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Calvinismus Irrlehre III
Können Gläubige (Wiedergeborene
) verloren gehen?
von J. G. Fijnvandraat
Wer ist
ein Wiedergeborener?........ 2
Wer
glaubt, hat ewiges Leben. Aber was bedeutet das?............. 3
Nichts kann uns scheiden . .
.................. 3
Niemand kann sie aus meiner
Hand rauben....... 5
Durch ein Opfer für
immer vollkommen gemacht.... 5
Und
unsere zukünftigen Sünden?..... 6
Ein
Freibrief zum Sündigen?. 6
Der, welcher ein
gutes Werk in euch angefangen hat..............
7
Nochmals: Ja
aber . . ....... 9
Wer glaubt, hat
ewiges Leben.......... 9
Was ist ewiges
Leben?......
10
Wir wissen . . ....................
11
Aber wie
verhält es sich nun mit den anderen Stellen?.
12
Hat der Mensch denn keinen
freien Willen?... 12
Wer
ausharrt bis ans Ende..
13
Viele haben aufgegeben und gehen ihren Weg nicht mehr mit dem Herrn Jesus....................
14
Wollt
ihr etwa auch weggehen?
15
Die
Schrift spricht aber doch von einem Abfallen vom Glauben?
15
Hymenäus,
Alexander usw............
16
Der
schwierige Hebräerbrief..................
17
Damit
wir nicht etwa abgleiten
18
Abfallen vom lebendigen Gott.........
19
Fallen nach demselben Beispiel....
20
Nicht mehr zur Buße zu erneuern
20
Was veranlasst den
Verfasser zu dieser Aussage?.
23
Ist denn
das so schlimm?....................
24
Das Blut, durch das er
geheiligt worden ist 25
Die Heiligkeit,
ohne die niemand de
Der Gebieter, der sie erkauft hat....................
27
Zurückkehren zum Wälzen im Kot............
27
Hütet
euch, daß ihr nicht aus eurer eigenen Festigkeit fallt........
28
Auslöschen aus
dem Buch des Lebens (Offenbarung 3, 5).........
28
Kann der
Bruder umkommen - konnte Paulus verwerflich werden?..
29
Wenn der
Gerechte . . .....................
30
Zwei Fäden....................
31
Zurechtbringen.............
32
Die holländische Originalausgabe
erschien unter dem Titel
KUNNEN GELOVIGEN NOG VERLOREN GAAN?
im Verlag H. Medema, NL-8170 AC Vaassen
Die Bibelstellen werden nach der im R. Brockhaus Verlag,
Wuppertal, erschienenen „Elberfelder Übersetzung" in nicht revidierter Fassung
angerührt.
© 1986 der deutschsprachigen Ausgabe by
Christliche Schriftenverbreitung, D-5609 Hückeswagen
2. Auflage 1986
Die erste Auflage erschien 1979 mit dem Titel
WIEDERGEBOREN - IN EWIGKEIT ?
Aus dem Holländischen übersetzt von H. J. Druse
Umschlaggestaltung: H. Klaewer
Umschlagfoto: W. Mauerhofer
Satz: Dönges-Druck KG, Dillenburg
Druck und Verarbeitung: Ebner Ulm
Printed in Germany
Der Titel dieses Büchleins lautet nicht: Kann jemand, der
bekennt, ein Christ zu sein, oder der sich als gläubig ausgibt,
noch verloren gehen? Letzteres ist nicht nur möglich, vielmehr werden alle, die
nur Namenchristen waren, tatsächlich die Ewigkeit in der äußersten Finsternis
zubringen. Das Wort aus dem Mund des Herrn selbst ist hier entscheidend:
„Nicht jeder, der zu mir sagt: Herr, Herr! wird in das
Reich der Himmel eingehen, sondern wer den Willen meines Vaters tut, der in den
Himmeln ist. Viele werden an jenem Tage zu mir sagen: Herr, Herr! haben wir
nicht durch deinen Namen geweissagt und durch deinen Namen Dämonen ausgetrieben
und durch deinen Namen viele Wunderwerke getan? Und dann werde ich ihnen
bekennen: Ich habe euch niemals gekannt; weichet von mir, ihr Übeltäter!"
(Matthäus 7, 21-23).
Diese Menschen, von denen der Herr Jesus hier spricht, sind
weder Heiden noch Ungläubige und auch nicht Menschen, die mit dem christlichen
Glauben nichts zu tun haben wollen. Das kann gar nicht so sein, denn sie
bezeichnen ja Christus als ihren Herrn und sind sogar in christlicher Arbeit
sehr eifrig. Daß sie trotzdem verlorengehen können, geht aus dem zitierten
Schriftwort klar hervor. Wir wollen besonders beachten, daß Jesus nicht sagt:
„Ich habe euch zwar gekannt, kenne euch aber jetzt nicht mehr", sondern
sein vernichtendes Urteil über diese Namenchristen lautet: „Ich habe euch
niemals gekannt!" Diese Menschen haben also nie zu den Seinen gehört! Zur
Errettung ist mehr nötig, als nur „Herr, Herr" zu sagen. Dazu muß
man den Willen des Vaters tun. Aber gerade das steht hier
nicht an erster Stelle, sondern „weissagen", „Dämonen austreiben" und
„beschäftigt sein mit christlicher Arbeit". Die Pharisäer fragen: „Was sollen
wir tun, damit wir die Werke Gottes wirken?" und erhalten die Antwort: „Dies ist
das Werk Gottes, daß ihr an den glaubt, den er gesandt hat" (Johannes 6,
28-29). Das Thema lautet daher nicht:
Können Bekenner oder christliche Arbeiter
wieder abfallen, sondern vielmehr: Können Wiedergeborene noch verloren gehen?
Die erste Frage, die wir zu beantworten haben, lautet:
Wer ist ein Wiedergeborener, ein wahrer Gläubiger?
Zuerst wollen wir feststellen, daß jemand, der gläubige
Eltern hat, eine christliche Erziehung genossen und sich auch noch einer
christlichen Gemeinschaft angeschlossen hat, nicht unbedingt wiedergeboren ist.
Er kann es auch allein aufgrund dieser drei Tatsachen nicht werden. Selbst wenn
er die Auffassung, daß es keinen Gott, keinen Himmel, keine Hölle und kein
Jenseits gibt, als unhaltbar verworfen hat und anerkennt, daß es wirklich einen
Gott gibt, der uns einmal wegen unserer Taten zur Rechenschaft ziehen wird, ist
er nicht unbedingt wiedergeboren!
Ein solcher Mensch kann wohl sagen: „Ich bin gläubig, denn
ich glaube an die Existenz eines allmächtigen Gottes." Aber dieser
Glaube macht ihn noch nicht zu einem Gläubigen im biblischen Sinn. Die Dämonen
glauben nämlich auch an die Existenz Gottes und, so fügt der Apostel Jakobus
hinzu, sie zittern.
Unter einem Gläubigen, einem wiedergeborenen Christen,
versteht die Heilige Schrift jemanden, der in aufrichtiger Reue sich vor Gott
als Sünder erkannt hat und im Glauben angenommen hat, daß Jesus Christus für ihn
und
seine Sünden am Kreuz gestorben ist. Es geht bei unserer
Abhandlung um die Frage, ob ein in diesem Sinne Wiedergeborener noch verloren
gehen kann.
Wer glaubt, hat
ewiges Leben. Aber was bedeutet das?
Ich möchte es ganz deutlich machen, daß die Frage nicht
einfach beantwortet werden kann, indem man einen Bibeltext wie Johannes 3,36 zu
Hilfe nimmt: „Wer an den Sohn glaubt, hat ewiges Leben." Es geht ja hier nicht
um die Frage, ob jemand, der glaubt, ewiges Leben hat, sondern ob der Glaubende
von diesem Glauben abfallen und damit das ewige Leben wieder verlieren kann. Wir
haben deshalb nachzuweisen, daß jemand, der in biblischem Sinne glaubt,
errettet ist und errettet bleibt, was immer auch geschehen mag.
Dabei müssen wir unser Gefühl und ganz besonders unsere Vernunft den Aussagen
des Wortes Gottes unterordnen.
Nichts kann uns scheiden . . .
Als erste Schriftstelle möchte ich Römer 8, 38 + 39
anführen:
„Denn ich bin überzeugt, daß weder Tod noch Leben, weder
Engel noch Fürstentümer, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, noch Gewalten,
weder Höhe noch Tiefe, noch irgend ein anderes Geschöpf uns zu scheiden vermögen
wird von der Liebe Gottes, die in Christo Jesu ist, unserem Herrn."
In diesen Versen gibt Paulus eine Antwort auf die Frage,
die in Vers 35 steht: „Wer wird uns scheiden von der Liebe Christi?" Mit „uns"
sind, wie Vers 33 zeigt, Gottes Auserwählte gemeint. Die zitierten Verse
zeigen, daß nichts und niemand die Menschen, die Gott auserwählt und denen er
seine Liebe in Christus erwiesen hat, von der
Liebe Gottes scheiden kann. Die Antwort ist deutlich und
allumfassend. Da kann es auch nicht den geringsten Zweifel geben.
Ist nicht in dem Ausdruck „weder Tod noch Leben" alles das
Inbegriffen, was einen Einfluß ausüben kann? Weder Tod noch Leben kann uns von
der Liebe Gottes scheiden. Auch in der Welt der Geister gibt es keine Macht:
„weder Engel noch Fürstentümer". Nach Epheser 6, 12 können
wir annehmen, daß mit „Fürstentümer" die mit Satan abgefallenen Engel und mit
„Engeln" die nicht abgefallenen Geister gemeint sind. Jemand sagte es einmal
so: „Es gibt also nichts, was gute Engel tun wollten und was böse Engel tun
könnten, das uns von der Liebe Gottes scheiden kann." Aber Paulus sagt noch
weiter: „weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges". Kann man sich irgendein
Ereignis oder eine Erfahrung vorstellen, die nicht unter den Begriff
„Gegenwärtiges und Zukünftiges" fällt? Auch diese können uns also nicht von der
Liebe Gottes scheiden. Dann fährt der Apostel fort: „Noch Gewalten" - welche
auch immer - „weder Höhe" - also nichts im Himmel - „noch Tiefe" - auch nichts
im Totenreich - „noch irgend ein anderes Geschöpf kann uns von der Liebe Gottes
scheiden." Diese Verse zeigen, daß der Gläubige in den Händen Gottes auf ewig
geborgen ist.
Gegen diese Feststellung könnte man einwenden: „Es ist
wahr, das alles kann uns nicht von der Liebe Gottes scheiden, solange
wir glauben, aber Unglaube in uns bewirkt doch Scheidung von der Liebe Gottes!"
Gehört der Unglaube nicht zu dem Bereich „weder Tod noch
Leben"? Wenn es nicht zum „Tod" gehört, dann doch sicher zum „Leben"! Offenbart
sich der Unglaube nicht in diesem Leben? Gehört der Unglaube nicht auch zum
„Gegenwärtigen oder Zukünftigen"? Er tritt doch in
der Gegenwart auf! Dieser Einwand ist damit entkräftet.
Aber dazu ist noch mehr zu sagen. Wenn wir die Verse 38 und 39 richtig verstehen
wollen, müssen wir sie im Zusammenhang sehen. Der Apostel hat gezeigt, daß:
„denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Guten mitwirken,
denen, die nach Vorsatz berufen sind" (Vers 28). Danach haben nicht wir
den ersten Schritt auf Gott zu getan. Nicht wir haben ihn zuerst geliebt. Gott
hat sich nach uns umgesehen und uns nach seinem ewigen Vorsatz berufen. Das
Heil geht also von Gott aus. In den folgenden Versen wird dieser Gedanke weiter
ausgeführt:
„Denn welche er zuvorerkannt hat, die hat er auch
zuvorbestimmt, dem Bilde seines Sohnes gleichförmig zu sein, damit er der
Erstgeborene sei unter vielen Brüdern. Welche er aber zuvorbestimmt hat, diese
hat er auch berufen; und welche er berufen hat, diese hat er auch
gerechtfertigt; welche er aber gerechtfertigt hat, diese hat er auch
verherrlicht" (Vers 29 + 30). Aus uns selbst heraus lieben wir Gott nicht, ja,
suchen ihn noch nicht einmal. Es ist Gott, der bereits seit langem Gedanken des
Friedens mit uns hatte. Es ist Gott, der uns durch das Evangelium gerufen und
gerechtfertigt hat. Es ist Gott, der uns verherrlichen wird und dies im Prinzip
bereits getan hat. Diese Tatsache hat Paulus vor Augen, als er ausruft: „Was
sollen wir nun hierzu sagen?" Und darauf führt er vier wichtige Fragen an:
1. Wenn Gott für uns ist, wer wider uns? Antwort:
Gott, der seinen eigenen Sohn nicht geschont hat, sondern ihn für uns alle
hingegeben hat, wird uns mit ihm auch alles schenken.
2. Wer wird wider Gottes Auserwählte Anklage
erheben? Antwort: Gott ist es, der rechtfertigt.
3. Wer ist, der verdamme?
Antwort: Christus, der gestorben und auferweckt ist,
verwendet sich für uns!
4. Wer wird uns von der Liebe Christi scheiden?
Antwort: Nichts, weder Verfolgung noch Hungersnot usw...
Denn in diesem allen sind wir mehr als Überwinder durch den, der uns
geliebt hat.
Kurzum: Niemand kann gegen den Gläubigen sein, niemand kann
ihn beschuldigen, niemand kann ihn verurteilen und nichts kann ihn von der
Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, scheiden.
Dieser Abschnitt spricht von der völligen Geborgenheit und
Sicherheit der Kinder Gottes. Dabei ist es wichtig, daß wir besonders beachten:
hier wird nicht von uns als Gläubigen gesprochen, sondern als
Auserwählten.
Die Lehre von der Auserwählung ist für das Kind Gottes die
feste Grundlage für die Unumstößlichkeit seiner ewigen Errettung! Wie diese
Lehre damit übereinstimmt, daß der Sünder verantwortlich ist, sich zu bekehren,
ist eine andere Sache. Dieses Problem brauchen wir hier nicht zu lösen.
Derselbe Apostel Paulus, der bei der Verkündigung des
Evangeliums die Sünder vor die Verantwortung stellt, sich zu bekehren,
unterrichtet die Gläubigen in der Lehre des Heils, daß die Errettung
Gottes Sache ist, weil er sie auserwählt hat. Genau das sollten wir auch
tun!
Niemand kann sie aus meiner
Hand rauben
Einen zweiten Hinweis auf die Unumstößlichkeit der
Errettung finden wir in Johannes 10, 27-30:
„Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie, und
sie folgen mir; und ich gebe ihnen ewiges Leben, und sie gehen nicht verloren
ewiglich, und niemand wird sie aus meiner Hand rauben. Mein Vater, der sie mir
gegeben hat, ist größer als alles, und niemand kann sie aus der Hand meines
Vaters rauben. Ich und der Vater sind eins."
Den Menschen, die zwar „Herr, Herr" rufen, aber Christus
nicht wirklich angehören, wird am Tag des Gerichts
gesagt: „Ich habe euch nie gekannt." Von seinen
Schafen sagt der Herr Jesus jedoch: Ich kenne sie. Kann er dann später zu
einem solchen Schaf sagen, er habe es nie gekannt? Dieses Argument ist
auch dann noch stichhaltig, wenn man den Rest dieser Schriftstelle so auslegt,
wie die Anhänger der Lehre vom Abfallen es tun. Christus sagt:
„sie gehen nicht verloren"; sie erwidern: „das gilt
natürlich nur so lange, wie sie Schafe bleiben." Christus sagt:
„Niemand kann sie aus der Hand meines Vaters rauben."
Dagegen wenden sie ein: „Aber sie können sich doch durch Unglauben dieser Hand
entziehen."
Das hat nichts mehr mit Schriftauslegung zu tun. Hier wird
eine menschliche Schlußfolgerung dem klaren Wort Gottes gegenübergestellt. Aber
unterstellen wir einmal einen Augenblick, daß diese zurechtgebogene
Schlußfolgerung zulässig sei. Kann der Herr dann zu den Schafen seiner Herde,
die er einmal kannte, sagen: „Ich habe euch niemals gekannt?" Unmöglich!
