feuer möchte nicht
aufhören, zu verzehren. Tod und Feuer wirken zerstörerisch, und der Mutterleib
und das Wasser sind Lebensspender. Die Gier verlangt immer nach mehr.
4. Agurs Warnung
( 30,17 )
Spr 30,17
Dieser Spruch wurde wohl hier plaziert, um auf die
Tatsache hinzuweisen, daß Unehrerbietigkeit gegen die eigenen Eltern so
verwerflich ist wie die unstillbare Gier, von der in Vers 15-16 gesprochen wird.
Ein hochmütiges Kind, das seine Eltern (vgl. V. 11 ) verachtet ("auf sie
herunterblickt" oder "sie verspottet"; vgl. den Kommentar zu Spr 1,7 ), wird
sterben. Sein Leichnam wird nicht begraben werden; er wird den Geiern zum Fraß
dienen.
5. Vier erstaunliche Dinge
( 30,18-19 )
Spr 30,18-19
Was haben die Wege eines Adlers am Himmel, einer
Schlange auf einem Felsen, eines Schiffes auf dem Meer und eines Mannes mit
einer Frau gemeinsam? Manche Ausleger sind der Meinung, daß diese vier Wege im
Dunkeln liegen; andere sind der Ansicht, daß ihre Wege nicht auffindbar sind;
andere sagen, daß sie alle mit Leichtigkeit etwas meistern, das schwierig
scheint. Eine anderweitige Annahme geht dahin, daß sie alle ihren Weg dort
gehen, wo es keine Pfade gibt. "Der Weg eines Mannes mit einem Mädchen" bezieht
sich auf das liebevolle Werben eines Mannes um eine Frau .
6. Agurs Warnung
( 30,20 )
Spr 30,20
Die Ehebrecherin steht im Gegensatz zu der Frau in
Vers 19 . Hier geht es nicht um den Weg eines Mannes mit einer Frau, sondern um
den Weg einer in moralischer Hinsicht verwerflichen Frau mit den Männern (vgl.
Spr 2,16-19;5,1-14;7;22,14;23,27-28 ). Sie hat zu ihren sündhaften Wegen eine
lässige Einstellung, betrachtet sie so leichthin wie eine Mahlzeit und erklärt,
daß am Ehebruch nichts Verkehrtes sei (vgl. Spr 28,24 ).
7. Vier unerträgliche Ungerechtigkeiten
( Spr 30,21-23 )
Die Verse 21-31 enthalten drei Aufzählungen von
Menschen, die sich auf das Thema Herrschaft oder eine Verkehrung davon beziehen.
Der Begriff "König" kommt in allen Aufzählungen vor (V. 22.27.31 ).
Spr 30,21-23
Die Aussage, daß die Erde erzittert und es nicht
ertragen kann, ist eine Hyperbel. Die Erde wird auch durch eine Metapher, die
man Metonymie nennt, zum Repräsentanten der Menschen, die auf ihr leben. Die
Menschen erzittern, weil dem plötzlichen Aufstieg der unerfahrenen, ungeeigneten
Menschen in Positionen, die Erfolg und Macht mit sich bringen, soziale Unruhen
folgen. Es ist unpassend, wenn (a) ein Knecht zum König wird (der Knecht ist auf
diese Aufgabe nicht vorbereitet), (b) ein Tor ( nABAl , "einer, dem es an
geistlichem Unterscheidungsvermögen mangelt"; vgl. Spr 17,7.21 ) satt wird (er
könnte hinsichtlich der Bedürfnisse anderer Menschen hartherzig werden), (c)
eine ungeliebte (wörtl. "gehaßte") Frau geheiratet wird (sie bringt Kummer in
die Ehe) und (d) aus einer Magd eine Herrin wird (denn sie kann wie der Knecht
in Spr 30,22 andere nicht führen). Eine Gesellschaft wird dann durch Harmonie
gekennzeichnet, wenn die Menschen an den ihnen zukommenden Plätzen bleiben und
sie sich keine Positionen aneignen, die sie nicht ausfüllen können.
8. Vier kleine Weise
( 30,24-28 )
Diese Verse bauen auf dem Gedanken aus Spr 21,22 und
Spr 24,5 auf, in dem von der Weisheit gesprochen wird, die über die körperliche
Stärke triumphiert.
