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Dit is de openbrief die Andreas Steinmeister aan Wim Ouweneel heeft geschreven. Ik (APG) heb de brief met toestemming van de auteur op enkele punten ingekort.

O F F E N E R B R I E F

 

Lieber Leser dieses Briefes !

Dieser Brief an Wim Ouweneel ist eine Analyse der Lehren, die sehr viele Gläubige in verschiedenen christlichen Kreisen mit großer Sorge erfüllen. Verschiedene Brüder (darunter auch Dozenten aus Holland) haben mich gebeten, diesen Brief als offenen Brief weiterzureichen.

Es ist überdeutlich: Wim Ouweneel hat nicht nur seine Lehren, die in Verbindung mit dem Zusammenkommen der Gläubigen als örtliche Versammlung (Gemeinde) stehen, verändert, sondern versucht durch seine christlich - philosophische Sichtweise einen neuen „Weg hinsichtlich des Schriftverständnisses zwischen dem Liberalismus einerseits und dem Fundamentalismus andererseits" (Zitatangabe siehe weiter unten!) zu gehen.

Dem Brief habe ich auch noch einen „Anhang" beigefügt, der sich mit seinem Buch „Nachtboek van de ziel" befasst, wo er mehrere seiner Träume deutet.

Den ganzen Brief (mit Ausnahme des Anhangs, den ich jetzt erst fertiggestellt habe, nachdem ich das Buch gelesen habe) habe ich zunächst an Wim persönlich geschickt und ihn um ein Gespräch unter vertrauenswürdigen Zeugen gebeten. Dieses Gespräch hat er kategorisch abgelehnt. Allerdings hat er mir verboten, seinen Brief an mich weiterzureichen bzw. auszugsweise daraus zu zitieren, daher darf ich seine Begründung für seine Ablehnung auch nicht weitergeben. Dem will und muss ich nachkommen.

Zwei Tage später rief mich ein mir bisher nur durch Bücher bekannter weiterer Dozent aus Holland an und berichtete, dass Wim ihm gegenüber ebenfalls ein Gespräch abgelehnt habe und man nun eigentlich vor ihm warnen müsse.

Es tut mir sehr leid, dass es zu diesem Gespräch nicht gekommen ist. Trotzdem war es in gewisser Weise eine Antwort auf mein intensives Gebet.

Ich fühle mich nun vor dem HERRN verpflichtet, diesen Brief als „offenen Brief" anderen zur Verfügung zu stellen, da ich persönlich überzeugt bin, dass verschiedene seiner Auffassungen zu einer gefährlichen Entwicklung führen werden - wenn nicht ein Besinnen stattfindet.

Dieser Brief kann ohne meine Zustimmung weitergegeben werden, allerdings mit dem dringenden Wunsch und der ernsten Bitte, für Wim Ouweneel und auch H.Medema, intensiv zu beten.

Ich betone mit aller Deutlichkeit, dass ich ganz persönlich für diese Arbeit verantwortlich zeichne und natürlich für schriftgemäße Korrekturen dankbar und auch zu brüderlichen Gesprächen bereit bin.

 

Andreas Steinmeister

 

 

Lieber Wim,

nachdem wir nun lange Zeit nichts voneinander gehört, aber sehr wohl übereinander gesprochen haben (ich hoffe in einer geistlichen Gesinnung), möchte ich Dir doch persönlich schreiben und Dich um ein Gespräch bitten.

Während der Gladbecker Gespräche hatten wir ja schon erhebliche Kommunikationsprobleme, nicht auf der Beziehungsebene (hoffe ich), sondern mehr auf der Sachebene..............................

................................................................................................................................................

........................................................ (Es folgen Einzelheiten, die nicht für alle Leser wesentlich sind)

 

 

1/ Gedanken zu Deinem Buch"De Negende koning" 

 

2/ Charismatische Bewegung.

 

3/ Sind die Tage in 1. Mo 1"Tage in Gottes Zeit " oder "24 Stunden-Tage" ?

 

4/ Deine Auffassung Über die "bibeltreue Oekumene."

 

5/ Was heisst "bibeltreu" und "bibeltreue Gemeinde" ?

 

6/ "Bibeltreues Grundmotiv" und "bibliotropisches Paradigma."

 

7/ Deine Lehre Über den praktischen, vor-theoretischen, naiven Glauben und die

theologisch-theoretische Anaylse.

 

8/ Irrtumlosigkeit der Bibel, Biblizismus und Fundamentalismus.

 

9/ Was bedeutet fÜr Dich eigentlich "Bibelwort" ?

 

10/ Dein kampf gegen eine rationalistische Apologetik.

 

11/ Deine Auffassung zum Thema "Ist die Bibel Gottes Wort" ?

 

12/ Dein Text mit Ueberschirft "Es wird gut mit der Krise."

 

ANHANG/ Bemerkungen zu dem Buch von W.J. Ouweneel; "Nachtboek van de ziel."

 

 

 

 

 

1) Gedanken zu Deinem Buch „De Negende koning"

a) Wenn man Dein in vielerlei Hinsicht sehr interessantes Buch „De Negende Koning" liest, muss man höchst überrascht feststellen, dass nach Deiner neuen Auffassung über 1.Mo.32 der „Mann", der Jakob segnete, ein „Geist der Finsternis" ist (Shamael, wie Du in Anlehnung an die spätere jüd. Tradition, sagst, S.43). Das sind auch wieder so seltsame Neuigkeiten, die einen kritisch denkenden Leser aufmerken lassen. Da fragt man sich: Sollte Wim diese Auslegung als neue Offenbarung vom Herrn empfangen haben ? (Du verstehst meine Ironie, da ich Deinen Traumerfahrungen- und analysen inzwischen gelesen habe und weiter unten darauf zurückkommen werde).

Wenn man bei gläubigen Bibelauslegern nachliest, findet man solche Erkenntnisse nicht, was noch kein Beweis für Deine falsche Exegese des Textes wäre. Du schreibst ja auch, dass die große Mehrheit der christlichen Exegeten einen guten Engel in dem Mann, der mit Jakob kämpfte, gesehen hat und sieht.

Man könnte fragen: Wer teilt eigentlich D e i n e Auffassung ? Man stellt dann überrascht fest, dass es sich wohl ausschließlich um große jüdische Exegeten handelt: Raschi, Rabbi Schimeon, Rabbi Berekja u.a und Texte der Midrasch.

Du siehst in diesem Kampf etwas Grundlegendes, das seine Auswirkung auf die ganze Weltgeschichte hat, da ja nach jüdischer Auffassung Esau/Edom Rom oder das Römische Reich vorstellt. Aber kann bei guter exegetischer Betrachtung Edom wirklich Rom sein ?

Wenn ich Jes.34; 63,1-6; Jer.9,23-26; 49,7-22; Hes.25,12-14 und Obadja mit Off.19,13.15.17 und Off.16,16 vergleiche, so wird doch ein großer Unterschied beim Gericht zwischen Armagedon und Edom sein. Die Begründung für die Rache an Edom ist doch eine andere als die für das Gericht über das Röm. Reich. Das nur nebenbei.

Hier wirst Du also von ungläubigen jüdischen Exegeten beeinflusst - wobei auch De Graaf keine unerhebliche Rolle spielt - und übernimmst deren Auffassung.

Ich will jetzt nicht auf Deine (jüdische) Beweisführung eingehen, aber Dir doch zu bedenken geben, dass Deine Übersetzung von Hos.12,4-5 von keiner mir bekannten Übersetzung geteilt wird, noch nicht einmal von der jüdischen Zunz-Bibel.

Können wir jetzt nicht mehr klar unterscheiden, wann Gott handelt und wann Satan handelt ?

Die Tatsache, dass der „Mann" vor der Morgenröte verschwand, ist doch kein Beweis dafür, dass er das Licht scheute ? Wäre nicht 2.Mo.33,20.23 auch eine Erklärung ? Ein Engel Gottes kam auch in der Nacht zu Paulus (Apg.27,23), und der Herr Jesus erschien den Jüngern bei Nacht auf dem See. Deine jüdische Argumentation ist also in keiner Weise einleuchtend.

- Wird ein „Geist der Finsternis" (Satan) in der sinnbildl. Sprache der Bibel irgendwo „Mann" genannt ? (vgl. dagegen aber 1.Mo.18,2; 19,8)

- Unterstellst Du Jakob, dass er so blind war, dass er - trotzdem er mit Satan rang, doch den Ort „Pniel" (Angesicht Gottes) nannte ? Er war der Auffassung, ein göttliches Wesen wahrgenommen zu haben. Du unterstellst ihm, dass er Gottes Engel nicht von einem satanischen Wesen unterscheiden konnte.

- Jakob erhielt den Namen „Israel", „denn du hast mit Gott und Menschen gerungen und hast obgesiegt" - und das soll Satan gesagt haben ? Damit stammt der Name „Israel" nach Deiner Auffassung von Satan. Das finde ich unbegreiflich !

- Jakob wurde dort gesegnet. Kam dieser Segen von Satan ? Gibt es eine Stelle, wo Satan einen Menschen segnet, wo das Wort „bahrak" benutzt wird ? Der Alttestamentler H.Frey sagt über diese exegetische Betrachtung: „Es braucht kaum mehr gesagt zu werden, dass diese Deutung völlig außer Zusammenhang mit der übrigen Erzählung steht."

- 1.Mo.35,10 sagt auch n i c h t, dass Gott den Jakob in Gegenwart Satans in Bethel segnete. Das ist Eisegese, nicht Exegese.

- In Hos.12,4 steht: „in seiner Manneskraft kämpfte er mit Gott" (Elohim), er kämpfte mit dem Engel („malack"); Du meinst, dass es sich hier - und auch bei dem Engel, um den elohim (Geist der Finsternis) von Esau handelt, trotz 1.Mo.32,1 ? Aber wenn „elohim" dasteht, dann müsste es doch „Götter" heißen ?

- Bei dem, der in Hos.12,5 weinte und flehte, denkst Du an den Geist der Finsternis. Aber ist das aus dem Kontext erkennbar ? Er (Jakob) hielt seines Bruders Ferse; er (Jakob) kämpfte mit Gott (Elohim), er (Jakob) kämpfte mit dem Engel, er (Geist der Finsternis ?) weinte und flehte zu ihm, zu Bethel fand er (Jakob) ihn.

Passt ein Wort wie „weinen" zu einem „Geist der Finsternis" ? Kann denn Hos.12,5 (weinen und flehen) nicht wesentlich besser mit der Aussage „Ich lasse dich nicht, er habest mich denn gesegnet" verbunden werden ?

- Warum muss „und daselbst redete er mit uns" bedeuten, dass in Bethel Jakob und der Engel mit Jahwe redeten ? Du meinst, dass diese letzten Worte als Worte des Engels (dem Geist der Finsternis) selbst aufgefasst werden müssten. Hier würde dann auf einmal - ganz unvermittelt Satan sprechen. Begründung: Da hier Imperfekte mit einer Präsens- oder Futurbedeutung stehen, könne es Deiner Meinung nach auch heißen: „...wird er mit uns reden". Dann müsste der Geist der Finsternis gewusst haben, dass Gott mit ihm und Jakob in Bethel reden würde. Woher ? Ist er allwissend ?

Ist es nicht besser, den Satz im Imperfekt zu lassen und in dem „uns" Jakob und seine Nachkommenschaft zu sehen oder in dem „uns" den Überrest Israels zu sehen, wovon Jakob ja ein Bild ist ? Zugegebenermaßen ist die Auslegung dieses Satzes allerdings sehr schwierig.

- Der Satz „Jahwe ist sein Gedenkname" in Hos.12,6 bezieht sich m.E. nach deutlich auf „Elohim" von Vers 4 und auf den „ihn" in Vers 5b.

Ohne jetzt weiter auf Deine Auslegung einzugehen, erscheint mir diese wirklich außerordentlich merkwürdig. Immerhin, Du berufst Dich auf jüdische Quellen - wie häufiger in diesem Buch.

b) Auch auf S. 19 bemerkst Er, dass bestimmte Geschichten der späteren Bücher des AT und die des NT nicht zu trennen sind („niet los te denken") von der jüdischen Literatur. Der Ausdruck „niet los te denken" geht sehr weit. Muss man jetzt erst jüdische Literatur lesen, um Gottes Gedanken über Engel zu begreifen ? Es wirkt alles sehr theologisch !!

Vielleicht kannst Du deswegen auch schreiben, dass Du „von dem Glaubensstandpunkt ausgehst", dass „die Schrift in der Tat Gottes Offenbarung beinhaltet (behelst)" (S.13) und andererseits, dass „in der Schrift auch menschliche Vorstellungen und Reflexionen vorkommen" (S.13). Ich behaupte nicht, dass hier ohne weiteres „bibelkritische Tendenzen" durch das Wörtchen „enthält" deutlich werden, aber doch, dass die Ausdrucksweise anders ist als früher (und auf jeden Fall nicht bibeltreuer). Wenn Du allerdings das Wort „behelst" in Anlehnung an 1.Petr.2,6 gebrauchst, dann ist alles in Ordnung.

Abschließend möchte ich noch zu dem Buch sagen, dass viele Dinge sicher wahr und recht interessant sind. Aber in mancherlei Hinsicht gehst Du einfach viel zu weit und meiner Ansicht nach in eine gefährliche Richtung.

c) Du schreibst: „Es beinhaltet, dass die Schrift hinter den Naturerscheinungen die Handlungen von Geisteswesen sieht, die auf Gottes Befehl hin handeln und manchmal auch Gottes Befehlen entgegenwirken. Diese sog. ‘Naturengel’ werden auch wohl ‘elementare Geister’ (Elementargeister) genannt. So kennt die Bibel Wasser-, See-, Feuer- und Windengel" (S.300-301). Dann lehnst Du Dich wieder an das Gedankengut des Judentums an (Jub.2,2; 1.Hen.60,12-22).

Natürlich denkst Du an Off.7,1; 14,18 und 16,5. Aber da müssen wir doch nicht unmittelbar von „Naturgeistern" und „Elementargeistern" sprechen ? In der Tat sind es Engel, die hier bestimmte Bereiche der Schöpfung bewegen. Wie gesagt: Es ist ein kompliziertes Gebiet, aber man sollte doch sehr vorsichtig sein, jüdische Überlieferungen und griechische Denkansätze so problemlos anzuführen, um sie mit neutestamentlichen Offenbarungen so schnell zu verquicken.

Ist es nicht doch sehr fragwürdig, ob „stoicheia" (Elemente) in Kol.2,8.20 ein Hinweis auf die Geisterwelt ist ? (S.32) Wer das Wort in Hb.5,12 und Gal.4,3.9 liest, kann es doch unmöglich auf die Geisterwelt anwenden. Und gemäß 2.Petr.3,10 würden „Geister" ja dann aufgelöst werden können. Auch bei der Erklärung dieser Begriffe lehnst Du Dich stark an das säkulare Griechisch an, wo „stoicheia" durchaus „Elementargeister" bedeuten kann.

d) Auch „Sternengötter" und „Volksgötter" erwähnst Du. Ohne Frage sind Texte wie 1.Kö.22,19 und 2.Chron.18,18 in Verbindung mit Ps.104,4 Hinweise auf geistige (böse und gute) Mächte im Himmel. Sicher haben wir es mit einem außerordentlich interessanten und wichtigen Gebiet zu tun, obwohl ich meine, dass man auch auf diesem Gebiet sehr vorsichtig sein muss, um nicht stoffliche Götter zu schnell zu geistigen Wesen zu machen (2.Mo.20,23; 34,17; 3.Mo.19,4; 5.Mo.4,28; Jos.24,14; 2.Chron. 13,8). Aber sicher stehen hinter den Götzenbildern (Göttern) Dämonen.

Die Schriftstellen in Jes.14,12 und Hi.38,7 könnten in der Tat auf eine Art „Sternenengel" hinweisen, d.h. auf Engel, die bestimmten Sternen zugeordnet sind. Trotzdem wäre ich vorsichtig mit der Aussage, dass in Am.5,26 wirklich „Sternengötter" gemeint sind, die hier auf geistige Mächte hindeuten. Ich glaube, dass es hier vornehmlich um „gemachte Götter", also von Menschenhand erschaffenen Götter, geht.

Die „Volksengel" bringst Du in Verbindung mit Texten in 5.Mo.4,19; 29,26 und 5.Mo.32,8.

Aber aus 5.Mo.4,19 lese ich nichts anderes, als dass Gott die Gestirne allen Völkern zugeordnet hat, nämlich „um auf den Erdboden zu scheinen". Von Göttern und Engeln lese ich gar nichts. In 5.Mo.29,26 ist nicht ohne weiteres an unsichtbare geistige Mächte zu denken, sondern einfach an die materiellen Götter Ägyptens. Bedauerlicherweise musst Du dann auch - um Deine Gedanken zu rechtfertigen - in 5.Mo.32,8 die Lesart der LXX zu Hilfe nehmen („nach der Zahl der Engel Gottes" anstelle von „nach der Zahl der Kinder Israel").

Du schreibst, dass aus Dan.10 hervorgehe, dass „jede Nation ihren eigenen Herrscher oder Fürst hat, in dem Sinn eines Genius oder Schutzengels" (S.34), aber das steht da gar nicht, sondern es wird von Michael, dem Fürst des Volkes Israel (vgl. Dan.12,1) und von dem Fürst Griechenlands gesprochen.

In Dan.4,13.17.23 siehst Du in den „Wächtern" Engel und verbindest sie mit den Cherubim in Hes.10,12 und Off.4,8. Ich denke, dass es sehr interessante Schlussfolgerungen sind, die Du ziehst, die auch wahr sein können, aber wo wir doch sehr vorsichtig sein müssen. Auch 2.Mo.32,34-33,3 scheinen Deine Gedanken zu bestätigen. Ich werde mich mit diesem Thema noch näher auseinandersetzen - auch im Blick auf Eph.6,12ff. Deswegen möchte ich für mich kein abschließendes Urteil darüber schreiben.

e) In mancherlei Hinsicht ist es sehr interessant, was Du über das Seeungeheuer (tannin), über Rahab und Leviathan schreibst, erfreulich auch, dass Du Dich nicht der Entmythologisierungstheorie, der Formkritik und der hist-krit. Methode anschließen willst, dennoch geht es mir v i e l zu weit, wenn Du die Vermutung äußerst, dass die 7 Thronengel in dem pseudepigraphischen Buch 1.Hen.20,1-7 (dort mit Namen angegeben) diejenigen von Off.8,2ff sein könnten, denn dann wüssten ungläubige Juden mehr als das, was die Schrift sagt. Sie kennten dann die Namen dieser Engel: Uriel, Raphael, Raguel, Michael, Saraquael, Gabriel, Remiel. Hatten sie besondere Offenbarungen ? Aus welcher Quelle hatten sie diese Namen ?

Ein Vergleich mit 2.Tim.3 ist nicht möglich (Jannes und Jambres zieht nicht, weil es hier um Inspiration geht)

Manchmal hat man den Eindruck, dass Du der jüdischen Erklärung genauso viel Glauben schenkst wie dem Wort Gottes.

f) Wenn Du auf S.331-337 auf Deinen Stammbaum hinweist, dann mutet es schon ein wenig merkwürdig an, wenn schließlich herauskommt, dass Du nachweisbar u.a. ein Nachkomme von Karl dem Großen bist. Gratulation ! Aber Du schreibst ja selbst, dass Du auch gemischte (gemengde) Gefühle darüber hast, weil Du ja siehst, dass z.B. die Karolinger, die Kreuzfahrer und die ottonischen Kaiser Vollblutkatholiken waren.

Mir ist nicht ganz klar, warum Du hier Dein Geschlechtsregister angibst. Weiter will ich dazu nichts sagen. Möglicherweise ist es einfach ein kreativer Ausdruck Deines chronolo-

gisch-historischen Forschungsdrangs.

Sicher empfindest Du ein sehr starkes Misstrauen bei mir Dir gegenüber, da ich Dir immer mehr unterstelle, dass Deine Gedanken mehr und mehr von säkularen Einflüssen bewegt werden und Du - meiner Meinung nach - in großer Gefahr stehst, 2.Kor.10,5 und 1.Kor.4,6 aufzugeben. Exakt diese Sorge habe ich. Das wird noch deutlicher, wenn wir zu Deinem Buch „Nachtboek van de ziel" kommen

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2) Charismatische Bewegung

In Deinem Buch „Godsverlichting" unterscheidest Duextreme und gemäßigte Pfingst- und Evangeliumsgemeinden" und betonst diesen Unterschied stark („Ich lege großen Nachdruck auf das Wort ‘extrem’", S.78). Du schreibst sehr positiv über die „lebendige, frische, kräftige, zeitgemäße Predigt"(S.78) und über die „zeitgemäße Form von Gesang und Musik" und eine „völlig unkonventionelle Form des Gottesdienstes" (S.78). Dann fügst Du noch hinzu, dass es zwischen extremen und gemäßigten Pfingstgemeinden fließende Übergänge gibt, „so dass es oft schwierig ist, hier gut zu unterscheiden" (S.78). Und doch ist diese Unterscheidung Deiner Meinung nach von sehr großer Bedeutung.

Es ist Dir nicht unbekannt, dass viele jüngere Geschwister aus den Versammlungen in Holland zu charismatischen Gruppen neigen (Stichwort: praise-avond). Obwohl Du nicht dazu einlädst, gemäßigte Pfingstgemeinden zu besuchen, öffnest Du doch die Türen, um Einflüsse aus diesen Gemeinden zuzulassen, indem Du z.B. eine sehr vage Antwort auf die Frage gibst, wohin Empfehlungsschreiben ausgestellt werden können.

Wenn man in „Godsverlichting" die Seiten 78-79 liest und sieht, dass es „fließende Übergänge" gibt, fragt man sich, warum Du die gemäßigten Pfingstkreise relativ positiv darstellt. Immerhin praktizieren sie doch auch das Zungenreden.

Ich sage nicht, dass dort nicht viele wahre Christen sind und Gott sein Wort in diesen Kreisen nicht segnet, aber man bekommt den Eindruck, dass Du manches in der Pfingstbewegung doch sehr verharmlosend darstellst. Dazu gehört auch die folgende Fragenbeantwortung.

In der Fragenbeantwortung im Bode Juli/August 95; S.165 wird einigermaßen deutlich, dass Du auf jeden Fall das Beten oder Singen zum Heiligen Geist t o l e r i e r s t („..., kann man doch schwierig meinen, dass die Schrift das Beten und Singen zum Geist verbietet"). Du betonst allerdings auch, dass es b e s s e r ist, dem Vorbild der Schrift zu folgen, da ja die Schrift nicht vom Beten und Singen zum Geist rede und schreibst weiter: „Wir beten nicht zu dem Geist, aber wir beten in oder durch (die Kraft) des Heiligen Geistes zu dem Vater und dem Sohn". Andererseits wendest Du Dich auch gegen solche, die dem Singen und Beten zum Geist Widerstand leisten, weil das aus einer Unterschätzung Seiner Person hervorkomme („Darum ist es wohl etwas verwunderlich, dass einige Brüder sich so scharf gegen Lieder wenden, worin der Heilige Geist angesprochen wird" und fügst sodann hinzu „Übrigens habe ich kein einziges Bedürfnis, dass wir uns in unseren Gebeten direkt an den Heiligen Geist richten sollten."). Etwas weiter meinst Du aber dann wieder, „dass es einem zuweilen so vorkommt, dass solche, die sich so heftig gegen das Singen zum Geist wenden, die Gottheit des Geistes nicht recht würdigen" und „Die Schrift ermutigt uns nicht zum Beten oder Singen zum Geist, aber da der Heilige Geist Gott ist, kann man doch kaum meinen, dass die Schrift das Beten oder Singen zum Geist verbieten würde."

Die dann von Dir beispielhaft ausgesuchten Liedtexte zeigen, dass Du von Herzen Lobpreislieder zum Geist mitsingt. („Ehre sei Gott, dem Vater, Ehre sei Gott, dem Sohn, Ehre dem Heiligen Geist, dem Tröster, dem Dreieinen auf seinem Thron" oder „Preist den Vater, preist den Sohn, preist den Geist, der in uns wohnt") - obwohl Du ja geschrieben hast, dass Du kein Bedürfnis danach hast, Dich direkt an den Heiligen Geist im Gebet zu richten. Oder unterscheidest Du „Gebetslieder" und „Gebete" ?

Du betonst noch einmal den biblischen Weg und weist daraufhin, „dass es allezeit weise ist, dem biblischen Weg zu folgen".

Schließlich schreibst Du: „Ich habe wohl schon einmal den Eindruck, dass der Widerstand gegen das Beten und Singen zum Geist aus einer gewissen (unbeabsichtigten) Unterschätzung seiner Person hervorkommt".

Du zitiert dann die sog „Taylor-Brüder" und meinst, dass ein offizielles Einführen und Aufzwingen von Liedern und Gebeten zum Geist in den Versammlungen dieser Gruppe uns allzu schreckhaft gemacht hat.

„Wir müssen das Preisen des Geistes bestimmt nicht übertreiben; wir brauchen diese Praxis durchaus nicht zu fördern. Die Schrift gibt uns keinen Anlass dazu - im Gegenteil. Aber wir müssen auch nicht verkrampft reagieren, wenn ein Lied vorkommt, wo der Heilige Geist direkt angesprochen wird."

Da die Schrift es nicht ausdrücklich verbietet, sollten wir es nach Deiner Auffassung auch nicht verbieten:Die Schrift verbietet es nicht, stärker noch: wie kann die Schrift verbieten, dass eine göttliche Person als solche unsere Ehre empfängt." Entschuldigung, aber das ist eine „Suggestivargumentation".

Es ist schon sehr erstaunlich, wie das dialektische Denken (das Denken in Kompromissen) Deine Argumentationstaktik prägt:

These : Die Bibel sagt nicht, dass wir zum Heiligen Geist beten sollen - also besser nicht

Antithese: Die Bibel verbietet nicht, dass wir zum Heiligen Geist beten können - also doch eine gewisse Freiheit

Synthese : Da der Heilige Geist Gott ist und Gott angebetet werden kann, können wir zum Heiligen Geist beten, da die Schrift es weder gebietet noch verbietet und wir doch eine gewisse Freiheit haben.

Die Frage des Fragestellers im „Bode" war, „ob es zu empfehlen sei, dass unter uns stets mehr Lieder gesungen werden, wo zum Heiligen Geist gebetet oder worin er gepriesen wird".

Wenn ich aus Deiner Fragenbeantwortung Schlußfolgerungen ziehen darf, so entnehme ich daraus folgendes:

1) Die Schrift gibt uns keine Veranlassung, den Heiligen Geist besonders zu ehren, zu IHM zu beten oder zu IHM zu singen, aber sie verbietet es auch nicht.

2) Da der Heilige Geist Gott ist, sollte man auch solche nicht verurteilen, die von Herzen diese Dinge doch tun.

3) Letztlich müssen wir sogar aufpassen, dass wir nicht durch die Ablehnung dieser Lieder und Gebete ungewollt den Heiligen Geist nicht genügend würdigen.

4) Da Du selbst von Herzen solche Lieder mitsingst und Du für viele ein Vorbild bist, ist diese Entwicklung doch gar nicht so schlimm. Natürlich - die Schrift gibt uns keinerlei Hinweise dazu, aber seid doch nicht so verkrampft, liebe Geschwister. Es ist sicherlich nicht unbedingt weise, aber naja..."

Warum antwortest Du so ? Willst Du dadurch den gemäßigten Pfingstlern den Weg in die Zusammenkünfte erleichtern und die „bibeltreue Ökumene" fördern ? Willst Du die Praise-avond- Zusammenkünfte, an denen ja auch viele Charismatiker mitwirken, positiv unterstützen und damit den Jugendlichen ihren Wunsch erfüllen im Sinne eines „postmodernen Lebensgefühls" ? Willst Du letztlich die Einheit von gemäßigten Charismatikern, Reformierten und Evangelikalen in einer „refo-evangelikalen Allianz" unterstützen ? Willst Du neueren Liedern (z.B. von JmeM), die den Heiligen Geist mehr zum Gegenstand der Huldigung machen, Zugang in unsere Liederbücher verschaffen ? Entschuldigung, aber ich kann es nicht verhindern, dass mir solche Gedanken kommen, wenn man diese Art Texte liest. Versuche bitte, meine Sorge, meine ernste Sorge, zu begreifen ! Selbst wenn Du in der Lage bist, nicht mit fortgezogen zu werden, wirst Du jungen Geschwistern durch Deine Argumentation einen Fallstrick legen.

Wir haben an unserer Schule gerade einen Lehrer eingestellt, der aus dieser Bewegung kommt und sagt, dass er mit keinem, der irgendwie dem Zungenreden offen gegenübersteht, zusammenarbeiten würde.

Die Frage des Fragestellers bezog sich ja gerade darauf, dass offensichtlich in Holland („unter uns ") vermehrt Gebetslieder zum Heiligen Geist gesungen werden.

Deine Antwort ist auf jeden Fall so schwammig, dass dieses Singen offensichtlich kein so großes Problem sei - obschon Du in „Godsverlichting" betonst, dass die Pfingstbewegung viele unzufriedene Gläubige aus Kirchen und Glaubensgemeinschaften anzieht und dann hinzufügst, „meine inklusiv" (S.78).

Vielleicht darf ich Dich auf Deine Ausführungen über die „Anbetung des Geistes" in Deinem Buch die „Geschichte der Brüder" S.397 und 402 hinweisen. Dort erwähnst Du, dass James Taylor 1942 in Verbindung mit 4.Mo.21,17 erlaubte, dass man dem Geist zusingen könne. Du nennst diese Lehre dort „Irrlehre" (S.397 unten) und „dass es absolut nicht erlaubt ist, Lehrsätze aus Schattenbildern abzuleiten" (S.398). Auf S.399 schreibst Du dann: „Mit der Verbreitung der Lehre wuchs auch der Wunsch, Lieder in das Liederbuch aufzunehmen, in denen der Heilige Geist angeredet wurde." Du nennst sie dann „neue Lehre" (S.399). Aber das war eben der frühe Wim.

Im übrigen empfehle ich Dir das Buch „Die charismatische Verführung im Licht der Bibel" (CLV; S.355-372). Wenn Du wissen willst, wie die charismatische Verführung beginnt, die ich schon vor 20 Jahren hautnah erlebte, dann lies dieses dicke und lesenswerte Buch.

Ist es übrigens wahr, dass Du vermehrt in charismatischen Zusammenkünften predigst ?

Ist es wahr, dass Du charismatische Schriften empfiehlst ?

Im Barnabasverlag zeigt das Buch „Warm werk" deutlich, dass die Türen zur charismatischen Bewegung von Dir und anderen w e i t geöffnet werden, so dass die ersten beiden Fragen kaum mit einem konsequenten „nein" beantwortet werden können.

Warum hast Du in der Fragenbeantwortung nicht einfach Joh.14,17; 15,26; 16,13-14; Röm.8,16.26; Eph.5,19; Phil.3,36,18; Jud.20 u.a. St. zitiert und wirklich bibeltreue geistliche Konsequenzen daraus gezogen ?

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3) Sind die Tage in 1.Mo.1 „Tage in Gottes Zeit" oder „24-Stunden-Tage"

Vor einigen Jahren hatten wir beide - zusammen mit Gerard Hoddenbagh und Gerard Kramer in Brunssum eine recht intensive Diskussion zum Thema „Inspiration der Bibel" gehabt, weil ich den Eindruck hatte, dass Du die Inspiration leugnen würdest. Das war nicht der Fall und ist bis heute auch nicht der Fall. Trotzdem drückst Du Dich in Fragen der Irrtumslosigkeit der Schrift anders aus als früher, insofern ist der semantische Gehalt des Wortes „Inspiration" unter uns nicht mehr identisch mit dem, was wir beide früher darunter verstanden. Das ist auf jeden Fall sicher. Dazu möchte ich nun einiges schreiben:

 

Ich zitiere zunächst aus „Woord en Wetenschap" (WeW).

„Und so wird die Bibel......durch den Glaubensaspekt qualifiziert: Die Bibel spricht Glaubenssprache... Die Bibel ist eine pistische Schrift, d.h. eine durch den Glaubensaspekt typisierte Schrift. " (S.135-137).

Entsprechend wird z.B. ein Forschungsartikel durch den logisch-analytischen Aspekt qualifiziert und ein Gesetzbuch durch den juridischen Aspekt.

Nun, was bedeutet das, dass die Bibel in „typischer Glaubenssprache" verfasst ist (S.136)? Du meinst: Wer die Bibel auf den logischen oder historischen Aspekt reduziert, verfällt in den sog. „Biblioszientismus" und liest die Bibel wie ein wissenschaftliches Lehrbuch. Übrigens, welcher Fundamentalist liest die Bibel so ? Kein Prof. Morris, kein Prof. Geisler, kein Prof. Gitt !

Du meinst: Obwohl man an dem Bibelinhalt auch einen ethischen und logischen Aspekt erkennen kann, dürfe man diesen Inhalt weder auf das rein Logisch-Analytische noch auf das Pistische (Glaubensmäßige) reduzieren (theologischer Biblioszientismus).

Das ist wahr. Natürlich ist sie kein wissenschaftliches Lehrbuch. Dann unterscheidest Du (S.140-144):

a) den praktischen Biblizismus: Man erkennt nicht, dass es offenbarungshistorische Situationen gibt (vgl. 3.Mo.11 mit Apg.10). Solche Biblizisten unterscheiden z.B. die unterschiedlichen Zeitalter nicht.

b) den theoretischen Biblizismus: Wenn man Aussagen der Schrift als wissenschaftliche Aussagen versteht.

c) den pistischen Biblioszientismus: Die Verneinung, dass die Schrift z.B. buchstäblich auch geschichtliche Tatsachen berichtet (Barth, Brunner, Niebuhr, Bultmann).

d) den physischen Biblioszientismus: Die Auffassung, die Bibel müsse „physisch buchstäblich genommen werden" „Du bist erst ein echter Physikalist, wenn das Physisch - Buchstäblich - Nehmen der Bibel so ungefähr den Platz von dem Pistisch - Buchstäblich - Nehmen einnimmt." (S.144). Wir würden nun gern wissen, wie Du das genau meinst. Und Du erklärst es uns:

„Nimm bspw. die Frage der Dauer der Schöpfungstage. Viele Menschen, die uns fragen: Nimmst du die Schöpfungstage buchstäblich - meinen damit: buchstäblich ausschließlich im physischen Sinn. Nun glaube ich in der Tat, dass die Tage auch buchstäblich genommen werden müssen im Sinn des praktischen Sprachgebrauchs (nicht szientistisch definiert als 24-Stunden-tage); ich denke, dass, wenn man das exegetisch erklären will, man nicht daran vorbeikommt. Aber es wird wohl ein bisschen beängstigend, wenn ‘buch-stäblich’ nur noch ‘physisch buchstäblich’ bedeutet. Soll ‘buchstäblich’ nicht vor allem - nicht ausschließlich, aber doch zuerst - bedeuten: pistisch buchstäblich, d.h. buchstäblich im Glaubenssinn) ? Die sechs Schöpfungstage sind buchstäblich sechs Werktage Gottes, zuallererst im pistischen Sinn, als Tage von G o t t e s Zeit. Darum mutet es fremd an, wenn jemand fragt: Waren die Schöpfungstage gewöhnliche Tage ?"

Im physischen Sinn mögen sie noch so gewöhnlich gewesen sein (wir können uns darunter nichts vorstellen), aber im pistischen Sinn - und einen anderen Sinn hat 1.Mo.1 nicht ! - waren sie außerordentlich ungewöhnlich, selbst völlig einzigartig. Solche Tage der Schöpfungsaktivität Gottes sind niemals mehr gewesen und werden auch nie wieder kommen" (WeW; S.144-145) ?

 

 

 

 

Also bedenke:

- Du sagst: Es waren buchstäblich 6 Tage im Sinn des praktischen Sprachgebrauchs.

- Du sagst auch: Es waren buchstäblich Werktage Gottes im pistischen Sinn, zuallererst in G o t t e s Zeit.

- Du sagst auch: Es mutet fremd an, wenn man meint, dass es gewöhnliche Tage seien.

- Du sagst auch, dass es ungewöhnliche, einzigartige Tage der Schöpfungsaktivität Gottes waren.

Nicht wahr, das ist alles sehr kompliziert geworden: Man muß jetzt fein unterscheiden zwischen „gewöhnlichen Tagen", „buchstäblichen Tagen im pistischen Sinn" (Glaubenssinn), „buchstäbliche Werktage Gottes im pistischen Sinn" und „außerordentlich ungewöhnliche Tage in Gottes Schöpfungsaktivität, die nicht mehr wiederkommen".

Aber dann bedenke auch die Aussage, dass Deiner Auffassung nach 1.Mo.1 „keinen anderen Sinn hat als den pistischen."