Durch ein Opfer für immer
vollkommen gemacht
Auf welcher Grundlage ruht die ewige Errettung des
Gläubigen? Unsere dritte Schriftstelle gibt dies an:
„Denn mit einem Opfer hat er auf immerdar
vollkommen gemacht, die geheiligt werden" (Hebräer 10, 14). Der Schreiber des
Hebräerbriefes stellt das einmalige Opfer Jesu Christi den sich immer
wiederholenden Opfern im Zeitalter des Gesetzes gegenüber. Ein Israelit konnte
nicht behaupten, daß durch ein einziges Opfer die Sache zwischen ihm und Gott
für immer geordnet und das Problem der Sünde aus dem Weg geräumt worden sei
(Hebräer 10, 2). Die Priester in Israel kamen daher auch nicht zur Ruhe. Sie
saßen nicht, sondern standen immer zum Dienst bereit (Vers 11). Für
den Gläubigen des Zeitalters der Gnade gilt jedoch:
„Durch welchen Willen (Gottes Willen nämlich) wir geheiligt
sind durch das ein für allemal geschehene Opfer des Leibes Jesu Christi"
(Hebräer 10, 10).
Von Jesus Christus wird bezeugt, daß er sich zur Rechten
Gottes gesetzt hat. Aufgrund dieses einmaligen und vollkommenen Opfers sind die
Gläubigen, die geheiligt werden, für immer vollkommen gemacht. Wie lange sind
sie vollkommen gemacht? Solange sie glauben? Nein, für immer vollkommen
gemacht! Wenn jemand lehrt, daß die Heiligen*) wieder abfallen können - mit
der Konsequenz, daß sie sich jedesmal wieder neu von einem Sünder zu einem Kind
Gottes bekehren müssen - degradiert er damit den Wert des Opfers Jesu Christi
zu dem Wert der Opfer von Stieren und Böcken. Das beabsichtigt man natürlich
nicht, aber das ist die Konsequenz aus dieser Lehre.
Und unsere zukünftigen Sünden?
Wir wollen hierauf noch etwas weiter eingehen. Welche
Vorstellung haben die Anhänger der Lehre vom Abfallen eigentlich von der Rettung
eines Sünders?
Lassen wir einmal einen Mann zu Wort kommen, der eine
Zeitlang diese Lehre vertrat. Es ist der amerikanische Evangelist Ironside. Er
sagt:
„Als ich mich bekehrt hatte, dachte ich, alle meine
Sünden, die ich von dem Zeitpunkt an, wo Gott mich für verantwortlich hielt,
bis zu dem Augenblick, in dem ich mein Vertrauen auf den Herrn Jesus setzte,
begangen hatte, seien weggetan. Gott ließ mich neu anfangen, und wenn ich nun
das Blatt meines Lebens bis an mein Lebensende rein hielte, dann würde ich in
den Himmel kommen. Wenn ich es aber nicht rein hielte, würde ich aufhören, ein
Christ zu sein und müßte mich dann wieder von neuem bekehren. Jedesmal, wenn ich
mich neu bekehrte, ruhte die Vergangenheit unter dem Blut Jesu, aber für die
•) Zu dem Begriff „Heilige" vgl. die Erläuterungen auf
Seite 52.
Zukunft sei es meine Sache, mein Lebensblatt rein zu
halten."
Er fügt noch hinzu:
„Was ist das doch für eine Gott entehrende Auffassung von
der Versöhnung! Wenn nur die Sünden vor meiner Bekehrung durch das Blut Christi
gesühnt wurden, wie konnten dann die Sünden gesühnt werden, die ich nach
der Bekehrung tat und vor Gott bekannte? Der einzige Grund für Gott, die Sünden
zu vergeben, ist das Blut Christi. Sein Blut wurde ein für allemal am Kreuz
vergossen, und dadurch wurde meine Sache mit Gott ein für allemal geordnet."
Christus starb nicht nur für die Sünden, die wir vor
unserer Bekehrung begangen haben, sondern auch für die Sünden, die wir noch
begehen werden. Als Christus unsere Sünden an seinem Leibe auf dem Holz trug,
handelte es sich da nicht eigentlich nur um zukünftige Sünden?
Ist das nicht ein gefährlicher Standpunkt, der uns
geradezu einen Freibrief zum Sündigen in die Hand gibt? Keineswegs! Jeder, der
das Kreuz verwirft, wird einmal für alle seine Sünden vor Gott Rechenschaft
abzulegen haben. Er wird gerichtet nach seinen Werken. Gott wird dann sein
Richter sein, der das Urteil durch seinen Sohn Jesus Christus ausführt. Wer
jedoch Jesus Christus als seinen Heiland angenommen hat, dessen
Verantwortlichkeit als Sünder Gott gegenüber hat ein Ende gefunden.
Seine Sünden stehen nicht mehr zwischen ihm und Gott. Er ist ein Kind Gottes
geworden.
Aber nun beginnt die Verantwortlichkeit des Kindes
seinem himmlischen Vater gegenüber. Wenn ein Kind Gottes sündigt, wird Gott
sich wegen dieser Sünde mit ihm beschäftigen. Nicht als Gott, der Richter,
sondern als Gott,
der Vater. Dann gilt die alte Spruchweisheit: „Kindern
Gottes kommt das Sündigen teuer zu stehen." Ich kann hierauf nicht ausführlich
eingehen, sondern möchte nur aufzeigen, welche Folgen ein sündiger Wandel für
ein Kind Gottes hat:
1. Es verliert die Freude des Glaubens und wird vielleicht
sogar seiner ewigen Errettung nicht mehr gewiß sein, wenn es auch errettet
bleibt.
2. Es verliert die Gemeinschaft mit den Geschwistern und
fällt unter die Zucht der Versammlung (Gemeinde).
3. Es kommt unter die Erziehung des Vaters, der sein Kind
durch Züchtigung von seinem verkehrten Weg zurückbringen will.
4. Für die ganze Zeit, in der es in der Sünde lebt,
verliert es den Lohn, den Gott ihm zuteilen wollte. Errettet zu sein ist eine
Sache, Lohn zu empfangen eine andere. Das zeigt 1. Korinther 3, 14 und 15
sehr deutlich.
Nur wer wirklich ein Kind Gottes ist, fühlt den Ernst
dieser Dinge und begreift, daß Sündigen es teuer zu stehen kommt. Jedenfalls
wird die Liebe Gottes, die in sein Herz gegossen ist, ihn nicht mit einem
unbeschwerten Gewissen den Weg der Sünde weitergehen lassen. Der Einwand:
„Einmal gerettet, für immer gerettet, dann kann man ja drauflos leben", ist
nicht die Sprache des Glaubens, sondern die Sprache des Fleisches.
Der, welcher ein
gutes Werk in euch angefangen hat
Nach diesem Exkurs wollen wir wieder auf unsere
Beweisrührung zurückkommen. Als vierte Bibelstelle weise ich auf Philipper 1, 6
hin:
„Ich bin in guter Zuversicht, daß der, welcher ein gutes
Werk in euch angefangen hat, es vollführen wird bis auf den Tag Jesu Christi"
und 1. Korinther 1, 8:
„Jesus Christus, welcher euch auch befestigen wird bis
ans Ende, daß ihr untadelig seid an dem Tage unseres
Herrn Jesus Christus."
Wer der Meinung ist, der Gläubige könne wieder
verlorengehen, beruft sich häufig auf die Schriftstelle:
„Wer aber ausharrt bis ans Ende, dieser wird errettet
werden" (Matthäus 24, 13).
Dabei unterstellt man aber, daß es Gläubige gibt, die nicht
ausharren und deswegen verlorengehen. Diese Schlußfolgerung ist falsch, doch
darüber später mehr. In beiden Stellen wird nicht über unser Durchhalten
oder Ausharren, sondern über Gottes Durchhalten und das des Herrn Jesu
gesprochen. Das Werk der Bekehrung und der Glaube in unserem Herzen wird hier
nicht als unser Werk, sondern als das Werk Gottes angesehen, und damit berühren
wir den Kernpunkt der ganzen Frage.
Bei der Verkündigung des Evangeliums stellt Gott den
Menschen vor die Verantwortung, die Botschaft des Heils anzunehmen. Da heißt es:
„Wer da will, nehme das Wasser des Lebens umsonst" (Offenbarung 22, 17). Ein
Evangelist sollte die Errettung des Menschen immer so vorstellen, daß deutlich
wird, daß die Verantwortung allein beim Sünder liegt. Viele Menschen, denen die
Verkündigung des Evangeliums sehr am Herzen liegt, vergessen jedoch oft, daß es
auch die Kehrseite dieser Medaille gibt: die Errettung eines Sünders ist das
Werk Gottes.
Wir können mit unserem beschränkten menschlichen Verstand
diese beiden Dinge nicht miteinander in Übereinstimmung bringen. Beide haben
wir im Glauben anzunehmen. Leider ist man dazu nicht immer bereit. So kann es
zu zwei gegensätzlichen, aber sehr einseitigen Auffassungen kommen. Die mehr
evangelistisch Ausgerichteten legen die Betonung allein auf die Verantwortung
des Sünders, sich zu bekehren, und machen damit die Errettung zu einer Sache
des Menschen. Dabei lassen sie natürlich stehen, daß Christus dafür am Kreuz
sterben mußte. Andere schalten die menschliche Verantwortung aus und sagen: „Es
kann dir nur geschenkt werden, Gott muß es tun."
Die Heilige Schrift sagt jedoch unmißverständlich zu jedem,
der das Angebot der Errettung ablehnt: „Du hast nicht gewollt."
Für den Gläubigen gilt dagegen: „Gott ist es, der in
euch wirkt, sowohl das Wollen als auch das Wirken" (Philipper 2,13). Gott hat
also durch seinen Geist in dem Herzen jedes seiner Kinder bewirkt, daß sie sich
zu ihm bekehrten. Gottes Wort und Geist haben die Wiedergeburt zustande
gebracht. Das gute Werk, das Gott begonnen hat, wird er vollenden, und Jesus
Christus wird uns bis ans Ende befestigen. Die Frage ist nicht, ob wir
durchhalten, sondern ob Gott durchhält, und weil er durchhält,
können wir durchhalten bis ans Ende.
Ein fünfter Beweis für die Lehre der ewigen Errettung des
Gläubigen liegt in dem Ausspruch:
„Daher, wenn jemand in Christus ist, da ist eine neue
Schöpfung; das Alte ist vergangen, siehe, alles ist neu geworden" (2. Korinther
5, 17).
Adam ist der Stammvater aller Menschen. Weil er sich im
Garten Eden von Gott unabhängig machte, wurde er ein Sünder mit einer sündigen
Natur. Darum wurden alle seine Nachkommen als Sünder geboren. Auf allen liegt
das Urteil des Todes. Der 14. Vers von 2. Korinther 5 sagt uns, daß alle
gestorben sind, wenn einer für alle gestorben ist. Daß Jesus Christus für alle
Menschen gestorben ist, beweist, daß sie alle von Natur aus im Tode liegen und
das Todesurteil über alle ausgesprochen ist. Wäre unter den Nachkommen Adams
ein Mensch ohne Sünde gewesen, dann hätte Christus nicht für alle zu sterben
brauchen, sondern für alle, außer diesem einen. Als Adam im Garten
Eden sündigte, war das ganze menschliche Geschlecht, dessen
Haupt er ist, dort in ihm repräsentiert. Am einfachsten läßt sich das mit den
Worten des Hebräerbriefes andeuten, die sich auf Levi beziehen. „Und sozusagen
ist durch Abraham auch Levi, der die Zehnten empfängt, gezehntet worden, denn er
war noch in der Lende des Vaters, als Melchisedek ihm entgegenging" (Hebr. 7,
9+10).
Levi hat so in Abraham den Zehnten an Melchisedek
abgeführt. Er war in Abraham gegenwärtig. So waren auch wir alle in Adam im
Garten Eden gegenwärtig, als Adam übertreten hatte und das Urteil empfing: „Wenn
du davon ißt, mußt du gewißlich sterben."
Mit ihm verfiel die gesamte alte Schöpfung dem Tod. Nie hat
ein Mensch seinen Lebensweg auf dieser Erde angetreten, der nicht von Adam
abstammte, außer dem Herrn Jesus Christus. Er wurde auf übernatürliche Weise
gezeugt. „Er hat keine Sünde getan", bezeugt Petrus. „Er kannte die Sünde (als
verführende Macht in sich) nicht", schreibt Paulus. „In ihm war keine Sünde",
erklärt Johannes. Deswegen hatte der Tod keine Macht über ihn. Darum also
konnte Gott seinen Sohn in diese Welt senden. Jesus Christus kam zu uns und nahm
unsere Sünden auf sich und wurde zur Sünde gemacht und ging
freiwillig in den Tod. Er machte sich mit unserem verlorenen Zustand vollkommen
eins. Er stieg in die Tiefe hinab, in der wir uns geistlich vor Gott befanden.
Aber er ist auch wieder auferstanden. Er blieb nicht im Machtbereich des Todes,
sondern verließ ihn in Macht und Majestät. Das tat er aber nicht für sich
allein. Die Schrift bezeugt: „Er hat uns mit dem Christus lebendig gemacht...
und hat uns mitauferweckt und mitsitzen lassen in den himmlischen Örtern in
Christo Jesu" (Epheser 2, 5 + 6). Das heißt: Gott hat uns nicht dahin
zurückversetzt, wo sich Adam vor dem Sündenfall befand, sondern hat für uns
etwas völlig Neues geschaffen. Wir gehören jetzt in Christus zu einer neuen
Schöpfung.
Und weil wir zu der neuen Schöpfung gehören, können
wir niemals verlorengehen.
Auch hier könnte man entgegnen: „Ja, aber gilt das nicht
nur, solange man im Glauben steht?" Nun, haben wir uns etwa im Blick auf unsere
Abstammung von Adam selbst erschaffen? Gewiß nicht. So ist auch die neue
Schöpfung nicht unser Werk, sondern das Werk Gottes. In diesen
Abschnitten (2. Korinther 5, 15-18 und Epheser 2) wird nicht über das
gesprochen, was wir tun mußten oder getan haben, sondern über das, was Gott
getan hat. In Epheser 2, 8-10 heißt es:
„Denn durch die Gnade seid ihr errettet, mittels des
Glaubens; und das nicht aus euch, Gottes Gabe ist es;
nicht aus Werken, auf daß niemand sich rühme. Denn wir sind
sein Werk, geschaffen in Christo Jesu zu guten Werken, welche Gott zuvor
bereitet hat, auf daß wir in ihnen wandeln sollen."
Diese Stelle macht sehr deutlich, daß alles Gottes Werk
ist. Und warum ist das so? Weil Gott jeden Anlaß wegnehmen will, der den
geretteten Sünder dazu verführen könnte, sich zu rühmen und sich selbst zu
erheben. Wären wir aufgrund von Werken gerettet, dann hätten wir etwas zu
rühmen. Nein, sagt die Schrift: Ihr könnt nur gerettet werden aufgrund des
Glaubens an das vollbrachte Werk Jesu Christi.
Wäre dieser Glaube eine Leistung unsererseits, dann hätten
wir auch Grund, uns zu rühmen. Nein, sagt Gott:
der Glaube ist meine Gabe. Wäre wenigstens das Ausharren
im Glauben von mir abhängig, dann könnte ich mich doch dessen noch rühmen. Aber
auch dieser Anlaß zum Rühmen wird uns genommen. Es ist Gottes Werk von Anfang
bis Ende. Er vollendet, was er begonnen hat. Wir sind eine neue Schöpfung
aufgrund dessen, was er getan hat. Niemals werden wir das Schöpfungswerk
Gottes in uns
zerstören können. Und der Gläubige gehört zu dieser neuen
Schöpfung. Wir waren verloren, weil das Haupt der ersten Schöpfung versagt hatte
und gefallen war. Wir sind gerettet, weil das Haupt der neuen Schöpfung nie
wanken oder versagen wird.
