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Bernd Grunwald

 

 

 

Das Dreieck der Liebe

 

 

-- oder: die Frage nach dem größten Gebot --

 

 

 

 

 

 

 

Inhaltsverzeichnis

 

 

1.     Einführung   ...............................................................................................................      2

 

2.     Bibeltext (Mt. 22,34-40)   .........................................................................................         3

 

3.     Das Dreieck der Liebe (AT)   ...................................................................................         4

 

4.     Das Dreieck der Liebe (NT)   ...................................................................................         7

 

5.     Probleme mit der Bibel – wie lösen wir sie?   ...........................................................           9

 

5.1  Schweigen    ...................................................................................................         9

5.2  Reduzieren   ...................................................................................................          9

5.3  Relativieren  ...................................................................................................         10

5.4  Gehorchen    ...................................................................................................        11

 

 

 

 

 

Hinweis: Alle Bibelzitate stammen aus der revidierten Elberfelder Übersetzung
1. Einführung

Die Liebe zum Mitmenschen und besonders die Bruderliebe ist ein wichtiges Thema. Auch das NT läßt daran keinen Zweifel. Es ist eines der wichtigsten aber auch eines der am meisten strapazierten Themen in der Christenheit. Die Liebe ist das Kennzeichen der Jünger Jesu schlechthin: „Daran wird die Welt erkennen, daß ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt.“ So hat es Jesus Christus selbst formuliert. Dieser Satz steht. An ihm gilt es sich immer wieder zu messen. Und nur allzu oft schon haben wir hier versagt und sind als gläubige, wiedergeborene Christen lieblos miteinander umgegangen. Diese Erkenntnis muß uns tief beugen und immer wieder auch zu Buße und gegenseitiger Vergebung führen. An dem Versagen der Christen, ja, auch an meinem eigenen persönlichen Versagen gibt es nichts zu beschönigen, nichts Rühmliches ist daran – sondern im Gegenteil – die Lieblosigkeit ist eine häßliche Ausgeburt unseres Eigenwillens, der aber im Christenleben gar nichts mehr zu suchen hat, sondern ganz und gar an das Kreuz Jesu genagelt gehört. Insofern kann das Gebot des HERRN zur gegenseitigen Liebe nicht genug betont und hervorgehoben werden.

 

Aber es gibt auch eine Gefahr dabei. Dieses Gebot scheint nämlich weniger als Korrektiv, sondern mehr und mehr als Waffe dagegen, ja bisweilen sogar als Totschläger der Korrektur benutzt zu werden. Diejenigen, die es in dieser Weise anwenden, merken oft gar nicht, daß sie es mißbrauchen. Warum merken sie es nicht?

Nun, der rechte Gebrauch des Gebotes zur Liebe untereinander hängt natürlich ganz wesentlich von unserem Verständnis von Liebe ab. Und das hat sich unter dem Einfluß unserer postmodernen Gesellschaft in letzter Zeit ziemlich verändert.

Liebe kann nach unserem heutigen Verständnis nämlich keine Korrektur mehr vertragen. Liebe so wie wir sie verstehen wollen, kann mit Kritik nichts anfangen. Sie kann nicht mehr richtig mit verbindlichen Maßstäben, mit Normen umgehen. Der Mensch, auch der Christ, wird als frei entfaltbares Individuum begriffen, dem möglichst keine Schranken gesetzt werden sollten. Die freie Entfaltung der Persönlichkeit steht im Vordergrund. Alles, was diesem Ziel im Wege stehen könnte, muß beseitigt, muß abgeschafft werden.

Wer dagegen dennoch versucht, die eine oder andere Fehlentwicklung im Leben eines Bruders oder einer Schwester aufzuzeigen und zu korrigieren, der wird überhaupt nicht mehr verstanden, der muß damit rechnen, daß man ihm Unbarmherzigkeit und Lieblosigkeit vorwirft.

