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Neue Praktiken innerhalb der pfingstlich-
charismatischen Bewegungen*)
Eine Problemanzeige zu Entwicklungen innerhalb
der letzten 30 Jahre
Dr. Helge Stadelmann **)
In jüngster Zeit hat McConnell, selbst Absolvent der Oral Roberts Universität und Befürworter der charismatischen Bewegung, darauf hingewiesen, daß sich keine Bewegung so vielen lrrlehren geöffnet hat, wie gerade die Charismatische. In seinem Buch "Ein anderes Evangelium?" schreibt er:" Von ihren Anfängen bis in die Gegenwart hat die charismatische Bewegung eine fehlerhafte Offenbarungslehre vertreten ... Solange wir uns nicht ernsthaft dem Prinzip verpflichten, daß Lehre und Praxis einer hermeneutisch sauberen Auslegung des Wortes Gottes entstammen muss, wird unsere Bewegung für eine endlose Serie prophetischer Offenbarer und ihrer bizarren Lehren ein willfähriges Opfer sein. "" Die Bewegung hat immer neue Phänomene hervorgebracht. Diese stellen sich teils als eigentümliche Betonungen biblischer Sachverhalte dar, teils aber auch als neue, der Bibel nicht bekannte Praktiken. Es fällt auf, daß diese Praktiken (zusammen mit der pfingstlichen Betonung von Geistestaufe, Zungenrede, Prophetie und Heilung) oft gerade als das Besondere der Bewegung betont werden.
Angesichts des geforderten Schulterschlusses zwischen Deutscher Evangelischer Allianz und charismatischer Bewegung wird es gut sein, wenn diese Praktiken beachtet und geprüft werden. Charismatiker, die in der Evangelischen Allianz mitarbeiten wollen, sind zu fragen ob sie (a) sich von unbiblischen Praktiken distanzieren und (b) bereit sind, Sonderbetonungen aus dem Kontext der Allianz herauszuhalten.
Unbiblische Praktiken und Lehren
1. Stain in the Spirit (Ruhen im Geist). Menschen werden bei Versammlungen, sehr oft nach Berührung des "charismatisch" begabten Verkündigers, von einer Kraft erfaßt und zu Boden geworfen.
Problemanzeige: Paulus gibt als Kennzeichen eines falschen Geistes in 1.Kor 12,2 den Hinweis, daß man unwiderstehlich weggerissen wird zu den stummen Götzen. In den meisten Fällen sinken die Menschen rücklings zu Boden, was der Bibel fremd ist, bzw. nur im Zusammenhang mit Gericht erwähnt ist (Jes 28,13). Auch ist dies Rücklingsfallen bzw. Hinstürzen ein bekanntes Phänomen im Heidentum.
Dokumentation: Das Phänomen des"Slain in the Spirit"
(Ruhen im Geist) begleitet zwar streckenweise von Anfang an die pfingstlichen
Manifestationen, erfährt aber durch Kathryn Kuhlman weltweite Publizität
innerhalb der Christenheit. 2) Allmählich gewöhnt man sich daran, daß unter
Krafteinwirkung die Teilnehmer auf den Rücken fallen und bei solchen
Veranstaltungen eigens Auffänger anwesend sind. Auch dies war der Christenheit
in fast 2000jähriger Geschichte fremd. Im Hinduismus nennt man dieses Phänomen
Shakti Pat.3)
Im Mesmerismus ließen die Mesmeristen ihre Schüler rücklings fallen. Sie nannten
dies " Experimente der magnetischen Anziehungskraft".4)
2. Lachen im Geist. Ein oft unnatürliches bzw. übernatürliches Lachen wird als Lachen des Heiligen Geistes interpretiert.
Problemanzeige: Das Neue Testament kennt dies nicht als eine Wirkung des Heiligen Geistes. Tatsache ist, daß die Bibel das Lachen Gottes ausnahmslos nur in Verbindung mit Gericht erwähnt (Ps 2,4; 59,9; Spr 1,26).
