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Frage 1163

 

Zu Eurem „Lieblingsthema“ auf Deiner HP, dem Calvinismus möchte ich folgendes sagen:

 

Es liegt mir fern über ein Thema so lange zu diskutieren bis das „Blut fliesst“. Wenn ich mit einem Bruder (oder Schwester) über etwas diskutiere und wir entgegengesetzte Positionen vertreten, dann sollten wir zueinander sage können: Komm lass uns „brüderlich streiten“.

 

Meine Betonung liegt auf „brüderlich“. Wenn es nämlich in solchen Diskussionen auf das hinausläuft, dass man dem Gegenüber aufgrund anderer Meinung seine Orthodoxie oder gar sein Heil absprechen will, dann ist es wieder einmal Zeit Römer 7 zu lesen.

 

An dieser Stelle, möchte ich auch Dir lieber Hans Peter sagen, sei doch etwas vorsichtiger in der Beurteilung der Reformatoren. Es scheint mir aus der heutigen Sicht mit unserer historischen Distanz sehr einfach, das Gericht über Luther, Calvin und Co. zu sprechen. Seien wir uns eins bewusst, auch Du und ich sind Kinder unserer Zeit! Man hört das nicht gerne und meint wenn man sich möglichst eng an das Wort Gottes hält sind wir frei von Irrwegen und Irrtümern. Aber bereits hier höre ich Jakobus rufen (Jak. 3,2a). Es könnte nämlich durchaus sein, das zu späteren Zeiten einmal unsere jetzige Ära, in kirchengeschichtlicher Sicht, z.B. als Zeitalter der „Weicheier“ und „Warmduscher" betrachtet wird.

 

Nun geht es hier nicht darum Luther über seine Äusserungen über die Juden zurechtfertigen oder auch sein Umgang mit Zwingli am Marburgerdisput über das Abendmahl. Luther hat einiges Geboten, was sich nicht einfach so entschuldigen lässt, aber gibt es uns das Recht diesen Mann ganz zu verwerfen oder ihm gar das Heil abzusprechen? Weder Du noch ich können in die Herzen der Menschen sehen, darum seien wir doch etwas zurückhaltender im Umgang mit Bewertungen in denen es ums Ganze geht, nämlich das Heil in Christus.

 

Luther stand im Jahre 1521 vor dem Kaiser und den Reichsständen und sollte seine Schriften widerrufen. Er tat es bekanntlich nicht und sagte: „Das Gewissen ist in Gottes Wort gefangen und ich kann und will nicht irgend etwas widerrufen ...“

Ich glaube kaum, dass wir uns vorstellen können, was es damals bedeutete, wenn man sich gegen die katholische Kirche auflehnte. Luther musste damit rechnen sein Leben zu verlieren. Das sind nicht einfach romantische Glaubenslegenden, sondern das war knallharte Realität. Ich bin überzeugt, dass diese Ereignisse von einem grossen Gottvertrauen zeugen an dem wir uns auch eine Scheibe abschneiden dürfen!

 

Man kann mit Gewissheit über alle Grössen der Kirchengeschichte sagen: Grosse Männer, grosse Begabungen, grosse Fehler!  (Freies Zitat nach Adolph Zahn).

 

In Calvin sehe ich einer der grössten Theologen welche die Christenheit hervorbrachte. Ich verweise auf seine - leider nur noch antiquarisch erhältlichen (www.zvab.com) - Kommentare und Bibelauslegungen. Natürlich sind auch in seinem Leben dunkle Flecken sichtbar und die müssen nicht schöngeredet werden, es sei an Servet erinnert der bekanntlich in Genf verbrannt wurde. Ein Todesurteil für einen so genannten Ketzer ist für uns etwas schreckliches, damals war es Usanz. Calvin wollte den Tod dieses Mannes, seine Begründung lag im Zusammenhang mit der Verführung die von ihm ausging. Calvins Ansicht nach war auch ein Seelenmörder des Todes schuldig. Mit solchen Gedanken tun wir uns natürlich schwer, zumal wir heute eher ein Gemisch aus Pazifismus und Christentum bezüglich solcher Fragen haben. Damit stell ich mich nicht hinter Calvin, möchte aber darauf hinweisen, dass Servet auch anderswo verbrannt worden wäre, ganz gleich in welcher Stadt. Übrigens setzte sich Calvin für eine mildere Form des Vollzugs ein, die Regierung aber gab nicht nach.

