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Messianische Christologie   Teil 1    Messianische Christologie   Teil 2   Messianische Christologie   Teil 3 


s. 40 Messianische Christologie   Ex.: Fundamentum

Messianische Christologie

Eine Studie der hebräischen Prophetie über das  erste Kommen des Messias

I.Teil
 Dr. Arnold G. Fruchtenbaum
 (Biographische Angaben finden sich am Ende des Artikels)

 Einleitung
 Diese Studie beschäftigt sich mit dem, was theologisch «messianische Christologie» genannt wird. Einfacher gesagt handelt es sich um einen Überblick über alle messianischen Prophetien der hebräischen Schriften, die sich beim ersten Kommen des Messias erfüllt haben.
Die orthodoxe jüdische Interpretation erwartet dabei aber natürlich nicht, dass der Messias zweimal kommen sollte, sondern rechnet stattdessen mit zwei Messiassen, von denen jeder einmal kommt.
 Diese Studie erfolgt aus einer judenchristlichen Perspektive, und es wird gezeigt werden, dass diese hebräischen Prophetien erfüllt worden sind im Leben von Jeschua (Jesus) und auf keine andere Art und Weise erfüllt werden können.
Als erstes wollen wir aber als Einführung einen Blick auf das Neue Testament werfen und sehen, wie Jesus und seine Jünger dieses Thema behandelt haben.

Der neutestamentliche Gebrauch
 Die Evangelien stellen ganz klar fest, dass der Tod Jesu auch für die Apstel eine Überraschung war.
 Ihre Verwirrung rührte vor allem von da her, dass sie nicht das ganze messianische Programm kannten. Sie hatten voll ständig erwartet, dass Jesus ihre Feinde überwinden und sein Königreich auf der Erde aufrichten würde. Sie waren sehr gut vertraut mit denjenigen Prophezeiungen, die sich auf diesen Aspekt des messianischen Programms bezogen. Was sie aber verfehlt hatten zu verstehen, war, dass der Messias zweimal zu kommen hatte: Beim ersten Mal, um zu leiden, und dann, später, um zu siegen. Der Grund für sein erstes Kommen war also ein ganz anderer als der für sein zweites Kommen. Um den Grund seines ersten Kommens

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 zu belegen, fordert Jesus die Jünger nicht auf, einfach nur zu glauben, sondern verweist sie zurück auf die Autorität ihrer eigenen hebräischen Schriften, nämlich auf das, was Heidenchristen heute das Alte Testament nennen.

25 Und er sprach zu ihnen: O ihr Unverständigen und im Herzen träge, an alles zu glauben, was die Propheten geredet haben!
26 Musste nicht der Christus dies leiden und in seine Herrlichkeit hineingehen?
27 Und von Mose und von allen Propheten anfangend, erklärte er ihnen in allen Schriften das, was ihn betraf.

44 Er sprach aber zu ihnen: Dies sind meine Worte, die ich zu euch redete, als ich noch bei euch war, dass alles erfüllt werden muss, was über mich geschrieben steht in dem Gesetz Mose und in den Propheten und Psalmen.
45 Dann öffnete er ihnen das Verständnis, damit sie die Schriften verständen,
46 und sprach zu ihnen: So steht geschrieben, und so musste der Christus leiden und am dritten Tag auferstehen aus den Toten
47 und in seinem Namen Busse zur Vergebung der Sünden gepredigt werden allen Nationen, anfangend von Jerusalem.
48 {Ihr} seid Zeugen hiervon.
Lukas 24, 25-27.44-48

 Hier auf der Strasse nach Emmaus, bei einer seiner Erscheinungen nach der Auferstehung, tadelt Jesus seine Jünger dafür, dass sie nicht alles wussten, was die Propheten gesagt hatten. Dazu gehörten nämlich auch die Prophezeiungen über sein Leiden und Sterben. Sie hatten keine Schwierigkeiten damit, an diejenigen Prophezeiungen zu glauben, die den Messias als einen regierenden König beschrieben, der Israel seine frühere Ehre zurück bringen würde. Sie hatten aber grosse Schwierigkeiten damit, diejenigen Prophetien zu akzeptieren, die das Leiden und Sterben des Messias vorher sagten. Die Tatsache, dass die Jünger so aufgeregt waren darüber, dass Jesus gefangen und exekutiert wurde, zeigt, dass sie sich in gewissem Sin ne noch im Unglauben befunden haben. Es wird uns berichtet, dass Jesus mit dem Gesetz des Mose begonnen hat, fortfuhr mit den Propheten, und die gesamten hebräischen Schriften durchgegangen ist, um seinen Jüngern alles zu zeigen, was sich auf den Messias bezog. Dadurch konnte er beweisen, dass sein Tod und seine Auferstehung in völliger Übereinstimmung mit der Schrift und sogar für sein Werk notwendig waren. Sie waren wesentlich, weil sie seine Messianität bewiesen haben. Von den allerfrühesten Quellen bis zu den modernen Rabbinern haben jüdische Lehrer die Schriften immer in drei Abteilungen gegliedert:
Das Gesetz,
die Propheten
 und die Schriften.
 Wir sehen hier (und teilweise auch in Vers 44), dass Jesus dasselbe tut. Die «Schriften» werden manchmal auch die «Psalmen» genannt, weil die Psalmen das erste Buch dieser Gruppe sind. Jesus bezieht systematisch die gesamten Schriften ein, um seinen Jüngern alles über sich selbst zu erklären. «Alles» schliesst dabei sowohl die Prophetien über sein zweites Kom-

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men (die immer noch auf ihre Erfüllung warten) mit ein als auch diejenigen über sein erstes Kommen (die sich gerade erfüllten, als Jesus sprach). In dem er Prophetien aus allen drei Teilen der jüdischen Schriften zusammen nahm, konnte Jesus beweisen, dass es für ihn notwendig war, umgebracht und beerdigt zu werden und am dritten Tag wieder aufzuerstehen. Die Nachfolger Jesu haben ihre Lektion gut gelernt. Später im Neuen Testament, nach Jesu Himmelfahrt, sehen wir, dass die Jünger immer wieder Jesu Messianität aus den hebräischen Schriften heraus gerechtfertigt und begründet haben - und das sowohl gegenüber Heiden als auch bei Juden.

Apg 8,26 Ein Engel des Herrn aber redete zu Philippus und sprach: Stehe auf und geh gegen Süden auf den Weg, der von Jerusalem nach Gaza hinabführt; derselbe ist öde.
Apg 8,27 Und er stand auf und ging hin. Und siehe ein Äthiopier, ein Kämmerer, ein Gewaltiger der Kandace, der Königin der Äthiopier, der über ihren ganzen Schatz gesetzt war, war gekommen, um zu Jerusalem anzubeten;
Apg 8,28 und er war auf der Rückkehr und saß auf seinem Wagen und las den Propheten Jesaias.
Apg 8,29 Der Geist aber sprach zu Philippus: Tritt hinzu und schließe dich diesem Wagen an.
Apg 8,30 Philippus aber lief hinzu und hörte ihn den Propheten Jesaias lesen und sprach: Verstehst du auch, was du liesest?
Apg 8,31 Er aber sprach: Wie könnte ich denn, wenn nicht jemand mich anleitet? Und er bat den Philippus, daß er aufsteige und sich zu ihm setze.
Apg 8,32 Die Stelle der Schrift aber, welche er las, war diese: "Er wurde wie ein Schaf zur Schlachtung geführt, und wie ein Lamm stumm ist vor seinem Scherer, also tut er seinen Mund nicht auf.
Apg 8,33 In seiner Erniedrigung wurde sein Gericht weggenommen; wer aber wird sein Geschlecht beschreiben? denn sein Leben wird von der Erde weggenommen."
Apg 8,34 Der Kämmerer aber antwortete dem Philippus und sprach: Ich bitte dich, von wem sagt der Prophet dieses? von sich selbst oder von einem anderen?
Apg 8,35 Philippus aber tat seinen Mund auf, und, anfangend von dieser Schrift, verkündigte er ihm das Evangelium von Jesu.
Apg 8,36 Als sie aber auf dem Wege fortzogen, kamen sie an ein gewisses Wasser. Und der Kämmerer spricht: Siehe, da ist Wasser; was hindert mich, getauft zu werden?
Apg 8,37
Apg 8,38 Und er hieß den Wagen halten. Und sie stiegen beide in das Wasser hinab, sowohl Philippus als der Kämmerer; und er taufte ihn.
Apg 8,39 Als sie aber aus dem Wasser heraufstiegen, entrückte der Geist des Herrn den Philippus; und der Kämmerer sah ihn nicht mehr, denn er zog seinen Weg mit Freuden.
Apg 8,40 Philippus aber wurde zu Asdod gefunden; und indem er hindurchzog, verkündigte er das Evangelium allen Städten, bis er nach Cäsarea kam.