Und hier noch einmal die dialektische Methode:

These: Es waren buchstäblich sechs 24 - Stunden - Tage

Antithese: Es waren 6 Schöpfungstage im Glaubenssinn

Synthese: Es waren buchstäblich 6 Werktage im pistischen Sinn zuallererst in Gottes Zeit

Aber waren es denn nun buchstäblich 24 - Stundentage oder nicht ? Nein, denn das wäre szientistisch, d.h. wissenschaftlich definiert. Entschuldigung, aber ich halte diesen Gedankenschwall für außerordentlich eigenartig - um mich vorsichtig auszudrücken.

Natürlich waren es einzigartige 24-Stundentage, die nicht mehr vorkommen - aber es waren keine „Werktage Gottes zuallererst in G o t t e s Zeit" (eine völlig unbiblische Ausdrucksweise), sondern Tage, wo Gott schuf (vgl. 2.Mo.20,10). Weil Gott in diesen 24 Stunden schuf, sind diese Tage einzigartig. Ist man dadurch ein Biblizist, dass man diese Tage als 24-Stundentage definiert, so wie Du es in Deinem Buch „Gedanken zum Schöpfungsbericht" tust?

Nun, dann bin ich ein glühender Verfechter des Biblizismus. Ich freue mich, dass Bruder Werner Gitt in seinem Buch „Das biblische Zeugnis der Schöpfung" (S.33-55) dem f r ü h e n Wim beipflichtet.

- Gab es denn damals die konstante Drehbewegung der Erde noch nicht ?

- Was veranlasst Dich, das hebr. Wort „jom" im Kontext von Abend und Morgen anders zu de- finieren als an anderen Stellen der Schrift ? (1.Mo.5,1-2)

- Warum willst Du jetzt eigentlich anders denken ? Wie kommst Du dazu ?

Wenn man nun fragen würde: Aber, lieber Wim, wen zählst Du denn zu solchen Biblizisten (oder Biblioszientisten, wie Du sie nennst) ? Dann zitierst Du Henry M. Morris und N.M. Geisler (vgl. S.163 und S.86). Aber das sind Verfasser vieler Schriften, die Du mir vor Jahren in Bielefeld empfohlen hast. Die Bücher von Morris haben in Deutschland unter gläubigen Studenten viel Segen verbreitet. Vielleicht sagst Du nun: „Auf vor-theoretischem Glaubensniveau sind sie mir herzlich willkommen, aber nicht auf logisch-analytischer theologischer Ebene, da sind sie einfach Biblioszientisten." Übrigens ist gerade von dem Biblizisten Geisler bei den sog. Freinen Brüdern im CVD ein Buch herausgekommen.

So müssen wir als Christen jetzt lernen, die „vortheoretische" von der „logisch-analytischen" Ebene zu unterscheiden.

Ein weiteres Problem: Während Du in Deinem Buch „Gedanken zum Schöpfungsbericht" G.Ch. Aalders angreifst, weil er die 6 Schöpfungstage nicht als 24-Stundentage erklärte und ihn als nicht bibeltreu erwähnst, nennst Du ihn jetzt einen „in jeder Beziehung bibeltreuen Ausleger" (WeW,S.150). Du schreibst auf S.150 WeW in Alehnung an Ridderboos und Aalders über die Röcke von Fell, die Adam und Eva bekamen und fügst hinzu: Genauso wie diese Kommentatoren weiß ich wirklich nicht, was ich mir darunter vorstellen muß, dass Gott Kleider von Tierhäuten ‘machte’. Doch glaube ich, dass es ‘echt geschehen’ ist, aber ich kann mit dem Ausdruck ‘buchstäblich nehmen’ nichts anfangen." Wenn es um den Sündenfall geht, dann glaubst Du, was in 1.Mo.3 geschrieben steht, und fügst hinzu, „aber ich habe etwas gegen die Menschen, die von uns verlangen, dass wir glauben, dass 1.Mo.3 ‘gewöhnliche Geschichte’ ist." Du fügst hinzu, „dass der Sündenfallecht geschehen’ ist, ein historisches Geschehnis ‘in Raum und Zeit’ war, aber es geht weit über das gewöhnliche Historische hinaus. Hier wird der Mensch durch die Sünde verdorben bis in die zentrale Wurzel seiner Existenz... Und das soll alles ‘gewöhnliche Geschichte’ sein. Was müssen wir uns in Himmelsnamen (seltsame Formulierung, oder ?) darunter vorstellen?" (S.150)

So muß man jetzt unterscheiden zwischen „buchstäblich nehmen", „gewöhnliche Geschichte", „echt geschehen". Etwas ist echt geschehen, aber Du kannst mit dem Ausdruck „buchstäblich nehmen" nichts anfangen.

Natürlich unterstelle ich Dir nicht, dass Du die Historizität von 1.Mo.1-11 leugnest, aber die Aussagen sind nicht mehr so deutlich, wie sie einmal in Deinem Buch „Gedanken zum Schöpfungsbericht" waren. Warum das so ist, werden wir noch sehen.

Natürlich ist etwas Besonderes beim Sündenfall geschehen, aber was berichtet wird, ist eindeutig und buchstäblich in Raum und Zeit geschehen und ist Geschichte.

In Deinem Buch „Evolution in der Zeitenwende" (S.358) jedenfalls schreibst Du gegen solche, die meinen, dass die Tage in 1.Mo.1 keine gewöhnlichen irdischen Tage seien, folgendes: „... dass der Schreiber von 1.Mo.1 durchaus zu sagen beabsichtigte, dass die Erde in sechs gewöhnlichen [beachte es doch bitte !] irdischen Tagen zubereitet worden ist" (siehe oben). Später schreibst Du: Die Theologen dürfen zwar noch versuchen, den einen oder anderen symbolischen Kern in 1.Mo.1-11 aufzuspüren, doch wenn es um die naturwissenschaftliche und historische Bedeutung dieser Kapitel geht, dann gilt das Gebot: ‘Hände weg’" ! (S.359).

Auf S.360 schreibst Du: Wer die Historizität der Bibel zur Diskussion stellt, stellt damit gewollt oder ungewollt das Christentum zur Diskussion" - und das schreibst Du alles in Verbindung mit der Frage, ob die Tage in 1.Mo.1 „gewöhnliche irdische Tage" sind oder nicht. So redete der frühe Wim. Vielleicht schämst Du Dich jetzt Deines früheren Biblizismus.

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4)Deine Auffassung über die „Bibeltreue Ökumene" bzw. „Ökumene des Herzens"

Sehr erstaunt bin ich über den Begriff „Bibeltreue Ökumene" oder „Ökumene des Herzens". Zunächst sah es so aus, als ob damit nur ein kleiner Ausrutscher von Dir in einer Radiosendung am 30.12.95 geschehen sei. Dann erschien ein Aufsatz von H. Medema mit dem Titel „Gebote des Lichts, der Liebe, des Lebens. Die Basis bibeltreuer Ökumene". Darin verteidigt Henk Deine Auffassung mit dem Hinweis, dass Joh.13,34; 12,50; 1.Joh.1,5; 2.Kor.6,14, „normgebende Äußerungen" sind. Henk schreibt: Echte bibeltreue Ökumene kann nicht ein für allemal festgelegt werden. Es ist eine Bewegung. Ein Leib wächst, eine Familie wird durch Erziehung geformt. Lebensgroß ist die Bedrohung starren Denkens von Kirchen- und Gemeindegliedern lieber Brüder und Schwestern, die meinen, dass da nie etwas verändert werden darf, die auf der Stelle treten, die ängstlich werden, weil sie nicht wissen ‘wohin’ das alles noch führen wird’. Unsere Vorstellungen über die Form der Gottesdienste und Versammlungsstunden, die Wahl unserer Lieder, die gesungen werden, über das Äußere der Kirchgänger bzw. der Besucher der Zusammenkünfte, über die (geschriebenen und ungeschriebenen) Glaubensbekenntnisse, über den präzisen Wortlaut der Lehre, über die genaue Festlegung der Grenzen der eigenen Glaubensgemeinschaft - wenn das alles normgebend und autoritätsbesitzend wird anstelle des göttlichen Gebots des ewigen Lebens, dann kommt von biblischer Ausübung der Gemeinschaft nicht mehr viel an den Tag. Die Festlegung und die Sicherheit darf in nichts anderem gesucht werden als in Gottes Wort; alles, was darüber hinausgeht, ist zuviel, und alles, was geringer ist, ist zu wenig" (Herv. von mir).

Einerseits darf gefragt werden, ob hier wirklich die Bibel gemeint ist oder wie man mit Deiner Theologie sagen müsste, „die immanente inskriptuierte Gestalt des Wortes Gottes" oder „das transzendente ewige Wort Gottes". Du merkst, dass schon der Ausdruck „Wort Gottes" nicht mehr ganz glasklar ist, wenn man sich ein wenig mit Deinen Denkansätzen befasst hat.

Henk schrieb ja auch schon am 16. Sept. 94 in Koers 14 unter der Überschrift: „...und wenn wir nun alle katholisch (nicht röm.katholisch) werden ?", dass man die „Grenzen der Kirche" nicht mit mehr oder weniger Bibelstellen (!!!) festlegen kann." (Er berichtet dort von einem Gespräch mit Prof. Dr. Strauss aus Südafrika, dem er bei einem Symposium für calvinistische Philosophie begegnete, wo dieser von einem Gespräch mit Biblizisten in Südafrika erzählte. Ich zitiere: „Was sind die Grenzen der wahren Kirche ? In der Tat, das ist eine Frage, die du nicht anhand von einem oder mehreren Bibeltexten beantworten kannst. Es ist eine Frage, die im Grund unseres Seins, in der Wurzel unseres glaubenden (oder ungläubigen) Herzens, in der daraus hervorkommenden Gerichtetheit unseres Lebens beantwortet wird." Anschließend zitiert Henk 1.Joh.4,19.

Auch hier wird übrigens der Einfluss Eurer Philosohie deutlich („Richtung und Struktur"; Grundmotiv, transzendental-religiöses Ich).

Was sind denn nun die sichtbaren und normativen Grenzen der Kirche ? Oder sollten wir nun besser sagen, der „Bibeltreuen Ökumene" oder der „Ökumene des Herzens" ?

Vielleicht wird es doch deutlicher, was man mit dem Ausdruck „Bibeltreue Ökumene" meint, wenn man das Buch „Warm werk" und die „Introductie" von Henk Medema zum Verlagsprospekt von „Barnabas" liest. In diesem Buch werden verschiedene Gemeinden nebeneinandergestellt, wo in den letzten Jahren ein recht großes Wachstum zu verzeichnen war, z.B die Heilsarmee in Alphen aan Rijn, die Gereformierte Kirche von S-Gravendeel, die Christliche Gereformeerde Kirche von Papendrecht, die Vrije Evangelische Gemeinden von Oldenbroek und Elburg und auch Gemeinden mit deutlich charismatischen Einflüssen. Bruder H.Medema ist nun an der Herausgabe dieses Buches beteiligt. Er schreibt in dem Verlagsprospekt (S.ff): „Aber doch hoffe ich, dass unser neuer Verlag ein bisschen das Profil des Barnabas aufzeigen wird." Es soll nur um Christus gehen, „alles, was wir haben, soll in den Dienst Christi gestellt werden", „alle Christen sollen aufgeweckt werden, in ihrem Herzen Christus treu zu bleiben". Das ist ein anerkennenswerter Wunsch. „Die Zielgruppe ist eine breite Schar". Es geht nicht nur um Reformierte einer bestimmten Richtung" (hier wüsste ich gern, welche Richtungen denn positiv erwähnt sind, weil es doch auch liberale Richtungen innerhalb der Ref. in Holland gibt), nicht nur „um Evangelikale einer bestimmten Farbe" (auch hier wüsste ich gerne die verschiedenen Farben, denn nach Deiner Auffassung ist es schon schlimm, ein Fundamentalist zu sein !!!), sondern „um alle, die unseren Herrn Jesus Christus von Herzen liebhaben." (Was bedeutet hier „liebhaben ?) (Joh.14,23; 1.Joh.5,2-3; 1.Thes.2,15 u.a.) ?

Man will sich „ausstrecken nach einer Zusammenarbeit zwischen Christen, christlichen Organisationen und christlichen Öffentlichkeitsaktivitäten". Es soll ein deutlicher Akzent in der christlichen Bücherwelt gesetzt werden. Diesen Akzent nennt Bruder H.P.Medema „kern-christlich."

Was heißt „kern-christlich" ? Wieder einmal ein neuer Ausdruck. Was bedeutet hier „kern" ? „Wir können außergewöhnlich dankbar sein für das stark wachsende Gemeinschaftsband in unserem Land, das durch alle Kreise und Kirchen hindurchgeht. Es scheint so, als ob eine neue ‘ökumenische Bewegung’ entsteht" !!!!!

Natürlich spricht Henk Medema dann g e g e n den „Weltrat der Kirchen", der nach einer Einheit von Kirchen strebt. „Solche Ökumene kann nicht kräftig genug abgewiesen werden." Auch soll es nicht um eine Einheit mit anderen gottesdienstlichen Formen gehen. Nein, es geht um eine ‘bibeltreue Ökumene’ [nat. in Anführungsstrichen]. Auch hier gibt es diverse Deutungsmöglichkeiten, denn was bedeutet „bibelteu", ich komme darauf zurück).

Weiter spricht Henk dann in „Warm werk", in Anlehnung an Arie van der Veer, von einer „Ökumene des Herzens" und betont, dass es „keine polemisierenden Schriften" [!] zwischen ‘bibeltreuen’ [!] Kirchen oder Kreisen geben soll. Was besagen die Ausrufungszeichen ?

Die Barnabas-Botschaft soll „kern-christlich" sein.

Mit dem Wortkern-christlich’ weise ich auf diese bibeltreue Ökumene". Dann spricht er gegen einen christlichen Pluralismus und gegen einen verschwommenen Kompromiss. Schließlich betont er: „Der Ausdruck „refogelical" (d.h. reformiert und evangelikal) ist wohl gebräuchlich, eine Zusammenfügung von Reformierten und Evangelikalen. Da sitzt der Kern (!) unserer Aktivitäten."

Man will keine polemisierenden Schriften zwischen ‘bibeltreuen’ [bedenke die Anführungsstriche!] Kirchen oder Kreisen. Daraus muss geschlossen werden: Wir wollen nicht mehr über Punkte sprechen, die zwar in der Schrift eindeutig stehen, aber uns nur in unserer Zusammenarbeit voneinander entfremden würden.

Meine Behauptung: Damit wird die Basis der bibeltreuen Ökumene der K o m p r o m i s s, um mit F.Schaeffer zu reden: die große Anpassung.

Nun interessieren wir uns natürlich für diese Kreise, die angesprochen werden. Das Buch „Warm werk. Evangelische Erneuerung in den Gemeinden" ist eine Hilfe zum Verständnis.

In diesem Buch „Warm werk" wird z.B. eine „ex-exklusive Gemeinde" [seltsamer Ausdruck] vorgestellt, nämlich diejenige in Nijverdaal. Auf S.31 wird dann ironisch deutlich gemacht, wie man f r ü h e r dachte:

„Neue wurden bombardiert mit allerlei Bedingungen: Erst die Mitgliedschaft bei den Hervormden aufkündigen... zuerst die Glaubenstaufe... du weißt doch, dass die Schwestern ihr Haupt bedecken müssen... Brüder und Schwestern sollen getrennt sitzen... die Schwestern sollen schweigen [eine unbiblische Bedingung ?]... Schließlich wird auf S.34 betont, dass Dr. W.J. Ouweneel und Henk Medema sich an die Seite des Vorreiters Steenhuis scharten. In Hengelo wollen denn auch die offenen und geschlossenen Brüder zusammengehen. Auf S.35 liest man dann, dass die „eingesetzte Erneuerung noch nicht zum Ende gekommen ist; es ist erst der Anfang". Man rechnet mit einer Erweckung in den verschiedenen unterschiedlichen Gemeinden Hollands.

Obwohl dieses Buch selbst nicht von Henk geschrieben wurde, steht er dahinter. Und ich denke, Du ebenfalls. Auf jeden Fall arbeitest Du dort mit.

In der Ev. Gemeinde in Helperkerk in Groningen wird übrigens auch das Sprechen und Singen in Zungen, Tanzen, .... der Gebrauch von allerlei Musikinstrumenten betont und positiv bewertet (Warm werk, S.102).

Manche der beschriebenen Prediger profitierten von dem Charismatiker P.Wagner (S.105).

Die charismatischen Fehlentwicklungen werden also akzeptiert.

Es handelt sich um nichts anderes als um eine Art A l l i a n z bestimmter reformierter und evangelischer Gemeinden, zu denen auch gewisse Pfingstgemeinden gehören - alles im kern-christlichen Sinn [was immer das auch letztendlich bedeuten soll].

„Bibeltreue Ökumene" heißt daher nach der Lektüre dieses Buches: Mit Gläubigen, die in unterschiedlichen Gemeindestrukturen (Gemeinden mit Pfarrer, gewählten Gemeindeleiter und Kirchenräten, von der Gemeinde gewählte Älteste, Beteiligung der Frau in den Gemeindezusammenkünften, Jugendveranstaltungen mit christl. Discokonzerten, Shows, Zungenreden, Tanzen usw.) leben, zusammenarbeiten, natürlich in Abgrenzung von modernistisch-theologi-schen Strömungen, die selbstverständlich nicht „kern-christlich" sind.

Nach Eurer Auffassung kann das letztlich nur die Antwort auf den Postmodernismus sein.

Das wird noch bestätigt durch einen Artikel in der Zeitung mit der Überschrift „Offene und geschlossenen Versammlungen schmelzen zusammen", wo man erfährt, dass Jan W. Grievinck (auch einer von Deinen Mitstreitern) „Interim-Vorsitzender der Stiftung „Willow-Creek - Niederland" war. Beruflich scheint er sich mit Leiterschaftsentwicklung und Coaching von Veränderungsprozessen zu befassen. Er teilt den Lesern mit, dass das Ideal der frühen Brüderbewegung die „Ökumene des Herzens" gewesen sei. Übrigens hört man, dass man sich in den Versammlungen, die Dir nachfolgen, offensichtlich stark für die Willow-Creek-Bewegung öffnet. Ich empfehle Euch, das Buch von G.A.Pritchard zu lesen.

Diese Ökumene des Herzens umfasst natürlich auch Katholiken. Ihr habt ja Br. van de Veer vom EO zu Eurer letzten De-Betteld-Konferenz eingeladen. Sein Vortrag führte wohl zu einer großen Begeisterung. Dadurch wird die Möglichkeit Deines Einflusses auf den EO natürlich noch steigen. Aber mehr noch: Du zeigst damit, dass Du mit der Vorstellung von Br. van de Veer völlig einverstanden bist, sonst hätte er bestimmt nicht von der Ökumene des Herzens zu euch so reden können. Darf ich davon ausgehen, dass Du mit ihm und seinem Wirken einverstanden bist ?

Aber hat der EO nicht häufiger den katholischen Kardinal Simonis von Utrecht im christlichen evangelischen EO-Fernsehen so behandelt, dass er bei vielen als „Mitbruder" angesehen werden konnte?

Ja, Br. van de Veer schreibt in einem Brief, dass Kardinal Simonis „nicht als falscher Lehrer angesehen (bestempelt) werden kann". Er würde beurteilt anhand seiner eigenen Glaubensauffassungen, nicht nur allein anhand der Lehre der offiziellen katholischen Kirche. Er schreibt an einen Bruder wörtlich: „Ich folge Ihnen darin nicht (dass Simonis ein falscher Lehrer sei) und der EO folgt Ihnen darin auch nicht ! Seine eigenen Glaubensüberzeugungen sind nach meiner Ansicht vollends biblisch und mithin sehr reformatorisch."

Begründung: Er lehrt die Sündigkeit des Menschen und die Notwendigkeit der Erlösung durch Gnade allein und kämpft gegen die freisinnige Theologie und die unmoralische Praxis unserer Zeit. Und so wird von einem Leitungsmitglied der EO in einem Artikel von „Visie April 1970" schon gesagt, „dass vielen Katholiken die Augen für die Freisinnigkeit aufgehen und daher alle katholischen Gläubigen ... herzlich als Mitglieder willkommen sind."

„Es geht um das eine Ziel: Die Ehre Gottes, die Verkündigung seines Erlösungsplans durch den einen Weg Jesus Christus und die Gemeinschaft der Glieder des e i n e n Leibes, wovon Jesus Christus das Haupt ist."

Darf ich es mit Deinen Worten sagen ? Die Basis ist das „bibliotropische Grundmotiv".

Lieber Wim, ein Kardinal soll kein falscher Lehrer sein ? Und was ist mit der Mariologie, mit dem Papsttum, mit der gotteslästerlichen Eucharistie, (weswegen in vergangenen Jahrhunderte viele treue Gottesmänner hingeschlachtet wurden), mit den sieben Sakramenten, mit seiner Position als Kardinal usw. ? Es ist zutiefst erschreckend, dass offensichtlich das holl. christliche Fernsehen mit dazu beiträgt, dass Evangelikale und Katholiken demnächst problemlos zusammenarbeiten können - vielleicht nach amerikanischem Vorbild ? Bitte sage jetzt nicht, dass ich ja Br. v. d. Veer zitiert habe und nicht Dich. Aber Du (Ihr) habt ihn eingeladen und damit doch dokumentiert, dass Ihr problemlos mit ihm zusammenarbeiten könnt.

Übrigens verstehe ich jetzt viel besser, warum es von Euch aus dringend nötig war, so schnell wie möglich Eure Gedanken über das Thema „Verunreinigung" grundlegend zu verändern. Alles wird jetzt viel deutlicher, dafür danke ich dem Herrn. Der unterstrichene Satz wird Dir genug sagen. Ich zitiere aus „Met alle Heiligen": „Wissen wir ganz sicher, dass echt Böses in der Glaubensgemeinschaft von einem solchen (der ein gutes Zeugnis des Glaubens und des Wandels hat und bei „uns" am Brotbrechen teilnehmen möchte) ist, aber die Person verabscheut dieses Böse so stark wie wir, so ist er oder sie rein. Dann wird die Liebe das Gute von so jemanden denken und ihn oder sie zulassen" (dt.Fassung, S.21). Ich setze voraus, dass diese Person wieder zurückgehen will, um in seiner Kirche (Gemeinde) zu bleiben.

Das ist exakt eine fundamental falsche Denkweise, die absolut gegen die Schrift ist. Durch diese Denkweise habt ihr problemlos die Türen zu den sogenannten Offenen Brüdern geöffnet.

Wer in einer Glaubensgemeinschaft ist, wo „echt Böses" geduldet wird, ist nach 1.Kor.5 verpflichtet, dahingehend auf die Gemeinschaft einzuwirken, dass der Böse ausgeschlossen wird. Geschieht das nicht, wäre eine weitere Verbindung mit dem Bösen selbst Ungehorsam dem Wort gegenüber: „Ein wenig Sauerteig durchsäu ert die ganze Masse".

Ein solcher hat „kein gutes Zeugnis des Glaubens und des Wandels", da sein Wandel gerade mit dem Ungehorsam dem Wort Gottes gegenüber und damit einer gewissen Neutralität dem Bösen gegenüber befleckt ist (2.Tim.2,19-22). Aber wem schreibe ich das eigentlich ???? Jemand, der es mich gelehrt hat. Wim, es ist einfach erschreckend traurig.

Ich frage mich, ob Du nicht vielleicht auch inzwischen mit Vertretern (z.B. mit einem Priester) der röm. kath. Lehre Brot gebrochen hast ? Ich würde gern von Dir eine Antwort auf diese Frage hören, weil ich gehört habe, dass Du das im Fernsehen offen bekannt haben sollst !

Dass die Zusammenarbeit mit Charismatikern im Evangelischen Omroep inzwischen in vollem Gang ist und Du mit diesen deutlich zusammenarbeitest, braucht hier nicht mehr betont zu werden.

Ich würde mich nicht wundern, lieber Wim, wenn Ihr (oder Eure Jünger) schließlich den gleichen Weg geht wie einige Evangelikale in den USA und wie Pro-Christ in Deutschland: die Bereitschaft der Zusammenarbeit mit Katholiken.

Wer dann noch glaubt, dass das Ideal der frühen Brüderbewegung die „Ökumene des Herzens" war, ist entweder völlig verblendet oder will bewusst Arglose irreführen.

Aber Du wirst sehr viele Christen mit diesen Gedanken beeinflussen - gerade solche mit einem „postmodernen Lebensgefühl".

Warum wird eigentlich der Ausdruck „Ökumene" gewählt, wo dieser doch in der Schrift einfach das „gesamte Erdreich" bedeutet und n i e m a l s auf die Summe aller Gläubigen angewandt wird ? Lies bitte alle Stellen im NT, wo „oikoumenä" vorkommt: Mth.24,14; Lk.2,1; 4,5; 21,26; Apg.11,28; 17,6.31; 19,27; 24,5; Röm.10,18; Hb.1,6; 2,5; Off.3,10; 12,9; 16,14. Vielleicht wirst Du mir jetzt „typisch biblizistisches Denken" vorwerfen. Aber solch ein Denken bewahrt mich vor Verführungen.

Die von Dir und Deinen Mitarbeitern favorisierten Begriffe „bibeltreue Ökumene" und „Ökumene des Herzens" werden Euch mit Gewissheit in die falsche Richtung führen. Warum gebraucht Ihr nicht das Wort „ekkläsia" ? „Ekkläsia" würde auf unsere himmlische Berufung hinweisen (ek-kaleo, vgl „kaleo" in 2.Tim.1,9; Eph.1,18; 4,1), „oikumenä" weist auf die „bewohnte Erde" hin und assoziiert Gedanken, die möglicherweise auch liberale Ökumeniker aus ihren Startlöchern locken. Auch als Nicht-Biblizist solltest Du doch Apg.17,31 und Off.3,10, wo oikumenä" mit „Erdkreis" übersetzt wird, zumindest ernsthaft bedenken.

Übrigens, kann man die Grenzen der Kirche wirklich nicht mit Bibelstellen darlegen ?

Wie wäre es z.B. mit Mth.16,18; 1.Kor.12,13; Eph.2,20-21; 1.Joh.3,9; 4,7 usw. ? Natürlich, Gott kennt, die sein sind. Aber wir haben doch auch einen Hinweis, nämlich den: „Jeder, der den Namen des Herrn nennt, stehe ab von der Ungerechtigkeit !" Sind 1.Thes.5,22; Eph.5,8-17; 1.Kor.5; Apg.20,29-32; 2.Joh.10-11; 1.Joh.4,4-6 keine Grenzsteine ?

Führer im Volk Gottes erkennt man daran, dass sie das „Wort Gottes" kompromisslos reden (Hb.13,7). Redet Ihr wirklich noch das Wort Gottes ?

Wenn Du unter einer „bibeltreuen Ökumene" oder „Ökumene des Herzens" alle bibeltreuen Gemeinden verstehst, dann stellt sich doch die Frage, welche Gemeinde denn eigentlich „bibeltreu" zu nennen ist ?

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5) Was heißt „bibeltreu" und „bibeltreue Gemeinde" ?

Es ist höchst bedauerlich und von nicht zu unterschätzender Bedeutung, dass solche belasteten Begriffe wie „Ökumene" benutzt werden, um die Einheit aller bekennenden Gotteskinder zu forcieren. Der Ausdruck „bibeltreue Ökumene" oder „Ökumene des Herzens" ist schon in sich sehr seltsam. Immerhin assoziiert dieser Begriff unter uns doch alles andere als das, was an die Einheit, die durch den Heiligen Geist gewirkt ist, erinnert.

Wie sich diese „kern-christliche" Entwicklung endgültig entfalten wird, wird die Zukunft zeigen. Die Trennungen unter den Christen werden durch neue Begriffe, wie z.B. „kern-christlich", überwunden.

Was ist nach Deiner Auffassung „bibeltreu" ? Wenn ich Dich richtig verstanden habe, dann handelt es sich um solche, die von dem Selbstverständnis der Schrift ausgehen, die inspiriert und Gottes Wort sei (vgl. Christian Doctrine, S.128).

Das bedeutet für Dich durchaus nicht, dass man eindeutigen Aussagen der Schrift gehorsam ist. Beweis: Du schreibst in dem Aufsatz Helder denken over mannen en vrouwen" (S.95): „Aber das Bemerkenswerte ist, dass es heute auch bibeltreue Ausleger gibt, die keinen Unterschied mehr machen zwischen dem Dienst von Männern und den von Frauen." und fügst hinzu: „Ich erfahre es fast als anekdotisch, dass Ausleger solche Texte wie 1.Kor.14,34 und 1.Tim.2,11 usw als göttlich autoritativ anführen und zugleich auslegen können, dass Frauen Pastoren und Kirchenälteste sein können."

Ich persönlich erfahre solche Aussagen nicht als anekdotisch, sondern als nicht-bibeltreu und Verführung.

Du selbst betonst also, dass Du solche, die nach Deiner ureigenen Meinung eindeutige Schrifttexte weginterpretieren, trotzdem noch bibeltreu zu nennen sind. Mit diesem Zeugnis beweist Du Deine oberflächliche Haltung gegenüber dem Begriff „Bibeltreue".

In „De boodschap en de kloof: De crisis onder kritiek" schreibst Du von Gemeinden, die „qualitativ wachsen", aber z.B. die „Abtreibung vorsichtig gutsprechen" und den „vorehelichen Geschlechtsakt" tolerieren. Du schreibst von einem Prediger, der Leute traute, von denen 70 % vorehelichen Geschlechtsverkehr gehabt haben. Auch betonst Du, dass viele Gemeinden „nicht nur ihren Stil und ihre Gewohnheiten" der Welt anpassen, sondern auch „ihre Botschaft, um glaubwürdig zu sein" (S.61) Das sind für Dich alles „bibeltreue Gemeinden".

An dieser Stelle sollten eigentlich alle Gewissensampeln eines wirklich bibeltreuen Christen auf Rot gehen, denn damit sagst Du, dass Dein Verständnis von „bibeltreu" ein ganz anderes ist als das der Schrift. Es bedeutet nämlich nicht „dem Wort Gottes gehorsam". Damit wird der Begriff „Treue" von Dir völlig anders definiert. „Treue" ist dann ein formales Bekenntnis zur Inspiration der Schrift. Unter diesem Bekenntnis dürfen sich alle zusammenfinden, die durch ein von Dir formuliertes „bibliotropisches Grundmotiv" geprägt sind. Dazu können auch Katholiken gehören, wie ich noch zeigen werde.

Dieses Grundmotiv macht gerade die „bibeltreue Ökumene" aus. Der Gehorsam ist nicht mehr verbunden mit „Treue", sondern das formale Beklenntnis zur Inspiration der Schrift.

Aber was bedeutet „treu" ?

Wenn Gott „treu" genannt wird, dann steht er zu seinem Wort (z.B. 1.Kor.1,9; 1.Kor.10,13; 2.Thes.3,3; 2.Tim.213). Bibeltreu bedeutet „treu und zuverlässig dem Wort Gottes gegenüber" (2.Tim.2,2; Tit.1,9) Treue bedeutet, dass das Wort Gottes für jmd. absolut verbindlich ist.

Wie herrlich sind die Aussagen in den Pastoralbriefen in 1.Tim.1,15; 3,1; 4,9; 2.Tim.2,11; Tit.3,8, wenn es dort heißt: „Pistos ho logos" (= das Wort ist vertrauenwürdig, zuverlässig, treu). Bibeltreu bedeutet nicht: Ich bekenne mich zur Inspiration der Schrift, sondern ich vertraue diesem Wort im Glaubensgehorsam, ich will diesem Wort gehorchen.

Offensichtlich verwendest Du Begriffe, die eigentlich erst einmal genau definiert werden sollten. Sind Allversöhner, (extreme und nicht-extreme) Charismatiker, Tayloristen, Zeugen Jehovas, gläubige Katholiken usw. bibeltreu, weil sie Deiner obigen Definition zustimmen ?

Aber dann hätten unsere Väter manche Kirchen und Freikirchen nicht verlassen müssen, denn viele Gemeinden im letzten Jahrhundert waren durch dieses Verständnis geprägt. Das neue Buch „Warm werk" jedenfalls verdeutlicht ganz klar, dass es inzwischen um das Anstreben einer neuen Form der Darstellung von bibeltreuen Gemeinden, von sichtbarer Einheit und Gemeinschaft der Gotteskinder (oder was sollen wir noch sagen ?) geht, als die, die wir aus der Schrift gelernt haben.

Noch einmal: Tanzen, Zungenreden, Wahl von Ältesten, Beteiligung der Frau in den gemeindlichen Zusammenkünften sowie alle möglichen Wege, Menschen zu erreichen, mit welchen Mitteln auch immer (im Willow Creek-Stil), sind offensichtlich keine Gründe mehr, sich von solchen gemeindlichen Institutionen ganz klar zu distanzieren. Jeder kann seine gottesdienstlichen Gedanken, Traditionen beibehalten, der e i n e seine modernen Traditionen, der a n d e r e seine althergebrachten Traditionen. Hauptsache, es bleibt alles „kernchristlich", und wir sind zusammen aktiv für den „Herrn".

Es ist auch erstaunlich, dass wohl viele Geschwister aus den Versammlungen in Holland sehr beeindruckt sind von der Willow-Creek-Bewegung und in solchen Gruppen mitarbeiten. Aber man muss schon sehr zeitgeistorientiert denken, um diesen Massenwahn nicht zu durchschauen.

Zumindest ist e i n e s deutlich:

- gemäßigte charismatische Gemeinden müssen Deiner Meinung nach als bibeltreu angesehen werden;

- Gemeinden, in denen sich Frauen in den Gemeindezusammenkünften beteiligen (beten, weissagen, lehren, Ältestendienste tun), müssen als bibeltreu angesehen werden;

- Gemeinden, wo Pfarrer, Prediger, angestellt sind, Älteste g e w ä h l t werden, müssen als bibeltreu angesehen werden. Eines wird überdeutlich: Du hast vor Jahren behauptet, die „Brüderbewegung" zurückzuführen zu den Prinzipien des Anfangs. Aber das Gegenteil ist der Fall. Du führst nicht zurück, sondern falsch.

In Deiner theologischen Dissertation „Christian Doctrine", S.142 schreibst Du: „Konflikte innerhalb des Gerippes des bibliotropischen Paradigmas (sprich: im kern-christlichen Bereich) sollten niemals zu Konflikten im praktischen Kirchenleben führen, die ja dann eine Kirchentrennung nach sich ziehen. Wenn es doch so geschieht, ist es genau das, was die Schrift „Sektiererei" nennt".

Damit kann ein entschiedener Christ, der dem Willen Gottes gehorsam sein will und auch in kirchlicher Hinsicht schriftgemäße Verhaltensweisen und Ordnungen festhalten will, sich nicht mehr von solchen zurückziehen, die einem bibliotropischen (kernchrist-lichen) Paradigma oder einem „bibeltreuen Grundmotiv" folgen wollen im Sinne einer „Ökumene des Herzens", aber eindeutigen Aussagen der Schrift prinzipiell n i c h t gehorchen wollen.

Das bedeutet: Allversöhner folgen in der Regel auch einem bibliotropischen Paradigma; und da, wo Frauen sich öffentlich in Versammlungen, Gemeinden beteiligen dürfen und Ältestendienste wahrnehmen können, kann man ja durchaus einer „Ökumene des Herzens" folgen. Selbst Katholiken folgen den Prinzipien eine „Ökumene des Herzens"

Ich behaupte: Mit dieser Auffassung öffnest Du dank Deines Einflusses im Evangelischen Fernsehen die Türen sperrangelweit für alle möglichen falschen Entwicklungen in der bekennenden Christenheit. Das Allerschlimmste dabei ist die Tatsache, dass Du meinst, das sei Gottes Wille !!!

Unsere Väter haben sich damals aus den existierenden organisierten Gemeinschaften, Freikirchen und Kirchen zurückgezogen, nicht weil sie „Brüderversammlungen" neben anderen freikirchlichen Gruppen werden wollten, sondern aufrichtig zum Namen des Herrn und auf der Basis der e i n e n Versammlung, des e i n e n Leibes und der Heiligkeit und Ordnung des Hauses Gottes, des Tempels Gottes (1.Tim.3,15; 1.Kor.3,16; Eph.2,21-22) versammelt sein wollten - allerdings mit einem offenen Herzen für alle gottesfürchtigen Christen, die ihren Weg mit dem Herrn zu gehen wünschten und von aller Art des Bösen abstehen wollten, auch wenn diese manches nicht genauso verstanden wie es in den existierenden Versammlungen gelehrt wurde, ja selbst, wenn sie ihre Gemeinschaften nicht unmittelbar verlassen wollten oder gar bestimmte Dinge für richtiger hielten.

In der Tat könnten wir von dieser brüderlichen Liebe und Gesinnung heute noch viel lernen - auch mancher Bruder in Deutschland und in Holland.