 

Diese Art Verständnis von Liebe (daß man nämlich um jeden Preis den Anderen so zu akzeptieren hat, wie er ist und kaum mehr ändernd auf ihn einwirken darf), diese Art Verständnis hat allerdings eine gefährliche Konsequenz: nämlich die Gleichsetzung von Liebe und Toleranz. Den Anderen zu tolerieren wird gleichgesetzt mit: Den Anderen zu lieben. Umgekehrt: Wer den Anderen nicht toleriert, liebt ihn auch nicht. Liebe und Toleranz sind somit zu austauschbaren Begriffen geworden, was sie in Wirklichkeit aber überhaupt nicht sind.

 

Wer die Bibel kennt, weiß: Wir Christen sind sehr wohl aufgefordert, andere zu lieben, deshalb müssen wir sie bzw. ihr Denken und ihr Verhalten aber noch lange nicht tolerieren. Man hat weitgehend verlernt, mit diesen Unterschieden zu leben und umzugehen. Man fordert, sich gegenseitig so zu akzeptieren, wie man ist. Jedem muß heute das Recht zugestanden werden, seinen Glauben so zu leben, wie er es für sich persönlich für richtig hält, sagt man.

Wer dagegen die Forderung erhebt, das NT als verbindlichen Maßstab für Glauben und Leben aller Christen zur Geltung zu bringen, und das nicht nur theoretisch betont, sondern auch ganz praktisch im christlichen Wandel erwartet, wer auf die Einhaltung der Gebote des Herrn und seiner Apostel hinweist, der wird bestenfalls noch als nicht mehr zeitgemäßer Störenfried der christlichen Eintracht angesehen. Schlimmstenfalls wirft man ihm sogar die Übertretung des größten der Gebote (des Gebotes der Liebe) vor. Dabei hat er nichts anderes getan, als das, was der Herr Jesus selber tat.

Man versteht nicht mehr, daß korrigierende Hinweise gerade deshalb gegeben werden, weil man den Anderen liebt und weil er einem nicht egal ist. Echte Liebe ist immer bemüht, denjenigen, der geliebt wird, -wenn es notwendig ist- auch zu kritisieren und zu korrigieren, falsche Liebe tut das nicht - sie weicht den Problemen aus und toleriert einfach alles.

Was soll man tun angesichts dieses Dilemmas? Sollen wir uns diesem Trend anschließen? Den Kopf in den Sand stecken? Sicher, der einfachste Weg wäre das. Aber würden wir damit nicht zugleich auch Wahrheiten des Wortes Gottes preisgeben? Toleranz ist eine einfache Sache – echte, christliche Liebe ist etwas ganz anderes. Toleranz läßt Jeden so weitermachen wie bisher, sie greift nicht ein – die Liebe dagegen will ihn packen und mit den Wahrheiten des Wortes Gottes konfrontieren. Das kann manchmal sehr wehtun – kann aber dennoch aus Liebe geschehen. Und: wer von uns hat diese Art korrigierende Liebe nicht nötig?

 

Ich möchte deshalb versuchen, aufzuzeigen, wie die Bibel den Begriff „Liebe“ verwendet, was sie uns dazu zu sagen hat und wie wir es verstehen und in unserem Leben möglichst auch umsetzen sollen.

 

2. Bibeltext (Mt. 22,34-40)

Der Herr Jesus hat auf die Frage der Pharisäer nach dem größten Gebot eine sehr grundlegende Antwort gegeben. Sie steht in Matthäus 22,34-40:

 

Als aber die Pharisäer hörten, daß er die Sadduzäer zum Schweigen gebracht hatte, versammelten sie sich miteinander. Und es fragte einer von ihnen, ein Gesetzesge-lehrter, und versuchte ihn und sprach: Lehrer, welches ist das größte Gebot in dem Gesetz? Er aber sprach zu ihm: Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit deinem gan- zen Herzen und mit deiner ganzen Seele und mit deinem ganzen Verstand. Dies ist das größte und erste Gebot. Das zweite aber ist ihm gleich: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. An diesen zwei Geboten hängt das ganze Gesetz und die Propheten.