 
Apostelgeschichte 8,26-39

Das ist die berühmte Geschichte des äthiopischen Eunuchen, der die Prophetie von Jesaja in Kapitel 53 liest.
Philippus wird zu ihm geschickt, um ihm die Bedeutung dieser Prophetie zu erklären.
Wir lesen in Vers 35, dass «beginnend von dieser Schrift» Philippus ihm Jesus gepredigt hat. Beginnend mit Jesaja 53, einer Passage, die in dieser Studie später untersucht wird, ist es Philippus möglich, die Messianität Jesu zu zeigen. Der äthiopi-

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sehe Eunuch ist so beeindruckt von der Art und Weise, in der Jesu Leiden und Sterben auf Jesajas Beschreibung des Messias passt, dass es ihn überzeugt und er sofort Christ wird.

1 Nachdem sie aber durch Amphipolis und Apollonia gereist waren, kamen sie nach Thessaionich, wo eine Synagoge der Juden war.
2 Nach seiner Gewohnheit aber ging Paulus zu ihnen hinein und unterredete sich an drei Sabbaten mit ihnen aus den Schriften,
3 indem er eröffnete und darlegte, dass der Christus leiden und aus den Toten auferstehen musste und dass dieser der Christus ist: der Jesus, den ich euch verkündige.
4 Und einige von ihnen liessen sich überzeugen und geseilten sich zu Paulus und Silas und eine grosse Menge von den anbetenden Griechen und nicht wenige der vornehmsten Frauen.
 Apostelgeschichte 17,1-4

Hier sehen wir, wie Paulus in der Synagoge vorging. Er hat zuerst die Schriften des Alten Testaments ausgelegt, und zwar besonders die messianischen Prophetien, die wir später studieren werden. Nachdem er dann erklärt hatte, was die Schriften vom Messias forderten, konnte er anschliessend zeigen, wie perfekt Jesus der Gestalt des Messias entsprach, wie sie im Alten Testament gefordert wurde.

28 denn kräftig widerlegte er die Juden öffentlich, indem er durch die Schriften be wies, dass Jesus der Christus ist.
Apostelgeschichte 18, 28
 Hier sehen wir noch einmal Paulus' Methode beim Diskutieren mit den jüdischen Führern. Er ging zurück zu den Schriften und hat bewiesen, dass Jesus die Anforderungen der hebräischen Prophetie erfüllt hat. Ein letztes Beispiel hierfür finden wir in
Apostelgeschichte 28. 23

Als sie ihm aber einen Tag bestimmt hatten, kamen mehrere zu ihm in die Herberge, denen er das Reich Gottes auslegte und bezeugte. Und er suchte sie zu überzeugen von Jesus, sowohl aus dem Gesetz Moses als auch den Propheten, von frühmorgens bis zum Abend.

Apostelgeschichte 28.23
 Hier sehen wir Paulus in der Debatte mit den jüdischen Führern in Rom. Wiederum nimmt Paulus sein Beweismaterial nicht aus Matthäus, Markus, Lukas oder Johannes - die Evangelien werden nicht erwähnt, weil sie noch nicht geschrieben worden waren -  sondern stattdessen aus den Schriften des Alten Testaments. In dieser besonderen Situation beruft Paulus sich

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 ausschliesslich auf das Gesetz und die Propheten. Wahrscheinlich spart er die «Schriften» wegen bestimmter jüdischer Anschauungen über die Inspiration der Heiligen Schrift aus. Der Judaismus lehrt nämlich, dass zwar alle Schrift von Gott inspiriert ist, dass es dabei aber drei unterschiedliche Ebenen von Inspiration gibt.

Dem Gesetz wird dabei die grösste Autorität zuge schrieben, weil es aus den eigenen Worten Gottes selbst besteht, die dieser direkt menschlichen Schreibern diktiert hat.
Die Propheten seien von gerin gerer Autorität, weil sie zwar Gottes Botschaften haben, diese aber nur durch den Mund von Menschen ausgesprochen.
Die Schriften werden schliesslich als die geringste Autorität angesehen, weil man annimmt, dass sie nur aus den Worten von Menschen bestehen, wenn auch deren Denken von Gott geleitet war.

Der Judaismus hat also eine sehr hohe Anschauung vom Gesetz und den Propheten, aber keinen besonders grossen Respekt vor den Schriften. Darum beschränkt sich Paulus hier darauf, nur diejenigen Worte Gottes zu benutzen, die im Gesetz und den Propheten gegeben sind. Jesus hat alle drei Teile des Alten Testaments benutzt, denn was ihn und die Apostel anging, waren alle hebräischen Schriften von gleicher Gültigkeit. Traurigerweise gibt es heutzutage nur sehr wenige Leute, die tun können, was die Apostel damals taten, nämlich das ganze messianische Programm ausschliesslich aus dem Alten Testament heraus entfalten. Die Fähigkeit, das zu tun, ist aus verschiedenen Gründen wichtig, kommt aber vor allem beim Dienst unter Juden zum Tragen. Es ist notwendig, aus dem Alten Testament entfalten zu können, was für einen Messias es fordert, bevor man sich ins Neue Testament begibt und dort zeigt, dass Jesus alle diese biblischen Anforderungen perfekt erfüllt.

Die vier Typen messianischer Prophetie
Wenn wir uns mit messianischer Prophetle beschäftigen, ist es sehr wichtig, zu wissen, dass es vier verschiedene Arten davon gibt. Es ist unbedingt erforderlich, sie auseinanderzuhalten.
Die vier Kategorien lauten:

1. Nur erstes Kommen
2. Nur zweites Kommen
3. Sowohl erstes als auch zweites Kommen
4. Der ganze Erlösungsweg

 Manche Prophetien sind sehr deutlich darin, dass sie sich entweder mit dem ersten Kommen (Kategorie 1) oder mit dem zweiten Kommen (Kategorie 2) beschäftigen. Andere Prophetien sind komplizierter aufgebaut.

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 Die dritte Kategorie von Prophezeiungen beinhaltet Verse, die das erste und zweite Kommen so zusammenbienden, dass die Zeitspanne, die dazwischenliegt, versteckt wird. Um sie doch zu erkennen, ist es notwendig, die Parallelstellen zu lesen. Sacharja 9, 9.10 ist ein gutes Beispiel dafür.

Vers 9 geht auf das erste Kommen ein,
Vers 10 auf das zweite.

Diese Verse für sich allein genommen treffen keine Unterscheidung, aber dass es eine gibt, wird von anderen Schriftstellen klargelegt. Die vierte Kategorie bezieht sich auf Abschnitte, die das ganze messianische Programm einschliessen, also erstes Kommen, Zeitintervall, zweites Kommen und messianisches Königreich. In dieser Studie werden wir uns mit allen Stellen der ersten Kategorie aus einandersetzen.

Die zweite Kategorie wird ignoriert, denn sie stellt ein ganzes, eigenständiges Thema dar (und wird vollständig im «Handbuch der biblischen Prophetie» behandelt). Die Prophetien der dritten und vierten Kategorie werden nur insofern berührt, als sie sich auf das erste Kommen des Messias beziehen.

Wichtig
 Eine Studie dieser Art hat drei Hauptvorteile:

Unzulässige Vereinfachungen vermeiden
 Die Beziehung zwischen dem Alten und Neuen Testament und die Natur des alttestamentlichen Glaubens werden oftmals übermässig vereinfacht. Zum Beispiel hört man oft das Klischee, dass «die Heiligen des Alten Testaments auf den Tod Jesu vorausschauten, während die Heiligen des Neu en Testaments auf ihn zurückschauen». Wenn das wahr wäre, warum waren dann die Jünger so erstaunt bei Jesu Tod? Wir haben die Tendenz, ins Alte Testament ein neutestamentliches Verständnis hineinzulesen, das in jenen Tagen noch nicht existierte. Wenn wir die fortschreitende Offenbarung in der Heiligen Schrift verfolgen, werden wir uns der Beschränkungen bewusster, die es auf verschiedenen Stufen von Israels Geschichte gab, was das Verstehen anging. Insbesondere gibt es keinen Weg, aus den fünf Büchern des Gesetzes allein zu erkennen, dass der Messias sterben muss. Das wurde erst etwa im 8. Jahrhundert v. Chr. offenbart, nämlich durch den Propheten Jesaja.
Das Gesetz stellt den Messias hauptsächlich in Gestalt eines Königs und Erlösers dar, aber nicht als einen sterbenden Retter. Es ist nicht wahr, dass die alttestamentlichen Heiligen auf den Tod des Messias vorausgeschaut hätten: Für den grössten Teil der alttestamentlichen Ge schichte wussten sie gar nicht, dass dies zu geschehen hatte. Wir sollten

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vorsichtig sein, den Glaubensinhalt der alttestamentlichen Gläubigen nicht zu sehr zu vereinfachen.