Natürlich ist der Verfall heute weiter fortgeschritten, und wir sollten sehr vorsichtig und geistlich bei der Aufnahme in die Gemeinschaft der Heiligen sein, aber dennoch müssen wir daran festhalten und es auch praktizieren, dass es unsere Pflicht ist, prinzipiell a l l e Glieder des Leibes, die von eindeutig erkanntem Bösen getrennt sind, aufzunehmen. Dieses Prinzip bedeutet allerdings nicht, dass wir deswegen zu ihren Gemeinschaften, Gruppen oder Kirchen gehen können und eine kirchliche Gemeinschaft dokumentieren, die de facto nicht existiert.

War das damals Sektierei ? Wolltest Du nicht die sog. Brüderbewegung zurückführen zu dem, was sie einmal praktiziert hat ? Soll man Dir wirklich noch glauben ? Nein, Deine Gedanken sind völlig anders und unterliegen einem postmodernen Toleranzdenken, dass unter anderem in Deiner komplizierten Philosophie begründet liegt.

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6) „Bibeltreues Grundmotiv" und „bibliotropisches Paradigma"

Ich halte diese Begriffserneuerung („Ökumene des Herzens", „bibeltreue Ökumene", „kern-christlich") für eine theologische Interpretation dooyeweerdianischer Prinzipien, die ganz besonders auf die Idee des „Grundmotivs" zurückgehen.

In Deiner philosophischen Doktorarbeit „De leer van de mens" schreibst Du auf S.321-322: „Philosophische und theologische Begriffe gehören zu dem theore-tischen Denken innerhalb des temporalen Erfahrungshorizontes; Bibelworte sind temporale Ausdrücke - nicht in der Sprache der theoretischen, sondern der naiven Erfahrung - des supratemporalen Wortes Gottes. Aber das theoretische Denken ist wohl auf religiöse Voraussetzungen aufgebaut, die an ein religiöses Grundmotiv gebunden sind; und dieses Grundmotiv kann in der Philosophie und der Theologie das biblische Grundmotiv von Schöpfung, Sündenfall und Erlösung in Christus sein, aber es kann genauso gut ein (ganz oder teilweises) dualistisches (scholastisches oder humanistisches) Grundmotiv sein. Insoweit es ein biblisches Grundmotiv ist, kann dies Grundmotiv selbst nie Objekt von wissenschaftlicher oder theologischer Untersuchung sein, gerade weil es religiös, transzendent ist. Christliche Wissenschaft und Theologie verdienen nur den Namen, wenn sie vollständig im Griff des schriftgemäßen Grundmotivs gefangen sind, wodurch Gott durch sein Wort zu dem Herzen des gläubigen Wissenschaftlers spricht. Inwiefern dies der Fall ist, kann Dooyeweerd zufolge nur deutlich werden aus einer radikal transzendentalen Kritik, die auch selbst nur aus einem biblischen Grundmotiv betrieben werden kann, aber doch aus dem theoretischen Denken selbst die transzendenten Wurzeln dieses Denkens bloßlegt."

Weiter schreibst Du, dass eine transzendentale Kritik nur auf der Basis dieses biblischen Grundmotivs erfolgen kann und nicht durch Bibelworte:

„Eine Berufung auf Bibeltexte hilft gegen eine solche Kritik nicht, weil die Frage ansteht, aus welchem Grundmotiv die Berufung auf und die Hantierung von diesen Texten geschieht" (S.322)

Hat das Wort Gottes keine Kraft in sich selbst ???

Aus diesem Text wird deutlich, dass Du

a) theoretisches (wissenschaftl., theolog.) Denken von naivem (Alltagsdenken) Denken unterscheidest,

b) das Grundmotiv als religiös, transzendental ansiehst,

c) das biblische Grundmotiv als das „Organ" (oder was soll man sonst sagen ?) ansiehst, wodurch Gott durch sein Wort z.B. zum Herzen des gläubigen Wissenschaftlers redet. Du schreibst bewusst „Herz", weil Du ja das theoretische Denkvermögen von dem Herzen des Menschen differenzierst.

c) das Grundmotiv selbst kann nicht Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchung sein. Könnte es denn Objekt naiver Untersuchung sein ? Deine Antwort: Nein, es kann gar kein Objekt sein !

d) das Grundmotiv als den subjektiven, jeder Beurteilung entzogenen Beweggrund des menschlichen Denkens, Handelns und Wollens ansiehst. Es wäre eine Art „Intuition".

In Deiner theolog. Doktorarbeit, „Christian Doctrine. The External Prolegomena" schreibst Du auf S. 126: „Ein Grundmotiv ist die suprarationale - supratemporale Antriebskraft des Herzens, gewirkt durch den Heiligen Geist oder durch den Geist der Finsternis,... Ein Bekenntnis ist eine rational-temporale (obgleich vortheoretische) Formulierung des Glaubens, notwendigerweise abwehrend... . Eine wirkliche ökumenische Gemeinschaft von Christen ist aufgebaut auf solch ein gemeinsames Grundmotiv, nicht notwendigerweise auf ein gemeinsames (mini- oder maxi) Bekenntnis".

a) Wenn ein Grundmotiv suprarational und -temporal ist, dann kann man es nicht formulieren, denn nur Rationales (vernunftmäßig Nachvollziehbares) ist formulierbar. Wenn man es doch versucht, so ist es ein gebrechliches Unterfangen.

b) Wenn die ökumenische Gemeinschaft auf solch ein Grundmotiv aufgebaut ist, dann folgt in der Tat daraus, dass diese Gemeinschaft kein rationales Bekenntnis aussprechen kann. Wenn sie es doch tut, so kann dieses Bekenntnis nicht Grund für Trennungen sein, da es ja theoretisch (theologisch), daher gebrechlich, ist. Gebrechliche Formulierungen können aber niemals Grund von Trennungen sein, weil sie nur die theoretisch-theologische Ebene betreffen und nicht das transzendental-religiöse Herz, das vor-theoretische Denken und damit die „Ökumene des Herzens".

c) Schlussfolgerung: 1.Joh.2,23 und 1.Joh. 4,3 können wir vergessen, denn hier wird gefordert, dass jemand ein Bekenntnis klar und verständlich (rational) formuliert (vgl. 2.Joh.1,9-11); Röm.10,9 redet klar von einem Bekenntnis, 2.Tim.2,19 und 1.Tim.6,12 ebenfalls. Die Schrift erwartet ein Bekenntnis von einem Christen und unterstellt damit, dass dieses rational nachvollziehbar ist. Ein Bekennis ist auch durch rational nachvollziehbare Schlussfolgerungen gekennzeichnet, daher analysierbar und infolgedessen auch (im richtigen Sinn) theoretisch. Wenn Du also die Möglichkeit eines Bekenntnisses als Basis wahrer christlicher Gemeinschaft leugnest, leugnest Du die an der Bibel festzumachende Überprüfbarkeit einer existierenden christlichen Gemeinschaft. Das willst Du natürlich nicht sagen, weil Du ja immer davon ausgehst, dass das Band der Einheit der Christen auf der Herzensebene besteht. Das ist aber eindeutig nicht schriftgemäß.

d) Die Basis Deiner „ökumenischen Gemeinschaft" basiert damit auf einem irrationalen (Entschuldigung: ich muss sagen „überrationalen und überkonzeptuellen") Grundmotiv, dass nicht rational formuliert werden kann.

Und dann fügst Du die Definition von Troost hinzu: „"... das christliche Grundmotiv ist das ‘Herz’ der Schrift. Getrennt von diesem ‘Herzen’ kann er die Worte der Schrift nicht verstehen..." (S.126). Auf S.142 schließt Du Dich dieser Auffassung an.

Weiter schreibst Du: „Zweitens, ein Grundmotiv ist keine Theologie, nicht einmal eine theoretische Erkenntnis, nicht einmal generell ein vor-theoretischer rationaler Glaube. Es ist einer Person letzter Beweis oder Gewissheit, welche nicht verifiziert werden kann." (S.126).

Diese Gewissheit, dieser Beweis soll nach Deiner Auffassung unseren Glauben und alle unsere theoretische Arbeit führen, dirigieren. Wie kann jemand eine „letzte Gewissheit", einen letzten Beweis haben, der nicht rational ist. Das ist ein völlig widersprüchlicher Gedanke. Eine innere Gewissheit ist immer rational, weil Denkprozesse, die Voraussetzung für ein Bewusstsein von Gewissheit sind, immer rational strukturiert sind. Das macht gerade das Wesen des Menschen aus, der im Bild Gottes erschaffen wurde (Hi.32,8; Spr.20,27).

Zusammenfassend darf hier noch einmal betont werden:

- das Grundmotiv ist keine theoretisch, durch Schlussfolgerungen entwickelte, in Worte gefass- te, nachvollziehbare Abhandlung über biblische Themen (sprich: Theologie),

- das Grundmotiv ist auch keine theoretische Erkenntnis,

- das Grundmotiv ist auch kein naiver (vor -theoretischer) vernunftgemäßer Glaube.

Was ist es nun ? Eine über- bzw. irrationale Gewissheit ! Willst Du uns in den Mystizismus stürzen ??? In „Christian doctrine", auf S.126, liest man:

„Unser bibliotropisches Grundmotiv ist unfehlbar (unzugänglich für rationale Kritik)"

„Ein Grundmotiv kann nicht zur Diskussion gestellt werden, weil eine Diskussion nur durch dieses Grundmotiv möglich ist" (damit verwirfst Du letztlich alle rationale Apologetik, vgl. dagegen 1.Kor.15) ,

„In einer Hinsicht kann unser Grundmotiv nicht einmal im Blick auf seinen bibliotropischen Charakter geprüft werden"

Schließlich zitierst Du Dooyeweerd positiv, der behauptet, dass dieses Grundmotiv die „einzig wirkliche ökumenische Basis der Kirche Christi ist, welche in ihrer institutionellen Erscheinung hoffnungslos geteilt ist und es ist der endgültige göttliche Richter sowohl aller dogmatischen Theologie als auch aller Philosophie" (S.126).

Da das Grundmotiv nicht einmal im Blick auf seinen bibliotropischen Charakter geprüft werden kann, gleichzeitig aber die ökumenische Basis der Kirche Christi ist und sogar der göttliche Richter aller dogmatischen Theologie und Philosophie ist, fragt man sich, was wohl aus einer solch „bibeltreuen Ökumene" werden wird, die in ihrem Wesen nicht einmal geprüft werden kann. Frage: Wie kann man dann behaupten, dass sie „bibeltreu" sei ???

Man erstaunt letztlich über die „Macht" (die subjektive Macht) dieses Grundmotivs. Dieses „Grundmotiv" wirkt also unabhängig von allen subjektiven menschlichen Interpretationen direkt durch Gottes Wort in der religiösen Wurzel unseres Lebens. Es ist eine zentrale Triebkraft, eine dynamis (Kraft) der Wortoffenbarung. Wohlgemerkt: es ist n i c h t das Wort Gottes, n i c h t die Schrift und n i c h t der Heilige Geist. Es wirkt als letzter Richter aller Theologie und Philosophie. Damit entscheidet das Grundmotiv, ob etwas von wesentlicher Bedeutung ist oder nicht.

Da das Grundmotiv a) nicht Gott, b) nicht der Heilige Geist und c) auch nicht die Schrift ist, wird damit ein dooyewerdianischer philosophischer Grundsatz, der dem postmodernen Lebensgefühl nahekommt, zum Entscheidungskriterium für das, was die wahre Kirche ist, erhoben. Das Grundmotiv wird zum Schlüssel der Erkenntnis Gottes, und die Heilige Schrift kann dann als temporale Manifestation Gottes postuliert werden und einen reduzierten Platz innerhalb des „pistischen Aspekts" bekommen.

Ich halte diesen Gedankenschwall für sehr gefährlich und glaube, dass Du Dich in eine grundlegend falsche Richtung bewegst - aus der Dich sicher nur Gott herausholen kann.

Wenn man nun noch Näheres über dieses Grundmotiv erfahren will, dann heißt es in Anlehnung an Dooyeweerd, dass es in den Schlüsselworten „Schöpfung, Fall, Erlösung in Christus" zusammengefasst werden kann (S.125). Obwohl natürlich auch das nur eine theoretische, gebrechliche Formulierung sei.

Unter „bibliotropisch" verstehst Du ja solche Menschen (Theologen), „die im Griff des schriftgemäßen Grundmotivs sind" (Christian doctrine, S.125).

Die (gebrechliche) Definition des Grundmotivs werden sicher alle Katholiken, Charismatiker, Allversöhner, Adventisten....unterschreiben. Ich hoffe, dass in Holland noch manche Christen merken, dass Du in eine gefährliche Richtung denkst und lenkst.

Das „Grundmotiv" ist ja nicht der Heilige Geist, sondern etwas im Menschen. Aber alles, was zum Menschen, zum menschlichen Geist, Verstand oder zur menschlichen Intuition gehört, ist fehlbar, damit auch zugänglich für rationale (wirklich bibeltreue) Kritik - wie Gottes Wort klar lehrt (Hb.4,12f).

Oder leugnest Du letztendlich, dass der Mensch ein rationales Wesen ist, im Bild Gottes erschaffen, dass in der Lage ist, durch Einsicht in Gottes Wort und unter der Leitung des Heiligen Geistes, Gottes Willen verständlich zu erfahren und sich entsprechend zu verhalten ? (Jak.3,9; vgl. die Ausdrücke „syniäte=sei verständig) in Eph.5,17, „synesis=Einsicht in Kol.1,9; „vous=Sinn in Röm.12,2; „epignosis=Erkenntnis und „aisthesis=Einsicht, Wahrnehmung in Phil.1,9 sowie das Wort „dokimazo=prüfen in Phil.1,9; Röm.12,2 usw.).

Deine Lehre über das Grundmotiv, die grundlegend für Deine Auffassung über die „Ökumene des Herzens" ist, zeigt mir sehr deutlich, dass Deine Gedanken zum Thema „Versammlung (Kirche) Gottes" letztendlich nicht mehr allein gesteuert werden durch das unfehlbare (!) Wort Gottes, sondern unter anderem durch Dein in Deinem Bewusstsein vorgeschaltetes, philosophisch definiertes unfehlbares (?) mystisch wirkendes Grundmotiv.

Nur diese Gedankengänge konnten Dich zu den so seltsamen Begriffen wie „Bibeltreue Ökumene" und „Ökumene des Herzens" bringen (verführen ?).

Es war mir interessant, den Aufsatz von „A.Troost: Geloof en theologie bij Kuitert" zu lesen. Am Ende schreibt er:

„An diesem Punkt scheiden sich unsere Wege. Auch kirchlich. Nicht wegen seiner Theologie. Aber wegen der vielen und wichtigen Glaubensunterschiede" (S.18)

Ganz deutlich wird hier die Scheidung von Theologie und Kirche. Hier sieht man sehr klar, dass man auf theologischer Ebene mit Irrlehrern kommunizieren kann, aber auf Glaubensebene nicht. Muss ich 2.Joh.10-11 anführen ? Bitte sage jetzt nicht: das ist ja die pistische Ebene. Ob auf der Glaubens- oder theologischen Ebene, wer den Irrlehrer grüßt, „hat Teil an seinen bösen Werken".

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7) Deine Lehre über den praktischen, vor-theoretischen, naiven Glauben und die theologisch - theoretische Analyse

Wenn man dieses Thema anhand Deiner philosophischen Doktorarbeit zusammenfassen möchte, komme ich zu folgender Erkenntnis:

a) Das naive Denken (mein Alltagsdenken) geht von einer Subjekt-Objekt-Beziehung aus und das theoretische Denken von einer Gegenstandsbeziehung. (Ob diese Unterscheidung erkenntnistheoretisch so richtig ist, sei einmal dahingestellt, denn es setzt ja bereits einen Maßstab voraus, der diese Unterscheidung möglich macht, ohne die Bedingung dieser Möglichkeit genügend zu reflektieren).

b) Das naive „Sehen", die naive Intuition oder das vor-theoretische Denken ist ganzheitlich, ist auf die volle Wirklichkeit ausgerichtet, erfasst alle Dinge als individuelle Totalitäten. Alle Sinnmodalitäten werden in einer durchgängigen Kohärenz miteinander verknüpft und werden gruppiert auf der Basis der Subjekt-Objekt-Relation, während bei dem theoretischen Denken Dinge und Ereignisse in abstrakte, modal-funktionale Teilaspekte zerlegt werden, um diese schließlich theoretisch zu rekonstruieren und zu objektivieren; es findet sozusagen eine Subjekt-Objekt-Spaltung statt.

c) Das naive Denken verinnerlicht Forschungsergebnisse nicht als theoretisches Abstraktum, sondern als lebendige, konkrete Ganzheiten, als integrale Strukturganzheiten und identifiziert seine integrale Erfahrungsstruktur problemlos mit der Seinsstruktur der Wirklichkeit, während das theoretische Denken Dinge auf ihren Substanzaspekt hin erforscht.

d) Viele Denker haben dieses Unterscheidung gesehen und versucht, einen Synthesepunkt zu bekommen. Kant hat diesen Synthesepunkt in dem transzendental-logischen Ich gesehen, was dazu geführt hat, dass ein bestimmter modaler Aspekt (der logische Aspekt) verabsolutiert wurde, während Dooyeweerd mit Hinweis auf Kant meint,"dass wir von den Gegenständen unserer Erkenntnis wegsehen müssen und eine kritische Selbstreflexion üben müssen" (De leer van de mens, Dlm, S.35). Wir stoßen dann auf unser Ich, nicht auf unser logisches Ich, sondern auf unser denkendes Ich. „Nur wenn das theoretische Denken auf das denkende Ich gerichtet ist, erwirbt es die konzentrische Richtung im Blick auf eine letztendliche Einheit von Bewusstsein, welches an der Wurzel aller modalen Bedeutungsverschiedenheit liegen muss (Dlm, S.35-36). Somit „muss der Synthesepunkt (der Archimedische Punkt) über der Gegenstandsrelation liegen, mithin über allen modalen Aspekten des zeitlichen Erfahrungshorizontes, inklusiv des logischen." (Dlm, S.36).

Nun muss man ja feststellen, dass das Selbst-Denken (das Ich) das theoretische Denken (wie Du es nennst) transzendiert. Nicht das theoretische, sondern das praktische Denken war zuerst. Aber beide Denkweisen sind unlösbar miteinander verbunden. Das Theoretische baut auf dem Prakischen auf. Aber deswegen muss es nicht unbedingt von religiöser Art sein. Welcher Art es zutiefst ist, vermag überhaupt kein Mensch mit letzter Gewissheit zu sagen. Was wir theoretisch analysieren können, ist, dass das primäre Denken zutiefst ein „vertrauendes Denken" ist, ein Denken, was sich auf etwas Vorhandenes stützt, z.B. auf Worte, die bereits bestehen und gelernt wurden. Als Christ würde ich sagen, dass dieses praktische Totalitätsdenken in d e m Sinne religiöser Art ist, dass es ein glaubendes Denken ist. Dieses funktioniert aber prinzipiell rational-logisch und zwar deswegen, weil Gott den Menschen in seinem Bild erschaffen hat (Adam war kein Kind, als er anfing zu denken, sondern ein Mann, dessen Denken zunächst nicht von Sünde befleckt war und daher völlig rational-logisch war, gerade bei der Namensgebung der Tiere und seiner Frau Eva). Gott, der LOGOS, der seine Wahrheit als statische Wahrheit geoffenbart hat, die in Übereinstimmung mit der Wirklichkeit ist, mit ihr korresponiert, hatte Adam ein einzigartiges logisches Denkvermögen verliehen. Das unterschied ihn gerade von den übrigen Lebewesen.

Ein geistlicher Christ, der Leben aus Gott hat, ist gerade ein denkender Mensch, dessen Denken durch den Geist geführt und in der Schrift gegründet ist. Er hat nicht sein theoretisches Denken als Waffe gegen Denksysteme, sondern die Schrift, die er in der Kraft des Geistes mittels der von Gott verliehenen Logik anwendet.

Natürlich stimmt es, dass keine Rede mehr von autonomer, neutraler, objektiver, vorurteilsloser Ausübung von Philosophie und Fachwissenschaft ist.

e) Somit ist das theoretische Denken tief verwurzelt in der religiösen Einstellung des Herzens. Diese Einstellung bestimmt letztendlich, in welche Richtung die Untersuchung gehen soll (vgl. Dlm, S.42).

Ob Dooyeweerds Überlegungen wirklich eine Widerlegung Kant’s transzendentallogischer Gedankengänge sind, sei dahingestellt,

- denn wie kann das theoretische Denken auf das denkende Ich schauen, wo das denkende Ich doch immer in Kategorien der Logik denkt, ansonsten ist es kein vernünftiges Denken? Und wenn das wahr ist, wer gibt uns überhaupt das Recht, das vernünftige Denken von dem theoretischen Denken so zu unterscheiden ?

- denn die Behauptung, dass das theoretische Denken in der religiösen Einstellung des Herzens verwurzelt ist, kann nur Ausdruck des theoretischen Denkens sein, da das praktische Denken überhaupt nicht solch eine Differenzierung vornehmen würde. Da dieses Denken aber nach Deiner Definition letztendlich nicht die volle Wirklichkeit reflektiert, sondern - wie gesagt - nur Teilbereiche, so kann auch diese Theorie nur bruchstückhaft sein. Frage: Wo können wir Sicherheit für die Richtigkeit des naiven und theoretischen Denkens bekommen ?

Einzig und allein darin, dass wir uns konsequent in unserem Denken (das sowohl praktisch, als auch theoretisch-analysierend ist) an das Wort Gottes, an die Bibel, binden. Das ist exakt richtig verstandener Biblizismus, Fundamentalismus.

Wenn es wahr ist, was Du in „Godsverlichting, S.230, schreibst, dass „die größten Gefahren, die meine ideale Gemeinde bedrohen, der Biblizismus ist", dann bin ich gewiss für Dich einer derjenigen, mit denen man einfach nicht mehr kommunizieren kann. Du fügst hinzu: "Dieser Ausdruck kann verschiedenes bedeuten, aber eine Bedeutung davon ist das Streben nach einer Art ‘biblischer Theologie’, die direkt gegründet ist auf die Schrift, ohne ein fundamentales Durchdenken der Ausgangspunkte, der Art und der Methodologie eines solchen Unternehmens. Wenn diese Haltung einen antikonfessionellen Hintergrund hat, dann ist sie biblizistisch,...".

Diese Scheidung, Differenzierung - oder wie soll ich es sagen - von theoretischem und naivem Denken ist einer der Hauptgründe, warum Du in vielen Punkten heute anders denkst und handelst. Dabei geht es nämlich nicht nur um eine kleine philosophische Gedankenspielerei, sondern um entscheidende Fragen, die z.B. in dem oben zitierten Gedanken zum Ausdruck kommen. Ich fürchte um solche einfachen treuen und gottesfürchtigen Bibelleser, die nichts mehr zu sagen wagen, weil sie theologisch und philosophisch nicht gebildet sind.

Was folgt nun daraus für Deine theologischen Betrachtungen in Deiner theolog. Doktorarbeit (Christian doctrine) ?

Du unterscheidest auf S.91 das vor-theoretische, naive, „primär pistische" Lesen der Bibel und das logisch-analytische, theologisch-wissenschaftliche Lesen der Bibel (Theologie). Das vor-theoretische, naive Lesen der Bibel hat sein Motiv in der Liebe zu Gott und hat immer einen pistischen Ansatz, während das logisch-analytische Lesen der Bibel primär einen logischen Ansatz hat.

Das führt mich auch noch zu Deiner Auffassung über das Thema: „Systematisch-theologische Konzepte". In „Christian doctrine", S.94" arbeitest Du das aus in Verbindung mit einem Angriff auf die fundamentalistische Theologie:

„Fundamentalistische Theologie spricht insbesondere oft in einer naiven Weise von biblischen Konzepten oder sogar von ‘konzeptuellen Gedankeninhalten’. Das Wort Gottes wurde uns durch menschliche Sprache vermittelt. Aber die Vorstellung, dass menschliche Konzepte, einschließlich biblische Konzepte, notwendigerweise abstrakt-theoretische Konzepte sind, ist gegründet auf eine rationalistisch-wissenschaftliche Verwirrung theoretisch-abstrakter- und praktisch-konkreter Alltagssprache.. Die Bibel ‘umfasst’ nicht ‘Konzepte’ wie Seele und Geist, genausowenig wie Christus Nikodemus einen theoretisch-konzeptuellen Entwurf von Wiedergeburt gab, als er mit ihm über die Bedingungen in das Reich Gottes eingehen zu können, sprach (Joh.3). Genausowenig gibt die Bibel (theoretische) Abhandlungen von Konzepten wie Sünde, Fall, Erlösung usw. Die Offenbarung Gottes in der Schrift bezüglich solcher Subjekte übersteigt sogar alle menschliche Konzeptualisation, denn es ist von supra-rationalem Charakter."

Im Unterschied zu der systematisch-theologischen Konzeptualisation steht Deine Vorstellung von einer „Ideen(Vorstellungs)-Erkenntnis". „Ideen - Erkenntnis, das ist Erkenntnis in Form von ‘Ideen’(Vorstellungen), sogar rationale Erkenntnis, aber eine Form der Erkenntnis, die die konzeptuelle Erkenntnis transzendiert." (Chr.Doc, S.97). Weiter machst Du dann deutlich, dass irgend eine systematische Theologie anerkennen muss, „dass es logische Objekte in der Theologie gibt, von welchen keine theoretischen Konzepte gebildet werden können". Dann nennst Du Beispiele wie „die zentral-religiöse Bedeutung der Schrift z.B. (i.e) das ewige Wort Gottes, das Herz des Menschen in seinem emphatischen Sinn, die religiöse Beziehung zwischen diesem Herzen und Gott (oder den Götzen), die Kirche in ihrer transzendenten Fülle und Einheit" (später erwähnst Du noch „Harmonie, Gerechtigkeit, Liebe, Güte"). „Über solche überzeitlichen Sachen können wir nur mit Worten sprechen, die zurückgeführt werden können auf Konzepte, welche innerhalb unseres zeitlichen Erfahrungshorizontes liegen. In solchen Fällen funktionieren diese Konzepte als Supra-Konzepte, indem sie hinweisen auf Dinge, die unseren zeitlichen Erfahrungshorizont transzendieren".

Darf ich kurz zusammenfassen?

a) Konzeptuelle Erkenntnis ist theoretische Erkenntnis; theoretische Erkenntnis gibt uns Konzepte über etwas, während praktisch-konkrete Glaubenserkenntnis immer Ideen-Erkenntnis ist, d.h. man hat eine Vorstellung von etwas.

b) Die Bibel spricht nicht in Konzepten, sondern vermittelt uns Glaubensinhalte, die nicht-hinterfragbar sind, wobei diese Glaubensinhalte mit dem transzendental-religiösen Ich festgehalten werden. Andererseits gibt es logische Konzepte (Supra-Konzepte), die innerhalb des zeitlichen Erfahrungshorizontes liegen, wie z.B. Gerechtigkeit, Liebe, ... .

c) Es fällt auf, dass Du bestimmte Suprakonzepte nicht erwähnst, z.B. „Dreieinheit".

 

Davon liest man in „Wijs met de wetenschap", S.74:

„Mitlebende Christen picken eine ganze Reihe theologischer Konzepte auf, die nicht wörtlich in der Bibel zurückzufinden sind, so etwa: Dreieinheit, Zwei-Naturenlehre, Stellvertretung, Genugtuung und auch technische Begriffe wie Exegese, Eschatologie, Ekkläsia" (Übri-gens: der „technische" Terminus „ekkläsia" steht sehr wohl in der Bibel).

Ist daraus zu schließen, dass alle nicht-wörtlichen theologischen Konzepte nicht ohne weiteres verbindlich sind ? Gibt es denn wörtlich-theologische Konzepte ? Sind das dann „Supra-Konzepte" oder Ideen, Aussagen, die auf der pistischen Ebene verbindlich sind oder auch auf der theoretischen ?

Wenn man dann in Chr.Doc., S.141-142 liest, dass die Unterscheidung zwischen „praktischer Erkenntnis (sprich: Ideen-Glaubens-Erkenntnis) und Theologie" (sprich: konzeptuelle-theologische Erkenntnis) gemacht werden muss, damit keine Kirchentrennungen entstehen, da nur auf der Basis der Glaubenserkenntnis „bibliotropische Gläubige" zusammengehören, dann darf doch die Schlussfolgerung gezogen werden, ob man denn auf wissenschaftlicher, theologischer Ebene mit Theologen, die z.B. die Trinität leugnen, zusammenarbeiten kann, weil doch theologische Konzepte keine verbindlichen Kriterien für die Einheit der Kirche bilden. Es nützt auch nicht, wenn Du nun anfängst von „suprarational-logischen Konzepten" zu sprechen", die doch innerhalb der transzendental - religiösen Ideenerkenntnis vorhanden sind.

Ich halte diese Deine Konzeption solcher Konzepte Deines theoretisch-analytischen Denk-vermögens, die in einem bibliotropischen Grundmotiv Deines transzendental-religiösen Herzens begründet sind, das Deiner Auffassung nach bewegt wird von dem Geist Gottes und der Schrift, für höchst gefährlich, weil ich überzeugt bin, dass wahre Kenntnis von Gott auch rational und konzeptuell ist und nicht nur überrational und überkonzeptuell.

Das ewige Leben ist das „Kennen" (ginosko) des Vaters und des gesandten Sohnes (Joh.17,3)

Das gleiche Wort „ginosko" wird von dem Erkennen der Lehre Jesu gebraucht (Joh.7,17), von der Erkenntnis der Wahrheit (Joh.8,32) und von dem gegenseitigen Kennen des Vaters und des Sohnes (Joh.10,15). „Ginosko" bedeutet aber eindeutig auch rational-logisches Erkennen. So wird es von Ungläubigen gebraucht (Apg.17,20), sogar von einem bösen Geist (Apg.19,15), von Menschen in Ephesus (Apg.19,35).

Epignosis ist ganz deutlich rational-logische Erkenntnis (Röm.1,28; 3,20). Der Wille Gottes sollte rational-logisch erkannt werden (Phil.1,9; Kol.1,9). In 2.Tim.2,25 sollte der Verstrickte zur Erkenntnis der Wahrheit kommen, nachdem er logisch überführt worden war. Was „logisch-rational" allerdings nicht bedeutet, ist, dass unsere menschliche Logik das logische Konzept Gottes bis in das letzte Detail ergründen kann. Allerdings kann das bei dem Gläubigen geöffnete Verständnis dieses logisch-rationale Konzept Gottes ergreifen und diesen Gedanken gehorchen. Das gesamte Denken der Menschheit ist zutiefst eben erst dann logisch, wenn es von der Realität Gottes ausgeht und bereit ist, das Denkkonzept Gottes zu akzeptieren. Diese Akzeptanz des gläubigen Herzens führt immer zu logisch-rationalem Denken, zu wahrem Nach-Denken.

Ich sage nicht, dass - philosophisch gesehen - manche Deiner wirklich recht akrobatisch anmutenden Gedankenkomplexe nicht interessant sind. Aber das ist gerade die Gefahr. Deine Denkweise wird meiner Überzeugung nach die Türen für allerlei falsche Lehren innerhalb der evangelikalen christlichen Gemeinden öffnen und durchsäuernd wirken.

Übrigens:

Mit dieser Differenzierung führst Du nun - wie selbsverständlich - ein, dass die Unterscheidung zwischen naivem Lesen der Bibel und logisch-analytischen Lesen der Bibel prinzipiell möglich ist. Liest Du in Deiner stillen Zeit die Bibel vor-theoretisch und in der Hochschule theoretisch ?

Liest Du die Bibel einmal, indem Du ganz auf Gott hörst und zum anderen, indem Du die Bibel nur als ein Buch zum Erforschen nimmst ? Ist diese Weise, die Schrift zu lesen, gottgewollt ? Wenn ja, woher weißt Du das ? Wenn nein, warum tust Du das ?

Wie kommt es eigentlich, dass Du so denkst ? Und wie kommst Du dazu, dass Du meinst, dass es so richtig ist ? Aufgrund Deines philosophischen Konzepts ? Aber dann bist Du im Griff Deines philosophischen Konzepts, im Griff Deines Ichs. Vor allen Dingen: Wer bestimmt, ob es falsch oder richtig ist, so zu denken ? Wenn der Geist Gottes der tiefste Beweger Deines transzendental-religiösen Ichs (hoffentlich auch noch Deines transzendental-logischen Ichs) ist, dann musst Du die Antwort - Deiner eigenen Argumentation nach - in dem sog. naiven Umgang mit der Bibel suchen. Aber die Bibel, Gottes Wort, gibt Dir keinen Anlass für diese differenzierende Denkweise. Sie sagt Dir wohl, dass Du Deine Gedanken gefangennehmen sollst unter den Gehorsam des Christus (2.Kor.10,5) und nicht über das hinausdenken sollst, was geschrieben ist (1.Kor.4,6) und dass Du Nachahmer des Apostels Paulus sein solltest, der das, was ihm Gewinn war um Christi willen für Verlust achtete.

Einerseits betonst Du, dass das theoretische Denken letztlich von dem transzendentalreligi-ösen Ich (dem Synthesepunkt des Menschen) beherrscht wird, andererseits unterscheidest (fast möchte man sagen: trennst) Du das naive vom theoretischen Denken. Wenn das transzendental-religiöse Ich unter der Führung (nicht des von Dooyeweerd und Dir formulierten Grundmotivs, sondern) des Heiligen Geistes lebt, dann gibt es diese von Dir postulierte (Unter-) Scheidung nicht. Dann folgt daraus,

- die Aufhebung der intellektuellen akademisch-theologischen Denkgemeinschaft, die der Schrift sowieso vollständig unbekannt ist (mit Ausnahme der verschiedenen Schulen der Schriftgelehrten, Sadduzäer und Pharisäer),

- das Ende der Verehrung der Menschen, die sich durch akademische Titel Einfluss und Anerkennung erwerben,

- die Möglichkeit, die uns in der Schrift mitgeteilt wird, dass der Herr Jesus Gaben gibt und sie durch das Leben, die naive Erfahrung, den naiven Umgang mit der Schrift, im Austausch mit solchen, die sich dem lebendigen Gott unterwerfen und die Leitung des Heiligen Geistes erleben, erzieht.

Wer die Bibel liest, liest das Wort Gottes. Er (das transzendental-religiöse Ich) liest es glaubend-denkend, (forschend)-nachsinnend in dem Bewusstsein, darin Gott zu begegnen. Der Geist, der die Schrift inspirierte, ist der Geist, der den Leser in alle Wahrheit leitet, der ihm die Augen öffnet, um Gott zu erkennen und alle Informationen, die für sein Leben als Mensch auf der Erde als göttliche Wahrheit und Weisheit nötig sind, zu empfangen.

Wort und Geist werden auch den Wissenschaftler befähigen, die Erkenntnisse zu verbalisieren, die für sein Gebiet wesentlich sind. Ein solcher Christ bedarf dieses komplizierten Gedankensystems absolut nicht.

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8) Irrtumslosigkeit der Bibel, Biblizismus und Fundamentalismus.

Du drückst Dich auch im Blick auf die Irrtumslosigkeit der Bibel m.E. nach recht unklar aus. Ich zitiere aus dem Buch „Het gezag van de bijbel" (Hgb).

Du schreibst: „Selbst wenn Unzulänglichkeiten in der Schrift nachweisbar wären,... [und damit meinst Du die Autographen, also die ursprünglich inspirierten Schriften - nicht die Übersetzungen], dann sind das die Gräten, woran die Theologen ihre Zähne ausbeißen können, während die Speise für uns ist und unsere Überzeugung von der Vertrauenswürdigkeit der Schrift dadurch im Ganzen (!!!) nicht erschüttert wird." (S.83). Die Gräten sind aber neben dem Fleisch u.a. gerade die vom Schöpfer-Gott geschaffenen Voraussetzungen für die Existzenz der Fische.

Für den Glauben ist es buchstäblich Torheit, dass bestimmte Unebenheiten etwas an der Inspiration, der göttlichen Autorität und der völligen Vertrauenswürdigkeit der Schrift ändern

könnten oder Gefahr bedeuten für den Scopus der Bibel: das Heil, das Gott für das gefallene Geschöpf bestimmt hat" (Hgb, S.88).

Weiter geht es also um den Scopus der Schrift, das ist die „Reichweite", die „Richtung", das „zentrale Motiv" der Bibelbotschaft" (Word en wetenschap, WeW, S.154). Obwohl Du „Unebenheiten" in den Autographen für möglich hältst, ändert das Deiner Meinung nach nichts an der absoluten Wahrheit und Vertrauenwürdigkeit und Inspiration der Schrift. Damit bekommt natürlich der Inspirationsbegriff eine neue Dimension.

Wenn jemand dieser Auffassung widersprechen sollte, hat er schlicht und einfach eine „scientistische Auffassung" von der Bibel.

