Home Forum neu Forum BBKR Begriffserklärungen Syngrammata Lehre auf Youtube Neben der Schrift Fakten zur Bibel
Im englischsprachigen Bereich ist es zu einer Kontroverse über die Sohnschaft unseres Herrn Jesus Christus gekommen. Ist er von Ewigkeit her der Sohn Gottes oder hat er diesen Titel erst bei seiner Menschwerdung angenommen? Das könnte Auswirkungen auf das Verständnis der Trinität Gottes haben. John MacArthur nimmt Stellung zu den Vorwürfen und erklärt, wie er den Zusammenhang von der Schrift her versteht. d. Red.
Die Bibel lehrt ausdrücklich und unzweideutig, dass Jesus Christus ewiger Gott
ist. Darüber kann es keine Diskussion geben. Die Schrift ist voll von Stellen,
welche die Gottheit und ewige Existenz unseres Herrn schlüssig nachweisen.[1]
Daran zu glauben ist fundamental wichtig für die Lehre von dem dreieinigen Gott,
wie sie von den Aposteln und allen folgenden Generationen rechtgläubiger
Theologen verstanden wurde.
Ich bekräftige diese wesentlichen Wahrheiten wie jeder andere echte Christ. Ich
glaube an die Trinität, die Unwandelbarkeit Gottes und die absolute Gottheit und
ewige Präexistenz Christi. Wie ich zu diesen Dingen stehe, sollte keine Frage
sein. Ich habe jahrelang daran gearbeitet, um meine Lehre so klar und konsequent
darzulegen, wie es menschlich möglich ist. Doch in den letzten Monaten erhoben
einige Kritiker lautstark ihre Zweifel an meiner Rechtgläubigkeit, und zwar auf
Grund der Aussagen, die ich über die Sohnschaft Christi in meiner Kommentarreihe
zum Neuen Testament gemacht habe. Ein Teil dieser Kritiker scheint anzudeuten,
dass meine Haltung unvereinbar sei mit der Lehre von der Gottheit Christi.
Nichts könnte von der Wahrheit weiter entfernt sein als dies. Hier noch einmal,
was ich zu dem Thema geschrieben habe:
Die Bibel spricht nirgendwo von der ewigen Sohnschaft Christi. In Hebr 1,8, wo
von seiner ewigen Existenz gesprochen wird, sagt Gott zum Sohn: "Dein Thron, o
Gott, ist in alle Ewigkeit." Wenn von der Ewigkeit Christi gesprochen wird, wird
der Titel "Gott" verwendet; nur dann, wenn von seiner Inkarnation[2]gesprochen
wird, wird er "Sohn" genannt. ...
Christus wurde erst
bei seiner Inkarnation Sohn [genannt]. Vorher war er
ewiger Gott. Daher ist es nicht korrekt zu sagen, der Herr Jesus Christus sei
ewig Gott untergeordnet, da er ja den Titel Sohn trägt. Er ist kein "ewiger
Sohn", der Gott immer unterworfen, immer weniger als Gott ist, immer unter Gott
steht. Sohnschaft ist eine Analogie, die uns helfen soll, das unerlässliche
Verhältnis Christi und seine freiwillige Unterordnung unter den Vater zu unserer
Erlösung zu verstehen. Wie bereits erwähnt, zeigt das Heute in Hebr 1,5, dass
seine Sohnschaft zu einem bestimmten Zeitpunkt begann, und nicht in der
Ewigkeit. Sein Leben als Sohn begann in dieser Welt.[3]
[Jesus] war nicht von Natur aus ewig Gott, dem Vater, untergeordnet, sondern war
ihm gleich, und doch ordnete er sich dem Vater willig unter, als er im Fleisch
war, wie es ein gehorsamer Sohn gegenüber seinem irdischen Vater tut. Es
scheint, dass Jesus dem Vater nicht ewig unterworfen war, sondern nur während
der Zeit seines Menschseins. Paulus macht diese Tatsache deutlich, als er die
Kenosis[4]erwähnt: "der in Gestalt Gottes war und es nicht für einen Raub
achtete, Gott gleich zu sein. Aber er machte sich selbst zu nichts und nahm
Knechtsgestalt an, indem er den Menschen gleich geworden ist" (Phil 2,6-7).