Von Ironside, den ich bereits zitierte, habe ich folgende
Illustration übernommen:
„Vielleicht haben Sie von dem Iren gehört, der zum
lebendigen Glauben an Jesus gekommen war. Er hatte große Furcht davor, daß er
eines Tages eine schwere Sünde begehen und deswegen wieder verlorengehen könnte.
Eines Tages ging er in eine Versammlung, in der das folgende Wort verlesen
wurde: ,Denn ihr seid gestorben, und euer Leben ist verborgen mit dem Christus
in Gott' (Kolosser 3, 3). ,Gepriesen sei Gott', rief der Mann, ,hat man je
gehört, daß ein Mensch ertrunken ist, solange sein Kopf noch über Wasser war?'
Nach Kolosser 1, 18 ist Christus das Haupt des Leibes."
Zu Anfang hatte ich gesagt, daß die Frage: „Kann der
Gläubige wieder verlorengehen?" nicht mit dem Hinweis auf Johannes 3, 36 zu
beantworten ist. „Wer an den Sohn glaubt, hat ewiges Leben." Ich könnte auch
Johannes 3,16 anrühren: „Denn also hat Gott die Welt geliebt, daß er seinen
eingeborenen Sohn gab, auf daß jeder, der an ihn glaubt, nicht verlorengehe,
sondern ewiges Leben habe", und Johannes 5, 24: „Wahrlich, wahrlich, ich sage
euch, wer mein Wort hört und glaubt dem, der mich gesandt hat, hat ewiges Leben
und kommt nicht ins Gericht, sondern er ist aus dem Tode in das Leben
übergegangen." Damit wollte ich natürlich nicht behaupten, daß diese Stellen in
sich nicht beweiskräftig seien. Es reicht aber nicht aus, sich nur auf diese
Stellen zu beziehen. Wir müssen dann
erst nachforschen, was „ewiges Leben" bedeutet. Darüber
gibt es leider viele Auffassungen, die nicht mit der biblischen Aussage
übereinstimmen. Es gibt Menschen, die bei dem Ausdruck „ewiges Leben" nur an
eine ewige Existenz denken. Für andere bedeutet „ewiges Leben", daß ein
Gläubiger (wenn er im Glauben verharrt) einmal in der Ewigkeit in Vollkommenheit
mit dem Herrn Jesus leben wird. Schließlich betrachten einige das „ewige Leben"
als Geschenk, das man bereits hier empfangt und das man bis zum Tag des Todes
bewahren muß, um seine ganze Herrlichkeit zu erfahren.
Alle drei Auffassungen wollen wir noch etwas genauer unter
die Lupe nehmen.
1. Angenommen, es gäbe einen Menschen, der auf dieser Erde
immer weiterleben könnte. Wenn das möglich wäre, besäße dieser Mensch doch nicht
das ewige Leben. Er würde nur das natürliche Leben besitzen, das er durch die
Geburt aus Adam empfangen hat. In dem angenommenen Fall hätte also das
natürliche Leben oder das Schöpfungsleben dieses Menschen lediglich kein Ende.
Ewiges Leben ist jedoch nicht nur ein Leben, das kein Ende hat, sondern
zugleich ein Leben, das keinen Anfang hat. Es ist nämlich göttliches
Leben.
„Dieser ist der wahrhaftige Gott und das ewige Leben" (1.
Johannes 5, 20b).
Das ist aber noch nicht alles. Seit dem Sündenfall ist das
natürliche Leben vom Tod gezeichnet. In dem oben angenommenen Fall wäre
eine solche Person in alle Ewigkeit vor Gott ebenso tot, als wäre sie nur 80
Jahre alt geworden.
Aber diese Annahme entspricht ja auch nicht der
Wirklichkeit. Der Tod hat nicht nur etwas mit unserem geistlichen Zustand vor
Gott zu tun, sondern auch mit unserem
Körper. Kein Mensch kann auf dieser Erde als Sünder ewig
existieren. Unser natürliches Leben, das an unseren Körper gebunden ist, wird
mit dem Tod beendet. Wir sind also dem leiblichen Tod unterworfen. Der
unbekehrte Mensch muß nach der Auferstehung vor dem großen weißen Thron
erscheinen und wird dann, nach seiner Verurteilung, in den Feuersee geworfen
werden. Das ist der zweite, der ewige Tod. Seine Seele und sein Leib
werden zwar ewig fortbestehen (Matthäus 10, 28), und doch ist er für ewig
tot. „Ewiges Leben" ist also nicht dasselbe wie ewige Existenz, es ist viel mehr
als das.
2. Ewiges Leben ist auch mehr als ein zukünftiges Leben in
Vollkommenheit bei dem Herrn Jesus. Natürlich hat es auch diesen Aspekt. Die
Schrift spricht in diesem Zusammenhang von der „Hoffnung des ewigen Lebens"
(Titus 1, 1). Das bezieht sich auf die volle Verwirklichung dessen, was das
Kreuz für den Gläubigen beinhaltet. Meine Seele ist bereits durch den
Glauben errettet, aber mein Leib muß noch errettet werden. Im Blick auf
meinen Leib bin ich „in Hoffnung errettet", denn ich warte noch auf „die
Erlösung meines Leibes" (Römer 8,22-25). Wenn Jesus Christus wiederkommt, wird
mein „Leib der Niedrigkeit umgestaltet werden zur Gleichförmigkeit mit seinem
Leibe der Herrlichkeit" (Philipper 3, 21).
Dann werde ich das ewige Leben in seiner ganzen Fülle
empfangen, denn auch mein Leib wird daran teilhaben. Wer das noch eingehender
untersuchen will, möge die folgenden Schriftstellen nachlesen, die das ewige
Leben als zukünftigen Besitz vorstellen: Römer 2, 7; Galater 6, 8;
1.
Timotheus 1, 16; 1. Timotheus 6, 12 und 19; Titus 1, 2; Titus 3, 7.
Der Apostel Paulus stellt diesen Aspekt in den
Vordergrund. Doch es bedeutet noch mehr. Johannes entfaltet dies in seinem
Evangelium und in seinen Briefen. Der Geist bezeugt durch ihn, daß der Gläubige
das ewige Leben bereits jetzt besitzt. Ich führte bereits drei
Schriftstellen aus seinem Evangelium an, die das deutlich machen. Dazu möchte
ich noch eine Stelle aus seinem ersten Brief erwähnen: „Dies habe ich euch
geschrieben, auf daß ihr wisset, daß ihr ewiges Leben habt, die ihr
glaubet an den Namen des Sohnes Gottes" (1. Johannes 5, 13).
„Ewiges Leben" ist somit auch ein gegenwärtiger Besitz.
3. Man kann das ewige Leben aber nicht mit einem wertvollen
Geschenk vergleichen, das wir mit uns herumtragen und auf das wir sorgfältig
aufpassen müssen, damit wir es nicht verlieren. Das ewige Leben ist nicht etwas,
was unserem Sein hinzugefügt worden ist, sondern es ist eine totale Umkehrung
unseres Seins. Was sagt die Heilige Schrift von dem Gläubigen? Sie sagt nicht,
daß er das ewige Leben als ein wertvolles Geschenk mit sich herumträgt, sondern
daß er „aus dem Tode in das Leben übergegangen" ist.
Bei dem unbekehrten Menschen macht das natürliche Leben
seine ganze Existenz aus. Genauso macht bei dem Gläubigen das ewige Leben sein
ganzes Wesen aus, eine völlig neue Existenz.
Unser natürliches Leben tragen wir nicht mit uns herum wie
ein Paket, das wir verlieren könnten. Es macht unser ganzes Sein auf dieser
Erde aus, das durch den leiblichen Tod abgeschlossen wird. So tragen wir auch
das ewige Leben nicht als ein Paket mit uns herum.
Die Frage ist also nicht, ob wir das ewige Leben wie ein
Geschenk verlieren können, sondern ob es als Folge von Sünde ein Ende haben
kann, ob das ewige Leben in uns sterben kann. Das aber wäre ein Widerspruch in
sich, denn dann wäre ja ewiges Leben kein ewiges Leben mehr. Es wäre
genauso wie das natürliche Leben sterblich und dem Tod unterworfen.
Der Herr Jesus sagt: „Dies ist das ewige Leben, daß sie
dich, den allein wahren Gott, und den du gesandt hast, Jesum Christum,
erkennen" (Johannes 17,3). Ewiges Leben
besitzen heißt, Gott und Jesus Christus zu kennen und mit
ihm in lebendiger Verbindung zu stehen. Es bedeutet sogar, das Leben zu
besitzen, das Christus hat. Ewiges Leben ist Leben aus Gott. Wer ewiges Leben
besitzt, hat - so schreibt der Apostel Petrus - Teil an der göttlichen Natur.
Kann dieses Leben beendet werden? Kann dieses Leben in uns sterben? Dieses
Leben, das den Tod überwunden hat, wie die Auferstehung Christi beweist?
Unmöglich. Darum sind alle Schriftstellen, die davon sprechen, daß ein Gläubiger
ewiges Leben hat, doch sichere Beweise dafür, daß es ein Abfallen von Heiligen
nicht gibt.
Zum Schluß möchte ich noch einen abgeleiteten Beweis für
die Lehre von der ewigen Errettung geben.
Wenn die Möglichkeit bestünde, daß ein Gläubiger abfällt
und verlorengeht, dann könnte niemand mit Sicherheit sagen, daß er in den
Himmel kommen wird. Niemand könnte wissen, ob er wirklich errettet ist.
Die Bibel zeigt jedoch drei wichtige Dinge auf, die wir mit Bestimmtheit wissen
können. Wir können im Blick auf das Sterben und die Auferstehung des Herrn Jesus
mit Hiob sagen: „Ich weiß, daß mein Erlöser lebt" (Hiob 19, 25). Im Blick
auf unser Erdenleben, in dem uns so viele Dinge begegnen, können wir sagen: „Wir
wissen aber, daß denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Guten mitwirken,
denen, die nach Vorsatz berufen sind" (Römer 8, 28). Im Blick auf die Zukunft
können wir mit Paulus sagen: „Denn wir wissen, daß, wenn unser irdisches
Haus, die Hütte, zerstört wird, wir einen Bau von Gott haben, ein Haus, nicht
mit Händen gemacht, ein ewiges, in den Himmeln" (2. Korinther 5, 1).
Diese Sprache des Glaubens kann eigentlich keiner führen,
der die Lehre von einem möglichen Abfallen von wahren Gläubigen vertritt. Und
schon dadurch ist diese Lehre verurteilt.
Aber wie verhält
es sich nun mit den anderen Stellen?
„Gut", könnte jemand sagen, „Sie haben nun alle Stellen
angeführt, die die Sicherheit des Errettet seins der Gläubigen bezeugen. Aber
es gibt doch ebenso viele, wenn nicht noch mehr Abschnitte, die vom Abfallen,
vom Verwerflichwerden, vom Schiffbruchleiden am Glauben usw. reden."
Das stimmt natürlich, und deshalb werde ich diese
sogenannten schwierigen Stellen auch eine nach der anderen unter die Lupe
nehmen. Doch zunächst kommt es auf die Frage an, ob die oben behandelten
Bibelstellen zeigen, daß ein Kind Gottes nicht verlorengehen kann. Und das
beweisen sie mit aller Deutlichkeit! Bei den folgenden Schriftstellen haben wir
zu prüfen, ob sie sich wirklich auf Gläubige oder nur auf solche Menschen
beziehen, die sich zwar Christen nennen, aber nicht wiedergeboren sind. Ich
wiederhole: Die Schrift kennt kein Verlorengehen von Gläubigen, wohl aber ein
Abfallen von Bekennern.
Bei einer solchen Untersuchung dürfen wir niemals Stellen,
die wir nicht ganz verstehen, verwenden, um dadurch eine andere Stelle, die
nicht zwei verschiedene Auslegungen zuläßt, beiseitezuschieben. Ich empfehle
deshalb aufs dringlichste, die Bibel zur Hand zu nehmen und das bisher Gesagte
noch einmal ernsthaft durchzugehen.
Hat der Mensch denn
Der bereits zitierte Ironside nennt eine Reihe von
Einwänden, die gegen die Lehre von der ewig gültigen Errettung vorgebracht
werden. Ich kann darum nichts Besseres tun, als seine Ausführungen als Leitfaden
zu verwenden, wenn ich das Thema auch etwas anders angehe und ergänze.
Der erste dieser Einwände ist allgemeiner Art, trifft aber
im Grunde den Kern des Problems. Man behauptet,
der Mensch habe einen freien Willen und sei nur so lange
errettet, wie er sich der Sache Gottes weihe.
Vor dem Sündenfall hatte der Mensch tatsächlich einen
freien Willen, d. h., er hatte die Möglichkeit - nicht das Recht -, sich gegen
Gott zu entscheiden. Aber nach dem Sündenfall ist jeder nicht wiedergeborene
Mensch ein Sklave des Teufels. Deshalb muß der Sünder sich auch aus der Macht
Satans zu Gott bekehren (Apostelgeschichte 26, 18). Erst der Wiedergeborene
wird ein Diener Jesu Christi und findet Gefallen daran, Gottes Willen zu tun.
Niemand ist etwa durch ein Leben der Hingabe errettet,
sondern nur deshalb, weil er von neuem geboren ist und durch Gottes Macht
bewahrt wird. Es ist auch nicht so, daß ein Mensch selbst wählt, am Platz der
Errettung zu bleiben, sondern Gott hat ihn auserwählt (Epheser 1, 4). Wer das
Abfallen von Heiligen lehrt, kommt mit der Lehre der Auserwählung in
beständigen Konflikt. Ein Mensch wird eben nicht durch seinen vermeintlich
„freien" Willen an den Platz der Errettung gebracht. Der Wille des Menschen ist
so durch und durch sündig und böse, daß niemand errettet werden könnte, wenn
Gott in seiner Gnade nicht Menschen vorherbestimmt, berufen und auserwählt
hätte.*)
Angenommen, es wäre möglich, daß ein Gläubiger sich aus
freiem Willen entscheiden könnte, Jesus Christus abzuschwören, um so die
Auserwählung unwirksam zu machen - müßte er dann nicht wieder verlorengehen?
Die Bibel sagt aber, daß die Schafe des guten Hirten
ewiglich nicht verlorengehen werden. Diese Annahme ist somit unwirklich. Aber
denken wir daran: Schafe des guten Hirten sind nur Menschen, die seine Stimme
hören und ihm folgen. Wenn jemand sich Christ nennt, aber Christus nicht folgt,
dann beweist er damit, daß er in Wirklichkeit kein Christ ist, auch wenn er sich
so nennt.
*) Zur Verantwortlichkeit des Sünders, sich zu bekehren,
vgl. die Seiten 10 und 15.
Aber auch ein wahrer Gläubiger kann doch abirren! Ja, aber
bei Kindern Gottes kann man bedingungslos von ewiger Errettung sprechen, weil
Jesus Christus sich ihrer angenommen hat und selbst für ihre Sicherheit
garantiert. Das gilt aber nicht für Leute, die sich Christen nennen und
es nicht sind, für bloße Namenchristen.
Wir wollen nun einzelne Bibelstellen betrachten und können
dabei die folgenden zusammenfassen:
„Wer aber ausharrt bis ans Ende, dieser wird errettet
werden" (Matthäus 24, 13).
„Wer überwindet, der .. ." (Offenbarung 2, 7 + 11) usw.
„Wenn ihr in meinem Worte bleibet, so seid ihr wahrhaft meine Jünger" (Johannes
8, 31). Aus diesen Bibelstellen schließt man, daß jemand, der nicht ausharrt,
nicht überwindet und nicht im Wort des Herrn bleibt, verloren geht.
Diese Schlußfolgerung ist auch richtig, doch was heißt das?