Auf S.79ff (Hgb) versuchst Du - wie so oft - einen dritten Weg zwischen denjenigen, die an die Irrtumslosigkeit der Schrift glauben und solchen, die nicht daran glauben, zu gehen:

„Mit den Verneinern der Irrtumslosigkeit halten wir gegenüber den Bejahern der Irrtumslosigkeit fest,

- dass die Bibel keine Ansammlung naturwissenschaftlicher und geschichtswissen-schaftlicher ‘Wahrheiten’ ist ...;

- dass die Irrtumslosigkeit der Schrift in ihrer vollkommenen Wahrheit und Vertrauenswürdigkeit, ihrem Freisein von aller Fehlleitung, Irrtum und Unwahrhaftigkeit, und nicht so sehr auf dem Gebiet von (vermeintlichen) ‘technischen’ Ungenauigkeiten und Diskrepanzen gesucht werden muß";

Gehst Du nun von echten Diskrepanzen im inspirierten Text aus oder nicht ?

„Vermeintlich" in ( ) relativiert alles. Warum diese verbogene Formulierung ?

Doch dann wird es wieder sehr deutlich, wenn Du schreibst,

- dass „der göttliche Ursprung der Schrift nicht notwendigerweise beinhaltet, dass selbst keine ursprünglichen (wohl oder nicht scheinbaren) Diskrepanzen zwischen parallelen Bibelteilen wie in Sam. und Kön. einerseits und Chronika andererseits angenommen werden dürfen."

Also doch: Es könnten doch z.B. Diskrepanzen in geschichtlichen (chronologischen) Einzelheiten des inspirierten Text vorhanden sein !

Nun, wenn man diese Unterschiede Fehler" oder „Irrtümer" oder „Unebenheiten" nennen würde, dann würde das bedeuten, dass es eine göttliche Inspiration gäbe, die entweder versehentlich (was ist dann mit der Allwissenheit und Allmacht Gottes ?) oder bewußt (was ist dann mit der vollkommenen Wahrheit Gottes ?) Fehler in die Bibel eingeschleust hätte. Solche Gedanken muß ich vollkommen verwerfen.

Ich stelle somit folgendes fest:

Du sprichst über „Unzulänglichkeiten, „Unebenheiten", „Fehler" in den ursprünglich inspirierten Schriften, den sog. Autographen. Dann verbesserst Du Dich und schreibst vermeintliche Fehler", schließlich erklärst Du deutlich, dass der „göttliche Ursprung der Schrift nicht notwendigerweise beinhaltet, dass selbst keine ursprünglichen (wohl oder scheinbaren) Diskrepanzen zwischen parallelen Bibelteilen wie in Sam. und Kön. einerseits und Chron. andererseits angenommen werden dürfen." Diese Behauptung kannst Du deswegen aufstellen, weil Du glaubst, dass die Bibel geistliche Sprache, Glaubenssprache" (S.76) spricht. Der Glaube interessiere sich nicht für mögliche oder nicht-mögliche Fehler im Urtext, da sie nicht empirisch nachzuweisen sind. Nach Deiner Meinung liegt der Fehler der Biblioszientisten darin, dass sie meinen, die Bibel spräche in der „logisch-analytischen Sprache der Wissenschaft" (S.76). Sagen Sie das eigentlich wirklich?

Die Schrift ist in dem Sinn irrtumslos, dass sie uns niemals wegführt von dem Willen Gottes oder der Kenntnis der Wahrheit in Christus" (Hgb,S.85). Muss man daraus schließen, dass sie ursprünglich in chronologischen, historischen und geographischen Details nicht unbedingt frei sein muss von Irrtümern ? Warum nur „in dem Sinn" ?

Auf S.86 (Hgb) weist Du nun auf verschiedene „Fehler" hin (z.B. 1.Sam.8,4 und 1.Chr.18,4; 2.Sam.10,18 und 1.Chron.19,18; 2.Sam.24,9 und 1.Chr.21,5; 1.Kö.7,26 und 2.Chron.4,5), betonst dann aber, dass wir

- nicht wissen können, ob es sich um Fehler handelt, da die Autographen nicht mehr vorliegen,

- besser von „vermeintlichen Fehlern" reden sollten (diese Ausdrucksweise ist o.K., entspricht dem frühen Wim).

Aber dann fügst Du schon wieder auf S.87 hinzu, dass „für die Christen die Vertrauenswürdigkeit der Schrift nicht eine logisch-theoretische Angelegenheit sei, sondern eine Frage des Glaubensvertrauens, womit sie sich durch die Kraft des Heiligen Geistes dem Wort Gottes anvertrauen."

Schließlich sagst Du: „Aber ist es nicht eine sonderbare Form der Logik, daraus zu schließen, dass also die Unterschiede zwischen Samuel, Könige und Chronika nicht bestanden?" (Hgb, S.87)

Unterschiede", „Fehler" oder „vermeintliche Fehler" sind also Erkenntnisse (Schlüsse) des logisch - theoretischen Denkens, nicht des Glaubensvertrauens. An dieser Stelle wird deutlich, wohin die Unterscheidung zwischen logischem und naivem Denken führen kann. Sie führt dazu, die Unfehlbarkeit, Irrtumslosigkeit der Schrift auf theoretischer Ebene preiszugeben. Aber: Indem Du die Möglichkeit von „Fehlern" in den Autographen einräumst, frage ich Dich, ob Du das aus dem logisch-theoretisch Blickwinkel tust oder aus Deiner Glaubenseinstellung. Logisch-theoretisch darfst Du diese Äußerung gar nicht machen, weil sie nicht überprüfbar ist (eventuell in den Übersetzungen). Dennoch machst Du sie. Daraus muss die Schlußfolgerung gezogen werden, dass Du es sehr wohl für möglich hälst, dass Irrtümer in den inspirierten Schriften (Autographen) vorkommen können. Damit gibst Du de facto das Bekenntnis zur Unfehlbarkeit der Bibel auf.

Demgegenüber hältst Du daran fest, dass „das Wahrheitskriterium der Schrift kein auf die Logik oder Empirie reduziertes sei. Das Wahrheitskriterium in der Schrift sei Jesus Christus, der die Wahrheit selbst sei, der Schöpfer und Erlöser" (vgl. Hgb, S.76). Insofern kann man die Wahrheit „nicht auf theoretisch-rationalem Weg erkennen" (Hgb, S.76), wie die rationalistische Apologetik es möchte, sondernauf dem Weg des Glaubens, durch die Wirkung des Heiligen Geistes" (vgl. Hgb, S.76). Heißt das „nicht-rational" ?

Auch Texte wie 2.Tim. 3,16f und 2. Petr.1,19-21 sind Deiner Auffassung nach „keine theoretische Aussage über die Art und evtl. Fehlerlosigkeit der Schrift, sondern über ihren göttlichen Ursprung und ihre praktische Zweckdienlichkeit im Glaubensleben" (Hgb, S.84). Willst Du damit sagen, dass beide Stellen sehr wohl offen lassen, dass das von Gott eingegebene Wort fehlerhaft sein könnte bzw. dass die Männer Gottes, die vom Geist getrieben wurden, fehlerhaft redeten ?

Schlußfolgerung: Es macht Dir nichts aus, wenn in den göttlich inspirierten Schriften (Autographen) Fehler, Unebenheiten, nachweisbar w ä r e n, aber Du fügst unmittelbar hinzu: „Und darum bekennen wir durch Gottes Geist noch immer die Fehlerlosigkeit und Vertrauenswürdigkeit der ganzen Schrift" (Hgb, S.88).

Kritisch darf ich nun fragen: Worauf bezieht sich der Begriff „bekennen" ? Muß ich nun immer wieder betonen: Ich bekenne i m G l a u b e n, dass... ??? oder darf ich auch sagen: Die inspirierte Schrift ist fehlerlos, weil sie Gottes Wort ist ?

Wie kommst Du zu diesem Denken ? Nun, ich zitiere aus WeW, S. 61.

„Wir wollen ein Beispiel aus dem Bereich nehmen, wo gerade das Herz der Theologie zur Diskussion steht, die Frage nach der ‘Fehlerlosigkeit’ der Schrift. Es ist für den christlichen Glauben überdeutlich, dass die Schrift für sich selbst in Anspruch nimmt, das vollkommene, autoritative Wort Gottes zu sein, das gerade, weil es durch Gott inspiriert ist, keine Fehler aufweisen kann. Der Gläubige, der sich ganz und gar der Schrift unterwerfen will, weil sie Gottes Wort ist, wird dann auch g l ä u b i g festhalten an der Fehlerlosigkeit der Schrift. Aber die theologische, wissenschaftliche Lehre bezüglich der Fehlerlosigeit steht nicht auf einer Linie mit dem gläubigen Bekennen der Fehlerlosigkeit der Schrift. In der Lehre probiert der Theologe auf wissenschaftlich zu verantwortende Weise sich Rechenschaft davon zu geben, was wir nun eigentlich wohl und nicht meinen, wenn wir die Fehlerlosigkeit der Schrift bekennen. Dieses Glaubensbekenntnis ist eine Sache der Glaubensfunktion des wiedergeborenen Herzens des Menschen, dass - wiewohl das Glauben menschlich-gebrechlich ist - gefangen ist in dem glücklichen Griff des niemals fehlenden Wortes Gottes. Aber die wissenschaftliche Analyse dieser Fehlerlosigkeit, mit dem Ziel u.a. diese Glaubensauffassung in die Form eines wissenschaftlich-theologischen Dogmas zu gießen, ist eine Sache des menschlichen Verstandes, und das ist ‘nur’ eine von den anderen fehlbaren Funktionen, die vom menschlichen Herzen ausgehen."

Weiter heißt es auf S.62 (WeW): „Dieser Unterschied zwischen dem gläubigen Bekennen mit dem wiedergeborenen Herzen einerseits und dem theoretisch-wissenschaftlichen Durchdenken des Glaubensgutes mit dem Verstand andererseits ist fundamental. Wer das einmal eingesehen hat, wird nicht mehr in den Fehler verfallen, als ob die Ansicht, dass die Bibel Gottes Wort ist, erworben werden kann durch die theologische Wissenschaft; im Gegenteil, die Theologie muß von dieser Ansicht ausgehen. Niemand soll durch wissenschaftliches Nachdenken dazu gebracht werden, dass die Bibel das inspirierte Wort Gottes ist." Und wenn es doch geschehen würde ?

Es betrifft hier nämlich keine wissenschaftliche Ansicht, sondern eine Glaubensansicht, welche nur die Frucht eben desselben Wortes Gottes unter der Leitung des Heiligen Geistes sein kann, eine Wirkung, nicht primär logischer Art, sondern von Glaubensart, die zutiefst in dem wiedergeborenen Herzen stattfindet, der zentral-religiösen Wurzel unseres ganzen Seins. Das bedeutet nicht, dass diese Einsicht außerhalb des Verstandes stattfindet, da doch der Verstand auch (genauso wie der Glaube) eine von den Funktionen des menschlichen Herzens ist. Die Glaubenseinsicht, hier also die Einsicht, dass die Bibel das inspirierte Wort Gottes ist, leitet alle Funktionen des Herzens, auch diejenigen des Verstandes- und Gefühls-lebens" (S.62)

Deine These ist, dass die Schrift keine Fehler in den Autographen aufweisen kann, weil sie von Gott inspiriert ist; deine Antithese ist, dass sie sehr wohl Fehler in den Autographen aufweisen kann; die Synthese ist, dass für das glaubende Denken, die Glaubenseinsicht (nicht rational, was natürlich Unsinn ist, denn „Einsicht" hat immer mit Rationalität zu tun) die Schrift fehlerlos ist und für das theoretisch-analytische Denken Fehler im wis-senschaftlichen Sinn vorhanden sein können. Du glaubst damit an einen vertrauens-würdigen autoritativen fehlerhaften Urtext (Autographen).

Für jemanden, der diese dialektische Denkweise nicht erkennen kann, mag das alles überzeugend klingen. Ganz anders redetest Du in Deinem Buch „So entstand die Bibel", zu dem ich damals das Vorwort schrieb:

Auf S.130 heißt es unter der Überschrift: „Sogenannte Gründe gegen die Inspiration: ... „

„1. Frage: Wie können wir glauben, dass der ursprünglich geschriebene Bibeltext unfehlbar war, wenn er doch nicht mehr vorhanden ist ?" (bedenke: nicht nur „inspiriert")

Wie deutlich ist doch diese Frage, nicht wahr ? Überdenke bitte die Antwort sehr sorgfältig !

Deine Antwort: „Die Antwort ist sehr einfach: Es ist gerade das Beeindruckende und Wunderbare an der Überlieferung unseres Bibeltextes, dass wir bis auf einige Kleinigkeiten, den ursprünglichen Text genau rekonstruieren können. Schon daraus können wir erkennen, wie wichtig es für Gott war, uns den wörtlich genauen Bibeltext in die Hände zu geben, wenn er auch auf der anderen Seite verhindert hat, dass die ursprünglichen Manuskripte bewahrt blieben (möglicherweise, um sie vor Mißbrauch zu schützen). Herrliche Antwort !

Auf S.121 betonst Du die Unfehlbarkeit" der Bibel und schreibst, dass mit der Frage nach der Inspiration viele andere Fragen, wie die Glaubwürdigkeit, Unfehlbarkeit und absolute Autorität der Bibel direkt zusammenhängen"... .

Auf S.122 erklärst Du den Begriff „Inspiration": Die Inspiration ist also Gottes Werk,..." „"..., dass die Inspiration durch das Wirken des Heiligen Geistes, der in den Bibelverfassern wirkte, geschah".

S.125: „Die Inspiration ist wörtlich...". „Die Inspiration ist allumfassend...".

Auf S.126 erklärst Du dann, dass in den späteren Handschriften und Übersetzungen Fehler vorkommen können.

Auf S.127 schreibst Du: „...dass wir die Bibel als das unfehlbare, autoritative, völlig inspirierte Wort Gottes akzeptieren".

In Verbindung mit 2.Tim.3,16 und 2.Petr.1,21 lehrst Du auf S.127: „Sie (die Bibel) ist ein total menschliches Buch und gleichzeitig ein total göttliches, unfehlbares Buch. Das Wunder des geschriebenen Wortes ist vergleichbar mit Jesus Christus, dem fleischgewordenen Gotteswort. Der Heilige Geist, der über Maria kam, war derselbe Geist, der einzelne Menschen dazu trieb, göttliche Prophetie hervorzubringen".

So hast Du einmal gesprochen !

So hast Du damals geschrieben:

„Die historische und wissenschaftliche Glaubwürdigkeit der Bibel: Wir haben oben kurz über vermeintliche Fehler und Widersprüche in der Bibel gesprochen und darauf hingewiesen, dass die meisten ganz einfach zu erklären sind.... . Die Bibel spricht über die Natur, über Pflanzen (obwohl in überwissenschaftlicher Sprache) den Tatsachen entsprechend. ... Die Bibel unterscheidet sich von allen religiösen Büchern der Welt dadurch, dass sie das unfehlbare, autoritative und inspirierte Wort Gottes ist !" (S.138)

Meine Frage: Wäre es möglich, in dem Herrn Jesus irgendwelche „Unebenheiten", „Unstimmigkeiten", „Diskrepanzen" usw. nachzuweisen ?

Auf S.128 betonst Du, dass Gott zwar menschliche Instrumente benutzte, aber Du betonst dann auch: Dabei wird menschlichem Versagen vorgebeugt", indem Du weiter hinzufügst: „Nun gibt es aber auch andere, die das Wunder des vollkommen Menschlichen und vollkommen Göttlichen der Bibel nicht akzeptieren können und dem entgegenhalten: Wenn es menschliche Elemente in der Bibel gibt, müssen sie dann auch notwendigerweise, nach normalen menschlichen Kriterien, unvollkommen sein. Das hieße dann, dass ein so altes Buch, wie es die Bibel ist, historisch und wissenschaftlich unglaubwürdig oder sogar völlig unwichtig wäre, und dass man erwarten dürfte, Mythen, Legenden, fromme Übertreibungen und „sachliche Widersprüche" darin zu finden. (Jetzt fügst Du hinzu, beachte): „Das bringt uns zur Bibelkritik."

Meine Frage: Wären „sachliche Widersprüche" nicht auch „Diskrepanzen" in geschichtlichen Einzelheiten ?

Menschen, die so denken, sind also nach dem frühen Wim b i b e l k r i t i s c h.

Du würdest Dich demnach aus damaliger Position b i b e l k r i t i s c h nennen, da Du doch von der Eventualität chronologischer (also sachlicher Widersprüche) ausgehst !!!

Auf S.131 stellst Du die Frage: „Kommen in der Bibel nicht zahllose Widersprüche vor, die die Inspiration unglaubwürdig machen ? und dann: „Kommen in der Bibel nicht zahllose historisch und wissenschaftlich unrichtige Behauptungen vor ?"

In der Beantwortung dieser Fragen wird sehr deutlich, dass Du d a m a l s von der absoluten Unfehlbarkeit der Schrift (d.h. der Autographen) ausgingst:

Leider können wir hier nicht auf die historische und wissenschaftliche Glaubwürdigkeit der Schrift eingehen,... .

„Die Bibel ist kein Geschichts- oder wissenschaftliches Buch; aber da, wo sie etwas über Geschichte oder Wissenschaft aussagt, ist sie immer im Recht und redet mit göttlicher Autorität". Wunderbar, Wim, das ist e i n d e u t i g e Sprache ! besser : Das war einmal eindeutige Sprache, die ich gerade an Dir so schätzte.

Auch der gläubige Wissenschaftler wird die Schrift so lesen, wie Du früher gedacht hast:

1) Wenn ein gläubiger Wissenschaftler die Bibel liest, dann liest er sie im Vertrauen auf Gott. Er geht davon aus, dass die Schrift Gottes Wort ist und damit ist sie vollkommen, so wie Gott vollkommen ist. Sein (naives und theoretisches) Denken (Warum eigentlich diese trennende scharfe Differenzierung ?) ist durch die Wirkung des Heiligen Geistes (der Gott ist und damit das naive und theoretische Denken völlig umfaßt) gebunden an die absolute Autorität der Schrift (das bedeutet übrigens nicht nur das Dooyeweerdsche schriftgemäße Grundmotiv), und das beinhaltet auch das Anerkennen der Irrtumslosigkeit und Fehlerlosigkeit der Autographen. Das bedeutet de facto auch, dass sich die menschliche Vernunft in keiner Weise ein Urteil über die Richtigkeit oder mögliche Falschheit bzw. die Fehlerhaftigkeit bestimmter Aussagen anmaßen kann. Jedes Urteil der menschlichen Vernunft (auch auf der logisch-analytischen Ebene) über eine mögliche Fehlerhaftigkeit der inspirierten Schrift ist völlig verwerflich.

2) Wenn Du nun z.B. von möglichen „Unebenheiten", „Diskrepanzen" in den Autographen sprichst, dann kannst Du das aufgrund der Modalitätenlehre Dooyeweerds tun. Du bezeugst damit ein Verständnis von „Irrtumslosigkeit der Schrift", dass weder schriftgemäß ist, noch in Übereinstimmung mit einer wirklich schrifttreuen Philosophie (wenn man diesen Begriff schon gebrauchen will) steht:

a) Indem Du Fehler/Diskrepanzen/Unebenheiten in den Autographen für möglich hältst (auch wenn Du dann manchmal hinzufügt „vermeintliche"), tastest Du die Vollkommenheit des überzeitlichen und das theoretische Denkvermögen transzendierenden Inspirationsvermögens Gottes an;

b) Indem Du behauptest, dass diese Kritik an Deiner Auffassung von einem rationalistischen A priori ausgeht, unterstellst Du Gott, dass ER sein Wort so inspiriert hat, dass von IHM eine so scharfe Differenzierung (fast möchte man sagen: Trennung) von Herz und Verstand prinzipiell gewollt ist und eine Apologetik durch den erleuchteten Verstand (besser: das erneuerte Denken) aufgrund logischer Regularitäten nicht gewollt war. Bei dieser Behauptung geht man nicht von der Ganzheit der menschlichen Persönlichkeit aus, sondern überbewertet das theoretische Denken, was ja gerade in seine Schranken verwiesen werden soll.

c) Da aber gerade das hebr. Wort „leb" (Herz) unter anderem auch das Denkvermögen beinhaltet, ist diese starke Trennung biblisch sowieso nicht zulässig (vgl. 1.Mo.6,5; 8,21; 17,17; 24,45; 27,41; Ps.49,3; 53,1; Spr.2,2; 4,4; Spr.7,8 (unverständig=wörtl. ohne Herz, vgl. auch 9,4.16; 10,13), Spr.8,5 (Verstand = verständiges Herz, vgl. auch 10,20.21; 15,32; 17,16; 19,8); 27,23 (Aufmerksamkeit, w: Herz). Ein Studium des Wortes „leb" in den Sprüchen zeigt uns das sehr deutlich:

2,2: Dein Herz neigst zum Verständnis; 2,10: Weisheit wird in dein Herz kommen; 3,1: dein Herz bewahre meine Gebote; 4,4: Dein Herz halte meine Worte fest; 6,14: Verkehrtheiten sind in seinem Herzen; 6,18: ein Herz, welches heillose Anschläge schmiedet; 8,5: lernet Verstand (w: Herz) usw. Das gleiche gilt für „lebab" (Hi.34,10 Verstand, w: Herz).

Das Herz wird in der Bibel ganz deutlich auch als logisch denkendes Herz gesehen, das alltägliche Ereignisse gottgemäß ordnet. Natürlich geht es nicht um sog. wissenschaftliche Erkenntnis, in deinem Sinn theoretische Erkenntnis. Aber wie wollen wir unser gesamtes Erkenntnisvermögen in die rechten Bahnen lenken, wenn wir uns nicht von dem Buchstaben, dem Wort der Schrift absolut leiten lassen und logisch darüber nachdenken ?

d) Wenn man nun die Unterscheidung zwischen dem sog. westlich orientierten wissenschaftl.-logischen (theoretischen) Denken und dem praktischen (glaubenden) Denken der Schrift macht und auf der ersten Ebene m ö g l i c h e Fehler/ Diskrepanzen in den Autographen betont, ist das eine maßlose Überschätzung der westlichen, durch das gr. Denken beeinflussten, Denkfähigkeit.

e) Das theoretische (wissenschaftlich-logische) Denken des Menschen im allgemeinen ist immer von der Zeitepoche und den gerade vorhandenen Erkenntnissen jener Zeit geprägt, hat also immer vorläufigen Charakter. Das theoretische Denken des gläubigen Wissenschaftlers ist zunächst durch den Heiligen Geist und Gottes Wort gebunden (2.Kor.10,4-5; 1.Kor.4,6b). Diese Gebundenheit ist schriftbezogen, also geprägt von den heiligen Schriften. Wenn der gläubige Wissenschaftler auch nicht in rein biblischen Begriffen während seiner wissenschaftlichen Arbeit redet, wird er sich doch immer wieder in seiner Ausdrucksweise auf die „Worte, gelehrt durch den Geist" beziehen - auch wenn er sie durch Begriffe wissenschaftlicher Terminologie ausdrückt. Die Weisheit dazu wird ihm sicher durch den Heiligen Geist verliehen.

Unter keinen Umständen darf Glaubenssprache und wissenschaftliche Sprache so voneinander getrennt werden, wie Du es tust.

f) Du gehst von folgenden Vorstellungen aus: Das naive Denken meint, die Schrift sei fehlerlos, weil es von dem Selbstverständnis der Schrift ausgeht. Das theoretische Denken versucht nun auf „wissenschaftlich verantwortliche" Weise zu ergründen, was denn eigentlich mit dieser Aussage zur Fehlerlosigkeit gemeint ist (WeW,S.61).

Zunächst sei gefragt: Was heißt: wissenschaftlich verantwortlich ? Wem gegenüber ist die Wissenschaft verantwortlich ? Den eigenen „unabhängigen" Vernunftschlüssen oder Gott und Seinem Wort ?

Ich will kurz diese beiden Gedanken untersuchen. Das naive Denken geht von dem Selbstverständnis der Schrift aus, warum eigentlich das theoretische nicht auch ? Wenn doch - Deiner Meinung nach - sowohl das theoretische als auch das naive Denken durch das Herz und die Kraft des Heiligen Geistes geprägt ist, warum muss man dann im Blick auf den Begriff „Fehler" zu unterschiedlichen Äußerungen kommen ? Das theoretische Denken geht doch ebenfalls von bestimmten - wenn auch wissenschaftlich orientierten - Denkvor-aussetzungen aus und kann damit nicht den Anspruch der absoluten Richtigkeit einer Aussage aufrechterhalten, da wissenschaftliche Erkenntnis immer vorläufig ist. Es ist daher völlig absurd, wenn der gläubige Wissenschaftler die Möglichkeit einräumt, dass Fehler/Unebenheiten in den Autographen vorkommen könnten, aber als jemand, der auch durch das naive Denken geprägt ist, bekennt er im Glauben: Die Schrift ist fehlerlos.

Nein, gerade der gläubige Wissenschaftler wird sagen: Ich bin in meinem Herzen völlig überzeugt von der Irrtumslosigkeit der Schrift, auch wenn manche Texte schwierig zu verstehen sind. Das liegt daran, dass Gottes Weisheit zwar immer in Übereinstimmung mit seiner göttlichen Logik ist, aber unsere Logik immer noch gebunden ist an unsere fehlerhaften hermeneutischen Methoden.

Wird nicht alles menschliche Erkennen von einem immer schon vorhandenen Vorverständnis geleitet ? Wenn nun das theoretische Denken des Gläubigen auf das naive Denken aufbaut, wenn das naive Denken im Herzen des Gläubigen wurzelt und durch den Geist ein anderes Verständnis der Wirklichkeit hat als der Ungläubige, so kann auch das theoretische Denken nur mit dem Vorurteil des naiven Denkens die Schrift lesen, und das bedeutet: Es wird von der Irrtumslosigkeit der Schrift ausgehen. Wenn das nicht der Fall ist, so muß unterstellt werden, dass das theoretische Denken sich mehr und mehr verselbständigt und ein wissenschaftliches - von der Schrift emanzipiertes - Kriterium für Wahrheit benutzt, anstatt in allen Denkbereichen von dem Geist der Wahrheit, der in alle Wahrheit einführt, geprägt zu werden.

Ich möchte weiter daran festhalten, dass der biblische Text zwar einer rationalistisch orientierten, von Gottlosigkeit geprägten, Wissenschaft unwissenschaftlich erscheint, aber dass eine dem christlichen Glauben verpflichtete, durch Gottes Geist gekennzeichnete, bibeltreue Wissenschaft, niemals ein Problem damit haben wird, zu sagen: Die Bibel ist zwar kein wissenschaftliches Lehrbuch, sie spricht auch nicht in wissenschaftlicher Terminologie (dem Herrn sei Dank), aber sie widerspricht n i c h t einer bibeltreuen Wissenschaft, die davon ausgeht, dass die Weisheit des Heiligen Geistes einen gläubigen Wissenschaftler prinzipiell befähigen kann, in seinem von Gott abhängigen Denken wissenschaftliche Erkenntnisse zu gewinnen, die mit der weisen Ausdrucksweise des Heiligen Geisters in der Schrift übereinstimmen. Da, wo für den Verstand Diskrepanzen auftauchen, sind sie immer nur scheinbar. Natürlich bleibt das eine Glaubensaussage, aber diese Glaubensaussage ist eine Herzensgewißheit und damit auch eine Überzeugung des theoretischen Denkens, da das theoretische Denken niemals vom Glauben getrennt werden darf, denn diese Trennung/Unterscheidung ist gerade Ausdruck theoretischer Reflexion.

Insofern bin ich ein Verfechter eines richtig verstandenen Biblizismus.

In dem Buch „Inspiration und Offenbarung" von E.Schnabel (TVG R.Brockhaus; 1986; S.249) wird „Biblizismus" wie folgt erklärt: „Haltung, welche die Bibel in allen ihren Teilen als autoritatives Wort Gottes versteht und ihr für die jeweilige Gegenwart unmittelbar verpflichtende Geltung beimißt; in der kritischen Theologie meistens geringschätzig gebraucht."

Was sagst Du über solche Gläubigen, die einer solchen Denkströmung angehören, also Fundamentalisten, Biblizisten sind ?

In Deinem Buch „Godsverlichting" (Gv) äußerst Du Dich wie folgt, wenn Du z.B. über den Fundamentalismus in reformierten und evangelikalen Kreisen spricht: Dies beinhaltet eine Denkströmung mit den folgenden Merkmalen:

a) ein reaktionärer, militanter [welche Fundamentalisten meinst Du eigentlich damit ?], biblizistischer Protest gegen alles, was den christlichen Glauben unterminieren möchte;

b) und das aus einer rein szientistischen Auffassung von der ‘Fehlerlosigkeit’ der Bibel" [beachte die Häkchen bei Fehlerlosigkeit] und

c) von einer Auffassung her, die sagt, dass jeder, der mit dieser Sicht auf die Schrift nicht einverstanden ist, kein ‘wahrer Christ’ ist" (S.116).

Der Ausdruck „rein wissenschaftliche Auffassung" ist völlig überzogen. Diese „Fundamenta-listen" kämpfen für die Herrlichkeit des einmal den Heiligen überlieferten Glaubens, des Wortes Gottes.

Du meinst, dass Menschen, die so denken, genauso von der Bewunderung der menschlichen Vernunft ausgehen wie die liberalen Theologen. Und tatsächlich führst Du auch noch den Theologen Tillich an und schreibst: P.Tillich nennt ihn [den Fundamentalismus] darum zu recht „antitheologisch" (auch wenn es so scheint, dass er mehr von seinen Emotionen geleitet wird, wenn er behauptet, dass der Fundamentalismus „dämonische Merkmale" hat") (Gv., S.117).

Es ist erschreckend, dass Du gerade, wenn es um den Fundamentalismus geht, den Irrlehrer und Symboltheologen Paul Tillich zitierst.

Auf S.119-120 (Gv.) zeigst Du dann die Bedeutung der Theologie auf. Auch wenn man behauptet, ‘an der Schrift volles Genüge zu haben’, kommt man nicht umhin, denselben theologischen Kriterien unterworfen zu sein wie jede akademische Arbeit" (S.120) Das gilt zumindest dann, wenn es sich um ein „gründliches und systematisches" Studium der biblischen Lehre handelt.

Ist das wirklich wahr ? Aber Kriterien werden von einem bestimmten Zeitgeist geprägt. An diesem Punkt - so denke ich - begibst Du Dich auf ein sehr unsicheres Gebiet. Wahre Theologie (wenn man den Begriff schon gebrauchen möchte) setzt immer eine geistliche Grundverfassung voraus, da das Reden über Gott abhängig ist von Gottes Geist (1.Kor.2,10) und Gottes Wortoffenbarung (1.Kor.2,11).

Hier wird ganz deutlich, dass Du eine theologische Schulung für wesentlich hältst. Wie kommt es, dass Du in Deinen früheren Schriften dieses Wort kaum gebrauchtest?

Vielleicht sollte ich jetzt auf Dein Heft „Gesundes Bibelstudium" hinweisen. Bitte lies einmal die Seiten 8-19 ! Da redet ein völlig anderer Wim. Prüfe es bitte !

Ich sage nicht, dass man das Wort „Theologie" überhaupt nicht gebrauchen darf, aber es ist auffallend, dass Du es immer mehr im akademischen Sinn gebrauchst. Wann werden wir die ersten offiziellen Theologen unter den sog. Brüdern" haben. Jedenfalls hast Du den ersten Schritt getan !

Das Bibelstudium in Deiner idealen Gemeinde geschieht dadurch, dass man a) eine gründliche Exegese und Dogmatik ausübt im Dialog mit der ganzen Theologiegeschichte, b) und das ohne griechische, scholastische und humanistische Einflüsse, sondern durch das Beherrschtwerden durch das biblische Grundmotiv (Schöpfung-Sündenfall und Erlösung) ... und ohne scholastische, biblizistische und humanistische Einflüsse - „so eine Gemeinde kenne ich nicht." (Gv. auf S. 181). Biblizismus steht direkt neben Humanismus. Das ist in der Tat ein neuer Wim Ouweneel.

Auf S.230 (Gv) schreibst Du: „Zum Schluß noch dies: Eine der größten Gefahren, die ‘meine’ ideale Gemeinde bedroht, ist der Biblizismus (man würde doch erwarten: der Liberalismus, aber nein). Dieser Terminus kann viele Bedeutungen haben, aber eine davon ist das Streben nach einer Art ‘biblischer’ Theologie, die ‘direkt’ auf die Schrift gegründet ist, ohne ein grundlegendes Durchdenken der Ausgangspunkte, der Art und der Methodologie eines solchen Unternehmens..... Die betreffende ‘biblische Theologie’ wird oft präsentiert als die ‘biblische’ Alternative für alle gangbaren ‘verdorbenen’ [warum in Anführungsstriche ?] Lehren und als ‘ein erneutes einfältiges Hören auf die Schrift’. ... Diese Art Biblizismus oder ‘biblische‘ Theologie, oder ‘Keine - Theologie - als - die - Bibel-Haltung’ bringt ihre Anhänger in der Praxis leicht dazu, scholastische oder humanistische Denkinhalte zu übernehmen."

Dann unterscheidest Du den rein sektiererischen Konfessionalismus und den rein biblizistischen Antikonfessionalismus (der genauso sektiererisch sei). Der letztere stehe in Gefahr, die eine spekulative ‘Wahrheit’ nach der anderen zu ‘entdecken’, ohne auf die Lehrer der Gemeinde in allen Jahrhunderten zu hören. Wer ist hier wohl gemeint, der als biblizistischer Antikonfessionalist eine spektakuläre Wahrheit nach der anderen entdeckt ???

Wie kannst Du eigentlich solche Gedanken äußern ? Sagt die Schrift, dass ich zunächst den Lehrern aller Jahrhunderte zuhören soll, bevor ich Gottes Gedanken und Willen kennenlernen und tun kann? Das ist doch absurd und zeigt, auf welch unschriftgemäßem Weg Du Dich befindest.

In „wijs met de wetenschap" schreibst Du auf S.18: „Biblioszientisten glauben, dass ‘echte Wissenschaft nicht im Gegensatz zur Bibel ist’.... Biblioszientisten bestehen sogar darauf, allerhand moderne naturwissenschaftliche Theorien in die Bibel hineinzulesen, so wie die Nuklearkräfte (Kol.1,17a; Hb.1,3), das Entropiegesetz (1.Mo.3), die Isostasie (das Gleichgewicht der Erdkruste Jes.40,12b), das Schwerkraftfeld (Hi.26,7b), die Rotverschiebung (Hi.9,8a), die Fotosynthese (5.Mo.33,14a), die Tatsache, dass der Mond kein eigenes Licht abgibt (Hi.25,5a) usw. Die biblische Botschaft wird hier degradiert zu ‘wissenschaftlicher Information’. Das ist nicht allein verkehrt, sondern auch gefährlich: wenn diese Theorien einmal veraltet sind, werden viele schlussfolgern, dass damit auch die betreffenden Schrifttexte widerlegt sind."

Weiter S.35: „Aber saubere religiöse Argumente haben innerhalb der strikten psychologischen, geschichtswissenschaftlichen oder soziologischen Theoriebildung keinen Platz. Die Vorstellung, dass man bestimmte fachwissenschaftliche oder philosophische Probleme mit einer simplen Berufung auf einen Bibeltext abtun könnte, ist eine der Formen des Biblizismus. Religiöse Argumente - inklusiv eine direkte Inanspruchnahme der Schrift - haben wohl einen Platz innerhalb der Weltanschauung, der ein Wissenschaftler anhängt und die seiner Wissenschaftsausübung zugrundeliegt."

Auf S.86 sagst Du: „Auch die ‘Bibeltatsachen’ funktionieren nur in einem bestimmten kognitiven Kontext, der in diesem Fall strikt pistisch qualifiziert ist. Das will sagen: die Bibel spricht allezeit Glaubenssprache; niemals geht es um Naturtatsachen oder geschichtliche Tatsachen ‘an sich’. Die Schrift ist göttlich wahr und vertrauenswürdig, nicht weil sie sich als wissenschaftlich erweist, sondern weil sie allezeit, auch dort, wo sie über Natur und Geschichte spricht, herrührt von und zurückverweist auf IHN, der die Wahrheit ist und als solcher zuallererst unser Herz und unseren Glauben anspricht, nicht unsere wissenschaftliche Neugierde."

