Home       Bibelkreis.ch

Zurück zu Evangelium

Seite 1

Seite 2

Seite 4

Seite 5

Seite 46

Der Adler und die Otter

Auf einer Wanderung in den Bergen stand ich still, um die prächtige

Aussicht zu bewundern. Da konnte ich gerade beobachten, wie sich ein Adler

von einem Felsvorsprung weghob und in die Höhe schwang. Mit majestätischem

Flügelschlag schraubte er sich höher und höher hinauf. Aber was war das?

Plötzlich sah ich den prächtigen Vogel schwanken. Er schlug noch ein

paarmal wie verzweifelt mit seinen Flügeln und stürzte dann pfeilschnell

hinunter. Auf einer Felsplatte blieb er liegen. Diese war nicht so weit

von mir entfernt, und weil ich neugierig war, was wohl die Ursache für den

Absturz des Riesenvogels sein konnte, versuchte ich die Stelle, wo er lag,

zu erreichen. Dies gelang mir auch, und als ich in die Nähe kam, stellte

ich sogleich fest, dass der Adler tot war.

Ich trat an ihn heran und ergriff einen von den mächtigen Flügeln, um

ihn etwas aufzuheben. Wie erschrak ich, als eine kleine Otter darunter

hervorschoss und blitzschnell in einer Felsspalte verschwand. Verblüfft

stand ich da. Aber nun fand ich auch des Rätsels Lösung. Die giftige

Schlange hatte sich an dem Vogel festgebissen und ihm in seinem Flug einen

tödlichen Biss beigebracht.

 

 

Der Mensch wurde schon mit dem Adler verglichen, der sich über die

Seite 47

Berggipfel hinaufschwingt, der Sonne entgegen. Höher, immer höher hinauf.

 

Aber es gibt auch eine Otter, die ihm mit ihrem Gift den tödlichen

Biss beibringt.

Die Otter ist ein Bild des Teufels, das Gift ist die Sünde.

Wir sind alle gebissen worden. Wir haben alle das Sündengift in uns.

Darum werden wir - gerade wie der Adler - hinunterstürzen.

In der Bibel wird uns von Menschen erzählt, die von Schlangen gebissen

worden sind. Das waren tödliche Bisse, Heilung war ausgeschlossen. Jeder

hätte sterben müssen.

Aber Gott gab ein Heilmittel. Kein Kraut und keine Medizin, um dem

Gift entgegenzuwirken oder das Blut der Patienten zu reinigen. Das wäre

die logische Methode gewesen.

Nein, Gott gab Befehl, eine Schlange von Erz zu machen und sie an

einer langen Stange zu befestigen, hoch genug, um von allen gesehen werden

zu können. Bei jedem, der auf diese Schlange schaute, hörte das Gift auf

zu wirken, und jeder, der das tat, wurde geheilt.

Der Herr Jesus nimmt auf diese Begebenheit Bezug, um zu illustrieren, was

mit Ihm geschehen und was Er vollbringen würde:

 

"Wie Mose in der Wüste die Schlange erhöhte, so

muss der Sohn des Menschen erhöht werden,

damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verlorengehe,

sondern ewiges Leben habe"

(Johannes 3, Verse 14.15).

 

Seite 48

Damit wies Er auf sich selbst hin, und auf das Kreuz, an welchem Er

hangen sollte. Das ist das Heilmittel, das Gott gegen das Sündengift in

uns gegeben hat. Darum kann der Dichter sagen:

 

 

Ein Blick zu dem Kreuze, im Glauben getan,

bringt Leben und ewiges Glück;

komm, richte zur Stunde dein Auge dorthin

und wende dich ja nicht zurück!

 

Jedes andere Mittel, um den tödlichen Absturz zu verhindern, ist nutzlos.

Das Mittel, das Gott Ihnen gibt, heisst: im Glauben auf Jesus Christus und

sein Kreuz schauen.