Wird mit diesen Stellen etwa gesagt, daß ein Kind Gottes verloren gehen
kann? Durchaus nicht! Sie sagen jedoch deutlich, daß ein Namenchrist ins ewige
Verderben kommen kann. Wenn jemand bekennt, bekehrt zu sein, sich taufen
läßt, Mitglied dieser oder jener Kirche wird, das Abendmahl feiert,
Sonntagschularbeit oder sonstige christliche Arbeit tut und sich dann später
doch von Christus abwendet und dessen Autorität völlig leugnet, dann ist das
doch der Beweis dafür, daß sich in seinem Herzen nichts, sondern nur in seinem
äußeren Verhalten etwas geändert hat. So jemand hat sich in seinem äußeren
Verhalten für eine gewisse Zeit durch die Lehre des Christentums verändert,
ist aber nicht wiedergeboren.
Dieser Unterschied ist am deutlichsten bei Petrus und Judas
zu sehen. Petrus versagte und sündigte auf schreckliche Weise, aber er harrte
trotzdem aus bis ans Ende,
denn Petrus glaubte wirklich an den Herrn Jesus. Der Herr
sagt von ihm: „Ich aber habe für dich gebetet, auf daß dein Glaube nicht
aufhöre" (Lukas 22, 32). Eine Zeitlang stimmte sein Leben nicht mit seinem
Glauben überein, er verleugnete seinen Meister. Aber Jesus Christus stellt ihn
wieder her. Judas war dreieinhalb Jahre ein Jünger des Herrn Jesus und dabei
doch ein Dieb, dem es nur um seine eigenen Interessen ging. Jesus nennt ihn
einen Teufel. Sein Verrat tat ihm zwar später leid, aber es kam bei ihm nicht zu
einer aufrichtigen Buße. Die Folge war: „Er ging hinaus und erhängte sich." Er
ging „an seinen eigenen Ort" (Apostelgeschichte l, 25). Daraus sehen wir den
großen Unterschied zwischen einem wirklichen Christen und einem bloßen
Bekenner. Petrus fiel, Judas aber fiel ab. Wer ist ein Überwinder,
wenn nicht der, der glaubt (vgl. 1. Johannes 5, 5)?
Nur der Glaube überwindet die Welt, nicht ein
Lippenbekenntnis. Nur der stellt unter Beweis, wahrhaftig ein Jünger Jesu zu
sein, der auch wirklich im Worte Jesu Christi bleibt. Die zuletzt genannte
Bibelstelle ist an die Juden gerichtet, die an Christus als ihren Messias
glauben (Johannes 8, 31). Doch nur, wenn sie in seinem Wort bleiben und ihn
auch als den leidenden, sterbenden und auferstandenen Heiland annehmen würden,
würden sie die Wahrheit verstehen, und die Wahrheit würde sie freimachen (Vers
32). Das wäre dann der Beweis dafür, daß sie wahrhaftig seine Jünger sind.
Dieselbe Bedeutung hat Lukas 9, 61 + 62. „Niemand, der
seine Hand an den Pflug gelegt hat und zurückblickt, ist geschickt zum Reiche
Gottes." Die Hand an den Pflug zu legen ist ein guter Start. Doch wer sich
umdreht und Vater und Mutter über den Herrn stellt, zeigt, daß sein Herz nicht
bei dem Herrn ist. Orpa hatte einen guten Anfang gemacht. Doch als sie die
entscheidende Wahl treffen mußte, verließ sie Israel und den Gott Israels und
wählte Moab (Ruth 1, 14 + 15).
Die Frau Lots ging mit aus Sodom heraus, aber sie blickte
sich um und blieb zurück. Ihr Herz weilte noch in Sodom, wenn auch ihre Füße
schon draußen waren. Sie war der Rettungsbotschaft letztlich ungehorsam und kam
um.
Oft wird Offenbarung 2, 10 in diesem Zusammenhang
angeführt: „Sei getreu bis zum Tod, und ich werde dir die Krone des Lebens
geben."
Wenn jemand nicht bis zum Tod treu ist, so zieht man den
Rückschluß, wird er auch das ewige Leben nicht erlangen. Bei dieser Stelle geht
es jedoch nicht um Errettung, sondern um Belohnung. Es steht
nicht da, daß der Treue das ewige Leben erlangen wird, sondern die Krone des
Lebens. Die Schrift spricht von fünf Kronen oder Kränzen:
1. die unvergängliche Krone für das ausdauernde Laufen in
der Rennbahn (1. Korinther 9, 25 + 26),
2. die Krone des Ruhmes oder der Freude für das Gewinnen
von verlorenen Menschen für den Herrn Jesus (1. Thessalonicher 2, 19 und
Philipper 4, 1),
3. die Krone der Gerechtigkeit, die allen verliehen wird,
die das Erscheinen des Herrn lieben (2. Timotheus 4, 8),
4. die Krone des Lebens für das Leiden um Jesu willen
(Jakobus 1, 12 und Offenbarung 2, 10),
5. die unverwelkliche Krone der Herrlichkeit für die, die
die Herde Gottes hüten (1. Petrus 5, 2-4).
Es kann sein, daß ich keinen solchen Siegeskranz erringe,
und doch kann ich gerettet sein. Das Wort sagt:
„Wenn das Werk jemandes verbrennen wird, so wird er Schaden
leiden, er selbst aber wird gerettet werden, doch so wie durchs Feuer" (1.
Korinther 3, 15). Kein Kind Gottes möchte natürlich nur mit Not errettet werden.
Niemand möchte mit leeren Händen gerettet
werden wie Lot aus Sodom. Aber hier geht es um Belohnung
und nicht um Errettung.
Viele haben aufgegeben und gehen ihren Weg nicht mehr mit dem Herrn Jesus
Was fangen wir mit Johannes 6, 66 an, wo es heißt:
„Von da an gingen viele seiner Jünger zurück und gingen
nicht mehr mit ihm"? Es waren doch Jünger?
Nun, das stimmt voll und ganz mit meinen früheren
Ausführungen überein. Wir haben gesehen, daß der Herr zwischen echten und bloß
äußerlichen Jüngern unterscheidet. Es folgte dem Herrn wohl eine große Anzahl
von Jüngern nach, doch als er über sein Leiden und Sterben sprach und ihnen
sagte, daß sie nur ewiges Leben erlangen könnten, wenn sie sein Blut trinken und
sein Fleisch essen würden (ein Hinweis auf den Glauben an den gestorbenen
Heiland), da fielen sie ab. Diese Lehre war ihnen zu hart. Dieses Wort wollten
sie nicht annehmen. Dadurch bewiesen sie, daß sie keine echten Jünger waren.
Das stimmt mit dem überein, was Johannes später über die Antichristen seiner
Zeit schreibt: „Sie sind von uns ausgegangen, aber sie waren nicht von uns; denn
wenn sie von uns gewesen wären, würden sie wohl bei uns geblieben sein" (1.
Johannes 2, 19).
Wenn jemand sich von Jesus Christus abwendet und dem
christlichen Glauben abschwört, dann ist er nicht „von uns" und war auch nie ein
echter Jünger Jesu Christi.
In Johannes 6, 67 sagt der Herr Jesus im Anschluß an den
oben erwähnten Vers:. „Wollt ihr etwa auch weggehen?" Und das ist an die Adresse
der echten Jünger gerichtet. Was für einen Sinn hat diese Frage, wenn die Jünger
den Herrn im Grunde gar nicht verlassen konnten?
Erstens waren auch die „Zwölf nicht alle echte Jünger.
Judas war ja dabei, und diese Frage war ganz bestimmt auch ein Appell an sein
Gewissen. Doch hat diese Frage, auch von Judas abgesehen, einen Sinn. Damit
soll nicht angedeutet werden, daß die „Zwölf wirklich die Absicht gehabt hätten,
den Herrn zu verlassen. Mit dieser Frage wendet sich der Herr vielmehr an
ihre Herzen. Simon Petrus gibt die Antwort, die aus dem Herzen jedes
Gläubigen kommen sollte:
„Herr, zu wem sollen wir gehen? Du hast Worte ewigen
Lebens" (Johannes 6, 68).
Die
Schrift spricht aber doch von einem Abfallen vom Glauben?
Eine Reihe weiterer Einwände gründen sich auf Stellen, die
von einem Abfallen vom Glauben sprechen, vom vergeblichen Glauben usw. Ich
möchte sie hier anführen und kurz kommentieren:
„Denn dieser Tag kommt nicht, es sei denn, daß zuerst der
Abfall komme und geoffenbart worden sei der Mensch der Sünde, der Sohn des
Verderbens, welcher widersteht und sich selbst erhöht über alles, was Gott
heißt" (2. Thessalonicher 2, 3 + 4). Diese Stelle hat nichts mit Abfallen vom
persönlichen Glauben zu tun. Sie weist auf die Zukunft hin, wenn unter dem
Antichristen alle Glaubenswahrheiten des Christentums aufgegeben werden. Das
Folgende macht das deutlich. Der Sohn des Verderbens wird sich gegen jede Form
der Verehrung Gottes erheben und sich selbst als Gott anbeten lassen. In den
Anfängen erleben wir das heute schon. Auf vielerlei Weise wird an den
Fundamenten des christlichen Glaubens gerüttelt. Viele haben das, was sie
früher bekannten, über Bord geworfen. Im vergangenen Jahrhundert wurde von einem
Teil der Christenheit die Gottheit Jesu Christi, der das fleischgewordene Wort
Gottes ist, geleugnet. Heute
geht man weiter und tastet die göttliche Autorität des
geschriebenen Wortes an und stellt die Auferstehung Jesu Christi in Frage. Bald
wird die Namenchristenheit den Inhalt des christlichen Glaubens völlig aufgeben
und dem Antichristen folgen. Das ist der Abfall, der kommen muß, bevor der Tag
des Herrn anbrechen kann.
Dieselben Gedanken finden wir in Römer 11, 20-22:
„Sie sind ausgebrochen worden durch den Unglauben;
du aber stehst durch den Glauben. Sei nicht hochmütig,
sondern fürchte dich; denn wenn Gott die natürlichen Zweige nicht geschont hat,
daß er auch deiner etwa nicht schonen werde.
Sieh nun die Güte und die Strenge Gottes: gegen die, welche
gefallen sind, Strenge; gegen dich aber Güte Gottes, wenn du an der Güte
bleibst; sonst wirst auch du ausgeschnitten werden."
Hier geht es ebenfalls nicht um ein Abfallen vom
persönlichen Glauben. Der Apostel spricht von den Juden und nennt sie Zweige
des Ölbaums. Israel war der Träger des Zeugnisses Gottes auf der Erde. Ihm
galten die Verheißungen; Israel war der Gegenstand des Erbarmens Gottes. Aber
wegen seines Unglaubens ist es abgehauen worden. An seiner Stelle wurden die
Völker eingepfropft; Gottes Erbarmen richtete sich jetzt auf die Heiden. Gott
baute sich aus ihnen ein Zeugnis auf. Wenn aber die Völker nicht bei der Güte
Gottes blieben, würde das „heidnische" Zeugnis ebenso abgehauen wie das
jüdische, und Israel würde wieder eingepfropft werden. Bleibt die Christenheit
bei der Güte Gottes? Unsere Zeit zeigt uns, daß das nicht der Fall ist. Daher
gehen wir dem Augenblick entgegen, wo Gott das Zeugnis der Völker beiseite
setzen wird. Offenbarung 3, 15 + 16 stimmt damit überein. Von der Gemeinde in
Laodicäa, die prophetisch die Kirche der Endzeit darstellt, bezeugt Jesus
Christus: „Weil du lau bist und weder kalt noch warm, so werde ich dich
ausspeien aus meinem Munde."
In den drei obengenannten Bibelstellen geht es also um ein
Abfallen der Christenheit als Gesamtzeugnis hier auf der Erde und nicht um ein
Abfallen vom persönlichen Glauben.
Mit den obigen Ausrührungen will ich nicht sagen, daß die
Schrift nicht auch vom Abfallen einzelner Personen berichtet. Von Hymenäus und
Alexander wird gesagt, daß sie „im Hinblick auf den Glauben Schiffbruch erlitten
haben" (1. Timotheus 1, 19). Von anderen heißt es, daß sie „vom Glauben abgeirrt
sind" (1. Timotheus 6, 21). Philetus und Hymenäus haben „den Glauben etlicher
zerstört" (2. Timotheus 2,18). Und wieder andere werden in späteren Zeiten „vom
Glauben abfallen" (1. Timotheus 4, 1).
Wie steht es nun damit?
Das Wort „Glauben" kann drei Bedeutungen haben.
1. Es kann sich auf den persönlichen Glauben an Jesus
Christus beziehen, der mit der Seligkeit verbunden ist. Ein Beispiel davon haben
wir in Apostelgeschichte 15, 9. Petrus bezeugt von den bekehrten Heiden, daß
Gott „durch den Glauben ihre Herzen gereinigt hat."
2. Mit dem Wort „Glauben" kann auch die Gabe des Glaubens
angedeutet werden, wie in l. Korinther 12, 9 und Matthäus 21,21. Wir können dann
vom Glaubensvertrauen sprechen.
3. Es kann auch der Glaubensinhalt, das, was man glaubt,
gemeint sein. So mahnt uns Judas, „für den ein für allemal den Heiligen
überlieferten Glauben zu kämpfen" (Vers 3). Den persönlichen Glauben und auch
das Glaubensvertrauen als Gnadengabe kann man nicht überliefern, wohl aber die
Glaubenslehre.
In den vier Stellen der Timotheusbriefe geht es um diese
dritte Bedeutung. Die Personen, von denen gesprochen wird, haben den
Glaubensinhalt aufgegeben, indem sie
falschen Lehren anhingen, wie zum Beispiel der, „daß die
Auferstehung schon geschehen sei", und sich zu den „Widersprüchen der fälschlich
sogenannten Kenntnis" bekannten und „auf betrügerische Geister und Lehren von
Dämonen" achteten. Im selben Sinne spricht Paulus über ein Abirren von der
Wahrheit. Die Frage des persönlichen Glaubens an den Herrn Jesus wird hier
völlig offen gelassen.
Was sich in der Christenheit als Gesamtheit in der Endzeit
zeigen wird - ein Aufgeben des Glaubensinhalts -, das wurde bereits zur Zeit des
Apostels Paulus bei einzelnen Personen gefunden. Diese Menschen verleugneten,
was sie vorher bekannt hatten.
In 1. Korinther 15,2 + 14 + 17 spricht der Apostel über die
Möglichkeit des vergeblichen Glaubens. Hier geht es aber doch nicht um den
Glaubensinhalt, sondern um den seligmachenden Glauben?
Zugegeben, hier wird wirklich vom seligmachenden Glauben
geredet. Wann aber würde dieser Glaube vergeblich sein? Wenn es keine
Auferstehung der Toten gäbe!! Paulus behauptet in diesem Abschnitt
keineswegs, daß jemand vergeblich an den Herrn Jesus glauben könnte, weil er
diesen Glauben aufgeben könnte. Was der Apostel hier sagt, ist nur der logische
Schluß aus einer falschen Voraussetzung. Bei den Korinthern waren falsche
Lehren eingedrungen. Es gab einige, die sagten, daß es keine Auferstehung der
Toten gäbe. Nun, wenn das wahr wäre, dann wäre der Glaube an Christus
eine vergebliche Sache. Dann wären wir noch in unseren Sünden und somit
verloren.
Aber Christus ist auferstanden, und der Glaube ist
keine vergebliche Sache.
Die Anhänger der Lehre, daß der Wiedergeborene wieder
verloren gehen kann, berufen sich meist auf eine Anzahl von Aussprüchen im
Hebräerbrief, oft jedoch ohne den Charakter dieses Briefes näher zu kennen oder
zu bedenken. Bevor ich diese Abschnitte behandle, möchte ich zunächst etwas
über das Ziel dieses Briefes sagen.
Die ersten Menschen, die nach der Ausgießung des Heiligen
Geistes an Pfingsten zum Glauben an Jesus Christus kamen, waren Juden. Die
Versammlungen (Gemeinden) in Judäa bestanden fast ausschließlich aus Juden.
Diese zum Christentum übergetretenen Juden waren überzeugt, sich noch immer den
Vorschriften des mosaischen Gesetzes unterwerfen zu müssen. Petrus wollte zum
Beispiel unter keinen Umständen ein unreines Tier essen oder in das Haus eines
Heiden eintreten (Apg. 10).