Jesus ist für ewig die "Ausstrahlung seiner Herrlichkeit und Abdruck seines
Wesens" und trägt "alle Dinge durch das Wort seiner Macht" (Hebr 1,3).
Etwa 900 Jahre bevor Jesus geboren wurde, prophezeite Gott: "Ich will ihm Vater
und er soll mir Sohn sein" (Hebr 1,5; 2Sam 7,14) und deutete damit an, dass es
die Rollen von Vater und Sohn nicht von Ewigkeit her gab, obwohl die
Dreieinigkeit immer aus drei Personen bestand. Solche Bezeichnungen wurden erst
bei der Inkarnation ins Leben gerufen.
Christus wurde erst bei seiner Menschwerdung Sohn. Vorher war er ewiger Gott
Als Maria die Geburt Jesu angekündigt wurde, erklärte der Engel Gabriel: "Dieser
wird groß sein und Sohn des Höchsten genannt werden
; darum wird
auch das Heilige, das geboren werden wird, Sohn Gottes genannt
werden " (Lk 1,32.35). Sohn war ein neuer Name, welcher der zweiten Person
der Gottheit noch nie zuvor verliehen worden war, außer im prophetischen Sinn,
etwa in Psalm 2,7, was in Hebr 1,5-6 als Hinweis auf seine Inkarnation ausgelegt
wird. Johannes schrieb: "Am Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und
das Wort war Gott" (Joh 1,1). "Und das Wort wurde Fleisch und wohnte unter uns"
(Joh 1,14) - erst dann übernahm er die Rolle und Funktion des Sohnes als
"eingeborener Sohn" (Joh 1,18).[5]
Obwohl der Plan ewig war, wurde der Begriff Sohn als ein Inkarnationsbegriff
reserviert, der in seiner Vollständigkeit Jesus erst verliehen wurde, nachdem er
das Gewand des Menschseins angezogen hatte. Er war der Sohn Gottes im Sinn der
Wesenseinheit mit ihm und in der Rolle pflichtbewusster, liebender Unterordnung
unter den Vater in seiner sich selbst entäußernden Inkarnation. Es gibt
natürlich keine Frage, dass er ewig Gott ist und ewig die zweite Person der
Gottheit, doch Paulus sagt, dass er zum Sohn Gottes erklärt wurde, als er auf
übernatürliche Weise von Maria empfangen und als Nachkomme Davids nach dem
Fleisch geboren wurde. Wir könnten somit sagen, dass Christus seit ewig als der
Sohn Gottes erwartet und in der Erfüllung seiner Inkarnation für immer zum Sohn
Gottes erklärt wurde.[6]
All diese Zitate zeigen, dass meine Darlegung die Gottheit Christi und seine
ewige Gottgleichheit unterstreicht
. Nichts von dem, was ich geschrieben
habe, kann mit Recht so verdreht werden, als wäre ich in irgendeiner Weise
unklar oder zweideutig gewesen, was die Gottheit und ewige Existenz Christi
betrifft.
Ich führe mit Sicherheit keine neue oder radikale Lehre ein. Rechtgläubige
Theologen haben sich jahrhundertelang gestritten, ob der Titel "Sohn Gottes" dem
Christus seit Ewigkeiten verliehen worden war, oder ob er ihn förmlich bei
seiner Inkarnation annahm. Die Frage hat überhaupt keinen Einfluss auf das
Problem der Natur des Wesens Christi. Wie ich sehe, wird meine Sicht darüber nur
von einer Minderheit geteilt; daher handelt es sich keinesfalls um eine
entscheidende oder fundamentale Frage.
Offen gesagt, ich bin überrascht, dass man deshalb so viel Aufhebens gemacht
hat. Ich habe meine Ansichten über die Sohnschaft Christi nie in den Mittelpunkt
meiner Lehre gestellt. Abgesehen von ein paar kurzen Abschnitten in den
Kommentaren, die ich oben zitiert habe, war alles, was ich über diese Frage
geschrieben habe, eine Antwort an jene, die meine Sicht meiner Meinung nach
missverstanden haben.