"Wir aber predigen Christus als gekreuzigt, den Juden ein Ärgernis,

und den Nationen eine Torheit; den Berufenen selbst aber ... Gottes Kraft"

(1. Korintherbrief 1, Verse 23.24).

 

Seite 49

 

Die Sünde in uns

Yehiel Dinur, ein Überlebender eines Konzentrationslagers, trat beim

Prozess gegen Eichmann in Tel Aviv als Zeuge auf. Ein Ausschnitt aus dem

Film dieses Prozesses von 1961 zeigt Dinur, wie er in den Gerichtssaal

tritt und plötzlich stehenbleibt, als er Eichmann zum erstenmal

wiedersieht, seit die Nazis ihn 18 Jahre zuvor nach Auschwitz gebracht

hatten. Dinur beginnt fassungslos zu schluchzen und fällt dann bewusstlos

zu Boden. Was war es, das Dinur so übermannte? Hass? Angst? Abscheuliche

Erinnerungen? Nein! Wie er später erklärte, wurde es ihm plötzlich

bewusst, dass Eichmann jetzt nicht der allgewaltige Offizier war, der so

viele in den Tod geschickt hatte. Dieser Eichmann war ja ein gewöhnlicher

Mensch. "Ich hatte Angst vor mir selbst", sagte Dinur. "Ich sah, dass auch

ich fähig wäre, so etwas zu tun. Ich bin ... genau so wie er."

Eine schreckliche Entdeckung! "Eichmann" ist in jedem von uns. So ist in

Wahrheit die menschliche Natur. Die Sünde ist in jedem von uns - nicht

nur die Möglichkeit, zu sündigen, sondern die Sünde selbst.

Charles Colson war Berater des einstigen Präsidenten der Vereinigten

Staaten von Amerika, Richard Nixon. Er war am berüchtigten

Watergate-Skandal von 1973 beteiligt.

 

Seite 50

Colson erzählt: "In den turbulenten

Tagen von Watergate sass ich eines abends allein in meinem Wagen. Da sah

ich plötzlich, deutlich und schmerzhaft, meine eigenen Sünden vor mir

stehen - nicht nur schmutzige Politik, sondern den Hass und Trotz und das

Böse tief in mir verwurzelt. Zum erstenmal in meinem Leben. Ich fühlte

mich unrein. Und das Schlimmste von allem: Ich konnte nicht entrinnen. In

diesen Augenblicken plötzlicher Helle wurde ich unwiderstehlich in die

Arme des lebendigen Gottes getrieben. Als ich meine eigene Sünde sah,

schrie ich zu Gott und flehte um Vergebung aufgrund des Blutes von Jesus

Christus. Und so fand ich Frieden mit Gott. In den Jahren nach diesem

Abend bin ich mir meiner eigenen sündigen Natur noch mehr bewusst

geworden. Aber ich weiss auch ganz sicher, dass, wenn etwas Gutes in mir

ist, es allein daher kommt, dass ich den Herrn Jesus als meinen

persönlichen Heiland kennen darf."

Nur das Evangelium von Jesus Christus kann Herzen verändern.

 

Seite 51

 

Wie schwer ist Sünde?

 

Ein Hippie fragte einen Pfarrer: "Sie sagen, dass unbekehrte Menschen das

Gewicht ihrer Sünden tragen. Ich fühle nichts. Wie schwer ist denn die

Sünde? Wiegt sie zehn oder vierzig Kilo?"

Der Pfarrer antwortete, indem er den jungen Mann fragte: "Wenn du

zweihundert Kilo auf eine Leiche legst, wird sie dann etwas fühlen?"

"Sie wird gar nichts fühlen, weil sie ja tot ist."

 

"Nun", sagte der Pfarrer, "die Seele, die das Gewicht der Sünde nicht

fühlt und unter ihrer Last gleichgültig ist und sich nichts daraus macht,

ist auch tot."

Der junge Mann schwieg betroffen!

