Werner Tietze

 

Fernsehen

 

Ein technisches Gerät ist an sich neutral  und kann gebraucht und mißbraucht werden. Für denjenigen, der sich selbst mißtraut, ist es jedoch das beste, ein solches Gerät überhaupt nicht zu besitzen, denn da wir alle versuchlich sind, sollte niemand zu selbstsicher sein! Hinzu kommt noch die Tatsache, daß man durch die Gebühren all den Schund und Schmutz, der sich über die Mattscheibe in die Häuser ergießt, mitfinanziert.

 

Es ist unbestreitbar, daß wir im Zeitalter des Bildes leben, und daß durch das Bild das Wort verdrängt wird. Der Mensch ist so geschaffen, daß er in Worten denkt. Das Denken in Bildern ist ein Rückfall ins Primitive und zerstört die Fähigkeit der verbalen Kommunikation. Denken in Bildern ist die bequemere Art, die keiner geistigen Anstrengung bedarf.  Kleine Kinder denken in Bildern, bis sie sich verbal ausdrücken können. Deshalb führt der übermäßige Fernsehkonsum  zu einer Unterentwicklung des Wortschatzes, zum Verlust der Denkfähigkeit und besonders bei Kindern und Jugendlichen zu einer Veränderung des Realitätsbewußtseins. Kleine Kinder (und in diesem Stadium stehengebliebene Erwachsene) können bei dem im Fernsehen Dargebotenen oft nicht mehr zwischen Schein und Wirklichkeit unterscheiden.

 

So darf wohl mit Recht gesagt werden, daß das Fernsehen  ein Instrument der geistigen und gefühlsmäßigen Verarmung ist. Durch die Identifizierung mit dem Gesehenen tritt ein gewisser Realitätsverlust ein. Die meisten Menschen glauben das, was sie auf dem Bildschirm sehen, weil eben das Bild eine größere Durchsetzungskraft  hat als das Wort. Bilder prägen sich nicht nur doppelt so tief ein wie Gedanken, man kommt auch unvergleichlich schwer von ihnen wieder los. Ohne es zu merken, werden sie so in ihrem Denken und Handeln gesteuert und manipuliert.

 

Hier ergibt sich auch eine Gefahr für Christen, die überzeugt sind, 'gute' Filme oder informative Sendungen würde keine negative Wirkung auf ihr Bewußtsein haben, und außerdem bräuchten sie doch auch etwas 'Zerstreuung' und 'Entspannung' am Bildschirm.  'Zerstreuung' ist jedoch, wie das Wort selbst sagt, eine Sinn- und Ziellosigkeit, und wer den Spannungen des Lebens ausweichen will, flieht vor der Wirklichkeit, anstatt  im Gebet 'Entspannung' zu suchen.  Unterhaltung wirkt bei vielen wie eine Droge, welche die innere Unruhe verdrängt und das Gewissen zum Schweigen bringt.

 

Die heutigen Nachrichtensendungen haben oftmals wenig mit seriösem Journalismus zu tun. Wichtig scheint der Unterhaltungseffekt zu sein, auch bei Katastrophennachrichten oder der Kriegsberichterstattung.  Das alles wird fernsehgerecht aufbereitet und garantiert hohe Einschaltquoten!  Während des Vietnamkriegs wurden in den USA erfundene Nachrichten lanciert, um eine Eskalation des Krieges zu bewirken. Die Medien lassen Scheinrealitäten als wahr erscheinen.  Auch bei uns hat sich herausgestellt, daß manche im Fernsehen gezeigten Tatsachenberichte in Wirklichkeit gestellte Szenen waren. Ein Fernsehjournalist wurde zu 4 Jahren Haft verurteilt, weil er nachweislich 17 gefälschte Filme produziert hat.  Man kann und darf nicht alles glauben was man sieht!

Und die sogenannten 'guten' und 'sauberen' Filme?  Ein Christ wird (hoffentlich) weniger durch die primitiven Sex- und Gewaltfilme beeinflußt werden. Daß diese insbesondere auf Jugendliche einen äußerst schädlichen Einfluß ausüben ist heute unbestritten.  Wir stehen jetzt am Ende einer Entwicklung, in welcher es so gut wie kein Tabu mehr gibt. Der amerikanische Psychologe David Grossmann, der an der Universität von Arkansas unterrichtet, sagt: 'Die Medien tragen die Hauptschuld an der zunehmenden Gewaltbereitschaft Jugendlicher'. Es sei 'wissenschaftlich erwiesen, daß Fernsehen, Kino und Computerspiele bei Kindern eine ähnliche Gleichgültigkeit gegenüber Gewalt auslösten, wie es Militärexperten bei Soldaten täten'. Das Fachblatt 'Journal of the American Medical Association' vermutet, daß es ohne Fernsehen bedeutet weniger Morde, Vergewaltigungen und andere Straftaten gäbe. Der Zusammenhang sei eindeutiger, als jener zwischen Rauchen und Krebs.  Doch die Fernsehsender sind vielfach nicht bereit, über den Zusammenhang von Medienkonsum und Gewalttätigkeit zu informieren, bzw. über ihre Mitschuld zu diskutieren.  Es geht ihnen um Einschaltquoten, ums Geschäft.