Was sagst Du mit Deiner Aussage ?

a) Erstens schreibst Du gegen den alten Wim Ouweneel, der genau diese Auffassung vertrat.

b) Du sagst damit: Philosophische Probleme (auf der Basis theoretischer, daher abstrakter) Überlegungen, können n i c h t einfach durch Gottes Wort angegriffen werden, sondern bedürfen einer philosophischen Theorie, die ihre Wurzeln in einem bibliotropischen Grundmotiv hat:

Also: Christliche Philosophie gegen säkulare Philosophie; nicht: Gottes Wort gegen säkulare Philosophie. Damit nimmst Du dem Wort Gottes, den Worten Gottes, die Kraft und schiebst unmerklich einen christlich-philosophischen Standpunkt ein, der Grundlage für die Abwehr philosophischer Systeme ist. Lieber Wim, das ist eine fundamentale Untergrabung der Autorität der Schrift und ein Verneinen der Genügsamkeit der Schrift !

c) Wenn Du behauptest, dass man mit einer simplen Berufung" auf Bibeltexte z.B. nicht philosophische Probleme abtun kann, dann sagst Du damit, dass die Bibel als Gottes Wort, mit Weisheit angewandt auf philosophische Probleme, unlogischer und unwirksamer ist als die Logik dieser Wissenschaften, wobei Du selbst Deine eigene Logik benutzt, um das feststellen zu können. Damit nimmst Du einen Standpunkt ein, der über Gottes Wort ist - und das ist grundlegend gefährlich. Ein Christ muss nicht philosophische Gedanken mit philosophischen Gedanken bekämpfen, nein, es reicht, wenn der Christ Gottes Wort in der Kraft des Geistes durch Weisheit anwendet und dadurch ein philosophisches Gedankensystem zerstört (2.Kor.10,5). Was tat der Herr in Mth.4, als Satan ihn versuchte ? Welche Hinweise geben uns die Apostel in ihren Briefgen, um Gedankensysteme zu bekämpfen ? Eph.6,12ff; 1.Tim.6,20-21; 2.Kor.2,17; 4,2; 10,3-6.

Du weißt ganz genau, dass kein geistlicher Biblizist, kein Fundamentalist behauptet, die Bibel spräche in wissenschaftlicher Sprache. Sie sagen, dass man bestimmte Texte mit bestimmten modernen wissenschaftliche Erkenntnissen in Verbindung bringen kann, aber sie verabsolutieren ihre Erkenntnisse doch nicht.

d) Auch hier wieder die Frage: Ist Glaubenssprache die Sprache der absoluten Wahrheit ? Wenn die Schrift göttlich wahr und vertrauenswürdig ist, dann wird wahre Wissenschaft der Bibel nicht widersprechen, sondern sie in vollem Umfang bestätigen, auch wenn sie andere Worte benutzt, da die die Bibel in der Tat keine wissenschaftliche, sondern alltägliche Sprache redet.

e) Du wendest Dich auch gegen Brüder, die in evangelikalen Kreisen Deutschlands großes Vertrauen genießen und schreiben: „Wir stellen bei genauerer Betrachtung von 1.Mo.1 und 2 fest, dass uns dort eine ebenso große Fülle wissenschaftlicher Fakten begegnet wie Aussagen des Glaubens" ( W.Gitt: So steht’s geschrieben", S.154).

W.Gitt und Mitarbeiter von „Wort und Wissen" behaupten nirgends, dass die Autorität der Bibel sich durch schöpfungstheoretische Modelle abstützen lässt, sie behaupten auch nicht, dass die Bibel wissenschaftlich redet, aber sie glauben wohl, dass z.B. 1.Mo.1-11 realhistorisch richtig ist. Die Textstrukturen der biblischen Schriften lassen einen gewissen Interpretationsspielraum erkennen. Wenn man Deine oben gegebenen Hinweise auf Biblioszientisten liest, dann meinen diese doch nur, dass man z.B. in Kol.1,17a; Hebr.1,3 sieht, wie Gott die Nuklearkräfte zusammenhält bzw. trägt. Derjenige, der diese Stelle inspiriert hat, der Heilige Geist, ist doch derjenige, der weiß, was zutiefst hinter den inspirirten Worten steht. Deswegen widersprechen sie keiner wissenschaftlichen Theorie, sondern bestätigen nur in Alltagssprache, was der Intellekt des Menschen unter Gottes Führung und Leitung herausarbeiten darf.

Und trotzdem bist Du einverstanden, dass Dein Buch „Gedanken zum Schöpfungsbericht" neu erscheinen kann, wie Winni Weiler mir sagte ? Obwohl Du Dich ganz deutlich von Deiner früheren biblizistischen, fundamentalistischen Einstellung distanzierst (natürlich nur in kleinen Anmerkungen) ? Müsstest Du nicht eigentlich eine Neuerscheinung als „gefährlich" abweisen?

In „De negende koning" (S.299) schreibst Du: „Stärker noch: die historische Vertrauenswürdigkeit dieser Schrifttatsachen wird so kräftig unterstrichen (nämlich von den Fundamentalisten), dass man in den genannten Ausdrücken (es geht um die Begriffe „Quellen der Tiefe" und „Fenster des Himmels") nur präzise Umschreibungen von bestimmten astronomischen und geologischen Erscheinungen lesen will.

Die Anmerkung 4 zu diesem Text lautet dann auf S.306: „Ich habe selbst daran mitgearbeitet in ‘De ark in de branding’"). Du distanzierst Dich davon, aber bist bereit, dass Dein Buch „Gedanken zum Schöpfungsbericht" doch wieder erscheint. Irgendwie finde ich es unredlich, oder ist das typisch postmodern?

In der Art Deiner Vorgehensweise bist Du sehr geschickt. Leider durchschauen das bisher sehr wenige. Ähnliches gilt für das Buch „Mit Sehnsucht...".

Aber darf ich Dir nun einige „simple" Stellen sagen ?

„Sehet zu, dass nicht jemand sei, der e u c h als Beute wegführe durch die Philosophie und durch eitlen Betrug, nach der Überlieferung der Menschen, nach den Elementen der Welt, und nicht nach Christo" (Kol.2,8)

„Ich fürchte aber, dass etwa wie die Schlange Eva durch ihre List verführte, also auch euer Sinn (noäma) verderbt (und abgewandt) werde von der Einfalt gegen den Christus". Du weißt doch, was „noäma" bedeutet ? Paulus sagt, dass ihm Satans Gedanken (noämata) nicht unbekannt sind (2.Kor.2,11) und dass der Fürst der Finsternis, der Gott dieses Zeitlauf, den Sinn (noäma) der Ungläubigen verblendet (2.Kor.4,3). Das führt uns dann zu der dritten Stelle:

„..., indem wir Vernunftschlüsse (logismous) zerstören und jeden Gedanken (noäma) gefangennehmen unter den Gehorsam des Christus" (2.Kor.10,5).

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9) Was bedeuten für Dich eigentlich „Bibelworte" ?

Wenn Du über Bibelworte schreibst, nennst Du sie „z e i t l i c h e Ausdrücke" (in der Sprache der „naiven" Erfahrung) des überzeitlichen Wortes Gottes. Der Glaube glaubt der Schrift auf dieser „naiven" Ebene, aber auf der theoretischen Ebene durchbricht das Denken diese Glaubenssprache, obwohl es an das schriftgemäße Grundmotiv gebunden bleibt.

Frage: Was sind z e i t l i c h e Ausdrücke des überzeitlichen Wortes Gottes ? In „Bijbel en Wetenschap", Juli/August 1993, S.143 schreibst Du von der Wortoffenbarung, der Schrift, als einer „Offenbarungsgestalt" (einer „innerzeitlichen Gestalt") des e i n e n Verbum aeternum, des ewigen Wortes. „Die Schrift als innerzeitliche Gestalt des ewigen Wortes ist Teil der Schöpfungs-oder Werkoffenbarung..."

Wenn man folgende Texte überdenkt, ist es dann angemessen, solche Formulierungen wie „zeitliche Ausdrücke des überzeitlichen Wortes Gottes" und „innerzeitliche Gestalt des ewigen Wortes" zu gebrauchen ?

- „Worte, gelehrt durch den Geist" (1.Kor.2,13),

- „Alle Schrift ist von Gott eingegeben" (gottgehaucht, 2.Tim.3,16);

- der Herr Jesus spricht von dem Wort und Gebot Gottes, wenn er über das Gesetz redet (Mk.7,13); siehe auch Jes.40,8; Mth.4,4; es wird das „Schwert des Geistes" genannt (Eph.6,17); „die Schrift kann nicht aufgelöst werden" (Joh.10,35), wobei hier die Schrift „Wort Gottes" genannt wird. Oder: „Das Wort Gottes ist nicht gebunden" (2.Tim.2,9); vgl. auch 2.Sam.23,2 und Mth.22,43, wo der Herr letztlich sagt, dass das AT „im Geist" geschrieben wurde.

Ein Vergleich von Gal.3,8 und 1.Mo.12,3; Röm.9,17 und 2.Mo.9,16; Ps.2,1 und Apg.4,25; Ps.16,10 und Apg.13,35; Jes.55,3 und Apg.13,34; Ps.2,7 und Hb.1,5; Ps.97,7 und Hb.1,6 Ps.104,4 und Hb.1,7 macht deutlich, dass das Reden der Schrift mit dem Reden Gottes gleichgesetzt wird.

Lies einmal Deine erfreulichen und klaren Ausführungen dazu in „So entstand die Bibel (Pb), S.134:

„Wenn sogar Er, der Sohn Gottes, sich sowohl bei seinen Auseinandersetzungen als auch bei seinen Lehren immer wieder auf die Schrift berief, wie groß muss dann ihre Autorität sein... . Die Autorität der Schrift ist sogar größer als die Vollmacht eines von den Toten Auferstandenen oder eines Engels im Himmel (Lk.16,29-31; Gal.1,8)... Wie begegnete Jesus denjenigen, die menschliche Satzungen höher stellten als die Schrift ? (Mth.15,1-6). Bedenken wir auch, wieviel Nachdruck der Herr auf die Handhabung und Erfüllung eines jeden Teils der Schrift legte, wie wir schon sahen. Wenn ich an Jesus Christus glaube, darf meine Haltung der Schrift gegenüber dann anders sein als die des Herrn ?"

Die unterstrichene Aussage wirft Dein ganzes neues Denksystem über den Haufen ! Wim, wo wird das alles enden ???????

Ich halte es für sehr gewagt, Bibelworte, die ja die Schrift ausmachen, „zeitliche Ausdrücke des überzeitlichen Wortes Gottes" zu nennen. Wenn ich Ps.119,89 („In Ewigkeit, Jahwe, steht dein Wort fest in den Himmeln"); Jes.40,8; 1.Petr.1,25 (das Wort unseres Gottes besteht in Ewigkeit"); Jes.59,21 („Mien Geist, der auf dir ist und meine Worte, die ich in deinen Mund gelegt habe, werden nicht aus deinem Mund weichen, noch aus dem Mund deiner Nachkommen, noch aus dem Mund der Nachkommen deiner Nachkommen"); lese, gebietet mir meine Gottesfurcht, diese Ausdrucksweise zu vermeiden.

Ich lehne es völlig ab, Bibelworte „zeitliche Ausdrücke des überzeitlichen Wortes Gottes" zu nennen. Die gottgehauchte Schrift ist Gottes Wort. Wenn Du Bibelworte ohne weiteres „zeitliche Worte" nennst, dann muss man den Eindruck haben, dass Du weißt, welche Sprache in der Ewigkeit gesprochen wird.

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10) Dein Kampf gegen eine rationalistische Apologetik

Du meinst: Hinter der „rationalistischen Apologetik" stehe „zutiefst die Vorstellung von der neutralen, objektiven Wissenschaft, die kein Wissen davon hat, dass Fakten immer Fakten-für-Menschen sind, allezeit eingebettet in die religiöse Überzeugung, womit wir an sie herangehen" (Hgb, S.77). Das hört sich erkenntnistheoretisch sehr gut an, passt auch in unsere postmoderne Zeit, die von einer wesentlich subjektivistischen Philosophie durchsetzt ist, gut hinein, aber ist trotzdem Ausdruck eines Denkens, das durch den Zeitgeist gekennzeichnet ist. Paulus jedenfalls argumentiert so nicht.

Also: Obschon diese Aussage von einem gewissen erkenntnistheoretischen Ansatz her an sich richtig sein kann, hast Du sie dennoch nicht aus der Schrift gewonnen, sondern aus der Wissenschaftsphilosophie. In Hgb, S.72 weist Du denn auch auf Popper, Kuhn, Lakatos und Feyerabend hin.

In „Wijs met de wetenschap", S. 96, sagst Du von den Erkenntnissen Polanyis, Poppers, Lakatos’, Kuhns, Feyerabends, die eine neue Wissenschaftsvision entwickelten gegen die logisch-positivistische Richtung, „dass sie auch für eine christliche Wissenschaftslehre von großer Bedeutung ist."

Aber: Die Schrift geht davon aus, dass der Mensch im Bilde Gottes erschaffen ist (1.Mo.1,26; 9,6; Jak.3,9), obwohl es auch wahr ist, dass Seth einen Sohn in seinem Gleichnis, nach seinem Bild zeugte. Als Ebenbild Gottes, wenn auch durch die Sünde verdorben, vermag er dennoch die Welt so zu sehen, wie sie ist. Das von Gott Erkennbare, seine ewige Kraft, ist unter den Menschen offenbar, wird von Erschaffung der Welt an, wahrgenommen. (Röm.1,19-20). Die Menschen kannten ihn, aber ehrten ihn nicht, sondern das Geschaffene - das führte sie zum Götzendienst.

Christen sind in der Lage, Gottes vernünftige Gedanken mit dem erneuerten Sinn zu bekennen und zu verteidigen (Röm.12,2). 1.Petr.3,15 ist rationale Apologie mit einer geistlichen Gesinnung, „mit Sanftmut und Furcht" (vgl. den Begriff „apologia" (=Verantwortung) in Apg.19,33; 22,1; 1.Kor.9,3; Phil.1,7.16; 2.Tim.4,16).

Die Schrift geht also davon aus, dass Menschen die Wirklichkeit als die Wirklichkeit des Schöpfers erkennen, erleben und die richtigen Schlussfolgerungen in Bezug auf die Existenz des Schöpfers ziehen können.

Andererseits betonst D u klar und deutlich, dass die Schrift inspiriert und Gottes Wort sei und uns niemals von dem Willen Gottes und der Wahrheit in Christus abführe - trotz eventueller Fehler oder Unebenheiten z.B. in bezug auf geschichtlichen Einzelheiten (chronologische Fragen). Wenn jemand behauptet, die Autographen (also die inspirierten Schriften) seien fehlerlos, dann wende er ein theoretisch - wissenschaftliches Kriterium an. Da aber die Autographen nicht mehr vorhanden seien, könne man weder w i s s e n s c h a f t l i c h behaupten, die Autographen beinhalteten Fehler, noch behaupten, sie beinhalteten keine Fehler (vgl. S.84). Dieser Aussage pflichte ich bei, wenn Du damit meinst, dass „wissenschaftlich" bedeutet, was man heute unter „Wissenschaft" versteht ! Gegenwärtige wissenschaftliche Erkenntnisse sind immer vorläufig und niemals zu verabsolutieren.

Wenn man die Zeitschrift „Bijbel en Wetenschap, Juni 1993, Nr.164 liest, wird man auf S.120 unter der Überschrift „Analyse des Wortes Gottes" mit folgendem Gedanken konfrontiert:

„..., Andere (Theologen) behaupten, dass es (das Studium der Theologie) das Studium der Offenbarung Gottes oder des Wortes Gottes ist.... Alle diese Ideen sind belastet mit scholastischen und/oder humanistischen Vorstellungen. Die Idee, dass das ewige Wort Gottes theoretisch-wissenschaftlich analysiert werden kann, ist zutiefst gotteslästerlich. Der christliche Glaube, durch den Heiligen Geist im wiedergeborenen Herzen gewirkt, hat Kenntnis von den ‘Dingen Gottes’, aber die Theologie als solche hat genauso wie alle anderen Fachwissenschaften nur Wissen von dieser (vor der Erfahrung und dem Denken zugänglichen) kosmischen Wirklichkeit, wozu auch die Bibel - als das Wort Gottes, insofern es innerhalb unserer kosmischen Wirklichkeit in Schriftform Gestalt bekommen hat - gehört."

Später schreibst Du, dass der Theologe die Bibel „aus seinem „eigenen spezifischen (modalen) Gesichtspunkt" (pistische Modalität) studiert.

Auf S.143 dieser Zeitschrift schreibst Du: „In einer radikal-christlichen Kosmologie ist die göttliche Offenbarung notwendigerweise eins: die ganze Offenbarung Gottes ist sowohl Wort- als Werkoffenbarung. Schöpfungswort und Erlösungswort sind nur Offenbarungsgestalten des einen Verbum aeternum (ewiges Wort). Die Schrift als innerzeitliche Gestalt des ewigen Wortes ist Teil der Schöpfungs- und Werkoffenbarung und als das erhabenste von Gottes Schöpfungswerken das Zentrum der Schöpfungsoffenbarung."

Auf S.178, 179 schließlich schreibst Du: „Die Schrift ist das Wort Gottes selbst in seiner innerzeitlichen Gestalt, und umgekehrt ist das Wort Gottes die Schrift selbst in ihrer transzendenten Fülle und Einheit". Dann äußerst Du Dich auf S.179 über den Fundamentalismus, der Deiner Auffassung nach an einem „wissenschaftsüberschätzenden Glauben in die Fehlerlosigkeit der Bibel" leidet, wobei er geplagt wird von einem scholastischen Dualismus von „natürlich" und „übernatürlich" und der Verwirrung von Glaubenskenntnis und theologischer Kenntnis (so dass beispielsweise wissenschaftliche Theorien in die Bibel eingelesen werden)". Außerdem glaube der Fundamentalismus „an die Fehlerlosigkeit, der ein westliches wissenschaftliches Kriterium von Vertrauenswürdigkeit zugrundeliegt".

Allerdings betonst Du, dass Dir diese Auffassung „auf vortheoretischer Glaubensebene sympathisch" sei.

In „wijs met de wetenschap", S.110 teilst Du dem Leser mit, dass „nicht nur die Schrift, sondern auch die Schöpfungsoffenbarung Wahrheit enthält." Und weil sie Schöpfungsoffenbarung ist, geht es hier wohl zugleich um Wahrheit von Gott." Später fügst Du hinzu, dass auch „in menschlichen Kulturprodukten sich Wahrheit von Gott offenbart, weil sich auch darin die göttliche Gesetzesordnung offenbart." Du weist dann auf Jes.28,23-29 hin.

Zusammenfassend behauptest Du damit:

a) Die Bibel in Schriftform gehöre zur kosmischen Wirklichkeit, sie habe darin Gestalt bekommen. Die Theologie studiere diese kosmische Wirklichkeit. Sie studiere nicht das Wort Gottes, sondern höchstens die Schrift in ihrer innerzeitlichen Gestalt. Ja, Du betonst, dass der Gedanke, dass man das Wort Gottes theoretisch-wissenschaftlich studieren könne, zutiefst gotteslästerlich sei, obwohl Du den Ausdruck gebrauchst, dass man die Bibel (die Schrift) studieren könne.

Auch an dieser Stelle wird es wieder deutlich, dass Du Gottes Wort und Schrift (Bibel) unterscheidest und das theoretisch-wissenschaftliche Studium von dem glaubensmäßigen Studium unterscheidest. Wer stellt die Richtigkeit oder Falschheit der Möglichkeit Deines theoretisches Durchdenkens dieser beiden „Studienarten" fest ? Gottes Wort oder Deine Philosophie ? Wenn Gottes Wort, dann muss ich sagen, dass Sein Wort diese Unterscheidung absolut nicht macht, wenn Deine Philosophie, dann muss man zuerst Deine Philosophie studieren, um Deine Unterscheidung richtig nachvollziehen zu können.

b) die Schrift als innerzeitliche Gestalt des ewigen Wortes Gottes sei T e i l der Schöpfungs- und Werkoffenbarung, die erhabenste von Gottes Schöpfungsoffenbarung. Es ist eine äußerst seltsame Formulierung, wenn Du auf S. 74 in „Bijbel en Wetenschap" (Juni 1993) schreibst, dass „das Zeugnis von der Schöpfung ebenso vollkommen ist wie das der Schrift".

Wenn ich Röm.8,19-22 lese, würde ich auf diese Idee nicht kommen. Die Schöpfung muss einmal von der Knechtschaft des Verderbnisses freigemacht werden, aber die Schrift nicht.

Der Herr sagt: „Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen", die Worte des Herrn sind „Geist und Leben" (Joh.6,63), „das Wort des Herrn bleibt in Ewigkeit" (1.Petr.1,25), während die Elemente im Brande aufgelöst werden (2.Petr.3,10) und „Erde und Himmel wie ein Gewand zusammengewickelt werden (Hb.1,12).

Zumindest ist diese Ausdrucksweise fragwürdig. Wir wüssten gar nicht, dass durch die Schöpfung Gottes ewige Kraft, seine Göttlichkeit und das Unsichtbare von Ihm geoffenbart wird, wenn uns das Röm.1,19-20 nicht mitteilen würde.

Ohne Frage finden wir Gottes Offenbarung in der Schöpfung: Ps.19; Röm.1 u.a.St., aber wo steht, dass Gottes Wahrheit durch die Schöpfung in gleicher Weise erkannt werden kann wie in seinem Wort ? Du zitierst A.F.Holmes, der sagt: „Alle Wahrheit ist Gottes Wahrheit."

Ist es wahr, dass sich in menschlichen Kulturprodukten Wahrheit offenbart ? Können wir gar davon sprechen, dass sich Gott in der menschlichen Kultur im eigentlichen Sinne des Wortes offenbart ? Ich glaube das nicht. Der Offenbarungsgedanke hängt doch mit Unmittelbarkeit zusammen. Gott hat durch die Erschaffung der Welt seine Macht, seine ewige Kraft geoffenbart. Die unmittelbar geoffenbarten Schöpfungswerke zeugen von dieser Macht und Weis-heit. In diesem Sinn ist Gottes Wahrheit über seine Allmacht und Weisheit als Wahrheit unter den Menschen bekannt. Aber niemals ist das, was der Mensch an Kulturprodukten entwickelt eine Offenbarung Gottes oder Wahrheit Gottes. Kulturprodukte können bestenfalls Zeugnis davon sein, dass Gott dem Menschen einen Intellekt und erstaunliche Fähigkeiten gegeben hat, die wiederum ein Schöpfungswerk Gottes sind - allerdings bei Ungläubigen unter dem Einfluss Satans und der Sünde und bei Gläubigen unter dem Einfluss des Fleisches oder des Geistes.

Wenn Gott einen Menschen in seinem Werk unterweisen kann und das Werk gottgemäß ist, dann erweist sich darin die Weisheit Gottes. Eventuell kann man dann von einer mittelbaren Offenbarung Gottes reden. Allerdings würde ich es nicht tun.

Daher ist der Satz „Alle Wahrheit ist Gottes Wahrheit" irreführend. Ich finde ihn erbärmlich. Es wird in der Bibel davon gesprochen, dass der Herr die Wahrheit ist, ebenso ist der Geist die Wahrheit, das Wort des Vaters ist die Wahrheit, Gott ist ein Gott der Wahrheit, aber schon bei der Versammlung Gottes heißt es, dass sie „Pfeiler und Grundfeste der Wahrheit" ist, nicht die Wahrheit oder Wahrheit. Du schreibst in „Chr.doc", S.142: „Wer äußerlich 1.Kor.12,3 nur nachspricht und es auch so meint, aber es nicht aus der Kraft des Heiligen Geistes tut, sagt nicht die volle Wahrheit" Amen !!! Also ist nicht „alle Wahrheit Gottes Wahrheit", denn Gottes Wort ist immer „volle Wahrheit".

Röm.1,19ff zeigt, dass die Menschen Gottes ewige Kraft in dem Geschaffenen wahrnehmen können, aber das bedeutet nicht, dass die Schöpfung göttliche Wahrheit offenbart.

Röm.1,18 sagt einfach, dass Gottes Zorn über alle Gottlosigkeit und Ungerechtigkeit der Menschen, die die Wahrheit in Ungerechtigkeit besitzen (oder aufhalten), geoffenbart wird. Das „Denn" in Röm.1,18 verbindet den Vers mit V.17, so dass „Wahrheit" nicht notwendigerweise mit der Schöpfung in Verbindung stehen muss. Außerdem wird meiner Kenntnis nach im NT „Wahrheit" nie mit Werken verbunden, so dass Werke Gottes Wahrheit offenbaren, sondern mit Worten oder mit einer Person - Christus.

Röm.1,18 sagt auch nicht, dass in der Schöpfung Gottes Wahrheit geoffenbart wird, sondern, dass Menschen die Wahrheit in Ungerechtigkeit besitzen. Möglicherweise bedeutet dieser Text auch, dass Menschen aufgrund ihrer echten Herzenseinsicht erkannten, dass Gott der Schöpfer ist, aber in ihren Handlungen diese Einsicht durch ungerechte Handlungsweisen verleugneten.

c) dass der Fundamentalismus

- an einem wissenschaftsüberschätzenden Glauben an die Fehlerlosigkeit der Bibel leide, was ich ablehne, denn diese Behauptung ist meiner Ansicht nach absurd: Jeder glaubende und bibellesende Mensch, der in der Lage ist, sog. „Fehler" in der Bibel aufzuspüren, beweist seine grundlegende intellektuelle (theoretische) Fähigkeit, sog. logische Widersprüche in den zur Verfügung stehenden Handschriften, Abschriften und Übersetzungen vermeintlich zu erkennen. Der Schöpfer hat uns diese grundlegende Fähigkeit gegeben. Diese sog. „logischen Widersprüche" in dem Wort Gottes widersprechen aber dem Gedanken, der Vorstellung, von einem vollkommenen Gott, der sowohl Logik erst einmal ermöglicht als auch in sich selbst widerspruchsfrei ist. Als sich offenbarender Logos kann er einerseits nicht lügen (4.Mo.23,19; Tit.1,2; Hb.6,18), andererseits sich auch nicht irren, denn „bei ihm ist Kraft und vollkommenes Wissen" (Hi.12,16; vgl. 5.Mo.32,4; Ps.33,4). Er ist der Gott der Wahrheit (Ps.31,6; Jer.10,10; Röm.3,4.7), wobei Wahrheit gebraucht wird, um anzudeuten, dass die mitgeteilte Sache der Wirklichkeit entspricht (1.Mo.42,16; 5.Mo.13,14; 22,20; 1.Kö.10,6; 22,16) und dass das Mitgeteilte vertrauenswürdig ist (2.Mo.18,21; Neh.7,2 (treu=wahr).

Wenn jemand zu biblischen Zeiten nicht widerspruchsfrei berichtete, dann war es juristisch unwahr, eine Lüge (Spr.6,19; 14,5). Der Betreffende war ein falscher Zeuge. Man erwartete von einem Zeugen, dass er widerspruchsfrei redete (5.Mo.19,15; Spr.12,17; 19,5), so wird Jahwe ein „wahrhaftiger und zuverlässiger Zeuge" genannt (Jer.42,5). Zeugen mussten also logisch-widerspruchsfrei reden. So redet Gott in seinem Wort. Es liegt also der Schrift fern und damit auch dem Heiligen Geist, solche, die die Schrift erforschen, bei dem Gedanken zu lassen, dass es wissenschaftlich (im tiefsten Sinn des Wortes, nicht säkular definiert) möglich sei, Fehler in den Autographen aufzuspüren. Ich bleibe dabei (trotz Deines Vorwurfs, ich sei biblioszientistisch), dass wahre Wissenschaft, wenn sie unter der völligen Leitung des Heiligen Geistes steht und nicht durch philosophische Vorurteile geprägt ist, wenn sie den Urtext vorliegen hätte, einen fehlerlosen Urtext vorfinden würde.

Dabei ist festzuhalten, dass bei Ablehnung dieser Behauptung der Gedanke postuliert wird, dass gegenwärtige wissenschaftliche Erkenntnis logisch höher zu bewerten sein müsste als Gott, der die Quelle aller Logik ist und der seine Worte als „gerade Worte" ansieht (5.Mo.32,4; Ps.33,4; 119,137; Neh.9,13; Spr.8,9; Hos.14,9; Apg.13,10; Gal.2,14; 2.Petr.2,15) und als richtige Worte (Spr.8,9, wo das Wort „richtig"=nakoach gebraucht wird, vgl.Spr.24,26; 2.Sam.15,3; Jes.30,10) darstellt.

- von einem scholastischen Dualismus von „natürlich" und „übernatürlich" geplagt wird, jedoch, der scholastische Widerspruch von „natürlich" und „übernatürlich" entsteht dann nicht, wenn man davon ausgeht, dass Gottes Geist als Geist der Wahrheit uns fernhalten kann von aristotelischen Einflüssen. Dieser Vorwurf ist als Feindbegriff den Fundamentalisten von Dir aufgelegt, aber er ist völlig illusionär. Ich benötige nicht die Ausdrücke „übernatürlich-göttlich" und „natürlich-menschlich" oder „göttliches und menschliches Element". Für mich ist die Verbalinspiration ein Wunder, vor dem ich staunend stehe und das ich nicht erklären kann, dem ich mich aber mit meinem Herzen, mit meinem Verstand, mit meinem Sein willig beuge.

- von einer Verwirrung von Glaubenskenntnis und theologischer Kenntnis geprägt ist, jedoch, Glaubenskenntnis und theologische Kenntnis sind linguistische Kreationen, die Ausdruck einer rationalistischen Wissenschaft sind; Bibelleser und -studenten, die gottesfürchtig ihr ganzes Ich unter die Autorität Gottes und Seines Wortes stellen, verneinen diese Unterscheidung und kennen daher glücklicherweise auch die vorgestellte Verwirrung nicht.

- bei dem Dogma von der Fehlerlosigkeit der Bibel einem westlich wissenschaftlichem Kriterium von Vertrauenswürdigkeit unterliegt, jedoch, das westliche wissenschaftliche Kriterium für Vertrauenswürdigkeit entspricht dem der Bibel. Vertrauen steht in Verbindung mit Autorität, Wissen, Macht und Wahrheit. Da Gott ein „Gott des Wissens" (Er ist allwissend), ein allmächtiger Gott ist und seine Aussagen nicht im Widerspruch zur Wirklichkeit stehen, dabei auch noch vollkommen gerecht und gut ist, ist er vertrauenwürdig in jeder Hinsicht, und Seine Worte sind es ebenfalls.

Unser gegenwärtiges Kriterium von Vertrauen in der westlichen Welt ist nicht verschieden davon. Ich vertraue einem Menschen, der durch seine moralische und rationale Qualifikation als Autorität vertrauenswürdig ist.

d) Du zitierst 1.Kor.2,12 und sagst, dass für Dich das Wort „kennen" (eidomen) die Kenntnis des wiedergeborenen Herzens (Glaubenskenntnis) sei, während die Theologie sich mit der Schrift in ihrer innerzeitlichen Gestalt auf theoretischer Ebene befasst.

Aber was bedeutet „kennen" in 1.Kor.2,12 ? Wenn Du das Wort in 2,11; 3,16; 5,6; 6,2.3.9.15.16.19; 8,2 u.a.St. liest, dann bedeutet doch „kennen" auch „rationales logisches Kennen". Das beweist doch, dass wir die Dinge Gottes rational kennen dürfen. Die Korinther vernahmen in dem Brief Gottes Weisheit und Gottes-Kraft (1.Kor.2,4-5). Es gibt nur

e i n e Art, die Schrift zu lesen und zu erforschen - und das ist mit einem hörenden und betenden Herzen. Die Unterscheidung von „kennen" und „logisch-analytisch erforschen" ist eine Erfindung Dooyeweerds. Der Herr Jesus verbindet „ginosko" (Joh.5,42); „oida" (Joh.8,14). Sein „sehendes" Wissen ist immer ein „wirkliches" Kennen, ein logisches Unterscheiden, ein analytisches Erfassen. Und so sollte es bei uns auch sein.

Ein kleines Studium des Begriffs „oida" zeigt, dass dieses Wort übersetzt werden kann mit

- sehen im Sinn von optisch und gedanklich wahrnehmen, wobei Schluss-

folgerungen gezogen werden (Mth.2,2; Joh.3,3; Apg.14,9.11; Off.1,2.12.17.

Off.1,19);

- wissen, bewusst und sicher kennen (Joh.3,11; 4,10; Joh.8,19; Röm.2,2; 3,19; 5,3; 8,22; 14,14; 15,29; 1.Kor.1,16; 1.Thes.1,4), wobei logische Schlussfolgerungen immer eingeschlossen sind.

Wenn man schon den Begriff „Theologie" benutzt, dann kann es nur um die Erforschung der Schriften gehen, die Gottes Wort sind. Diese Erforschung soll unter der Leitung des Geistes, mit erleuchtetem Sinn, einem gehorsamen Herzen und logischen Schlussfolgerungen geschehen. Man erforscht sie nicht mittels rein weltlicher Forschungsmethoden, auf rein analytisch - theoretischem Niveau (wie Du es nennst, das heißt: rein verstandesmäßig, was übrigens gemäß Dooyeweerd auch nicht geht), sondern um „geistliche Erkenntnis" zu bekommen, damit Christus verherrlicht wird. Aber um geistliche Erkenntnis zu bekommen, muss man Schlussfolgerungen ziehen. Diese sind aber nur möglich aufgrund der von Gott gegebenen Logik. Wenn Du diesen Prozess „theoretisch" nennst, befasst man sich auch theoretisch mit der Bibel und durch sie mit dem Herrn (2.Petr.1,8; 2.Tim.2,25).

Ich finde es wunderbar, dass unser Wort „Theorie" ja gerade von „theoreo" (=sehen) abgeleitet ist. Wenn ich dann einige Texte lese, kann ich mich nur freuen:

„..., dass jeder, der den Sohn sieht und an ihn glaubt, ewiges Leben habe." Joh.6,40

„...; und wer mich sieht, sieht den, der mich gesandt hat" Joh.12,45

„..., auf dass sie meine Herrlichkeit schauen,... " Joh.17,24

vgl. noch Apg.7,56; 120,11: den Himmel geöffnet sehen".

Ist das biblizistisch?

Joh.5,39 und Joh.6,63 zeigen uns, dass das Erforschen der Schriften rational unter der glaubenden Anerkennung der Autorität Gottes geschieht, und dieses Erforschen führt zum Gehorsam. 1.Tim.4,6 betont die „Ernährung", die genaue Erkenntnis und die genaue Befolgung der Lehre (vgl. 2.Tim.3,10). 1.Tim.4,3 sagt, dass man die Wahrheit glauben und erkennen (epiginosko) kann. Glaube und volle Erkenntnis (epignosis) können niemals unlogisch sein, sondern implizieren immer das Einbeziehen aller Aspekte der Wirklichkeit, so wie Gott sie sieht und geoffenbart hat.

Nichts, aber auch gar nichts veranlasst uns, Schrift, Wort Gottes und das ewige Wort so differenziert darzustellen. Kein Fundamentalist sagt, dass man Gott, als das ewige Wort, (nach Deiner Definition) theoretisch - theologisch analysieren kann (welch eine seltsame Aussage), aber man kann sehr wohl Gottes Wort, das nicht vergehen wird, studieren, erforschen (Joh.5,39). Oder kann man die Worte des Herrn Jesus gemäß Mth.24,35 nicht studieren ?

Grundsätzlich ist ein Schriftstudium auf theoretischer Ebene (d.h. auf rein rationaler Ebene, die keinen Bezug zu meinem Leben und zu meinem Herzen hat) abzulehnen, wenn man darunter versteht, dass es nur um „Kopfwissen" geht. Dafür ist die Schrift gar nicht gegeben. Insofern ist es ein gewaltiges Problem, dass Du Theologe bist und Dich nach Deinen eigenen Worten theoretisch mit der Bibel auseinandersetzt (aber natürlich wirst Du jetzt sagen, dass Du ja im Griff des bibliotropischen Grundmotivs bist) und dabei von einem Beschäftigen mit der Schrift als Objekt ausgehst, wozu diese überhaupt nicht gegeben ist ?

Wenn man von H.Medema folgenden Text liest, wird die Sache deutlicher (water, wijn en warheid; 117):

„Die meisten Leser dieses Buches sollen - bewusst oder unbewusst - Kinder der Reformation sein und im Prinzip die Autorität der Heiligen Schrift als die höchste Autorität annehmen. Aber auf eine andere Weise haben viele von uns das Gefühl, dass sie damit Probleme haben. Wir sind nämlich keine Kinder der Reformation, sondern Ur-Ur-Enkelkinder, und die Generationen, die dazwischen liegen, haben, so R.T. France, dem Ziel der Autorität noch etwas hinzugefügt. In der Auseinandersetzung des vorigen Jahrhunderts entstand die Strömung des Fundamentalismus, worin der Buchstabe der Schrift als das höchste formale Kriterium galt. Es war eine begreifliche Reaktion ... auf den um sich greifenden Liberalismus. Es ging nicht länger um die auctoritas (Autorität), sondern auch um die sufficienta (Allgenug-samkeit) und perspicuitas (Durchsichtigkeit). Es wird von uns erwartet, dass die Schrift Autorität hat. Das ist vollkommen richtig. Sie ist Gottes Wort und darum autoritativ.... genau genommen ist es nicht die Schrift, sondern Gott, der diese allerhöchste Autorität besitzt. Aber es wird demzufolge auch von uns erwartet, dass wir glauben sollen, dass die Schrift allgenügsam ist, mit anderen Worten: dass die Bibel die ausschließliche und einzige Offenbarung Gottes ist. Damit wird die Schöpfungsoffenbarung an den Rand geschoben und wurde der Weg für allerlei biblizistische Denkbilder frei."