 

Seite 52

 

"Ich kann Gott nicht mehr lieben"

 

Im Buch von Sir Herbert Road: "The Philosophy of Modern Art" wird erzählt,

wie der berühmte Maler Paul Gauguin plötzlich seine Frau und seine vier

Kinder verliess, um sich nach Tahiti zu begeben. Zwanzig Jahre lang

kümmerte er sich nicht um das Wohl und Wehe seiner Familie. In Tahiti

erreichte ihn die Nachricht vom Tod seiner Tochter Aline. Darauf schrieb

er an seine Frau: "Ich habe meine Tochter verloren - ich kann Gott nicht

mehr lieben." Nach Empfang dieses Briefes sagte seine Frau: "Sein

schrecklicher Egoismus macht mich wütend, jedesmal, wenn ich daran denke!"

"Ich kann Gott nicht mehr lieben!" Gauguin ist nicht der einzige, der

diese Worte auf die Lippen nahm. Tausende sagen das gleiche, verbittert,

völlig zerschlagen durch das Böse, das sie in ihrem Leben erfahren müssen.

Warum, warum? Zahllose Fragezeichen bilden eine Mauer, in der sie sich bis

zum Ersticken eingeschlossen fühlen.

 

Wenn Gott so ist ...

"Ich kann Gott nicht mehr lieben." Dieser Ausspruch von Gauguin ist

eigentlich nicht einmal so sehr verwunderlich. Wen konnte er denn

eigentlich lieben? Seine eigene Frau und seine Kinder, die doch auf der

Erde zuallererst Anspruch auf seine Zuneigung hatten,

Seite 53

scheinbar auch nicht. "Ich kann Gott nicht mehr lieben" - nein, aber Gauguin bereitet es

keine grosse Mühe, sich selbst zu lieben.

Gerade um das geht es. Denn was erwarten wir eigentlich von Gott? Wer

Ihn einem Kellner gleichstellt, dem man nur mit den Fingern zu knipsen

braucht, um sogleich nach den eigenen Wünschen bedient zu werden - der

wird enttäuscht. Doch oft überlegen wir ähnlich. Wenn in unserem Leben

Schwierigkeiten sind, muss Gott sie umgehend auflösen. Und wenn Er es

nicht tut - nun, dann haben wir auch keine Botschaft mehr an Ihn. Dann

können wir Ihn nicht mehr lieben. Punkt, Schluss. Eigentlich sehr

egoistisch, wenn wir so denken. Es läuft tatsächlich darauf hinaus, dass

wir keine Mühe haben, uns selbst zu lieben - ich, ich, ich und nochmals

ich, aber wenn Gott nicht alles tut, was wir wollen, so können wir Ihn

nicht mehr lieben, sagen wir.

Aber nun kommt das Wunder, das unglaublich grosse Wunder, dass Gott uns

trotzdem liebt! Solche kleinen, selbstsüchtigen, krankhaft egoistischen

Menschen, die an nichts anderes denken können, als an sich selbst und an

ihre eigenen Belange - zu solchen Menschen geht die Liebe des allmächtigen

Gottes aus. Können Sie das begreifen? Ich nicht. Aber die Bibel sagt es,

und Millionen haben dies als Wirklichkeit erfahren.

"Hierin ist die Liebe:

nicht dass wir Gott geliebt haben, sondern dass Er uns geliebt und seinen

Sohn gesandt hat als eine Sühnung für unsere Sünden" (1. Johannes 4, Vers10).

 

Seite 54

Das ist, was die Bibel Gnade, unverdiente Liebe nennt. Aber um diese

Liebe zu erfahren, muss sich bei uns selbst etwas ändern. Solange wir uns

im kleinen Kreis unseres eigenen Ichs drehen, werden wir nie die Liebe

Gottes erfahren. Das wird nur geschehen, wenn wir uns wirklich zu Gott

bekehren.