Dokumentation. Unter dem bemerkenswerten Titel "Darüber kann
man lachen", schildert der Neuseeländer Murray Robertson seine Ausrüstung für
den Heilungsdienst bei einem Treffen mit John Wimber: Alle, die der Herr zum
Dienst der Heilung beruft, werden an ihrem Körper dies merken, dann kommen Sie
nach vorne, und wir werden für Sie beten. "... Da begann meine rechte Hand
plötzlich stark zu zittern, so als ob sie einen Preßluftbohrer festhalten würde.
... Darum ging ich nach vorne. Für alle, die nach vome gekommen waren, wurde
gebetet. ... In mir stieg ein Lachen auf, doch da der Augenblick dafür völlig
unpassend war, unterdrückte ich es. "Der Geist wird in Wellen kommen", sagte
Wimber, "jede neue Welle wird mehr Menschen mit hineinnehmen als die vorherige!"
In den ersten Reihen fingen einige Menschen an zu lachen... Diejenigen, die
gelacht hatten, wurden still - bis auf mich. Ich konnte einfach nicht aufhören.
Und schließlich konnte ich auch nicht mehr stehen! Ich fiel zuerst nach vorne,
dann nach hinten, und zum Schluß lag ich auf dem Boden, rollte hin und her und
hielt mir vor Lachen die Seite. Inzwischen war ich umringt von Zuschauern, ich
lieferte eine gute Unterhaltungsshow! ... Ich lachte etwa eine dreiviertel
Stunde lang. Als ich schließlich aufhörte, kam ein Kollege, ein sehr guter
Freund von mir, legte mir die Hand auf den Kopf und sagte: "Herr, gib ihm noch
mehr davon" - und ich mußte noch einmal eine dreiviertel Stunde lang lachen!
Dann flehte ich ihn an, nicht mehr für mich zu beten, meine Rippen schmerzten
schon von all dem Lachen!" 5) - Siehe auch idea spektrum 20/92 über den Kongreß
mit John Wimber in Hamburg unter der Überschrift "Das Lachen Gottes".
3. Tanzen im Geist. Ähnlich dem Lachen wird auch das Tanzen als eine
besondere Wirkung des Geistes interpretiert, das zum Lobpreis Gottes geschehen
soll.
Problemanzeige: Tanzen im Geist ist dem Neuen Testament unbekannt. Die wahrhaftigen Anbeter beten im Geist und der Wahrheit an. Tanzen und Körperbewußtsein sind starke Betonungen der New-Age-Bewegung bzw. im Heidentum bekannt zur Ehre der Götter.
Dokumentation: Sogar David Wilkerson hat darüber geklagt, daß, seitdem die Charismatiker den Tanz im Gottesdienst eingeführt haben, die sexuellen Sünden in diesen Kreisen schwunghaft zunahmen. Eine sehr gute Betrachtung dieser Thematik ist Brian Edwards, Shall wie Dance?", Evangelical Press 1984.
4. Wohlstandsevangelium. Nach dieser Überzeugung bewirkt der angeblich volle Glaube nicht nur Befreiung von der Schuld der Sünde, sondern auch Sieg über alle Krankheiten und Armut.
Problemanzeige: Es war dies die "Theologie" der Freunde Hiobs. Paulus wäre nach dieser Lehre weniger als Apostel sondern als Versager ein Beispiel (1 Kor 4,8-10; 2Kor 6,10). Der unbedingte Glaube an Gesundheit hat schon viele Menschen in Gewissensnöte geführt, wenn die Heilung ausblieb. Nicht selten sind Christen an ihrem Glauben buchstäblich gestorben. Die Bibel lehrt, daß wir auf die Erlösung des Leibes warten (Röm 8.23).
Dokumentation: Der Sieg Jesu wird nicht nur für Sünde und Krankheit in Anspruch genommen, sondern wirkt sich auch auf Wohlstand und Erfolg aus. Dieses Denken hat sich besonders in den letzten Jahren stark verbreitet.