 

Kurzer Kommentar:

a) Ist die Ausdrucksweise richtig, dass die Schrift eigentlich für uns nicht die allerhöchste Autorität besitzt, sondern Gott ? Aber eine allerhöchste Autorität muss ihre Autorität doch zum Ausdruck bringen. Wenn Gott durch Sein Wort gesprochen hat, dann ist sein Wort genauso die allerhöchste Autorität wie ER selbst. So wird von der „Schrift" gesagt, dass sie „voraussieht" und „dem Abraham verkündigt", bevor das 1.Buch Mose geschrieben war. In Hb.3,7 wird das Reden des Heiligen Geistes mit der Schrift gleichgesetzt, und in Hb.4,12-13 wird das Wort Gottes mit Gott gleichgesetzt. Die Wendung „legei he graphä"(=die Schrift sagt) in Röm.4,3; 9,17; 10,11; Gal.3,8; 1.Tim.5,18; Joh.7,42; 19,37; Jak.2,23 impliziert eine Personifikation der Schrift. Was die Schrift sagt ist identisch mit dem, was Gott sagt und ist damit allerhöchst autoritativ.

Gott ist der Allerhöchste und der absolut Wahrhaftige, und so hat Er allerhöchste Autorität. Wenn Er spricht, dann ist das für uns die allerhöchste Autorität. Wie wüssten wir Menschen sonst etwas von ihm als der allerhöchsten Autorität, wo unser Herz doch von Natur aus „arglistig" und „verderbt" (Jer.17,9) und jeder Mensch ein Lügner ist (Röm.3,4)?

Die Schrift ist für uns allerhöchste Autorität, weil sie Gottes „gehauchtes" Wort ist. Indem wir sie gehorsam annehmen, folgen wir Gott und akzeptieren IHN als allerhöchste Autorität. Wenn ich zu meinem Sohn sage: Gehe in den Keller, und er tut es bewusst nicht, dann hat er mich als Autorität verachtet, weil er meinen Worten nicht gehorchte.

b) Henk lehnt also den Buchstaben der Schrift als höchstes formales Kriterium ab, während der Herr Jesus in Mth.5,18 das Gegenteil tut. „Nicht ein Jota und ein Strichlein soll vergehen", bis alles geschehen ist. Und wenn in 2.Kor.3,7 über das moralische Gesetz gesagt wird, dass es mit „Buchstaben in Steine eingegraben" wurde, wie kann man dann so locker über den Buchstaben der Schrift reden ? Auch Gal.3,16 zeigt, wie wichtig der Buchstabe ist. Linguistisch gesehen bestehen Wörter aus Buchstaben. Wer so über die Buchstaben des inspirierten Wortes denkt, öffnet die Tür für die Bibelkritik, jedenfalls für die Ablehnung der Lehre der Irrtumslosigkeit der Schrift. Weil irren menschlich ist, bedarf es der Irrtumslosigkeit der Schrift bis in den Buchstaben hinein. Ich glaube, an dieser Stelle steht die Tür für eine Bibelkritik sperrangelweit offen.

c) „Auctoritas, sufficienta, perspicuitas und claritas sind Fundamentalbegriffe, ohne die ein „sola scriptura" nicht aufrechterhalten werden kann. Die krummen Gedanken von Henk sind unfähig, dem Postmodernismus zu widerstehen. Er merkt offensichtlich gar nicht, dass er im postmodernen Denken gefangensitzt. Der Fundamentalismus, der Gottes irrtumsloses Wort absolut festhält, ist der einzige Damm gegen den Postmodernismus.

d) Die Tatsache, dass Henk die Allgenugsamkeit (Suffizienz) mit den Worten ablehnt, dass dann die Schöpfungsoffenbarung an den Rand geschoben wird und dadurch allerlei biblizistische Denkbilder frei würden, zeigt meiner Ansicht nach, dass er entweder nicht weiß, dass mit diesem Begriff gar nicht gesagt werden soll, dass es nicht noch eine Offenbarung Gottes in der Schöpfung gibt, sondern, dass die Schrift in jeder Hinsicht vollkommen ist und für das Heil, das Denken und Handeln im Blick auf Gottes Willen völlig genügt.

Weiter heißt es in „water, wijn en warheid", S.118: „Der Fundamentalismus hat viel Gutes gebracht: Er hat einen Damm gegen die Brandung des Modernismus zu Beginn dieses Jahrhunderts aufgeworfen. Aber der Damm wird nicht halten gegen den Postmodernismus dieses Jahrhunderts."

Dann wird mit dem Angstbegriff von Heidegger operiert und gesagt: „In fundamentalistischen Sekten liegt diese Denkweise an der Oberfläche." Neben den Zeugen Jehovas werden dann auch bibeltreue Gruppen erwähnt, in denen „Menschen leben, deren Glaubenssicherheit abhängt von der Antwort auf schwierige Fragen".

Ich finde es erbärmlich, dass Henk hier so gegen Fundamentalisten schreibt.

Auf S.114 in „Water,wijn en water" wird dem Leser mitgeteilt, dass Gott, der sich in der Heiligen Schrift offenbart, der höchste Autoritätsträger ist. Aber dann müssen wir bedenken, dass es sehr wichtig ist, die Bildsprache der Geschichtsschreibung festzuhalten. Und dann nicht allein in dem Sinn einer Beschreibung eines Ablaufs von Ereignissen, auf die man weiter keinen Einfluss hat, sondern in dem Sinn, wie wir sagen, dass G.Bush ‘Geschichte schreibt’ dadurch, dass er den Golfkrieg gewann. Die Bibel jedoch ist vor allem ein Geschichtsbuch, nicht eine statische Aufzählung von zeitlosen Wahrheiten, sondern ein dynamischer Weg durch die Weltgeschichte aus Gottes Perspektive. Auch nicht in dem Sinn einer objektiven Sammlung von Tatsachen."

Auch in diesem Text bleibt die Frage offen, was denn eine „objektive Sammlung von Tatsachen" ist.. Wenn Gott Geschichte schreibt, ist das immer objektiv, insofern ER nach Seiner Weisheit aus Abläufen der Geschichten dasjenige selektierend auswählt, das für seinen Heilsweg wichtig ist. Säkulare Geschichtsschreibung ist notwendigerweise subjektiv, weil sie perspektivisch zurückschauend schreibt und immer von kulturphilosophischen Denkvoraussetzungen ausgehen muss.

Auf S.114 in „water,wijn en warheid" darf man dann noch erfahren: „Worte der Bibel weisen nicht auf andere Worte, sondern auf echte Geschehnisse, und letztendlich auf Gott hin. Mit Derrida können und müssen wir erkennen, dass Worte nicht endgültig angeben können, was die Realität ist,..., aber die Worte der Schrift weisen in letzter Instanz auf das Wort hin, wofür es keine Worte gibt, auf denjenigen, der in unseren Worten nicht umschrieben werden kann, aber sich trotzdem in menschlichen Worten an uns richtet..

Inwiefern es ganz wichtig ist, die Bildsprache der Geschichtsschreibung festzuhalten, bleibt mir verborgen. Wieso „Bildsprache"?

Können „Worte" wirklich nicht die Realität angeben ? Weisen die Worte in der Bibel in letzter Instanz nur auf das Wort hin oder sind es „Worte, gelehrt durch den Geist" (1.Kor.2,13; 1.Petr.2,23), Gottes Worte ?

Wenn Worte letztlich nicht angeben können, was die Realität ist, und Bibelworte ja auch Worte sind, dann können die Bibelworte nichts über die sichtbare und unsichtbare Wirklichkeit (Realität) aussagen. Mithin können wir über das Sein Gottes, über Engel und die Welt letztlich nichts wissen.

Nein, Gottes Worte beschreiben die Wirklichkeit gottgemäß und damit auch Gott in verständlichen Erklärungen wie z.B. „Gott ist Liebe", „Gott ist Geist", Gott ist barmherzig, gütig, gnädig usw.

Wenn Henk schließlich sagt, dass Gott sich in menschlichen Worten an uns richtet, so sagt er im Satz davor, dass Gott in unseren Worten nicht beschrieben werden kann. Aber „unsere Worte" sind doch „menschliche Worte". Oder muss man einen Unterschied machen zwischen „an uns richten" und „beschreiben" ? Aber die Schrift redet auch beschreibend ! (Röm.10,5; Off.5,1)

Je länger man sich mit Euren Auffassungen über das Denken und die Schrift befasst, desto mehr wird mir klar, dass Ihr deutlich von dem Weg abirrt, den das orthodoxe Christentum, die Fundamentalisten (nicht nur die sog. Brüderbewegung), immer gegangen sind. Wenn es Gott gefallen hat, Worte von Menschen zu „hauchen" (Inspiration), dann folgt daraus, dass diese Worte sehr wohl Gott umschreiben können.

Damit komme ich zu einem Text aus Deinem Buch „Het boodskaap en de kloof", S.64-65:

Unter der Überschrift „Liebesband" schreibst Du, dass Du nicht davon ausgehst, dass die ‘evangelische Bewegung’ diejenige ist, die die Zukunft hat. „Dafür stecken auch in dieser Bewegung zu viel ‘moderne’ Elemente, zu viel inhärenter Rationalismus und Fundamentalismus in der evangelischen Theologie. Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass es einen Weg zwischen dem Liberalismus einerseits und dem Fundamentalismus andererseits gibt, besonders wenn es um das Schriftverständnis geht. Der Weg liefert nicht einen neuen -Ismus, sondern eine wahre Bekehrung; keine neue Schrifttheorie in rational-theologischen Sinn, sondern eine neue Liebe zu dem und einem neuen Sich-Beugen unter das Wort aus einem echten und intimen Liebesband mit dem Gott dieses Wortes".

Einen ähnlichen Weg schlugen schon einmal Karl Barth und Emil Brunner gutmeinend ein - und scheiterten. Ich sage nicht, dass Du ein Barthianer bis, aber wohl die barthianische Methode weitgehend übernimmst.

Du distanzierst Dich in vielem von beiden, aber ich fürchte, der dialektische Denkansatz ist bei Dir ähnlich:

These : Die Schrift ist fehlerlos und völlig vertrauenswürdig - Theoretisches Niveau (Fun-

damentalismus, Biblizismus usw.)

Antithese: Die Schrift ist fehlerhaft und nicht völlig vertrauenswürdig - Theoretisches Niveau (Liberalismus)

Synthese : Die Schrift ist überrational, auf der Glaubensebene fehlerlos und vertrauenswürdig, könnte aber auf der analytisch - logischen Ebene Fehler enthalten, das aber würde nichts von der Vertrauenswürdigkeit wegnehmen.

Für die Blüte des niederländischen Christentums im 21.Jh. soll, wie gesagt, die Wiederbesinnung auf die Schrift von wesentlicher Bedeutung sein. Jeder Form von Rationalismus muss abgeschworen werden, ob er nun von liberaler oder von fundamentalistischer Seite kommt. ... In der neuen Schriftanschauung sollen praktisch-theologische und ethische Aspekte meiner Ansicht nach eine viel größere Rolle spielen, beispielsweise um die höchst aktuellen Fragen einer dienenden (nicht dominierenden) Leiterschaft, um den Platz der Frau und dergleichen." (Het boodskap en de klof, S.65).

Auch soll es zu einer Wiederbesinnung auf die Spiritualität kommen. Die Puritaner sollen zu Wort kommen und die „gemäßigte charismatische Bewegung". „Hier kann viel gelernt werden sowohl von der puritanischen Erfahrung ... als auch von der gemäßigten charismatischen Bewegung. Die Besinnung ist auch hier wieder nötig wegen der Unzulänglichkeiten sowohl in der erfahrungsmäßigen (bevindelijk) als auch in der charismatischen Tradition."

Ich bin sehr gespannt darauf, wie Dein Weg zwischen Liberalismus und Fundamentalismus mit Elementen der Puritaner und Charismatiker im 21.Jh. aussehen wird.

 

Eine rationale Apologetik (oder unterscheidest Du auch „rationalistisch und rational" ?) ist eine Verteidigung des christlichen Glauben aufgrund nachvollziehbarer Argumentation:

- Wie könnte man sonst die Argumentationsweise des Apostels Paulus in 1.Kor.15,12-20 begreifen ? Natürlich muss ich dem historischen Dokument des 1.Korintherbriefes vertrauen, aber Paulus verteidigte die Auferstehung ganz rational. Für ihn ist Glaube in 1.Kor.15 rational.

- Der Beginn des Lukasevangeliums erinnert sprachlich an eine rationale Apologetik

- Saulus brachte die ungläubigen Juden in Damaskus in Verwirrung, indem er bewies (symbi-bazon), dass „dieser der Christus ist". „Symbibazo" bedeutet gerade venünftiges Schlussfolgern" (z.B. Apg.16,10); „vernünftiges Unterweisen" (Apg.19,33; 1.Kor.2,16).

- Die Beröer untersuchten täglich die Schriften, um rational zu erkennen, ob das, was Paulus sagte, in Übereinstimmung mit dem AT war (Apg.19,11).

- Auch der Ausdruck „Zeugen" als juristischer Begriff in der Apg 1,8; 2,32; 3,15; 5,32; 10,39 u.v.a.St. weist daraufhin, dass es sich um eine rationale Apologetik handelt.

- „Widerlegte" Apollos nicht die Juden kräftig, indem er bewies, dass dieser Jesus der Christus ist ?"

- Ist die Rede in Apg.17,22-34 nicht eine rationale Apologetik ?

- Ist Gal.3 nicht eine gewaltige rationale Apologetik, um den Galatern deutlich zu machen, dass man nur aus Glauben gerettet werden kann ?

Weil der Herr Jesus der wahre Logos ist, der absolut über aller Logik steht, ist der inspirierte Text völlig logisch (logikos = vernünftig, 1.Petr.2,2). Ich bin damit einverstanden, dass der Bibeltext keine wissenschaftliche Sprache spricht. Aber das behauptet doch nun wirklich kein Fundamentalist.

Kleiner Exkurs aus „Bijbel en Wetenschap, Juni/Juli 1998, Nr.204; S.108" von Deinem Kollegen Bruder van Delden:

In einem kurzen Gespräch zwischen O. und M. höre ich in M. Dich.

Eine Frage von O. lautet: Sag mal ehrlich, bekennst Du immer noch die Unfehlbarkeit der Bibel ?

M: Ja, sicher. Aber ich interpretiere Unfehlbarkeit mit Vertrauenwürdigkeit. Du musst die Bibel als geistliches Buch lesen. Du darfst keine Buchstabensklaverei betreiben, keinen Fundamentalismus.".....

„O: Wenn ich Dich gut verstehe, sagst Du, dass die Bibel unfehlbar ist, aber glaubst du, dass sie zugleich vertrauenswürdig und zu gleicher Zeit fehlbar ist ?

M: Ja, das ist richtig, und dann kannst du gut sehen, dass mein Glaube an die Vertrauenswürdigkeit echter Glaube ist. Mein Glaube ruht nicht auf der Basis meines Verstandes, sondern er geht darüber hinaus.

O: Es geht dagegen an und das kommt mir weder verständig noch gläubig vor. Das ist nicht geistlich, sondern das bedeutet Dich selbst und andere irrezuführen. indem Du Worte aushöhlst und sie doch beibehältst."

Kommentar von Deinem Kollegen " van Delden":

„Es fand und findet fortwährend ein Übergang statt von einem Glauben an eine unfehlbare Bibel zu einem Glauben an eine vertrauenswürdige fehlbare Bibel. Wir wollen diese Auffassung „Neo-Orthodoxie" nennen. Dies passt gut zu der Aushöhlung von Begriffen: Es klingt orthodox, obwohl es das nicht ist. Jeder Bibeltreue möge auf der Hut sein !"

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11) Deine Auffassung zum Thema „Ist die Bibel Gottes Wort" ?

Auch in diesem Aufsatz in „Dicht bij de bijbel" machst Du undeutliche Aussagen zu Deiner Auffassung über die Inspiration. Jedenfalls unterscheiden sich Deine jetzigen Erklärungen von Deinen früheren Erklärungen im negativen Sinn.

a) Zunächst stellst Du fest, dass es für den Gläubigen kein einziges Problem gibt, an der „einfältigen gläubigen Anerkennung der Schrift als dem unfehlbaren, autoritativen Wort" Gottes (S.13) festzuhalten.

Kommentar: Das beruhigt einen zunächst, obwohl sofort der Gedanke mitschwingt, dass ja hier nicht steht, dass das Wort Gottes unfehlbar und autoritativ ist, sondern dass es hier „für den Gläubigen kein Problem gibt".

b) Dann weist Du auf den „dualistischen Standpunkt" hin, nämlich dass man behauptet, nicht alles in der Bibel sei Wort Gottes - und verwirfst diese Auffassung.

 

c) Anschließend untersuchst Du den „aktualistischen, barthianschen Standpunkt", der besagt, dass die Bibel allein unter bestimmten Umständen durch das Wirken des Heiligen Geistes für uns zu Gottes Wort werden kann, und lehnst ihn mit der Begründung ab, dass hier eine Verwechslung von Inspiration und Illumination vorliege. Im Prinzip lehnst Du auch diese Auffassung zurecht ab.

Allerdings fügst Du hinzu: „Barth hat ohne Zweifel zurecht unsere Aufmerksamkeit darauf gerichtet, dass die Bibel als Gottes Wort keine starre dogmatische Tatsache ist, die theoretisch manipuliert werden könnte. Wenn die Bibel wirklich Gottes Wort ist, ist das nicht nur eine Sache (toter oder lebendiger) Orthodoxie, sondern eines lebendigen Zeugnisses, das von der Schrift ausgeht und gläubig im Herzen angenommen wird durch die Erleuchtung des Heiligen Geistes. Wir müssen hier darüber wachen, irgend eine Form des Deismus anzunehmen, der die Schrift seit ihrer Inspiration Gottes Wort erklärt zu sein, ohne die fortwährende Wirksamkeit des Geistes Gottes"(S.15).

Kommentar: Die Bibel ist zwar nicht starr (Was soll das eigentlich bedeuten ?), aber sie ist dogmatisch, zumindest wird das vom AT gesagt (Eph.2,15; Kol.2,14: dogma=Satzung). Natürlich ist die Bibel als das Wort Gottes auch lebendig und spricht in der Kraft des Geistes zu unseren Herzen. Aber sie ist auch lebendig, wenn sie von uns nicht akzeptiert würde. Sie ist nicht nur Gottes Wort für den Glaubenden, sondern auch unabhängig von jedem Glauben. Sie ist objektiv das Wort Gottes.

c) Dann warnst Du wieder vor dem anderen Extrem, „dass die ‘objektive’ Inspiration der Schrift nur aktualisiert werden könne durch ‘subjektive’ Erleuchtung. Die Inspiration der Bibel solle nicht subjektivistisch abhängig gemacht werden von der Erleuchtung (oder ‘Inspiration’) der Bibelleser. Man soll es zusammenfassend wohl so sagen können: Die Schrift ‘wird’ subjektiv Gottes Wort im Herzen des Gläubigen - findet da Anerkennung als solche durch das ‘inwendige’ Zeugnis des Heiligen Geistes - gerade weil es das objektive Wort Gottes ist - los von und vorabgehend an diese Anerkennung. Das ‘Zeugnis des Heiligen Geistes’ im Herzen des Gläubigen durch das geschriebene Wort ist dasselbe Zeugnis des Heiligen Geistes, das wir in der Schrift finden mit Bezug auf dieses geschriebene Wort" (S.15).

Kommentar: Einverstanden, wenn Du meinst, dass das inspirierte Wort Gottes unabhängig von dem subjektiven Urteil des Menschen vollkommen Gottes Wort ist, in geistgewirkten Worten ! Aber warum drückst Du dies so kompliziert aus ?

d) Weiter fragst Du: ‘Ist jedes einzelne Wort in der Bibel ‘Wort Gottes’ ? Dies ist die Frage der sog. ‘verbalen’ (wörtlichen) Inspiration. Antwort: „Wegen des transzendenten Charakters der Inspiration ist es unmöglich, sie in eine rationale ‘Definition’ zu fassen, wie ich gleich noch weiter verdeutlichen will. Diese Unmöglichkeit wird sowohl von solchen übersehen, die sehr stark die Verbalinspiration betonen als auch von solchen, die eine solche Vorstellung bestreiten (S.17).

Aber Wim, muss man die Verbalinspiration in unserer Zeit nicht gerade stark betonen.? Auffallend ist, dass Du von der „Vorstellung " einer Verbalinspiration sprichst.

Kommentar: Wie definierst Du „transzendent" ? Im Sinne Kants, indem es die Grenzen möglicher Erfahrung übersteigt; im Sinne der neuzeitlichen Philosophie, indem es einfach alles menschliche Vermögen (Erkenntnisvermögen) und Können übersteigt und als Gewährtes entgegengenommen werden kann; im Sinne der Erkenntnistheorie als etwas Bewusstseinsunabhängiges ? Man kann die Inspiration nur erklären mit den Worten, die durch die Schrift gegeben sind. Der Prozess der Inspiration selbst bleibt ein gewaltiges Geheimnis.

e) In Deiner Folgeargumentation teilst Du uns mit (S.18),

- dass es aber wohl Probleme gibt, wenn man „theologisch diese Verbalinspiration als Theorie ausdrückt, indem man von seinem Glauben rational Rechenschaft geben muss", da der Theologe in diesem Fall leicht in den Fallstrick des Literalismus fällt, das bedeutet, dass man behauptet, dass in der Schrift jedes Wort oder jeder Buchstabe als solcher, getrennt vom Kontext, kraft der Inspiration exakt denselben Wert und und dieselbe Bedeutung haben soll. Das eine und einzige transzendente Wort Gottes entartet dann zu einer Ansammlung von vielen immanenten Worten Gottes" Schließlich folgt: Nicht die Buchstaben an sich sind wichtig, sondern die Art, wie sie in den Worten funktionieren. Nicht die Worte an sich sind wichtig, sondern die Art, wie sie dem Sinn nach funktionieren." Du lehnst dann allerdings auch die Auffassung ab, dass es etwa nur um die Verkündigung (kerygma) gehe.

- dass die Inspiration „in der Tat in den einzelnen Worten zum Ausdruck kommt", wenn wir nur nicht versuchen, diese Vorstellung in eine wissenschaftliche Theorie zu gießen: „Jedes Wort für sich ist im Zusammenhang mit dem Ganzen inspiriert, der Skopus von der Schrift" (S.19)

- es keine Schwierigkeiten mit der Verbalinspiration gibt, wenn man sie vortheoretisch im Glauben akzeptiert", wobei Du dann typische Texte zitierst: 2.Sam. 23,2; 1.Kor. 2,13; Mth.5,18; Off.22,19).

Kommentar: Jeder Buchstabe und jedes Wort hat Wert und Bedeutung. Natürlich ist der Kontext entscheidend. Das zweifelt keiner an. Aber es ist unbegreiflich, dass Du von einem „Entarten" des transzendenten Wortes Gottes zu einer Sammlung von vielen immanenten Worten Gottes" redest, von der „Unwichtigkeit" der Buchstaben und Worte an sich. Diese Trennung von Transzendenz und Immanenz in Verbindung mit den Worten Gottes kennt die Schrift nicht.

Diese Art zu denken empfinde ich als ehrfurchtslos. Damit man Dich schließlich doch begreift, wendest Du wieder die dialektische Methode an:

 

 

These : Theoretisch: An sich sind die einzelnen Buchstaben und Worte in der Bibel nicht so wichtig.

Antithese: Vortheoretisch: Die Inspiration kommt aber in den einzelnen Worten zum Ausdruck, daher sind die Buchstaben und einzelnen Worte doch wichtig.

Synthese : Jedes Wort ist im Zusammenhang mit dem Ganzen inspiriert, aber wegen der Gefahr des Literalismus müssen wir den transzendentalen Charakter der Inspiration erkennen und keine rationale Definition versuchen.

Die Kompliziertheit Deines „Definitionsversuches" ist m.E. nach ein Beweis dafür, dass in Deinem Herzen das Thema „Verbalinspiration" zugunsten einer Annäherung an den Liberalismus eine Veränderung erfahren hat.

f) Unter der Überschrift „Das ewige Wort und das Schriftwort" (S.19) erklärst Du dann, dass die ‘verbale’ Inspiration beinhaltet, dass die Worte der Schrift in ihrem Kontext und Zusammenhang, schlussendlich Worte (gr.logia) Gottes sind, die immanente Gestalt des einen und einzigen transzendenten Wortes Gottes: das ‘ewige Wort’". Du kannst dann sagen, dass im immanenten Sinn Bibelschreiber in der Schrift nicht nur über Gott sprechen, sondern - im transzendenten Sinn - Gott selbst zu uns spricht. Die dann folgenden Schrifttexte zeigen doch, dass Du „Schrift" und „Gott" in Beziehung setzt, z.B. Apg.1,16; Hb.3,7; 9,8; Röm.9,17; Gal.3,8. „Für Paulus fällt das Sprechen über Gott und über die Schrift anscheinend zusammen, dass er sagen kann: die Schrift sagt, wo er meint: Gott, so wie es durch die Schrift mitgeteilt ist, sagt" (S.20). Dieser Satz zeigt, dass Du doch die Verbalinspiration irgendwie akzeptierst. Doch dann folgt: „Die genannte Beziehung zwischen dem ewigen, transzendenten Wort Gottes und deren immanenter Gestalt als das schriftgewordene Wort ist ein drittes Beispiel dafür, dass es problematisch ist, Bibel und Wort Gottes identisch zu sehen. Doch die Schrift ist nicht das ewige, transzendente Wort Gottes als solches, sondern deren immanente inskriptuierte Gestalt" (S.20) Du sagst: Das ewige transzendente Wort Gottes war da, bevor irgend ein Buchstabe auf Pergament geschrieben war und zitierst Jes.40,8; 1.Petr.1,25.

Und dann folgt: „Der ewige Gott hat das transzendente Herz des Menschen dem ewigen, transzendenten Wort unterworfen. Dies ist das eine und einzige göttliche Wort, in seiner transzendenten, integralen Fülle und Totalität, das innerhalb der immanenten Schriftgestalt auseinanderfällt in viele verschiedene Menschenworte."

Kommentar: Indem Du Jes.40,8 und 1.Petr.1,25 zitierst, bezeugst Du gerade nicht nur das ewige Wort Gottes, sondern das in Ewigkeit bestehende und durch zeitliche Ausdrücke verkündigte Wort. Beide Texte haben gar nichts mit dem ewigen transzendenten Wort Gottes zu tun, sondern mit dem geoffenbarten, verkündigten und inskriptuierten lebendigen Wort Gottes. Hier meine ich erkennen zu können, dass Du einen logischen Fehler machst: Das (nach Deiner Meinung) transzendente Wort Gottes ist das „immanente Wort Gottes". Damit wird Dein ganzes System von transzendent und immanent, von überrational und rational beiseitegesetzt.

Die Worte sind nicht nur im Kontext „logia" (Worte) Gottes; sie sind auch f ü r s i c h Worte Gottes.

g) Auf S.21 betonst Du „nochmals: die Menschenworte der Schrift dürfen nicht in einem ‘atomistischen’ Sinn aufgefasst werden, mithin als lose ‘units’, die jedes für sich ‘Wort Gottes’ sein soll. Genausowenig kann man sagen, dass alle einzelnen Worte dieselbe Autorität haben."

Aber Du fügst dann hinzu, dass natürlich „die immanenten menschlichen Worte der Schrift dieStrahlbrechung’ des ewigen transzendenten Wortes Gottes bilden, so wie das weiße Licht im Prisma in viele Farbtypen aufgelöst wird" (S..21).

Kommentar: Wieder greifst Du den Gedanken an, dass die von Menschen in der Schrift mitgeteilten Worte als „Einheiten" im atomistischen Sinn aufgefasst werden. Noch einmal: Einzelne inspirierte Worte sind Gottes Worte. Jedes Wort ist von Gott. Wenn das nicht der Fall ist, bleibt praktisch die Möglichkeit eines fehlbaren Kontextes. Im Nachsatz scheint es dann wieder so, als ob doch alle Worte inspiriert sein müssen.

Das einzelne Wort „Komm!" in Mth.14,29 reichte aus, damit Petrus im Vertrauen auf dieses gesprochene Wort herrliche Erfahrungen machte.

h) In der Überschrift „Wort, Begriff und Vorstellung" (S.22) zeigst Du, dass man über das ewige transzendente Wort Gottes nur mithilfe von Begriffen, die zu unserer Erfahrungswelt gehören, sprechen kann. Du nennst sie dann „Grenzbegriffe" oder „Vorstellungen",

- die auf etwas hinweisen, „das die Grenzen unserer immanenten Erfahrungswelt übersteigt",

- die Ausdrücke gebrauchen, „welche dem immanenten, funktionalen menschlilichen Leben entlehnt sind";

- die „alle logische Objektivierung oder Begriffsbildung übersteigen", obwohl man sich ihnen „nur durch eine logisch-objektivierende Aktivität" nähern kann.

Du meinst dann, dass immer dann, wenn wir die Bibel das Wort Gottes nennen, wir nicht meinen, dass alle Schriftworte auditiv durch Gott ausgesprochen oder durch seine Hand niedergeschrieben worden sind. Nein ! „Wir gebrauchen den Terminus ‘Wort’ hier vorstellungsmäßig, das will sagen: dieser irdisch-menschliche Terminus weist auf etwas reell Göttliches hin, gibt uns davon eine ‘Vorstellung’ (Idee), ohne dass alles, was zu diesem B e g r i f f ‘Wort’ gehört, zu Gottes Offenbarung gehört. Was zu der Vorstellung, dass Gott spricht, wohl gehört, ist, dass alle Schriftworte aus Ihm hervorgekommen sind - auch ‘sprechen’ und ‘hervorkommen’ sind hier vorstellungsmäßig, nicht begriffsmäßig aufzufassen - aber nicht, dass er sie alle auditiv gesprochen oder auf Stein oder Papier geschrieben hat". ..."Wenn man einen Terminus begriffsmäßig gebraucht, der nur vorstellungsmäßig gebraucht werden kann, macht man einen paralogischen Denkfehler"(S.23).

Dein Beispiel: „Wenn man sagt: „alle Worte von X sind durch X gesprochen oder geschrieben - die Bibel ist das Wort Gottes - mithin ist die Bibel durch Gott gesprochen oder geschrieben, dann sei das logisch korrekt, aber paralogisch verkehrt" (S.23), denn im ersten Teil sei der Terminus ‘Wort’ begriffsmäßig, aber im zweiten vorstellungsmäßig gebraucht.

„So bilden wir uns mithin gläubig ein Denkbild von dem Wort Gottes, aber wir können es nicht definieren, wir können es nicht anfassen, nicht greifen in unseren rationalen Begriffen"(S.24)

Schlussendlich behauptest Du, dass es genauso falsch sei, wenn man meint, „das ‘Wort Gottes’ in begriffsmäßige Definitionen und Theorien einfangen zu können" als wenn man der sog. negativen Theologie anhängt, denn: „das ewige, transzendente Wort Gottes wird in immanenten, theoretisch-rationalen Begriffen und Definitionen ‘eingefangen’, und diese werden dann den Gläubigen als ‘Wahrheit Gottes’ aufgezwungen". Das geht Deiner Meinung nach nicht.

„Rationale vorstellungsmäßige Kenntnis von Gott und seinem Wort ernährt und bereichert die Glaubenskenntnis des Herzens. Da ist keine rational-begriffsmäßige Kenntnis von Gott und seinem Wort; aber da ist wohl rational-vorstellungsmäßige Kenntnis, die Gott und sein Wort nicht umfasst, ihm aber nahekommt. Nur auf diese Weise ist meiner Meinung nach schrifttreue Theologie möglich."

 

Kommentar:

Um diesen Gedankenschwall zu durchdringen, muss man wirklich Philosoph sein, lieber Wim.

Darf ich noch einmal versuchen, das Zitierte zusammenzufassen ?

a) Du unterscheidest vorstellungsmäßige Begriffe- oder sog. Grenzbegriffe, die einerseits unserer Erfahrungswirklichkeit entnommen sind und andererseits als Grenzbegriffe unsere Erfahrungswirklichkeit übersteigen und hinweisen auf Dinge, die unsere immanente Erfahrungswelt übersteigen von sog. Begriffen, also etwas, das man begreifen kann;

b) Diese Dinge können wir nur durch Ausdrücke kennen, die in logischen ‘Begriffen’ zu fassen sind (objektivierbar sind), die aber selbst alle logische Objektivierung oder Begriffsbildung übersteigen.

c) Diesen Dingen kann man sich nur durch eine logisch-objektivierende Aktivität nähern. Diese Aktivität führt nicht zu einem Begriff, sondern zu einer Vorstellung".

Fast erinnert diese Unterscheidung an Platons in der überirdischen Welt beheimateten Urbilder, die sich in der Erscheinungswelt nur schattenhaft verkörpern und im Rückstieg der Anamnese erfasst werden. Nach Deiner Meinung ist „unsere Kenntnis von Gottes Wort zwar rational, aber nicht begriffsmäßig" (S.24).

Wenn ich Dich nicht falsch verstehe, sagst Du folgendes:

- Gottes Wort existiert als transzendentales ewiges Wort unabhängig von dem geschriebenen Wort.

- Das geschriebene Wort ist die geschaffene immanente Gestalt des transzenden Wortes.

- Von der Schrift geht ein lebendiges Zeugnis aus, es wird im Herzen angenommen durch die Erleuchtung des Heiligen Geistes.

- Das transzendental-religiöse Ich wird angesprochen durch das transzendente Wort Gottes mittels des geschriebenen Wortes.

- Dieses Ich glaubt einfach - unabhängig von rein logischen, also theoretischen Analysen.

- Die Worte als transzendente Worte funktionieren in Verbindung mit dem Scopus der Schrift.

- Diese Worte sind vorstellungsmäßige Worte, keine reinen Begriffe. Sie sind nicht definierbar. Wir können sie nicht rational-begrifflich fassen. Rational-vorstellungsmäßige Begriffe, wie die der Bibel, also geistgelehrte Worte, sind damit Worte, die uns nur eine annähernde Kenntnis von Gott und dem Wort Gottes geben.

Damit sagst Du, dass Gott die Unterscheidung zwischen theoretischen (rational-begriffsmä-ßigen) und vortheoretischen (rational-ideenmäßigen) „Begriffen" beabsichtigt hat. Die Apostel haben diesen Unterschied nicht gemacht, die Reformatoren ebenfalls nicht. Wenn Du dagegenhältst, dass Gott diese Unterscheidung nicht beabsichtigt hat, Du aber denkst, sie sei nötig, dann ist daraus zu schließen, dass Du auf theoretischer Ebene eine Beurteilung vornimmst über das, was theoretisch und das, was vortheoretisch zu nennen ist. Damit bestimmst DU eine Methode, wodurch Christen die Inspiration anerkennen können oder nicht. Diese Methode ist dialektisch. In Verbindung mit vorherigen Texten aus „Het gezag van de bijbel" glaube ich folgendes schlussfolgern zu müssen:

1) Vorstellungsmäßige Begriffe sind unserer fehlerhaften unlogischen Erfahrungswelt entnommen. Da die Schrift nicht in theoretischen Begriffen spricht, kann es sich nur um vorstellungsmäßige Begriffe handeln. Dann könnte es sich also ruhig um fehlerhafte und unlogische Texte handeln.

2) Weil Du das Wort Gottes nicht begriffsmäßig, theoretisch liest, kannst Du auch sagen, dass nicht jedes Wort, unabhängig vom Kontext, denselben Wert hat, wie die Worte im Kontext. Aber woher nimmst Du das ? Verbalinspiration bedeutet gerade, dass es sich um „Worte, gelehrt durch den Geist" handelt. Die Worte des Herrn sollen nicht vergehen. Selbst „Jota" und „Strichlein" werden von dem Herrn erwähnt.

Exakt: Diese Buchstaben, die sich zu Worten zusammensetzen, sind inspiriert, (theo-pneustos).

Ob man das Literalismus nennt oder nicht. Es macht mir daher doch Mühe, wenn Du schreibst: „Nicht die Worte der Schrift an sich sind wichtig, sondern die Art, wie sie funktionieren."

Wenn ich von Worten als Information überhaupt rede, beinhaltet das immer eine

- statistische Dimension : Aus welchem Zeichenvorrat stammt das Wort ?

- syntaktische Dimension : Wie ist der Aufbau des Wortes

- semantische Dimension : Welche Bedeutung hat das Wort ?

- pragmatische Dimension: Welche Handlungsweise soll ausgelöst werden ?

- apobetische Dimension : Welches Ziel beabsichtigt der Sender mit der Information ?

Das Wort in der Schrift ist von Gott aus dem von Ihm gewollten Zeichenvorrat der griech. und hebr/aram. Sprache ausgewählt. Er wollte die Worte benutzen, die in der Schrift (in den Autographen) benutzt worden sind. Er kennt die einzelnen Buchstaben, die zu Worten zusammengesetzt worden sind. Er füllte sie in Anlehnung an den damaligen Sprachgebrauch mit Bedeutung und Wert. Diese Worte sollten handlungsbetont sein und sind mit einer göttlichen Absicht niedergeschrieben worden

3) Deine Unterscheidung zwischen transzendentem, ewigem Wort Gottes und inskripturiertem Wort Gottes kennt die Schrift selbst nicht. Auch hier muss man sich Deiner vorgeschalteten Philosophie anpassen, um den komplizierten Sinn zu erkennen.