 

 

3. Das Dreieck der Liebe (AT)

Ich bin nicht in der Lage, die Bedeutung dessen, was der Herr Jesus hier gesagt hat, auch nur annähernd zu beschreiben. Die Liebe zu Gott und die Liebe zum Nächsten ist nämlich eine so umfassende Angelegenheit, dass man sie nicht in einen bibl. Aufsatz hineinpressen kann. Ich fürchte sogar, daß unser aller Leben nicht ausreicht, alle damit zusammenhängenden Aspekte voll zu erfassen. Ich kann aber auf einen hinweisen, der uns die Bedeutung dieser Antwort völlig vorgelebt hat: Der Herr Jesus. Deshalb gilt: Wenn wir versuchen ihn nachzuahmen, Ihm nachzufolgen, dann sind wir auf dem besten Weg, die gebotene Liebe ein Stück weit auch in der Weise zu praktizieren, wie ER es getan hat.

Ich sagte schon, ich kann es nicht erschöpfend erklären, dennoch muß ich nicht kapitulieren; ich kann und will mit Gottes Hilfe zaghafte Schritte auf diesem Weg der Liebe machen und ich kann noch etwas tun, nämlich auf die Zusammenhänge dessen, was Jesus hier gesagt hat, hinweisen. Und aus den Zusammenhängen sollte uns irgendwie auch der Rahmen deutlich werden, innerhalb dessen sich die Liebe bewegen soll. Das will ich hier gerne versuchen, zu vermitteln.

 

Das Erste und Wichtigste Gebot ist unsere Liebe zu Gott: Du sollst den HERRN, deinen Gott, lieben. Die Liebe zu Gott ist also der erste Aspekt unserer Liebe. Sie wird mit unserem Herzen, mit unserer Seele und mit unserem Verstand ausgeübt. Herz, Seele und Verstand sind allesamt Begriffe, die sich auf den inneren Menschen, auf den nicht materiellen Teil des Menschen beziehen. Die Liebe zu Gott spielt sich also ausschließlich auf der inneren Seite des Menschseins ab. Da aber Gott für uns unsichtbar ist und auch unsere Liebe zu ihm sich auf einer unsichtbaren Schiene bewegt, kann man relativ einfach behaupten, man würde Gott lieben, obwohl dies tatsächlich möglicherweise überhaupt nicht der Fall ist, denn objektiv und direkt nachweisbar ist diese Behauptung nicht.

 

Anders verhält es sich dagegen mit unserer Liebe zum Nächsten: Hier wird uns gesagt: „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“ Diese Liebe bezieht sich nicht nur, aber doch in erster Linie auf den materiellen Teil des Menschen. Stramme Behauptungen helfen da nicht weiter, denn diese Liebe ist sichtbar und nachweisbar. Wenn wir einmal begriffen haben, dass es bei der Nächstenliebe um ganz konkrete, handfeste Dinge geht, dann bewahrt uns diese Erkenntnis vor einer falschen Interpretation dieses Gebotes. Die Fehlinterpretationen des Gebotes der Nächstenliebe beruhen nämlich auf der Annahme, die Liebe zum Nächsten sei genau wie die Liebe zu Gott eine unsichtbare Liebe, eine Liebe, die auch nur das Innere des Menschen betrifft. Man hört oder liest bisweilen solch falsche Aussagen wie: Um meinen Nächsten lieben zu können, muß ich mich erst selbst lieben. Oder: Ich kann meinen Nächsten nur in dem Maße lieben wie ich mich selbst liebe. Solche Aussagen führen allerdings nur zur unbiblischen Pflege des eigenen ICH und verkehren das, was eigentlich gemeint ist, in ihr Gegenteil.

