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Aus:  Ermunterung und Ermahnung
Christliche Schriftenverbreitung,  Postfach 100153, D -42490 Hückeswagen  11/06


... und es wird ihm vergeben werden"

 Wie konnte der Israelit aufatmen, wenn erein Sündopfer dargebracht hatte und das Blut an den Fuß des Altars gegossen worden war! Denn nun durfte er wissen:  Es ist mir vergeben worden. Gott hatte es versprochen, und auf Ihn, "der nicht lügen kann", konnte er sich verlassen. In 3. Mose 4 lesen wir die Anordnungen Gottes darüber.

 

Ob die ganze Gemeinde Israel gesündigt hatte oder ein Fürst oder jemand vom übrigen Volk, jedes Mal musste der Priester das Blut des Opfertieres an den Fuß des

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Brandopferaltars gießen und das Fett auf dem Altar räuchern, dann hieß es: "Und so tue der Priester Sühnung für ihn, und es wird ihm vergeben werden."

 Zuerst Sühnung, dann Vergebung

Das, Fett bedeutet das Beste vom Opfertier. Es wurde voll- ständig für Gott auf dem Altar geräuchert. Das erinnert uns an die Kostbarkeit der Person und des Wesens Christi, die gerade da, wo Er als Sündopfer in Erscheinung tritt, unentbehrlich ist. "Hochheilig ist es" (3. Mo 6,18). Etwas weniger Kostbares hätte Gottes heilige Ansprüche im Blick auf die Sünde nicht erfüllen können.

 "Das Blut ist es, das Sühnung tut" (3. Mo 17,11). Der Sünder hat vor Gott sein Leben verwirkt. Deshalb kann nur das vergossene Blut als Zeugnis für den eingetretenen Tod Sühnung tun, d. h. den Anspruch Gottes auf das Leben erfüllen. Dann erst kann Gott vergeben. So ist also die Vergebung die Antwort Gottes an den Sünder, der die geschehene Sühnung durch das Blut für sich in Anspruch nimmt - damals unter dem Gesetz wie jetzt, "da der Glaube gekommen ist". (GaI3,25).

 Das Hingehenlassen der vorher geschehenen Sünden

 Wenn wir in Hebräer 10,4 lesen: "Unmöglich kann Brut von Stieren und Böcken Sünden wegnehmen", mag die Frage aufkommen, wie das denn hiermit in Einklang steht. Da hilft uns ein Blick auf den Römerbrief weiter, wo vom "Hingehenlassen der vorher geschehenen

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Sünden unter der Nachsicht Gottes die Rede ist (Kap, 3,25.26),Dort geht es um Christus, den Gott dargestellt hat als Sühnmittel zur Erweisung Seiner Gerechtigkeit

- und zwar zul1feinen zur Erweisung Seiner Gerechtigkeit "wegen des Hingehenlassens der vorher geschehenen Sünden unter Seiner Nachsicht" und zum andern zur Erweisung Seiner Gerechtigkeit "in der jetzigen Zeit, dass er gerecht. sei und den rechtfertige, der des Glaubens an Jesus ist!'. Hier, im Opfer Christi, verbindet sich das Handeln- Gottes im Alten Testament mit dem in der jetzigen  "Zeit".

 Dieses Hingehenlassen unter der Nachsicht Gottes  zeigt, dass die alttestamentliche Vergebung aus Gottes Sicht eine zeitliche Bedeutung hatte. Für den Sünder war es wirklich Vergebung - Gott hatte es doch gesagt -, aber für Gott war es nötig, dass noch Seine Gerechtigkeit in dieser Sache erwiesen würde. Das geschah erst am Kreuz von Golgatha durch das einzig wahre Sühnemittel: Christus. Sonst müssten wir uns heute fragen, wie Gott denn überhaupt ohne das Werk von Golgatha Vergebung üben kann. Aber diese Frage kann jetzt nicht mehr aufkommen. Jene Vergebung geschah gleichsam im Vorgriff auf das Sühnungswerk Jesu. So deutlich sah Gott dieses Opfer vor sich und so kostbar war es für Sein Herz, dass Er einen solchen "Kredit" - wir sagen es mit Ehrfurcht - dem Opfernden in .Israel einräumen konnte.,

 Übrigens gab es solche Vergebung nur in Israel, denn nur dort kannte man das Sündopfer, und "ohne Blut-

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 vergießung gibt es keine Vergebung" (Heb 9,22). Doch "in der jetzigen Zeit", seit Golgatha, ist das anders.. Gott "gebietet jetzt den Menschen, dass sie alle überall Buße tun sollen". Andernfalls wird am kommenden Gerichtstag dieser "Mann", der jetzt ihr Retter sein will, ihr Richter sein (.Apg 17,30.31).  

Und zudem galt die Vergebung in Israel nur für diese eine! Sünde, für die das Opfer dargebracht worden war. Von einer "Rechtfertigung" der Stellung nach wie im Römerbrief oder einer "Vollkommenheit auf immerdar" wie im Hebräerbrief oder einer "Erlösung" wie im Epheserbrief (1,7) kann im Alten Testament keine Rede sein. Diese herrlichen Ergebnisse waren nur möglich durch das ein für allemal geschehene Opfer des Leibes Jesu Christi (lieb 10,1.0)..