Bekehrung ist eine totale, unbedingte Umkehr. Bekehrung bedeutet,

dass wir vom "hohen Ross", auf dem wir so gern sitzen, herabsteigen und

uns vor Gott tief beugen, im Bewusstsein der zahllosen Sünden, womit wir

Ihn gekränkt haben, (und von allen diesen Sünden sind unser Hochmut und

unsere Selbstsucht vielleicht die schlimmsten). Erst wenn der Mensch als

Sünder vor Gott niederkniet, im Bewusstsein, dass er anstatt Gottes Liebe

Gottes Gericht verdient hat, erst dann ist er so weit, dass Gott ihm Gnade

erweisen kann.

Wenn Sie dies tun, werden auch Sie erfahren, dass Er Sie liebt.

 

Seite 55

Soll und Haben

 

Auf alle wartet die Abrechnung.

Rechnen wir alle damit?

 

Seite 56

In unserer Zeit

In unserer Zeit folgt ein Fest dem andern. Eine Party hier, eine

Abendveranstaltung dort. Die Reklame fördert das alles prächtig und wirbt

für herrliche Leckerbissen, knuspriges Gebäck und erfrischende Getränke:

Man ist praktisch immer beschäftigt.

Bei einem geselligen Beisammensein ist es oft nicht einfach, ein

vernünftiges Gespräch in Gang zu bringen, weil bald einmal gespöttelt oder

zur Ironie gegriffen wird. Ein beliebter Gegenstand ist dabei der Glaube,

die Kirche oder das Kirchenpublikum. In grosser Gesellschaft bemühen sich

zahllose Kabarettisten, ihr Bestes herzugeben, um den Glauben und alles,

was damit zusammenhängt, ins Lächerliche zu ziehen; von den vielen

Theaterstücken und Filmen ganz zu schweigen. Man vergreift sich dabei an

den heiligsten Dingen, und Gott wird als einer verlacht, mit dem man gut

Spott treiben kann. Ja, so weit sind wir.

Vor langer Zeit, so berichtet der Prophet Daniel im 5. Kapitel seines

Buches, wurde in Babel ein solches Fest gefeiert. Als jede Art von

Lustbarkeit ausgekostet war, wurden die meisten geheiligten Gefässe, die

der König Nebukadnezar seinerzeit aus dem Tempel von Jerusalem weggenommen

hatte, herbeigeschafft,

Seite 57

um Wein daraus zu trinken. Als das Gelage seinen

Höhepunkt erreichte - da griff Gott ein, indem Er sein "Mene, mene, tekel

upharsin" an die Wand schrieb. Allen war klar, dass sie es da mit einem

Höheren zu tun hatten.

Der Augenblick, da Gott in unserer Zeit eingreifen wird, mag wohl viel

näher liegen als Sie denken. Gott lässt sich nicht spotten!

Nun, beim Lesen dieses Artikels lachen Sie vielleicht auch über "dieses

fromme Getue". Sie mögen denken, das sei alles Unsinn und entbehre der

Wirklichkeit. Jetzt können Sie noch so denken - aber bald nicht mehr. Bald

wird Gott handeln und Sie werden sprachlos sein und erschrecken, gerade

wie der König Belsazar im Bericht aus Daniel 5.

Möchten Sie doch zur Einsicht kommen: "Ja, eigentlich feiern wir

Feste und spotten und meinen, alles tun zu dürfen; eigentlich rechnen wir

nicht mit Gott, aber ..." Wenn Sie zu diesen Menschen gehören, möchten wir

Ihnen gern sagen, dass es noch nicht zu spät ist. Sie können noch zu Gott

umkehren, indem Sie Ihre Sünden vor Ihm bekennen. Sie können und dürfen an

den Herrn Jesus Christus glauben, der auch Sie vor dem Gericht Gottes

retten will. Wenn Sie dies tun, brauchen Sie vor dem Eingreifen Gottes

nicht zu erschrecken.