 

Zum Calvinismus:

Wenn sich Calvin unter anderem in seiner Prädestinationslehre auch auf Augustin beruft, heisst das noch lange nicht, dass sie falsch ist, den er leitet sie klar von der Bibel ab und nicht von Augustin. Das wäre ungefähr das Gleiche wie wenn ich den Dispensationalisten den Hinweis gebe, das ihre Eschatologie auf einem spanischen Buch eines Jesuiten aufgebaut ist welches sich John Irving bediente und später J.N. Darby systematisierte.

 

Meines Erachtens ist es äusserst wichtig etwas differenzierter zu denken und nicht auf Pauschalurteile reinzufallen. In der ganzen Kirchengeschichte gab es Männer, von denen wir lernen können. Als Beispiel nehme ich einen Apostel unsere Herrn nämlich Petrus. Dieser feurige Fischer immer im engsten Kreis mit unserem Herrn, war bei der Verklärung dabei auch in der schwierigsten Stunde vor der Kreuzigung und schlug einem Knecht der Pharisäer ein Ohr ab. Der gleiche Petrus verleugnete unseren Herrn jedoch dreimal und der Hinweis, dass dies alles vor Pfingsten passierte genügt nicht, den in Antiochia war es der gleiche Petrus der vor den Juden heuchelte und durch Paulus gerügt wurde (Gal.2,11-14).

 

Wollen wir aufgrund seines Apostelamt alles übersehen oder können wir hier und heute etwas daraus lernen. Zeigt nicht gerade Petrus unser zutiefst widersprüchliches Mensch sein auf. An einem Tag brennen wir und wollen einen Papuastamm missionieren, am nächsten Tag reden wir von der Heimholung durch den Herrn. Ich glaube genau hier im Bezug auf die Heiligung ist es sehr wichtig, dass wir lernen ehrlich zu sein, den manchmal befürchte ich, dass man in unseren Kreisen Hollywood ziemlich nahe kommt, im Bezug auf die Schauspielerei die stattfindet, in der man frömmer sein will, als Jesus und seine Apostel.

 

Gerade Calvin lehrt hier ausdrücklich, dass unser Fleisch das bleibt was es ist, nämlich Fleisch. (Röm. 7,14) und alleine durch die Heiligung im Sühneopfer Christi liegt die Wahre und vollkommene Heiligung (1.Petr.1,2). Darum lehrten mich die Reformatoren: „Wenn ich in mich hineinschaue, sehe ich in einen Abgrund“ frei nach Luther.

 

Zurück zu den calvinistischen Lehren. Durch ein Buch von E.Lutzer über Kirchengeschichte wurde ich von dieser Wahrheit überzeugt. Das hört sich vielleicht jetzt so an, als ob da einer in schriftlicher Eloquenz den anderen rüber zieht, aber in diesem Buch wird der Calvinismus meines Erachtens am Besten erklärt und begründet. Es ist vielleicht auch besser von Erwählungslehre zu sprechen, das kommt dem Terminus nach, der Schrift sicherlich näher.

Zu den Problemen der Aussagen: Wie kann es sein, das Jesus die Menschen einerseits zum Glauben ruft und auffordert (z.B. Joh.3,36) aber andererseits sagt die Schrift Röm. Kap. 9 das es an Gott alleine liegt, wer zum Glauben findet und wer nicht. Ich glaube, es ist hier niemandem geholfen, wenn man solche deutlichen Aussagen der Schrift uminterpretiert im Sinne von „es kann nicht sein, was nicht sein darf“. Wie aber lassen sich Verantwortung einerseits und Erwählung anderseits als biblische Wahrheiten miteinander vereinen? Überhaupt nicht, entweder glauben wir beiden oder wir werden automatisch eine davon verwerfen.

 

Spurgeon war in dieser Hinsicht ein hervorragendes Beispiel. Er betonte beides sehr deutlich und liess sich weder von sogenannten Hypercalvinisten beeindrucken noch liess er sich vom modernen Arminianismus überrollen. Ich verweise auf das äusserst Lesenswerte Buch von Ian Murray „Spurgeon wie ihn keiner kennt“ (Reformatorischer Verlag Beese). Kauf und liess es. Du wirst staunen, was Du alles aus diesem Buch nehmen kannst, es geht dort nicht nur um Erwählungslehre, sondern auch um Evangelisation und andere Themen.