Das Konzil von Nizäa nannte Jesus den "ewigen Sohn". Damit sollte bestätigt
werden, dass der eine, der Sohn genannt wird, ewig ist.
Es war auch nicht meine Absicht, Kontroversen zu diesem Thema auszulösen. Ich
führe keinen grundlegenden Streit mit denen, die glauben, Jesus hätte den Titel
"Sohn" von Ewigkeit her getragen. Ganz sicher halten sie an der biblischen Lehre
von der Trinität und der Gottheit Christi fest. Natürlich könnte man Jesus von
Ewigkeit her den Sohn Gottes nennen, und zwar in einem antizipierenden Sinn, wie
er auch das "geschlachtete Lamm von Grundlegung der Welt an" ist (Off 13,8). Der
Unterschied ist weniger eine theologische Frage sondern eher eine
terminologische. In keiner Weise sollte an dieser Unterscheidung die
Rechtgläubigkeit gemessen werden. Als das Konzil von Nizäa Jesus "ewigen Sohn"
nannte, wurde damit nicht erklärt, dass er ewig "Sohn" genannt wurde, sondern es
sollte bestätigt werden, dass der eine, der Sohn genannt wird, ewig ist.
Daran wurde die Rechtgläubigkeit gemessen. Das ist immer noch so.
Was sagt die Schrift?
Meine Sicht über die Sohnschaft Christi ist nicht durch irgendeine
theologische Tagesordnung motiviert, sondern durch den Wunsch, die Schrift
richtig auszulegen. Es fällt auf, dass jene, die meine Rechtgläubigkeit in Bezug
auf dieses Thema in Frage gestellt haben, gegen das, was ich gelehrt habe, kein
biblisches Argument vorgebracht haben. Sie mögen sich auf einer theologischen,
philosophischen oder geschichtlichen Grundlage leidenschaftlich streiten, doch
fast niemand hat den Versuch gemacht, die Lehre von der ewigen Sohnschaft
biblisch nachzuweisen. Der Grund dafür ist klar: Keine Stelle im Alten oder
Neuen Testament sagt, dass Christus den Titel oder die Rolle des "Sohnes" von
Ewigkeit her hatte. Die Bezeichnung "Sohn" in der Schrift wird nur in Verbindung
mit seiner Inkarnation auf Christus angewandt.
Wenn zum Beispiel im Alten Testament Christus "Sohn" genannt wird, ist der Sinn
der Stelle immer prophetisch, denn es wird sein Kommen erwartet.
Psalm 2,7 und Jesaja 9,6, beides Schlüsselverse bei dieser Diskussion, sind
Prophetien auf den Messias. Das trifft auf jeden Kontext zu, wo der Titel "Sohn"
für Christus im Alten Testament verwendet wird.
Der einzige Text überhaupt, der als Ausnahme zu dieser Regel zitiert werden
kann, ist Sprüche 30,4. Er hat eindeutig keine prophetische Nebenbedeutung: "Wer
ist hinaufgestiegen zum Himmel und herabgefahren? Wer hat den Wind in seine
Fäuste gesammelt? Wer hat die Wasser in ein Tuch eingebunden? Wer hat
aufgerichtet alle Enden der Erde? Was ist sein Name
und was der Name seines
Sohnes wenn du es weißt?"[7] Dieser Vers ist jedoch kaum ein schlüssiger
Beweis für die Lehre von der ewigen Sohnschaft. "Was ist ... der Name seines
Sohnes?" ist eine rhetorische Frage. Deshalb haben die Übersetzer der New
American Standard Bible "Sohn" nicht als Eigenname behandelt. Die Worte stammen
von Agur, der mit zwei Männern sprach und fragte, ob je ein Mensch mit Gott zu
vergleichen wäre. Ist je ein Mensch zum Himmel hinaufgestiegen oder hat je ein
Mensch den Wind gesammelt oder die Wasser eingebunden oder die Erde geschaffen?
