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1784   

ProGenesis

Lieber Hans Peter,
mein Beitrag ist lediglich zur Information zu einer bekannten Kontroverse gedacht.
Die Meinungsmache zum Thema Evolution kontra Kreationismus erklimmt wieder neue Gipfel. Nicht zuletzt durch die anstehende Präsidentenwahl in Amerika. Dort (Ohio) wird ja neuerdings schon neben der atheistischen Theorie, die Schöpfung auf biblischer Grundlage vermittelt.
Die Sendung W wie Wissen  http://www.daserste.de/wwiewissen/thema_dyn~id,tll699pnu18sel4l~cm.asp
haut da voll in die Tasten und läßt unmaskiert durchblicken, daß Bibelgläubige wohl "Hirnamputierte" sein müssen. In dieser Sendung kam ein gewisser Prof. Kutschera (Evolutionsbiologe) zu Wort, der mit Giftspritzenmentalität seine Meinung als allgemeingültig und bewiesen darstellte und mit dem Ausspruch: "leider Gottes"! seinen Unmut gegenüber aufklärender Literatur äußerte. Also nichts Neues unter der Sonne- zu so einem passt vielleicht Spr.26,12?
in IHM
joachim

21.10.04
 

Hallo Joachim,

warum regst Du Dich auf ? Erwartest Du im Ernst von Gottlosen, dass sie
Fakten anerkennen, die ihr schönes Karten-Weltbild zum Einsturz bringt ?
Selbst wenn Jesus noch mal von den Toten zurück käme, würden sie ihm
nicht glauben, WEIL sie NICHT glauben wollen!
Die Menschen werden ja nicht grundlos in die Hölle gehen, sondern weil
sie im Vorsatz und im vollen Wissen Jesu Opfer abgelehnt haben. Die
"Wissenschaft" ist für mich eine Farce - zumindestt alles was es noch neben
der Mathematik gibt. Der Fall eines Frankfurters Professors ist da nur die Spitze des Eisbergs:

http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,322607,00.html

soli Deo gloria
Grüße
Michael/de


Einges.: 2.1.05

Lieber Hans Peter.

Ich habe mal den Spiegel-Link von Michael auf diesem Forum  1784 angeklickt und die Beiträge "gekauft". Interessant.
Vielleicht kannst Du diese Datei für Dich verwenden?
 Gr. B.

 

ANTHROPOLOGIE

Mogelei im Knochenkeller

Schock an der Frankfurter Universität: Der Anthropologe Reiner Protsch datierte Steinzeit-Schädel falsch. Kostbare Fossilien sind verschwunden. Schwindelte der Professor auch bei seinem Doktor- und Adelstitel? Nun stellt sich heraus: Auch institutseigene Eugenik-Akten aus der Nazi-Zeit wurden vernichtet.

 

Schnee fiel, als im Winter 1978 zwei Herren aus Bayern die sterblichen Reste des Seligen Nantwein im Stahlkoffer nach Frankfurt am Main brachten. Einst war der Rom-Pilger fälschlich der Knabenschändung angeklagt worden und starb auf dem Scheiterhaufen. Übrig blieben nur ein paar verkohlte Knochen.

Aber war der Leichenbrand überhaupt echt? Das Institut für Anthropologie sollte Klarheit bringen.

Dessen Chef Reiner Protsch galt als Meister kniffliger Fragen. Der Amerikaner, Absolvent der ehrwürdigen University of California in Los Angeles (UCLA), leuchtete damals gerade als neuer Stern am Himmel der deutschen Gerippe-Fahnder: genau der Richtige für den frommen Nantwein.

Doch in Wahrheit hatte der Professor von der komplizierten Materie der Kohlenstoff-Messung wenig Ahnung. Auf dem bleiummantelten C-14-Apparat im Keller des Instituts habe "dicker Staub" gelegen, erinnert sich der damalige Mitarbeiter Peter Blänkle aus Offenbach.

"Ich musste ein Kirchenlexikon besorgen", erzählt Blänkle. Das dort verzeichnete Sterbedatum habe der Chef dann zum Messwert ("A. D. 1275") umgebogen und an das Stadtmuseum München weitergereicht.

Intern war der C4-Professor für solche Mogeleien bald berüchtigt. Seine Assistenten sprachen von "protschern" und "mentaler Datierung". Wichtige Fossilien wurden so ins völlig falsche Jahrtausend sortiert. Der angeblich 36 000 Jahre alte "Neandertaler von Hahnöfersand" zum Beispiel starb in Wahrheit um 5500 vor Christus .