 

Ich glaube, die Frage darf gestellt werden, welche Lehre mehr Gott die Ehre gibt, eine, die von einem freien Willen des Menschen ausgeht dem man das Heil anbietet und der es ablehnen kann oder eine Lehre die sagt, es kommt alles ans Ziel nach dem Willen Gottes. Wie definieren wir denjenigen, der das Heil annimmt, im Vergleich zu dem der verwirft? Müssen wir nach einer innern Beschaffenheiten fragen? War also der eine einsichtiger und weiser als der andere? Führen wir unsere „Entscheidungen“ auf uns selber retour und oder beeinflusste uns Gott durch seinen Geist so, das wir einfach glaubten?

 

Ich nehme an dieser Stelle Bezug auf eine Bekehrungen die in der Bibel vorzufinden ist. Wurde Paulus gefragt, ob er an Christus glauben möchte? Die Wiedergeburt beinhaltet doch auch den Gedanken, eine solche nicht selber zu wirken, den wir glauben ja, weil wir wiedergeboren wurden und nicht umgekehrt (1.Joh.5,1). Denn eins müssen wir uns klar sein, wenn sich ein Mensch für Christus „entscheiden“ kann und das aus sich selber, dann kann er sich auch wieder dagegen „entscheiden“. Übrigens wird dieser Gedanke mit seltener Konsequenz von Bruder H.Jantzen durchgezogen. (Er glaubt ans verloren gehen) > siehe „unterwegs notiert“).

 

Die moderne Theologie möchte mit Gott im Teamwork ihr Heil erreichen. Das sieht man sehr gut in den Ausführungen von W.Nestvogel über das Pro Christ Spektakel. Übrigens das Beste was ich je über Evangelisation gelesen habe (Wird auch im Buch „Dynamisch Evangelisieren“ B.Kaiser, B.Klautke, W.Nestvogel erläutert).

 

Zum Schluss möchte ich noch kurz zu Vorurteilen Stellung nehmen die besagen, der Calvinismus lähme die Evangelisation oder führe gar zu Fatalismus. Wer behauptet der Calvinismus führe zum Fatalismus, dem empfehle ich, sich in Kirchengeschichte einzulesen. Wer die Geschichte der Hugenotten und Puritaner oder der schottischen Reformation kennt, kommt zu einem ganz anderen, gegenteiligen Schluss.

 

Der Gedanke, dass der Calvinismus einer Lähmung der Evangelisation gleichkomme, halte ich entgegen, dass die bekanntesten Missionare des 17. + 18. Jh. Calvinisten waren, z.B. William Carey, Georg Whitfield oder Jonathan Edwards. Was diese Männer für das Reich Gottes gewagt haben, können wir schwerlich nachvollziehen. Man lese ihre Biographien.

 

Die ersten Missionsgesellschaften die es überhaupt gab, wurden von Calvinisten gegründet. Also wage ich zu behaupten, das solche Aussagen über den Calvinismus eher auf Unkenntnis beruhen als auf realer Geschichtsbetrachtung. Natürlich gab es diese Hypercalvinisten, die behaupteten, man solle das Evangelium nicht predigen, die Erwählten würden von alleine zum Ziel kommen. Wenn es aber solche Wirrköpfe innerhalb des Calvinismus gab, heisst das doch noch lange nicht, das die ganze Bewegung daneben lag. Oder schauen wir doch in unserem eigenen Lager nach, was da so alles erzählt und geglaubt wird!

 

Lieber Hans Peter ich hoffe, dass ich Dich mit meinen Ausführungen nicht allzu müde gemacht habe. Es war nicht die Absicht Dir einen Vortrag zu halten, aber im Bewusstsein meiner seltenen Position, musste ich etwas ausführlicher werden. Ich danke unserem Herrn und Gott, das wir miteinander in Kontakt treten durften und wünsche Dir Gottes Segen in Deinem Dienst und das richtige Mass der Beurteilung.

