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Auslegung zum 1. Buche Moses

von Benedikt Peters Arbon

1. Mose Kapitel 1

1. Mose Kapitel 2

1. Mose Kapitel 3

1. Mose Kapitel 4

1. Mose Kapitel 5

1. Mose Kapitel 6-8

1. Mose Kapitel 9-11

 

 

1.     Mose 2

2.      

Die Vollendung von Himmel und Erde  Genesis 2:1–3

 

1 So wurden vollendet der Himmel und die Erde und all ihr Heer.

 

Dies ist ein Satz von großer Tragweite. Er lehrt mich, dass die Schöpfung einen Abschluss und damit ein Ziel hat, und das ist durchaus nicht selbstverständlich. Wer nicht glaubt, dass Gott im Anfang war, und dass Er im Anfang alles schuf, der will auch nichts wissen von einer sinnvollen Schöpfung und von einem Ziel und Zweck aller Dinge. Wie aus den grauen Nebeln des Nichts alles zufällig entstand, so taumelt alles blind voran, ohne Ziel und ohne Ende. Einige glauben, im Anfang sei der große Knall gewesen. Begann alles mit einer unsinnigen  Explosion, dann strebt alles mit unsinniger Geschwindigkeit auseinander, so lange, bis die Kraft dieses seelenlosen Energieausbruchs erschöpft ist und alles in sich zusammenfällt. Wann soll dann geschehen? Was ist Ziel und Sinn von allem gewesen, und wohin gehört der Mensch in  diesem ziellosen Spiel?

         

Nun  aber erfahren wir, dass Gott Seine Werke zur  Vollendung brachte. Damit wissen wir gleichzeitig, dass auch der Mensch als ein sinnvolles und auf ein Ziel ausgerichtetes Wesen geschaffen wurde. Haben wir das verstanden, dann wollen wir auch wissen, was der Mensch ist und wozu er da ist. Wir bekommen die Antwort in Genesis 2:4–25. Diese Antworten wecken die nächsten Fragen.  Wir wollen dann nämlich wissen, warum der Mensch seinen so hohen und so schönen Zweck offenkundig nicht erfüllt. Das erfahren wir in Genesis Kapitel 3.

 

2 Und Gott hatte am siebten Tage sein Werk vollendet, das er gemacht hatte; und er ruhte am siebten Tage von all seinem Werk, das er gemacht hatte.

3 Und Gott segnete den siebten Tag und heiligte ihn; denn an demselben ruhte er von all seinem Werk, das Gott geschaffen hatte, indem er es machte.

 

Die Schöpfung gibt uns das Muster von allen Werken Gottes, nicht nur der Schöpfung, sondern auch der Vorsehung und der Erlösung. So wie Gott seine Schöpfungswoche vollendete und am siebten Tag ruhte, so wird Gott auch die Geschichte vollenden. Er lenkt in Seiner Vorsehung die Welt auf ein Ende, auf einen letzten Tag zu. Er führt die Erlösung, an der Er seit dem Sündenfall gearbeitet hat (Johannes 5:17) weiter, bis alles vollendet sein wird. Es kommt ein Tag der ewigen Ruhe und des ewigen, nie vergehenden Lichts. Augustin hat in seinen ”Bekenntnissen” zu diesen Versen in Genesis gesagt:

 

          Septimus dies sine vespera – Der siebte Tag ist ohne Abend.

 

Es kommt der ewige Tag Gottes, der Tag ewiger, nie verblassender Herrlichkeit. Es kommt ein Tag, nach dem es nie mehr Mühsal und Schweiß und Tränen und Schmerz und Geschrei geben wird (Offenbarung 21:4). Gott wird alles neu machen (Off 21:5). Wie gut ist es, das zu wissen. Welch mildes Licht wirft das auf die nachfolgenden 3 Kapitel, in denen wir zuerst erfahren, wie herrlich Gott den Menschen und seine erste Heimat gemacht hatte, um dann zu lernen, wie der Mensch ein Sterblicher und ein Finsterling wurde und wie damit in sein Leben Kummer und Schmerz eindrang.

 

Die fünf  ”toledot” der Urgeschichte

In den ersten 11 Kapiteln von Genesis wird die sogenannte ”Urgeschichte” des Menschen und der Welt beschrieben. Danach folgt in den Kapitel 12 bis 50 die sogenannte ”Vätergeschichte”, denn dort wird uns das Leben der Erzväter Abraham, Isaak, Jakob und Joseph beschrieben. Somit kann man das ganze 1. Mosebuch in zwei ungleiche Hälften gliedern:

 

I.  Urgeschichte:         Kap  1–11

II. Vätergeschichte:    Kap  12– 50

 

 

Dies ist die Geschichte des Himmels und der Erde, als sie geschaffen wurden, an dem Tage, da Jahwe Gott Erde und Himmel machte” (1. Mose 2:4)

 

Für das deutsche Wort ”Geschichte” steht im Hebräischen das Wort toledot. Es bedeutet so viel wie ”Entstehung; Werdung; Geschichte”. Dies ist ein Begriff, der in 1.  Mose sehr wichtig ist.