Wenn ja, so sagt Agur, nenne mir dessen Namen - und sage mir, wer sein Sohn ist,
damit ich ihn genau identifizieren kann!
Wo immer Christus im Alten Testament erscheint, wird er als "Engel des Herrn"
bezeichnet - nicht als "Sohn"
Wo immer Christus im Alten Testament erscheint, wird er als Gesandter für die
Menschen gesehen. Bei solchen Ereignissen wird er als "Engel des Herrn"
bezeichnet[8]- nicht als "Sohn". Niemand würde andeuten wollen, dass er in
seiner Funktion ewig ein Engel ist. Vielmehr nahm er diese Rolle an, wenn er im
Alten Testament erschien. Genauso wurde der Begriff "Sohn" auf Jesus anwendbar,
und zwar bei seiner Inkarnation und nicht vorher.
An manchen Stellen berichtet das Alte Testament von Gesprächen zwischen den
Personen der Trinität.[9] Bei solchen Gesprächen werden die Titel Vater und Sohn
nie verwendet. Im gesamten Alten Testament werden beide Personen der Trinität
"Jahwe" genannt, nie "Jahwe-Vater" und "Jahwe-Sohn".
Neutestamentliche Stellen, die vom Sohn als dem Ewigen sprechen (Joh 1,14.18)
oder als dem in die Welt Gesandten[10] sagen nicht, dass er ewig der Sohn ist,
sondern dass der Eine, den wir nun als den Sohn kennen, ewig ist und von Gott in
die Welt gesandt wurde. Mindestens zwei Stellen beziehen sich auf den Sohn in
Verbindung mit der Schöpfung (Kol 1,13-17; Hebr 1,2). Sie sagen einfach, dass
der Eine, den wir nun als Sohn kennen, der Schöpfer Gott war. Das ist genauso,
als wenn jemand aus meiner Gemeinde sagen würde: "Unser Pastor ist in die
Glenoaks-Grundschule gegangen." Ich war damals kein Pastor, doch jeder versteht
die Bedeutung einer solchen Aussage. Das Neue Testament redet in ähnlichen
Begriffen. Verse, die das Werk des Sohnes von Ewigkeit her erklären, können
nicht als Beweis dafür angeführt werden, dass "Sohn" sein ewiger Titel sei.
Wer Jesus den ewigen Sohn nennen möchte, wird über Jesaja 9,5 stolpern, wo er
"ewiger Vater" genannt wird
Wer Jesus den ewigen Sohn nennen möchte, wird über Jesaja 9,5 stolpern, wo er
"ewiger Vater" genannt wird: "Denn ein Kind ist uns geboren, ein Sohn uns
gegeben, und die Herrschaft ruht auf seiner Schulter; und man nennt seinen
Namen: Wunderbarer Ratgeber, starker Gott, Vater der Ewigkeit, Fürst des
Friedens." Gibt es zwei Väter? Damit wird der anthropomorphe Charakter solch
biblischer Terminologie deutlich.
Was geschah bei der Inkarnation?
Wer die Gottheit Christi leugnet, will häufig damit sagen, dass es für
Christus unmöglich sei, sowohl Gott als auch Sohn Gottes zu sein. Um dieses
wichtige Problem zu verstehen, dürfen wir nicht fragen, wie Jesus gleichzeitig
Gott und Sohn Gottes sein kann, sondern müssen fragen, in welchem Sinn er der
Sohn Gottes ist.
Christus war in keiner Weise von Ewigkeit her Gott unterlegen oder
untergeordnet. Jedoch beinhaltet ein Vater-Sohn-Verhältnis verschiedene Elemente
von Unterordnung: </P<
Generation - ein Vater schenkt seinem Sohn das Leben;
Unterordnung - ein Sohn gehorcht seinem Vater; und
Alter - ein Sohn ist jünger als sein Vater.
Keines von diesen trifft auf das ewige Verhältnis innerhalb der Trinität zu. Die
zweite Person wurde nicht in dem Sinn "gezeugt", dass sie zu existieren begann
(Joh 1,1). Sie war der ersten nicht untergeordnet, sondern gleich an
Souveränität und Autorität (Phil 2,6). Und die zweite Person ist nicht jünger
als die erste (Joh 1,2). Daher hätten die Begriffe "Vater" und "Sohn" vor der
Inkarnation keine Bedeutung gehabt.