Spr 30,24-26
Eine Art der kleinen, aber weisen Tiere sind die
Ameisen . Sie haben zwar nur geringe Kräfte, aber sie überleben doch aufgrund
ihrer Vorausschau (vgl. den Kommentar zu Spr 6,6-8 ). Kaninchen (oder
Klippdachse, wie einige Übersetzungen sagen) haben etwa dieselbe Größe wie
Hasen. Sie können sich nur schlecht verteidigen und leben daher vorsichtig in
den Felsen (vgl. Ps 104,18 ), die ihnen eine natürliche Sicherheit bieten.
Spr 30,27-28
Die Heuschrecken haben keinen sichtbaren Führer (
König ), aber sie fliegen in erstaunlicher Ordnung und können gleich einer
herannahenden Armee viele Quadratkilometer einer Ernte vernichten (vgl. Joe
1,4-7 ). Eine Eidechse ist so klein, daß man sie leicht mit der Hand fangen
kann. Aber man kann sie sogar im Palast des Königs antreffen. Zwei Gedanken
gewinnen angesichts dieser beiden Insekten und der beiden Tiere Gestalt: (a)
körperliche Grenzen können auf andere Weise überwunden werden; (b) weil Gott
sogar für das niedrigste seiner Geschöpfe sorgt und sich um dieses Geschöpf
kümmert, wird er mit Sicherheit auch für sein eigenes Volk sorgen.
9. Vier stattliche Tiere
( 30,29-31 )
Spr 30,29-31
Im Gegensatz zu den in den Versen 25-28 genannten
Geschöpfen stehen die, die von ihrer Haltung und ihrem Gang her als edel
erscheinen. Dazu gehört der Löwe , vor dem sich die Menschen und andere Tiere
wegen seiner Stärke verbergen, der eitle Hahn (wörtl. "an den Lenden gegürtet"),
ein Ziegenbock mit seiner arroganten Erscheinung und ein König , der aus Stolz
großspurig auftritt, weil er mit seiner Armee, die er bei sich hat, scheinbar
unbesiegbar ist. In Gottes Ordnung sind einige Dinge und Tiere klein und
befinden sich in niedriger Position, während andere stattlicher sind.
10. Agurs Rat
( Spr 30,32-33 )
Spr 30,32-33
Im Gegensatz zu den Tieren, die in ihrem Stolz
einherschreiten (V. 29-31 ), steht ein Mensch, der sich närrisch verhält (das
Verb nABAl , "in geistlicher Hinsicht unempfänglich sein"; vgl. das Nomen nABAl
in V. 22 ; Spr 17,7.21 ). Dadurch, daß er sich selbst überhebt und Böses plant
(vgl. Spr 6,14 ), löst er Probleme aus. Wenn jemand seine Hand auf den Mund
legte (vgl. Hi 21,5;40,4 ), dann wollte er damit sagen, er werde aufhören, stolz
zu sein und Probleme auszulösen. So sicher wie aus gestoßener Milch Butter wird
und das derbe Schneuzen der Nase Blut hervorbringt, so sicher verursacht Unruhe
und das Aufreizen von Zorn Verdruß. Das hebr. Wort m¯s wird mit stoßen,
schneuzen und aufreizen übersetzt, ein Begriff, der nur an dieser Stelle im AT
verwendet wird. Man beachte auch das interessante Wortspiel, denn die hebr.
Worte für "Nase" ( ?aP ) und "Zorn" ( ?appayim ) sind einander sehr ähnlich.
Stolz und Ärger wirken der Demut entgegen, von der in Spr 30 immer wieder sehr
positiv gesprochen wird.
VII. Die Worte Lemuels
( 31,1-9 )
Eine Mutter unterrichtete ihren Sohn über die
Gefahren, die von einer zuchtlosen Frau (V. 3 ; vgl. Spr 23,26-28 ) und dem Wein
( Spr 31,4-7; vgl. Spr 23,29-35 ) ausgehen und erinnerte ihn an seine Pflicht,
für die Sache des Rechts einzutreten.
Spr 31,1
Über Lemuel ist uns außer der Tatsache, daß er ein
König war, nichts bekannt. Seine Mutter richtete die Anweisung in Vers 2-9 an
ihn. Das ist ungewöhnlich, denn an den anderen Stellen in den Sprüchen sprach
der Vater jeweils den Sohn an, obwohl auch der Vater zweimal auf die
Unterweisung der Mutter Bezug nahm (vgl. Spr 1,8;6,20 ). Zu dem Begriff
Ausspruch vgl. den Kommentar zu Spr 30,1 und Sach 9,1 .