Durch das  in der Urgeschichte fünfmal vorkommende Stichwort toledot (2:4; 5:1; 6:9; 10:1; 11:10) zerfallen diese 11 Kapitel in 5 Teile:

 

1) 2:4 – 4:26:            
Die toledot von Himmel und Erde handelt von der Erschaffung, der Bestimmung und dem  Fall des Menschen.
Am Anfang dieser Einheit steht der Mensch im von Gott gepflanzten Garten; am Ende der gefallene Mensch in der von Kain erbauten Stadt.

 

2) 5:1 – 6:8:            
Die toledot von Adam zeigt uns, wie der im Bilde und Gleichnis Gottes   geschaffene Mensch so weit degeneriert, dass ”das Trachten seines

          Herzens den ganzen Tag nur böse” ist (6:5).

 

3) 6:9 – 9:29:             Die toledot von Noah beschreibt Gottes erstes weltweite Gericht, die           Errettung Noahs in der Arche  und den Gnadenbund, den Gott mit der           Schöpfung macht.

 

4) 10:1 – 11:9:  Die toledot der Söhne Noahs beschreibt den Turmbau zu Babel.

 

5) 11:10 – 26:   Die toledot Sems ist die Geburt Abrahams, des Vaters einer

          unermesslichen Nachkommenschaft von Gesegneten.

 

 

Die erste toledot (Kap 2:4 – 4:26) zerfällt in zwei Teile:

 

a) Die Erschaffung und das Glück des Menschen:           Kap 2:4–25

b) Der Fall und das Unglück des Menschen:                        Kap 3 & 4

 

Der Mensch im Garten Eden   Genesis 2:4–25

Im 2. Kapitel haben wir einen zweiten Schöpfungsbericht vor uns. Nachdem der erste Bericht uns alle sechs Tagewerke beschrieben hatte, wird hier die Erschaffung der Krone der Schöpfung, des Menschen, in einer Großaufnahme gezeigt. Der erste Schöpfungsbericht war, wie der Leser leicht merkt, chronologisch geordnet: Die Tage wurden vom ersten bis zum sechsten durchgezählt. Der zweite Schöpfungsbericht ist nicht chrono–logisch, sondern inhaltlich logisch gestaltet: Alle Schöpfungswerke werden beständig auf den Menschen bezogen und um ihn herum angeordnet. Es liegen also nicht zwei einander widersprechende Berichte vor, sondern vielmehr hat der gleiche Autor zweimal das gleiche Geschehen aus jeweils einem anderen Blickwinkel beschrieben.

 

            Das Kapitel läßt sich in folgende fünf Abschnitte unterteilen:

 

1) Die Aufgabe des Menschen    2:4-6

2) Die Erschaffung des Menschen   2:7

3) Die Heimat des Menschen   2:8–14

4) Die Verantwortung des Menschen   2:15–17

5) Die Vollendung und Erfüllung des Menschen   2:18–25

 

1.) Die Aufgabe des Menschen    2:4–6

Zuerst werden wir auf die Aufgabe des Menschen verwiesen, erst dann folgt die Beschreibung seiner Erschaffung. Warum diese Reihenfolge? Sie soll uns zeigen, dass Gott den Menschen mit einem ganz bestimmten Zweck und Ziel schuf. Wir sind keine Zufallsprodukte. Wir erfahren in den Versen 4–7

 

a) Platz und Stellenwert des Menschen im Universum

b) Konstitution des Menschen

c) Eigenart des Menschen

 

zu a) Die ganze Schöpfung kann ohne den Menschen nicht sein (2:4–6)

zu b) Der Mensch ist Körper und Geist (2:7a)

zu c) Der Mensch ist eine lebendige Seele  (2:7b)

 

4 Dies ist die Geschichte des Himmels und der Erde, als sie geschaffen wurden, an dem Tage, da Gott der HERR Erde und Himmel machte,

 

”Die ist die Geschichte”:  ’ellæ toledot, wörtlich: dies sind die Werdungen. Der Ausdruck fasst nicht das Vorhergehende zusammen, sondern er kündigt das Nachstehende an. Das Hauptwort B ist vom Zeitwort jalad,  gebären, abgeleitet; es ist eine Mehrzahl und bedeutet etwa: Geburten, Werdungen, Hervorbringungen, Geschichte(n).  Der Satz: ”Dies sind die toledot von Himmel und Erde” steht als Überschrift über den ganzen Abschnitt 2:4 bis 4:26. Er müsste sinngemäß etwa so umschrieben werden: ”Im folgenden wird dargelegt, was die Erschaffung von Himmel und Erde hervorbringen wollte”. Gott schuf Himmel und Erde um des Menschen willen. Der Mensch ist also das große Ergebnis aller Schöpfungswerke.

 

”Gott, der HERR”, hebräisch Jahwæh ’ælohim. ’ælohim ist der Schöpfer Gott, der Allmächtige. Das ist der Name Gottes im ganzen ersten Kapitel. Jahwæh ist der Ewige, der zum Menschen in Beziehung tritt. Das lehrt uns Gottes Offenbarung an Mose unter diesem Namen (2Mo 3). Daher ist der Wechsel des Gottesnamens hier nicht zufällig, sondern bewusst gesetzt. Es soll im folgenden doch gerade um das gehen: um die Beziehung, in die Gott den Menschen zu sich selbst stellte.