Seinen Nächsten lieben wie sich selbst, das heißt nichts anderes als ihm genau das zu geben, was ich auch mir selbst gebe, nämlich zur Pflege und Erhaltung meiner Existenz. All das Gute, was ich mir selber zuführen würde (sei es Nahrung, Kleidung oder sonst etwas) das soll ich meinem Nächsten ebenso zubilligen. Ich soll so mit ihm umgehen, als wäre er ich selbst. Das, was ich mir antun würde, genau das soll ich ihm gewähren. Das ist Nächstenliebe. Sie hat nichts, aber auch gar nichts mit Selbstliebe oder Selbstannahme oder wie auch immer wir es nennen mögen, zu tun.

 

„Die Liebe tut dem Nächsten nichts Böses“ hat der Ap. Paulus einmal geschrieben (Rö. 13,10). Er meint damit, daß alle Gebote, die sich auf meinen Nächsten beziehen, nämlich Du sollst nicht töten, nicht stehlen, nicht ehebrechen, nicht begehren usw. daß all das in dem einen Gebot drinsteckt: in dem „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst“. All das ist in diesem einen Gebot enthalten und erfüllt.

 

Nachdem der Herr Jesus diese beiden Gebote „Du sollst Gott lieben“ und „Du sollst deinen Nächsten lieben“ als die größten und wichtigsten genannt hat, folgt noch eine weitere, sehr wichtige Aussage: „An diesen beiden Geboten hängt das ganze Gesetz und die Propheten.“ Wie ist diese Aussage zu verstehen? Was hat der Herr Jesus damit gemeint? Nun, der Ausdruck „das Gesetz und die Propheten“ ist eine Sammelbe-zeichnung für die jüdischen Heiligen Schriften. Alles, was Gott dem Mose und den anderen Schreibern dieser Schriften im Lauf der Geschichte geoffenbart hat, ist aufge-schrieben worden und als heilige Schrift, von Gott gegeben, zusammengestellt worden. Der Herr Jesus hat hier also nichts anderes gesagt als: „An diesen beiden Geboten hängt die ganze Heilige Schrift, das ganze Wort Gottes.“

 

Von Peter Hahne stammt der Spruch: „Christsein ist Ausbildung zur Gottes- und Nächstenliebe“ Das ist wahr. Damit hat er zweifellos Recht. Diese Ausbildung ist ein lebenslanger Prozeß. Doch mit diesem Satz von Peter Hahne ist noch nicht alles gesagt. Es fehlt noch ein wichtiges Element: Die Bibel. Sie hängt zweifellos mit dieser Ausbildung zusammen, sie hängt an diesen beiden Geboten dran. Man hat allerdings den Eindruck, als wenn die Bibel bisweilen nur noch als ein überflüssiges Anhängsel angesehen wird. Manche gehen gar so weit, zu sagen, um seinen Nächsten zu lieben braucht man keine Bibel. Aber ist diese Ansicht zutreffend? Ist es wirklich so, daß die Bibel nur noch irgendwie dran hängt und als eigentlich überflüssiger Ballast noch mitgeschleppt wird? Natürlich nicht, denn das Gebot zur Gottesliebe und das Gebot zur Nächstenliebe: woher kommen diese beiden Gebote? Sie kommen doch aus der Schrift, oder etwa nicht? Wir sehen also, daß die Bibel untrennbar mit dem Gebot zur Gottes- und Nächstenliebe verbunden ist. Die Bibel hängt nicht einfach nur so dran, sondern sie bildet einen unzertrennbaren Zusammenhang mit ihnen, sie bildet sozusagen den gesamten Rahmen innerhalb dessen sich alles abspielt. Wir sollten auch beachten, dass der Herr nicht irgendwelche Teile der Schrift hervorhebt, andere dagegen vernachlässigt, sondern eindeutig darauf verweist, dass er die ganze Schrift, das ganze Gesetz und die Propheten meint. Der Herr Jesus hat nicht von einem Anhängsel gesprochen, sondern ausdrücklich von einem Zusammenhang. Diese drei Dinge gehören zusammen. Sie sind nicht voneinander trennbar!