Wesentlich zur Ausbreitung dieses Gedankenguts haben wieder
Kenneth Hagin und Kenneth Copeland beigetragen. Copeland als engster Mitarbeiter
Hagins behauptet sogar, daß der Mensch ein Gott ist, jedoch mit einem kleinen
"g" geschrieben. Auch Dr. Wolfhard Margies ist ein entschiedener Verfechter
dieses "Prosperity- Evangeliums" In seinem Buch "Das Kreuz der Gesegneten" geht
er in der Beurteilung des sichtbaren Segens und Wohlstands so weit, daß er die
verfolgten Christen in Rußland als Opfer ihrer eigenen nicht ausgelebten
Glaubensüberzeugung bezeichnet, weil sie diese Gesetze des Glaubens, die ja
Gesundheit und Erfolg garantieren, nicht angewendet haben. Sie"... haben durch
ihre unbiblischen, dem Willen Jesu zuwider laufenden Leidensprioritäten die
Obrigkeit indirekt in die jahrhundertelangen antigöttlichen Herrschaftsformen
getrieben. Mit ihrem verkehrten Verständnis haben sie dann schließlich das
geerntet, was sie gesät haben." 6) Sehr stark auf dieser Ebene des
Erfolgsdenkens ist auch Yonggi Cho. Da man neue oder größere Dimensionen erkannt
zu haben meint, tragen solche Bewegungen bzw, Kirchen sehr oft die Bezeichnung
"Volles Evangelium". Cho spricht von einer fünffältigen Auswirkung des
Evangeliums. Dazu gehört nicht nur die Befreiung von Krankheit, sondern auch die
Befreiung vom Fluch der Armut. Wohlstand und Erfolg sind gemäß dieser
Überzeugung der sichtbare Beweis für Gottes Wohlgefallen. "ich glaube, daß es
Gottes Wille ist, daß wir geistlich, leiblich und finanziell im Wohlstand leben.
"7) Siegfried Müller in Karlsruhe, der sehr stark von Yonggi Cho geprägt ist,
erklärte in einer Predigt vom 19.10.86, daß wir Gott verunehren, wenn wir ein
rostiges Auto fahren. In derselben Botschaft bezeichnet er sich als "König von
Karlsruhe".8)
Vertreter: Oral Roberts, T.L. Osborn, Robert Schuller; Yonggi Cho, Kenneth
Hagin, Kenneth Copeland, Wolfhard Margies, Siegfried Müller, John Angelina,
Terry D. Jones, Volkhard Spitzer.
5. Visualisierung. Besonders durch Yonggi Cho verbreitet. Durch eine aktive Vorstellung und lebendige Phantasie produziert man die Ergebnisse. Das innerlich visualisierte bzw. lebhaft vorgestellte Bild wird im Glauben für die Wirklichkeit genommen. So muß ein kranker Mensch sich einfach vorstellen, wie er gesund ist und dies nur fest genug glauben, um zu genesen.
Problemanzeige: Es erinnert an Techniken der Autosuggestion und Selbsthypnose, wo man versucht, sich das gewünschte Resultat einzureden. Selbstsuggestion wird mit Glaube verwechselt. Die Methode der Visualisierung ist eine magische Technik, in der der Mensch sein eigenes Universum erdenkt bzw. erschafft oder "erglaubt" und somit selber zu Gott wird.
Dokumentation: Durch Agnes Sandford und Camp Farthest Out
kommen diese Vorstellungen bereits Ende der 40er Jahre auf, erzielen aber erst
durch Pastor Yonggi Cho großen Einfluß und globale Verbreitung.9) Diese Methoden
der Visualisierung sind sehr stark im Heidentum verbreitet, besonders bei den
Schamanen und im Hexentum. 9)
Vertreter: Agnes Sandford, Morton Kelsey, Dennis und Rfta Bennett, John und
Paula Sandford, Yonggi Cho, Wolfhard Margies.
6. JDS (Jesus died spiritually). Nach dieser Lehre starb Jesus nicht nur physisch, sondern auch geistlich. Er sei in der Hölle angeblich vom Teufel drei Tage und Nächte lang gequält worden und habe so unsere Erlösung bewirkt.