Seit sieben Wochen versucht eine Uni-Kommission zum "Umgang mit wissenschaftlichem Fehlverhalten" das Ausmaß des Schadens zu ermitteln. Protsch, so zeigt sich, lieferte gegen Geld C-14-Daten an Museen und Heimatvereine. Zu seinen Kunden gehörten Ausgräber in Speyer ebenso wie Experten von den großen Fossilienfeldern in Tansania.

Vergangene Woche gab es erneut Ärger im Institut. Der Doktorand Stefan Flohr arbeitet dort an Gebeinen, die von einem erloschenen Vulkan aus der Osteifel stammen - laut Protsch sind sie 27.000 Jahre alt. Die Nachprüfung ergab nun: Das Material ist merowingisch um 500 nach Christus.

Was für eine Pleite! Hat ein "Blender" (Blänkle), der mit Kohlenstoff-Isotopen, Zählrohren und der Kunst der C-14-Kalibrierung auf dem Kriegsfuß stand, über 30 Jahre lang Knochen und Eiszeit-Relikte fehldatiert? Ein Schlag für die Anthropologie - und eine Riesenblamage für die Frankfurter Universität.

Doch damit nicht genug: Dokumente, die dem SPIEGEL vorliegen, zeigen, dass der Professor offenbar auch gegen andere Regeln des akademischen Betriebs verstieß. Derzeit darf der Anthropologe sein Büro nicht betreten - Hausverbot. Blänkle verbittert: "Die Anthropologie in Frankfurt ist zu Grunde gerichtet."

Protsch, 65, dagegen spricht von einer "Intrige". Von seiner Mainzer Jugendstilvilla aus, wo er mit Ehegattin Angelina lebt, bereitet er seine Rückkehr auf den Campus vor. Der "Rheinische Merkur" brachte einen wohlwollenden Artikel. Im Hessen-Fernsehen stellte er sich als Opfer dunkler Machenschaften hin.

Doch der Mann ist arg in Bedrängnis. Herrisch und mit einem starken Hang zur Aufschneiderei hat er seinen Lehrstuhl offenbar für unredliche Taten missbraucht. Die Vorwürfe reichen vom Diebstahl geistigen Eigentums bis zum Fälschen von Spesenzetteln.

Zudem soll Protsch ein Dieb sein. Er habe 278 Schimpansenschädel für 70.000 Dollar in die USA verkaufen wollen, beschuldigt ihn die Universität. Ein Assistent berichtete der Kripo: "Ich musste die alten Uni-Inventarnummern von den Affenköpfen abreißen und das Schild des Professors raufkleben."

Protsch streitet alle ihm zur Last gelegten Übeltaten rundweg ab. Er könne im Institut auch kaum etwas klauen, weil ihm ja das meiste ohnehin gehöre: "Alle strittigen Fossilien sind mein persönliches wissenschaftliches Material und Eigentum."

Im Institut in der Siesmayerstraße herrscht nun Chaos. Der Stahlschrank im Chefbüro ist halb leer, edle Knochen fehlen. Auch der berühmte Kelsterbach-Schädel, laut Protsch 31 200 Jahre alt (er wäre damit der älteste moderne Mensch Deutschlands), ist verschwunden.

Im "Knochenkeller" im Untergeschoss fehlen ebenfalls Bestände. In einem Außenlager liegen etwa 12.000 Skelette aus alten Friedhofsgrabungen. Viele davon haben keinen Schädel mehr. Mitarbeiter behaupten: "Die hat er in die USA verkauft oder zu Studienzwecken an befreundete Zahnmediziner weitergereicht."

Protsch weist jeglichen Klau von Totenköpfen zurück: "Ich habe den Knochenkeller des Instituts das letzte Mal vor 15 Jahren gesehen."

All diese Vorwürfe richten sich gegen einen schillernden Hansdampf. Schneidig, mit Kaschmirpullover und Maßanzug, betritt der Gelehrte gern den Hörsaal. Er trägt Golduhren und raucht kubanische Zigarren. Seine Vita weist ihn als Mitglied von über 20 Clubs und Gesellschaften aus. Auch spielt er ("Handikap 10") ausgezeichnet Golf.