Auslegen der Prophetien über das zweite Kommen
Die Prophetien über das erste Kommen und ihre Erfüllungen zu verstehen, hilft uns, auch diejenigen über das zweite Kommen richtig zu begreifen und korrekt auszulegen. Weil alle Prophetien über das erste Kommen sich auf wörtliche Art und Weise erfüllt haben und nicht «allegorisch» oder «geistlich», sollten wir von denen über das zweite Kommen erwarten, dass sie sich in derselben Art und Weise erfüllen.

Evangelisatlon unter Juden

Wie bereits zu sehen war, haben die alttestamentlichen Prophetien der hebräischen Schriften die Basis zum Evangelisieren im Neuen Testament gebildet. Zuerst Jesus mit seinen Jüngern und danach die Jünger selbst haben das Alte Testament benutzt, um Jesu Anspruch, der Messias zu sein, zu bestätigen. Wenn die messianischen Erwartungen der hebräischen Prophetie verstanden werden, dann wird klar, dass Jesus und nur Jesus diese An forderungen erfüllen kann. Das sind also die Schriften, die wir jetzt studieren wollen, wobei wir uns mit ihnen in denselben Kategorien beschäftigen, wie es Jesus und die Apostel getan haben: Im Gesetz, in den Propheten und in den Schriften.

1. Teil: Das Gesetz

 Genesis 3,15 - Der Same der Frau
15 Und ich werde Feindschaft setzen zwischen dir und der Frau, zwischen deinem Samen und ihrem Samen; [er] wird dir den Kopf zermaimen, und du, du wirst ihm die Ferse zermalmen.

Messianische Prophetie beginnt schon im dritten Kapitel des Buches Gene sis. Es ist kein Wunder, dass die allererste messianische Prophetie im Kon text des Sündenfalls auftaucht. Wenn die Sünde nicht in die Welt eingedrungen wäre, hätte es niemals die Notwendigkeit für einen erlösenden Messlas gegeben. Gott verflucht die Schlange nach dem Fall, den sie verursacht hat und erklärt Feindschaft zwischen der Schlange und der Frau. Diese Feind schaft soll sich bis auf den Samen der Frau und der Schlange erstrecken. Der «Same der Frau» bezieht sich auf Christus, den Messias, und der Same der Schlange wird der Antichrist sein. (Eine Untersuchung des Antichristen

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 der Schlange wird der Antichrist sein. (Eine Untersuchung des Antichristen würde den Rahmen dieser Studie sprengen, vgl. «Handbuch der biblischen Prophetie» für weitere Details.)

Die Prophezeiung

Diese, die erste messianische Prophezeiung, erklärt, dass die Herkunft oder Abstammung des Messias nach einer Frau benannt werden wird und nicht nach einem Mann. Das widerspricht sofort der biblischen Norm. Es gibt viele Genealogien in der Schrift, und angefangen von den frühesten in den Kapi teln Genesis 5 und 11 bis zu den ersten 9 Kapiteln des 1. Buches der Chronik, bis Matthäus 1 und Lukas 3 sind (unter vielen anderen) fast alle davon Listen von Männernamen. Die legale Abstammung, die Identität nach Nation und Stamm, wurden immer vom Vater und niemals von der Mutter genommen (die einzige Ausnahme hierzu findet sich in Esra 2, 61 und noch in Nehemia 7, 63). Es geschah nur sehr selten, dass der Name einer Frau überhaupt aufgenommen wurde in die Liste; das geschah nur, wenn sie eine wichtige Rolle in der jüdischen Geschichte gespielt hatte, und selbst dann brachte ihr das nur die Erwähnung in einer Nebenbemerkung ein. Mose gibt hier keine Erklärung, sondern zeichnet einfach die Tatsache auf, dass beim Messias etwas in besonderer Weise ganz anders sein wird, was dazu führt, dass er seine Abstammung über die Mutter und nicht den Vater angibt.

Es wird für einige Jahrhunderte auch keine Erklärung gegeben, bis zur Zeit des Propheten Jesaja. Er wird prophezeien (in Kapitel 7), dass der Messias von einer Jungfrau geboren werden und keinen menschlichen Vater haben wird. Genesis 3,15 stellt fest, dass der Messias der Schlange, das ist Satan, den Kopf zerschmettern wird.' Dabei wird Satan es zwar zuwege bringen, die Ferse des Messias zu verwunden, wird aber unfähig sein, seine eigene Zerstörung zu verhindern.
Das Verwunden der Ferse des Messias fand bei Jesu Kreuzigung statt - schmerzhaft, aber, bezogen auf die Ewigkeit, nicht tödlich. Das Zerschmettern des Kopfes der Schlange begann mit Jesu Tod und Auferstehung, wie in Hebräer 2, 14-18 festgestellt wird.
Römer 16, 20 sieht das Zerschlagen von Satans Kopf als immer noch zukünftig an. So wird seine endgültige Zerstörung nicht kommen, bevor er in den Feuersee geworfen wird, wie es Offenbarung 20,10 beschreibt.

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 'Im Hebräischen steht aber das männliche Fürwort Sin hü' (er). Dieses als SIH hP (sie) zu vokalisieren und nach der Vulgata ««ipsa» (sie selbst), bezogen auf die Frau zu verstehen und zu übersetzen (dann wären im Hebräischen andere Verformen), entspricht nicht dem hebräi schen Text. Man darf auch nicht die Frau auf eine spätere Frau beziehen. Vgl. FUNDAMENTUM 1/1988, S. 20f. Red.

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 Genauso wie er einen Hinweis auf die Jungfrauengeburt gibt, zeigt dieser Vers auch  an, dass der Messias ein Mensch sein wird. Der Messias, der Erlöser, wird kein Enge! oder einfach göttlich, sondern wird ein Gott-Mensch sein. Diese Gedanken werden in den folgenden Prophetien weiter entwickelt.

Gen 4,5 und 6  -Frühe Echos der Verheissung

 Das ist unsere Interpretation aus unserer eigenen historischen Perspektive, aber wie wurde dieser Vers von denen verstanden, die ihn als erste gehört haben? Es gibt drei Abschnitte in den folgenden Kapiteln, die einige Hinweise darüber geben, was die drei Personen, die Gen 3, 15 als erste gehört hatten, darüber dachten. Eine Studie dieser Passagen zeigt, dass, obwohl die Jungfrauengeburt bis Jesaja nicht verstanden wurde, doch begriffen worden war, dass man einen Gott-Menschen als Erlöser zu erwarten hatte.

Genesis 4,1
 
Und der Mensch erkannte Eva, sein Weib, und sie ward schwanger und gebar Kain; und sie sprach: Ich habe einen Mann erworben mit Jehova.

 Eine wörtliche Übersetzung des hebräischen Textes würde lauten: Und der Mann erkannte Eva, seine Frau, sie empfing und gebar Kain und sagte: «Ich habe einen Mann bekommen: Jahwe.»

 Das ist exakt dieselbe Satzkonstruktion wie im nächsten Vers:
Und wiederum gebar sie seinen Bruder: Abel.

Nur wenige Bibelübersetzer verstehen, was Eva hier sagt. Deshalb lauten auch die englischen Übersetzungen nicht so, wie es oben angegeben ist. Eva hat von Gottes Worten in Gen 3, 15 her klar verstanden, dass die Schlange von einem Gott-Menschen besiegt werden wird. Offensichtlich denkt sie, dass Kain Jahwe ist. Ihre Theologie ist grundsätzlich korrekt: Der Messias würde beides sein, Mensch und Gott. Ihr Fehler liegt in ihrer Anwendung dieser Theologie. Sie hat angenommen, dass Kain, ihr erstes Kind, der versprochene Gott-Mensch wäre. Dass sie ihren Fehler schnell erkannt hat, zeigt sich bei der Geburt von Kains Bruder - sie nennt ihn Abel, was «Nichtigkeit» bedeutet.
Es ist interessant zu sehen, wie unterschiedliche Gelehrte zu verschiedenen Zeiten mit diesem Vers umgegangen sind. Die meisten englischen Überset zungen lesen: «Ich habe einen Mann bekommen mit der Hilfe von Jahwe.»
Die Worte «mit der Hilfe von» wurden dabei von den Übersetzern eingefügt.