Problemanzeige: Diese Lehre schmälert das vollbrachte Werk Christi und stitisiert den Teufel ungewollt zum Miterlöser. Außerdem war diese Lehre der Christenheit jahrtausendelang unbekannt.
Dokumentation: In den 80er Jahren wird die Faith Movement der Positive Confession Movement zur größten charismatischen Streitfrage, besonders wegen dieser Sonderlehre JDS.11)
Vertreter: Kenneth Hagin, Kenneth Copeland, Paul E. Billheimer, Wolfhard Margies.
7. Shephard-Discipleship-Bewegung. In den 70er Jahren formiert sich durch den übergroßen Einfluß von Bob Mumford, Derek Prince, Charies Simpson, Don Basham und Ern Baxter, die auch als die "Fort Lauderdale's" Five bezeichnet werden, die sogenannte Shepharding-Discipleship-Bewegung. Jeder Gläubige ist einer Person über ihm, gewöhnlichen Hirte genannt, besonders verantwortlich.
Problemanzeige: Dies führte zu solch einer Hörigkeit und Abhängigkeit von dem jeweiligen "Hirten", daß der Manipulation und Knechtschaft durch andere "geistliche" Menschen Tür und Tor geöffnet wurde (1 Kor 7,23).
Dokumentation: Die Hörigkeit und Abhängigkeit des jeweiligen Gläubigen von seinem "Hirten" ging so weit, daß Charismatiker selbst von Gehirnwäsche und Behexung sprachen (Pat Robertson). Es ergab sich daraus in den Jahren 1975 und 1976 die größte Kontroverse innerhalb der charismatischen Bewegung.12) Derek Prince hat sich später öffentlich von dieser Lehre distanziert und über seine Gesetzlichkeit Buße getan (Vortrag im August 1991, Ost-West-Konferenz, Karlsruhe).
8. Königreichs-Theologie (Dominion Theology). Eine neue Generation von Gläubigen, die mit übernatürlichen Kräften ausgestattet ist, wird allen Widerstand gegen das Evangelium überwinden und schließlich alte Nationen unterwerfen. Auf den Schultern dieser Elite wird die Herrschaft ruhen und wenn sie sich alle Regierungen untertan gemacht haben, wird Christus wiederkommen und sie werden ihm das Königreich übergeben.
Problemanzeige: Diese triumphalistische Vorstellung widerspricht der biblischen Eschatologie. Die Bibel spricht am Ende der Tage vom großen Abfall und schildert die Kräfte der Zeichen und Wunder im Kontext der Verführung.
Dokumentation: Durch den Einfluß von Paul Caine vertritt John Wimber in jüngster Zeit die Lehre von der "Armee Joels". Es sei dies ein neues Geschlecht von Gläubigen, das mit übernatürlichen Kräften und besonderen Charismen ausgerüstet sei. Diese "Überwinder" würden alle Opposition gegen das Evangelium beseitigen und schließlich alle Nationen unter ihre Herrschaft bringen. Diese Lehre ist Teil der genannten Königreichs-Theologie.13) Bemerkenswert ist nur, daß diese Armee, auf die sich Wimber bei Joel beruft, wie Clifford Hill zurecht anmerkt, keine Armee des Herrn, sondern eine Armee der Zerstörung ist.14)
9. Gabentransfer. Durch Charismatiker wie John Wimber verbreitet sich die Überzeugung, es sei möglich, Gaben an andere weitergeben und erlernen zu können. So werden beispielweise Kongresse abgehalten, auf denen die Gläubigen die Gabe der Heilung erlernen.