Diese Juden betrachteten den Tempel noch als einen heiligen
Ort, hielten ihre Gelübde, ließen sich von Priestern reinigen, und - nicht zu
vergessen - sie rührten auch noch die Beschneidung durch. Als der Apostel Paulus
mit Barnabas das Evangelium nach Asien brachte, entstanden dort Versammlungen,
in denen bekehrte Heiden in der Überzahl waren. Bei der Verkündigung des
Evangeliums wurde ihnen nichts von den Vorschriften des Gesetzes gesagt, nichts
von einem heiligen Ort oder von der Beschneidung. Was hatten sie als bekehrte
Heiden damit zu tun?
Das Evangelium Jesu Christi legte ihnen in diesen Punkten
keine Verpflichtungen auf. So gab es zwei Arten von Versammlungen mit
unterschiedlicher Lebensweise, doch mit dem gleichen Glaubensinhalt:
Rechtfertigung allein durch den Glauben an Jesus Christus. Das muß wohl Anlaß
zum Streit gegeben haben, denn die bekehrten Juden wollten in ihrem Eifer für
das Gesetz auch den bekehrten Heiden diese Verpflichtungen gegenüber dem Gesetz
auferlegen. Manche gingen sogar soweit, daß sie
sagten, ohne Halten des Gesetzes gebe es keine
Rechtfertigung. Das aber bedeutete in Wirklichkeit Untergrabung und Verleugnung
des Evangeliums. Wegen dieser Streitigkeiten wurde in Jerusalem eine große
Konferenz einberufen. Dabei wurden zwei Dinge deutlich herausgestellt:
1. daß die Rechtfertigung allein durch den Glauben an Jesus
Christus erfolge;
2. daß die Juden das Joch, sich an die Gebräuche des
Gesetzes halten zu müssen, nicht auf die Jünger aus den Heiden legen sollten
(siehe Apostelgeschichte 15).
Es ist deutlich zu sehen, daß die Lebensweise der Heiden
mehr den christlichen Standpunkt ausdrückte als die der bekehrten Juden. Die
jüdische Lebensweise völlig aufzugeben, wäre für die Juden eine zu harte
Forderung gewesen. Hätte man sie dazu verpflichtet, wäre die Verkündigung des
Evangeliums unter den Juden stark behindert worden. Gott hat in seiner Langmut
immer mit dem jüdischen Volk Geduld gehabt. So ließ er auch hier eine
Übergangsphase zu, in der die bekehrten Juden langsam, aber sicher von
ihren Bindungen an das Judentum gelöst werden sollten. Die Absicht des
Hebräerbriefes war es, zu zeigen, daß diese Übergangszeit zu Ende ging. Um es
mit den Worten des Verfassers zu sagen: „Was aber alt wird und veraltet, ist dem
Verschwinden nahe" (Hebräer 8,13). Den unmittelbaren Anlaß zu diesem Brief will
ich im folgenden kurz skizzieren:
Die bekehrten Juden wurden durch ihre Volksgenossen
verfolgt. Ihre Habe wurde ihnen geraubt. Ihr Leben war bedroht. Da hätte eine
Rückkehr zum Judentum das Ende der Verfolgung bedeutet. Wie verführerisch war
das für alle, die im Blick auf ihre Lebensweise noch so sehr mit der jüdischen
Tradition verbunden waren! Der Verfasser macht jedoch deutlich, daß das einer
Verleugnung Jesu Christi gleichkäme, die eine Rückkehr unmöglich mache. Er
schildert ihnen den himmelweiten Unterschied zwischen der Zeitperiode des
Gesetzes mit seinem Dienst in
der Stiftshütte und dem Erlösungswerk Jesu Christi, der
Grundlage des christlichen Glaubens. Er läßt an ihrem geistlichen Auge die Wolke
von Zeugen aus der Vergangenheit vorüberziehen, die nicht auf das Sichtbare
schauten, um sich daran festzuklammern, sondern vielmehr sich am Glauben
festklammerten. Diese Vorbilder stellt er den Hebräern vor und ruft sie auf, die
erschlafften Hände und gelähmten Knie aufzurichten. Doch er stellt ihnen
warnend vor Augen, was ein Aufgeben des christlichen Glaubens und die Rückkehr
zum Judentum in letzter Konsequenz bedeuten würde.
Damit wir nicht etwa abgleiten
Aufgrund des Hebräerbriefes führt man nun folgende
Argumente an: Nach Hebräer 2, 1 könne man abgleiten, denn dort steht: „Deswegen
sollen wir um so mehr auf das achten, was wir gehört haben, damit wir nicht etwa
abgleiten" (siehe auch Hebräer 12, 25).
Tatsächlich haben wir hier dieselbe Warnung wie in den
Timotheus-Briefen. Nur der Zusammenhang ist ein anderer. Hebräer l beschreibt
uns die Größe der Person Jesu Christi, die über die der Propheten und der Engel,
durch die das Gesetz Moses eingeführt wurde, weit erhaben ist.
Dieser Jesus hat das Heil verkündigt, die Apostel, die es
aus seinem Mund vernahmen, haben es bestätigt, und Gott wirkte mit durch Zeichen
und Wunder (Hebräer 2, 1-4).
Wenn nun schon ein Verwerfen des Gesetzes und seine
Übertretung eine gerechte Vergeltung mit sich brachte, wie schrecklich würde es
dann sein, dieses durch Jesus Christus verkündete Heil zu verwerfen, nachdem man
es gehört hatte.
Ein Abgleiten ist tatsächlich möglich. Angenommen, Sie
haben die Verkündigung des kostbaren Wortes Gottes
gehört. Sie haben möglicherweise schon als Kind die
Botschaft vom Heil in Christus kennengelernt und eine geistliche Erziehung
genossen, wie sie vielleicht nur wenigen zuteil wurde, oder Sie sind während
einer Evangelisation von der Botschaft von Jesus Christus beeindruckt worden.
Doch nach einiger Zeit geben Sie alles auf. Sie werfen alles „über Bord". Dann
„bleiben Sie nicht in dem, was Sie gelernt haben", und Sie weichen von der Ihnen
verkündeten Lehre ab. Sie weisen den ab, der aus dem Himmel spricht, und es ist
dann auch unmöglich, dem Zorn Gottes zu entfliehen. Welch schreckliche
Konsequenz!
Diese Stelle spricht nicht von der Möglichkeit, daß ein
Kind Gottes in Sünde fällt. Wer von uns könnte sagen, daß er nach seiner
Bekehrung nicht mehr gesündigt hätte und in diesem Sinn abgewichen sei? Für
Petrus, der seinen Herrn verleugnete, gab es einen Weg zurück, und
glücklicherweise gibt es den für uns auch. Es geht hier -ebenso wie in den
Briefen an Timotheus - um ein Aufgeben des christlichen Glaubensinhalts.
Hebräer 3,12 redet aber doch von einem Abfallen vom
lebendigen Gott und einem Verhärtet werden durch den Betrug der Sünde? Und in
Vers 14 steht ganz klar eine Bedingung: „Wenn wir anders den Anfang der
Zuversicht bis zum Ende standhaft festhalten." Das ist eine der vielen „Wenn"
-Stellen. (In anderen Übersetzungen heißt es: „sofern" oder „vorausgesetzt
daß", doch das läuft auf dasselbe hinaus.) Ich führe noch drei Stellen an:
„Durch das ihr auch errettet werdet, wenn ihr an dem
Worte festhaltet, das ich euch verkündet habe" (1. Korinther 15, 2).
„Wenn ihr anders im Glauben gegründet und fest bleibt und
euch nicht abbringen laßt von der Hoffnung des Evangeliums" (Kolosser 1, 23).
„Sein Haus sind wir, wenn wir anders die
Freimütigkeit und den Ruhm der Hoffnung bis zum Ende standhaft festhalten"
(Hebräer 3, 6).
Was meint der Geist Gottes mit diesem „wenn"? In allen drei
Fällen wird das Wort an Personengruppen gerichtet. Angenommen, ich
spräche in einem Saal vor einem christlichen Publikum. Wenn ich bitten würde:
„Jeder, der bekennt, Christ zu sein, möge aufstehen", dann würden sich
vielleicht alle wie ein Mann erheben. Wäre das ein Beweis dafür, daß alle
wirklich Christen sind? Nein, es würde nur bedeuten, daß alle bekennen, Christen
zu sein.
Welches wäre nun der Beweis dafür, daß sie auch wirklich
Christen sind? Daß sie im Glauben gegründet und fest bleiben. Sollte das bei
einem dieser Bekenner nicht der Fall sein, so wird dadurch deutlich, daß bei ihm
kein wirklicher Glaube vorhanden war. Das Wort „Glaube" bedeutet in Kolosser l,
23 auch wieder „Glaubensinhalt", das gesamte christliche Glaubensgut. Wer
wirklich Christ ist, wird diesen Glauben bis zum Ende festhalten. Ein bloßer
Namenchrist kann Mormone, Zeuge Jehovas oder ähnliches werden. Man kann auch den
christlichen Glauben dadurch verleugnen, daß man sich durch Sünde verhärtet
und sich vom lebendigen Gott abwendet. Es ist verhältnismäßig einfach zu sagen,
man sei errettet; doch es durch Glauben und durch sein Verhalten zu beweisen,
ist etwas ganz anderes.
Fallen nach demselben Beispiel
Was ist dann aber mit der Stelle: „Laßt uns nun Fleiß
anwenden, in jene Ruhe einzugehen, auf daß nicht jemand nach demselben Beispiel
des Ungehorsams falle"? So wie nicht alle Israeliten die Ruhe im Lande Kanaan
erreicht haben, so werden doch auch nicht alle Christen in die himmlische Ruhe
eingehen? (Hebräer 4, 11).
Das ist allerdings ein sehr schwaches Argument, denn
warum gingen die Israeliten nicht in die Ruhe ein? Wir
sehen, daß sie wegen ihres Unglaubens nicht eingehen konnten (Hebräer
3, 19).
Ihnen war, wie uns, zwar eine gute Botschaft verkündet
worden, aber „das gehörte Wort nützte jenen nicht, weil es bei denen, die es
hörten, nicht mit dem Glauben vermischt war (Hebräer 4, 2). Ebenso werden
auch viele Menschen verloren gehen, die bekannt haben, Christen zu sein, weil
sie wohl die Botschaft des Evangeliums gehört haben, aber die Predigt nicht
wirklich im Glauben angenommen und dem Herrn Jesus nicht als ihrem Heiland
geglaubt haben.
Nicht mehr zur Buße zu erneuern
Doch nun zu Hebräer 6: Hier wird von Menschen geredet, die
einmal erleuchtet waren, die himmlische Gabe geschmeckt haben, des Heiligen
Geistes teilhaftig geworden sind, die das gute Wort Gottes und die Wunderwerke
des zukünftigen Zeitalters geschmeckt haben und die doch abgefallen sind.
Was hier steht, ist doch wohl schwerlich mit der Auffassung, ein Kind Gottes
könne nicht verloren gehen, in Übereinstimmung zu bringen?
Wir dürfen nicht verkennen, daß durch diesen Abschnitt
viele verwirrt worden sind. Doch zuerst ein Wort an die Befürworter der Lehre,
daß der Wiedergeborene verloren
gehen kann. Sie machen keinen
Unterschied zwischen dem Straucheln oder dem In-Sünde-Fallen eines Gläubigen
und dem wirklichen Abfallen vom Glauben bei einem Namenchristen. Nach ihrer
Auffassung kann sich jemand zu Gott bekehren, abgleiten, kann sich wieder
bekehren usw. Sie sprechen dann auch auf ihren Evangelisationen von Menschen,
die sich zum ersten-, zweiten-, drittenmal bekehrt haben. Nach ihrer Theorie
müßte Hebräer 6 wohl so lauten:
„Es ist sehr wohl möglich, die, die einmal
erleuchtet
waren und die himmlische Gabe geschmeckt haben ..., aber
abgefallen sind, wiederum zur Buße zu erneuern." Das Wort Gottes
sagt jedoch genau das Gegenteil. Ihre Theorie wird daher durch diesen Abschnitt
Lügen gestraft.
Würden diese Verse aussagen, daß ein bekehrter Sünder
wieder verloren gehen könne, dann würden sie zugleich bedeuten, daß ein solcher
sich nicht mehr bekehren könne, weil er „den Sohn Gottes gekreuzigt und zur
Schau gestellt" habe.
Wir wollen nun diese Verse in ihrem Zusammenhang sehen, im
Licht des gesamten Briefes betrachten und dabei untersuchen, über wen
gesprochen wird.
Wie bereits erwähnt, wendet sich der Apostel an Juden, die
sich zum christlichen Glauben bekannten. Sie kannten das Alte Testament und
waren davon überzeugt, daß Jesus der Messias war. Selbst wenn sie hierin nicht
aufrichtig waren, so hatten sie doch seine Autorität durch die Wunder gespürt,
die sie erlebt oder mitangesehen hatten. Wenn solche Menschen zum Judentum
zurückkehrten, um den Verfolgungen zu entgehen, dann mußten sie Jesus Christus
abschwören. Dadurch machten sie sich aber wieder eins mit dem jüdischen Volk,
das seinen Messias gekreuzigt hatte. Nun, sagt der Verfasser, für solche gibt
es keinen Weg mehr zurück. Sie sind zu weit gegangen. Daß der Apostel jedoch
diese Möglichkeit bei echten Kindern Gottes ausschloß, geht aus Vers 9 hervor:
„Wir aber sind im Hinblick auf euch. Geliebte, von besseren
und mit der Seligkeit verbundenen Dingen überzeugt, wenn wir auch also reden."
Es ist also möglich, die oben genannten Vorzüge genossen zu
haben und doch nicht errettet zu sein. Wohlgemerkt, hier steht nicht: „Es
ist unmöglich, daß die, die einmal wiedergeboren waren und abgefallen
sind, zur Buße erneuert werden". Es werden andere Kennzeichen genannt, und diese
beinhalten nicht notwendigerweise die Wiedergeburt. Hier werden fünf Punkte
aufgezählt, die wir nun einzeln untersuchen wollen:
a) „. . . die einmal erleuchtet waren."
Was sagt Psalm 119, 130?
„Die Eröffnung deines Wortes erleuchtet, gibt Einsicht den
Einfältigen." Und der Apostel Johannes bezeugt:
„Das war das wahrhaftige Licht, das - in die Welt kommend
- jeden Menschen erleuchtet" (Johannes 1, 9). Jeder, der das Evangelium
von Jesus Christus gehört hat, ist dadurch erleuchtet worden. Ein solcher kann
sich nicht mehr auf Unwissenheit berufen. Die Predigt des Evangeliums hat sogar
die ganze westliche Welt, die im finsteren Heidentum lag, erleuchtet. Doch
bedeutet das, daß jeder, der so erleuchtet worden ist, sich auch wirklich
bekehrt hat? Leider nicht.
b) „. . . die die himmlische Gabe geschmeckt haben." Es
besteht ein Unterschied zwischen Kosten und Essen. Das eine ist nur eine äußere
Geschmackserfahrung, das andere bedeutet dagegen ein wirkliches Sich-Ernähren.
Diese Menschen hatten etwas von dem Heil gespürt, das Gott
schenkt. Sie hatten etwas von der Größe der Person Jesu Christi gesehen. Aber
sie hatten sich nie von dem Fleisch und Blut des Sohnes Gottes „genährt"
(Johannes 6, 54).
Jeremia hat das Wort Gottes als Nahrung in sich
aufgenommen (Jeremia 15,16). Hesekiel und Johannes mußten eine Buchrolle nehmen
und sie essen. Das ist etwas anderes, als nur zu kosten oder zu prüfen. Jesus
Christus sagt:
„Ich bin das lebendige Brot, das aus dem Himmel
herniedergekommen ist; wenn jemand von diesem Brote ißt, wird er leben
in Ewigkeit" (Johannes 6, 51). Darin liegt keine Spur von Umkommen,
Abfallen oder Verlorengehen.
c) „. . . die des Heiligen Geistes teilhaftig geworden
sind."