 

So finden wir in der Antwort des Herrn auf die Frage nach dem größten Gebot einen Dreiklang der Liebe! (wenn wir’s musikalisch ausdrücken wollen). Wir können es auch graphisch ausdrücken. Dann haben wir es nämlich mit einem „Dreieck der Liebe“ zu tun (siehe Abb. 1).

 

 

 
 


 

 

 


 

Abb. 1: Das Dreieck der Liebe (AT)

 

 

Natürlich kann man nun hergehen und sagen: Das ist alles Altes Testament. Das gilt alles für die Juden, aber nicht für uns Christen. Wir haben doch nichts mehr mit dem alten jüdischen Gesetz zu tun. Dieser Einwand ist sicher in gewisser Hinsicht berechtigt. Aber doch ist die Antwort, die der Herr Jesus hier den Pharisäern gibt, so grundlegend und so richtungsweisend, dass sie im Prinzip auch für uns Christen gilt. Nicht nur das: der Herr Jesus selber hat es uns in vollkommener Weise vorgelebt. Er hat die Bedingungen der Liebe vollständig, völlig erfüllt.

4. Das Dreieck der Liebe (NT)

Auch die Jünger des Herrn und späteren Apostel haben die umfassende Bedeutung dessen was Jesus hier gesagt hat, sehr genau verstanden. Vor allem der Apostel Johannes hat viel über die Zusammenhänge der Liebe geschrieben. Wenn wir seine Schriften lesen, stellen wir fest, dass uns Christen genau das gleiche Dreieck der Liebe gegeben ist. Dieses Dreieck der Liebe basiert auf genau den selben Grundsätzen und beinhaltet auch genau die selben Elemente. Der große Unterschied ist natürlich die Offenbarung Gottes in seinem Sohn Jesus Christus und alles was damit zusammenhängt. Darauf kann ich aber hier im Einzelnen nicht eingehen. Schauen wir uns das neutestamentliche Dreieck der Liebe an (Abb. 2): 

 

 

 
 


 

 

 


 

Abb. 2: Das Dreieck der Liebe (NT)

 

 

Das ist sicher für den einen oder anderen erstaunlich, dass hier als drittes Element ausgerechnet die Gebote Gottes auftauchen. Aber wir werden sehen, dass genau dieses Element untrennbarer Bestandteil der Liebe eines Christen ist. Jedenfalls nach den Aussagen des Apostels Johannes. Die drei Elemente dieses Dreiecks der Liebe sind derart ineinander verwoben, dass man nicht das eine vom anderen abtrennen kann. Nimmt man eins der dreien weg, bricht alles zusammen. Es gibt im NT sehr viele Bibelstellen, die Aussagen zu diesen Themen machen. Ich kann hier nur eine kleine Auswahl der vielen Bibelstellen präsentieren. Aber diese Auswahl zeigt sehr schön, wie alles miteinander verbunden ist und auch zusammengehört. Beginnen wir mit der Liebe zu Gott. Hierzu zwei Bibelstellen:

 

Und dieses Gebot haben wir von ihm, daß wer Gott liebt, auch seinen Bruder lieben soll. (1.Joh.4,21)

 

Wenn jemand mich liebt, so wird er mein Wort halten. (Joh.14,23)

 

Allein aus diesen beiden Stellen sehen wir schon, wie die Gottesliebe Bezug nimmt zur Bruderliebe und zum Halten der Gebote. Es hängt alles untrennbar zusammen.