Problemanzeige: Dieses Machbarkeitsdenken widerspricht der Souveränität Gottes, der bekanntlich die Gaben austeilt, wie er will (l. Kor 12,7). Bei göttlicher Heilung handelt es sich um ein freies Eingreifen Gottes. Wenn es erlernbar wäre, führte dies in die Machbarkeit und letztlich Magie, wo der Mensch über Gott verfügen kann. Dokumentation: Ein Beispiel ist der John- Wimber-Kongress in Frankfurt 1987. McClure fordert dort alle Teilnehmer, die die Gabe der Evangelisation empfangen wollen, auf, die Hand zu heben: "Empfangt die Gabe der Evangelisation!" Es folgt ein Sprachengebet, dessen Auslegung versichert, daß Gottes Geist jetzt diese Gabe schenkt. Dann geht es um Handzeichen für die Gabe der Weissagung. Bei der Frage nach der Gabe der Heilung melden sich mehr als die Hälfte der Anwesenden. McClure: "Ich sage Dir an Christi Statt: Heile die Kranken, treibe die Dämonen aus, predige das Evangelium. Empfangt diese Gabe von Christus!" (Applaus des Publikums).l5)
Eigentümliche Sichten und Betonungen
10. Charismatische Spiritualität und Ökumene. David du Plessis, genannt Mr. Pentecost, berichtet: "im Jahre 1951 sprach der Herr zu mir und sagte mit deutlich, zu den Leitern des Weltkirchenrats zu gehen und ihnen Zeugnis zu geben .. - denn in der Pfingstbewegung und im modernistischen Weltkirchenrat finden wir die gewaltigsten Kundgebungen des Geistes."
Problemanzeige: Der Geist Gottes ist ein Geist der Wahrheit.
Von daher ergeben sich Anfragen an das häufig vertretene Motto: "Lehre trennt -
Charisma eint!"
Dokumentation: Nicht nur David du Plessis 16), auch der Vater der
charismatischen Bewegung, Dennis Bennett, erlebt nach seiner Geistestaufe
ähnliche ökumenische Impulse: . "Wieder erlebten wir, wie der Heilige Geist die
Mauern der Konfessionen abbrach und die Christen zur Einigkeit der Herzen führte
... Auf einer Reise nach Berkeley. Kalifornien, im Jahre 1970, empfingen auf
einer überkonfessionellen Versammlung allein fünf römisch-katholische Priester
die Taufe im Heiligen Geist. Es schien, als werde das Gebet des verstorbenen
Papstes Johannes aufs lebhafteste erhört, nämlich, daß die römisch-katholischen
Christen ein neues Pfingsten erleben möchten"!17)
11. Innere Heilung ist eine Form der Seelsorge, in der man versucht, die
schädlichen Erinnerungen der Vergangenheit zu korrigieren, indem man sie in der
Gegenwart durch Visualisierung oder andere Techniken neu durchlebt, wobei man
Jesus öfters als einen "inneren Ratgeber" oder "inneren Führer" verwendet.
Problemanzeige: Es ist eine Methode, die größtenteils auf den Theorien von Freud und Jung und oft auf den Praktiken des religiösen Mystizismus basiert.
Dokumentation: Zu dem Thema Innere Heilung schrieben John
Ankerberg und John Weldon: "Innere Heilung ist eine Form der Seelsorge, wo man
versucht, die schädlichen Erinnerungen der Vergangenheit zu korrigieren, indem
man sie in der Gegenwart durch Visualisierung oder andere Techniken neu
durchlebt, wobei man Jesus öfters als einen "inneren Ratgeber" oder "inneren
Führer" verwendet. Diese religiös-mystische Adaption tiefenpsychologischer
Ansätze ist in die Gemeinden eingedrungen durch Jungsche Therapeuten, durch
Laien wie Agnes Sandford, den Episkopalen Priester Morion Keisey, ... Dennis und
Rita Bennett, Paul Yonggi Cho,
Pater Francis MacNutt und Ruth Carter Stapleton. ... Das Problem der Inneren Heilung besteht darin, daß sie auf der unbewiesenen Annahme eines unbewußten Geistes (mind) beruht, der in besonderer Weise funktioniert, da er in einer angeblich natürlichen Verbindung mit Gott stehen, oder ein Teil von Gott sein soll. Dieser unbewußte Geist ist das Mittel, Jesus zu begegnen und geheiligt zu werden. Abgesehen davon, daß man Christen für die okkulten Theorien von Jung öffnet, kann Innere Heilung fÜr das Okkulte selbst via innerer Führer, die in Wirklichkeit Dämonen sind, öffnen."18) In dem Buch "Innere Heilung" schreibt Betty Tapscott: "Innere Heilung ist Psychotherapie plus Gott."19)
Vertreter: Agnes Sandford, Dennis und Rita Bennett, John und Paula Sandford. Betty Tapscott, Ruth Stapleton Carter.