Christus wird „Wort Gottes" genannt (Off.19,13). Durch „Gottes Wort" wurden die Welten erschaffen (Hb.11,3). Andererseits konnte Gottes Wort gehört und hörbar weitergegeben werden: Ehud hatte ein „Wort Gottes" an Eglon (Ri.3,20), Samuel an Saul (1.Sam.9,27). Das „Wort Gottes geschah" zu den Propheten (z.B.1.Kö.12,22; 1.Chron.17,3; Lk.3,2). Durch eigene Traditionen kann man das geschriebene „Wort Gottes" ungültig machen (Mk.7,13). Der Mensch lebt von „jedem Wort Gottes" (Mth.4,4). Das „Wort Gottes" soll gehört und bewahrt werden (Lk.11,28). Die Apostel redeten und verkündigten das Wort Gottes mit Freimütigkeit (Apg.4,31; 13,7; 13,46; 17,13). Das Wort Gottes wird als „lebendig und wirksam" vorgestellt, „durchdringend bis zur Scheidung von Seele und Geist" (Hb.4,12-13). Gerade Hb.4,12-13 in Verbindung mit dem Abschnitt davor (z.B.Hb.3,7-4,11 zeigt, dass zwischen dem „Heiligen Geist (3,7), „gute Botschaft" (4,2.6), „Gott" (er 4,4), eine ganz enge Verbindung besteht. Gleiches gilt gemäß Joh.10,35 für „Gott (er)" „Wort Gottes und „Schrift".

Die Einheit von dem ewigen Wort Gottes - Christus - und dem gesprochenen bzw. geschriebenen Wort Gottes ist so eng miteinander verbunden, dass wir kein Recht haben, philosophische Gedanken dazwischen zu schalten. Ohne Frage bleibt das alles ein Geheimnis. Aber es ist doch besser, sich vor diesem Geheimnis zu beugen und den Gott des Geheimnisses zu bewundern, als mit philosophischen Gedanken etwas erklären zu wollen, was unerklärbar ist.

Soweit man überhaupt eine Lehre über die Verbalinspiration theoretisch entwickeln kann, kann es nur über die induktive Methode gehen, die tatsächlich auf logischen Schlussfolgerungen beruht.

Der Herr Jesus sagte, dass Er die Worte Gottes rede (Joh.3,34). Sein Reden offenbarte Ihn, wer Er wirklich war (Joh.8,25). Was der Herr vom Vater gehört hatte, das redete Er (Joh.8,26), wie der Vater Ihn gelehrt hatte, das redete Er (Joh.8,28) und was Er bei seinem Vater gesehen hatte, das redete Er (Joh.8,38). Er redete die Worte nicht aus sich selbst (Joh.14,10).

Die Worte des Herrn waren die Worte des Vaters. Sie waren völlig irrtumslos. Wenn jemand diese Worte mit einem widergeborenen Herzen analysiert hätte, hätte er die Vollkommenheit, Irrtumslogkeit und Autorität der Worte begreifen können. Genauso verhält es sich mit den gesprochenen und geschriebenen Worten (Schrift genannt).

Dein Verständnis von der Verbalinspiration beinhaltet überhaupt nicht mehr das, was die „Väter der Brüderbewegung, Spurgeon, die alten Puritaner, die Reformatoren und die heutigen Fundamentalisten darunter verstehen. Demzufolge wird auch die Kraft der einzelnen Worte Gottes in Deiner Verkündigung nachlassen und der Ungehorsam dem Wort Gottes gegenüber unter Deiner Verkündigung zunehmen, aber Deine Person mehr und mehr verehrt werden. Glaubst Du, dass das gut gehen wird ? Bitte täusche Dich nicht !

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12) Dein Text mit der Überschrift „Es wird gut mit der Krise !"

In diesem Text schreibst Du ausführlich über das postmoderne Lebensgefühl. Einige Abschnitte daraus möchte ich kurz kommentieren.

1) Offensichtlich scheint es in den Niederlanden eine Krise gegeben zu haben oder immer noch zu geben. Jedenfalls schreibst Du: „..., dass wir eigentlich finden, dass es früher, als bibeltreue Christen noch nicht an allerlei Punkten zweifelten, allemal viel besser war."

Du fügst unmittelbar hinzu, dass diese Krise wohl kommen musste, damit „wir wach wurden und uns von unseren früheren Festigkeiten und Sicherheiten, die nicht biblisch waren, bekehrten. Gott will uns davon genesen lassen, damit wir zurückkehren zu der Festigkeit Seines Wortes. Diese Einsicht habe ich durch einen langen Entwicklungsprozess bekommen, worin der persönliche Glaube und die persönliche Gotteserfahrung für mich viel mehr, und unerschütterliche Dogmen und rationale theologische Theorien weniger bedeutsam wurden (S.51).

Kommentar: Persönlicher Glaube und persönliche Gotteserfahrung können letztlich nur dadurch entstehen, dass Du bestimmte Vorstellungen (Ideen) über den lebendigen Gott annimmst, ein intensives Gebetsleben führst und dann erlebst, dass ER konkret Dein Leben bestimmt. Glaube und Erfahrung gehen immer zusammen mit einem rechten Urteil, denn „der Geistliche beurteilt alles". Um alles beurteilen zu können, musst Du logisch-rationale Schlüsse ziehen. Für mich besteht die Frage, ob Deine Schlussfolgerungen vor Deinen sog. Erfahrungen geistliche Schlussfolgerungen waren oder philosophisch geprägt und damit eventuell typisch postmodernistisch.

Das schreibst Du, nachdem Du Theologe geworden bist, theologische Theorien studiert hast und eine eigene hochkomplizierte Schriftanschauung darstellst, die nichts anderes ist als Ausdruck philosophischer Spekulation. Was muss das für eine Gotteserfahrung sein? Die Aufgabe unerschütterlicher Dogmen hat Dich für allerlei postmoderne Strömungen sensibel gemacht. Du hast Deine weibliche Seite in Deiner Persönlichkeit entdeckt (nach Fernsehinterview), aber ist das gottgewollt ?

Wenn ich den „frühen" Wim und den „späten" Wim miteinander vergleiche, so steht sich ein fundamentalistischer Wim und ein zwischen Liberalismus und Fundamentalismus suchender Wim gegenüber. Es bleibt die Frage, ob der Wim, der „unerschütterliche Dogmen" und „rationale theologische Theorien verkündigte" in Wirklichkeit nicht näher beim Herrn war als der Wim, der sich nun durch ein philosophisches Gedankengebäude ein neues Schriftverständnis erarbeitet. Ein Zurückkehren zur Festigkeit des Wortes Gottes kann ich bei Dir in keiner Weise feststellen.

2) In dem Artikel stellst Du fest, dass Du an sich wohl immer noch mit den genannten Theorien eins bist, aber ihnen nicht mehr einen so großen Stellenwert einräumst. Du betonst Deinen Glauben an die Existenz Gottes und an Sein Interesse an der Menschheit. Auch glaubst Du, dass ER sich in seinem Wort geoffenbart hat und in Seinem Sohn Jesus Christus usw. Andererseits schreibst Du, dass Du einige Dinge nicht mehr sicher weißt, z.B. ob die Schöpfungstage nun wörtlich aufgefasst werden müssen, ob die Frau in der Gemeinde nun in der Tat unter einem absoluten Schweigegebot steht, ob die Leiden durch Gott gewollt sind usw. Sind das alles Folgen Deiner „persönlichen Gotteserfahrungen ???

„Und nochmals: Was ich bei mir selbst und bei anderen spüre, ist nicht sosehr, dass ich meine Auffassungen in allerlei Punkten geändert habe, sondern dass ich es nicht mehr so genau weiß und dass mir das auch nicht mehr so arg viel ausmacht. Die Kenner nennen das eine „postmoderne Lebenshaltung".

Dann teilst Du mit, dass Du kein Postmodernist bist oder ein Anhänger postmoderner Denkströme, sondern vielmehr in vielerlei Hinsicht mit Hunderttausenden anderen jemand, der mit dem „postmodernen Lebensgefühl behaftet" ist.

Kommentar: Wenn Du alles nicht mehr so sicher weißt, wer veranlasst Dich eigentlich, Deine Unsicherheiten bekanntzumachen? Lehrer des Wortes Gottes sollten in echter Gewissheit lehren und nicht ihre Ungewissheiten bekanntmachen. Mit Deinem Denken unterstellst Du nämlich, dass man letztlich nichts Sicheres feststellen kann. Hoffentlich kann ein Christ noch aufgrund der Schrift die Fundamente des Glaubens sicher wissen und Heilsgewissheit empfangen ?

Wenn Du keine Gewissheit über Deine Lehre hast, dann schweige besser, sonst muss man unterstellen, dass Du zwar intellektualistisch und postmodern(istisch) lehrst, aber dass Du nicht die Wahrheit, die in Christus ist, lehrst. Noch einmal: Der Geistliche beurteilt alles. Wenn es keine lehrmäßige Gewissheit gäbe, wie könnte ich 2.Tim.2,24-26 und Titus Tit.1,9; 2,15 verstehen ?

3) Das „postmoderne Lebensgefühl" wird von Dir dann folgendermaßen erklärt:

a) Man sei nicht mehr davon überzeugt, dass all die Wahrheiten und Werte in einem logischen, allumfassenden Denksystem zusammengefügt werden können, so dass eine allumfassende Lebens- und Weltanschauung für nicht mehr so wesentlich angenommen werden könne.

b) Mit total unterschiedlichen Erklärungen von Bibelteilen könne man heute besser leben als unsere Großeltern. Die Gegensätze stören nicht, solange die Vorkämpfer der Auffassungen echt sind.

c) Der theologische Jargon bestimme, wie wir denken und handeln, aber „weist nicht mehr auf eine objektive Wirklichkeit hin, auf „objektive Schrifttatsachen" (S.52).

d) Gefragt sind „ehrliche Emotionen, Gruppensinn (ein neues Wir-Gefühl), weitreichende Toleranz gegen andersdenkende Christen und eine gewaltige Offenheit für das volle Leben und Widerstand gegen ein Gemeindeleben, welches verstrickt wird durch undurchsichtige Gedankengänge, starre Regeln, unwandelbare Traditionen" (S.52)

e) Du zitierst Leith Anderson, der schreibt, „dass die postmoderne Generation weniger an theologischen Systemen, geradlinigem Denken interessiert ist, wohl aber mehr an einer Begegnung mit dem Übernatürlichen" (S.52). Dieses postmoderne Denken kenne man in Holland bei dem sog. „Praiseavond", wo man aus allen christlichen Kreisen zusammenkommt, um ein gemeinsames Erlebnis zu haben. Obwohl diese christliche Jugend sehr wohl noch ein Interesse an Werten und Normen habe, sei an den sog. Praise-Abenden kaum noch Platz für die „Lehre". Denn die Postmodernen wollen nichts mehr von einer allesumfassenden Lehre wissen (S.53). „Ältere leben nämlich noch mit der ‘modernen’ Vorstellung, derzufolge man unsere Vorstellungen im Blick auf Gott und die Welt logisch miteinander in Harmonie gebracht werden müssen" (S.54)

f) Die Zeit der großen Geschichten sei vorbei. Anstelle dieser Geschichten trete nun eine Pluralität, die Zeit der kleinen Geschichten. Nur in dem Pluralismus vieler relativierender Auffassungen könne der Mensch eine neue Denkhaltung entwickeln, die für das 21.Jh. brauchbar sei.

g) Das postmoderne Lebensgefühl bedeute eine skeptische Lebenshaltung. Skepsis müsse eine Lebenshaltung werden, „worin nicht nur an allem gezweifelt wird, aber worin ein heilsames Empfinden für den Pluralismus entwickelt wird. Hier wird der Widerspruch von Auffassungen nicht länger mehr als störend erfahren, im Gegenteil" (S.54) Viele Christen erfahren diese Widersprüche als echt und positiv.

h) In der Theologie sei das in der gewaltigen Diskussion rund um die Hermeneutik, um Begriffe wie „Kontextualität", die Vorstellung, dass nicht der Autor des Textes die Bedeutung eines Schriftteils bestimmt, sondern dass diese Bedeutung durch eine Interaktion mit dem Leser zustandekomme. Es ist damit abgerechnet worden, dass der Bibeltext eine einzige, absolute, für alle Zeiten gültige Exegese liefere. Diese Diskussion sei auch in der bibeltreuen Theologie eingeschlagen. (S.56)

Kommentar: Du hast warmes Mitempfinden mit dem postmodernen Lebensgefühl. Das bedeutet für Dich die Möglichkeit eines Miteinanders völlig widersprechender Lehrauffassungen. Du wirst wahrscheinlich fundamentale Fragen davon ausnehmen. Es ist bedauerlich, dass Du nicht einige nennst. Es wäre deswegen interessant, weil daraus ersichtlich würde, was Du zutiefst meinst. Beispielsweise würde ich gern wissen, ob Du die Allversöhnungslehre dazu-zählst. Die moderne Diskussion um die Hermeneutik, um die Kontextualität und um die Vorstellung, das nicht der Autor die Bedeutung des Textes bestimmt, halte ich für außerordentlich fragwürdig. Ganz besonders der letzte Punkt ist höchst gefährlich, weil er von einem inhärenten Relativismus im Textverständnis geprägt ist und dadurch z.B. sehr stark einem subjektivistischen Interpretationsspielraum vorgibt. Welche Bedeutung haben Texte wie Joh.16,13; 1.Kor.2,12 noch ?

Meiner Überzeugung nach beweist gerade die hermeneutische Diskussion sehr deutlich, dass Bibelausleger immer mehr theologisch geschult werden müssen, um Gottes Wort noch recht auslegen zu können. Eine schlimme Entwicklung.

Im übrigen ist es niemals das Ziel Gottes, entgegenstreitende Lehrauffassungen im Volk Gottes zu verbreiten. Wieder ein typisch theologischer Denkansatz. Die Ausdrücke „dasselbe reden" und „in demselben Sinn und in derselben Meinung völlig zusammengefügt sein" (1.Kor.1,10) ist ein göttliches Ziel, das geistliche Christen anstreben und prinzipiell durch geistliche Gespräche versuchen sollten zu erreichen.

Insofern ist Dein postmodernes Lebensgefühl gerade dem Willen Gottes für Sein Volk entgegengesetzt. Demgegenüber öffnest Du die Tür für ein Miteinander offensichtlich sich widersprechender Lehren. Damit öffnest Du das Tor für ein fleischliches Christentum, das erlebnisorientiert, pragmatistisch und permessiv lebt und dadurch leicht in die Hände pseudo- und antichristlicher Bewegungen fallen kann.

Man kann vor einer solchen Entwicklung nur ganz ernst warnen.

Natürlich haben wir oft unterschiedliche, ja, einander widersprechende Gedanken in manchen Fragen. Aber das ist nichts Positives, sondern durchaus etwas Negatives. Würde unser Gebetsleben intensiver sein, unser Bibelstudium mehr geistgeleitet und mit einem konsequenten Gehorsam vermischt, dann würde Gott auch heute noch Einmütigkeit unter den Heiligen geben, dann wären die rationalen Schlussfolgerungen geistgewirkt und gottverehrend. Dann würde es auch heute noch möglich sein, dass viele sagen: „Denn es hat dem Heiligen Geist und uns gut erschienen..." (Apg.15).

Deine Schlussfolgerungen aus Deinen Erkenntnissen des postmodernen Denkens und Lebensgefühls:

- Deine zusammenfassende Meinung ist: Lieber ein ‘postmoderner Christ, der der Anziehungskraft des Postmodernismus zu widerstehen weiß und an Gott und an Seinem Wort festhält, als ein Christ, der ‘typisch modern’ verstrickt bleibt in unerschütterlichen theologisch-rationalen und konfessionalistischen Denkbauwerken. Wenn man in dieser letzten Position erstarrt bleibt, gibt es meiner Ansicht nach in der Tat keinen Ausweg aus der Krise. Aber für denjenigen, der die ‘Krisis’ echt mitmacht und durchlebt, leuchtet Licht auf am Ende des Tunnels" (S.55)

Kommentar: Natürlich ist es wahr, dass man nicht in einfachen „Denkbauwerken" sitzen bleiben sollte. Aber Du unterstellst damit, dass die Gläubigen in der Vergangenheit in Denkkadern festsaßen und die Postmodernen nun gerade die Antwort in einem dynamischen, mehr emotionsbetonten Lebensgefühl (vielleicht in einem „elan vitale" nach Bergson ?), gefunden haben. Darf ich Dir sagen, dass gerade die Postmoderne mit ihrem Lebensgefühl den Gehorsam gegenüber dem absoluten Wort Gottes mehr und mehr aufgibt zugunsten eines mehr irrationalen Erlebnishungers und dadurch einer gewaltigen Verführung zum Opfer fallen könnte.

Die Antwort lautet: Nur, wenn wir nahe bei unserem Herrn und Seinem Wort bleiben, IHM gehorsam sind, das Gespräch mit IHM pflegen, auf Seinen Wink warten und uns nicht von Menschen leiten lassen, wird es einen Ausweg aus der Krise geben. Es ist mir übrigens aufgefallen, dass Du in diesem Aufsatz nicht ein einziges Mal den Namen des Herrn Jesus erwähnst. Ich hoffe, ich irre mich. Und das bei einem so wichtigen Thema. Wim, wo führt Dein Weg hin ? ? Irgend etwas stimmt nicht !!

- Die „integralen rationalen Denksysteme" solle man Deiner Ansicht nach nicht mehr so ernstnehmen. Eine „statische und dogmatische Haltung gegenüber ‘der Lehre’ zeugt im allgemeinen von wenig Weisheit.Viele Kirchentrennungen bei den Roformierten und innerhalb der ‘Versammlungen der Gläubigen’ gingen ‘um fehlbare theologische Theorien’, sie gingen kaum um ‘fundamentale, zentrale Wahrheiten, worüber es beispielsweise im Apostolikum geht.’" (S.57)

In dem Ausdruck „Ökumene des Herzens" siehst Du offensichtlich einen wertvollen Wappenspruch.

Kommentar: Das Apostolikum ist ein Bekenntnis. Und ein Bekenntnis ist doch immer theoretisch zu sehen. Aber dieses Bekenntnis scheint Dir dasjenige zu sein, was die „Ökumene des Herzens" wirklich ausmacht. Das unterschreiben auch alle Katholiken. Wim, wo geht der Weg hin ?? Und dann behauptet Br. Grievinck noch, dass die „Ökumene des Herzens" genau das sei, was die „Brüder" im letzten Jahrhundert erkannt haben. Entschuldigung, aber solche Gedanken solltet Ihr wirklich nicht öffentlich äußern.

- Natürlich siehst Du auch mit Sorge die relativ schwache Bibelkenntnis unter der Jugend (theologische Kenntnis meinst Du noch nicht einmal) und zitierst Hos.4,6: „Mein Volk kommt um aus Mangel an Erkenntnis" und Du findest es auch bedauerlich, dass so wenig Kenntnis der eigenen Tradition vorhanden sei (S.58).

- Das positive postmoderne Lebensgefühl gehe davon aus, dass Normen und Werte nicht geleugnet werden, aber unsere Normen und Werte seinen weniger universell als wir oft gedacht haben. „Häufig sind bestimmte zeitliche Positivierungen von einem universellen Grundsatz mit diesem Grundsatz selbst verwechselt worden. Genannt wird dann z.B. der Platz der Frau in der Gemeinde" (S.59).

Kommentar: Der Ausdruck „zeitliche Positivierung" ist ein häufig von Dir gebrauchter Ausdruck. Auch darüber sollte man einmal sehr intensiv nachdenken. Wer bestimmt eigentlich, was eine zeitliche Positivierung eines universellen Grundsatzes ist ? Wer bestimmt, was wichtig und unwichtig ist ? Sind z.B. die langen Haare der Frau wichtig oder unwichtig ? Wovon könnten sie z.B. eine zeitliche Positivierung sein. Ist das Schweigen der Frau in der Versammlung eine zeitliche Positivierung oder ein universeller Grundsatz ? Ist die Ordination, die Bestimmung, wer in der Versammlung reden darf, ein Grundsatz oder eine zeitliche Positivierung eines Grundsatzes ? Ich glaube, dass hinter dieser Sprache letztendlich der postmoderne Grundsatz des Relativismus steckt, die Anpassung an den Willen der Masse.

- Du sagst, dass der strenge Fundamentalismus, Theologismus und Konfessionalismus dahin sind und man sich eigentlich nur darüber freuen könne. Es sei nicht unbedingt die evangelische Bewegung, die die Zukunft habe. „Dafür befindet sich in dieser Bewegung noch zuviel inhärenter Rationalismus und Fundamentalismus in der evangelikalen Theologie. Ich bin tief davon überzeugt, dass ein Weg zwischen dem Liberalismus einerseits und dem Fun-damentalismus andererseits möglich ist, insbesondere wenn es um das Schriftverständnis geht. Dieser Weg liefert nicht einen neuen -Ismus, sondern eine wahre Bekehrung; keine neue Schrifttheorie in rational-theologischem Sinn, sondern eine neue Liebe zu und ein neues Sich-Beugen unter das Wort aus einem echten und intimen Liebesband mit dem Gott dieses Wortes" (S.64).

„Jeder Form von Rationalismus muss abgeschworen werden, ob sie nun von liberaler oder von fundamentalistischer Seite kommt (S.64) ... In dem neuen Schriftverständnis sollen praktisch-theologische Fragen und ethische Aspekte meiner Einsicht nach eine viel größere Rolle spielen, beispielsweise um die höchst aktuellen Fragen bezüglich einer dienenden (nicht dominierenden) Leiterschaft, bezüglich des Platzes der Frau".

Die Wiederbesinnung auf die Spiritualität, das biblische Glaubensleben ist nötig. Von der puritanischen Bewegung und der gemäßigten charismatischen Bewegung ist viel zu lernen. Außerdem muss Wert auf gute Unterweisung und zeitgemäße Evangelisationsmethoden gelegt werden.

Kommentar: Ich habe eine Idee, Wim. Alle Ismen legen wir ab. Du theologisierst nicht mehr und kommst nicht mehr in Gefahr, Theologismen aufzustellen. Deinen Dr. in Theologie wirfst Du ins Meer und erlebst, dass die Ehre bei Gott mehr ist als die Ehre bei Menschen. Deine zwischengeschaltete Philosophie siehst Du ab sofort nur als Versuch einer emanzipierten Vernunft an, sich von der ganzen Kraft der Schrift zu lösen. Du wirst Bruder unter Brüdern.

Du brauchst dann nicht das Zungenreden der charismatischen Bewegung, keine neue Spiritualität, keine neuen Diskussionen um die Stellung der Frau. Du wirst IHN erkennen, seine Herrlichkeit, und das reicht aus.

Darf ich Dir einige Worte F.Schaeffers zurufen ?

„Aber wir müssen uns auf die Schrift als Gottes Wort berufen, und zwar in allem, was sie lehrt - bezüglich der Errettung genauso wie in ihren Aussagen zur Geschichte, zur Wissenschaft und zur Moral. Wenn wir auf irgendeinem dieser Gebiete Kompromisse eingehen, wie das unglücklicherweise heute bei vielen geschieht, die sich evangelikal nennen, dann zerstören wir die Kraft des Wortes Gottes." (Die große Anpassung, S.37)

Lieber Wim, ich bin überzeugt, dass Du auf einem völlig falschen Weg bist. Deine Philosophie hat sich zwischen Gottes Wort und Deine früheren klaren Auslegungen geschoben. Deine neuen Auffassungen über das vortheoretische und theoretische Denken, das transzendental-religiöse Herz und das bibliotropische Grundmotiv wurden meiner Überzeugung nach die geöffnete Tür für Themen wie „Bibeltreue Ökumene" und „Ökumene des Herzens". Die Trennung von eindeutig Bösem wird relativiert zugunsten einer Lebensweise, die sich zwar auf Glaubensebene vom Bösen distanziert, aber auf theologischer Ebene weiterhin in einer akademisch-intellektualistischen Denkgemeinschaft kommuniziert.

So kannst Du dann anfangen, einen dritten Weg zwischen Fundamentalismus und Liberalismus zu suchen, wobei man vermehrt den Eindruck hat, dass der Fundamentalismus fast schlimmer ist als der Liberalismus. Deine dialektische Weise widerspricht dem antithetischen biblischen Konzept und muss schiefgehen. Diesen Weg könnte ich niemals mitgehen.

Dennoch werde ich Dich weiter vor den Herrn bringen, weil Seine Liebe auch Dich von Deinem philosophisch-theologischen Gedankengängen befreien kann und Du wieder der wirst, der Du warst, ein Mann Gottes, der Gottes Wort, die Bibel klar und verständlich verkündigte.

Solltest Du ein Gespräch mit mir begrüßen, teile mir das bitte umgehend mit. Es wäre sicher gut, wenn zwei oder drei Zeugen diesem Gespräch beiwohnen würden.

Sei dem treuen Herrn anbefohlen.

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Anhang:

Bemerkungen zu dem Buch von W.J. Ouweneel: „Nachtboek van de ziel"

Das Buch beginnt mit einem Zitat aus dem jüdischen Talmud: „Ein Traum, der nicht ausgelegt wird, ist wie ein Brief, der nicht geöffnet wird" (S.9).

1) Dieses Buch ist eine Enthüllung von Träumen, die WJO im Jahr 1995 geträumt hat, wobei er seine Träume nicht als „prophetische Träume" verstanden wissen will, sondern als etwas, was „uns etwas über unser tiefstes Selbst und über die Weise, worauf dieses Innerliche in unserem täglichen wachenden Leben seinen Einfluss ausüben kann. Aber dann müssen Träume wohl ernst genommen werden; dann muss ein Mensch wohl die Schlüssel aufspüren , die ihm zu seinen Träumen den Zugang geben." (S.10).

„Die Selbsanalyse, von der ich in diesem Buch etwas wiedergebe, ist nicht als eine Form von Exhibitionismus gemeint,... sondern als eine Ermutigung an andere, um durch das Mittel einer Traumanalyse sich selbst ebenfalls unter die Lupe zu nehmen" (S.11).

Das Buch bietet mithin nicht allein Selbstanalyse, sondern will eine Herausforderung an den Leser sein, sich selbst auch zu untersuchen. Meine eigene Entdeckungsreise ist nur ein Vorbild, eine Art ‘Paradigma’, um anzugeben, wie man ein bestimmtes Tätigkeitswort (werkwoord) verfügt" (S.11)

Immerhin betet der Psalmist in Ps.139,23f: „Erforsche mich Gott...": „..., aber dann müssen wir auch bereit sein, unser Herz ergründen zu lassen und Gott zu uns sprechen zu lassen über das, was ER in unserem Herzen anspricht."

Auf den Seiten 214-216 versucht WJO in Anlehnung an Jer.17,10; Hi.16,13; Klgl.3,13; Ps.7,10; 16,7; 26,2; 73,21; 139,13.23 in Verbindung mit Spr.4,23 sowie Hi.19,27; Jer.1,20; 17,10; 20,12; Off.2,23 deutlich zu machen, dass die Nieren in der bildlichen Sprache der Bibel sehr wohl etwas mit unseren Träumen zu tun haben. Ganz besonders weist er auf Ps.16,7 hin, wo es heißt: „..., selbst des Nachts unterweisen mich meine Nieren." WJO erklärt: „Was bedeutet es, dass die tiefsten Ebenen meiner Seele mich in der Nacht unterweisen ? Dies kann auf Schlaflosigkeit hinweisen, aber viel wahrscheinlicher ist es, dass es auf Träume hindeutet. Der Psalmist hat ein Bewusstsein davon, dass in seinen Träumen seine Nieren ihm Unterweisung geben. Und er begreift auch, dass es nicht weniger als der ‘Rat’ des Herrn Gott ist, der ihn durch seine Träume unterweist" (S.215).

Kommentar zu 1)

Natürlich ist es wahr, dass uns unsere Träume durchaus manches von uns selbst sagen können. Dazu brauchen wir keinen Traumdeuter, noch nicht einmal die Bibel, sondern einfach ein wenig Nachdenken. Trotzdem: Pred.5,3 sagt uns, dass Träume durch viel Geschäftigkeit" kommen, aber auch, dass „bei vielen Träumen und Worten viele Eitelkeiten" sind.

Ein viel beschäftigter und sehr fleißiger Mann wie WJO muss sich daher nicht wundern, dass er ein reiches Traumleben hat. Wenn er sich nun selbst damit befasst, ist das seine persönliche Sache. Allerdings fragt man sich, ob er wirklich den Auftrag von G o t t hat, seine Träume anderen zu erzählen und sie gar in einem Buch aufzuschreiben.

Was sollte der Sinn davon sein ?

Kann es z.B. der Wille Gottes sein, die Streitigkeiten unter „Brüdern" in Traumsymbolen Tausenden von Christen und evtl. Nichtchristen durch das Buch zu erzählen und die nicht durch eindeutig geistliche und biblische Kriterien überprüfbare Deutung dieser Symbole weiterzugeben? Gehören diese Art von Träumen nicht zu ganz persönlichen Erfahrungen, die nicht an „die große Glocke" gehören ?

Welche Schriftstelle im NT ermutigt uns, anderen unsere Träume oder Gesichte zu erzählen, um ihnen Einblick in unsere innersten Herzensprobleme zu geben ?

Bezieht sich WJO vielleicht auf Apg.2,28 ? In der Tat zitiert er auf S.212 diesen Text positiv, wobei er hinzufügt: „Hier kann natürlich zuallererst an prophetische Träume gedacht werden... Aber kann es in weiterem Sinn nicht auch bedeuten, dass Gläubige im Gegensatz zu anderen Menschen das Vorrecht haben, ihre besonderen Träume im Licht des Heiligen Geistes zu verstehen ?"

Es geht hier ohne Frage um „prophetische Träume" - nicht „natürlich zuallererst", sondern „ausschließlich". Eine Deutung „im weiteren Sinn" kann in Verbindung mit dem christlichen Zeitalter aufgrund von Joel 2,28 („und danach...; und eure Söhne und Töchter werden weissagen, eure Greise werden Träume haben...), wo es ja dann um Israels Söhne und Töchter sowie Greise geht, nicht akzeptiert werden. Wird Apg.2,28 nun missbraucht, um eine Rechtfertigung für Traumerzählungen und -deutungen zu haben ?

Sollen wir vielleicht jetzt auch annehmen, dass wir eine „neue Geistesausgießung" erleben, wie die Pfingstkirchen es in Anlehnung an diesen Text gesagt haben ? Und was ist dann mit V.19 und 20 in Verbindung mit dem „herrlichen Tag des Herrn"?

Wie kommt WJO dazu, diese Textkommentierung in seinem Denken zuzulassen ?

WJO ermutigt andere, ihre Träume zu analysieren anhand einer Traumsymbolik, die wiederum den Eingebungen des menschlichen Herzen entspringen. Hat er nicht Furcht davor, dass Jer. 23 anzuwenden ist, wo sich falsche Propheten Träume erzählen und sagen: „Einen Traum, einen Traum, habe ich gehabt" (V.25), die möglicherweise den Namen des Herrn dadurch in Vergessenheit bringen, dass sie „einer dem anderen Träume erzählen" ? (V.27) und „Lügenträu-me weissagen, und sie erzählen und mein Volk irreführen mit ihrer Prahlerei, da ich sie doch nicht gesandt und sie nicht entboten habe, und sie diesem Volk gar nichts nützen, spricht Jahre" (V.32).

Der Prophet Jeremia sagt uns deutlich:

„Der Prophet, der einen Traum hat, erzähle den Traum; und wer mein Wort hat, rede mein Wort in Wahrheit. Was hat das Stroh mit dem Korn gemein ? spricht Jahwe" (Jer.23,28).

„Und ihr, höret nicht ... auf eure Träume ..., die zu euch sprechen und sagen,..." (Jer.27,9).

Natürlich handelte es sich damals um falsche Propheten, die durch Beschwörung und Wahrsagung das Volk irreführten. A b e r: WJO behauptet n i c h t, dass seine Träume „prophetische Träume" sind, sondern ihm einfach sein eigenes Herz zeigen, das des Nachts von Gott berührt wird. Um dieses Argument zu bekräftigen, führt er Texte über die Nieren an.

Es ist wahr, dass die „Nieren" bildhaft für Unterweisung, Unterscheidungsvermögen und Weisheit stehen, denn „Wer hat Weisheit in die Nieren gelegt"? (Hi.38,36) und „..., selbst des Nachts unterweisen mich meine Nieren" (Ps.16,7). Aber auch Gefühlsempfindungen werden mit dem Ausdruck „Niere" verbunden: „..., meine Nieren verschmachten in meinem Innern" (Hi.19,27) und „meine Nieren werden frohlocken" (Spr.23,16) oder „Als mein Herz sich erbitterte und es mich in meine Nieren stach,..." (Ps.73,21) .

Doch halten wir auch fest: Der gerechte Gott prüft die Nieren (Ps.7,9; Jer.11,20; 17,10; 20,12; Off.2,23) und lässt „die Söhne seines Köchers in die Nieren dringen" (Klg.3,13).

Der einzige Text, wo man die Nieren mit Träumen in Beziehung setzen könnte (aber absolut nicht zwingend, im Gegenteil), ist Ps.16,7. Aber hier geht es nicht darum, durch eine bestimmte Traumsymbolik Erkenntnisse über den Traum zu gewinnen, sondern i m Traum selbst findet die Unterweisung statt, nicht im Wachzustand ü b e r den Traum.

Wir müssen also feststellen, dass die Schrift uns keinen Hinweis gibt, unsere Gesichte des Herzens, unsere Träume einander zu erzählen - es sei denn, wir würden wirklich prophetische Träume haben, aber dann gilt die Prophetenprobe von 5.Mo.13. Im Neuen Testament finde ich keinerlei Hinweis darauf, dass wir auf von Gott gegebene prophetische Träume warten sollten. Erst recht nicht sollten wir unsere Träume und unsere Deutungen dieser Träume Tausenden von Menschen bekanntmachen und sie ermutigen, ebenfalls mit Traumdeutungen anzufangen. Das tut WJO mit seinem Buch.

Man denke an Jes.56,10, wo den „Wächtern" gesagt wird, dass sie träumen (phantasieren), sie „lieben den Schlummer". Dann wir hinzugefügt: „Höret nicht auf eure Träume, die ihr euch träumen lasst" (Jer.29,8).

Die Gefahr ist sehr groß, dass wir - wie in Sach.10,2 - von „Träumen des Truges" heimgesucht werden.

D o c h: Warum erzählt WJO uns eigentlich seine Träume? Glaubt er allen Ernstes, dass andere Menschen an seinen Herzenszuständen sosehr interessiert sind ? Und wenn er das von sich glaubt, dann muss er doch von der Bedeutung seines eigenen Herzens (seiner „Nieren") sehr überzeugt sein, denn es handelt sich ja nicht um prophetische Träume, von denen er sagt, dass Gott ihm die Deutung kundgetan hat, sondern um Träume, die er im Rahmen eigener Forschung (er sagt: im Angesicht Gottes) deutet, wobei diese Erkenntnis mit scheinwissenschaftlich-dämonisierten und biblischen Argumenten gerechtfertigt wird?

DER HERR bewahre uns vor einer Entwicklung in der Christenheit, wo Gläubige anfangen, sich ihre Träume zu erzählen, um so von einem theozentrischen zu einem anthropozentrischen Denken abzugleiten und in einem egozentrischen (selbstliebenden) Denken zu enden. An dieser Stelle möchte ich ausdrücklich vor einer solchen Entwicklung warnen, da die Schrift in 2.Tim.3,2 sagt, dass die Menschen in den letzten Tagen „eigenliebig" sein werden. Man wird die „gesunde Lehre nicht mehr ertragen" und „sich von der Wahrheit abkehren" und zu den Fabeln (Mythen) sich hinwenden" (2.Tim.4,3-4)

Möge es der HERR schenken, dass WJO diese Entwicklung radikal aufgibt, damit er nicht noch mehr Träumende in ein Land möglicher christlicher Phantasien und Fabeln schickt.

2) Auf den Seiten 13-202 folgen Traumerzählungen, die WJO dann mit bestimmten Ereignissen aus seinem Leben verbindet.

Ganz besonders weist er auf seine Erfahrungen hin, die mit den Trennungen in der sog. „Exklusiven Brüderbewegung" in Verbindung stehen.

Offensichtlich hat er die Trennungen unter den „Brüdern" im In- und Ausland als eine existentielle Belastung erfahren, die er in verschiedenerlei Hinsicht in merkwürdigen Träumen erlebt haben will.

So erfährt er in seinen Träumen seine Opponenten als Kannibalen (S.59-61), wobei er diese Opponenten auch in seinem eigenen Wesen erkennt; andererseits erfährt er sie als Clowns (S.67-69), die Gift in ihn hineinspritzen oder als Pistolenschützen (S.118-119).