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 um eine Lesart zu vermeiden, die für sie unakzeptabel war.(2)  Aber im Hebräischen steht wörtlich: «Ich habe einen Mann bekommen: Jahwe.»
 Das ist tatsächlich die gleiche Konstruktion wie im Hebräischen für die sofort folgenden Worte: «und sie gebar: Kain.» Die geläufige englische Übersetzung basiert nicht auf dem hebräischen Text, sondern auf der griechischen Septuaginta.
Dort heisst es «durch Gott.» Dem folgte auch die lateinische Vulgata, die ebenfalls «durch Gott» liest.
Der Jerusalemer Targum, eine aramäische Übersetzung, liest: «Ich habe einen Mann bekommen, den Engel von Jahwe». Die Rabbiner gaben eine Lesart an, die dem originalen hebräischen Text viel näher kam. Der Targum Pseudo Jonathan liest: «Ich habe als einen Mann den Engel Jahwes be kommen». Eine andere aramäische Übersetzung ist der Targum Onkelos, der «von vor dem Herrn» bietet. Diese aramäischen Übersetzungen und Umschreibungen sehen, was das Hebräische sagt und was das für übernatürliche Folgen beinhaltet. In der christlichen Theologie sieht man den Engel Jahwes als die zweite Person des dreieinigen Gottes (etwas, was später unter «Andere Linien der Beweisführung» diskutiert wird), aber das war natürlich nicht die Sichtweise der jüdischen Übersetzer der Targume.
Der Midrasch Rabbah, der rabbinische Kommentar zur Genesis, bietet in 22, 2 für Genesis 4, 1 «mit der Hilfe des Herrn». «Rabbi Ishmael fragte Rabbi Akiba 'Da du Nahum von Ginzo 22 Jahre lang gedient hast und er gelehrt hat, dass jedes ach und räch eine Begrenzung, aber jedes et und gam eine Erweiterung ist, sage mir, was der Sinn des et hier ist.' Er antwortete 'Wenn gesagt wird 'Ich habe einen Mann bekommen: Den Herrn', wäre es schwie rig auszulegen, darum ist et 'mit der Hilfe des Herrn' erforderlich.'» Somit hatten die Rabbiner also klar die Aussagen dieser Konstruktion verstanden und mussten darum die nötigen Anpassungen in ihrer Übersetzung machen. Die Peshitta bietet «Ich habe einen Mann bekommen zu dem Herrn».
Ein führender Rabbi, bekannt als Saadia Gaon, las es als «von mit dem Herrn». Rashi übersetzt es als «mit dem Herrn» und Nachmanides übersetzt es als «für den Herrn zum Dienst für den Herrn».
Auch hier werden wieder Versuche gemacht, das Offensichtliche zu umgehen.

Genesis 5, 28.29
 Und Henoch lebte 65 Jahre und zeugte Metuschelach.
2 Und Henoch wandelte mit Gott, nachdem er Metuschelach gezeugt hatte, 300 Jahre und zeugte Söhne und Töchter.
23 Und alle Tage Henochs betrugen 365 Jahre.
_____________
 'Das Hebräische nx 'et kann als Akkusativzeichen «den» oder als Präposition «mit» verstanden werden: Übersetzung somit entweder: den Jhwh oder mit Jhwh. Vgl. FUNDAMENTUM 3/1989, S. 14f. Red.

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24 Und Henoch wandelte mit Gott; und er war nicht mehr da, denn Gott nahm ihn hinweg. -
25 Und Metuscheiach lebte 187 Jahre und zeugte Lamech.
26 Und Metuscheiach lebte, nachdem er Lamech gezeugt hatte, 782 Jahre und zeugte Söhne und Töchter.
27 Und alle Tage Metuscheiachs betrugen 969 Jahre, dann starb er. -
28 Und Lamech lebte 182 Jahre und zeugte einen Sohn.
29 Und er gab ihm den Namen Noah, indem er sagte: Dieser wird uns trösten über unserer Arbeit und über der Mühsal unserer Hände von dem Erdboden, den der HERR verflucht hat. Genesis 5,21-29

In Genesis 5, 21-24 lesen wir von dem gerechten Henoch, der «nicht war, denn Gott nahm ihn». Das Neue Testament, in Judas 14-15, sagt uns, dass Henoch ein Prediger der Gerechtigkeit und ein Prophet war. Der Name, den er seinem Sohn gab, war tatsächlich reich an prophetischer Bedeutsamkeit. Methuselach ist ein hebräischer Name, der wörtlich bedeutet «Wenn er stirbt, wird es kommen».
Da es im Hebräischen kein Neutrum gibt, heisst es also tatsächlich «Wenn er stirbt, wird er kommen».

Diese Prophezeiung bezieht sich auf das Kommen der Flut. Eine einfache Berechnung mit den in Genesis gegebenen Zahlen zeigt, dass die Flut im Jahre 1656 a.H.® kam - dasselbe Jahr, in dem Methuselach auch starb (siehe Diagramm).
Lamech hat verstanden, dass der Name seines Vaters prophetisch war, hat ihn aber fälschlicherweise auf die Geburt seines Sohnes Noah bezogen. Noah wird tatsächlich ein Mann von enormer Bedeutung für die Menschheitsgeschichte sein, aber nicht so, wie Lamech sich das gedacht hatte. Es ist klar, dass Lamech gehofft hat, Noah (was «Trost» bedeutet) würde der sehnlich er wartete Messias sein.
Es ist von den Alters- und Jahresangaben in Gen 5 her klar, dass Lamech 56 Jahre alt war, als Adam starb. Lamech wird darum einen Bericht aus erster Hand bekommen haben über alles, was im Garten Eden geschehen war und von allen Worten, die Gott gesprochen hatte.
 Dar um ist es sehr interessant, in Vers 5, 29 zu sehen, wie Lamech seine eigene messianische Hoffnung ausdrückt: Er sieht den Messias als den Erlöser, der den Fluch von Adams Fall aufheben wird, und auch all dessen Folgen. Wie bei Eva ist seine Theologie grundsätzlich richtig, aber er hat sie falsch an gewandt. Lamech hat Recht-solch ein Mann wird eines Tages kommen, in Erfüllung der Verheissung in Genesis 3, 15 - aber Noah sollte nicht dieser Mann sein.

_____________
 'a.H. = anno Homini, im Jahre des Menschen, d.h. nach der Erschaffung des Menschen.

Messianische Christologie 51

 Genesis 6,1-4
Die menschlichen Geschöpfe waren nicht die einzigen, die den Sinn und die Bedeutsamkeit von Gottes Worten in Genesis 3, 15 verstanden. Satan, an den sich jene Worte richteten, hat sie auch verstanden.
In Genesis 6, 1-4 sehen wir Satans ersten Versuch, Gottes messianisches Programm zu durchkreuzen. Da der Messias Nachfahre einer Frau zu sein hat, musste es Satans Ziel sein, diese Nachkommenschaftslinie zu korrumpieren.

1 Und es geschah, als die Menschen begannen, sich zu vermehren auf der Fläche des Erdbodens, und ihnen Töchter geboren wurden,
2 da sahen die Söhne Gottes die Töchter der Menschen, wie schön sie waren, und sie nahmen sich von ihnen allen zu Frauen, welche sie wollten.
3 Da sprach der HERR: Mein Geist soll nicht ewig im Menschen bleiben, da er ja auch Fleisch ist Seine Tage sollen 120 Jahre betragen.
4 In jenen Tagen waren die Riesen auf der Erde, und auch danach, als die Söhne Gottes zu den Töchtern der Menschen eingingen und sie ihnen [Kinderj gebaren. Das sind die Helden, die in der Vorzeit waren, die berühmten Männer. Genesis 6, 1-4

 Auf Satans Befehl hin sind gefallene böse Engel («die Söhne Gottes») Mischehen mit menschlichen Frauen eingegangen (eine Vorschattung auf die übernatürliche Empfängnis des Antichristen, auf die ebenfalls in Genesis 3, 15 hingewiesen wird). Die Ergebnisse dieser Ehen waren groteske Kreaturen - die Nephilim. Es war das Auftreten dieser diabolischen Kreaturen, die das Gericht der Flut über die Erde brachte.
Durch das Mittel der Flut hat Gott sämtliche Nephilim zerstört und eine Linie erhalten, durch die der Messias geboren werden würde. Da diese Interpretation des Abschnitts von einigen in Frage gestellt wird, findet sich in Anhang 1 eine ausführliche Er klärung dazu.