Die Begriffe "Vater" und "Sohn" hätten vor der Inkarnation keine Bedeutung
gehabt
Jesus Christus war, als er im Fleisch war, in einzigartiger Weise dem Vater
untertan, um uns ein Beispiel vollkommenen Gehorsams zu zeigen. Philipper 2,5-8
sagt:
"Diese Gesinnung sei in euch, die auch in Christus Jesus war, der in Gestalt
Gottes war und es nicht für einen Raub achtete, Gott gleich zu sein. Aber er
machte sich selbst zu nichts und nahm Knechtsgestalt an, indem er dem Menschen
gleich geworden ist [gr. ginomai
], und der Gestalt nach wie ein Mensch
erfunden, erniedrigte er sich selbst und wurde [ ginomai
] gehorsam bis
zum Tod, ja zum Tod am Kreuz."
Die Umwandlung, die dort beschrieben ist, geschah, als der Herr Mensch wurde.
Paulus schrieb über Gottes Sohn, dass er "aus der Nachkommenschaft Davids
gekommen ist dem Fleische nach" (Röm 1,3). Das griechische Wort für "gekommen"
ist auch ginomai
, wörtlich "wurde". Es bezeichnet die Verwandlung von
einem Zustand in einen anderen. Paulus sagt sicher nicht, dass Jesus bei seiner
Inkarnation geschaffen wurde, sondern dass er, der in Ewigkeit ausschließlich
göttlich war, nun zu einem menschlichen Nachkommen Davids geworden war. In
ähnlicher Weise bedeutete die Inkarnation Christi eine Verwandlung von der
Gottgleichheit in Funktion und Titel hin zum geliebten Diener oder "Sohn", wobei
er im Wesen vollkommen Gott blieb.
Hebräer 1,4 ist ein entscheidender Vers bei der Betrachtung dieser Frage. Viele
Sekten und falsche Religionen leugnen die Gottheit Christi auf der Grundlage
dieses Verses, welcher sagt, dass Christus "um so viel erhabener geworden ist
als die Engel, wie er einen vorzüglicheren Namen vor ihnen ererbt hat."
Eigentlich beschreibt der Vers den Höhepunkt der Inkarnation Christi. Indem er
Mensch wurde, wurde er niedriger als die Engel (Hebr 2,7.9). Am Ende jedoch
wurde er wegen seines treuen Gehorsams und seines wunderbaren Werkes, das er als
Sohn vollbracht hat, über die Engel erhoben - dorthin, wo er war, bevor er auf
die Erde kam.
Sektierer, welche die Gottheit Christi leugnen, halten die Sohnschaft Jesu
häufig für einen Beweis für seine ewige Unterlegenheit und Unterordnung unter
Gott
Hebr 1,5 setzt fort mit einem Zitat aus Psalm 2,7, wobei eine entscheidende
alttestamentliche Stelle für uns ausgelegt wird. Die erste Person der Trinität
sagt prophetisch zur zweiten Person: "Mein Sohn bist du, ich habe dich heute
gezeugt." Manche haben vorgeschlagen, dass das Verb, das in Psalm 2,7 im Perfekt
steht ("gezeugt"), sich auf die vergangene Ewigkeit bezieht, und meinten, dass
der Sohn in der Ewigkeit vom Vater gezeugt wurde. Solch eine Lesart ergibt sich
normalerweise nicht aus diesem Vers, scheint aber erfunden worden zu sein, um
die vorausgesetzte Lehre von der ewigen Sohnschaft zu stützen. Schlimmer noch,
es wird dadurch ein größeres theologisches Problem geschaffen, denn es wird eine
Erklärung gefordert, was "Zeugung in der Ewigkeit" heißt. Wurde demnach der Sohn
in der Vergangenheit der Ewigkeit geschaffen? Wenn ja, dann ist er ein
geschaffener Gott. Wenn nicht, dann ist der Gedanke einer Zeugung in Ewigkeit
bedeutungslos und verwirrend. Wie gesagt halten Sektierer, welche die Gottheit
Christi leugnen, die Sohnschaft Jesu häufig für einen Beweis für seine ewige
Unterlegenheit und Unterordnung unter Gott. Unglücklicherweise sprechen
rechtgläubige Lehrer, die an der ewigen Sohnschaft des Christus festhalten,
unwissentlich ein Element dieses falschen Glaubens nach, wenn sie lehren, dass
er in Ewigkeit vom Vater gezeugt wurde.