 

5 und ehe alles Gesträuch des Feldes auf der Erde war, und ehe alles Kraut des Feldes sprosste; denn Gott der HERR hatte nicht regnen lassen auf die Erde, und kein Mensch war da, um den Erdboden zu bebauen.

6 Ein Dunst aber stieg auf von der Erde und befeuchtete die ganze Oberfläche des Erdbodens.

 

”kein Mensch war da”: Wir erfahren, dass Gott nicht hatte regnen lassen, und dass kein Mensch da war, um den Garten zu bebauen. Warum wird das gesagt? Um zu zeigen, wie wichtig das Wasser ist, und um zu zeigen, wie wichtig der Mensch ist. Ohne Wasser wächst nichts; ohne den Menschen gedeiht das  Wachsende nicht. Der Verweis auf das Fehlen des Menschen hebt seine Bedeutung hervor: Ohne den Menschen kann die Erde nicht so gestaltet werden, wie sie nach dem Willen des Schöpfers gestaltet werden soll.

 

ein Dunst aber stieg auf”: Mit diesem aufsteigenden Dunst wird bereitgestellt, dessen Fehlen als erstes genannt worden war. Wie das zweite Fehlende bereitgestellt wird, das wird ausführlicher beschrieben, denn das ist noch wichtiger als das Wasser.

 

 

2.) Die Erschaffung des Menschen –  2:7

Hier beginnt die zweitwichtigste aller Biographien. Das klingt wie ein Superlativ aus der Werbebranche, aber es ist nicht übertrieben.
Kein Leben ist von so großer Bedeutung, wie das Leben Adams – außer das Leben eines anderen Menschen, den die Bibel den letzten Adam nennt (1. Korinther 15:47–49).
Ich meine Jesus Christus. Diese beiden Biographien sind so eng miteinander verwoben, dass man die erste nie richtig begreifen kann,
wenn man die zweite nicht  kennt, und dass man den Sinn der zweiten nicht einzusehen vermag, wenn man die erste nicht kennt.
Darum bezieht Paulus diese beiden wiederholt auf einander (Römer 5; 1. Korinther 15).

         
An der vorliegenden Biographie lernen wir all das, was wir über den Menschen und damit über uns selbst wissen müssen, wenn wir aus dem Leben klug werden wollen.
Ohne das Wissen, das uns dieses Kapitel gibt, müßten wir irre werden am Rätsel Mensch.
Danken wir Gott, dass Er uns hier geoffenbart hat, was wir unmöglich auf irgend eine andere Weise und auf einem anderen Weg hätten wissen können.
Keine Schlauheit und kein Scharfsinn hätten hingereicht, hinter das Geheimnis Mensch zu kommen. Hier wird es uns enthüllt.

 

7 Und Gott der HERR bildete den Menschen, Staub von dem Erdboden, und hauchte in seine Nase den Odem des Lebens; und der Mensch wurde eine lebendige Seele.

 

”Und Gott der HERR bildete”: Ist der Mensch von Gott erschaffen, ist er von Ihm abhängig. Ihm verdankt er alles, ohne Ihn ist er nicht und hat er nichts. Das ist das Erste und Grundlegendste, dass wir aus der Erschaffung des Menschen lernen müssen. Haben wir das nicht gelernt, sind wir noch Toren und tappen in der dichtesten Finsternis. Verdanken wir aber Gott alles, ergibt sich daraus das nächste: Wir sind verantwortliche Geschöpfe. Wir sind zuerst und zuoberst Gott verantwortlich, erst in zweiter Linie den Menschen verantwortlich. David drückte das so aus:

         

”Gegen dich, gegen dich allein habe ich gesündigt, und ich habe getan, was böse ist in deinen Augen” (Ps 51:4).

 

”Gegen dich, gegen dich allein”  habe er gesündigt –  dabei hatte er eine verheiratete Frau entehrt und ihren Mann ermordet! David wusste es aber genau, und er hatte recht. Er war  zuerst Gott verantwortlich, und darum hatte er zuerst gegen Gott gesündigt. Das machte seine Tat so furchtbar. Wäre Sünde ausschließlich eine Vergehen am Menschen, wäre sie nicht so schlimm; jetzt ist aber jede Sünde gegen Gott Selbst gerichtet. Das macht sie erst zu einem so großen Übel, ja, zum Übel der Übel.

 

”bildete”:  hebräisch jatsar,  ein anderes Verb als ”erschaffen”, bara’, oder ”machen”, ’asah, die beiden Verben, die im 1. Kapitel verwendet werden. jatsar ist ein Wort, das die Arbeit des Töpfers bezeichnet. Der Herr formte den Menschen wie der Töpfer den Ton. Wiederholt wird Gott mit einem Töpfer verglichen (Jes 64:8; Röm 9:21) und der Mensch  mit einem Gefäß (Apg 9:15; 2Tim 2:21; 1Pet 3:7). Das spricht einerseits von Seiner Sorgfalt. Andererseits erinnert es uns daran, dass unser Leib aus ganz gemeinem Stoff gemacht ist

 

”Staub von dem Erdboden”: Das ist der materielle Teil des Menschen. Sein Körper ist von sehr gewöhnlichem Stoff. Der Werkstoff des Töpfers ist Ton, und Ton ist überall zu haben und kostet fast nichts. Das soll uns die rechte Einschätzung unseres Leibes lehren. Wir sind aus Erde, vom Ton abgekniffen (Hi 4:19; 10:9; 33:6), haben also wenig Ursache, uns der Stärke unserer Muskeln, der Kultiviertet unseres Gaumens oder des Fassungsvermögens unseres Bauches zu rühmen. Das Neue Testament lehrt uns, dass es uns zur Schande gereicht, wenn der Bauch unser Gott geworden ist (Ph 3:19).