Doch zurück zu den 'guten und sauberen' Filmen!  In diesen werden seit den 60er Jahren fast unmerklich die sittlich-moralischen Werte in der Gesellschaft abgebaut. Vormals verpönte Ansichten und Praktiken werden heute als 'völlig normal' dargeboten. Die gezeigten Lösungen von Konflikten, der Drang nach Selbstbestätigung und Selbstverwirklichung, um nur ein paar Beispiele zu nennen, beeinflussen  auch  den 'modernen Christen, der ja keinesfalls als altmodisch, intolerant, bigott, als von gestern oder gar 'fundamentalistisch' gelten möchte.  So geschieht fast unmerklich auch bei ihnen eine Bewußtseinsänderung und eine Anpassung an den Geist der Welt.  Die jüngere Generation ist sich dieser Veränderung meist gar nicht bewußt, und die Älteren meiden in der Regel einen 'Generationenkonflikt'. Was der Mensch sieht, beeinflußt und formt und  beherrscht ihn. Unmerklich paßt man sich der Masse an, weil ja das Anderssein als negativ dargestellt wird. Die Begriffe Liebe, Freiheit, Toleranz, sind heute anders besetzt.  Lust wird  Liebe genannt; Selbstverwirklichung und Ausleben der Triebe gilt als Freiheit und die viel gepriesene Toleranz verkehrt sich in Intoleranz und 'Gruppendruck' allen denen gegenüber, die der Manipulation widerstehen.  Das 'Anders-Sein' hat  seinen Preis!

 

Die Verhaltenssteuerung durch die Medien ist  vielen Christen überhaupt nicht bewußt. Allzu gern lassen sich sowieso die meisten Menschen das selbständige Denken und Handeln abnehmen. Dadurch gibt der Mensch seine Verantwortung ab und verliert in der Masse auch sein Gewissen. Im Grunde gibt man seine persönliche Freiheit auf und wandelt sich von einer Persönlichkeit zu einem anonymen Teil der Masse. So war es Hitler möglich, durch den 'Volksempfänger' eine mediengesteuerte Einheit im Dritten Reich zu schaffen und für seine sinistren Ziele zu mißbrauchen. So ist z.B. den  meisten Menschen das Bewußtsein verlorenengegangen, daß Abtreibung in Wirklichkeit heimtückischer Mord an wehrlosen Kindern im Mutterleib ist, und es ist deshalb möglich, daß das Leben von Kröten oder Straßenködern höher bewertet wird als das eines hilflosen kleinen Menschen. Man will den Tierschutz ins Grundgesetz aufnehmen und legalisiert Mord.

 

Durch die Manipulation der Massen hat sich das Rechtsbewußtsein verändert. Heute ist nicht mehr der einzelne Verbrecher für seine Taten verantwortlich und schuldig, nein, die Gesellschaft ist schuld und hat dem Täter zu helfen, weit mehr als dem Opfer!  Wir erleben heute, wie kleine Gruppen durch geschickte Manipulation eine Bewußtseins- und Werteveränderung bewerkstelligen, so daß Unrecht zu Recht und eine Stellungnahme gegen offenbare Sünde zur strafbaren Handlung erklärt wird.  Wer sich nicht anpaßt ist ein Störenfried.  Die Medien sind heute in der westlichen Welt die größte und gefährlichste Macht.

 

Kommunikation durch Bilder ist der primitive Weg der Mitteilung, bei dem ein bewußtes Denken nicht gefragt ist. Eine durch Comics und Fernsehen geprägte Generation verarmt in der verbalen Ausdrucksfähigkeit.  Nach der Schrift ist die bildhafte Darstellung göttlicher Dinge Götzendienst. Deshalb kann auch durch Bibel-Comics oder biblische Filme kein biblischer Glaube gewirkt werden; denn der Glaube kommt aus dem Wort Gottes (Röm. 10,17).  Jetzt fordert man auch in unseren evangelikalen Kreisen 'mehr Evangelium' in den Medien, d.h. im Fernsehen. Ein weltlicher Medienwissenschaftler (Postman) sagt, daß nichtdarstellbare Materie nicht in das Medium der laufenden Bilder gepreßt werden kann.