 "Durch den Glauben an sein Blut"

 Gott hat Christus dargestellt als Sühnmittel "durch den Glauben an sein Blut" (Röm 3;25). Wie schon erwähnt, ist es das! Blut, das Sühnung tut. Deshalb ist der Glaube an das Blut Christi der einzige Weg, auf dem ein Mensch die geschehene Sühnung für sich in Anspruch nehmen kann, um dann Vergebung zu empfangen. Es fällt dabei auf, dass in unserer Schriftstelle der Glaube an das Blut Christi am Anfang des Gedankens erwähnt wird, also bevor der Unterschied gemacht wird zwischen den "vor- her geschehenen Sünden" und der "jetzigen Zeit". Wir möchten vielleicht meinen, dass der Glaube an das Blut Jesu nur in die "jetzige Zeit" gehört.

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Liegt hier etwa ein verborgener Hinweis darauf, dass auch der Opfernde zur Zeit des Alten Testaments Glauben Nötig hatte? Woher wusste er, dass er nach Vergießung des Blutes Vergebung empfangen hatte? Das fühlte er doch nicht, und es kam auch kein Zeichen vom Himmel. Das musste er glauben, weil Gott es im Gesetz gesagt hatte. Die Vergebung war ihm sicher, denn sie war Gottes Sache; aber er hätte es nicht gewusst und hätte darum nicht erleichtert aufatmen können, wenn er nicht Gott geglaubt hätte.

 Und wie viel mehr empfangen wir  in der jetzigen Zeit" durch den Glauben an Sein Blut Die Gerechtigkeit Gottes wird jetzt dadurch sichtbar, dass Er gerecht ist, indem Er den rechtfertigt, der des Glaubens an Jesus ist, d. h. auf dem Grundsatz dieses Glaubens vor Gott steht. Ja, Gott wäre nicht gerecht, wenn Er einen solchen abweisen würde! Dann würde Er ja die Sünde ein zweites Mal richten, da für den Glaubenden doch am Kreuz längst Sühnung geschehen ist.  

Aber Rechtfertigung ist noch mehr als Vergebung. Sie bedeutet, dass der Gläubige in Gottes Augen dasteht, als hätte er nie gesündigt. Weniger wäre der Größe Gottes als Geber und der Größe des Werkes von Golgatha nicht an- gemessen gewesen. Gott will in Seinem Vaterhaus keine Menschen um sich haben, denen noch ein Hauch der Erinnerung an eine unrühmliche Vergangenheit anhaftet, "Ihrer Sünden und ihrer Gesetzlosigkeiten werde ich nie mehr gedenken" - wie weitreichend ist doch diese Zusicherung Gottes! (Heb 10,17).

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 Eine solche Rechtfertigung war der "jetzigen Zeit'" vorbehalten; vor dem Kreuz von Golgatha war sie nicht denkbar. Sehr treffend sagt daher Paulus: "Und von allem, wovon ihr durch das Gesetz Moses nicht gerechtfertigt werden konntet, wird durch diesen (Christus) jeder Glaubende gerechtfertigt" (Apg 13,38.39).

 Sünden wegnehmen

 Kommen wir nochmals kurz zurück auf Hebräer 10: Der bereits zitierte vierte Vers nimmt Bezug auf den jährlichen großen Versöhnungstag in Israel, denn zuvor heißt es: "Doch in jenen Opfern ist alljährlich ein Erinnern an die Sünden" (\I: 3; vgl. V. 1). Weiter unten (ab V. 11) steht mehr der allgemeine Opferdienst im Vordergrund, denn dort heißt es: "Jeder Priester steht täglich da, verrichtet den Dienst und bringt oft dieselben Schlachtopfer dar, die niemals Sünden wegnehmen können." Beides bezieht sich auf die ständige Wiederholung der Opfer, die unter dem Alten Bund nötig war. Sie "erinnerte" daran, dass das Problem der Sünde noch nicht endgültig aus der Welt geschafft war. Das zu tun blieb Christus vorbehalten. Er hat sich ein für allemal zum Opfer hingegeben - das ist das große Thema des Hebräerbriefes (vgl. Kap 7,27; 9,12; 10,10).

Wir lesen solche Stellen gern, vor allem, wenn es darum geht, die Größe des Herrn Jesus und Seines Werkes von Golgatha anbetend zu rühmen. Und aus dieser Sicht verblassen tatsächlich alle Vorbilder des Alten Testaments und werden zu Schatten". Doch nie sollte der Gedanke

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an das „Erinnern an die Sünde" uns zu der Vorstellung verleiten, die Vergebung, die ein Israelit aufgrund eines Sündopfers empfing, sei etwas Geringes oder gar Man­gelhaftes gewesen. Für Gott waren diese Opfer etwas Großes, denn Er sah darin Christus und blickte gleich­sam voraus nach Golgatha, wo Seine Zusage „und es wird ihm vergeben werden" ihre Rechtfertigung finden würde - „zur Erweisung Seiner Gerechtigkeit".

E. E. H.