         

”und hauchte in seine Nase den Odem des Lebens”:  Das ist der geistliche Teil des Menschen, jener Teil, der ihn erst zum Menschen macht. Den Leib hat er mit dem Tier gemein; den Odem aus Gott besitzt nur er. Dieser Odem ist es, der dem Leib den Wert gibt: Weil er das Gefäß ist, das den Odem enthalten soll, ist er wertvoll. Ganz richtig sagten daher die Alten:

 

          Materiam superabat opus –  Das Werk übertraf den Stoff.

 

Weil Gott Seinen Odem in den Menschen hauchte, schuf Er ihn auch als einziges Lebewesen mit aufrechtem Gang. Das soll den Menschen ständig daran erinnern, dass sein Leib dazu geschaffen ist, den Geist zu beherbergen, der von Gott kommt. Das Tier wühlt mit seiner Schnauze ständig im Staub, während allein der Mensch seine Augen zum Himmel erhebt und mit seinem Mund den preist, der sein Herr und Schöpfer ist. Gott hat Seinen Odem in uns gehaucht, damit unser Odem Ihn preise:

 

          ”Alles was Odem hat, preise den EWIGEN!”

 

Der Puritaner Matthew Henry sagte in seinem  schönen Englisch:

 

Let the soul which God hath breathed into us breath after Him! – Möge die Seele, die Gott in uns gehaucht hat, nach Ihm hauchen!”

 

Der Reformator Ulrich Zwingli sagte einmal in einer Predigt:

 

”Dieser Lebensatem, den der ewige Gott in Adam hineinhauchte, hat ohne Zweifel nicht nur den Willen zum leiblichen, vielmehr auch zum ewigen Leben eingegeben. Und er bewirkt, dass der Mensch allezeit nach dem seufzt, der ihm am Anfang Leben und Atem einhauchte”

(In: Die Klarheit und Gewissheit des Wortes Gottes).

 

”und der Mensch wurde eine lebendige Seele”: Leben kennzeichnet die Seele des Menschen. Was ist Leben? Anhand dieser Beschreibung, wie der Mensch erschaffen wurde und was seine Aufgabe war, können wir das Leben umschreiben als eine Summe von Beziehungen. Dieses Kapitel zeigt uns die verschiedenen Beziehungen des Menschen

 

         zum Schöpfer

         zum Erdboden

         zur Arbeit

         zu den Tieren

         zur Frau im besonderen, zum Nächsten im allgemeinen

 

Diese Beziehungen machten die Schönheit und den Reichtum des Lebens aus; jede Beziehung war in sich schon beglückend. Die Summe dieser Beziehungen machten die Existenz des Menschen reich und tief. Dabei war es mehr als eine bloße Summe: Eine jede Beziehung befruchtete die nächste, und in dem sie sich so gegenseitig stärkten und steigerten, erhöhten sie gemeinsam das Glück und die Freude des Menschen an seinem Dasein ins Grenzenlose.

 

 

3.) Die Heimat des Menschen  2:8–14

Der erste Töpfer war Gott; von Ihm hat der Mensch seine Fähigkeit zum kunstvollen Gestalten; der Erste Pflanzer war auch Gott; von Ihm hat der Mensch seine Freude am Pflanzen und Bebauen.

 

8 Und Gott der HERR pflanzte einen Garten in Eden gegen Osten, und er setzte dorthin den Menschen, den er gebildet hatte.

9 Und Gott der HERR ließ aus dem Erdboden allerlei Bäume wachsen, lieblich anzusehen und gut zur Speise; und den Baum des Lebens in der Mitte des Gartens, und den Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen.

 

”Gott der HERR pflanzte einen Garten”: Der Herr pflanzte dem Menschen einen Garten, das ist ein besonders lieblicher Ort inmitten einer schon makellos schönen Schöpfung. Das war die Heimat, die der Schöpfer dem Menschen bereitet hatte, eine vollkommen, alle Sinne beglückende Umgebung, die perfekt auf den Menschen zugeschnitten war.

 

”lieblich anzusehen und gut zur Speise”: Der Schöpfer hatte dem Menschen nicht all seine Sinne gegeben, um sie zu frustrieren. Nein, er gab ihm Augen, Ohren, Geruchs–,  Tast– und Geschmacksinn, damit er sich an all dem Schönen ergötzen konnte, das ihm Gott in Seiner Liebe bereitet hatte: Die Bäume und Sträucher waren schön anzusehen; ihre Farben und Formen erfreuten das Auge, ihre Früchte waren köstlich für den Gaumen. Der Mensch fror nicht, kannte keinen Schmerz und keine Müdigkeit; mit wachen Sinnen und heiterer Seele ging er durch den Garten, ein freier Herr über den Erdboden und über alle Tiere.