52 - Messianische Christologie

Die Abstammung von Noah


 Genesis 22,18 - Der Same Abrahams

18 Und in deinem Samen werden sich segnen alle Nationen der Erde dafür, dass du meiner Stimme gehorcht hast.

Genesis 22 beschäftigt sich, zusammen mit vielen anderen Passagen, mit dem abrahamitischen Bund, einem der acht Bundesschlüsse in der Heiligen Schrift. Der Ausdruck «Same» im hebräischen Text wird zwar immer im Singular verwendet, kann aber auf zwei verschiedene Arten gebraucht wer den. Er kann als absoluter Singular benutzt werden, wobei er dann eine individuelle Person meint, oder kann auch als kollektiver Singular auf eine Gruppe bezogen werden.
Im Kontext des abrahamitischen Bundes bezieht sich der «Same», wenn er im kollektiven Sinn gebraucht wird, immer auf die Nation Israel (z.B. 'dein Same soll sein wie die Sterne und der Sand'). Wenn


Messianische Christologie 53

er als absoluter Singular benutzt wird, gilt er einem bestimmten Individuum
— dem Messias.
 Das wird im Neuen Testament vom Apostel Paulus betont: Dem Abraham aber wurden die Verheissungen zugesagt und seinem Nachkom men. Er spricht nicht: «und seinen Nachkommen» wie bei vielen, sondern wie bei einem: «und deinem Nachkommen», [und] der ist Christus.

Galater 3,16
Hier in Galater 3, 16 zitiert Paulus Genesis 22, 18, indem er die Bedeutung von «Same» als absolutem Singular betont und ihn auf Jesus bezieht. In Genesis 3, 15 haben wir erfahren, dass der Messias der «Same der Frau» sein würde. Der Messias würde also menschlich sein. Im abrahamitischen Bund wird dies eingeschränkt darauf, dass der Messias ein Nach komme aus einem bestimmten Zweig der Menschheit sein muss, nämlich ein Nachfahre Abrahams.

Eine zweite Aussage, die in dieser Prophezeiung getroffen wird, ist, dass die Heiden - die Nationen - in Zukunft gesegnet werden durch den Samen Ab rahams. Das wird hier nicht erklärt, wird aber in späteren Prophezeiungen genauer beschrieben (Jesaja 42,1-4 und 49, 6).

Insgesamt sind es sechs verschiedene Passagen, die zum abrahamitischen Bund gehören.
Das sind:
 Genesis 12, 1-3,
 Genesis 12, 7,
 Genesis 13, 14-17,
 Genesis 15, 1-21, 
 Genesis 17, 1-21 und
 Genesis 22, 15-18.
 Eine Studie dieser Abschnitte zeigt, dass es insgesamt 13 spezifische Zusagen in nerhalb dieses Bundes gibt.

Darauf kann hier nicht näher eingegangen wer den, aber wenn man den Bund auf seine grundsätzlichsten Aussagen reduziert, dann könnte man sagen, dass er drei Hauptaspekte hat.
Das sind das Land, der Same und der Segen.
 Der Landaspekt wird in der Schrift im palästinischen Bund weiterentwickelt.
Der Segensaspekt wird im Neuen Testament weiter ausgeführt.
Der Aspekt des Samens wird durch den davidischen Bund noch mehr detailliert, und da der Same für unsere jetzige St die wichtig ist, wird auf den davidischen Bund später bei 1. Chronik 17,10b14 eingegangen. (Das ist in dem Teil über die Schriften, aber es wäre sinnvoll, diese Schriftstelle schon vor dem Teil über die Propheten zu studieren. Einige der Passagen in den Propheten entwickeln tatsächlich Aspekte des davidischen Bundes weiter.)

Genesis 49,10 - Der Same Judas

10 Nicht weicht das Zepter von Juda, noch der Herrscherstab zwischen seinen Füssen weg, bis er kommt, dem es gehört, und ihm werden die Völker gehorchen.

54 Messianische Christologie

Genesis Kapitel 49 beschreibt die Prophetien, die Jakob über seine Söhne ausgesprochen hat.
In Vers 10 macht er eine prophetische Aussage über Juda. Grundsätzlich bedeutet sie, dass Juda seine Stammesidentität oder sein Recht, über die anderen Stämme zu herrschen, nicht verlieren wird, bevor jemand kommt.
 Der genaue Wortlaut der Aussage variiert zwischen den Übersetzungen. Die meisten Versionen verdunkeln die wirkliche Be deutung, indem sie das Wort «Schiloh» so gebrauchen, als ob es'ein spezi eller Name für den Messias wäre. Das Wort sollte tatsächlich aber als ein Possessivpronomen verstanden werden. Die beste Übersetzung ist wahr scheinlich die der New International Version: «bis er kommt, dem es ge hört».
Eine wörtlichere Übersetzung des Verses würde lauten:
 «Das Zepter wird nicht weichen von Juda, noch der Herrscherstab von zwischen seinen Füssen, bis er kommt, dessen Recht es ist, und für ihn soll der Gehorsam der Völker sein.»
Judas Identität und Recht zu herrschen können nicht verloren gehen, bis er kommt, der das volle Anrecht auf das Zepter hat, den vollen Anspruch auf das Recht zu herrschen. So übersetzt die Septuaginta den Vers, und so tut es auch die syrische Übersetzung.

Diese Lesart des Verses wird weiter gestützt durch Vergleich mit einer Passage in Hesekiel.
25 Du sollst einen Weg machen, damit das Schwert komme nach Rabba der Söhne Ammon und nach Juda, das [nur noch] in Jerusalem befestigt ist.
26 Denn der König von Babel bleibt am Kreuzweg stehen, am Anfang der beiden Wege, um das Losorakel zu befragen; er schüttelt die Pfeile, befragt die Teraphim, beschaut die Leber.
27 In seiner Rechten ist das Losorakel «Jerusalem», dass er Sturmböcke aufstelle, den Mund öffne mit Geschrei, die Stimme erhebe mit Kriegsgeschrei, Sturmböcke gegen die Tore aufstelle, Belagerungswälle aufschütte und Belage rungstürme baue.
Hesekiel 21, 25-27
Hesekiel 21, 25-27 beschäftigt sich vor allem mit dem zweiten Kommen des Messias.
Vers 25 bezieht sich auf den Antichristen, den letzten Heiden, der über Israel herrscht.
In Vers 26 ist mit dem Turban oder der Mitra diejenige des Priesters gemeint (Exodus 28, 4.37.39; 29, 6; 39, 28.31; Leviticus 8, 9; 16, 4) und die Krone ist die Königskrone.
Genauso wie Genesis 49, 10 das königliche Zepter benutzt, um die Autorität, das Recht zu herrschen, darzu stellen, benutzte Hesekiel die Königskrone, um dasselbe darzustellen.
Und es wird genau derselbe Satz verwendet: «bis er kommt, dessen Recht es ist». Dabei sollte man anmerken, dass Hesekiels Bezugnahme auf die priesterliche Mitra anzeigt, dass der Messias sowohl Priester als auch König sein wird.
Darauf wird in Psalm 110 näher eingegangen. Sowohl Priestertum als auch Königsherrschaft werden von Israel weggenommen werden, bis

Messianische Christologie 55

der Messias (zum zweiten Mal) kommt, wenn ihm sowohl Priestertum als auch Königswürde übergeben werden.
Wenn wir zu Genesis 49, 10 und dem ersten Kommen des Messias zurückkehren, können wir sehen, dass dieser Vers drei Aussagen trifft.
Vom Messias ist vorher schon erklärt worden,
dass er ein Mensch sein wird, der Nachfahre Abrahams. Jetzt wird seine Abstammung dahingehend eingeschränkt,
dass er ein Sohn von Juda sein muss.

Ein zweiter  Punkt ist, dass der Messias ein König sein wird.
Das Zepter und der Herrscherstab zeigen Königswürde und Autorität an.
Drittens
 sollte man sehen, dass der Messias kommen muss, bevor der Stamm Juda seine Identität verliert. Das legt klar eine bestimmte Zeitspanne für diese Prophezeiung fest. Die Aufzeichnungen, durch die die stammesmässigen Zugehörigkeiten festgehalten wurden, bewahrte man im jüdischen Tempel auf. Alle diese Aufzeichnungen sind mit der Zerstörung des Tempels 70 n. Chr. verloren gegangen. In nur wenigen Generationen hatten alle Stämme Israels, mit Ausnahme Levis, ihre Identität verloren. Sofort nach 70 n. Chr. haben die Rabbiner Gesetze erlassen, die die Identität des priesterlichen Stammes Levi erhalten würden, aber Juden von anderen Stämmen haben ihre Identität schnell verloren. Da der Stamm Juda seine hervorragende Bedeutung und Identität im Jahre 70 n. Chr. ver loren hat, ist klar zu sehen, dass der Messias einige Zeit vor 70 n. Chr. gekommen sein musste. Es war für den Messias nicht möglich, erst nach 70 n. Chr. zu kommen.