Nun dürfen Sie "Fest feiern", weil Sie Frieden mit Gott haben, weil

Ihre Sünden vergeben sind. Nun dürfen Sie Ruhe und Freude geniessen. Und

bald wird bei Gott im Himmel ein ewiges Fest sein.

Dieses Glück und diese Freude wünschen wir Ihnen.

Seite 58

Gute Papiere

Jahrelang war er auf einem grossen Landgut Wildhüter gewesen. Treu hatte

er die Aufsicht über das Jagdgebiet und die Fischgründe seines Meisters

ausgeübt. Kein Wilderer durfte es wagen, auf dem verbotenen Gebiet zu

jagen und zu fischen.

Er hatte so lang bei Nacht und jedem Wetter im Dienst gestanden, dass

er schliesslich, durch heftigen Rheumatismus geplagt, seine Arbeit

aufgeben musste. Oft klagte er über Schmerzen, fügte aber immer hinzu,

dass er es ja eigentlich gut habe, denn der Baron hatte ihm eine schöne

Pension gegeben, so dass er in seinen alten Tagen nicht zu sorgen

brauchte.

Nach dem Tod seiner Frau konnte er bei seiner verheirateten Tochter

wohnen, und sie sorgte gut für ihn. Er hatte sein eigenes Zimmer und auch

viel Freude am munteren Spielen seiner Enkel.

Schon hatte er die Achtzig überschritten; das Leben war gut und er

konnte es noch geniessen.

Ein alter Freund kam dann und wann zu einem Plauderstündchen. Das

Gespräch drehte sich oft um die Vergangenheit - ein beliebter Gegenstand

für ältere Menschen. Aber der Freund sprach auch von der Zukunft und wies

den ehemaligen Wildhüter darauf hin, dass auch er

Seite 59

seine Tage zählen und an die Ewigkeit denken sollte.

Der Freund hörte den Erzählungen des Wildhüters still zu, und wenn

der Alte zu Ende war, sagte er oft: "Ja, du bist der beste und eifrigste

Kerl gewesen, aber was hast du in der Zukunft davon? Was du im Dienst für

deinen Herrn getan hast, das wird dir jetzt in deiner Pension ausbezahlt.

Das geht bis zu deinem Ende, wird aber nach dem Tod nicht fortgesetzt. Was

hast du dann von deinem Ansehen als Wildhüter?"

Der Alte gab sich nicht so schnell geschlagen und sagte: "Mann, du

musst einmal meine Zeugnisse lesen! Ich bin kein Wilderer gewesen, den

Gott verdammen muss. Natürlich auch kein Heiliger, aber doch ...

ich will dir meine Papiere zeigen."

Er rief seiner Tochter, und die trug sogleich eine Mappe voller

Dokumente herbei: Beweise von Fleiss, gutem Betragen, von Treue und

Ehrlichkeit.

Der Freund las sie Stück um Stück langsam vor. Der Alte wartete

geduldig, bis er sie alle gesehen hatte. Schweigend wurden die Papiere

zurückgegeben.

"Nun, was sagst du dazu? Sie lassen sich sehen, findest du nicht

auch?"

"Was ich dazu sage? Nun, ich finde, dass du diese Papiere eigentlich

mitnehmen solltest, wenn du stirbst. Vielleicht könntest du sie dann Gott

vorweisen. Wer weiss, vielleicht würde Er dich mit solchen Papieren in den

Himmel einlassen. Dann hättest du doch auch in der Zukunft etwas davon."

Der Alte schaute seinen Freund erstaunt an und sagte: "So meine ich

es natürlich nicht mit diesen Zeugnissen."

"Was meinst du denn?"

 

Seite 60

Eine Weile war es still. Endlich kam die zögernde Antwort: "Nun ja,

ein bisschen Gnade werde ich auch noch nötig haben."

Schweigend versorgte er seine "guten Papiere" wieder in die Mappe. Da

waren sie wieder an ihrem Ort.

Der Freund sagte: "Ich behaupte nicht, dass du ein Pharisäer bist.