 

Wolfgang Zöller schrieb in seinem Buch 'Wenn das Bild das Wort erschlägt', CLV:

'Auch die beste Absicht verhindert nicht, daß Evangelium im Fernsehen eine ganz andere Art von Religion wird.  Bilder religiösen Inhalts schieben sich zwischen Gott und die gläubige Seele. Film und Musik sind unbrauchbar für die Verkündigung biblischer Inhalte. Das Seelenleben auch von Ungläubigen wird beeindruckt. Es ist aber kein Wirken des Geistes. Fernsehprediger wollen den Menschen etwas bieten und zeigen ihnen, was sie sehen wollen. Wir müssen ihnen predigen, was nottut. Die Hauptdarsteller sind gefeierte Berühmtheiten: Billy Graham oder Oral Roberts und Robert Schuller'.

 

Geistliche Dinge können nur durch geistliche Mittel mitgeteilt werden (1.Kor. 2,12-14). 'Es ist Blasphemie, den Sohn Gottes im Film oder in Oberammergau durch einen sündigen Menschen darzustellen'. Für Tausende von Japanern oder Amerikanern sind diese Festspiele eine Touristenattraktion ersten Ranges.

 

Und dann muß man auch fragen: 'Was sind das für Gemeinden, die durch den Jesus Film entstanden sind? Sind es Christen, deren Blick nur nach außen gerichtet ist, und die blind sind für die geistliche Realität? Nur das Wort Gottes ist der Same der Wiedergeburt; nur das Wort Gottes ist geistliche Kraft und das  Instrument für das Wirken des Heiligen Geistes.

Wir sehen in unseren Tagen, daß sich der Glaube vieler Christen auf sichtbare Zeichen und Ereignisse gründet.  Das Wort Gottes wird verdrängt durch sinnliche Erlebnisse und Erfahrungen. Das Glaubensleben vieler wird durch diese äußerlichen Dinge geprägt.  Das führt zu einer weltoffenen Scheinreligiösität: 'Sie haben den Schein der Frömmigkeit, aber deren Kraft verleugnen sie' (2. Tim. 3,5).

 

Im Anfang war das Wort, und alles was existiert, hat Gott durch das Wort geschaffen. Er hat sich seinem Volk im Wort, und nicht in Bildern geoffenbart. Rückblickend auf die Gottesoffenbarung am Sinai sagte Mose: 'Und der Herr redete zu euch mitten aus dem Feuer.  Die Stimme Seiner Worte hörtet ihr, aber ihr saht keine Gestalt, nur eine Stimme war zu hören'. Er schließt eine Warnung an, die bereits im 2. Gebot enthalten ist, nämlich sich keine Bildnis oder Gleichnis von göttlichen Dingen zu machen (5.Mose 4,12-19; 2. Mose 20, 4).

 

Die Augen sind das Einfallstor für viele Sünden. 'Der Menschen Augen sind unersättlich' (Spr. 27,20).  Salomo bekannte: 'Alles, was meine Augen wünschten, gab ich ihnen und verwehrte meinem Herzen keine Freude' (Pred. 2,10).  Der große König, der den Tempel des Herrn baute wurde in seinem Alter durch die Augenlust zum scheußlichen Götzendienst verführt! Dagegen bekannte sein Vater David: 'Meine Augen sehen stets auf den Herrn; denn Er wird meinen Fuß aus dem Netze ziehen' (Psal 25,15).  'Ich habe den Herrn allezeit vor Augen, steht Er mir zur Rechten, so werde ich fest bleiben' (Psalm 16,8).  So sah er den 'Weg zum Leben und die Fülle von ewiger Freude und Wonne' (Vers 11).  Auch Hiob sah es als ein Abweichen vom rechten Wege an, wenn 'das Herz den Augen nachfolgt'  (Hiob 31, 7).  Mose warnte das Volk Israel vor einer Verführung durch die Augen  (4.Mose 15,39).

 

'Und darum danken wir auch Gott unablässig, daß, als ihr von uns das Wort der Kunde (das Gehörte) Gottes empfinget, ihr es nicht als Menschenwort aufnahmet, sondern, wie es wahrhaftig ist, als Gottes Wort, das auch in euch, den Glaubenden, wirkt. * Denn es wird eine Zeit sein, da sie die gesunde Lehre nicht ertragen, sondern nach ihren eigenen Lüsten sich selbst Lehrer aufhäufen werden, indem es ihnen in den Ohren (im Hören) kitzelt; und sie werden die Ohren (das Hören) von der Wahrheit abkehren und zu den Fabeln sich hinwenden  (1.Thess. 2:13; 2.Tim. 4:3.4) .

 

Werner Tietze, Aug. 1999