Es ist nicht nötig, Christus mit einer Theorie wie dieser zu erniedrigen, wenn
wir erkennen, dass er den Titel und die Rolle des Sohnes einfach annahm, als er
bei seiner Geburt in die Welt kam.
Das Wort "heute" in Hebräer 1,5 scheint die Frage zu beantworten. Die Sohnschaft
Christi begann eindeutig zu einem Zeitpunkt und nicht von Ewigkeit her. Lukas
2,11 verwendet denselben griechischen Ausdruck, welcher besagt: "Denn euch ist
heute ein Retter geboren".[11]Es gab innerhalb der Zeit einen Tag, als
die zweite Person der Trinität als Sohn gezeugt wurde, und die Schrift lehrt
nach meiner Meinung, dass dies bei seiner Inkarnation geschah.
Hebräer 1,5 zitiert auch 2Sam 7,14: "Ich will ihm Vater sein, und er soll mir
Sohn sein." Wohlgemerkt stehen beide Verben in der Zukunft. Die erste Person
schaute voraus auf eine künftige Zeit, wenn sie die Rolle des Vaters spielen
würde, und die zweite Person würde dessen Sohn sein. Diese Prophetie wurde bei
der Inkarnation erfüllt. Der Schreiber des Hebräerbriefes sagte seinen jüdischen
Lesern, dass der inkarnierte Christus Gott im menschlichen Fleisch war.
Zu beachten sind auch die Zukunftsformen, die vom Engel verwendet werden, der
mit Maria in Lukas 1,32 sprach: "Dieser wird
... Sohn des Höchsten
genannt werden ". In ähnlicher Weise sagt Vers 35: "... darum
wird auch das Heilige, das geboren werden wird
, Sohn Gottes genannt werden
".[12]Christus wurde erst dann Sohn Gottes genannt, als er geboren wurde.
Als Christus im Fleisch war, sagte Gott: "Du bist mein geliebter Sohn" (Lk
3,22). Doch zuvor hatte die erste Person der Trinität die zweite Person nie so
bezeichnet.
Der Titel "Sohn", der allein bei der Inkarnation unseres Herrn verwendet wird,
sollte seine Unterordnung unterstreichen - doch nicht nur das. Diese Bezeichnung
offenbarte auch am besten, dass Jesus und Gott wesensgleich waren, wie jeder
Sohn im Wesen seinem Vater gleicht.
Vor der Inkarnation war es nicht nötig, zu betonen, dass die zweite Person
der Trinität mit der ersten wesensgleich war
Vor der Inkarnation war es nicht nötig, die Wahrheit zu verteidigen, dass die
zweite Person der Trinität mit der ersten wesensgleich war. Eine solche
Verteidigung wurde erst dann nötig, als die zweite Person Mensch wurde und ihre
Gottheit verhüllt war. "Sohn" war damals von größter Bedeutung, weil damit
bekräftigt wurde, dass dieser Mensch eins ist mit Gott. Daher war Jesus Gottes
Sohn, und zwar nicht nur hinsichtlich seiner Funktion als gehorsamer Sohn im
Erlösungswerk, sondern auch weil er ewig in seiner Natur mit Gott eins gewesen
ist.
Was geschah bei der Auferstehung?
Psalm 2,7 wird dreimal im Neuen Testament zitiert: einmal in der erwähnten
Stelle Hebr 1,5, einmal in Hebr 5,5 und einmal vom Apostel Paulus in Apg 13,33.