Und immer wieder jettet der Gelehrte in die alte Heimat. Angeblich besitzt er Wohnungen in New York, Florida und Kalifornien, wo er mit Steffi Graf und Arnold Schwarzenegger plauscht. Er habe das Turiner Leichentuch Jesu und die Knochen von Hitler und Eva Braun geheim untersucht, prahlte der taffe Paffer vor seinen Studenten. Zudem spreche er Suaheli, Sorbisch und Afrikaans.

Ist "Prof. Dr. Dr. Reiner R. R. Protsch von Zieten", Fachmann für "Anthropometrie, Forensische Osteologie" sowie 30 weitere Fachgebiete, ein Hochstapler? So sehen es seine Mitarbeiter. Blänkle: "Der blufft total."

ANTHROPOLOGIE

"Die Regeln mache ich"

Gestohlene Knochen von Urmenschen, absurd falsch datierte Skelette und Schädel - steht den deutschen Steinzeitforschern ein einmaliger Skandal ins Haus? Im Zentrum steht ein schillernder Anthropologieprofessor der Frankfurter Universität. Die Kripo ermittelt.

Reiner Protsch von Zieten, 65, ist ein schneidiger Mann. Im feinen Zweireiher, zuweilen auch mit kariertem Holzfällerhemd, links am Arm die Breitling-Uhr und den goldenen Siegelring, fährt der Professor im Porsche ins Institut der Anthropologie und Humangenetik in Frankfurt am Main.

Daheim in seiner Villa lebt der Forscher preußisch gediegen. Hauspersonal pflegt die weitläufigen Flure, in denen der Chef zuweilen zu Empfängen lädt. Er kenne den georgischen Außenminister, erklärt er gern Freunden; zudem coache er eine Baseballmannschaft.

Gern schmückt sich der sportive Akademiker ("Ich schaffe 100 Liegestütze") auch mit seinem berühmten Lehrmeister: dem 1980 verstorbenen US-Nobelpreisträger Willard Libby, Erfinder der Kohlenstoff-Datierung ("C-14-Methode"). Er selbst gibt vor, Nachfahr des Husarengenerals Hans Joachim von Zieten (1699 bis 1786) zu sein, der gern mit Zobelmütze und Tigerdecke über der Schulter unversehens aus buschigem Hinterhalt angriff.

Eine Traumkarriere - die allerdings Risse zeigt. Der "Professor Dr. Dr. rer. nat.", wie er sich im Internet nennt, Fachmann für "Primatenentstehung und -verhalten, Physische Anthropologie, somatologische und osteologische Analysen" sowie 30 weitere Spezialthemen, hat bei seinem zweiten Doktortitel gemogelt. Schon im Februar 2000 verurteilte ihn das Amtsgericht Frankfurt deshalb zu 27 000 Mark Strafe.

Das ficht den Liebhaber dicker Havannas nicht an. Wenn Protsch kommt, machen andere Platz. Einen "Energiebolzen" nennt ihn sein Fachkollege, der Anthropologe Winfried Henke aus Mainz. Seine Zigarren pafft der Institutschef auch im Uni-Fahrstuhl und kratzt die Rauchverbotsschilder ab. Sein Lebensmotto: "Die Regeln mache ich."

Kaum ein Gebein, um das sich der alerte Mann nicht wortreich kümmerte. Mal sucht er in Südafrika nach Fossilien, mal talkt er im TV über den penisverspeisenden Kannibalen Armin Meiwes.

Und nun das: Der altgediente Universitätsgelehrte darf sein Büro nicht mehr betreten: Hausverbot. Ihm wurde der Schlüssel entzogen und Strafanzeige gestellt. Sein Labor in der Siesmayerstraße ist versiegelt. Die Kriminalpolizei ermittelt.

Ein Verdacht lastet auf dem Nachfahr des Reitergenerals. Er habe 280 institutseigene Schimpansenschädel in den USA verhökern wollen - für 70 000 Dollar, so der Vorwurf. Zeugen gaben bei der Kripo an, die alten Hochschul-Inventarnummern seien überklebt worden.

Neider würden ihn "mobben", entrüstet sich der Beschuldigte; er habe die Primaten von einem Heidelberger Arzt und Ethnologen erworben: "Ich besitze einen Original-Kaufvertrag von 1975."

Doch der Streit um die Schimpansen ist nur eine Marginalie. Die Causa Protsch könnte sich zu einer Katastrophe für die Wissenschaft auswachsen. Auf einen ganzen Forschungszweig fällt derzeit ein Schatten. Die deutsche Paläoanthropologie, so die Befürchtung, wurde womöglich von einem Hallodri genarrt und in die Irre geführt.