Das Wort bedeutet nicht etwa, daß der Heilige Geist in
ihnen Wohnung gemacht hätte, nachdem sie zum Glauben gekommen wären. In anderen
Übersetzungen heißt es, daß sie „Teilhaber des Heiligen Geistes" geworden sind.
Das mit „Teilhaber" übersetzte Wort ist dasselbe wie in Lukas 5, 7: „Sie winkten
ihren Genossen", siehe auch Epheser 5, 6 + 7.
In diesem Sinn haben diese Menschen teilgehabt am Heiligen
Geist. Sie sind insofern Teilhaber des Heiligen Geistes geworden, als sie mit
dem Heiligen Geist zusammengearbeitet haben. Der Verfasser des
Hebräerbriefes verwendet gerade nicht Ausdrücke wie: „versiegelt mit dem
Heiligen Geist", „gesalbt mit dem Heiligen Geist" oder „getauft mit dem Heiligen
Geist". Bileam war in diesem Sinn ein Teilhaber und Genösse des Geistes Gottes,
als er seine Prophezeiungen über Israel aussprach. König Saul hat durch den
Geist mitten unter den Propheten geweissagt, Judas hat mit den Zwölfen durch
den Geist Gottes Dämonen ausgetrieben. Und alle drei taten das, ohne
wiedergeboren zu sein.
d) „. . . die das gute Wort Gottes geschmeckt haben." Hier
gilt dasselbe wie bei Punkt b). Man kann durch die Erhabenheit der christlichen
Glaubenslehre angezogen werden. Das Gefühl kann angesprochen werden, ohne daß
eine Wiedergeburt stattfindet. Das ist die Lektion in dem Gleichnis vom Sämann.
Es gibt viererlei Boden. Das Saatgut ist immer dasselbe. Da ist der harte
Boden, der Weg, auf dem die Botschaft des Evangeliums nicht einmal einen
Eindruck hinterlassen kann. Das Herz ist verhärtet. Es gibt auch einen Boden,
der nur aus einer dünnen Schicht Erde über hartem Felsen besteht. Das Wort wird
mit Freuden aufgenommen, spricht also das Gefühl an. Aber es bewirkt keine echte
Buße und Reue. Sobald Verfolgung einsetzt oder Schwierigkeiten auftreten, wird
das Wort erstickt. Dann gibt es Erdreich, das wohl zur Saat geeignet erscheint,
aber Dornen und Disteln verdrängen die gute Saat. Das sind Menschen, die den
Eindruck des Evangeliums durch die Sorgen des Lebens ersticken lassen. In allen
drei Fällen trägt die Saat keine Frucht. Nur der gute, gepflügte Boden trägt
reiche Frucht.
e) „... die die Wunderwerke des zukünftigen Zeitalters
geschmeckt haben."
Die Verkündigung des Evangeliums war ursprünglich von
Zeichen und Wundern begleitet. In dem zukünftigen Zeitalter wird das wieder der
Fall sein, darum heißen sie:
Wunderwerke des zukünftigen Zeitalters. Die Knechte Gottes werden unter dem
Antichristen Feuer vom Himmel fallen lassen und Wasser in Blut verwandeln
(Offenbarung 11). Viele Hebräer hatten diese Macht Gottes kennengelernt. Sie
hatten die Wunder gesehen und waren davon tief beeindruckt. Das bedeutete jedoch
noch lange nicht, daß ihre Herzen verändert worden waren. Ja, es wird vor dem
Thron des Gerichts sogar solche geben, die selbst Wunder getan und im Namen Jesu
Dämonen ausgetrieben haben, denen der Herr aber sagen muß: „Ich habe euch nie
gekannt."
Jemand kann all diese fünf Vorzüge genossen haben und doch
kein Kind Gottes sein. Daß diese Auslegung richtig ist, beweist Vers 7:
„Denn das Land, das den häufig darauf kommenden Regen
trinkt und nützliches Kraut hervorbringt für diejenigen, um deretwillen es auch
bebaut wird, empfängt Segen von Gott."
Dies ist die Parallele zum vierten Boden aus dem
Gleichnis vom Sämann. Dann folgt als Gegensatz:
„Wenn es aber Dornen und Disteln hervorbringt, so ist es
unbewährt und dem Fluche nahe, und sein Ende ist die Verbrennung."
Die Menschen, von denen hier gesprochen wird, werden mit
diesem letzten Boden verglichen. Aber sie haben nie Frucht für Gott gebracht.
Dann folgt der bereits angeführte Ausspruch: „Wir aber sind im Hinblick auf
euch. Geliebte, von besseren und mit der Seligkeit verbundenen Dingen
überzeugt; wenn wir auch also reden." Mit anderen Worten: Euch vergleiche ich
nicht mit diesen Abtrünnigen, die nur äußerlich das Heil kennengelernt haben,
bei euch ist das Herz vom Evangelium ergriffen worden. Diese Verse stimmen mit
dem folgenden Wort des Herrn Jesus überein:
Kor 4.11.03 (Andreas O., besten Dank!)
Joh 15,1 Ich bin der wahre Weinstock, und mein Vater ist der Weingärtner.
{Eig. Ackerbauer}Joh 15,2
Jede Rebe an {Eig. in} mir, die nicht Frucht bringt, die nimmt er weg; und jede, die Frucht bringt, die reinigt er, auf daß sie mehr Frucht bringe.Joh 15,3 Ihr seid schon rein um des Wortes willen, das ich zu euch geredet habe.
Joh 15,4 Bleibet in mir, und ich in euch. Gleichwie die Rebe nicht von sich selbst Frucht bringen kann, sie bleibe denn am Weinstock, also auch ihr nicht, ihr bleibet denn in mir.
Joh 15,5 Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, dieser bringt viel Frucht, denn außer mir {Eig. außerhalb, getrennt von mir} könnt ihr nichts tun.
Joh 15,6 Wenn jemand nicht in mir bleibt, so wird er hinausgeworfen wie die Rebe und verdorrt; {Eig. in mir geblieben ist, so ist er hinausgeworfen worden... und ist verdorrt} und man sammelt sie und wirft sie ins Feuer, und sie verbrennen.
Israel war der Weinstock, den Gott in Ägypten ausgegraben
und in Kanaan neu eingepflanzt hatte (Psalm 80, 8-16). Dort sollte das Volk für
Gott Frucht hervorbringen. Aber statt guter Trauben brachte der Weinstock nur
Herlinge hervor (Jesaja 5, 1-7). Was geschah dann? Gott richtete diesen
Weinstock. Dieses Zeugnis wurde verworfen. Jesus Christus nennt sich selbst nun
den wahren Weinstock. Er nimmt die Stelle Israels ein. Zwar war Israel
der Sohn, den Gott aus Ägypten gerufen hatte (Hosea 11, 1), doch das Volk hatte
sich als ein ungehorsamer Sohn erwiesen. Daher nahm Jesus Christus seine Stelle
ein. Hosea 11, 1 wurde in ihm erfüllt, als er mit seinen Eltern aus Ägypten zog
(Matthäus 2, 15). Israel wird zwar in Jesaja 43, 10 der Knecht Jahwes genannt,
doch war es ein untreuer Knecht. Jesus Christus nahm diese Stelle ein - er ist
der treue Knecht Jahwes (Jesaja 42, 1; 52, 13; 53, 11). In all diesen Fällen
geht es um die Tatsache, daß Gott
auf der Erde ein Zeugnis haben will, daß Israel wegen
seiner Untreue beiseite gesetzt wurde und daß Christus diesen Platz vollkommen
eingenommen hat.
Doch zu diesem Zeugnis, das für Gott Frucht hervorbringen
soll, gehören auch die Jünger Jesu Christi. Das wird durch das Bild vom
Weinstock verdeutlicht. Die Jünger sind die Reben am Weinstock.
Es gibt jedoch zwei Arten von Reben, wie auch in Hebräer 6,
7 von zweierlei Boden die Rede ist: Reben, die Frucht bringen. Diese
werden gereinigt, damit sie mehr Frucht, ja sogar viel Frucht
tragen.
Dann gibt es Reben, die keine Frucht bringen. Diese
werden abgeschnitten, verdorren und werden verbrannt.
Der Herr spricht hier nicht vom Besitz des ewigen Lebens
wie bei dem Bild der Schafe, sondern er spricht vom Fruchttragen. Was ist
die Aufgabe der Reben eines Weinstocks, wenn nicht die, Frucht hervorzubringen!
Jeder, der Jesus Christus seinen Herrn nennt, ist eine Rebe
und damit ein Teil des christlichen Zeugnisses auf der Erde. Doch ein solcher
hat die Verpflichtung, Frucht zu tragen. Und um diese Verpflichtung geht es bei
dem Bild des Weinstocks. Wenn jemand nicht in dem Wort des Herrn bleibt, bringt
er keine Frucht. Dann entspricht er dem Juden in Hebräer 6, der das christliche
Zeugnis aufgibt. Er ist ein Boden, der Dornen und Disteln hervorbringt und das
Urteil herausfordert.
Was veranlaßt den
Verfasser zu dieser Aussage?
Wenn der Verfasser doch überzeugt war, daß seine Leser
errettet waren und nicht abfallen würden, warum stellte er ihnen dann diese
Dinge vor Augen (Hebräer 6)?
Der Hauptgrund seiner Ausführungen ist die Möglichkeit,
daß sich unter die bekehrten Juden auch solche gemischt haben konnten, die
nicht wirklich bekehrt waren
und die bei anhaltender Verfolgung zum Judentum
zurückkehren würden. Dieser Abschnitt sollte ihnen die Gefahr eines solchen
Schrittes zeigen. Er sollte ihnen aber vor allem die Augen für den unbekehrten
Zustand ihres Herzens öffnen. Wenn sie zum Judentum zurückkehrten, gäbe es keine
Rettung mehr für sie. Aber dann wären sie auch jetzt noch nicht gerettet! Dann
gehörten sie nicht zu denen, die nach Überzeugung des Verfassers errettet
waren!
Zum anderen sind diese Ausführungen auch eine ernste
Mahnung für die wirklich bekehrten Juden. Wenn ein solcher Abfall so ernst war,
dann mußte bereits der Gedanke an eine etwas nachgiebigere christliche Haltung
gegenüber dem Judentum eine schreckliche Sünde und Verunehrung des Meisters
sein. Dieser Gedanke sollte radikal abgewiesen werden. Sie sollten vielmehr alle
Kräfte einsetzen, um auf dem Weg des christlichen Glaubens Fortschritte zu
machen. Die bekehrten Juden waren nach Kapitel 5 zum Lernen zu träge geworden.
Über die geistliche Bedeutung einer Gestalt wie Melchisedek konnte der
Verfasser nicht mit ihnen reden. Feste Speise konnten sie nicht vertragen. Sie
waren wieder wie Kinder geworden, die die Milch des Evangeliums nötig hatten.
Sie waren unerfahren im Wort der Gerechtigkeit. Das Wort von Christus, wie es
ihnen im Alten Testament begegnete, kannten sie. Diesen Grund hatten sie wohl
unter ihren Füßen. Der Begriff „Bekehrung" war ihnen ebensowenig fremd wie der
Glaube an Gott. Auch begriffen sie den Sinn der Waschungen im levitischen
Gottesdienst und die Bedeutung des Auflegens der Hände auf den Kopf des
Opfertieres, und sie wußten auch von der Auferstehung der Toten und dem ewigen
Gericht. Aber das alles kennzeichnet noch nicht den Stand des erwachsenen
Christen. Ein bekehrter Israeli! konnte schon vor der Kreuzigung Jesu von diesen
Dingen wissen. Sie sollten jedoch diese Grundlage stehen lassen und zum
Vollkommenen heranwachsen. Anstatt zurückzugehen - was zu einem Zurückgehen
führen konnte - sollten sie nach vom blicken, wachsen und Frucht für Gott
bringen.
Vielleicht ist jemand von der Endgültigkeit des Ausdrucks:
„. . . unmöglich wiederum zur Buße zu erneuern" schockiert und fragt sich, ob
das, was ein sich zum Christentum bekennender Jude tun konnte, denn so schlimm
war.
Ich kann das nicht besser als mit einem weiteren Zitat von
Ironside beantworten:
„Diese an die Juden gerichtete Botschaft sollte ihnen
zeigen, daß Christus wirklich der Messias und die Erfüllung aller Abschattungen
oder Vorbilder der Zeitperiode des Gesetzes ist. Die zwei verschiedenen Arten
Ackerboden in Hebräer 6 stellen zwei Menschen beziehungsweise den Zustand ihres
Herzens dar.
Die folgende Schilderung macht es sicher noch deutlicher:
Beide wuchsen in derselben Umgebung auf. Beide wurden in der Schrift
unterrichtet. Sie gingen zusammen zur Synagoge. Beide erwarteten das Kommen des
Messias. Beide hörten Johannes den Täufer und ließen sich von ihm taufen. Beide
hörten Jesus predigen und sahen die Wunderwerke, die er tat. Beide standen unter
der Menschenmenge, die seiner Kreuzigung zuschaute. Beide gesellten sich zu
denen, die sich das offene Grab ansahen. Beide haben von der Himmelfahrt gehört.
Beide sahen das mächtige Wirken des Heiligen Geistes an Pfingsten und danach.
Beide bewegten sich im Kreis der Jünger und hörten die Apostel. Äußerlich sah
man keinen Unterschied. Doch nun kam die Verfolgung. Der eine wurde
gefangengenommen und vor die Wahl gestellt: .Schwöre Christus ab, sonst stirbst
du.' Er sagte: ,Ich kann nicht abschwören, denn er ist mein Heiland.' ,So wirst
du getötet
werden.' ,Ich bin bereit zu sterben, aber meinen Heiland
kann ich nicht verleugnen.'
Der andere wird ebenfalls gefangengenommen und vor dieselbe
Entscheidung gestellt. Er sagt: ,Ich will lieber abschwören als sterben. Ich
mache kehrt und werde mich wieder als echter Jude verhalten.' .Dann komm
hierher.'
Es wurde eine schreckliche Methode angewandt, um solche
wieder in das Judentum aufzunehmen. Ich erinnere mich, einmal gelesen zu haben,
daß man in diesem Fall den Abtrünnigen an einen unreinen Ort brachte, wo ein
Schwein geschlachtet wurde. Dort mußte er - um die Aufrichtigkeit seiner Umkehr
zu beweisen - das Blut bespucken und sagen: ,So sehe ich das Blut Jesu an.'
Danach reinigten sie ihn und nahmen ihn wieder in das Judentum auf.
Welcher Unterschied besteht zwischen den beiden? Jeder
Boden erhielt denselben Regen und denselben Sonnenschein, aber in der Frucht
unterscheiden sie sich. Der erste brachte Früchte, die der Bekehrung
entsprachen, der andere nur Dornen und Disteln." (Ende des Zitats)
Das ist die Bedeutung des Ausdruckes „Christus für sich
kreuzigen und ihn öffentlich zur Schau stellen." (Andere übersetzen: „ihn
zur Schande machen".) So ernst ist es, wenn man willig und bewußt
Christus abschwört. Am Kreuz konnte der Heiland noch bitten: „Vater, vergib
ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun." Petrus konnte in Jerusalem noch
predigen: „Ich weiß, daß ihr es in Unwissenheit getan habt, wie auch eure
Obersten."
Damals bestand noch das Angebot der Rettung. Doch der erste
Märtyrer für den Glauben - Stephanus - bat nur noch: „Rechne ihnen diese Sünde
nicht zu." Von Unwissenheit war da keine Rede mehr. Paulus bezeugt dann auch,
daß der volle Zorn Gottes über Israel gekommen ist (1. Thessalonicher 2, 15 +
16).
Dieser Text bezieht sich also auf Juden, die sich vom
christlichen Glauben abwandten und zum Judentum zurückkehrten. Er ist aber
nicht grundsätzlich auf diese eine Situation beschränkt. Auch bloße
Namenchristen heidnischen Ursprungs können auf eine ähnliche Weise vom Glauben
abfallen. Aus der Geschichte ist der Fall zweier Brüder bekannt, die ich hier
jedoch nicht namentlich erwähnen möchte. Beide kamen aus einer Predigerfamilie.