 

Gehen wir weiter zur Bruderliebe. Hier ist ein Vers, in dem sogar alle drei Elemente enthalten sind:

 

Hieran erkennen wir, daß wir die Kinder Gottes lieben, wenn wir Gott lieben und seine Gebote befolgen. (1.Joh.5,2)

 

Gehen wir zum dritten Element des Dreiecks der Liebe, den Geboten. Hierzu finden wir u.a. folgende Stellen:

 

Wer aber sein Wort hält, in dem ist wahrhaftig die Liebe Gottes vollendet. (1.Joh.2,5)

 

Und dies ist die Liebe, daß wir nach seinen Geboten wandeln. (2.Joh.6)

 

Wer meine Gebote hat und sie hält, der ist es, der mich liebt. (Joh. 14,21)

 

Das Halten der Gebote ist ein Kennzeichen der Liebe, ja, man kann sogar sagen: Das Halten der Gebote ist Liebe. (Hätten wir das gedacht?) Ich glaube, wir stellen uns unter Liebe alles mögliche vor, nur das nicht. Aber das ist eine Definition von Liebe, die uns Gott selber gegeben hat. Ob jemand Gott wirklich liebt, sieht man, wie er zu der Schrift steht. Wer Christus liebt, hält seine Gebote. In der Christlichen Szene redet alles von Liebe. Aber der Gehorsam dem Wort gegenüber wird oft verschwiegen.

 

 

 

 

 

 

 

 

5. Probleme mit der Bibel – wie lösen wir sie?

Das Wort Gottes, die Bibel, macht uns angesichts der gesellschaftlichen Entfernung von Gott in ihren Aussagen und Geboten zunehmend Probleme. Gottes Wort scheint in unserer heutigen Zeit auch für uns Christen mehr und mehr inakzeptabel zu werden. Wer sich als Christ in eine immer gottloser werdende Gesellschaft einbringt, wird immer öfter Schwierigkeiten und Probleme mit der Bibel haben. Wie lösen wir diese Probleme? Das ist eine wichtige Frage.

 

5.1. Schweigen

Eine Lösung ist die, dass wir einfach schweigen. Wir gehen Konflikten dadurch aus dem Weg, indem wir einfach nichts dazu sagen. Indem man schweigt, vermeidet man allerdings nicht nur den Konflikt, sondern zugleich auch die Konfrontation mit dem Wort Gottes. Das aber kann keine Lösung sein. Schweigen kommt einer Preisgabe des Wortes Gottes gleich. Ich muß bekennen, dass ich oft Konflikten aus dem Weg gegangen bin und geschwiegen habe, wo ich hätte reden sollen.

 

5.2. Reduzieren

Eine andere Lösung ist die, dass wir das Wort Gottes auf bestimmte, angeblich wesentliche Bestandteile reduzieren. Man kann viel, man kann aber auch nur ein wenig von der Bibel wegnehmen. Je nachdem, was wir noch als Wort Gottes übriglassen, werden wir auch ein unterschiedliches Verständnis von dem haben, was gemeint ist, wenn Jesus davon spricht, sein Wort zu halten, seine Gebote zu befolgen. Es gibt Christen, die sagen: Jesus meint hier eigentlich nur das Gebot der Liebe. Eigentlich gibt es nur dieses eine Gebot. Deshalb ist alles andere, was wir in der Bibel lesen nicht so wichtig. Also: wir müssen nur das Gebot der Liebe erfüllen, alles andere können wir dagegen vernachlässigen. Wer so denkt, weiß möglicherweise überhaupt nicht, was es bedeutet, das Gebot der Liebe zu erfüllen, er weiß vielleicht noch nicht einmal, was Liebe wirklich ist. Darüber hinaus hat er wahrscheinlich übersehen, daß hier nicht von einem Gebot (Singular), sondern von Geboten (Plural) die Rede ist.

 

Auch ist hier nicht nur von Geboten, sondern im weiteren Sinn von den Worten Jesu bzw. den Worten Gottes die Rede. Deshalb kommen andere Christen auf die Idee und sagen „Mein Wort halten“ das meint: alle Worte Jesu halten. Den Worten, die Jesus selbst gesagt hat, wird also eine höhere Autorität gegeben als den übrigen Worten. Die Schlußfolgerung eines solchen Denken ist die, dass man nur noch die Worte Jesu als beachtenswerte Autorität ansieht, die Worte der Apostel dagegen nicht.