 

und den Baum des Lebens”: Der Baum des Lebens stand in der Mitte des Gartens; er war der wichtigste Baum, ein Symbol des Lebens und damit des Sohnes Gottes, der von sich sagte: ”Ich bin das Leben” (Joh 14:6).

 

Gott wollte, dass der Mensch, so oft er von der Frucht dieses Baumes aß, sich daran erinnerte, woher er sein Leben empfangen hatte, damit er immer bedenke, dass er nicht aus eigener Kraft lebte, sondern ausschließlich durch Gottes Freundlichkeit; und dass das Leben nicht ein aus ihm quellendes Gut war, sondern von Gott ausging.”

(Johannes Calvin)

 

Der Baum im Garten zeigte dem Menschen immer neu,  dass er das Leben nicht in sich selbst hatte. So konnte er lernen, dass sein ganzes Glück darin lag, dass er von seinem Schöpfer abhängig blieb, der die Welt geschaffen und den Menschen in sie hineingestellt hatte.

 

”und den Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen”: Es war der Herr, der diesen Baum pflanzte, nicht der Versucher und Verführer. Die Möglichkeit zur Sünde war von Gott bereitet. Wir verstehen so vieles nicht, und wir würden so gerne noch Fragen stellen, von denen wir aber wissen, dass Gott sie nicht beantworten wird. So wollen wir die Hand an den Mund legen und nicht vorwitzig in Dinge Einblick begehren, die wir (noch) nicht verstehen können. Wir wollen Ihn nicht fragen, warum Er zuließ, dass das Böse in Seine gute Schöpfung kam; vielmehr wollen wir Gott dafür danken, dass Er uns, nachdem wir selbstverschuldet der Macht des Bösen erlegen sind, einen Weg bereitet hat, auf dem wir der Macht des Bösen entrinnen können. Und noch mehr wollen wir Ihm dafür danken, dass Er eigenhändig mit der Macht des Bösen abgerechnet hat, und dass Er bereit war, einen unermesslichen Preis dafür zu bezahlen.

 

10 Und ein Strom ging aus von Eden, den Garten zu bewässern; und von dort aus teilte er sich und wurde zu vier Flüssen.

11 Der Name des ersten ist Pison; dieser ist es, der das ganze Land Hawila umfließt, wo das Gold ist;

12 und das Gold dieses Landes ist gut; daselbst ist das Bdellion und der Stein Onyx.

13 Und der Name des zweiten Flusses: Gihon; dieser ist es, der das ganze Land Kusch umfließt.

14 Und der Name des dritten Flusses: Hiddekel; dieser ist es, der vor Assyrien fließt. Und der vierte Fluß, das ist der Phrath.

         

”ein Strom ging aus”: Vom Garten ging ein Strom aus, der das Leben und die Lieblichkeit des Gartens über alle Welt verbreiten sollte. Der Sündenfall hat das alles zerstört. Aber am Ende Zeit wird aus dem himmlischen Jerusalem ein Strom vom Thron Gottes und des Lammes ausgehen (Off 22:1), der durch die ganze Schöpfung strömen und alles Erschaffene beglücken wird.

          Vom Garten aus sollte Adam den Flüssen folgen und überall, wohin sie gelangten, die Erde in einen Garten verwandeln. So sollte er einer schon vollkommenen Schöpfung den Stempel seiner vom Schöpfer geschenkten schöpferischen Hand aufdrücken.

 

”der Name des dritten Flusses: Tigris; dieser ist es der von Assyrien fließt...”: Der Name der Flüsse und der Länder, durch sie fließen, waren in den Tagen Moses wohlbekannt; sie sind es noch heute. Damit will uns der Schöpfungsbericht etwas ganz Wichtiges sagen: Der Garten Eden war nicht ein erträumtes Paradies, sondern ein tatsächlicher Ort auf dieser Erde; er war nicht eine Utopie. Dieses griechisches Wort (ou topia  ou topia) bedeutet wörtlich ”Nicht–Örtlichkeit”. Eben das war der Garten Ede nicht, sondern er war ein geographisch definierter Raum in dieser Welt. Mose sagt deshalb, der Garten sei ”in Eden gegen Osten” gewesen, das heißt östlich von seinem Standort im Ostjordanland, wo er sich befand, als  er den Schöpfungsbericht schrieb. Warum ist es dem Schreiber so wichtig, das zu sagen? Wir sollen begreifen, dass es in den ersten Kapiteln der Bibel um Dinge geht, die auf dieser Erde geschahen. Es sind ganz bodenständige Ereignisse, nicht  irgendwelche Phantasien. Diese Ereignisse prägen unsere heutige Existenz. Wenn lernen wollen, richtig zu leben, dann müssen wir einfach wissen, wie der Mensch einmal war, und was damals passierte. Sonst werden wir nie begreifen, warum der Mensch heute so ist, wie er ist: ein völlig widersprüchliches Wesen, eine gebrochene Figur, eine tragische Gestalt.  Richtig sagte der französische Christ und Mathematiker Blaise Pascalss:

 

”Alles Elend des Menschen erweist seine Größe. Es ist das Elend eines großen Herrn, das Elend eines entthronten Königs.”