Beide waren auch selbst Prediger. Der eine hatte sich durch seine
schriftstellerischen Arbeiten einen Namen gemacht. Doch eine Aufstellung seiner
Werke läßt sein geistliches Zurückgehen erkennen. Schließlich hat er sein
Predigtamt aufgegeben und die ganze Wahrheit des christlichen Glaubens
verleugnet. Der andere hat vielen Kindern Gottes mit dem Wort gedient und auch
einige Schriften mit grundlegendem Inhalt hinterlassen. Dieses Beispiel aus
unserem Land könnte durch viele aus dem Ausland ergänzt werden. Ich möchte eins
nennen: Der gelehrte Francis W. Newman hat einmal bekannt, Christ zu sein. Er
verkehrte viel mit Gläubigen, mit denen er auch das Abendmahl feierte. Er war
sogar für einige Zeit als Missionar im Irak tätig. Später wandte er sich jedoch
ab und entpuppte sich als ein Feind des Kreuzes Christi. Er schrieb ein Buch, in
dem er starke Angriffe gegen das Christentum führte. Haben diese Menschen nicht
im Sinn von Hebräer 6 gehandelt und sich das Urteil selbst zugezogen?
Das
Blut, durch das er geheiligt worden ist
Der folgende Einwand stützt sich auf Hebräer 10, 26-29:
„Denn wenn wir mit Willen sündigen, nachdem wir die
Erkenntnis der Wahrheit empfangen haben, so bleibt kein Schlachtopfer für Sünden
mehr übrig, sondern ein gewisses furchtvolles Erwarten des Gerichts
und der Eifer eines Feuers, das die Widersacher
verschlingen wird. Jemand, der das Gesetz Moses' verworfen hat, stirbt ohne
Barmherzigkeit auf die Aussage von zwei oder drei Zeugen. Wieviel ärgerer
Strafe, meint ihr, wird der wertgeachtet werden, der den Sohn Gottes mit Füßen
getreten und das Blut des Bundes, durch das er geheiligt worden ist, für gemein
geachtet und den Geist der Gnade geschmäht hat?"
Hier ist doch sicher von einem Gläubigen die Rede, so
argumentiert man; denn es wird von jemandem gesprochen, der durch das Blut
geheiligt worden ist.
Dieser Ausdruck bedeutet jedoch nicht notwendigerweise,
daß dieser Mensch wirklich wiedergeboren war. Das ganze Volk Israel war durch
das Blut des Bundes geheiligt worden. Geheiligt bedeutet: abgesondert für Gott;
wie Israel durch Blut von den Völkern abgesondert worden
war, so ist jeder, der Jesus Christus seinen Herrn nennt, von den Ungläubigen
abgesondert.
In 1. Korinther 7, 14 sagt Paulus sogar von einem
ungläubigen Mann, daß er durch die Ehe mit einer Frau, die zur Bekehrung
gekommen ist, geheiligt ist. Er bleibt aber ein Ungläubiger, wenn er nicht - dem
Vorbild seiner Frau folgend - ebenfalls Jesus Christus als seinen Heiland
annimmt. Ohne das Blut Jesu Christi, das auf Golgatha vergossen wurde, wäre
die ganze Welt auf ewig verdammt worden. Gerade aufgrund des Blutes des Herrn
kann Gott dem Sünder das Heil anbieten.
Es geht in diesem Vers um den Sohn Gottes, nicht so sehr um
die Sünde. Für das Problem der Sünde gibt es eine Lösung: das Kreuz. Die große
Frage ist jedoch, wie man sich dem Opfer des Sohnes Gottes gegenüber
verhält. Jesus Christus starb für alle Menschen. Er ist das Sühnopfer, nicht
allein für unsere Sünden, sondern für die ganze Welt (1. Johannes 2, 2). Sein
Blut reicht aus für jeden, der an ihn glaubt, für jeden Sünder der ganzen Welt
(Johannes 3, 18 + 19).
Doch nehmen wir einmal an, ein Jude, der zum Christentum
übergetreten und damit durch das Blut des neuen Bundes geheiligt worden ist,
kehrt dem Kreuz den Rücken zu, wendet sich wieder dem Tempeldienst zu und opfert
im Tempel wieder für seine Sünde. War das dann noch ein Schlachtopfer für die
Sünde? Nein, denn er hat ja das Schlachtopfer für die Sünde abgewiesen.
Alle Opfer im Tempel konnten ihm nicht mehr helfen. Im Gegenteil, sie klagten
ihn an, daß er den Sohn Gottes mit Füßen getreten (man ließ abtrünnige Christen
auf das Kreuz treten) und das Blut des Bundes für gemein geachtet hatte.
Noch ein Wort zu dem Ausdruck „mit Willen sündigen". Das
Gesetz unterschied zwischen einem In-Sünde-Fallen und einem mutwilligen
Übertreten des Gesetzes Gottes. Für ersteres gab es Vergebung, für letzteres
nicht. In dem Zusammenhang des Textes darf man es hier auch nicht auf das
Straucheln von Christen anwenden, sondern auf eine ganz bewußte
Verwerfung des Kreuzes. Wer so etwas tut, gibt sich als „Widersacher" (Vers
29) zu erkennen und zieht sich zurück zum Verderben (Vers 39). Er hat nicht
ausgeharrt und trägt dann auch nicht die Verheißung Gottes davon (Vers 36). Er
zeigt vielmehr durch sein Abfallen, daß er nicht wiedergeboren war. Doch, so
schließt der Verfasser diesen Abschnitt: „Wir aber sind nicht von denen, die
sich zurückziehen zum Verderben, sondern von denen, die da glauben zur Errettung
der Seele" (Vers 39).
Die Heiligkeit,
ohne die niemand den Herrn sehen wird
Bei dem folgenden Einwand stützt man sich auf Hebräer
12, 14 + 15:
„Jagt dem Frieden nach mit allen und der Heiligkeit, ohne
die niemand den Herrn schauen wird; indem ihr darauf achtet, daß nicht jemand an
der Gnade Gottes Mangel leide."
Häufig wird diese Stelle so verstanden, daß man einen
bestimmten Stand der Heiligkeit erreicht haben müsse, um in den Himmel zu
kommen. Wenn man sündigt, fällt man von der erreichten Höhe herunter und muß
wieder von neuem beginnen. Der Vergleich mit dem vorhergehenden Ausdruck: „Jagt
dem Frieden nach mit allen" macht bereits deutlich, daß diese Auslegung falsch
ist. Hier wird nämlich nicht von einem bestimmten Grad des Friedens, den wir
anstreben müssen, gesprochen. Es geht vielmehr um eine Gesinnung, die bei dem
Wiedergeborenen zu finden sein muß. So ist es auch mit dem „Jagen nach
Heiligkeit." Wenn jemand behauptet, ein Christ zu sein, aber nicht dem Frieden
und der Heiligkeit in seinem praktischen Leben nachjagt, dann zeigt er dadurch,
daß er den Frieden, den Gott schenkt, und die Heiligkeit Gottes nicht kennt.
Dieser Mensch ist ein Heuchler, und er wird Gott nicht schauen!
Übrigens ist es wichtig, der Bedeutung des Begriffes
„heilig" einmal nachzugehen. Die wörtliche Übersetzung heißt „abgesondert".
Dabei liegt aber nicht der Nachdruck auf „abgesondert vom Bösen", sondern auf
„abgesondert für Gott". So wird vom Herrn Jesus gesagt, daß er
„geheiligt und in die Welt gesandt" war (Johannes 10, 36) und daß er sich für
uns „heiligte" (Johannes 17, 19). Er weiht sich also dem Dienst für Gott.
Dazu ist er „abgesondert". In demselben Sinn wird von Wiedergeborenen gesagt,
daß sie in Christus Jesus geheiligt sind.
Sie werden deshalb auch von Gott „Heilige" genannt. Das ist
keine Anmaßung des Wiedergeborenen, sondern ein Geschenk Gottes. Doch von denen,
die die Stellung von Heiligen einnehmen, erwartet Gott, daß sie auch in
der Praxis ein geheiligtes Leben führen. Wer behauptet, Gott anzugehören,
aber nicht nach einem Leben für Gott strebt, der heuchelt. Sein Leben ist eine
Verleugnung seines Bekenntnisses. Wenn ein Gläubiger in Sünde fällt (wie
Petrus), dann wird er Reue über das Böse bekunden
und seine Schuld bekennen. Er wird die Ursache für sein
Fallen verurteilen (z.B. sein Selbstvertrauen - „ich werde dich nicht
verlassen"). Er wird Gott um Kraft bitten und darum, daß er ihn bewahre.
Damit stellt er unter Beweis, daß er der Heiligkeit nachjagt. Wer so
handelt, wird Gott schauen.
Der Gebieter,
der sie erkauft hat
Auch aus den Briefen des Petrus führt man einige Einwände
an. So schreibt Petrus über Menschen, „die den Gebieter verleugnen, der sie
erkauft hat, und sich selbst schnelles Verderben zuziehen" (2. Petrus 2, 1). Wie
ist das zu erklären?
Der Apostel bezeichnet diese Menschen als falsche Lehrer
und vergleicht sie mit den falschen Propheten in Israel. Waren die falschen
Propheten wirklich Diener Gottes? Nein! Dann sind die Obengenannten ebenso wenig
wirkliche Jünger des Herrn. Aber sie sind doch durch ihn als den Gebieter
erkauft worden? Das ist wahr; aber was heißt das? Das hier gebrauchte
griechische Wort bedeutet „Herr eines Sklaven".
Ein Sklave ist natürlich gekauft worden, und schließlich
hat Jesus Christus den Preis für alle bezahlt. Der Mann in dem Gleichnis von
Matthäus 13, 44 kauft nicht allein den Schatz im Acker, sondern den ganzen
Acker. Dieser Mann ist Jesus Christus, und der Acker ist die Welt. Wenn jemand
sich zum christlichen Glauben bekennt, dann hat er damit anerkannt, daß Jesus
Christus sein Gebieter ist. Er ist also auch verpflichtet, ihm zu dienen. Wenn
dieser Mensch sich später aber als falscher Lehrer entpuppt, der die Herde
hinter sich her wegführen will, dann verleugnet er damit den Gebieter, der ihn
erkauft hat.
Zurückkehren zum
Wälzen im Kot
Im gleichen Abschnitt schreibt der Apostel Petrus von
Menschen, die sich zu einem unsittlichen Lebenswandel zurückwenden und dabei
Herrlichkeiten lästern. Für sie wäre es „besser, den Weg der Gerechtigkeit nicht
erkannt zu haben, als, nachdem sie ihn erkannt haben, umzukehren von dem ihnen
überlieferten heiligen Gebot." Diese Menschen vergleicht Petrus mit einem Hund,
der zu seinem eigenen Gespei zurückkehrt, und einer gewaschenen Sau, die sich
im Kot wälzt (2. Petrus 2, 9-22).
Auch hier wird nichts über ein mögliches Abfallen von
Kindern Gottes gesagt. Es steht hier nicht: „Das Schaf kehrt zurück zu
seinem Gespei", sondern „der Hund". Ein Hund kann seinen eigenen Dreck
für eine Zeit aufgeben, aber er kann später wieder dazu zurückkehren. Eine Sau
kann schön gewaschen sein und wird doch wieder in den Dreck zurückkehren. Ein
netter Hund und eine gewaschene Sau sind dadurch jedoch nicht in ihrer Natur
verändert - sie sind keine Schafe geworden. Sie sind nur für eine gewisse Zeit
gereinigt. Es gibt eine ganze Reihe solcher christlichen „Hunde und Schweine",
die durch die Erkenntnis Jesu Christi der Befleckung der Welt eine Zeitlang
entflohen sind (Vers 20), sich dann aber doch wieder zu ihr zurückwenden. Für
diese Menschen wäre es besser, sie hätten den Weg der Gerechtigkeit nicht
erkannt; denn nun sind sie schuldiger als ein Trunkenbold oder Sittenstrolch,
der dem Evangelium nie sein Ohr geliehen hat. Diese Menschen haben sich einer
zeitlichen äußerlichen Reinigung ihres Lebens unterzogen, aber es kam nie zu
einer schriftgemäßen inneren Reinigung. Der Apostel bezeichnet sie daher auch
als „Ungerechte" (Vers 9). Sie waren zu keiner Zeit durch Glauben
gerechtfertigte Sünder gewesen.
Hütet
euch, daß ihr nicht aus eurer eigenen Festigkeit fallt
Der zweite Brief des Petrus enthält noch ein scheinbares
Gegenargument. Man beruft sich auf Kapitel 3,17: „Hütet euch, daß ihr nicht,
durch den Irrwahn der Ruchlosen mit fortgerissen, aus eurer eigenen Festigkeit
fallt."
Ein Wiedergeborener kann fallen. Darum müssen wir immer
wieder gewarnt und ermahnt werden. Wie viele Menschen gibt es, die einmal ein
hervorragendes Zeugnis besaßen, aber dann wieder in ein sittenloses Leben
zurückgefallen sind. Sie wachten nicht und verharrten nicht im Gebet, sondern
fielen. Bedeutet das, daß sie verloren sind? Wenn sie wirklich wiedergeboren
waren, dann ist das unmöglich. Dann ist Jesus Christus ihr Fürsprecher bei dem
Vater (1. Johannes 2, 1), und der Geist Gottes beginnt mit seinem Werk der
Wiederherstellung. David tat einen schrecklichen Fall, aber er sagt von Gott:
„Er erquickt meine Seele" (er stellt meine Seele wieder her, Psalm 23,3). Mit
einem zerbrochenen Herzen bekannte er Gott seine Schuld und bat: „Laß mir
wiederkehren die Freude deines Heils" (Psalm 51, 12).
Wenn Gott seine Kinder zurechtbringen will, läßt er sie
manchmal bittere Erfahrungen machen. Aber er hat sie zu lieb, um sie verloren
gehen zu lassen.
Auslöschen aus
dem Buch des Lebens (Offenbarung 3, 5)
Von dem Überwinder wird in Offenbarung 3,5 gesagt, daß
Jesus Christus seinen Namen nicht aus dem Buch des Lebens auslöschen wird. Damit
wird doch gleichzeitig ausgesagt, daß die Namen anderer wohl ausgelöscht werden
können.
Daß Namen aus dem Buch des Lebens ausgelöscht werden, ist
sicher; aber nicht aufgrund dieser Schriftstelle -eine solche Umkehrung dürfen
wir nicht so ohne weiteres vornehmen -, sondern aufgrund von Psalm 69,28, wo
prophetisch durch den Herrn gesagt wird:
„Laß sie ausgelöscht werden aus dem Buche des Lebens, und
nicht eingeschrieben mit den Gerechten!" Hier handelt es sich um einen
messianischen Psalm, der von den Leiden Jesu am Kreuz spricht (Vers 21). Vers 28
bezieht sich deswegen auf die Widersacher Jesu Christi. Von ihnen wird gesagt:
„Füge Ungerechtigkeit zu ihrer Ungerechtigkeit, und laß sie nicht kommen zu
deiner Gerechtigkeit."
An dieser Stelle wird also deutlich, daß ein Mensch nicht
unbedingt dadurch gerechtfertigt ist, daß sein Name ins Buch des Lebens
eingeschrieben worden ist. Es bedeutet nicht, daß er damit auch ewiges Leben
hat, das er verlieren würde, wenn sein Name aus dem Buch des Lebens ausgelöscht
würde.
Das Buch des Lebens ist in erster Linie das Buch aller
Lebenden. So sieht sich der Psalmist als Geschöpf in „seinem Buch"
aufgezeichnet (Psalm 139, 16). Moses bittet, daß er um Israels willen aus dem
Buch des Lebens ausgelöscht werden möge:
„Und nun, wenn du ihre Sünden vergeben wolltest!... Wenn
aber nicht, so lösche mich doch aus deinem Buche, das du geschrieben hast" (2.
Mose 32, 32).