Doch will ich dir vorlesen, was ein Mann sagte, der mit sich selbst sehr

zufrieden war. Als er in den Tempel ging, um zu beten, rühmte er sich vor

Gott, dass er besser sei, als andere Menschen; er sei kein Räuber, kein

Ungerechter, kein Ehebrecher, usw. Im Gegenteil, er sei aussergewöhnlich

religiös. Die Beweise dafür könne er vorzeigen: Zweimal in der Woche faste

er und zehn Prozent seines Einkommens gebe er weg.

Weisst du, dieser Mann war zutiefst davon überzeugt, dass Gott ihn

auf Grund seines guten Lebens akzeptieren müsse.

Zur gleichen Zeit war da noch jemand im Tempel. Der war auch

gekommen, um zu beten. Aber dieser Mann konnte nicht stolz umherschauen.

Er schlug seine Augen schuldbewusst nieder und sagte nur: 'O Gott, sei

mir, dem Sünder, gnädig!' Ein ganz kurzes Gebet. Kein Wort zuviel, kein

Wort zuwenig. Der Mann mit dem kurzen Gebet war ein Zollbeamter. In der

Tat, er war moralisch nicht der Beste. Wahrscheinlich hatte er vieles auf

dem Kerbholz. Er versuchte das auch nicht zu verbergen, sondern brachte es

ehrlich an den Tag.

Der Herr Jesus hat von diesem gesagt, dass er nach seinem kurzen

Gebet gerechtfertigt nach Hause gegangen sei. Gott hatte ihn gehört und

erhört. Den Pharisäer nicht."

 

Seite 61

Der Wildhüter hatte der Erzählung still zugehört. Nicht um sogleich, wie

sonst, einen Kommentar abzugeben. Das ganze Gespräch hatte ihn

nachdenklich gemacht. Von seinen Zeugnissen hat er nie mehr gesprochen.

Sie sind in der Mappe geblieben. Die Bereitschaft, um über die Ewigkeit zu

reden, kam später auch.

 

Seite 62

 

Auf der Waagschale

Im Korridor kam mir die Krankenschwester entgegen. "Dort geht es schnell

zu Ende!" flüsterte sie und wies auf die Tür eines Zimmers, worin eine

Frau lag, die als Ärztin ihr ganzes Leben für andere eingesetzt hatte. Als

ich bei ihr am Bett sass, sagte sie: "Es fällt mir so schwer, hier hilflos

darniederzuliegen."

"Haben Sie viele Schmerzen?" fragte ich.

"Ja, aber das ist nicht das Schlimmste. Nach all der Unruhe in meinem

Leben habe ich nun so viel Zeit, um über mein Leben nachzudenken. Und dann

merkt man, wieviel Verkehrtes man getan und wieviel man zu tun versäumt

hat.

Und dann werde ich mit leeren Händen vor Gott stehen. Sehen Sie, das

ist wie mit einer Waage. Auf der einen Schale liegt das, was Gott von mir

erwartet hat, als Er mir das Leben gab. Auf der andern Schale aber liegt,

was ich gewesen bin. Und auf dieser Schale liegt - nichts!"

Immer wieder versuchte sie die Tränen, die ihr über die Wangen

liefen, wegzuwischen.

Da warf ich einen Blick auf meine eigene Waagschale und stellte fest,

dass es mit dieser genau gleich stand. So also sass ich am Krankenbett.

Zwei erschrockene Menschen waren wir.

Auf dem Nachttischchen lag ein Neues Testament.

Seite 63

Ich nahm und öffnete

es. In Römer 4, Vers 5 fand ich das Wort: "

Dem aber, der nicht wirkt,

sondern an den glaubt, der den Gottlosen rechtfertigt, wird sein Glaube

zur Gerechtigkeit gerechnet."

 

Da wurde es licht.