 

 

4.) Die Verantwortung des Menschen    2:15–17

Mit dem Garten hatte der Schöpfer dem Menschen alles bereitet, was seine Sinne beglücken konnte; hier haben wir die  Vorsorge, die den Geist des Menschen beglücken sollte. Beglücken, wo es um ein Verbot geht? Durch dieses eine Verbot wollte der Schöpfer dem Menschen nichts nehmen, sondern ihm etwas geben.  Er wollte ihm zeigen, welches die Quelle seines Glücks war: Sein Gott und Schöpfer. Nur indem er beständig in der dankbaren Abhängigkeit von seinem Schöpfer verharrte, besaß er alles. Damit er seinen Gott und damit sein Glück nicht verlieren sollte, gab ihm Gott dieses Verbot. Es war ihm zum Leben und zum Segen gegeben, es war ein Ausdruck Seiner Fürsorge, nicht Seiner Missgunst, es war ein Erweis der Liebe, nicht der Engherzigkeit.

 

16 Und Gott der HERR gebot dem Menschen und sprach: Von jedem Baume des Gartens darfst du nach Belieben essen;

17 aber von dem Baume der Erkenntnis des Guten und Bösen, davon sollst du nicht essen; denn welches Tages du davon issest, wirst du gewißlich sterben.

 

und der HERR gebot dem Menschen”: Dieses eine Gebot machte den Menschen erst zum verantwortlichen Wesen und zum sittlichen Geschöpf. Ohne dieses Verbot wäre der Mensch nicht Mensch, wäre er nicht Bild und Gleichnis Gottes.

            In diesem einen Gebot war zugleich die Freiheit des Menschen ausgedrückt. Adam war in der Tat frei, hatte einen freien Willen. Seine Freiheit bestand darin, das Gute zu wollen und zu vermögen, zu dem Gott ihn erschaffen hatte. Er war frei, das Gute zu tun, das ihm sein Schöpfer befahl. Er war auch frei, das Böse abzulehnen, das Gott ihm verboten hatte. Diese Freiheit besaß Adam; diese Freiheit besitzt der gefallene Mensch nicht mehr. Aber diese Freiheit gibt der Sohn Gottes allen, die an Ihn glauben (Joh 8:32; Gal 5:1). Für Adam gilt, dass er das Vermögen hatte, Gott zu gefallen und nicht zu sündigen. Seit der Mensch in Sünde gefallen ist,  kann er das nicht mehr. Er ist ein Knecht des Bösen geworden:

         

          ”Wer die Sünde tut, ist der Sünde Knecht” (Joh 8:34)

 

Vom Menschen in seinem dreifachen Zustand hat Augustin gesagt:

 

Adam vor dem Fall :           posse non peccare              er war fähig, nicht zu sündigen

Adam nach dem Fall: non posse non peccare             er ist nicht fähig, nicht zu sündigen

der neue Mensch:           non posse peccare               er ist nicht fähig zu sündigen

 

”nach Belieben essen”: So weit war der Raum, in den Adam gesetzt wurde. Von Seinem Schöpfer abhängig, war er das freieste unter allen Geschöpfen.

 

”...davon sollst du nicht essen”: Nicht das Essen war böse. Das  Böse lag allein im Übertreten eines Verbotes, das Gott gegeben hatte. Adam war so geschaffen, dass er eine Abneigung gegen alles hatte, was böse war. Wie aber konnte er um Böses wissen, da er weder Böses gesehen noch Böses getan hatte? Er wusste, seitdem Gott ihm dieses Verbot gegeben hatte, dass es böse war, gegen Gottes Willen zu handeln.

 

”wirst du gewisslich sterben”: Der Lohn der Sünde ist der Tod (Röm 6:23). Bedeutet Leben eine Fülle von Beziehungen, dann ist Tod nichts anderes als die Auflösung dieser Beziehungen. In der Sünde verlor der Mensch jede Beziehung zu Gott; seither ist er ”tot in den Sünden und Übertretungen” (Eph 2:1). Er ist wie ein Telefon, das an einer gekappten Leitung hängt. Wir sprechen dann von einer  toten Verbindung. So ist der Mensch für Gott. Er hat die Verbindung zu Gott abgeschnitten, und das hat Folgen gehabt für seine ganze Existenz.

          Die Beziehung zu Gott ist wie der unterste Klotz in einem Turm von Klötzen: Nimmt man ihn weg, stürzt der ganze Turm. War die Beziehung zu Gott abgebrochen, wurden alle weiteren Beziehungen verdorben, so dass sie statt der beabsichtigen Freude dem Menschen Enttäuschungen, Kummer, manchmal sogar nur Qualen bescheren.