 

Wer allerdings nur die Worte Jesu ernst nehmen will, der gerät schnell in einen Zweifrontenkrieg: An der einen Front wird er von der historisch-kritischen Theologie mit dem Anspruch bedrängt, dass inzwischen nur noch 15% der Jesusworte als authentisch anzusehen seien, er wird sich also ein Jesuswort nach dem anderen wegnehmen lassen müssen, und zwar ohne dies ernsthaft verteidigen zu können.

 

An der anderen Front ist es Jesus selbst, der ihn daran hindert, sich ausschließlich auf seine Worte zu beschränken. Es gibt nämlich einen unauflösbaren Zusammenhang der Jesus-Worte mit den übrigen Worten der Bibel. Wir können sie nicht einfach aus der Bibel extrahieren.

Sie sind untrennbar mit der ganzen Bibel verbunden. Das gilt sowohl für das AT wie auch für das NT. Der Herr Jesus selbst hat auf diesen unauflösbaren Zusammenhang hingewiesen. Er hat einmal gesagt: „Wenn ihr den Schriften des Mose nicht glaubt, wie werdet ihr meinen Worten glauben?“ (Joh. 5,47). Mit anderen Worten: Das AT und die Worte Jesu bilden eine untrennbare Einheit. Das gleiche gilt natürlich auch für das NT. In bezug auf das NT hat Jesus einmal seinen Jüngern (das waren im Wesentlichen die späteren Autoren des NT) gesagt: „Wenn sie mein Wort gehalten haben, werden sie auch das eure halten.“ (Joh.15,20). Somit werden von Jesus Christus selbst die Worte der Apostel den Worten Jesu in Sachen Autorität, Wahrheit und Glaubwürdigkeit gleichgestellt.

 

Wenn es hier also heißt, sein Wort zu halten, seine Gebote zu befolgen, dann ist damit die ganze Bibel gemeint. AT und NT. Natürlich immer im Licht der im Laufe der Niederschrift fortgeschrittenen Offenbarung. Aber dennoch geht es hier um nichts Geringeres als um das ganze Wort Gottes. Wer die Autorität der Bibel nur auf die Worte Jesu reduziert, der wird entweder auch die Authentizität dieser Worte bezweifeln müssen oder aber er wird den Worten Jesu selbst entnehmen, dass die ganze Bibel das Wort Gottes ist. Einen Mittelweg gibt es da nicht.

 

 

5.3. Relativieren

Eine dritte, vor allem für Gläubige sehr verlockende Lösung ist die, dass man nicht so radikal die Bibel reduziert, sondern dass man anfängt, sie hier und da zu relativieren. Die Relativierung biblischer Aussagen scheint ein eleganter Ausweg aus vielen Konflikten der Christen mit unserer modernen Gesellschaft zu sein.

 

Wer nämlich der gesellschaftlichen Forderung nach uneingeschränkter Toleranz nach-kommen will, gleichzeitig aber in allem dem Wort Gottes folgen möchte, der kommt schnell in einen Spagat hinein, der ihn zu zerreißen droht. Er spürt: Beides zugleich geht nicht. Eins von beiden muß aufgegeben werden. Wer sich nicht von der Toleranz trennen kann, wird sich zumindest inhaltlich zunehmend vom Wort Gottes trennen müssen. Er wird früher oder später gezwungen sein, Wahrheiten des Wortes Gottes aufzugeben. Man muß aber nicht gleich anfangen, ganze Teile der Bibel für ungültig oder nicht authentisch zu erklären, man kann sich nämlich auch dem in der Christenheit zunehmenden Trend nach Relativierung biblischer Aussagen anschließen.

 

Wer aber einmal begonnen hat, der Relativierung biblischer Aussagen zuzustimmen, der bewegt sich bereits im Grenzbereich der Bibelkritik, die schon vor langer Zeit die alte Schlange mit den Worten: „Sollte Gott gesagt haben?“ ins Leben rief. Natürlich, man hält die großen biblischen Wahrheiten (z.B. über die Gottheit Jesu, die Erlösung etc.) fest, man hält auch immer noch an der Bibel als dem Wort Gottes fest, aber man beginnt, sich an ganz bestimmten biblischen Aussagen zu stören. Man findet sie nicht mehr ganz passend für unsere Zeit. So sucht man nach Relativierungserklärungen.