 

Ganz herzlich

 

Markus Keiser

 

PS: Im Anhang liegt ein Dokument bei von B.Peters zum Thema Erwählung


25.10.03

Lieber Markus,
 
1) Du hast geschrieben:
>aber andererseits sagt die Schrift Röm. Kap. 9 dass es an Gott alleine liegt, wer zum Glauben findet und wer nicht.
Vielleicht könntest Du versuchen, Deine Aussage noch mit einer konkreten Versangabe zu verifizieren, weil ich in Römer 9 diesen Gedanken nicht gefunden habe, da es sich dort nicht um das persönliche Heil von Einzelpersonen oder um eine selektive Glaubensvergabe durch Gott  handelt, sondern um Gottes souveränes Handeln mit Menschen, die glauben (repräsentiert durch Jakob), aber auch mit denen die nicht glauben (Esau und seine Nachkommen, Pharao).
 
2) Eine Rechtfertigung Luthers und Calvins durch die Zeitbedingtheit ist fraglich. Gottes Wort ist eben nicht Zeit und Kultur unterworfen. Das kann man an der Täuferbewegung sehen, die die biblische Lehre über Taufe, Abendmahl, Absonderung, Trennung von Staat und Kirche etc. auch in der Reformationszeit klar verstanden und praktiziert haben. Luther, Calvin und Zwingli kannten diese Lehren durch das Zeugnis der damaligen Geschwister sehr wohl , aber anstatt Busse zu tun, haben sie zur Verfolgung unserer damaligen Brüder aufgerufen (z.B. Luther / Melanchthon befürworteten die Todesstrafe gegen die Täufer, Zwingli lässt die Täufer ertränken, Calvin weist sie aus Genf aus). Der pure Haß, den etwa Luther (auch die anderen großen Reformatoren) in seinen Schriften den Täufern entgegenbringt, lässt zumindest ein Fragezeichen bzgl. seines persönlichen Heils zu ("Wer nicht Gerechtigkeit übt, der ist nicht von Gott, ebenso wer seinen Bruder nicht liebt" - 1Joh 3,10). Der Maßstab an dem das Leben der Reformatoren (und auch unser Leben) gemessen wird ist und bleibt Gottes Wort - damals wie heute. Die Taufwiedergeburtslehre Luthers, die Verwerfungslehre Calvins etwa sind und bleiben dämonischen Ursprungs - dies gilt sowohl für die Zeit der Reformation, als auch für heute.
 
Das Traurige ist dabei, dass sich die Geschichtsschreibung nur mit den Siegern der Geschichte auseinandersetzt - was die Täufer getan und geglaubt haben wird in den Werken der Kirchengeschichte meist nur oberflächlich abgehandelt und mit Titeln wie Schwärmerei und Sektierertum versehen.
Ich glaube jedoch, dass die Verlierer der Weltgeschichte die Sieger bei Gott sind.
 
Viele Grüße
Peter     ---->  Gibt es Erwählung im calvinistischen Sinn?

Frage 1163    27,10,03

 

Hallo Peter

 

Zu 1)

Ab Vers 14 fasst er die Aussagen zu Verse 9 – 13 zusammen. Paulus war es sehr wohl bewusst das vor allem die Aussage in  Vers 11: „ ... selbst als die Kinder noch nicht geboren waren und weder Gutes noch Böses getan hatten (auf dass der Vorsatz Gottes nach Auswahl bestände, nicht aus Werken, sondern aus dem Berufenden)...“ Gottes Gerechtigkeit in Frage stellen würde; seine Antwort in Vers 14 verneint dies jedoch und fährt dann weiter in seinen Ausführung:

 

14 „Was sollen wir nun sagen? Ist etwa Ungerechtigkeit bei Gott? Das sei ferne!

15  Denn er sagt zu Moses: "Ich werde begnadigen, wen ich begnadige, und werde mich erbarmen, wessen ich mich erbarme".

16  Also liegt es nun nicht an dem Wollenden, noch an dem Laufenden, sondern an dem begnadigenden Gott.

17  Denn die Schrift sagt zum Pharao: "Eben hierzu habe ich dich erweckt, damit ich meine Macht an dir erzeige, und damit mein Name verkündigt werde auf der ganzen Erde".

18  So denn, wen er will, begnadigt er, und wen er will, verhärtet er.

19  Du wirst nun zu mir sagen: Warum tadelt er noch? Denn wer hat seinem Willen widerstanden?

20  Ja freilich, o Mensch, wer bist du, der du das Wort nimmst wider Gott? Wird etwa das Geformte zu dem Former sagen: Warum hast du mich also gemacht?

21  Oder hat der Töpfer nicht Macht über den Ton, aus derselben Masse ein Gefäß zur Ehre und ein anderes zur Unehre zu machen?