12. Geistliche Kampfführung. Diese Lehre befaßt sich in besonderer Weise mit der Wirklichkeit territorialer Geister. Um eine Erweckung zu ermöglichen, müsse man über spezielle Eingebungen die Namen der dämonischen Hierarchie des jeweiligen Ortes, der erweckt werden soll, erfahren. Diese Mächte könnten dann von besonders begnadeten Kämpfern gestellt und vertrieben werden, worauf die Erweckung einsetzt.
Problemanzeige: Für diese Art geistlicher Kampfführung gibt es keinen Hinweis im Neuen Testament. Es führt zu einer ungesunden Beschäftigung mit dämonischen Mächten, die teils sogar an spiritistische Praktiken erinnert.
Dokumentation: Einflußreichster Vertreter und Verbreiter dieser Lehre ist Peter Wagner. So berichtet er beispielsweise von dem argentinischen Pastor Omar Cabrera, der "Erfahrungen im Umgang mit örtlich begrenzt wirksamen Dämonen hat", die er auch in körperlicher Form zu sehen bekommt, deren Namen er erkundet, um ihre Macht über ein Territorium zu brechen. Gemeinsam mit anderen "hervorstechenden christlichen Leitern in Argentinien" fordern sie "Satan direkt heraus und verfluchen ihn."20) - Peter Wagners letztes Buch trägt bezeichnenderweise den Titel "Territoriale Mächte".21)
Auch die nun propagierten Jesus-Märsche sind als Strategie im Rahmen dieser "Geistlichen Kampfführung- zu sehen. Durch solche Märsche werden die Gegenwart bzw. der Sieg Jesu in den jeweiligen Ort buchstäblich hineingetragen. Als kirchengeschichtlicher Beleg für solche "Kampfführung" werden in der Zeitschrift "Gemeinde-Erneuerung" u.a. die katholischen Bittprozessionen angeführt: "Seit dem 4. Jahrhundert kennt die Kirche den Zug von Christen durch Land und Stadt unter Gebet und Gesang; seit dem 13. Jahrhundert auch mit der Darbietung der Hostie - die Prozession in ihrer vielfältigen, geschichtlich gewachsenen Ausprägung. In ihrer eigentlichen Form ist die (katholische) Prozession "ein feierlicher Bittgang" ... Daß die Kirche die Prozession sehr wohl auch als Mittel im geistlichen Kampf eingesetzt hat, zeigen die sog. Lustrationsprozessionen, bei denen man im allgemeinen durch Räume (Häuser oder Gebiete) zieht, die exorziert, also von Dämonen befreit - oder geheiligt - also Gottes Herrschaft übereignet - werden sollen. Sollte Gott derzeit wieder Schätze der Kirche heben, die im Zusammenhang mit dem Gebet um Einheit, Erweckung, Evangelisation und Wiedereroberung von Stadt und Land für Jesus wichtig werden? Es sieht ganz so aus!"22)
Vertreter: Peter Wagner, Wolfhard Margies, John Wimber, Graham Kendrick. Vertreter der Jesus-Märsche: Reinhard Bonnke, Peter Wenz u.a.
13. Befreiungsdienste. Eine weitere Stufe dieser ungesunden Dämonologie ist eine übertriebene Exorzismusbetonung. Gläubige sind angeblich von allen Arten von Dämonen besessen. Oft werden schon kleinere Gesundheitsprobleme, seelische Nöte oder Heiligungsprobleme auf Besessenheit zurückgeführt und sollen dann durch Exorzismus, gewöhnlich mit Handauflegung und begleitet von Zungenreden, behoben werden.
