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Fakten zur Bibel
1784
21.10.04
Hallo Joachim,
warum regst Du Dich auf ? Erwartest Du im Ernst von Gottlosen, dass sie
Fakten anerkennen, die ihr schönes Karten-Weltbild zum Einsturz bringt ?
Selbst wenn Jesus noch mal von den Toten zurück käme, würden sie ihm
nicht glauben, WEIL sie NICHT glauben wollen!
Die Menschen werden ja nicht grundlos in die Hölle gehen, sondern weil
sie im Vorsatz und im vollen Wissen Jesu Opfer abgelehnt haben. Die
"Wissenschaft" ist für mich eine Farce - zumindestt
alles was es noch neben
der Mathematik gibt. Der Fall eines Frankfurters Professors ist da nur die
Spitze des Eisbergs:
http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,322607,00.html
soli Deo gloria
Grüße
Michael/de
Lieber Hans Peter.
ANTHROPOLOGIE
Mogelei im Knochenkeller
Schock an der Frankfurter Universität: Der Anthropologe
Reiner Protsch datierte Steinzeit-Schädel falsch. Kostbare Fossilien sind
verschwunden. Schwindelte der Professor auch bei seinem Doktor- und
Adelstitel? Nun stellt sich heraus: Auch institutseigene Eugenik-Akten aus
der Nazi-Zeit wurden vernichtet.
Schnee
fiel, als im Winter 1978 zwei Herren aus Bayern die sterblichen Reste des
Seligen Nantwein im Stahlkoffer nach Frankfurt am Main brachten. Einst war
der Rom-Pilger fälschlich der Knabenschändung angeklagt worden und starb
auf dem Scheiterhaufen. Übrig blieben nur ein paar verkohlte Knochen.
Aber war der Leichenbrand überhaupt echt? Das Institut für Anthropologie
sollte Klarheit bringen.
Dessen Chef Reiner Protsch galt als Meister kniffliger Fragen. Der
Amerikaner, Absolvent der ehrwürdigen University of California in Los
Angeles (UCLA), leuchtete damals gerade als neuer Stern am Himmel der
deutschen Gerippe-Fahnder: genau der Richtige für den frommen Nantwein.
Doch in Wahrheit hatte der Professor von der komplizierten Materie der
Kohlenstoff-Messung wenig Ahnung. Auf dem bleiummantelten C-14-Apparat im
Keller des Instituts habe "dicker Staub" gelegen, erinnert sich der
damalige Mitarbeiter Peter Blänkle aus Offenbach.
"Ich musste ein Kirchenlexikon besorgen", erzählt Blänkle. Das dort
verzeichnete Sterbedatum habe der Chef dann zum Messwert ("A. D. 1275")
umgebogen und an das Stadtmuseum München weitergereicht.
Intern war der C4-Professor für solche Mogeleien bald berüchtigt. Seine
Assistenten sprachen von "protschern" und "mentaler Datierung". Wichtige
Fossilien wurden so ins völlig falsche Jahrtausend sortiert. Der angeblich
36 000 Jahre alte "Neandertaler von Hahnöfersand" zum Beispiel starb in
Wahrheit um 5500 vor Christus .
Seit sieben Wochen versucht eine Uni-Kommission zum "Umgang mit
wissenschaftlichem Fehlverhalten" das Ausmaß des Schadens zu ermitteln.
Protsch, so zeigt sich, lieferte gegen Geld C-14-Daten an Museen und
Heimatvereine. Zu seinen Kunden gehörten Ausgräber in Speyer ebenso wie
Experten von den großen Fossilienfeldern in Tansania.
Vergangene Woche gab es erneut Ärger im Institut. Der Doktorand Stefan
Flohr arbeitet dort an Gebeinen, die von einem erloschenen Vulkan aus der
Osteifel stammen - laut Protsch sind sie 27.000 Jahre alt. Die Nachprüfung
ergab nun: Das Material ist merowingisch um 500 nach Christus.
Was für eine Pleite! Hat ein "Blender" (Blänkle), der mit
Kohlenstoff-Isotopen, Zählrohren und der Kunst der C-14-Kalibrierung auf
dem Kriegsfuß stand, über 30 Jahre lang Knochen und Eiszeit-Relikte
fehldatiert? Ein Schlag für die Anthropologie - und eine Riesenblamage für
die Frankfurter Universität.