22  Wenn aber Gott, willens, seinen Zorn zu erzeigen und seine Macht kundzutun, mit vieler Langmut ertragen hat die Gefäße des Zornes, die zubereitet sind zum Verderben, -

 

Vers 20 darf ähnlich wie Vers 14 als Korrektur für die (falsch verstandene) menschliche Gerechtigkeit aufgefasst werden, die Gottes Handeln, in der menschlichen Vernunft begründet sehen will. In diesem Abschnitt wird nicht von Werken oder von Glauben geredet, sondern von Gottes souveränem Handeln!!!

 

 

Zu 2)

Zu Deiner Aussage des zeitbedingten Handelns der Reformatoren. Die Frage dreht sich nicht um die Zeitbedingtheit des Wortes Gottes, sondern um die Frage ob die erlösten Menschen anhand des Wortes Gottes in ihrem historischen Kontext immer nach diesem Massstab handeln können. Ich glaube, man überschätzt sich, wenn man das mit einem uneingeschränkten ja beantwortet. Seit ich mich intensiv mit der Kirchengeschichte befasst habe und vor allem seit ich den Römerbrief etwas genauer gelesen hab, bin ich in der Beantwortung dieser Frage sehr vorsichtig geworden.

 

Das Beispiel der Täufer das Du anführst, ist wahrlich eine traurige Sache, möchte Dich bitten die Geschichte der Täufer selber nachzulesen z.B. in 2000 Kirchengeschichte (Band 3 von A.Sierszyn, Hänssler Verlag). Du wirst in dieser Abhandlung feststellen, das die Täufer zwar die erste evang. Freikirche begründete und ihre Sicht von Taufe und Abendmahl sehr wohl richtig waren, aber auch innerhalb dieser Bewegung Entgleisungen stattfanden, die wahrlich nicht als biblisch bezeichnet werden können, z.B. in Münster (das innere Wort war dort vorherrschend, was sich in Vielweiberei und Unzucht äusserte) und St.Gallen (visionär-charismatische) Geschehen die bis zur Enthauptung eines Mannes in Namen Gottes führte.

 

Ich bin mir sicher, wir beide nehmen die Bibel ernst in all ihren Aussagen und dennoch haben wir in der Frage die sich auf die Prädestination bezieht, entgegengesetzte Positionen. Ich habe keine Schwierigkeiten,  Brüder und Schwestern die anders denken zu lieben und zu achten, deshalb scheint es sehr mir wichtig, auch hier die Dinge vielleicht stehen zu lassen und nicht einander solange zu bearbeiten, bis solche angebliche „Irrlehren“ ausgemerzt sind. Wir haben schon einen zersplitterten Leib und auch diese Diskussion wird kaum dazu beitragen das Joh. 13,34+35 wahr werden.

 

Herzlich

 

 

Markus Keiser

 


Bestimmung, Berufung, Erwählung   27,10,03
 
Durch meine früheren Beiträge zum Thema habe ich mich vom Calvinismus klar distanziert. Dennoch bleiben Frage, denen nicht dadurch ausgewichen werden kann, indem sie umgedeutet werden.
 
Röm. 9, 16
Also liegt es nun nicht an dem Wollenden, noch an dem Laufenden, sondern an dem begnadigenden Gott.
 
Röm. 8, 29 - 30
Denn welche er zuvorerkannt hat, die hat er auch zuvorbestimmt, dem Bilde seines Sohnes gleichförmig zu sein, damit er der Erstgeborene sei unter vielen Brüdern. Welche er aber zuvorbestimmt hat, diese hat er auch berufen; und welche er berufen hat, die hat er auch gerechtfertigt; welche er aber gerechtfertigt hat, diese hat er auch verherrlicht.
 
1. Daraus ergibt sich für mich, dass die "Auserwählung vor Grundlegung der Welt" nicht einfach nur eine passive aufgrund der Vorerkenntnis Gottes, sondern durchaus eine aktive seitens des sich erbarmenden Gottes ist. Aktiv bedeutet in diesem Zusammenhange, dass der allein weise Gott aus der Masse aller Menschen eine bestimmte Anzahl dazu zuvorbestimmt hat zur Sohnschaft durch Jesum Christum für sich selbst nach dem Wohlgefallen seines Willens ... (Eph. 1, 4 - 5)
 