Lassen wir doch auf unserer leeren Waagschale das Werk des Herrn

Jesus Christus liegen! Das ist genug. Einige Male las ich ihr dieses Wort

vor. Und dann haben wir unsere Hände gefaltet und dem Sohn Gottes, dem

Mann von Golgatha, gedankt, dass Er Sünder rettet, und dass wir an Ihn

glauben dürfen.

 

Seite 64

Gott hat die Lösung

Die Lösung heisst

JESUS CHRISTUS

ist die Lösung

 

 

Wo ist Gott?

 

So fragen die Menschen in ihrer Ratlosigkeit, in anklagendem Ton.

Sollte sich Gott nicht prompt zu unserer Verfügung halten, wenn wir

Ihn nötig haben?

Wenn Er das nicht tut, was haben wir dann eigentlich von Ihm?

Wenn Er nicht in der Lage ist, all den Schandtaten auf der Erde, die

doch offensichtlich gegen seinen Willen sind, ein Ende zu machen, dann

existiert Er nicht. Was haben wir von einem Gott, der uns nicht zu Hilfe

kommt?

Wo ist Er denn eigentlich?

Hat Ihn denn niemand gesehen?

Siehst du, Er besteht einfach nicht.

Lasst uns doch unsere Sachen selber in die Hände nehmen, in unsere

zitternden, machtlosen Hände! Lasst uns nur auf uns selbst vertrauen!

Das ist zwar nicht viel, um darauf zu vertrauen; aber es ist immer

noch besser, sich wenigstens auf etwas zu stützen, wie wenig es auch sei,

als auf etwas, das nicht besteht.

Das ist einmal mannhafte Sprache!

Ihnen aus dem Herzen gesprochen?

Was muss ich darauf antworten?

 

Seite 66

Dies: Ein solches Gerede zeugt von einer ganz falschen Einstellung.

Was wäre das für ein Gott, der sich von seinen Geschöpfen

herumkommandieren liesse!

Gott wäre nicht wirklich Gott, wenn Er uns erlaubte, so gegen Ihn

aufzutreten.

Wer sich in dieser Weise auslässt, verwechselt Gott mit der

Feuerwehr, mit der Polizei oder dem Notfallarzt. Diese Ämter oder Personen

können wir in der Tat zu Hilfe rufen, wenn wir in Not sind.

Wieso können wir das?

Weil dies Ämter oder Organisationen sind, die wir zu diesem Zweck

eingerichtet haben.

Aber Gott haben wir nicht gemacht. Er ist nicht das Produkt unserer

Hände oder unserer Intelligenz.

Dann wäre Er ja den Abgöttern gleich aus Holz oder Stein.

Nein, Er ist es, der uns geschaffen hat, nach seinem Bild.

Gott ist Gott.

Wir können Ihm kein Ultimatum stellen.

Wir haben nicht das Recht, Ihn zur Verantwortung zu ziehen, noch

weniger als ein Arbeitnehmer von seinem Patron Rechenschaft fordern kann.

Es ist doch umgekehrt: der Arbeitgeber kann den Angestellten zur

Aussprache herbeizitieren.

So ruft auch Gott uns zur Verantwortung.

Das ist sein gutes Recht, weil Er Gott ist und wir nur seine

Geschöpfe sind.

Aber wenn Gott uns einst zur Verantwortung ziehen wird, dann hat Er

zuerst etwas anderes getan. Er hat eine

 

Seite 67

Tat vollbracht, eine Tat, die in

der Geschichte der Menschheit ohnegleichen ist.

Gott hat sich der Menschheit angenommen. Er hat seinen Sohn, Jesus

Christus gesandt, mitten unter uns Menschen.

Als Jesus Christus auf der Erde war, hat Er kundgetan, was Gott kann

und was Er tun will.

Er hat Kranke geheilt, Blinden das Sehvermögen zurückgegeben, Tote

auferweckt, Gebundene befreit. Tausende haben dies an sich erfahren.

Aber die grosse Masse hat gesagt: Wir wollen Ihn nicht. Man hat Ihn

verworfen, hat Ihn zum Tod verurteilt, gekreuzigt.

