MacDonald-Kommentar
Die folgenden Verse stellen einen der schwierigsten Abschnitte des
ganzen Briefes dar. Es gibt wenig Einigkeit unter den Auslegern, wie
hier der genaue Argumentationsgang ist, obwohl die allgemeine Lehre
dieses Abschnittes recht eindeutig ist.
Das Thema von 4,1-13 ist die Ruhe Gottes und die Notwendigkeit des
Eifers, um sie zu erlangen. Es wird uns hilfreich sein, wenn wir am
Anfang verschiedene Arten von Ruhe untersuchen, die in der Bibel erwähnt
werden:
- Gott ruhte nach dem sechsten Tag der Schöpfung (1. Mose 2,2). Diese
Ruhe war kein Zeichen der Müdigkeit nach schwerer Arbeit, sondern des
Wohlgefallens über das Werk, das er vollendet hatte. Es war die Ruhe
angesichts der Tatsache, dass er mit seinem Werk völlig zufrieden war
(1. Mose 1,31). Gottes Ruhe wurde durch den Einbruch der Sünde in diese
Welt unterbrochen. Seit dieser Zeit ist er unaufhörlich am Werk gewesen.
Jesus sagte dazu: »Mein Vater wirkt bis jetzt, und ich wirke« (Joh
5,17).
- Kanaan sollte das Land der Ruhe für die Kinder Israel werden. Die
meisten von ihnen kamen nie in das Land, und diejenigen, die es
erreichten, fanden die Ruhe nicht, die Gott für sie vorgesehen hatte.
Kanaan wird hier als Bild für Gottes endgültige, ewige Ruhe gesehen.
Viele derer, die Kanaan nicht erreichten (z. B. Korach, Datan und
Abiram) stehen für die heutigen Abgefallenen, die Gottes Ruhe wegen
ihres Unglaubens nicht erreichen.
- Die Gläubigen heute erfreuen sich der Ruhe des Gewissens, weil sie
wissen, dass die Strafe für ihre Sünden durch das vollendete Werk
Christi schon getragen worden ist. Dies ist die Ruhe, die der Heiland
verheißen hat: »Kommt her zu mir … ich werde euch Ruhe geben« (Matth
11,28).
- Der Gläubige genießt auch Ruhe im Dienst für den Herrn. Während die
oben genannte Ruhe die Ruhe der Erlösung ist, handelt es sich hier um
eine Ruhe des Dienstes: »Nehmt auf euch mein Joch, und lernt von mir,
und ihr werdet Ruhe finden für eure Seelen« (Matth 11,29).
- Schließlich gibt es dann noch die ewige Ruhe, die den Gläubigen im
Vaterhaus erwartet. Dies ist die zukünftige Ruhe, die auch Sabbatruhe
genannt wird (Hebr 4,9), die endgültige Ruhe, hinsichtlich derer die
anderen Arten der Ruhe Vorbilder bzw. ein Vorgeschmack sind. Diese Ruhe
ist hier das Hauptthema (Hebr 4,1-13).
Niemand sollte denken, dass die Verheißung der »Ruhe« nicht mehr gilt.
Sie hat in der Vergangenheit noch keine vollkommene und endgültige
Erfüllung gefunden, deshalb »steht« diese Verheißung noch »aus«.
Doch alle, die sich Christen nennen, sollten sicher sein, dass sie nicht
»als zurückgeblieben erscheinen« und so das Ziel verfehlen. Wenn ihr
Bekenntnis ohne echte Grundlage ist, dann stehen sie immer in der
Gefahr, sich von Christus abzuwenden und wieder ebenjenem religiösen
System zu verfallen, das keine Erlösungsmacht hat.