Seit 1973 leitet der Gelehrte mit dem grauen Schnauzbart das Frankfurter C-14-Datierungslabor. Zahlreiche berühmte Fossilien hat er untersucht. Der Professor prüfte den 600 000 Jahre alten Unterkiefer des Homo heidelbergensis, er taxierte Neandertaler und bestimmte das Alter von ersten modernen Menschen aus Europa.

Blickte der Akademiker dabei in sein C-14-Zählrohr, als wäre es eine Wahrsagerkugel? Ganze Halden an prähistorischen Knochen wurden von ihm offenbar in die falschen Jahrtausende eingetütet.

Wie groß das Ausmaß an Fehldatierungen ist, haben jetzt der Greifswalder Archäologe Thomas Terberger und sein Kollege Martin Street vom Forschungsbereich Altsteinzeit in Neuwied aufgedeckt. Das Duo klapperte deutsche Museen ab, in denen Skelette liegen, die angeblich aus dem Jungpaläolithikum (40 000 bis 10 000 Jahre vor heute) stammen - jener spannenden Phase in der Menschheitsgeschichte, als der Neandertaler ausstarb und der schlanke Homo sapiens Deutschland besiedelte.

Aber sind die Skelette wirklich so alt? Klarheit sollte her - mit modernster Analysetechnik. Also rammten die Forscher Bohrköpfe in die bräunlichen Gebeine. Der so gewonnene Knochenstaub ging an das C-14-Labor in Oxford.

Die Ergebnisse sind ernüchternd. Viele der Kiefer, Zähne und Gebeine sind in Wahrheit weit jünger als bislang gedacht. "Von den wenigen jungpaläolithischen Menschenresten brechen immer mehr weg", erklärt Terberger.

Bei ihren Recherchen fiel den Fahndern immer wieder der Name Protsch auf. Nun machen sie ihn für "absurde" Fehler verantwortlich. Beispiele:

  • Der berühmte "Neandertaler von Hahnöfersand" lebte laut Protsch vor 36 300 Jahren. Echtes Alter: 7500 Jahre.
  • Die Frau von Binshof-Speyer, ein Kalvarium mit ungewöhnlich guten Zähnen, datierte der Professor auf 21 300 Jahre. In Wahrheit lebte das Mütterchen um etwa 1300 vor Christus.
  • Der Schädel von Paderborn-Sande, genannt "der älteste Westfale" (Protsch-Datierung: "27 400 Jahre plus/minus 600 Jahre"), gehörte einem Opa aus dem Rokoko, der um 1750 starb.

"Ich bin enttäuscht", gesteht Barbara Rüschoff-Thale, Leiterin des archäologischen Museums in Herne, das im Besitz des vermeintlichen Ur-Westfalen ist. Der Schädel sei 1976 von einem Bagger hochgespült worden, "angeblich aus 13 Meter Tiefe".

Nach dem Zahlenschock ließ das Museum in eigener Regie noch eine Analyse am Isotopenlabor in Groningen durchführen. Sie bestätigte das neue Ergebnis: "Als wir den Knochen aufschnitten, stank er noch", erzählt Rüschoff-Thale entgeistert.

Protsch hält dagegen: "Die neuen Akzeleratordaten aus Oxford sind alle falsch", erklärte er vorigen Freitag gegenüber dem SPIEGEL. Die Briten hätten die Knochenproben nicht vom Schellack gereinigt und so die Resultate verjüngt.

Doch das ist wenig plausibel: Das englische Labor zählt zu den besten der Welt und führt standardmäßig ein Reinigungsverfahren durch, um eine Kontamination mit Fremdstoffen auszuschalten.

Was also ist da passiert? Wieso unterliefen dem Gelehrten solche Schnitzer?

Schluderei allein, urteilen Terberger und Street, könne das "Datierungsdesaster" nicht verursacht haben. Die Abweichungen seien "so gravierend, dass singuläre Anlagenprobleme/Fehlmessungen als Erklärung ausscheiden".

Also Schwindel? Oder kam der Akademiker mit dem Messgerät nicht klar? Die C-14-Apparatur im Institutskeller sei "nicht dauerhaft" genutzt worden, schreibt Terberger. Und der Anthropologe Henke lästert: "Wenn Protsch datierte, war das wie Schäfchenzählen."