Dieser Vers ist von den Rabbinern einmütig als messianischer Vers ange ehen worden. Zum Beispiel übersetzt ihn der Targum Onkelos (eine aramäische Übersetzung) als: «das Übertragen der Herrschaft soll nicht weichen vom Haus Juda, noch der Herrscherstab von seinen Kindeskindern für immer, bis der Messias kommt, dem das Königreich gehört und dem die Nationen gehorchen sollen.» Onkelos hat diesen Vers klar als messianisch gesehen.
Die Rabbiner haben diesen Vers auch als Quelle für einen der rabbinischen Namen des Messias interpretiert: Schilo. Eine Passage lautet: «Der Messias soll Schilo genannt werden, um anzuzeigen, dass er von einer Frau geboren wurde und darum kein göttliches Wesen sein konnte.» Die Plazenta, in der der Fötus gebildet wird im Mutterleib, wird auf Hebräisch shilyah genannt. Das ist ähnlich wie schiloh, dem hebräischen Wort für Schilo. Das ist eines der rabbinischen Argumente gegen die Göttlichkeit des Messias. Dass er Schilo genannt wurde, hat man sich als einen Hinweis darauf vorgestellt, dass er aus einer shilyah geboren wurde und darum - nach ihrem Denken - einfach nur Mensch war.

56 Messianische Christologie

 Rashi sagte: «Bis König Messias kommen wird, dem das Königreich zu kommt [gemeint ist der Messias], sollen die Nationen suchen.»

Die Midrasch Rabbah zu dieser Passage, 97, lautet wie folgt: «Weiterhin wird der königliche Messias vom Stamm Juda abstammen, wie es heisst [zitiert Jesaja 11,10]. Somit wird vom Stamm Juda, aus dem Salome stammte, der den ersten Tempel baute, und Serubbabel, der den zweiten Tempel baute, auch der königliche Messias abstammen, der den Tempel wieder aufbauen wird. Nun ist über den Messias geschrieben [zitiert Psalm 89, 37]...»

 «... Juda ist ein Löwenjunges. Rabbi Hummah ben Rabbi Hannina sagte: 'Das spielt auf den Messias, den Sohn Davids an, der von zwei Stämmen abstammte, sein Vater von Juda und seine Mutter von Dan, in Verbindung mit dem vom 'Löwen' geschrieben ist' [zitiert Deuteronomium 33, 22]...»

 «... Das Zepter spielt auf den Messias, den Sohn Davids an, der die Nationen züchtigen wird mit einem Stab, wie es geschrieben ist [zitiert Psalm 2,9]...» «... 'bis Schiloh kommt', das zeigt an, dass alle Nationen dem Messias, dem Sohn Davids, ein Geschenk bringen werden, wie es heisst [zitiert Jesaja 18,7]...»

 Die Midrasch Rabbah 98 lautet wie folgt:
 «Dies spielt auf den königlichen Messias an. 'Gehorsam der Völker,' der Messias wird kommen und wird die Nationen der Welt unruhig machen.»

 Die Midrasch Rabbah 98 sagt zu Vers 49, 10 «dem das Königtum gehört» und nimmt damit wiederum «Schiloh» als Possessivpronomen. Es ist daher völlig klar, dass die übereinstimmende rabbinische Ansicht von Genesis 49,10 lautete, dass sich diese Stelle auf den Messias bezieht.


 Numeri 23 + 24 - Die Vorhersagen Bileams

Die Kapitel 22-24 im Buch Numeri berichten uns die Geschichte von Bileam. Bileam war ein heidnischer Astrologe, ein Seher, der aus einer Region Babylons kam. Er hatte sich quer durch die ganze antike Welt einen beacht lichen Ruf aufgebaut. Es war weithin anerkannt, dass «der, den Bileam ver flucht hatte, verflucht war, und der, den Bileam gesegnet hatte, gesegnet war» (22, 1-6, dabei besonders Vers 6 und 22,12).

 Zu diesem Punkt des Auszugs aus Ägypten war Israel an der Grenze von Moab angekommen und war gerade dabei, das verheissene Land zu betreten. Der König von Moab, einer der frühesten Antisemiten der Geschichte, war allerdings gegen die Aussicht, neue Nachbarn zu bekommen, und entschied sich, aktiv zu werden. Er sandte nach Bileam und beauftragte ihn mit einem ansehnlichen Geldbetrag, zu kommen und die Juden zu verfluchen.


Messianische Christologie 57

 Bileam strengt sich sehr an, seinen Auftrag auszuführen, aber jedesmal, wenn er seinen Mund öffnet, um Flüche auszusprechen, ergreift Gott die Kontrolle über seine Zunge, und er findet sich plötzlich dabei wieder, dass er stattdessen die Juden segnet. Die vier Vorhersagen, die er ausspricht, die Ihm von Gott In den Mund gelegt werden, gehen zum grössten Tel! auf das zweite Kommen des Messlas und auf sein Königreich ein. Es gibt aber trotzdem ein paar Aussagen, die für unsere jetzige Studie von Interesse sind.

Die erste Vorhersage- Numeri 23, 7-10

7 Da begann er seinen Spruch und sprach: Aus Aram hat Baiak mich her geführt, von den Bergen des Ostens der König von Moab: Komm, verfluche mir Jakob! Ja, komm und verwünsche Israel!
8 Wie soll ich verfluchen, wen Gott nicht verflucht, und wie verwünschen, wen der HERR nicht verwünscht hat?
9 Denn vom Gipfel der Felsen sehe ich es, und von den Höhen herab schaue ich es; siehe, ein Volk, das abgesondert wohnt und sich nicht zu den Nationen rechnet.
10 Wer könnte zählen den Staub Jakobs und der Zahl nach den vierten Teil Israels ? Meine Seele sterbe den Tod der Aufrichtigen, und mein Ende sei gleich dem ihren!

 Es gibt ein paar Punkte In diesem ersten Orakel, die wert sind, beachtet zu werden. Bileam betont in Vers 8, dass er unfähig Ist, zu verfluchen, wen Gott nicht verflucht hat. Es wird manchmal gesagt, dass es von Israels Gehor sam abhängt, ob es sich des göttlichen Segens erfreuen kann. An diesem speziellen Punkt seiner Geschichte befindet sich Israel zwar Im Ungehor sam, aber trotzdem wacht Gott über es. Unabhängig von seinem Gehorsam oder Ungehorsam wird Israel Immer Gottes erwähltes Bundesvolk bleiben. Gott wird niemals Helden erlauben, Flüche auf es zu legen, die ewige Aus wirkungen hätten (wie es nämlich bei Bileam der Fall gewesen wäre). Gott hat daher In dieser Situation eingegriffen und die Absichten der Menschen zunichte gemacht.

Ein zweiter Punkt Ist In Vers 9 zur Kenntnis zu nehmen. Die jüdische Nation wird nicht als eine Nation als solche zu erkennen sein. Für einen grossen Teil Ihrer Geschichte war es den Juden nicht möglich. In einem eigenen Land zu leben. Während das Land von Kanaan oder Palästina oder besser das Land von Israel den Juden durch göttliches Recht bereits gehört, war Ihre Fähigkeit, das Land auch wirklich einzunehmen, weltgehend von Ihrem Gehorsam gegenüber Gott abhängig. Was Menschen angeht, kann ein Volk ohne Land keine Nation sein, weshalb es In Vers 9 auch heisst: «Sie woh nen alleine ... nicht anerkannt unter den Nationen». Vom göttlichen Ge-

58 Messianische Christologie

 sichtspunkt aus aber wird das Volk von Israel immer eine klar abgegrenzte Nation sein. Es macht dabei keinen Unterschied, ob Israel sich im Land befindet oder im Ausland zerstreut ist. Gott sieht Israel nicht als das Volk einer bestimmten Gegend, sondern als die Nation an, die von Abraham ab stammt. Jude zu sein wird nicht vom Geburtsort oder von religiösen Glau bensansichten bestimmt, sondern ausschliesslich durch die Abstammung. Es ist irrelevant, was ein einzelner Jude glauben oder nicht glauben mag, seine jüdische Identität wird von seiner Abstammung bestimmt. Der Judaismus als eine Religion wird natürlich vom Glauben bestimmt, aber Atheisten und Agnostiker werden sich selbst immer noch Juden nennen aufgrund ihrer Linie von Vorfahren.
In der Zerstreuung sind die Juden jahrhundertelang «nicht anerkannt wor den unter den Nationen» - das heisst, sie haben keinen separaten nationa len Status erhalten. Sie sind amerikanische, polnische oder russische Juden genannt worden und so weiter, was auch gar nicht ganz falsch ist - ein ame rikanischer Jude ist ein Jude, der in Amerika lebt. Aber biblisch gesprochen kann das niemals stimmen - ein Jude kann nie Amerikaner, Pole oder Rus se sein - sondern immer nur ein Jude, wenn auch mit einer recht deutlichen nationalen Identität. Das mag von den Heiden nicht anerkannt werden, aber in Gottes Augen wird Israel immer etwas Besonderes ganz für sich und ein zigartig unter den Nationen der Welt sein.