Jeder Mensch ist prinzipiell ein „Lebenskandidat". Gott hat
nicht im voraus ein Buch der Verdammten. Wenn jemand geboren wird, wird er in
das Buch der Lebenden eingetragen und ist damit ein Kandidat für das
Leben. Wenn aber jemand das Heil abweist, das Gott ihm in Jesus Christus
anbietet, dann ist der Lohn der Sünde nicht nur der leibliche Tod, sondern auch
das Auslöschen aus dem Buch des Lebens. Dieser Mensch hat sich des ewigen Lebens
nicht würdig erachtet (vgl. Apostelgeschichte 13, 46).
Wenn die Toten einmal vor dem großen weißen Thron stehen
werden, wird das Buch des Lebens dort als ein stiller Zeuge liegen. Dann stehen
dort nur noch die Namen
der Gerechten. Diese Gerechten sind von Gott natürlich
schon vorher gekannt. Darum spricht Offenbarung 13, 8 und 17, 8 von Gerechten,
deren Namen von Grundlegung der Welt an im Buch des Lebens geschrieben sind. Es
trägt daher auch den Namen: „Buch des Lebens des geschlachteten Lammes". Die
Namen derer, die dort eingetragen sind, werden nicht ausgelöscht.
Das Buch des Lebens wird daher unter zwei Aspekten gesehen:
a) als ein Buch der Lebenden, aus dem Ungläubige
ausgelöscht werden,
b) als ein Buch des Lebens des Lammes. Dann enthält es nur
die Namen derer, die das ewige Leben erben.
Kann der
Bruder umkommen - konnte Paulus verwerflich werden?
In 1. Korinther 8, 11 ist die Rede davon, daß der Bruder,
um dessentwillen Christus gestorben ist, umkommt. Der Apostel hat in diesem
Kapitel über die Verantwortung der „Starken im Glauben" gegenüber den
„Schwachen" gesprochen. Nehmen wir an, da ist jemand stark im Glauben und geht
in einen Götzentempel, um dort Fleisch zu essen. Er nimmt an dem
götzendienerischen Ritual nicht teil; denn es geht ihm dort nur darum, Fleisch
zu essen. Dazu boten die Tempel ausgezeichnete Gelegenheiten! In einem Götzen
sieht dieser „Starke im Glauben" nichts - das Fleisch ist für ihn nichts anderes
als gewöhnliches Fleisch.
Ein anderer Christ sieht ihn dort hingehen. Aber sein
Gewissen gibt ihm nicht die Freiheit, ebenso zu handeln. Weil er aber die
anderen so handeln sieht und er selbst auch gern Fleisch ißt, geht er doch in
den Tempel und handelt dadurch gegen sein Gewissen. Für ihn persönlich bedeutet
das ein Sich-Verbinden mit den Götzen, und eine Rückkehr in die Klauen des
Heidentums ist die Folge. Kann der starke Gläubige nun sagen: „Dann ist dieser
,Schwache im Glauben' kein echter Christ gewesen, und ich brauche mir darüber
keine Gedanken zu machen"? Nein, es ist ein Bruder, den er als solchen kennt.
Durch sein liebloses Auftreten ist dieser „im Glauben schwache Bruder" in die
Klauen des Heidentums geraten und daher umgekommen. (Daß Gott ihn zurückbringt,
wenn er ein Wiedergeborener ist, wird hier nicht behandelt, da das unsere
Verantwortung abschwächen würde.)
Dieses Argument gebraucht der Apostel nun, um die „Starken
im Glauben" daraufhinzuweisen, daß sie auf das Gewissen des „schwachen Bruders"
achten und nicht in einem Geist leben sollten, der sagt: „Soll ich meines
Bruders Hüter sein?"
Im folgenden Kapitel schreibt Paulus im Blick aufsich
selbst:
„Damit ich nicht, nachdem ich anderen gepredigt habe,
selbst verwerflich werde" (1. Korinther 9, 27). Und in 2. Korinther 13, 5 lesen
wir:
„Oder erkennt ihr euch selbst nicht, daß Jesus Christus in
euch ist? Es sei denn, daß ihr etwa unbewährt seid." (Nach einer holländischen
Übersetzung:
„Oder seid ihr euch dessen nicht so sicher, daß Jesus
Christus in euch ist? Sonst seid ihr nämlich verwerflich.")
Paulus vergleicht sich mit einem Leichtathleten. Er spricht
von seiner Teilnahme an dem Wettlauf und von dem Kampf, in dem er steht. Mit
diesen Bildern vergleicht er seine Laufbahn als Diener Gottes. Einmal
unterstellt, Paulus hätte seinen Dienst, den Kampf, völlig aufgegeben. Dann wäre
er kein „Teilhaber des Evangeliums" mehr gewesen (Vers 23). Dann hätte sein
Leben bewiesen, daß er nur für eine Zeit ein Mitläufer war, der nun das
Bekenntnis aufgegeben hatte. Die unausweichliche Folge davon wäre dann seine
Verwerfung gewesen. Aber gerade die
Treue, mit der Paulus seinen Dienst ausübte, beweist, daß
er kein bloßer Bekenner, sondern ein wiedergeborener Arbeiter des Herrn war.
Sollte vielleicht jemand annehmen, die Schrift würde sagen:
„Paulus, ruhe dich ruhig auf deinen Lorbeeren aus. Du wirst das Ziel doch
erreichen"? Nein, ein Leben aus Gott beweist sich im Wandel. Ein Aufgeben des
Bekenntnisses dagegen beweist, daß kein Leben aus Gott vorhanden war. Dasselbe
gilt für die Korinther. Sie suchten einen Beweis dafür, daß Paulus wirklich ein
Apostel Jesu Christi war. „Nun", sagt der Apostel, „fragt euch doch einmal, ob
ihr glaubt. Wenn ihr darauf mit Ja' antworten könnt, dann habt ihr damit
zugleich den Beweis für mein Apostelamt. Denn durch mich habt ihr das Evangelium
von Jesus Christus gehört. Oder", so fährt er ironisch fort, „seid ihr euch
nicht sicher, daß Christus in euch ist? Seid ihr nicht wiedergeboren? Nun, dann
seid ihr verwerflich!" Damit ist aber nichts über ein Abfallen von Kindern
Gottes ausgesagt. Diese Korinther hätten ja gerade feststellen müssen, daß sie
nie Kinder Gottes gewesen waren.
Schließlich gibt es noch zwei Stellen über den
„Gerechten". Die erste finden wir in Hesekiel 18, 24. Dort steht, daß ein
Gerechter sterben wird, wenn er von seiner Gerechtigkeit umkehrt und Unrecht
tut.
Es ist eigenartig, daß man diese Stelle anführt, um das
Evangelium der Gnade Gottes, das im jetzigen Zeitalter geoffenbart wird, in
seiner Kraft einzuschränken. Lesen Sie bitte einmal das ganze Kapitel. Gott sagt
darin, daß ein sündiger Mensch leben wird, wenn er sich vom Bösen abwendet, die
Armen gut behandelt, keinen Wucher treibt usw. Müssen wir das etwa den Menschen
unserer Zeit als Evangelium vorstellen? Das ist eindeutig Gesetz. Nehmen
wir an, ich würde als Evangelist einem Betrunkenen sagen: „Laß das Trinken sein
und werde ein guter Familienvater, dann wirst du leben." Wäre ich dann wirklich
ein Diener des Evangeliums? Sicher nicht. Dann würde ich diesen Mann mit leeren
Versprechungen abspeisen. Aber ich darf auch nicht umgekehrt sagen: „Gerechter,
wenn du in Sünde fällst, dann stirbst du aufgrund von Hesekiel 18." Ich gebe
dann den Ausdrücken „Gerechter", „leben" und „sterben" einen neutestamentlichen
Sinn, den sie in Hesekiel 18 nicht haben. Dort wird weder von dem
Gerechtfertigt sein in Jesus Christus gesprochen noch vom ewigen Leben und
ewigen Tod.
Die zweite Stelle ist noch weniger als Argument geeignet.
Man verweist auf 1. Petrus 4, 18:
„Und wenn der Gerechte mit Not errettet wird, wo will der
Gottlose und Sünder erscheinen?"
Hier steht nämlich nicht, daß es Gerechte gibt, die doch
verlorengehen werden. Diese Stelle bietet nicht den geringsten Anhalt für ein
Gegenargument. Gott macht deutlich, daß der Gerechte errettet wird. Doch der Weg
des Gerechten geht durch allerlei Übungen, wie Vers 12 ff. zeigen. Gott
gebraucht diese Übungen zur Läuterung seines Hauses, denn Gott kann bei seinen
Kindern nichts Verkehrtes dulden. Hier gilt dasselbe, was Gott in Israel sagt:
„Nur euch habe ich von allen Geschlechtern der Erde
erkannt, darum werde ich alle eure Missetaten an euch heimsuchen" (Amos 3, 2).
Wenn alle Christen bereits hier auf der Erde praktische
Vollkommenheit erreichen würden, dann müßte keine Läuterung mehr stattfinden;
weil das aber nicht so ist, kann Gott nicht darauf verzichten. Wenn nun
Menschen, die durch das Blut Jesu Christi gerechtfertigt worden sind, mit Not
errettet werden, wo will dann der Sünder erscheinen, dessen Sünden nicht durch
das Blut Jesu Christi abgewaschen sind?
Auf ihn wartet das ewige Gericht. Aber der Gerechte
wird errettet werden, wenn auch
mit Not und großer von Gott angewandter Mühe.
Aus diesen Ausführungen können wir die Schlußfolgerung
ziehen, daß es zwei Arten von Schriftstellen gibt. Eine Reihe Stellen sprechen
bedingungslos von der Errettung der Kinder Gottes, weil das Werk in ihrer
Seele das Werk Gottes ist. Andere zeigen, daß jemand, der Christ zu sein
bekennt, dem christlichen Glauben und Wandel abschwören kann.
Wie sollen wir beide praktisch auf uns anwenden? Wir
sollten das Wort Gottes so sprechen lassen, wie es der jeweiligen Situation
angemessen ist. Anders ausgedrückt:
Eine bestimmte Botschaft richtet sich auch an einen
bestimmten Adressaten! So ist das Wort: „Ihr Männer, liebet eure Weiber" an die
Männer gerichtet und nicht an ihre Ehefrauen. Und die Ermahnung: „Ihr Weiber,
seid euren Männern Untertan" ist an die Frauen gerichtet und nicht an ihre
Ehepartner. Nun kann es jedoch vorkommen, daß der Mann seiner Frau „ihre Stelle"
um die Ohren schlägt und umgekehrt. Dasselbe kann auch mit diesen beiden Gruppen
von Schriftstellen passieren. Um mit einem Missionar aus Thailand zu sprechen:
„An diesen beiden Gruppen von Schriftstellen hängen
sozusagen zwei Fäden. Ein Gläubiger, der keiner verkehrten Lehre anhängt und
keinen schlechten Wandel führt, aber an seiner Errettung zweifelt, weil er auf
sich selbst sieht, muß an dem Faden der ersten Gruppe von Schriftstellen
ziehen.
Jemand, der Christ zu sein bekennt, dessen Leben aber nicht
mit seinem Bekenntnis übereinstimmt, muß an dem Faden der zweiten Gruppe ziehen.
Leider versteht es Satan sehr geschickt, die Fäden zu verwirren. Der
zweifelnde Christ bezieht dann die Ermahnungen der zweiten
Gruppe auf sich und verzweifelt. Der Christ, der einen
schlechten Lebenswandel führt, stützt sich auf die erste Gruppe und versucht so,
sein Gewissen zu beruhigen."
Der eine Faden ist die Linie der Gnade, der andere die
Linie der Verantwortung. Beide müssen wir biblisch anwenden.
Wir sind als Christen nicht auf uns selbst gestellt. Wir
sind füreinander verantwortlich (1. Korinther 12,25 + 26). Wie sollen wir nun im
Blick auf die beiden erwähnten Beispiele einander dienen? Im ersten Fall ist
das nicht so schwierig. Einem zweifelnden Gläubigen sollten wir die Ergebnisse
des Werkes Jesu Christi deutlich zu machen versuchen. Meistens entsteht Zweifel
dadurch, daß man von sich selbst enttäuscht ist. Das Entdecken der sündigen
Natur und Versagen im praktischen Leben sind die häufigsten Ursachen des
Zweifelns. Diese Gläubigen haben Unterweisung nötig. Sie müssen lernen,
daß Jesus Christus nicht nur für sie gestorben ist, sondern daß sie auch
mit ihm gestorben sind; daß Gott sie nicht mehr in ihrem sündigen
Zustand vor der Bekehrung sieht, sondern sie in Jesus Christus als eine neue
Schöpfung betrachtet. Ihr Blick muß auf Jesus Christus, den Hohenpriester,
gerichtet werden, der Mitleid zu haben vermag mit unseren Schwachheiten, weil
er in allen Dingen versucht wurde wie wir (Hebräer 2, 18; 4, 15 + 16). Er kommt
uns zu Hilfe.
Im zweiten Fall ist die Sache etwas schwieriger. Wir
sollten versuchen, diese Christen so zurechtzubringen, wie Paulus die Galater
ermahnt:
„Brüder! Wenn auch ein Mensch von einem Fehltritt übereilt
würde, so bringt ihr, die Geistlichen, einen solchen wieder zurecht im Geist der
Sanftmut, indem du auf dich selbst siehst, daß nicht auch du versucht werdest"
(Galater 6, 1).
Aber wie? Hier sind zwei Fälle möglich.
Es kann sein, daß ein Wiedergeborener in Sünde gefallen
ist und in Reue seine Schuld vor Gott bekannt hat. Dann dürfen wir ihn auf Jesus
Christus, den Fürsprecher bei dem Vater, hinweisen (1. Johannes 2, 1) und ihm
sagen: „Wenn wir unsere Sünden bekennen, ist er treu und gerecht, daß er uns
die Sünden vergibt." Dieser Gläubige hat Ermutigung und Ermahnung nötig,
um nicht wieder in Sünde zu fallen. Es kann auch sein, daß jemand weiter in
Sünde lebt und eiskalt sagt: „Aber ich bin doch errettet, denn ich bin ein Kind
Gottes." Sollten wir ihn dann darin bestärken, indem wir auf die Gnade Gottes
hinweisen, die das Werk seiner Hände nicht umkommen läßt? Auf keinen Fall!
Denn wer sagt uns, daß dieser Mensch wirklich
wiedergeboren ist? Wir können nicht in sein Herz sehen. Das Bekenntnis seines
Glaubens steht im Widerspruch zu dem Bekenntnis seines Wandels. Diesen Mann
dürfen wir nicht auf die Gnade Gottes hinweisen, sondern vielmehr auf die
Verantwortung des Christen. Für ihn gilt:
„Wenn ihr nach dem Fleische lebt, so werdet ihr sterben"
(Römer 8, 13).
Er lebt als ein Feind des Kreuzes Christi, dessen Ende
Verderben ist. Dieser Mensch befindet sich auf dem Weg zum Verderben. Und das
sollten wir ihm vorhalten.
Wenn er aber wirklich ein Kind Gottes ist? Gott weiß es und
wird es von diesem Weg retten. Angenommen, ich gehe mit meinem Kind an einen
Kanal. Das Kind will die Böschung hinunterlaufen und sich ins Wasser stürzen.
Sage ich dann: „Lauf ruhig, ich werde dich schon noch früh genug retten"? Nein,
ich sage: „Wenn du das tust, ertrinkst du." Daß ich es aber als Vater nicht so
weit kommen lassen werde, ist eine andere Sache.
Diese Christen sollten wir strafen. Wenn wir sie dadurch von einem Irrweg
abgebracht haben, können wir sagen,
daß wir - ähnlich wie in dem gerade erwähnten Beispiel
-eine Seele vom Tod errettet haben (Jakobus 5, 19 + 20).
Gottes Gnade ist groß. Aber unsere Verantwortung ist
ebenfalls groß. Es ist mein herzlicher Wunsch, daß durch dieses Büchlein beides
ins rechte Licht gerückt worden ist.