Letzterer Vers sagt, dass Gott die Verheißung "uns, ihren Kindern, erfüllt hat,
indem er Jesus erweckte; wie auch im zweiten Psalm geschrieben steht: 'Du bist
mein Sohn, heute habe ich dich gezeugt.'"
Bemerkenswerterweise setzte Paulus Psalm 2,7 nicht in Beziehung zur Inkarnation,
sondern zur Auferstehung. Wurde Jesus bei seiner Geburt oder bei seiner
Auferstehung gezeugt? Die Schrift sagt scheinbar beides. Ist das ein
Widerspruch? Nein. Die Sohnschaft Jesu kam bei seiner Auferstehung zur vollen
Entfaltung. Er ist nicht nur Gottes Sohn, weil er aus einer Jungfrau hervorging,
sondern auch weil er aus den Toten hervorgebracht wurde. Seine Sohnschaft ist
immer noch untrennbar mit seiner Inkarnation verbunden.
Paulus sagte, Jesus war "als Sohn Gottes in Kraft eingesetzt dem Geiste der
Heiligkeit nach auf Grund der Toten-Auferstehung" (Röm 1,4). Mit anderen Worten,
Gott hat Christus auferweckt als Tribut, weil Christus dessen durch die
Erfüllung seiner Pflichten als Sohn würdig war. Das war letztlich die Vollendung
von Psalm 2,7 und Jesaja 9,6. Christus kam zuerst als Sohn bei der
Jungfrauengeburt und wurde vollkommen und für immer zum Sohn erklärt durch seine
Auferstehung von den Toten.
Am Anfang wurde er "das Wort" genannt, den Titel "Sohn" nahm er an, als er
"Fleisch wurde"
Was für einen Titel hatte Christus von Ewigkeit her, wenn nicht "Sohn"? Der
Apostel Johannes nannte ihn "das Wort". Er schrieb: "Im Anfang [von Ewigkeit
her] war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott," aber auch
"Das Wort wurde Fleisch
," - womit er die Verwandlung Christi von einer
Rolle in die andere andeutete (Joh 1,1.14). "Wurde" kommt vom selben
griechischen Wort ( ginomai
), das im Neuen Testament fünfmal verwendet
wird, wenn von der Inkarnation des Christus und seinem Rollenwechsel gesprochen
wird. Am Anfang wurde er "das Wort" genannt. Er nahm den Titel "Sohn" an, als er
"Fleisch wurde".
Vielleicht sollte ich noch einmal unterstreichen, dass Christus zu keiner Zeit
im Fleisch und während seines irdischen Dienstes jemals aufhörte, Gott zu sein.
Er war voll und ganz Gott, während er auch voll und ganz Mensch war. Außerdem
wird er seit seiner Inkarnation bis in alle Ewigkeit sowohl seine Gottheit als
auch sein verherrlichtes Menschsein beibehalten. In diesem Sinn ist er für immer
der Sohn Gottes.
Was sagt die Kirchengeschichte?