Doch damit nicht genug: Dokumente, die dem SPIEGEL vorliegen, zeigen, dass
der Professor offenbar auch gegen andere Regeln des akademischen Betriebs
verstieß. Derzeit darf der Anthropologe sein Büro nicht betreten -
Hausverbot. Blänkle verbittert: "Die Anthropologie in Frankfurt ist zu
Grunde gerichtet."
Protsch, 65, dagegen spricht von einer "Intrige". Von seiner Mainzer
Jugendstilvilla aus, wo er mit Ehegattin Angelina lebt, bereitet er seine
Rückkehr auf den Campus vor. Der "Rheinische Merkur" brachte einen
wohlwollenden Artikel. Im Hessen-Fernsehen stellte er sich als Opfer
dunkler Machenschaften hin.
Doch der Mann ist arg in Bedrängnis.
Herrisch und mit einem starken Hang zur Aufschneiderei hat er seinen
Lehrstuhl offenbar für unredliche Taten missbraucht. Die Vorwürfe reichen
vom Diebstahl geistigen Eigentums bis zum Fälschen von Spesenzetteln.
Zudem soll Protsch ein Dieb sein. Er habe 278 Schimpansenschädel für
70.000 Dollar in die USA verkaufen wollen, beschuldigt ihn die
Universität. Ein Assistent berichtete der Kripo: "Ich musste die alten
Uni-Inventarnummern von den Affenköpfen abreißen und das Schild des
Professors raufkleben."
Protsch streitet alle ihm zur Last gelegten Übeltaten rundweg ab. Er könne
im Institut auch kaum etwas klauen, weil ihm ja das meiste ohnehin gehöre:
"Alle strittigen Fossilien sind mein persönliches wissenschaftliches
Material und Eigentum."
Im Institut in der Siesmayerstraße herrscht nun Chaos. Der Stahlschrank im
Chefbüro ist halb leer, edle Knochen fehlen. Auch der berühmte
Kelsterbach-Schädel, laut Protsch 31 200 Jahre alt (er wäre damit der
älteste moderne Mensch Deutschlands), ist verschwunden.
Im "Knochenkeller" im Untergeschoss fehlen ebenfalls Bestände. In einem
Außenlager liegen etwa 12.000 Skelette aus alten Friedhofsgrabungen. Viele
davon haben keinen Schädel mehr. Mitarbeiter behaupten: "Die hat er in die
USA verkauft oder zu Studienzwecken an befreundete Zahnmediziner
weitergereicht."
Protsch weist jeglichen Klau von Totenköpfen zurück: "Ich habe den
Knochenkeller des Instituts das letzte Mal vor 15 Jahren gesehen."
All diese Vorwürfe richten sich gegen einen schillernden Hansdampf.
Schneidig, mit Kaschmirpullover und Maßanzug, betritt der Gelehrte gern
den Hörsaal. Er trägt Golduhren und raucht kubanische Zigarren. Seine Vita
weist ihn als Mitglied von über 20 Clubs und Gesellschaften aus. Auch
spielt er ("Handikap 10") ausgezeichnet Golf.
Und immer wieder jettet der Gelehrte in die alte Heimat. Angeblich besitzt
er Wohnungen in New York, Florida und Kalifornien, wo er mit Steffi Graf
und Arnold Schwarzenegger plauscht. Er habe das Turiner Leichentuch Jesu
und die Knochen von Hitler und Eva Braun geheim untersucht, prahlte der
taffe Paffer vor seinen Studenten. Zudem spreche er Suaheli, Sorbisch und
Afrikaans.
Ist "Prof. Dr. Dr. Reiner R. R. Protsch von Zieten", Fachmann für "Anthropometrie,
Forensische Osteologie" sowie 30 weitere Fachgebiete, ein Hochstapler? So
sehen es seine Mitarbeiter. Blänkle: "Der blufft total."