Solches hat aber aus dem Kontext nicht mit der Rettung an sich zu tun (denn auch Israel wird gerettet werden), sondern mit einer besonderen Stellung in Christus. Genauer gesagt: Diese Auserwählten (denn es gibt auch noch andere, die hier gar nicht erwähnt werden) bilden in ihrer Gesamtheit und Vollendung den LEIB des CHRISTUS. Der erhöhte Herr selbst bildet in dieser Körperschaft das HAUPT. Solches im Unterschiede zu Israel, welches bereits in den Propheten als das WEIB bezeichnet wird. Folglich werden der CHRISTUS (bestehend aus Haupt und Gliedern) und das WEIB (bestehend aus dem heiligen Überrest Israels und denen, die an der ersten Auferstehung Anteil haben) sich nach der "Drangsal Jakobs" miteinander vermählen auf ewig. Ein prophetisch bedeutsamer Aspekt, der auch als "Hochzeit des Lammes" bekannt ist, aber meist aus Unkenntnis falsch dargestellt wird.
 
2. Aus Röm. 9, 16 ergibt sich für mich noch ein weiter Aspekt, nämlich: keiner kommt zum Sohn, es sei denn, dass der VATER ihn ziehe (Joh. 6, 44)! Auch unsere "Entscheidung für Christus" erfolgte allein deshalb, weil der Geist Gottes uns in diese Entscheidung hineintrieb; ansonsten wären wir geblieben, wie wir waren. Denn unser Wille ist gar nicht so ein freier, wie immer gesagt wird:
 
... indem wir den Willen des Fleisches und der Gedanken taten und von Natur Kinder des Zorns waren, wie auch die übrigen. (Eph. 2, 3).
 
Somit steht für mich fest: Das Evangelium wird allen verkündet. Denn also hat Gott die Welt geliebt (nicht nur die Auserwählten, sondern die Welt!). Doch viele gehen weg wie auf dem Areopag und nennen die Boten des Heils Schwätzer. Einige aber kommen und trinken vom Wasser des Lebens umsonst. An allen aber wirkt derselbe Geist der Gnade, welcher die Welt ja vom Gericht überführt (Joh. 16, 8)! Aber nicht alle glauben. Die aber, welche glauben, sind zum ewigen Leben verordnet (Apg. 13, 48) und nicht länger Kinder des Zorns.
 
Gewiss, solches übersteigt unser Denkvermögen und ist nicht in Einklang mit der menschlichen Logik zu bringen. Denn einerseits muss ich eine Entscheidung für oder gegen Jesus fällen, doch andererseits ist es der sich erbarmende Gott, welcher mich in den Zerbruch und damit zur Annahme des Heils treibt. Es gibt aber eine höhere Logik, die in Gott selbst verborgen ist und denen enthüllt wird, die glauben. Solches sollten wir akzeptieren.
 
In IHM
Henri P.
 
 
 
 
 
Lieber Markus,      29,10,03
 
vielen Dank für Deine - trotz der gegensätzlichen Auffassungen zur Prädestination - fair und brüderlich formulierte Antwort ! Dies freut mich deswegen, da ich schon mit (zurückhaltend formuliert) heftig(st)en persönlichen Vorwürfen konfrontiert war, als ich öffentlich zu vertreten versuchte, dass Gott nicht vor Erschaffung der Welt schon Menschen zur Verwerfung vorgesehen hat, sondern a priori will, dass jeder gerettet wird.
 
Ich will zwar nicht den Eindruck erwecken, dass ich immer das letzte Wort haben muss, trotzdem wollte ich auf einige Punkte nochmals eingehen und zu den einzelnen Versen in Römer 9 einige alternative Gedanken weitergeben.
 

11 Denn als die Kinder noch nicht geboren waren und weder Gutes noch Böses getan hatten - damit der nach freier Auswahl gefasste Vorsatz Gottes bestehen bliebe, nicht aufgrund von Werken, sondern aufgrund des Berufenden -

12 wurde zu ihr gesagt: «Der Ältere wird dem Jüngeren dienen»;

Die Auswahlprinzipien unterliegen dem freien, souveränen Willen Gottes und sind nicht von menschlichen Vorleistungen oder Werken abhängig, die Gott gnädig stimmen könnten. Der freie Vorsatz Gottes, wonach er auswählt und beruft, ist GLAUBEN (repräsentiert durch Jakob). Daher erwähnt Paulus im Epheserbrief die Auserwählung der GLÄUBIGEN vor Grundlegung der Welt (also auch vorgeburtlich wie in Vers 11) zur Heiligkeit und Tadellosigkeit.