 


ANTHROPOLOGIE

"Die Regeln mache ich" (2)



In der Fred-Feuerstein-Zunft herrscht nun Verwirrung. Noch ist nicht klar, wie groß der Sumpf und die Anzahl verunglückter Messungen sind, die der Professor in seinem langen Berufsleben vorlegte. Auch bei Schädeln aus Tansania und Südafrika lag der Gelehrte komplett daneben. Ein Insider behauptet: "Der hat hundertfach im Labor phantasiert."

Bereits im Jahr 1984 las der Prähistoriker Michael Mehlman dem Frankfurter Institutschef die Leviten. Er legte im "Journal of Human Evolution" einen 14-seitigen Bericht vor, der Protsch von Verdrehung von Fakten bis zur Schludrigkeit alle erdenklichen Fahrlässigkeiten vorwarf.

Dabei hatte alles so glänzend angefangen. Mit Chuzpe gelang dem Anthropologen ein flotter Aufstieg. Anfang der siebziger Jahre lernte der Deutsche an der University of California in Los Angeles im Kreis der Allerbesten.

Als die Universität Frankfurt einen neuen Anthropologen suchte, kam ihr der dynamische Protsch gerade recht. Als Mann von Welt, der den Pazifik hatte rauschen hören und die Creme der amerikanischen Scientific Community kenne, so stellte sich der frisch gebackene Doktor vor - und erhielt den Job.

Hemdsärmelig und amerikanisch locker, dazu mit markanter Stimme, entwickelte der Professor auf dem Campus schnell seinen eigenen Führungsstil. Henke: "Er war ein großer Lausbub."

In den siebziger Jahren reisten Henke und Protsch im Geländewagen in die DDR. Sie wollten die Homo-erectus-Fundstelle von Bilzingsleben in Thüringen besuchen. Hinweise seines Mitfahrers, es wäre besser, vom Gas zu gehen, kommentierte Protsch mit dem Hinweis: "Lass mal, die Vopos sitzen hier noch mit der Stoppuhr in den Bäumen." Kurz danach saß er in einer Radarkontrolle und zahlte 500 Mark.

In Thüringen angekommen, machte der Westforscher so viel Dampf, dass ihm die Ost-Gelehrten Fossil-Abgüsse des Menschen von Bilzingsleben leihweise überließen. "Kaum zu Hause machte er heimlich Kopien und brachte sie in Umlauf", erzählt Henke: "In der DDR war er daraufhin eine Persona non grata."

Halb Münchhausen, halb Akademiker-Star - gegen das schillernde Leben des Reiner Protsch von Zieten, der mit einer blaublütigen Oralchirurgin verheiratet ist, wirkt die deutsche Akademikerwelt wie eine Truppe von Grottenolmen.

Die Folge: Immer wieder gab es Ärger. In den achtziger Jahren besuchte ein tansanischer Student das Institut. Im Gepäck hatte der junge Mann das berühmte Erectus-Fragment O.H.9 aus Ostafrika. Als sich die beiden zerstritten, wollte der Chef die Pretiose nicht mehr rausrücken. Erst ein Machtwort des Hochschulkanzlers zwang ihn zum Einlenken.

Vor allem aber mit seinem C-14-Gerät stand der Forscher offenbar auf Kriegsfuß. Gleichwohl riss sich Protsch um die Analyse der edelsten und spannendsten Menschenfunde. 1980 untersuchte der Professor den Neandertaler von Hahnöfersand. Als einige Kollegen immer noch zweifelten, schob der Kohlenstoff-Akrobat eine Messung nach, die angeblich seine Freunde aus Kalifornien gemacht hatten. Auch die lag bei über 35 000 Jahren.

Staunen ergriff damals die Zunft. Nie zuvor war so weit nördlich ein Neandertaler entdeckt worden. Das Hamburger Helms-Museum jubelte und lockte Abertausende Besucher an. Plakate zeigen den vermeintlich "ältesten Hamburger" als plattnasigen Kraftschrat.

Nun herrscht Katerstimmung. "Hahni", wie manche ihn nennen, war kein diluvialer Urkerl, sondern ein moderner Mensch, der vor 7500 Jahren hart an der Grenze zur Ackerbaukultur an der Elbe Enten jagte. "We were not amused", meint der verantwortliche Museumsmann Ralf Busch.