Als Bileam prophetisch in die Zukunft dieser Nation blickt, sieht er, dass Gottes Endziel für sie eines von überragendem Segen ist, und in Vers 10b drückt er seinen Wunsch aus, diesen Segen zu teilen.

Die zweite Vorhersage - Numeri 23,18-24

4. Mo 23,18 Da hob er seinen Spruch an und sprach: Stehe auf, Balak, und höre! Horche auf mich, Sohn Zippors!
4. Mo 23,19 Nicht ein Mensch ist Gott, daß er lüge, noch ein Menschensohn, daß er bereue. Sollte er gesprochen haben und es nicht tun, und geredet haben und es nicht aufrecht halten?
4. Mo 23,20 Siehe, zu segnen habe ich empfangen; und er hat gesegnet, und ich kann es nicht wenden.
4. Mo 23,21 Er erblickt keine Ungerechtigkeit in Jakob und sieht kein Unrecht in Israel; Jehova, sein Gott, ist mit ihm, und Jubelgeschrei wie um einen König ist in seiner Mitte.
4. Mo 23,22 Gott hat ihn aus Ägypten herausgeführt; sein ist die Stärke des Wildochsen.
4. Mo 23,23 Denn da ist keine Zauberei wider Jakob, und keine Wahrsagerei wider Israel. Um diese Zeit wird von Jakob und von Israel gesagt werden, was Gott gewirkt hat.
4. Mo 23,24 Siehe, ein Volk: gleich einer Löwin steht es auf, und gleich einem Löwen erhebt es sich! Es legt sich nicht nieder, bis es den Raub verzehrt und das Blut der Erschlagenen getrunken hat.

Messianische Christologie 59


 Es werden hier zwei Hauptaussagen gemacht, die sich vor allem in Vers 21 finden. Bileam sieht eine Zeit in der Zukunft, zu der Israel als Nation als sündlos zu sehen sein wird. Zweitens sagt Bileam, dass während dieser Zeit der Sündlosigkeit Gott selbst bei Israel gegenwärtig sein wird als sein König. Diese Prophetien beziehen sich auf das zweite Kommen des Messias, aber es sollte immer noch bemerkt werden, dass Israel eines Tages Gott selbst in der Mitte des Volkes anwesend haben wird, der als König herrscht.

 Die dritte Vorhersage - Numeri 24,3-9

4. Mo 24,3 Und er hob seinen Spruch an und sprach: Es spricht Bileam, der Sohn Beors, und es spricht der Mann geöffneten Auges.
4. Mo 24,4 Es spricht, der da hört die Worte Gottes, der ein Gesicht des Allmächtigen sieht, der hinfällt und enthüllter Augen ist:
4. Mo 24,5 Wie schön sind deine Zelte, Jakob, deine Wohnungen, Israel!
4. Mo 24,6 Gleich Tälern breiten sie sich aus, gleich Gärten am Strome, gleich Aloebäumen, die Jehova gepflanzt hat, gleich Zedern am Gewässer!
4. Mo 24,7 Wasser wird fließen aus seinen Eimern, und sein Same wird in großen Wassern sein; und sein König wird höher sein als Agag, und sein Königreich wird erhaben sein.
4. Mo 24,8 Gott hat ihn aus Ägypten herausgeführt; sein ist die Stärke des Wildochsen. Er wird die Nationen, seine Feinde, fressen und ihre Gebeine zermalmen und mit seinen Pfeilen sie zerschmettern.
4. Mo 24,9 Er duckt sich, er legt sich nieder wie ein Löwe und wie eine Löwin; wer will ihn aufreizen? Die dich segnen, sind gesegnet, und die dich verfluchen, sind verflucht!

 Wiederum sind es zwei Punkte, die hier betont werden. Der erste ist eine Beschreibung des zukünftigen Zustandes von Israel — nämlich eines von überragendem Segen. Der zweite Höhepunkt ist die Beschreibung von Isra els zukünftigem König (Vers 7b). Nachdem er die Einzigartigkeit der Nation Israel im ersten Ausspruch vorge stellt hat, fahren der zweite und dritte Ausspruch damit fort, die Einzigartig keit des Königs zu betonen, der eines Tages über diese Nation herrschen wird.

Die Vierte Vorhersage — Numeri 24,15-24

15 Und er begann seinen Spruch und sprach: Es spricht Bileam, der Sohn Beors, und es spricht der Mann mit geöffnetem Auge.
16 Es spricht, der die Worte Gottes hört, der die Erkenntnis des Höchsten besitzt, der ein Gesicht des Allmächtigen sieht, der da liegt mit enthüllten Augen:
17 Ich sehe ihn, aber nicht jetzt, ich schaue ihn, aber nicht nahe. Es tritt hervor ein Stern aus Jakob, und ein Zepter erhebt sich aus Israel und zerschlägt die Schläfen Moabs und zerschmettert alle Söhne Sets.
18 Und Edom wird sein Besitz,

60 Messianische Christologie

 und Seir wird sein Besitz, seine Feinde; und israel wird Mächtiges tun.
19 Und einer aus Jakob wird herrschen, und er wird den Uberrest aus der Stadt verioren gehen lassen.
20 Und er sah Amalek und begann seinen Spruch und sprach: Die erste der Nationen war Amaiek, aber sein Ende [führt] zum Untergang.
21 Und er sah die Keniter und begann seinen Spruch und sprach: Fest ist dein Wohnsitz, und auf den Felsen gesetzt ist dein Nest;
22 jedoch ist Kain der Verwüstung verfallen. Wie lange noch! Dann führt Assur dich gefangen weg.
23 Und er begann seinen Spruch und sprach: Wehe! Wer wird am Leben bleiben, wenn Gott das eintreten läset?
24 Und Schiffe [kommen] von der Küste von Kittim und demütigen Assur und demütigen Eber, aber auch das [führt] zum Untergang. —
5 Und Biieam machte sich auf, ging weg und kehrte an seinen Ort zurück; und auch Balak ging seines Weges.

Es ist das vierte der Orakel, das von grösstem Interesse ist, da wir die Prophetien über das erste Kommen studieren. Die Schlüsselprophezeiungen werden in Vers 17a gegeben. Sie bauen auf der Vorhersage auf, die bereits in Genesis 49,10 gegeben wurde.

Ein Stern soll hervorgehen aus Jakob, das ist Israel, und verbunden mit diesem Stern ist ein Zepter, das wie in Genesis 49, 10 für das Königtum steht (wer das Zepter hat, besitzt auch das Recht zu herrschen). Die Bot schaft lautet darum, dass der Messias, wenn er kommt, ein König sein wird. Wie wir noch sehen werden, hat der Messias drei Ämter, wovon eines das des Königs ist.

Die Bedeutung der Schlussworte von Kapitel 24 darf nicht übergangen wer den. Nachdem er sein Werk vollendet hat, kehrt Biieam, der babylonische Astrologe, zu «meinem Volk» (Vers 14) zurück und zu «meinem Ort» (Vers 25). Mit sich nimmt er die Prophezeiung eines Sterns, der die Geburt eines einzigartigen und mächtigen Königs anzeigen wird, der über Israel herr schen wird. Wie wir später in dieser Studie noch sehen werden (in Anhang 6), haben spätere Generationen von Astrologen diese Worte aufgezeichnet und haben Ausschau gehalten nach diesem Stern. Bei seinem Erscheinen sind sie hingegangen und haben den neugeborenen König gefunden und ihn angebetet. Deuteronomium 18,15-19 - Ein Prophet wie Mose 15 Einen Propheten wie mich wird dir der HERR, dein Gott, aus deiner Mitte, aus deinen Brüdern, erstehen lassen. Auf ihn sollt ihr hören 16 nach allem, was du vom HERRN, deinem Gott, am Horeb erbeten hast am Tag der Ver sammlung, indem du sagtest: ich möchte die Stimme des HERRN, meines

Messianische Christologie 61

 Gottes, nicht länger hören, und dieses grosse Feuer möchte ich nicht mehr sehen, damit ich nicht sterbe! 17 Da sprach der HERR zu mir: Sie haben recht getan [mit dem], was sie geredet haben. 18 Einen Propheten wie dich will ich ihnen aus der Mitte ihrer Brüder erstehen lassen. Ich will meine Worte in seinen Mund legen, und er wird zu ihnen alles reden, was ich ihm befehlen werde. 19 Und es wird geschehen, der Mann, der nicht auf meine Worte hört, die er in meinem Namen reden wird, von dem werde [ich] Re chenschaft fordern.