Während eines Psychologenkongresses in Zürich verlor WJO auch seine alte Elberfelder Bibel, die er nicht wiederfand. Er schließt: „Darf ich sagen, dass es Gott selbst ist, der mir die Bibel abgenommen hat? Ich weiß es nicht.... Aber der Gedanke folgt mir doch nach." Die verlorene Bibel könne - so seine Schlussfolgerung - sein Abschließen mit der „exklusiven Brüderbewegung" bedeuten.

In einem Traum befindet sich WJO in einer riesigen Achterbahn, die so groß ist wie ein Gebirge. Unterwegs sieht er eine Frau, die völlig entmutigt in einem Stuhl sitzt. Der Weg der Achterbahn geht stets höher. Der Weg wird immer rauher. Am Ende rast die Bahn noch einmal los, um ein Looping zu machen, der bis fast zu den Wolken reicht. „Werden wir das überleben?"

So endet der Traum. WJO wacht mit einem positiven Gefühl - wie mit einer Verheißung - auf.

„Soll ich daraus schließen, dass es mit der ‘Brüderbewegung gut geht. Aber das geht nicht auf die traditionelle Art - im Sinne einer ruhigen und übersichtlichen Talfahrt."

WJO stellt fest, dass diese Reise Opfer bringen wird (siehe die entmutigte Frau). Aber er kann nicht erkennen, dass es vielleicht nur ein Wunschtraum war. „Ich erfahre den Traum viel eher als eine Verheißung von oben. Aber ich soll auch daran mitarbeiten, dass der Anteil Opfer während dieser schwindeligen Fahr so gering wie möglich bleibt" (S.72)

Kommentar zu 2)

Die traurigen Spaltungen und Trennungen in der sog. geschlossenen Brüderbewegung, die unter anderem durch WO mit ausgelöst und nicht unerheblich beeinflußt worden sind, werden hier vor den Lesern durch Traumsymbole ausgebreitet.

Sehr weit geht es, wenn er schreibt, dass er es als „eine Verheißung von oben erlebt", dass es wohl mit der „Brüderbewegung" gut gehen wird.

Kann das wirklich ein von Gott bewirkter Traum sein ? Was für eine „Brüderbewegung" meint er eigentlich ? Sind nicht alle Gläubigen „Brüder" und „Schwestern"? Versucht er nicht durch seine Traumsymbolik den Lesern zu suggerieren, dass es sich vielleicht um einen „prophetischen Traum" handeln könne. Was heißt „ich erfahre..."? Ist es eine Verheißung von oben oder nicht ? Diese unsichere Mitteilung zeugt davon, dass er einerseits seine Interpretation nicht in der Kraft des Heiligen Geistes klar prophetisch zu deuten wagt, andererseits beweist er durch seine unsichere Ausdrucksweise ebenfalls, dass er natürlich eine Definition von „gut" nicht geben kann, weil er dann ja nachweisen müsset, was er eigentlich mit „Brüderbewegung" meint, was denn eine gutgehende Brüderbewegung ist und welchen Kriterien sie beispielsweise entsprechen sollte ?

Braucht man wirklich Wo’s Traumanalysen, um zu wissen, dass Gott sich bis zum Ende treue Brüder und Schwestern erhalten wird, die das ganze Wort Gottes bewahren und treu danach handeln möchten ? Es geht nicht um die „Brüderbewegung", sondern um Gottes Volk, um Seine Versammlung (Gemeinde), zu der alle wahren Christen in dieser Welt gehören. Diese Versammlung sollte auch in schweren Zeiten - wenn auch mit großen Mängeln - sichtbar dargestellt werden kann. Wenn wir nur dem Wort Gottes treu und geistgewirkte Liebe zu „allen Heiligen" hätten - und wenn auch die sog. „geschlossenen Versammlungen" nicht geschlossen für das Gute, das vom Heiligen Geist gewirkte, sondern geschlossen für alles wirklich Böse, ja, für a l l e Ungerechtigkeit (2.Tim.2,19ff), für „alle Art des Bösen" (1.Thes.5,22), wären und offen für alles das, was vom Herrn Jesus ist.

Wenn auch vieles unter den sog. „geschlossenen Versammlungen" demütigend und traurig ist, aber hat WJO kein Wort mehr dafür, was auch in diesen Versammlungen noch deutlich positiv ist ? Viele böse Lehren, die heute unter den Evangelikalen verbreitet sind - und eindeutig falsch sind - werden entschieden in diesen Versammlungen verworfen. Und sie versuchen diese Lehren auch korporativ aus den Versammlungen fernzuhalten. Ist das nicht positiv ? Nun, der HERR wird einmal alles an seinen Platz stellen - auch alles das, was sicherlich unter diesen Geschwistern absolut nicht Gott wohlgefällig war.

3) Auf S. 15 z.B. berichtet WJO von der „tiefreligiösen Frau", der Russin Tatjana Goritschewa, die etwas über eine „merkwürdige Form von Christentum erzählt, nämlich das mystisch-exstatische" (S.15). Diese Frau bringt auch in WJO einen „existentiellen Konflikt" zustande. Er schreibt: „Ich erkannte dieses Christentum in sicherem Maß als überraschend authentisch, auch wenn es theologisch von meinem sehr unterschieden ist" (S.15).

Auf S.82 kommt er noch einmal darauf zurück und schreibt nach dem Lesen des Tagebuches von T.Goritschewa, dass er das mystisch-ekstatische Christentum des orthodoxen Mönchswesens „in sicherem Maße als authentisch" erfährt, obwohl es sich von dem meinen sehr unterscheidet. Das führt mich in einen Status leichter geistlicher Verwirrung, vor allen Dingen, weil ich in der letzten Woche noch mit verschiedenen anderen Formen des Christentums in Berührung gekommen bin. Was ist wahr ? Was ist der rechte Glaubensweg ? Wie sicher sind meine eigenen Glaubenssicherheiten, wenn ich die Behauptungen dieser so ‘anderen’ Christen auf mich wirken lasse? Ich bekomme das starke Bedürfnis, den HERRN GOTT um einen Traum zu bitten...".

Kommentar zu 3)

Das russisch-orthodoxe Christentum erfährt WJO als „authentisch", als „echt", obwohl es sich theologisch von dem Christentum seiner Sichtweise unterscheidet.

Andere Formen des Christentums hatte er auch schon kennengelernt und ist fragend geworden. Er stellt sich sogar die Frage: „Was ist wahr" und „Was ist der rechte Glaubensweg ?"

Was bedeutet nun „authentisch" ? Ist „authentisch" mit „geistlich" zu deuten ? Meint „authentisch" „ehrlich" ? Interessant ist, dass man „authentisch" sein kann und doch theologisch völlig unterschieden sein kann. Immerhin ist es nachzuvollziehen, dass WJO die Theologie der russisch-orthodoxen Kirche nicht theologisch akzeptieren kann.

Die Fragestellungen, die er als einer hat, der große Mengen „Kommentare zur Bibel" geschrieben hat, verunsichert. Ein Lehrer der Christen fragt allen Ernstes „Was ist der rechte Glaubensweg ?" Und dann fängt er an, Gott um einen Traum zu bitten ? Sollte er nicht auf seine Knie fallen und zu Gott schreien um Erleuchtung durch sein Wort ?

Aber diese Unsicherheit hat er ja auch schon seinem Aufsatz „Es wird gut mit der Krise" mit folgenden Worten ausgedrückt:

„Und nochmals: Was ich bei mir selbst und bei anderen spüre, ist nicht sosehr, dass ich meine Auffassungen in allerlei Punkten geändert habe, sondern dass ich es nicht mehr so genau weiß und dass mir das auch nicht mehr so arg viel ausmacht. Die Kenner nennen das eine „postmoderne Lebenshaltung".

Wer alles nicht mehr so genau weiß und zu Träumen seine Zuflucht nimmt, hat gewiss keinen Auftrag von Gott, andere zu unterweisen.

 

4) In einer anderen Traumanalyse schlussfolgert WJO folgendes:

„Meine Gegner meinen von ihren eigenen Denkvoraussetzungen her, dass die Kräfte (der Erneuerungsbewegung) etwas mit einer ‘neuen Lehre zu tun haben, der ich anhänge. Sie können nicht anders als nur in diesen Termen denken. Sie wollen dahinterkommen, welcher Philosophie oder Theologie ich anhänge, während sie vollkommen am verkehrten Platz suchen. Nicht einer neuen ‘Lehre’, sondern eine Relativierung aller (intellektuellen) ‘Lehre’ ist das, was mit mir los ist. Die Entwicklung des des Sanft-warmen-fraulichen erfahre ich nicht anders als ein neues Werk des Heiligen Geistes in mir. Das ist eine freudevolle Überzeugung, die nicht von wer weiß wie vielen Gegnern weggenommen werden kann. Dass sie ihre geistlichen Pistolen auf mich gerichtet halten, erfüllt mich innerlich mit tiefer Empörung und zuweilen - mein Traum verrät es mir - mit Geringschätzung. Aber zugleich ist es Hochzeit, und das bedeutet Freude und neue Frucht" (S.117)

 

 

 

Kommentar zu 4)

Wenn man wissen will, was WJO letztlich unter der Aussage „Relativierung aller (intellektuellen) Lehre" versteht, dann muss man folgenden Text aus „Es wird gut mit der Krise" lesen:

Eine „statische und dogmatische Haltung gegenüber ‘der Lehre’ zeugt im allgemeinen von wenig Weisheit. Viele Kirchentrennungen bei den Reformierten und innerhalb der ‘Versammlungen der Gläubigen’ gingen ‘um fehlbare theologische Theorien’, sie gingen kaum um ‘fundamentale, zentrale Wahrheiten, worüber es beispielsweise im Apostolikum geht.’" (S.57)

Wenn er nun das Apostolikum als ein Beispiel für das Fundament bibltreuer Ökumene, einer „Ökumene des Herzens" ansieht, dann wäre damit der Grundstein für eine baldige Verbindung mit der römisch-katholischen Kirche gelegt. Denn gerade dieses Bekenntnis wird von beiden Institutionen auf jeden Fall formell aufrechterhalten.

Ich behaupte nicht, dass WJO das sagt, aber ich warne vor dem Ausdruck „Relativierung aller (intellektuellen) Lehre". Lehre hat immer etwas mit Intellekt zu tun.

Man kann sie gar nicht „emotionalisieren" oder was sonst auch. Wir sollen Gottes Willen mit unserem Verständnis erfassen und dann auch mit dem „ganzen Herzen" tun (Eph.5,17; Röm.12,2; Phil.1,9-10; Joh.7,17). Wenn man nun liest, dass WJO alle Lehre relativieren will, welche Lehre wird er schließlich noch als verbindlich anerkennen

5) An einem Abend während eines Kongresses wird von einem christlichen Psychologen in einem Plädoyer eine Beziehung zwischen C.G.Jung und dem christlichen Glauben aufgezeigt. Eigentlich hatte WJO bisher den Psychoanalytiker C.G.Jung als einen Feind des Christentums gesehen, aber nun sollte er erlernen, wie man von seinen Gegnern - in diesem Fall Jung - am besten lernt.

In Kap.7 kommt WJO zu einer Besprechung des Jung’schen Begriffs Individuation". Darunter ist zu verstehen, dass ein Mensch in seiner mittleren Lebenszeit seine Hauptenergien, die er an die Außenwelt gegeben hat, zurückzieht, um sie in den Dienst der innerlichen Reifung zu stellen, ja, um eine „ganzheitliche Persönlichkeit" zu werden. Es heißt letztlich: „Mensch werden"

Hans Trüb umschreibt diesen Selbstwerdungsprozess als ein „vom Selbst zur Welt". Ähnlich argumentieren auch Vertreter der säkularen Transaktionsanalyse, der Humanistischen Psychologie usw.

WJO analysiert seine Individuationsträume folgendermaßen:

„Ich bin auch von keiner einzigen Glaubensgemeinschaft mehr abhängig; darum begreifen meine Kritiker, die mir vorwerfen, dass ich von den ‘geschlossenen’ zu den ‘offenen’ Brüdern übergegangen bin, so entsetzlich wenig von mir. Kürzlich sagte ein römisch-katholischer Freund scherzend zu mir, dass er sehe, dass ich noch irgendwann zum ‘wahren Glauben’ übertreten werde. Ich wusste, dass das neckisch gemeint war, und doch antwortete ich im Ernst: Der ‘wahre Glaube’ ist etwas, dass selbst den Unterschied katholisch-protestantisch übersteigt. Ich habe einen langen Individuationsprozess nötig gehabt, um dies nicht allein theoretisch zu verstehen, sondern auch ganz tief existentiell. Das bedeutet beispielsweise, dass für mich selbst der Ausdruck ‘bibeltreu’ nicht bedeutet, dass einige wenige Christen allen Worten der Schrift gegenüber treu sind, sondern höchstens, dass jemand die tiefste existentielle Absicht (Intention) hat, durch die Kraft des Heiligen Geistes der Schrift treu zu sein, nach ihrem Selbstzeugnis, aufgefasst als das inspirierte Wort Gottes. Wir alle sind in mancherlei Hinsicht bestimmten Teilen dieses Wortes gegenüber untreu - wir wissen nur nicht welchen Teilen"; das wird der Richterstuhl Christi offenbaren (Röm.14,10; 2.Kor.5,10).

Nur diese Einsicht führt zu wahrer Demut - dem wunderbaren Schlüsselbegriff von Bernard von Clairvaux. Demut sowohl gegenüber den Mitmenschen als auch gegenüber Gott.

Nur diese Einsicht in die wahre existentielle Art von ‘Bibeltreue’ öffnet unsere Augen für die wirkliche ‘Ökumene des Herzens’. Dies ist die Ökumene - los von einem Erheben über alle Kirchengemeinschaften und Glaubensgenossenschaften - die alle verbindet, die die genannte demütige Absicht haben und sich ihrer äußerst gebrechlichen Bibeltreue bewusst sind. Diese Einsicht bringt eine Trennung zwischen ‘bibeltreuen’ Christen und Christen, die nicht bibeltreu sind (das will sagen, die nicht von dem Selbstzeugnis der Schrift als inspiriertes Wort Gottes ausgehen). Diesen Unterschied kannte ich natürlich schon lange. Aber die wahre Demut bringt auch eine Trennung zwischen allen Christen, die wirklich die Kirche liebhaben und allen sektiererischen Christen (römisch, lutherisch, reformiert, evangelikal), die vorrangig ihre eigene Gruppe oder Kirche liebhaben und sich hinter ihr Glaubensbekenntnis, ihre Tradition und beliebte Lehrsätze verschanzen. Diese Einsicht ist bei mir die Frucht eines mühsamen Individuationsprozesses" (S.182-183)

 

Kommentar zu 5)

Zunächst ist man darüber erstaunt, dass WJO inzwischen den Esoteriker und Okkultisten C.G.Jung mit anderen Augen sieht. Früher schrieb er in „Het domein van de Slang" folgendes:

„Waren Darwin und Freud wahrscheinlich okkult belastet, Jung war ein Okkultist - das geht wesentlich weiter" (S.63)

Weiter erzählt er uns in dem gleichen Buch, dass Jung als Medizinstudent in spiritistische Seancen eingeführt wurde und von dieser Zeit an von sogenannten „autonomen Komplexen’ schrieb, die von der Ich-Persönlichkeit unabhängig sind. „Die Bibel hat für diese wissenschaftliche Terminologie eine ganz andere Deutung, dämonische Belastung oder gar Besessenheit. Es muss uns nicht verwundern, wenn wir bedenken, dass Jung der Gründer der modernen Psychologie war, dass die heutige Psychologie so spiritistisch gefärbt ist" (S.63).

Weiter: „Aus seiner Autobiographie sieht man, dass er auch selbst regelmäßig Visionen, paragnostische Erfahrungen und mediale Gaben gehabt hat, die wahrscheinlich auch eine Rolle bei der Behandlung seiner Patienten spielte" (S.64)

Weiter schreibt WJO ausdrücklich, dass C.G. Jung im Bann eines Dämons" war und „von einer höheren Macht getrieben wurde". Ja, er zitiert Jung und schreibt, dass dieser das selbst von sich sagt. Der Dämon (sagt er (Jung)) ... hat einen unmenschlichen Zoll an Einsamkeit von ihm verlangt." (S.64)

„Er war selbst sein größter und wichtigster Patient - aber er konnte niemals der schizophrene Verformung seiner Persönlichkeit zuvorkommen oder sie heilen, da er nur seine Zuflucht zu den ‘Weltbeherrschern dieser Finsternis’ zu nehmen wusste" (S.66).

Man staunt über die klare Sprache, die WJO damals hatte. Hat er Jung falsch verstanden, hat er ihn falsch interpretiert ?

Es stellen sich einige grundlegende Fragen:

Wie kommt es, dass WJO diese Sprache nicht mehr führt ?

Wie kann ein Führer im Volk Gottes so grundlegend anders über einen Esoteriker, einen Okkultisten im Gewand psychologischer Wissenschaft schreiben ? Man findet in seinem Buch „Nachtboek van de ziel" über keinen deutlichen Hinweis mehr darauf, dass C.G. Jung dämonisch belastet war. Fast könnte man die Frage stellen: Muss man nun die Traumdeutungsgrundsätze von WJO übernehmen, oder kann man nicht gleich die Traumdeutungsanalyse von Jung übernehmen ?

Auch in seinem Buch „De negende koning", in dem Kapitel über „Mythologie und Tiefenpsychologie" scheint es so, dass WJO eine Menge von C.G.Jung gelernt hat, ja, er schreibt sogar von einer „wichtigen Inspiration", die er in Jungs Denken entdeckt zu haben glaubt und fügt hinzu, dass „man wohl noch mehr durch Jung lernen kann, wenn man seine synkretistischen Gedanken nur konsequent in einem christlichen Denkkader interpretiert" (S.305). Ist das wirklich so einfach möglich ?

Sehr merkwürdig berührt mich auch, dass er annimmt, dass die religiöse Archetypenlehre im Sinne Jungs mit der Auffassung einer cognito dei naturalis (nat. Gottesbewusstsein) bei Thomas v. Aquino und eines sensus divinitatis bei Calvin in Verbindung stehen könnte. Sicher weiß WJO, dass diese Archetypenlehre aus einem Traum entstand, in dem Jung über Tote aus vergangenen Jahrhunderten träumte (im Jahre 1912). Und im Jahr 1911 befand er sich schon einmal während eines Traumes in einer Versammlung „erleuchteter Geister aus früheren Jahrhunderten" (vgl. Jaffe, Aniela: Erinnerungen, Träume, Gedanken von C.G.Jung, 1984, S.310).

Zu anderen Träumen (aus dem Jahr 1913/1914) schreibt C.G. Jung sogar, dass eine „dämonische Kraft in ihm gewesen" sei. „Es war eine dämonische Kraft in mir... Das Gefühl, einem höheren Willen zu gehorchen, wenn ich dem Ansturm des Unbewussten standhielt, war unabweislich und blieb richtunggebend in der Bewältigung der Aufgabe. Ich war oft so aufgewühlt, dass ich die Emotionen durch Yogaübungen ausschalten musste. Sobald ich das Gefühl hatte, wieder ich selbst zu sein, gab ich die Kontrolle auf und ließ den Bildern und inneren Stimmen erneut das Wort" (Jaffe, A., a.a.O.; 180).

Die „Phantasien", die Jung wahnahm, redeten in „gehobener Sprache". „Die Archetypen reden pathetisch und sogar geschwülstig. Der Stil ihrer Sprache ist mir peinlich und geht gegen mein Gefühl.... Ich überließ mich freiwillig den Emotionen, die ich doch nicht billigen konnte. ... Ich schrieb Phantasien auf, welche mir oft wie Unsinn vorkamen und gegen die ich Widerstände empfand." (Jaffe, A., a.a.O., S. 181).

Ich begreife es nicht, dass WJO z.B. eine Verbindung zu Calvins sensus divinitatis zieht. Wenn er sich von Jungs synkretistischen Lehren distanziert, spricht er davon, dass man seine synkretistischen Gedanken konsequent innerhalb eines „christlichen Standpunktes" (S. 305 ob.) bzw. vom „christlichen Denkkader" her interpretieren solle. In Wahrheit sind Jungs Lehren nichts anderes als „Lehren von Dämonen" (1.Tim.4,1ff). Ist das vielleicht zu radikal, da natürlich eine solche Äußerung dem postmodernen Lebensgefühl diametral entgegengesetzt ist.

Jung schreibt: „Alle (...) meine Schriften sind sozusagen Aufträge von innen her... Den Geist, der mich bewegte, ließ ich zu Worte kommen." (Jaffe, A.: a.a.O., S. 225).

War das Gottes Geist oder ein Dämon ? Hat seine Traumdeutung etwas mir Wissenschaft zu tun

Es ist erbärmlich, wenn WJO in dem kurzen Überblick über C.G. Jung auf S.253-254 in „Nachtboek van de ziel" über die Begriffe „persona", „Schatten", „anima" und „animus", und „andere wichtige Elemente seiner Traumpsychologie wie „Individuation", „Kompensation", „Integration" und „Amplifikation" so schreibt, als ob es um echte Wissenschaft ginge, obschon es um rein subjektivistische Interpretationen seiner (Jung’s) eigenen nicht aufgearbeiteten Persönlichkeitsprobleme ging und Jung selbst unter offensichtlich dämonischem Einfluss stand.

WJO wäre nicht der erste Theologe, der sich auf Jungs archetypische Bibelinterpretation eingelassen hätte, was Er bisher hoffentlich noch nicht gemacht hat. Als Paul Tillich seinen 50. Geburtstag feierte, geschah das in einem von Jung geprägten Eranos-Kreis.

Adolf Köberle führte als einer der ersten die Theologie in ein weites und offenes Gespräch mit der Tiefenpsychologie, wobei er feststellte, dass der Psychologie Jungs „theologische Unzulänglichkeiten und Schönheitsfehler anhaften", andererseits meinte er: „Es lassen sich aus der Psychologie Jungs Einsichten gewinnen, die für die Erneuerung der christlichen Kirche von höchster Bedeutung sind" (A.Köberle: „Christliches Denken"). Eugen Drewermann’s Integration der Archetypenlehre brauche ich gewiss gar nicht zu erwähnen.

WJO sind gewiss auch Jungs spiritistische Experimente im Pfarrhaus Kleinhüningen bekannt. Sicher weiß WJO auch, dass Jung selbst die gesamte damals vorhandene spiritistische Literatur las und dass für ihn dadurch „die Welt an Tiefe und Hintergrund gewann".

Man fragt sich allen Ernstes, wohin der Weg führt. Glaubt WJO wirklich, dass es ein gottgewiesener Weg ist ?

Er kennt doch gewiss Jungs Theorie der „göttlichen Quaternität". Diese gotteslästerliche Theorie müsste einem gottesfürchtigen Theologen ein für allemal zeigen, dass man mit Jung keinerlei Denkgemeinschaft (auch nicht in einem integrativ-kritischen Sinn innerhalb eines christlichen Denkrahmens) haben kann. Immerhin erklärt Jung doch, dass der Teufel als „älterer Sohn Gottes" die notwendige „Ergänzung" Gottes sei und nur durch ihn erlange Gott seine „göttliche Ganzheit" (Jung,C.G.: Symbolik des Geistes", Zürich, S. 403).

Wie kann ein Führer im Volk Gottes überhaupt C.G. Jung in irgendeiner Weise in seine „christliche Psychologie" einbauen ?

Im Vorwort zu „Gott und das Unbewusste" von Victor White behauptet Jung:

Mit Gott kann Jahwe, Allah, Zeus, Shiva oder Hinzilpochtli gemeint sein. Gott ist eine unabdingbare psychische Größe, die nicht auf einen bestimmten Namen insistiert, sondern sich willig auch Vernunft, Energie, Materie oder sogar Ich nennen lässt." (Jung, C.G.: Vorwort zu Victor White. : Gott und das Unbewusste (1952); Ges. Werke XI)

In seinem Buch „Antwort auf Hiob" schreibt er: „Ich gebe zu, dass meine Feststellungen (in Hiob) schockierend sind, aber nicht mehr, eher weniger als die Kundgebungen der dämonischen Natur Jahwes im Alten Testament." (Jaffe, A. und Adler, G. : C.G. Jung Briefe Bd. II.; 1972/73; S.175) Auf S.375 in demselben Band heißt es über Jahwe: „Grob ist ein viel zu schwaches Wort. Roh, gewaltsam,... höllisch, dämonisch."

WJO ist sicher auch folgender Satz bekannt: „Der Protestantismus hat offenbar die Zeichen der Zeit, die auf Gleichberechtigung der Frau hinweisen, nicht genügend beachtet. Die Gleichberechtigung verlangt nämlich ihre metaphysische Verankerung in der Gestalt einer göttlichen Frau... Das Weibliche verlangt eine ebenso personhafte Vertretung als das Männliche" (C.G.Jung.: Antwort auf Hiob (1952); Ges. Werke XI; S.498-499).

Jung sah auch in den „Händen Gottes" die beiden Manifestationen Gottes: Gut und Böse. So kann er schreiben: „Es war die Absicht Gottes, dass sie (Adam und Eva) sündigen mussten" (Jaffe, A.: Erinnerungen..., S.44).

Jung hatte ein ganz klar dämonisiertes Gottesbild.

Jungs Erkenntnisquellen sind auch nicht empirisch, sondern resultieren aus aus seinem eigenen „kollektiven Unbewussten", aus seiner Esoterik:

„Aus den Einsichten, die mir das Unbewusste vermittelt hatte, musste ich konkrete Schlüsse ziehen - und das ist der Inhalt meiner Lebensarbeit geworden.... Alle meine Arbeiten, alles... was ich geistig geschaffen habe, kommt aus den Initialimaginationen und -träumen. 1912 fing es an." (Jaffe, A.: Erinnerungen....; S.192) Auf S.203 teilt er mit, dass die „inneren Bilder", denen er in den Jahren nachging, die „wichtigste Zeit" seines Lebens waren. „Meine gesamte spätere Tätigkeit bestand darin, das auszuarbeiten, was in jenen Jahren aus dem Unbewussten... aufgebrochen war und mich überflutete. Er war der Urstoff für mein Lebenswerk".

WJO weiß gewiss auch über seine Kontrollgeister „Elias", „Philemon" und „Anima" Bescheid. In seinen „Erinnerungen" stellt Jung fest, dass „Philemon" ihm allmählich die psychische Objektivität, die ‘Wirklichkeit der Seele’ beibrachte und ihm erleuchtende Gedanken vermittelte", während ‘Anima’ ‘Sprachrohr des Unbewussten’ sei. „Während Jahrzehnten habe ich mich immer an die Anima gewandt" (Jaffe, A.: Erinnerungen; S.186-191).

So bildeten die Gespräche mit den Toten, die ‘Septem Sermones’, eine Art Vorspiel zu dem, was ich der Welt über das Unbewusste mitzuteilen hatte: eine Art von Ordnungsschema und Deutung der allgemeinen Inhalte des Unbewussten."

„Es war ein Dämon in mir, und der war in letzter Linie ausschlaggebend." (Jaffe, A. Erinnerungen; S.358).

Darf ich an dieser Stelle fragen, was WJO eigentlich mit Texten wie 5.Mo.18,9ff macht ?

In „De negende koning" schreibt er (indem er Jung verteidigt): „Wenn er beispielsweise über sein Archetypus ‘Gott’ spricht, dann ausdrücklich über das unbewusste Gottesbild, nicht über Gott im objektiven Sinn."

Aber was sagt Jung über Gott im objektiven Sinn ? Für ihn ist Gott eine immanente, eine psychische Größe. Ich begreife überhaupt nicht, dass WJO ihn so verteidigt. Jungs Gottesbild ist doch eindeutig dämonischen Ursprungs. Jung verweigert den Glaubensgehorsam und damit die Bildung eines gottgemäßen biblischen Gottesbildes zugunsten seiner satanischen Eingebungen. Dadurch ist er völlig vernebelt, um ein objektives Gottesbild durch Gottes Geist und Wort zu empfangen.

Immerhin erstaunt es doch, dass WJO einerseits mit einem „mystisch" anmutenden „bibliotropischen Grundmotiv" arbeitet (darauf komme ich noch zurück), jüdische Exegeten für die Neuinterpretation von Schriftstellen vermehrt benutzt, tiefenpsychologische Erkenntnisse des dämonisierten C.G. Jung in einem christlichen Denkrahmen verwenden will und sich nun mit Träumen befasst, wobei seine Traumdeutung unter anderem durch die Jungsche Traumdeutung geprägt ist und dann auch seine Gedanken zur charismatischen Bewegung offensichtlich verändert hat.

Trotzdem sollen an dieser Stelle einige Gedanken zu dem Thema „Träume in der Bibel" geäußert werden.

Die Träume in der Bibel sind durch folgende Merkmale geprägt:

1) Träume, durch die GOTT d i r e k t zu Ungläubigen sprach

- Abimelech (1.Mo.20,3.6)

- Laban (1.Mo.31,24)

2) Träume von Ungläubigen, die durch Gläubige gedeutet werden konnten

- durch Joseph wurden die Träume des Obersten der Schenken (1.Mo.40,5ff), des Obersten der Bäcker (1.Mo.40,16ff) und die beiden Träume des Pharaos gedeutet (1.Mo.41,7.15ff). Ausdrücklich wird von Joseph betont: „Sind die Deutungen nicht Gottes ?" (1.Mo.40,8) und „Das steht nicht bei mir, Gott wird antworten, was dem Pharao zum Heil ist" (1.Mo.41,16) und „was die zweimalige Wiederholung des Teaumes anlangt, es bedeu- tet, dass von Seiten Gottes, die Sache fest beschlossen ist, und dass Gott eilt, sie zu tun." (1.Mo.41,32).

- durch Daniel wurde der Traum mit dem Standbild Nebukadnezars selbst mitgeteilt und gedeutet, während der Traum mit dem Baum nur gedeutet wurde (Dan.2,3ff.26-45; 4,5ff.18-19). Auch hier wird ausdrücklich betont, dass dem Daniel nach intensivem Gebet mit seinen Freunden die Traumdeutung durch ein „Nachtgesicht" geoffenbart wurde (Dan.2,19ff).

3) Träume, durch die Gott (oder ein Engel) den Gläubigen d i r e k t etwas mitteilte:

- Jakob in dem Traum mit der Himmelsleiter (1.Mo.28,10ff), in dem Traum, wo er die gestreifte, gesprenkelten und getüpfelten Böcke sah, die die Herde besprangen (1.Mo.31,10ff) und in den „Gesichten der Nacht, wo er d i r e k t e n Auftrag bekam, nach Ägypten zu ziehen (1.Mo.46,2ff),

- Salomo in Gibeon (1.Kö.3,5.15)

- Joseph, der durch den Engel des Herrn über die Geburt des Herrn unterwiesen wurde (Mth.1,20ff) und göttliche Wegweisung empfing (Mth.1,13.19.22)

4) Träume von Ungläubigen, die von Gläubigen prophetisch gedeutet wurden

- der Traum des Midianiters, der einen „Laib Gerstenbrot" sah, das in das Lager Midians rollte. Unmittelbar erkannte Gideon nach der Traumdeutung errch seinen Knecht die richtige Bedeutung und „betete an" (Ri.7,13-15).

5) Offensichtlich prophetische Träume von Gläubigen in prophetischer Symbolik, deren Wahrheitsgehalt sich später herausstellte:

- Joseph (1.Mo.37,5-10.20; 42,9; 45,8ff)

- Daniel hatte einen Traum und sah „Nachtgesichte", (Dan.7,1.2.7.13.15ff)

Dieses Nachtgesicht wurde ihm von einem Engel gedeutet, er bewahrte es in seinem Her-

zen und schrieb es dann als inspiriertes Wort auf (Dan.7,28; 12,4.9).

6) Gesichte als eine bestimmte Form der Offenbarung wurden Propheten gegeben, die ganz besondere Einsicht in die Zeiten bzw. in die Zukunft bekamen, ohne immer zu verstehen, was sie aufgrund ihrer Gesichte weissagten: Abram (1.Mo.15,1), Mose (2.Mo.3,3; Apg.7,31), Samuel (1.Sam.3,1.15); Nathan (2.Sam.7,17), Iddo (2.Chron.9,29), Sekarja (2.Chron.26,5), Jesaja (2.Chron.32,32; Jes.1,1; 21,1), Hesekiel (Hes.1,1; 8,3; 11,24; 40,2); Obadja (Ob.1,1), Nahum (Nah.1,1); Habakuk (Hab.2,2-3). Zacharias sah ein Gesicht im Tempel (Lk.1,22). Auch die Erscheinungen auf dem Berg der Verklärung werden „Gesicht" genannt (Mth.17,9). Ananias sah ein Gesicht und hörte die Stimme des Herrn (Apg.9,10.12). Kornelius hatte ein Gesicht und sah einen Engel, der zu ihm kam Apg.10,3ff), ebenfalls hatte Petrus ein Gesicht und sah ein Tuch, das vom Himmel gelassen wurde (Apg.10,17.19; 11,5), was durch den Geist sofort unterbrochen wurde. In Apg.12,9 meinte Petrus ein Gesicht zu sehen. Auch Paulus hatte ein himmlisches Gesicht auf dem Weg nach Damaskus (Apg.26,19). Paulus wollte auf „Gesichte und Offenbarungen" kommen (2.Kor.12,1). Auch von Johannes wird ausdrücklich in Off.9,17 gesagt, dass er ein Gesicht sah.

Wenn man alle Schrifttexte studiert, wird deutlich, dass zwischen „Gesicht" und „Traum" doch ein gewisser Unterschied besteht. Allerdings erscheinen manchmal Nachtgesichte als Träume (z.B.Dan.7,1).

Das NT gibt uns keinen einzigen Hinweis,

a) auf unsere Träume zu achten,

b) unsere Träume gegenseitig zu erzählen, um andere zu beeinflussen.

Wenn wir „Gesichte" haben sollten (Lk.1,22; 24,23; Apg.9,10; 10,1.3.17.19; 11,5; 12,9; 16,9ff; 18,9; 26,19; 2.Kor.12,1) müssten sie nachweislich von Gott sein. An keiner Stelle wird den Gläubigen gesagt, dass sie auf Visionen, Gesichte usw. warten sollten, wohl aber, dass sie der Worte der Apostel gedenken sollten (2.Thes.2,15; 2.Petr.3,1-2; 1.Joh.4,6; Jud.17 usw.). Noch viel weniger sollten wir unsere Träume erzählen, indem wir uns an säkulare Theorien anlehnen und möglicherweise Bibelstellen als Deckmantel verwenden.

 

Festzustellen ist, dass prophetische Träume durch Gott selbst oder den Engel des Herrn erklärt werden. So hatte Daniel eine von Gott gegebene Kenntnis und Einsicht in alle Schrift und Weisheit, „und Daniel hatte Verständnis für alle Gesichte und Träume" (Dan.1,17).

Er benutzte nicht die babylonischen Grundsätze der Traumanalyse, sondern empfing durch ernstes Gebet die Deutungen bzw. indem er einen Engel fragte (Dan.7,16).

Wenn ich WJO’s Träume so lese, empfinde ich durchaus nicht, dass seine Traumanalysen denjenigen der Bibel gleichen. Deswegen werde ich die Warnungen der Propheten weitergeben, die davor warnen, dass man „Gesichte des Herzens" redet und „nicht die Worte Jahwes" (Jer.23,16).

Natürlich bezeichnet WJO sich nicht als Prophet, zu dem Gott „durch ein Gesicht oder einen Traum reden will" (4.Mo.12), denn dann müsste er die Prophetenprobe nach 5.Mo.13,1.3.5 bestehen. In der Tat, WJO schreibt nicht, dass er „prophetische Träume" gehabt hätte, sondern einfach, dass er „seine Seele im Traum reden lässt". Damit stimmt er mit Pred.5,3 überein, wo es heißt, dass „Träume durch viel Geschäftigkeit" kommen und „der Tor durch viele Worte laut wird" und „bei vielen Träumen und Worten sind auch viele Eitelkeiten." (Pred.5,7).

Hi.33,15 ist in der Tat sehr ernst, denn dort wird deutlich dem Träumenden mitgeteilt,

- dass Gott im Traum Unterweisungen geben und besiegeln kann,

- dass er den Menschen von seinem Tun abwenden will,

- dass er den Menschen dahin bringen will, seinen Übermut zu verbergen und seine Seele vor

dem Rennen ins Geschoss zurückzuhalten.

Übrigens sage ich überhaupt nicht, dass Gott nicht durch Träume zu uns sprechen kann, aber es ist im christlichen Leben absolut nicht normal, dass wir anfangen, über unsere Träume nachzudenken und sie uns einander erzählen.

Reicht uns das unfehlbare und inspirierte Wort Gottes nicht mehr ? Genügt es uns nicht, dass der Heilige Geist in uns wohnt, uns leiten will und die Herrlichkeit Christi uns offenbaren möchte ?

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