Vers 12 beschreibt im gleichen Sinn das Ziel der Auswahl: Dienst - NICHT Errettung („der Ältere wird verdammt – der Jüngere gerettet“). Gott setzt den Erstgeborenen zurück und handelt mit dem Nachgeborenen. Dies ist keine Vorherbestimmung („der Ältere muss dem Jüngeren dienen“), sondern eine Prophetie, die sich genau so erfüllt hat und Gott im nachhinein (Vers 13) ebenso bestätigt hat.

Der Vorsatz V.11 Gottes ist unabhängig von Werken, sondern steht in Verbindung mit dem Glauben an sein Wort.

 Ein weitere Gesichtspunkt, der der These der Vorherbestimmung zum persönlichen Heil bzw. Unheil widersprechen würde, kann in der weiteren geschichtlichen Entwicklung gesehen werden, dass Esau selbst nie Jakob gedient hat, sondern diese Feststellung vielmehr den weiteren  Verlauf der Völker aufgrund der Glaubenshaltung ihrer Stammväter, wiedergibt.

1.Mose 25:23 „Der HERR aber sprach zu ihr: Zwei Nationen sind in deinem Leib, und zwei Volksstämme scheiden sich aus deinem Innern; und ein Volksstamm wird stärker sein als der andere, und der Ältere wird dem Jüngeren dienen.“

In der Tat hat sich vielmehr Jakob vor Esau verneigt (1.Mose 33,3), ihn seinen Herrn und sich dessen Diener genannt (1.Mose 33,5;8;13). Jakob hat Esau gebeten seine Gaben anzunehmen (1.Mose 33,11) und Esaus Gesicht schien ihm wie das Antlitz Gottes:

1.Mose 33,10 „Denn ich habe ja doch dein Angesicht gesehen, wie man das Angesicht Gottes sieht, und du hast Gefallen an mir gehabt. 11 Nimm doch mein Geschenk, das dir überbracht worden ist! Denn Gott hat es mir aus Gnaden geschenkt, und ich habe alles. Und als er in ihn drang, da nahm er es.“

Der Hauptgedanke des Paulus in diesem Vers ist der weitere Geschichtsverlauf und die Auswahl Gottes, die auf dem Glauben oder Unglauben basierend, in seinem Ratschluss einbezogen und im voraus eingeplant wurde. Diese Auswahl Jakobs ist von dessen Verhalten völlig unabhängig sondern hat allein Glauben zur Grundlage.

13 wie geschrieben steht: «Jakob habe ich geliebt, aber Esau habe ich gehasst.»

Diese Aussage steht in Maleachi – also nicht im Sinne einer vorher getroffenen Auswahl: sondern nach dem Leben der beiden wurde diese Feststellung getroffen - aufgrund der anhaltenden Gottlosigkeit Esaus und seiner Nachkommen. Esau steht hier als Bild für Unglauben und Rebellion - Jakob als Bild für Glauben und Treue. Wiederum ist die gesamte Nation der Edomiter und Israels mit ihren Repräsentanten im Blick.

14 Was sollen wir nun sagen? Ist etwa Ungerechtigkeit bei Gott ? Das sei ferne!

Da die Auswahl Gottes nicht am Verhalten des Einzelnen ansetzt – wie durch das Beispiel Jakob und Esau zeigt – könnte Gott Ungerechtigkeit vorgeworfen werden. Wäre es nicht aus menschlicher Sicht nicht gerechter, Menschen, die sich ihr Heil durch gute Werke – etwa wie „Mutter Theresa“ – verdienen wollen, aufgrund ihrer Leistungen die Seligkeit zu gewähren, als manch lauen Christen, die aufgrund des Glaubens an Jesus Christus gerettet werden wollen? Dieser Vorwurf kann nicht erhoben werden, den Gottes Vorstellung über Gerechtigkeit, steht ausschließlich in Verbindung mit dem Glauben.

15 Denn er sagt zu Mose: «Ich werde mich erbarmen, wessen ich mich erbarme, und werde Mitleid haben, mit wem ich Mitleid habe.»