Problemanzeige: Eine solche dämonenzentrierte Seelsorge führt weg von dem theo- und christozentrischen Akzent des Neuen Testaments. In dieser Power-Encounter-Seelsorge wird das Okkulte überbetont und gewinnt ungebührliche Beachtung. Die Gefahr, auf diesem Wege Schaden bei Notleidenden anzurichten, ist erheblich.
Dokumentation: Zur Gefahr einer dämonenzugewandten Seelsorge, die man allerdings auch von Nichtcharismatikern kennt, vgl. H. Stadelmann, "Das Okkulte,', 2. Aufl., Brunnen Verlag, 1984.
14. Segnungsdienste. Eine starke Betonung erfährt in der charismatischen Bewegung das gegenseitige Segnen durch körpediche Berührung, besonders durch Handauflegung. Solche Segnungen können gegenseitig zu jeder Art von Anlässen erteilt werden. Teils werden besondere Segnungsgottesdienste eingerichtet, teils charismatische Zusammenkünfte durch gegenseitige Handauflegung abgeschlossen.
Problemanzeige: Es liegt die Auffassung einer freien Verfügbarkeit über Segen und Segnung zugrunde. Es fragt sich, ob dies der Bedeutung des Segens in der Bibel sowie der biblischen Mahnung, niemandem die Hände schnell aufzulegen (1 Tim 5,22), gerecht wird.
Dokumentation: Ein Beispiel, daß solchen Segnungen besondere Bedeutung zugemessen wird: Anläßlich eines Segnungsdienstes in Schloß Craheim hat der jetzige 1. Vorsitzende der Geistlichen Gemeinde-Erneuerung in der Ev. Kirche, Pfr. Friedrich Aschoff , einen besonderen "Segen" erfahren. "Es war Mitte der 70er Jahre in Craheim auf einer Leitertagung ... Die persönliche Segnung durch einen katholischen Priester und das Segenswort, das ich damals empfing, hat meinen Dienst nachhaltig verändert.23)
15. Funktionalisierung des Lobpreises. Zu Recht haben Charismatiker auf die Gefahr der Vernachlässigung der Anbetung Gottes hingewiesen. Inzwischen zeigt sich aber die Gefahr, daß sie gewissermaßen auf der anderen Seite vom Pferd herunterfallen: Organisierter Lobpreis soll die Gegenwart des Geistes hervorrufen und z.B. zu Gemeindewachstum oder Krankenheilungen führen.
Problemanzeige: Es besteht die Gefahr, den Heiligen Geist zu instrumentalisieren. Auch wird oft genug eine seelisch und durch Musik emotional aufgeheizte Atmosphäre als Wirkung des Heiligen Geistes angesehen. Psychisches wird mit Pneumatischem verwechselt. Gerade die Anbetung, die Gott allein zum Ziel haben soll, wird aber mißbraucht, wenn sie - vielleicht nur als Nebenprodukt verharmlost - letztlich doch als Endziel wieder menschlichen Zwecken dienen soll.
Dokumentation: Vgl. den Bericht von John Wimber in IMPULS 3183, S. 8-10, wie er zu Heilungserfahrungen in seiner Gemeinde kam. Zunächst predigte er 20 Wochen lang über Heilung, aber nichts geschah. (Seine Reaktion: "ich warf mich auf den Fußboden und weinte und schrie und betete, bis ich nicht mehr konnte. Hatte ich nicht alles getan ? Hände aufgelegt, geglaubt, gefleht. Ich war ärgerlich über Gott ... Aber ich ließ nicht locker. Ich wollte den christlichen Glauben besitzen, der stark ist, funktioniert und Resultate bringt. Wenn ich ihn nicht erlangte, dann wollte ich kein Pastor mehr sein." ebd., S. 8). Dann entdeckte er den Wert der Anbetung und des Lobpreises und erfuhr infolgedessen ab Mai 1979, daß nun die Kraft Gottes zu wirken begann und Heilungen geschahen: "All das ist aus dem gemeinsamen Lobpreis zur Ehre Gottes geboren" (S. 10). - Heute werden Anbetungsseminare angeboten, um schwungvolle Gottesdienste zu ermöglichen, die Gemeindewachstum versprechen; vgl. R. Logan/J. Rast, "Die Gemeindegründungs-Checkliste", Johannes Institut, 1990, S. 24.