ANTHROPOLOGIE
"Die Regeln mache ich"
Gestohlene Knochen von Urmenschen, absurd falsch
datierte Skelette und Schädel - steht den deutschen Steinzeitforschern ein
einmaliger Skandal ins Haus? Im Zentrum steht ein schillernder
Anthropologieprofessor der Frankfurter Universität. Die Kripo ermittelt.
Reiner Protsch von Zieten, 65, ist ein schneidiger Mann. Im
feinen Zweireiher, zuweilen auch mit kariertem Holzfällerhemd, links am
Arm die Breitling-Uhr und den goldenen Siegelring, fährt der Professor im
Porsche ins Institut der Anthropologie und Humangenetik in Frankfurt am
Main.
Daheim in seiner Villa lebt der Forscher preußisch gediegen. Hauspersonal
pflegt die weitläufigen Flure, in denen der Chef zuweilen zu Empfängen
lädt. Er kenne den georgischen Außenminister, erklärt er gern Freunden;
zudem coache er eine Baseballmannschaft.
Gern
schmückt sich der sportive Akademiker ("Ich schaffe 100 Liegestütze") auch
mit seinem berühmten Lehrmeister: dem 1980 verstorbenen
US-Nobelpreisträger Willard Libby, Erfinder der Kohlenstoff-Datierung
("C-14-Methode"). Er selbst gibt vor, Nachfahr des Husarengenerals Hans
Joachim von Zieten (1699 bis 1786) zu sein, der gern mit Zobelmütze und
Tigerdecke über der Schulter unversehens aus buschigem Hinterhalt angriff.
Eine Traumkarriere - die allerdings Risse zeigt. Der "Professor Dr. Dr.
rer. nat.", wie er sich im Internet nennt, Fachmann für
"Primatenentstehung und -verhalten, Physische Anthropologie,
somatologische und osteologische Analysen" sowie 30 weitere Spezialthemen,
hat bei seinem zweiten Doktortitel gemogelt. Schon im Februar 2000
verurteilte ihn das Amtsgericht Frankfurt deshalb zu 27 000 Mark Strafe.
Das ficht den Liebhaber dicker Havannas nicht an. Wenn Protsch kommt,
machen andere Platz. Einen "Energiebolzen" nennt ihn sein Fachkollege, der
Anthropologe Winfried Henke aus Mainz. Seine Zigarren pafft der
Institutschef auch im Uni-Fahrstuhl und kratzt die Rauchverbotsschilder
ab. Sein Lebensmotto: "Die Regeln mache ich."
Kaum ein Gebein, um das sich der alerte Mann nicht wortreich kümmerte. Mal
sucht er in Südafrika nach Fossilien, mal talkt er im TV über den
penisverspeisenden Kannibalen Armin Meiwes.
Und nun das: Der altgediente Universitätsgelehrte darf sein Büro nicht
mehr betreten: Hausverbot. Ihm wurde der Schlüssel entzogen und
Strafanzeige gestellt. Sein Labor in der Siesmayerstraße ist versiegelt.
Die Kriminalpolizei ermittelt.
Ein Verdacht lastet auf dem Nachfahr des Reitergenerals. Er habe 280
institutseigene Schimpansenschädel in den USA verhökern wollen - für 70
000 Dollar, so der Vorwurf. Zeugen gaben bei der Kripo an, die alten
Hochschul-Inventarnummern seien überklebt worden.
Neider würden ihn "mobben", entrüstet sich der Beschuldigte; er habe die
Primaten von einem Heidelberger Arzt und Ethnologen erworben: "Ich besitze
einen Original-Kaufvertrag von 1975."
Doch der Streit um die Schimpansen ist nur eine Marginalie. Die Causa
Protsch könnte sich zu einer Katastrophe für die Wissenschaft auswachsen.
Auf einen ganzen Forschungszweig fällt derzeit ein Schatten. Die deutsche
Paläoanthropologie, so die Befürchtung, wurde womöglich von einem Hallodri
genarrt und in die Irre geführt.
Seit 1973 leitet der Gelehrte mit dem grauen Schnauzbart das Frankfurter
C-14-Datierungslabor. Zahlreiche berühmte Fossilien hat er untersucht. Der
Professor prüfte den 600 000 Jahre alten Unterkiefer des Homo
heidelbergensis, er taxierte Neandertaler und bestimmte das Alter von
ersten modernen Menschen aus Europa.