Auch der Anthropologe Günter Bräuer machte vorige Woche ein langes Gesicht. In gelehrten Aufsätzen hat er das Fossil als robusten Mischling zwischen Neandertaler und Homo sapiens gedeutet. Für ihn war Hahni das zentrale Beweisstück in seiner "Hybridtheorie", die besagt, dass die beiden Menschenarten Sex miteinander hatten. Sein Kommentar: "Schade, da hab ich mich vertan."

Welche Blamage! Doch Bräuer entschuldigt sich: "Protsch kam von der Universität Kalifornien, aus der Schmiede der Könner." Zudem sei sein Institut "mit Geld überschüttet" worden.

Doch in Wahrheit kursierten schon seit langem Gerüchte über den Professor. Henke gibt offen zu: "Protschern wurde zum Synonym für hinbiegen."

"Der Mann hat Daten gefälscht", sagt auch Ex-Mitarbeiter Bernhard Weninger, der jetzt das C-14-Labor am Kölner Institut für Vor- und Frühgeschichte leitet. "Ende der achtziger Jahre untersuchten wir ein Massengrab aus der Bandkeramik", erzählt er. Weil die aufwendige Messreihe dem Chef zu lange dauerte, habe der sich einfach ein plausibles Alter ausgedacht und an die Archäologen weitergereicht. Weninger: "Dieses Tricksen nannten wir 'mentale Datierung'."

Auf diese Weise sei auch der Bischof von Limburg abgespeist worden, so Weninger. "Wir sollten um 1989 den Korpus eines Heiligen untersuchen", erzählt er. Er selbst habe sich an die Altersbestimmung der Mumie gemacht. Kurz danach lud Protsch den Bischof ins Institut ein und nannte forsch die Resultate. "Dabei war ich mit der Messung noch gar nicht fertig."

Wütend schrieb der wissenschaftliche Mitarbeiter daraufhin einen vierseitigen Beschwerdebrief an den Dekan der Universität. Doch der ließ den Professor weiter gewähren.

Protsch hält die Anschuldigungen ohnehin für eine "Intrige". Er besteht darauf, dass bei ihm stets alles mit rechten Dingen zugegangen sei. "Leider haben die Archäologen und die meisten Anthropologen nie Chemie und Physik studiert und können deshalb kein Urteil über Datierungen abgeben", so Protsch gegenüber dem SPIEGEL. Eines allerdings räumt er ein: "Fehlmessungen gibt es in allen Laboren."

Bei ihm kam noch der Ärger dazu. Immer wieder verließen Doktoranden sein Institut im Groll. Über kurz oder lang rasselten Jungakademiker mit dem Chef zusammen.

Auch der jetzige Doktorand ist über seinen Job nicht mehr glücklich. Er sitzt seit gut zwei Jahren an einem Berg von Knochenresten, die von drei bis vier Individuen stammen und vom Koblenzer Landesamt für Denkmalpflege nahe eines erloschenen Vulkans in der Osteifel entdeckt wurden. Protsch zufolge sind sie 27 000 Jahre alt.

Daran mag in Frankfurt nun keiner mehr glauben. Das Material befindet sich derzeit im C-14-Labor von Kiel und wird überprüft. Einer der Zähne hat einen Kariesbefall. Schon das muss stutzig machen: Bei den Naturburschen aus der Eiszeit, die keinen Zucker kannten, war diese Plage selten.

Angesichts der vielen Verdachtsmomente drängen die Experten nun auch auf eine neue Analyse der "Dame von Kelsterbach". Es ist eines der Schlüsselfossilien der deutschen Steinzeitkunde.

Bereits 1952 war der Totenkopf in einer hessischen Kiesgrube entdeckt worden. Protsch datierte ihn unter der Labornummer Fra-5 auf ein Alter von 31 200 Jahre.

Wieder mal, so schien es, hielt der Mann einen Rekordknochen in der Hand. Das Gebein, meldete er stolz im Fachblatt "Eiszeitalter und Gegenwart", sei "das älteste direkt datierte Hominidenfossil Europas". Weil das Spür-Duo Terberger und Street Zweifel hegte, baten sie ihn um eine Probe. Doch Protsch weigerte sich.

Die Universitätsleitung versuchte es jetzt mit Gewalt. In Anwesenheit der Rechtsabteilung brach der Hausmeister den grünen Panzerschrank auf, in dem der Institutsleiter die Fossilien lagert.

Die Überraschung: Der Schrank war halb geplündert. Der Schädel von Kelsterbach ist verschwunden.

 

Mathias Schulz


  ProGenesis