Spr 31,2-3
Lemuels Mutter wandte sich an ihren Sohn. Hier steht
das aramäische Wort bar . Auch der Begriff Könige in Vers 3 ist aramäisch. Ihre
Gelübde können bedeuten, daß sie vor oder nach ihrer Empfängnis ein Gelübde
abgelegt hatte, wie Hanna es getan hatte ( 1Sam 1,11 ). Auf jeden Fall wollte
sie ihm sagen, daß er ihr viel bedeutete. Sie warnte ihn davor, daß Ehebruch
eine schlimme Wirkung auf den Geist und den Körper eines Menschen hat (vgl. die
Warnung Salomos vor Ehebruch in Spr 2,16-19;5,1-14;7;22,14 und die Warnung der
Weisen in Spr 23,27-28 ).
Spr 31,4-5
In den Versen 4-7 warnte Lemuels Mutter vor den
Gefahren des Alkoholismus. Ihr Rat hallt in Spr 20,1 und Spr 23,20-21.29-35
wider. Die besondere Gefahr der Trunkenheit für einen König liegt darin, daß
sein Gehirn und sein Urteil vernebelt werden können, und das führt zur
Ungerechtigkeit ( Spr 18,5 ) den Unterdrückten gegenüber (vgl. Spr 31,8 ).
Spr 31,6-7
Bier ("starkes Getränk"; vgl. den Kommentar zu Spr
20,1 ) und Wein (in umgekehrter Reihenfolge in Spr 31,4 ) wurden vielleicht als
Betäubungsmittel oder Medikamente akzeptiert, um körperliche Schmerzen oder
tiefe Bitterkeit (und die Schmerzen Sterbender) zu lindern. Oder die Verse 6-7
bedeuten, daß, obwohl andere das Getränk als eine Flucht gebraucht haben, der
König das nicht tun durfte.
Spr 31,8-9
Diese zweite Erwähnung des Rechts (vgl. V. 5 ) in
solch einer kurzen Erörterung spricht deutlich für seine ungeheure Bedeutung.
Einen König, der sich für diejenigen einsetzt, die sich nicht selbst verteidigen
können, die für ihn keine Bedrohung darstellen und die ihm nur wenig geben
können, hält man für einen gerechten und gütigen Mann. Er soll gerecht richten,
und zwar ungeachtet des sozialen Status eines Menschen. Der Begriff für
notleidend (der nur hier im AT vorkommt) meint einen Dahinscheidenden; er "macht
es nicht mehr lange". Die Armen ( ZAnI , "Bedrängte, Bedrückte") und Elenden (
?eByNn , "Hilfsbedürftige"; vgl. Spr 30,14;31,20 ), die leicht unterdrückt
werden, sollen auch vom König in Schutz genommen werden.
VIII. Die tüchtige Frau
( 31,10-31 )
Der letzte Abschnitt der Sprüche ist ein Akrostichon,
der eine tüchtige Frau rühmt. Die Verse 22 beginnen jeweils mit einem Buchstaben
des hebr. Alphabetes. Diese Verse wurden von Lemuel, Lemuels Mutter, Salomo oder
einer anderen unbekannten Person geschrieben. Möglicherweise ist die
letztgenannte Möglichkeit die richtige.
Spr 31,10
Die Frau mit einem edlen Charakter ( Hayil ) wird
ebenfalls in Spr 12,4 erwähnt (vgl. "edel" in Spr 31,29 ). Rut wurde "eine Frau
von edlem Wesen" genannt ( Rt 3,11 ). Der Begriff für "edler Charakter" wird in
2Mo 18,21 mit "tüchtig" übersetzt. Die Frage: Wer kann ... finden? (vgl. Spr
20,6 ) meint nicht, daß es eine solche Frau nicht gibt, sondern daß diese Frau
Bewunderung verdient, denn es gibt sie wie die edlen Männer nur selten. Sie ist
wertvoller als Edelsteine (vgl. eine ähnliche Aussage über die Weisheit in Spr
8,11 ).
Spr 31,11
Der Ehemann der tüchtigen Frau wird dreimal erwähnt
(V. 11.23.28 ), und Vers 12 spricht von "ihm". Er hat volles Vertrauen zu ihr.
Ihre sorgfältige Haushaltsplanung vermehrt den Besitz der Familie. Ihrem Mann
fehlt nichts an Haushaltsgütern.
Spr 31,12
Diese Frau handelt selbständig und ist nicht von ihrem
Mann abhängig. Er erfährt Gutes von ihr. Sie unterstützt und ermutigt ihn. Sie
ist treu und steht ihm ihr ganzes Leben lang bei.