Man behauptet z.B. Paulus spräche etwas an, was zwar den Korinthern völlig gängig war, in unserer Zeit aber leider nicht mehr verständlich sei. Weil es uns nun offensichtlich nicht mehr verständlich erscheint, deshalb sei es nur für die damalige Zeit gültig gewesen. Verständnisprobleme werden schlicht und einfach dadurch beseitigt, dass man behauptet: für uns nicht mehr gültig. Oder man versucht zu erklären dass diese oder jene Anweisung kulturell bedingt sei und heute nicht mehr anwendbar. Andere Christen gehen gar noch weiter: Sie erklären: Die Bibel ist nicht Gottes Wort, aber sie enthält Gottes Wort.

Aber bitte: Wer legt fest, was verständlich ist und was nicht? Wer legt fest, was kulturell bedingt ist und was nicht? Wer legt fest, was Gottes Wort ist und was nicht?

Wenn ich begonnen habe, der Relativierung biblischer Aussagen zuzustimmen, dann bin ich in letzter Konsequenz selber derjenige, welcher bestimmt, was Gottes Wort ist und was nicht. Die Folge davon ist, dass ich auch als Christ ein abweichendes Verhalten gegen manche Aussage des NT nicht mehr als Verstoß gegen Gottes Wort ansehe. Daraus folgt natürlich, dass ich mich empöre, wenn ich darauf hingewiesen werde, denn einen derartigen Hinweis empfinde ich als unzutreffend und unberechtigt.

 

5.4. Gehorchen

Wir können es drehen und wenden wie wir wollen. Wir kommen nicht umhin, die Bibel in ihrer Gesamtheit als das anzusehen, was sie ist: Das Wort Gottes an uns Menschen. Dieses Wort erhebt den Anspruch, in allem beachtet, geehrt und befolgt zu werden. Dieses Wort kann vom biblischen Liebesverständnis nicht abgetrennt werden. Unsere Liebesbeziehungen zu Gott und Menschen sind nur dann wirklich tragfähig und echt, wenn sie auf der Grundlage des ganzen Wortes Gottes stehen. Wir Christen sind aufgebaut auf dieser Grundlage, nämlich auf der Grundlage der Apostel und Propheten, wobei Jesus Christus selbst der Eckstein dieser Grundlage ist.

Auch die unbedeutendste Anweisung des NT ist deshalb nicht irgendeine Nebensache, sondern ist grundlegend. Sie gehört zur Grundlage unseres Christseins dazu.

 

Wer Gott und den Herrn Jesus wirklich liebt, für den kann es nur eine einzige Lösung geben: Trennung von falscher Toleranz und Gehorsam gegenüber Gottes Wort. Wir haben  viele Möglichkeiten zum Umgang mit dem Wort Gottes: Wir können es verschweigen, wir können es reduzieren oder relativieren usw. Aber all diese Möglich-keiten decken sich nicht mit dem, was der Herr Jesus erwartet: Er möchte, dass wir seinem Wort ganz einfach gehorchen. Möge der Herr uns wieder neu die Augen öffnen, dass wir uns wieder neu in das Licht seines Heiligen Wortes stellen und uns von ihm durchleuchten lassen. Das wird uns verändern und zu wirklicher, echter Liebe befähigen.

 

Möge der Herr Jesus uns die Gnade schenken, dass wir die drei Elemente des Wesens der Liebe eines Christen kennen und mit in unser Leben hineinnehmen: „Der Christ liebt Gott, liebt den Bruder und hält die Gebote.“

 

Der Apostel Johannes fügt dem noch folgendes hinzu: „Denn dies ist die Liebe Gottes, dass wir seine Gebote halten, und seine Gebote sind nicht schwer.“ (1. Joh. 5,3)