          Wir wissen nur zu gut, wie unsere Beziehungen zum Erdboden, zu den Tieren, zur Umwelt, zur Arbeit und besonders zum Nächsten mit gigantischen Problemen behaftet sind. Keine Beziehung war so wonnevoll gewesen, wie die zwischen Adam und Seinem Schöpfer; und gerade diese ist gänzlich zerstört worden; und keine Beziehung innerhalb der Schöpfung war so beglückend gewesen, wie die zwischen dem Mann und seiner Frau; und gerade die ist durch den Sündenfall schwerer  belastet und qualvoller geworden als alle anderen. Dem Menschen wird von keiner Seite so viel seelische und körperliche Pein bereitet wie durch den Menschen. Es ist traurige Wahrheit, was der englische Philosoph Thomas Hobbes (1588–1679), den römischen Dichter Plautus bestätigend, auf die eingängige Formel brachte:

 

          Homo homini lupus – der Mensch ist dem Menschen ein Wolf.

 

Die Sünde und der auf dem Fuße folgende Tod ist eine furchtbare Realität. Er herrscht unerbittlich und ohne Ansehen der Person über einen jeden Nachfahren Adams (Römer 3:23; 5:12).

 

 

5.) Die Vollendung und Erfüllung des Menschen    2:18–25

Es ist Gott, der dem Menschen gibt, was diesem noch nicht einmal gefehlt hatte. Dabei gibt Gott dem Menschen die schönste aller Gaben der Schöpfung. Wie bezeichnend, dass der Mensch gerade das Schönste und das Beste, das der Schöpfer gab, zum Anlass nahm, sich gegen seinen Schöpfer zu erheben. Das war wirklich schlimm, und  darum  ist auch das Gericht darüber verdient.

          Dieser Abschnitt ist gleich aufgebaut wie der erste (2:4–6): Zuerst wird gezeigt was fehlt, dann wird das Fehlende von Gott bereitgestellt. Auf diese Weise war oben gezeigt worden, wie wichtig der Mensch für die Schöpfung ist. Hier wird gezeigt, wie der Mensch ohne die Frau nicht Mensch ist.

 

18 Und Gott, der HERR sprach: Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei; ich will ihm eine Hilfe machen, seines Gleichen.

19 Und Gott, der HERR bildete aus dem Erdboden alles Getier des Feldes und alles Gevögel des Himmels, und er brachte sie zu dem Menschen, um zu sehen, wie er sie nennen würde; und wie irgend der Mensch ein lebendiges Wesen nennen würde, so sollte sein Name sein.

20 Und der Mensch gab Namen allem Vieh und dem Gevögel des Himmels und allem Getier des Feldes. Aber für Adam fand er keine Hilfe seines Gleichen” (1Mo 2:19,20).

 

”Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei”: Diese Feststellung wird dem nachfolgenden vorangestellt. So wird verdeutlicht, dass die Namengebung der Tiere nur eines wollte:  Sie sollte dem Menschen zeigen, dass ihm ein Gegenüber fehlte, das ihm gleich war. Das Ergebnis der Benennung der Tiere wird am Schluß denn auch genannt: ”Aber für Adam fand er (Adam) keine Hilfe seinesgleichen.” Das ist eine ganz  bemerkenswerte und auch verwunderliche Tatsache. Gott hätte doch die Frau erschaffen können, ohne Adam zuerst das Fehlen der Frau bewusst zu machen. Nun will aber der Schöpfer, dass der Mensch teilhaben soll an Seinen Absichten; zu so hoher Würde hatte Gott den Mensch bestimmt. Er sollte Einsicht bekommen in Gottes Absichten, diese Absichten zu den Seinigen machen und so ein Mitarbeiter Gottes werden. Die Sünde hat dem Menschen all das geraubt; er ist vollständig blind für Gott und für Gottes Absichten. Er hat auch beständig den Verdacht, wenn es überhaupt solche Absichten geben sollte, könnten sie nur bedrückend sein. Er ist statt ein Freund ein Feind, statt ein Mitarbeiter ein Widersacher Gottes geworden. Der Erlöste Mensch heißt hingegen wiederum ”Gottes Mitarbeiter” (1. Korinther 3:9) und Freund (Johannes 15:14).

          Gottes Handeln an Adam findet hat eine Entsprechung im Gebet, das ebenfalls ein hohes Geheimnis ist. Gott tut nichts, als was Er tun will (Psalm 115:3); Er tut aber auch nichts, ohne es zuerst Seinen Knechten geoffenbart zu haben (Amos 3:7), damit diese Ihn darum bitten zu tun, was Er sich vorgesetzt hat.

          Anders als wir,  musste Adam Gott nicht darum bitten, ihm seinen Mangel auszufüllen. Er vertraute still seinem treuen Schöpfer, und Er gab ihm, was ihm fehlte. Im Tausendjährigen Reich werden die Menschen wiederum wie Adam empfangen, ehe sie Ihn darum bitten:

 

”Und es wird geschehen: Ehe sie rufen, werde ich antworten; während sie noch reden, werde ich hören” (Jes 65:24).

 

”Ich will ihm eine Hilfe machen”: Bevor aber Adam seinen Mangel erkennt, hat Gott bereits Seinen Willen bekundet. Er weiß, was wir  brauchen, bevor wir beten (Mt 6:8). Aber Er will dennoch, dass wir zur Erkenntnis Seines Willens kommen, und beten, dass dieser Sein Wille geschehe.