16 So liegt es nun nicht an dem Wollenden, auch nicht an dem Laufenden, sondern an dem sich erbarmenden Gott.

Eben diese Stelle zeigt, dass die Gnade Gottes nicht von etwaigen Vorleistungen abhängt, so dass Gott allein denen sein Heil anbieten würde, die besondere Verdienste vorweisen könnten. Gott kann nicht durch Vorleistungen oder gute Werke gnädig gestimmt werden, “denn Gott hat alle zusammen in den Ungehorsam eingeschlossen, damit er sich aller erbarmt.“ (Römer 11,32)

17 Denn die Schrift sagt zum Pharao: «Eben hierzu habe ich dich erweckt, damit ich meine Macht an dir erzeige und damit mein Name verkündigt werde auf der ganzen Erde.»

Wie ist der folgender Abschnitt in Übereinstimmung mit anderen klaren Aussagen der heiligen Schrift zu bringen, wonach Gott das Heil aller Menschen und nicht des Sünders Tod will (Hes. 33,11), hier aber eine Einschränkung seiner Auswahl beschrieben wird? Zur Klärung und Harmonisierung des Abschnittes werden die deutlichen Bibelstellen über den Willen Gottes zu Rettung jedes Menschen vorausgesetzt. Es soll eine theologisches Konzept, das keinen Widerspruch zu klaren Aussagen der heiligen Schrift enthält, gefunden werden. Im Hinblick auf Pharao würde dies bedeuten, dass Gott auch das Heil dieses Mannes gewollt hat. Warum also verhärtet er ihn?

Paulus führt Exodus 9,16 an “Aber eben deshalb habe ich dich bestehen lassen, um dir meine Macht zu zeigen, und damit man auf der ganzen Erde meinen Namen verkündigt.“

Durch Pharao hat Gott seine Macht gezeigt. Seine Souveränität wird selbst durch Pharao nicht beeinträchtigt, der sich nicht dem Gott Israels unterwerfen will und viel Leiden über das alttestamentliche Gottesvolk gebracht hat, indem er am ägyptischen Götzendienst festhielt. Dieses rebellische Verhalten zugrundelegend, zeigt Gott keine Gnade mehr, sondern verhärtet Pharao, nachdem dieser das gnädige Reden Gottes mehrfach von sich stieß. 

 18 Also nun: wen er will, dessen erbarmt er sich, und wen er will, verhärtet er.

Leider wird in diesen Vers hineingelesen, dass Gott Menschen verhärtet und vom Glauben ausschließt, bevor sie geboren werden.

Gott verhärtet jedoch bei Rebellion, Unglauben und Widerstand gegen sein Reden - wie bei Pharao, den er nach wiederholtem Reden dann seit der sechsten Plage verstockt hat. Israel als Nation wurde von Gott verstockt – nicht aufgrund vorweltlicher Beschlüsse, sondern aufgrund ihres derzeitigen Ungehorsams (Römer 11,31). Diese Verstockung wird beendet sein, wenn sich Israel zu Jesus Christus bekehren wird (Römer 11,23). Gottes Erbarmen jedoch steht über jedem, der an seinen Sohn glaubt.

19-21 Der Töpfer und der Ton
Aus der gleichen Masse Ton (=Menschen) ergeben sich zwei unterschiedlich verwendbare Gefäße - zur Ehre (=Gläubige) und zur Unehre (=Ungläubige). Dies zeigt Gottes Handeln mit den Gläubigen und den Ungläubigen, wie schon vorher am Beispiel Jakob/Esau und Pharao demonstriert. Es geht dabei nicht darum, dass Gott aus der Masse Mensch Gläubige und Ungläubige quasi als verantwortungslose Marionetten herausbildet oder um eine vorweltliche Festlegung über Heil/Unheil, sondern um die Verwendung der Menschen in Gottes Plänen - also in Raum und Zeit - als Gefäße zur Ehre oder zur Unehre Gottes. Es handelt sich dabei nicht um eine passive Kenntnisnahme auf Seiten Gottes, wie bestimmte Menschen sich verhalten, sondern um eine aktive Verwendung in den Plänen Gottes (Gott hat Macht über den Ton und formt ihn zu seinen Zwecken - Jer. 25,9 wird der Götzendiener Nebukadnezar als Knecht Gottes bezeichnet und als aktives Gerichtsinstrument in der Hand Gottes verwendet).
Das künftige (nicht das vorher festgelegte) Schicksal beider Gefäße wird in den weiteren Versen beschrieben - Verderben oder Herrlichkeit...
 
 
Viele Grüße
Peter