Dadurch hat der Mensch bewiesen, dass er ein Feind Gottes ist.

So ist die Lage, auch heute noch.

Viele denken noch genau so über Jesus Christus wie die Menschen in

der Zeit, als Er auf der Erde war. Gott wäre nicht Gott, wenn Er das alles

ohne weiteres zuliesse.

Jeder, der den Sohn verwirft, verachtet Gott. Aber jeder, der den

Herrn Jesus annimmt, als für ihn gekommen, für ihn gestorben, den wird

Gott als sein Kind annehmen.

Wer das einsehen lernt, wird anders denken, anders reden von Gott.

 

Die Liebe, Gnade und Barmherzigkeit Gottes gelten den Menschen, die

infolge ihrer Missetaten, ihrer bösen Gedanken und Worte und der

Übertretung seiner Gebote bei Ihm in Schuld stehen. Wer erkennt, dass auch

er vor Gott schuldig ist, sein Leben vor Ihm aufdeckt,

 

Seite 68

sich zu Ihm bekehrt und glaubt, dass Jesus Christus für ihn gestorben ist, empfängt Vergebung

seiner Sünden und ein glückliches Leben.

Nicht Gott muss sich verändern, sondern wir selbst, in unserem Denken

über Ihn und seinen Sohn, den Herrn Jesus Christus.

Seite 69

Die Gnade und ihr Ursprung

Gnade hat die Bedeutung, dass jemand völlig freiwillig, von Herzen und

ganz uneigennützig, einem anderen eine Gunst erweist.

Der einzige Beweggrund liegt also beim Geber selbst, der einen andern

teilhaben lassen will an dem, was er besitzt.

Menschen können einander Gnade erweisen, aber nicht gegenüber

Feinden. Wir bringen es nicht fertig, ihnen von Herzen etwas zu geben, um

sie glücklich zu machen.

Das kann nur Gott tun.

Er wird "der Gott aller Gnade" genannt (1. Petrus 5, Vers 10). Sein

Herz ist voll Gnade, um uns an seinem Reichtum Anteil zu geben.

Darum schuf Er Himmel und Erde, um sie uns zu geben: den Menschen,

die Er als gut erschaffen hat. Aber der Mensch wählte den Teufel zu seinem

Ratgeber, um glücklich zu sein. Und dieser beschuldigte Gott, dass Er ein

Lügner sei und keine Gnade kenne. Das Ergebnis dieser Wahl sehen wir im

Leidensweg der Menschheit.

Aber als der Mensch die Güte Gottes verachtete, war dann seine Gnade

erschöpft?

Wir sind kraftlos geworden und können seine Gebote nicht halten. Wir

sind Gottlose geworden, weil wir die Sünde vorziehen und tun. Wir sind

Feinde geworden,

 

Seite 70

weil wir seine Wahrheit und Gnade nicht wollten und nicht

ertragen konnten. Wurde Gottes Gnade dadurch beschränkt und aufgehalten?

Nein!

Die Gnade Gottes ist nicht abhängig von denen, welchen Er Gnade

erweisen will. Sie ist so gross wie das Herz Gottes selbst.

Von unserer Seite war die Kluft zwischen Gott und uns unüberbrückbar.

Aber Gottes Gnade gab freiwillig seinen eingeborenen Sohn. Dieser hat uns

aufgesucht und unter uns gewohnt - voller Gnade und Wahrheit. Wir alle

haben gesündigt und können von uns aus nicht zu diesem heiligen Gott

kommen. Aber wir "werden umsonst gerechtfertigt durch seine Gnade, durch

die Erlösung, die in Christus Jesus ist", wenn wir an Ihn und an sein

Erlösungswerk glauben (Römerbrief 3, Verse 23.24).

Eine solche Gnade wird von dem Gott aller Gnade auch Ihnen angeboten.

E-Mail Stand 16.10.97