Deuteronomium 18, 18 enthält eine Verheissung, die Gott Mose gegeben hat. Gott verspricht Mose, dass er einen Propheten aufstehen lassen wird «wie dich». Warum legt Gott genau fest, dass es ein Prophet wie Mose sein wird? Der einzigartige Status von Mose unter den anderen Propheten wird in Numeri 12, 5-8 erklärt.

5 Und der HERR kam in einer Wolkensäule herab und stand im Eingang des Zeltes; und er rief Aaron und Mirjam, und die beiden traten hinaus.
6 Und er sprach; Hört doch meine Worte! Wenn ein Prophet des HERRN unter euch ist, dem will ich mich in einem Gesicht zu erkennen geben, im Traum will ich mit ihm reden.
7 So steht [es] nicht [mit] meinem Knecht Mose. Er ist treu in meinem ganzen Haus;
8 mit ihm rede ich von Mund zu Mund, im Sehen und nicht in Rätselworten, und die Gestalt des HERRN schaut er. Warum habt ihr euch nicht gefürchtet, gegen meinen Knecht, gegen Mose, zu reden?
Numeri 12, 5-8

In dieser Passage lästern Aaron und Miriam gegen ihren Bruder Mose, weil sie nicht mit der Frau einverstanden sind, die er geheiratet hat. Gott selbst tritt daraufhin für Mose ein und erkiärt Moses einzigartige Position vor ihm. Sogar bei grossen Männern wie Elia und Jesaja hat Gott sich nicht direkt offenbart, sondern Träume, Visionen und andere Methoden benutzt. Mose ist der einzige Mensch, der direkte Offenbarung von Gott empfangen hat. Es ist auf dieser Basis geschehen, dass der Judaismus seine Anschauung von der dreifachen Inspiration der Heiligen Schrift entwickelt hat (s. Einleitung). Vorher ist uns gesagt worden, dass der Messias ein König sein wird. Jetzt aber wird uns erklärt, dass er auch ein Prophet sein wird, und nicht ein ge wöhnlicher Prophet, sondern einer, der «Mund zu Mund» mit Gott sprechen wird und der die tatsächliche Gestalt von Jahwe sehen wird. Viele Autoren haben versucht, Listen mit Ähnlichkeiten zwischen Mose und Jesus aufzustellen, dem «Prophet wie Mose». Viele dieser Parallelen sind ziemlich erfunden und etwas phantastisch. Wir können aber auf jeden Fall auf vier klare Ähnlichkeiten zwischen dem Dienst von Mose und dem des Messias hinweisen:


 62 Messianische Christologie

1. Ein Prophet (Numeri 12, 6-6)
 Wie oben erklärt.
2. Ein Erlöser (Exodus 3,10)

In Exodus 3, 1-10 sieht Gott das Leiden des Volkes Israel und erklärt seine Absicht, sie aus dem Land Ägypten zu retten. Mose ist der Mann, den Gott erwählt hat, das Volk aus seiner Gefangenschaft herauszufüh/en. (Man beachte, dass der Engel Jahwes, der in Vers 2 erwähnt wird, im vierten Teil dieser Studie eingehender behandelt wird.) Wie bereits zu sehen war, wird der Messias ebenfalls ein Erlöser sein.

 3. Ein Vermittler (Exodus 20,18-21)
Gott sprach direkt zum Volk Israel (Exodus 19, 16-25). Der Klang seiner Stimme war so überwältigend, dass das Volk Mose bat, für sie zu vermitteln, so dass sie Gottes Stimme nicht mehr hören würden, sondern nur Gottes Worte, die ihnen von Mose wiederholt wurden.

4. Ein Fürbitter (Exodus 32, 7-35)

Während des langen Auszugs aus Ägypten geschah es oft wegen Moses Fürbitte ihretwegen, dass Israel dem Gericht Gottes entkam und überlebte. Das wird besonders klar in Exodus 32, 30-32. Der Messias wird der Gestalt des Mose in jedem dieser vier Gebiete ent sprechen: Er wird ein Prophet sein, ein Erlöser, ein Vermittler und Fürbitter.

 Zusammenfassung des Gesetzes

Die messianischen Prophetien im Gesetz, die sich auf das erste Kommen des Messias beziehen, können in 6 Schlüsselaussagen zusammengefasst werden.

Der Same
Dem Thema des Samens sind wir dreimal begegnet:

1. Der Same der Frau
 Der Messias würde ein Mensch sein, also weder ein Engel noch ein fach Gott als Gott.

2. Der Same Abrahams
Der Messias würde aus einem bestimmten Teil der Menschheit kom men; er würde ein Jude sein, kein Heide.

Messianische Christologie 63


3. Der Same Judas
 Obwohl es zwölf jüdische Stämme gab, würde der Messias aus einem bestimmten dieser Stämme kommen, dem Stamm Juda. Das erfordert, dass der Messias vor der Zerstörung der jüdischen genealogischen Aufzeichnungen im Jahre 70 n. Chr. kommen musste.

Sowohl Gott als auch Mensch
Obwohl Eva fälschlicherweise Kain als den Messias identifiziert hatte, hat sie doch klar verstanden, dass der Messias ein Gott-Mensch zu sein hatte.

 Ein König
 Mehr als einmal wurde das Symbol des Zepters benutzt, um anzuzeigen, dass der Messias ein König sein würde.

Ein Prophet wie Mose
Der Messias würde ein Prophet sein, und zwar ganz speziell ein Prophet wie Mose.

Entfernen des Fluches
Obwohl Lamech fälschlicherweise seinen Sohn Noah als Messias angese hen hatte, hat er doch klar verstanden, dass der Messias, sobald er käme, den Fluch entfernen würde, der durch Adams Sünde über die Erde gebracht worden war.

Ein Fingerzeig auf die Jungfrauengeburt
Obwohl es nicht so klar festgestellt wird wie die obigen fünf Punkte, gibt es in Genesis 3, 15 doch einen Hinweis, dass der Messias von einer Jungfrau geboren werden würde. Der Messias würde als der Same einer Frau be nannt werden und nicht als der eines Mannes. (Fortsetzung folgt)

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Der Autor: Dr. Arnold G. Fruchtenbaum, einer der fuhrenden Experten über die Nation Israel, ist messianischer Jude und Leiter der Ariel Ministries, einer in Kalifor nien ansässigen Organisation von Juden. Dr. Fruchtenbaum wurde 1943 in Russiand geboren, nachdem seine Eitern aus einem kommunistischen Gefängnis freikamen. Mit Hilfe israelischer Untergrundorganisationen konnte die Familie Fruchtenbaum die Länder 64 Messianische Christologie hinter dem Eisernen Vorhang verlassen. Während sie zwischen 1947 und 1951 in Deutschland lebten, erhielt Arnold einen orthodoxen judischen Un terricht von seinem Vater; dieser war selbst mit dem Ziel erzogen worden, die chassidische (ultra-orthodoxe jüdische) Leitung in Polen zu Obernehmen, verlor aber wenig später den grössten Teil seiner Familie und seinen Glau ben im Holocaust. Die Fruchtenbaums emigrierten nach New York, wo Ar nold fünf Jahre später, im Alter von 13 Jahren, zum rettenden Glauben kam. Bevor er seinen Doktortitel an der New York University erhielt, verdiente sich Dr. Fruchtenbaum den Master of Theology am Dallas Theological Semlnary. Seine Abschlussarbeit beinhaltet auch Studien am Jewish Theologi cal Seminary in New York City und der Hebrew University von Jerusalem. Nachdem er drei Jahre in Israel gelebt hat, haben seine intensiven Studien über die Rolle der Nation Israel in Gottes Plan zur Erlösung der Welt ihn zu einem beliebten und gefragten Redner bei Bibel-Konferenzen und Schulen rund um die Welt gemacht.