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*) Zuerst erschienen in Idea-Dokumentation 1/93
**) Dr. Helge Stadelmann ist Dozent für praktische Theologie und Biblische Hermeneutik, sowie Dekan der Freien Theologischen Akademie Gießen und Pastor im Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden.
1) D.R. McConell, Ein anderes Evangelium?, Velag C.M. Fliß, 1990, S 236-237.
2)Jamie Buckingham, Kathrin Kuhirnann, Verlag Johannes Fix,
7060 Schorndorf, 1979. Nähere Ausführungen zum "Ruhen im Geist" bietet A. Seibel,
Die sanfte Verführung der Gemeinde, Verlag
der Evangelischen Gesellschaft, 1991, S. 26-29.
3) Rabindranath R. Maharaj und Dave Hunt, Der Tod eines Guru,
Schwengeler-Verlag 1978, S. 278-279.
4) Karl Guido Rey, Gotteserlebnisse im Schnellverfahren, Kösel,
München 1988, S. 88 5) Mutray Robertson. Darüber kann man lachen, John Wimber/Kevin
Springer, Die Dritte Welle des Heiligen Geistes, Projektion J 1988, S.
175-176.
6) Wolfhard Margies, Das Kreuz der Gesegneten. Aufbruch, Berlin
1990.
7) Paul Yonggi Cho, Nicht nur Zahlen, Verlag Information und Kommunikation, Bad
Homburg 1986, S. 35
8) Wolfgang Bühne, Spiel mit dem Feuer, CLV, Sieleteld 1991, S. 158.
9) Visuatisation S.C.P. Journal, Vot. 9:3, 1990, S. 16ff.
10) Dave Hunt, Die Verführung der Christenheit, CLV Bielefeld 1, 988.
11) D. R. McConnell, Ein anderes Evangelium, Verlag C.M. Fliß 1990.
12) Stanley M. Burgess and Gary B. McGee, Dictionary of the
Pentecostal and Charismatic Movements, Regency Reference Library,
1988, S. 784.
13) Stephan Holthaus, "Königreich Theologie: New Age in der Gemeinde Jesu",
Licht und Leben 12/87, S. 286-287.
14) Clifford Hill, "Which Army?", Prophecy today, volume 7, Nr. 1, Jan/Febr.
1991. S. 11.
15) Siehe den Bericht von S. Gmßmann in: DIE GEMEINDE 50187, S. 10
16) David J. du Piessis, The Spirit Made Me Go, Published by David du Plessis, Oakiand 2,
California, S. 13 and 28.
17) Dennis J. Bennett, In der Dritten Stunde. Leuchter-Veriag, Erzhausen, 1972, S. 203.
18) John Ankerberg & John Weldon, "The Facts on False
Teaching in the Church" Harvest House Publisher 1988, S. 11-12
19) Betty Tapscott, Innere Heilung, Leuchter Verlag 1979, S. 26.
20) zitiert bei Wolfgang Bühne, "Spiel mit dem Feuer", a.a.0. S. 248.
21) C. Peter Wagner, Territorinie Mächte.
Verlag Gottfried Bernard, 1991.
22) Immanuel Malich, "Für Jesus auf die Straße". Gemeinde Erneuerung, Zeitschrift der Geistlichen Gemeinde-Erneuerung in der Ev. Kirche, Nr. 41, 3191, S. 7-8
23) Friedrich Aschoff, Persöniche Erfahrungen in Geistlicher Ökumene. Emeuerung in Kirche und Gemeinde 111, 1988, S. 10
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Neue Praktiken innerhalb der
pfingstliche-charismatischen
Bewegung
Dr. Helge Stadelmann
Eine Problemanzeige zu Entwicklungen innerer letzten 30 Jahre
Nachdruck aus "Bibel und Gemeinde'
3/1993
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Heuweidlistr. 12
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