Blickte der Akademiker dabei in sein C-14-Zählrohr, als wäre es eine
Wahrsagerkugel? Ganze Halden an prähistorischen Knochen wurden von ihm
offenbar in die falschen Jahrtausende eingetütet.
Wie groß das Ausmaß an Fehldatierungen ist, haben jetzt der Greifswalder
Archäologe Thomas Terberger und sein Kollege Martin Street vom
Forschungsbereich Altsteinzeit in Neuwied aufgedeckt. Das Duo klapperte
deutsche Museen ab, in denen Skelette liegen, die angeblich aus dem
Jungpaläolithikum (40 000 bis 10 000 Jahre vor heute) stammen - jener
spannenden Phase in der Menschheitsgeschichte, als der Neandertaler
ausstarb und der schlanke Homo sapiens Deutschland besiedelte.
Aber
sind die Skelette wirklich so alt? Klarheit sollte her - mit modernster
Analysetechnik. Also rammten die Forscher Bohrköpfe in die bräunlichen
Gebeine. Der so gewonnene Knochenstaub ging an das C-14-Labor in Oxford.
Die Ergebnisse sind ernüchternd. Viele der Kiefer, Zähne und Gebeine sind
in Wahrheit weit jünger als bislang gedacht. "Von den wenigen
jungpaläolithischen Menschenresten brechen immer mehr weg", erklärt
Terberger.
Bei ihren Recherchen fiel den Fahndern immer wieder der Name Protsch auf.
Nun machen sie ihn für "absurde" Fehler verantwortlich. Beispiele:
"Ich
bin enttäuscht", gesteht Barbara Rüschoff-Thale, Leiterin des
archäologischen Museums in Herne, das im Besitz des vermeintlichen
Ur-Westfalen ist. Der Schädel sei 1976 von einem Bagger hochgespült
worden, "angeblich aus 13 Meter Tiefe".
Nach dem Zahlenschock ließ das Museum in eigener Regie noch eine Analyse
am Isotopenlabor in Groningen durchführen. Sie bestätigte das neue
Ergebnis: "Als wir den Knochen aufschnitten, stank er noch", erzählt
Rüschoff-Thale entgeistert.
Protsch hält dagegen: "Die neuen Akzeleratordaten aus Oxford sind alle
falsch", erklärte er vorigen Freitag gegenüber dem SPIEGEL. Die Briten
hätten die Knochenproben nicht vom Schellack gereinigt und so die
Resultate verjüngt.
Doch
das ist wenig plausibel: Das englische Labor zählt zu den besten der Welt
und führt standardmäßig ein Reinigungsverfahren durch, um eine
Kontamination mit Fremdstoffen auszuschalten.
Was also ist da passiert? Wieso unterliefen dem Gelehrten solche
Schnitzer?
Schluderei allein, urteilen Terberger und Street, könne das
"Datierungsdesaster" nicht verursacht haben. Die Abweichungen seien "so
gravierend, dass singuläre Anlagenprobleme/Fehlmessungen als Erklärung
ausscheiden".
Also Schwindel? Oder kam der Akademiker mit dem Messgerät nicht klar? Die
C-14-Apparatur im Institutskeller sei "nicht dauerhaft" genutzt worden,
schreibt Terberger. Und der Anthropologe Henke lästert: "Wenn Protsch
datierte, war das wie Schäfchenzählen."
ANTHROPOLOGIE
"Die Regeln mache ich"
(2)
In der Fred-Feuerstein-Zunft herrscht nun Verwirrung. Noch
ist nicht klar, wie groß der Sumpf und die Anzahl verunglückter Messungen
sind, die der Professor in seinem langen Berufsleben vorlegte. Auch bei
Schädeln aus Tansania und Südafrika lag der Gelehrte komplett daneben. Ein
Insider behauptet: "Der hat hundertfach im Labor phantasiert."
Bereits im Jahr 1984 las der Prähistoriker Michael Mehlman dem Frankfurter
Institutschef die Leviten. Er legte im "Journal of Human Evolution" einen
14-seitigen Bericht vor, der Protsch von Verdrehung von Fakten bis zur
Schludrigkeit alle erdenklichen Fahrlässigkeiten vorwarf.