Spr 31,13
Sie ist damit beschäftigt, zu weben und zu nähen, wie
aus den Versen 13.19.22.24 deutlich wird. Sie verwendet Wolle und Flachs und
Leinen (V. 22.24 ), das aus Flachs gemacht wird. Mit fleißigen Händen heißt
wörtl. "mit der Wonne ihrer Hände", woraus hervorgeht, daß sie sich an ihrer
Arbeit freut.
Spr 31,14
Die tüchtige Frau geht auch einkaufen. Sie ist
Kauffahrtschiffen gleich, die ungewöhnliche und faszinierende Handelswaren aus
anderen Orten herbrachten. Sie bringt auch interessante und ungewöhnliche Dinge
von ihrem Einkauf nach Hause.
Spr 31,15
Obwohl sie Hilfe im Haushalt hat, steht sie trotzdem
früh auf, bevor der Tag anbricht, um das Frühstück und das Brot für die anderen
Mahlzeiten vorzubereiten und ihren Knechten die Arbeit zuzuweisen (ihren Teil).
Spr 31,16
Die Tatsache, daß die Frau erwägt, ein Feld zu
erwerben und es dann auch kauft, hat manche Ausleger dazu veranlaßt, die
Richtigkeit dieses Verses in Frage zu stellen, denn, so wird argumentiert, es
war Frauen in jener Zeit gar nicht gestattet, solch einen Kauf zu tätigen. Aber
in diesem begüterten Haushalt stand ihr offensichtlich Geld zum Investieren zur
Verfügung. Dann pflanzt sie aus ihrem Ertrag der verschiedenen Investitionen
(vgl. "treibt Handel" in V. 18 und "verkauft" in V. 24 ) einen Weinberg an. Sie
hat Geschäftssinn, und sie arbeitet hart.
Spr 31,17
Sie arbeitet tatkräftig (wörtl. "gürtet ihre Lenden
mit Kraft") und mit Energie (vgl. "arbeitet" in V. 13 ). Sie hatte der Arbeit
gegenüber eine gesunde Einstellung.
Spr 31,18
Hier werden ihre in Weisheit geführten Geschäfte noch
einmal erwähnt (vgl. "Ertrag" in V. 16 und "verkauft" in V. 24 ). Die Tatsache,
daß ihre Lampe nicht erlischt, spricht von ihrer Vorausplanung. Die fünf
Jungfrauen, deren Lampen nicht verlöschten, wurden für ihre Voraussicht gelobt (
Mt 25,4 ). Das Verlöschen der Lampe war ein Bild für Unheil ( Hi 18,6; Spr
13,9;20,20;24,20 ).
Spr 31,19
Die Verse 13.19.22.24 beziehen sich auf das Weben und
das Nähen. Sie stellt Kleidung her, indem sie Wolle oder Flachs auf einem
Spinnrocken spinnt (V. 13 ) und dabei eine Spindel gebraucht.
Spr 31,20
Die tüchtige Frau ist auch selbstlos und großzügig.
Sie verkauft einige Dinge, aber sie gibt auch den Armen und den Elenden (vgl.
den Kommentar zu diesen Worten in Spr 30,14; vgl. Spr 31,9; vgl. auch Spr
11,25;21,26 ). Möglicherweise spricht Spr 31,20 davon, daß sie die von ihr
selbst hergestellte Kleidung an die Armen weggibt, die selbst keine Kleidung
besitzen (V. 19 ).
Spr 31,21
Kälite versetzt diese Frau für ihren Haushalt nicht in
Schrecken (vgl. V. 25 b), denn sie ist darauf vorbereitet. Sie hat ihre Familie
in Scharlachtuch gekleidet, d. h. sie hat sie mit teurer Kleidung versorgt. Sie
scheut keine Kosten, wenn es darum geht, ihre Familie vor der Kälte zu schützen.
Spr 31,22
Sie macht für ihre Familie sogar Bettdecken. Sie
kleidet sich selbst in feines Leinen und Purpur. Leinen wird aus Flachs
hergestellt (V. 13 ), und Purpur ist eine Farbe, die aus einem bestimmten
Schalentier gewonnen wird. Ihre eigenen Kleider sind ein Anzeichen für das
Wohlergehen ihrer Familie.