 

”Eine Hilfe seinesgleichen”:

 

 As unto the bow the cord is,

So unto the man is woman;

Though she bends him she obeys him,

Useless each without the other.

(Longfellow: Hiawatha.

 

Was dem Bogen die Sehne

Das ist dem Mann die Frau;

Obwohl sie ihn biegt, gehorcht sie ihm;

Nutzlos sind beide ohne einander.)

 

Wenn wir den ersten von Mose niedergeschriebenen Schöpfungsbericht, das Kapitel 1, lesen, erfahren wir, dass Gott den Menschen als Mann und Frau schuf, dass er die beiden segnete und beiden den Auftrag gab, über die Schöpfung zu herrschen (1:26–28). Die Frau wurde nicht als Dienerin, sondern als Mitregentin erschaffen.

 

”und Gott der HERR bildete”:  Das hebräische Tempussystem drückt meistens keine relativen Zeitstufen aus; wir müssen das Geschehen Deutsch vorzeitig formulieren: Gott der HERR hatte die Tiere gebildet; das wissen wir aus dem ersten Schöpfungsbericht, der die Schöpfungswerke in chronologischer Reihenfolge anführt: Die Tiere wurden vor dem Menschen erschaffen.

 

”wie er sie nennen würde”: Der Name drückt das Wesen und die Bedeutung seines Trägers aus. Als Adam einem jeden Tier den ihm zukommenden Namen gab, bewies er, dass er die Eigenart eines jeden Tieres erfaßte, auch erkannte, welches sein Platz in der ganzen Ökonomie der Schöpfung war.

 

Aber für Adam fand er keine Hilfe seinesgleichen”:  Damit Adams selbst erkenne, was ihm fehlte, hatte Gott zuerst alle Tiere zu ihm geführt. Unter ihnen fand sich auch nicht eines, das ihm gleich gewesen wäre und zu ihm gepasst hätte. Gott wollte von Anfang an Adam eine Hilfe machen seinesgleichen (V.18); jetzt weiß Adam, dass er keine solche Hilfe hat. Was ist es nur, dass Gottes Herz bewegt, Menschen verständnisvolle Teilnahme an Seinen Werken zu geben? Wie ungeheuer hat er damit den Menschen geadelt. Bei alledem ist Mensch vor Gott so hilflos, wie der nachfolgende Abschnitt demonstriert:

 

21 Und Gott der HERR ließ einen tiefen Schlaf auf den Menschen fallen, und er entschlief. Und er nahm eine von seinen Rippen und verschloss ihre Stelle mit Fleisch;

22 und Gott der HERR baute aus der Rippe, die er von dem Menschen genommen hatte, eine Frau, und er brachte sie zu dem Menschen.

23 Und der Mensch sprach: Diese ist einmal Gebein von meinen Gebeinen und Fleisch von meinem Fleische; diese soll Männin heißen, denn vom Manne ist diese genommen.

24 Darum wird ein Mann seinen Vater und seine Mutter verlassen und seinem Weibe anhangen, und sie werden ein Fleisch sein.

25 Und sie waren beide nackt, der Mensch und seine Frau, und sie schämten sich nicht.

 

Wie hilflos ist der Mensch, wie vollständig verdankt er alles seinem Gott und Schöpfer! Während Adam  schlief, formte Gott seine Frau. Zuerst hatte Gott dem Adam gezeigt, wie sehr ihm etwas fehlte (Vv.18–20); denn selbst hätte er es nicht gemerkt. Und dann bereitete ihm Gott eine Frau. Die ganze Sache ist Sein Gedanke, nicht ein Einfall des Menschen. Gott ist es auch, der die Frau zu Adam führt. Er hat sie nicht gesucht und deshalb gefunden.

          Dies ist die letzte Mitteilung im Schöpfungsbericht, die von Gottes Handeln zeugt, bevor wir erfahren, wie der Mensch fiel. Hätte der Schöpfer deutlicher zeigen können, dass Er dem Menschen alles geben würde, was er je brauchen sollte? Im hellen Licht dieses großartigen Zeugnisses der Liebe und Fürsorge Gottes erscheint die Sünde des Menschen erst recht in ihrer unsagbaren Schäbigkeit und in ihrer ganzen Bosheit. Welche Lüge, Gott zu unterstellen, er wolle dem Menschen etwas vorenthalten, es fehle ihm noch etwas zu seinem Glück!

 

”Darum wird ein Mann seinen Vater und Mutter verlassen”: Dieser Satz ist eine Erklärung zur Herkunft jener Sitte, welche die Hebräer längst kannten: Ein junger Mann verlässt seine Eltern und sein Elternhaus, um sich mit einer jungen Frau zu vermählen und um fortan ihr anzuhangen. Das war nicht ein menschlicher Brauch, der aus Nützlichkeitserwägungen oder dergleichen entstanden war. Er ging zurück auf Gottes Schöpfungswerke.

 

”Und seinem Weibe anhangen, und die zwei werden ein Fleisch sein”: Mann und Frau sind ein  Fleisch, sie werden zu einer neuen Einheit, zu ihrer gegenseitigen Vervollständigung und Vollendung.