Dabei hatte alles so glänzend angefangen. Mit Chuzpe gelang dem
Anthropologen ein flotter Aufstieg. Anfang der siebziger Jahre lernte der
Deutsche an der University of California in Los Angeles im Kreis der
Allerbesten.
Als die
Universität Frankfurt einen neuen Anthropologen suchte, kam ihr der
dynamische Protsch gerade recht. Als Mann von Welt, der den Pazifik hatte
rauschen hören und die Creme der amerikanischen Scientific Community
kenne, so stellte sich der frisch gebackene Doktor vor - und erhielt den
Job.
Hemdsärmelig und amerikanisch locker, dazu mit markanter Stimme,
entwickelte der Professor auf dem Campus schnell seinen eigenen
Führungsstil. Henke: "Er war ein großer Lausbub."
In den siebziger Jahren reisten Henke und Protsch im Geländewagen in die
DDR. Sie wollten die Homo-erectus-Fundstelle von Bilzingsleben in
Thüringen besuchen. Hinweise seines Mitfahrers, es wäre besser, vom Gas zu
gehen, kommentierte Protsch mit dem Hinweis: "Lass mal, die Vopos sitzen
hier noch mit der Stoppuhr in den Bäumen." Kurz danach saß er in einer
Radarkontrolle und zahlte 500 Mark.
In Thüringen angekommen, machte der Westforscher so viel Dampf, dass ihm
die Ost-Gelehrten Fossil-Abgüsse des Menschen von Bilzingsleben leihweise
überließen. "Kaum zu Hause machte er heimlich Kopien und brachte sie in
Umlauf", erzählt Henke: "In der DDR war er daraufhin eine Persona non
grata."
Halb Münchhausen, halb Akademiker-Star - gegen das schillernde Leben des
Reiner Protsch von Zieten, der mit einer blaublütigen Oralchirurgin
verheiratet ist, wirkt die deutsche Akademikerwelt wie eine Truppe von
Grottenolmen.
Die Folge: Immer wieder gab es Ärger. In den achtziger Jahren besuchte ein
tansanischer Student das Institut. Im Gepäck hatte der junge Mann das
berühmte Erectus-Fragment O.H.9 aus Ostafrika. Als sich die beiden
zerstritten, wollte der Chef die Pretiose nicht mehr rausrücken. Erst ein
Machtwort des Hochschulkanzlers zwang ihn zum Einlenken.
Vor allem aber mit seinem C-14-Gerät stand der Forscher offenbar auf
Kriegsfuß. Gleichwohl riss sich Protsch um die Analyse der edelsten und
spannendsten Menschenfunde. 1980 untersuchte der Professor den
Neandertaler von Hahnöfersand. Als einige Kollegen immer noch zweifelten,
schob der Kohlenstoff-Akrobat eine Messung nach, die angeblich seine
Freunde aus Kalifornien gemacht hatten. Auch die lag bei über 35 000
Jahren.
Staunen ergriff damals die Zunft. Nie zuvor war so weit nördlich ein
Neandertaler entdeckt worden. Das Hamburger Helms-Museum jubelte und
lockte Abertausende Besucher an. Plakate zeigen den vermeintlich "ältesten
Hamburger" als plattnasigen Kraftschrat.
Nun herrscht Katerstimmung. "Hahni", wie manche ihn nennen, war kein
diluvialer Urkerl, sondern ein moderner Mensch, der vor 7500 Jahren hart
an der Grenze zur Ackerbaukultur an der Elbe Enten jagte. "We were not
amused", meint der verantwortliche Museumsmann Ralf Busch.
Auch der Anthropologe Günter Bräuer machte vorige Woche ein langes
Gesicht. In gelehrten Aufsätzen hat er das Fossil als robusten Mischling
zwischen Neandertaler und Homo sapiens gedeutet. Für ihn war Hahni das
zentrale Beweisstück in seiner "Hybridtheorie", die besagt, dass die
beiden Menschenarten Sex miteinander hatten. Sein Kommentar: "Schade, da
hab ich mich vertan."