Spr 31,23
Eine tüchtige Frau erhöht die Stellung ihres Ehemannes
bei denen, die über Gerichtsfälle in dem Stadttor (vgl. V. 31 ) bei den Ältesten
entscheiden. Sie ist offensichtlich sehr tatkräftig und fähig, aber sie wirkt in
einer Weise, daß die Führung ihres Mannes voll zur Geltung kommt, anstatt daß
sie sie untergräbt. Sie achtet ihn und hält ihn hoch.
Spr 31,24
Noch einmal kommt ihr Wirken bei der Kleidung zur
Sprache. Sie stellt leinene Kleidung für sich selbst her (V. 22 ), aber sie ist
solch eine gute Näherin, daß sie auch zum Verkauf genug davon herstellt. Leinene
Kleidung war teuer. Wenn hier davon die Rede ist, daß sie die Händler mit
Schärpen (Gürteln) versorgt, dann weist das auf ihre Produktivität hin.
Spr 31,25
Hier wird noch einmal im bildhaften Vergleich auf die
Kleidung Bezug genommen, um anzudeuten, daß ihre Erscheinung Kraft und Würde
widerspiegelt. Sie ist kein schändlicher Schwächling. Sie kann auch der Zukunft
entgegenlachen, d. h., daß sie ihr mit Vertrauen entgegensehen kann (vgl. V. 21
). Spr 27,1 warnt zwar davor, sich "des morgigen Tages" zu rühmen, aber das
heißt nicht, daß man sich nicht darauf vorbereiten soll (so wie es die Ameisen
tun; Spr 6,6-8;30,25 ).
Spr 31,26
In Übereinstimmung mit dem Thema des Buches der
Sprüche wird diese Frau für ihre Weisheit und ihre zuverlässige Unterweisung
gerühmt. Die Unterweisung bezieht sich möglicherweise darauf, daß sie ihre
Kinder und die Kinder ihrer Mägde unterrichtet.
Spr 31,27
Sie ist mit der Verwaltung ihres Hauses beschäftigt (
sie wacht über die Dinge in ihrem Haushalt ). Dennoch hat sie als Hausfrau an
manchen Tätigkeiten auch direkten Anteil. Sie ist nicht müßig (vgl. V. 13.17 ).
Spr 31,28-29
Ihre Kinder preisen sie. Sie hat eine positive und
optimistische Einstellung und freut sich über die Rolle, die sie in ihrem Leben
spielt. Ihr Ehemann rühmt sie, indem er sie vor anderen die tüchtigste aller
Frauen nennt (vgl. V. 10 ).
Spr 31,30
Ihr Geheimnis ist ihr gottesfürchtiges Wesen. Sie ist
äußerlich anmutig und schön, aber diese Vorzüge haben keinen Bestand. Aber sie
wird von ihrem Mann (V. 28 ) und anderen (V. 31 ) als Frau, die den HERRN
fürchtet , gepriesen. Hier, am Ende der Sprüche, endet das Buch ebenso, wie es
auch begonnen hat, nämlich, indem von der Furcht des Herrn gesprochen wird ( Spr
1,7 ).
Spr 31,31
Der Verfasser fordert seine Leser auf, den treuen
Fleiß und die Güte solch einer Frau zu erkennen und zu belohnen. Sie soll
zusammen mit ihrem Ehemann (V. 23 ) öffentlich geehrt werden. Es war in Israel
keine alltägliche Angelegenheit, daß eine Frau in den Toren geehrt wurde. Aber
eine ungewöhnliche Frau macht eine ungewöhnliche Anerkennung notwendig.
Die Tugenden der tüchtigen Frau sind dieselben, die
auch in dem gesamten Buch der Sprüche gerühmt werden: harte Arbeit, weise
Investitionen, vernünftiger Umgang mit der Zeit, Vorausplanung, Sorge für
andere, Achtung dem Ehegatten gegenüber, die Vermittlung von Gottes Angebot
gegenüber dem Menschen, weiser Rat und Gottesfurcht (Anbetung, Vertrauen,
Dienst, Gehorsam). Im Buch der Sprüche wird immer wieder festgestellt, daß diese
Eigenschaften zu Ehre, Lobpreis, Erfolg, persönlicher Würde, Verdienst und zur
Freude am Leben führen. Im Angesicht der Versuchungen der Ehebrecherin, die in
den Sprüchen häufig erwähnt werden, ist es nur zu passend, daß das Buch mit dem
Lobpreis einer tugendhaften Frau schließt. Nicht nur junge Männer können von
dieser tüchtigen Frau lernen. Durch Gottesfurcht können sie weise und gerecht
leben. Das ist die Botschaft der Sprüche.
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