Welche Blamage! Doch Bräuer entschuldigt sich: "Protsch kam von der
Universität Kalifornien, aus der Schmiede der Könner." Zudem sei sein
Institut "mit Geld überschüttet" worden.
Doch in Wahrheit kursierten schon seit langem Gerüchte über den Professor.
Henke gibt offen zu: "Protschern wurde zum Synonym für hinbiegen."
"Der Mann hat Daten gefälscht", sagt auch Ex-Mitarbeiter Bernhard Weninger,
der jetzt das C-14-Labor am Kölner Institut für Vor- und Frühgeschichte
leitet. "Ende der achtziger Jahre untersuchten wir ein Massengrab aus der
Bandkeramik", erzählt er. Weil die aufwendige Messreihe dem Chef zu lange
dauerte, habe der sich einfach ein plausibles Alter ausgedacht und an die
Archäologen weitergereicht. Weninger: "Dieses Tricksen nannten wir
'mentale Datierung'."
Auf diese Weise sei auch der Bischof von Limburg abgespeist worden, so
Weninger. "Wir sollten um 1989 den Korpus eines Heiligen untersuchen",
erzählt er. Er selbst habe sich an die Altersbestimmung der Mumie gemacht.
Kurz danach lud Protsch den Bischof ins Institut ein und nannte forsch die
Resultate. "Dabei war ich mit der Messung noch gar nicht fertig."
Wütend schrieb der wissenschaftliche Mitarbeiter daraufhin einen
vierseitigen Beschwerdebrief an den Dekan der Universität. Doch der ließ
den Professor weiter gewähren.
Protsch hält die Anschuldigungen ohnehin für eine "Intrige". Er besteht
darauf, dass bei ihm stets alles mit rechten Dingen zugegangen sei.
"Leider haben die Archäologen und die meisten Anthropologen nie Chemie und
Physik studiert und können deshalb kein Urteil über Datierungen abgeben",
so Protsch gegenüber dem SPIEGEL. Eines allerdings räumt er ein:
"Fehlmessungen gibt es in allen Laboren."
Bei ihm kam noch der Ärger dazu. Immer wieder verließen Doktoranden sein
Institut im Groll. Über kurz oder lang rasselten Jungakademiker mit dem
Chef zusammen.
Auch der jetzige Doktorand ist über seinen Job nicht mehr glücklich. Er
sitzt seit gut zwei Jahren an einem Berg von Knochenresten, die von drei
bis vier Individuen stammen und vom Koblenzer Landesamt für Denkmalpflege
nahe eines erloschenen Vulkans in der Osteifel entdeckt wurden. Protsch
zufolge sind sie 27 000 Jahre alt.
Daran mag in Frankfurt nun keiner mehr glauben. Das Material befindet sich
derzeit im C-14-Labor von Kiel und wird überprüft. Einer der Zähne hat
einen Kariesbefall. Schon das muss stutzig machen: Bei den Naturburschen
aus der Eiszeit, die keinen Zucker kannten, war diese Plage selten.
Angesichts der vielen Verdachtsmomente drängen die Experten nun auch auf
eine neue Analyse der "Dame von Kelsterbach". Es ist eines der
Schlüsselfossilien der deutschen Steinzeitkunde.
Bereits 1952 war der Totenkopf in einer hessischen Kiesgrube entdeckt
worden. Protsch datierte ihn unter der Labornummer Fra-5 auf ein Alter von
31 200 Jahre.
Wieder mal, so schien es, hielt der Mann einen Rekordknochen in der Hand.
Das Gebein, meldete er stolz im Fachblatt "Eiszeitalter und Gegenwart",
sei "das älteste direkt datierte Hominidenfossil Europas". Weil das
Spür-Duo Terberger und Street Zweifel hegte, baten sie ihn um eine Probe.
Doch Protsch weigerte sich.
Die Universitätsleitung versuchte es jetzt mit Gewalt. In Anwesenheit der
Rechtsabteilung brach der Hausmeister den grünen Panzerschrank auf, in dem
der Institutsleiter die Fossilien lagert.
Die Überraschung: Der Schrank war halb geplündert. Der Schädel von
Kelsterbach ist verschwunden.
Mathias Schulz