Als ich die Kirchengeschichte zu diesem Thema studierte, stieß ich auf das
klassische Werk von James Orr "The Progress of Dogma", das einige gute Einblicke
enthält:
"Sie [die frühen griechischen Väter] waren sich in der Lehre vom Logos praktisch
einig, und strebten danach, Christi völlige und vollkommene Gottheit zu
bewahren. Doch als sie die Unterscheidung von Vater und Sohn wieder an die
Gottheit herantrugen, sahen sie sich genötigt, die Vereinbarkeit mit dem
Monotheismus darzulegen. Vor ihnen lag die Aufgabe, ihre Lehre von Gott so zu
konstruieren, dass die Unterscheidung von Vater und Sohn - auch vom Heiligen
Geist mit einbezogen wurde. Sie mussten sich nicht nur an einer Theologie der
Person Christi versuchen, sondern auch an einer Theologie der Trinität."[13]
Und worin bestand diese Theologie der Trinität? Sie glaubten, dass Gott in drei
Personen ewig existierte, doch dass die Vater-Sohn-Rollen erst dann gespielt
wurden, als der Heilsplan entfaltet wurde. Tertullian schrieb, "Gott ist in
dieser Hinsicht Vater, und er ist auch Richter; doch er war nicht immer Vater
und Richter gewesen, einfach deshalb, weil er immer Gott gewesen ist. Denn er
hätte nicht zeitlich vor dem Sohn Vater sein können, auch nicht Richter bevor
die Sünde kam."[14]
Orr sagt weiter: "Es ist wohl offensichtlich, dass diese Logos-Lehre der
Apologeten in gewisser Weise die späteren sabellianischen und arianischen
Konstruktionen unterstützten und zwar bei den Sabellianern den Gedanken vom
Logos als Modus und nicht als personelle Unterscheidung innerhalb der Gottheit,
und bei den Arianern das Zugeständnis, dass es eine Zeit gegeben hätte, wo es
den Sohn nicht gab. Dieser sei durch einen Willensakt des Vaters geschaffen
worden. Doch nichts lag den Apologeten ferner, als diese beiden Ansichten zu
unterstützen. Ihre Lehre unterscheidet sich diamentral von denen der Arianer
darin, dass sie den Sohn wahrhaftig für wesensgleich mit dem Vater hielten; und
sie unterscheidet sich von den Sabellianern darin, dass sie die Existenz dreier
voneinander unterschiedener Hypostasen oder Personen innerhalb der Gottheit, und
zwar vor und seit der Schöpfung, bekräftigten."[15]
Wir sehen die Demonstration der Majestät Jesu Christi durch seine Herablassung.
Er stieg von seiner erhöhten Stellung im Himmel herunter, um die in Ewigkeit
geplante Rolle des Sohnes zu erfüllen. Und er tat das, um beispielhaft
vollkommenes Menschsein zu zeigen, ein mitfühlender Hoherpriester zu werden,
versucht zu werden wie wir - jedoch ohne Sünde - und um stellvertretend für die
Menschheit den Grimm der Gerechtigkeit Gottes und seinen heiligen Zorn für uns
zu tragen. Er ist in Ewigkeit Gott. Doch nun ist er auch für immer unser großer
Hoherpriester, der Mitleid hat mit unseren Schwachheiten, weil er sich
herabließ, um ein gehorsamer Sohn zu sein, der sich selbst zu unseren Gunsten
demütigte - sogar bis zum Tod.
Lasst nicht zu, dass eine begriffliche Differenz unsere Einheit bedroht!
Häresie? Kaum. Der Unterschied zwischen denen, die eine solche Sicht vertreten
und denen, die an einer Lehre der ewigen Sohnschaft festhalten, ist nicht allzu
groß. Wir alle wollen die ewige Gottheit und Unwandelbarkeit unseres gepriesenen
Herrn bekräftigen. Lasst nicht zu, dass eine begriffliche Differenz unsere
Einheit bedroht!
Zum Redaktionsschluss erreichte uns die Nachricht, dass John MacArthur seine
Sicht über die Sohnschaft Christi aufgrund des Hebräer-Textes doch geändert hat.
Wir werden in der nächsten Ausgabe darüber berichten. d. Red.
John MacArthur
Dr. John F. MacArthur ist Pastor und Lehrer der Grace
Community Church in Sun Valley, Kalifornien
Anschrift:
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[1] 1Joh 1,1; 8,58; 10,30; 20,28; Phil 2,6; Kol 2,9; Röm 9,5; Tit 2,13; 2Petr
1,1; Hebr 1,8; 1Joh 5,20.
[2] Lat. Fleischwerdung, d.h. die Menschwerdung Gottes in Christus vgl. Joh 1,14
(d. Red.)
[3] John F. MacArthur, Jr. The MacArthur New Testament Commentary, Hebrews.
Moody: Chicago, 1983. S. 27-28
[4] Gr. die Selbstentäußerung Christi , wie sie in Phil 2,7 beschrieben ist: Er
machte sich selbst zu nichts (o. entäußerte sich selbst) d. Red.
[5] John F. MacArthur, Jr. The MacArthur New Testament Commentary, Galatians.
Moody: Chicago, 1983. S. 107-108
[6] John F. MacArthur, Jr. The MacArthur New Testament Commentary, Romans.
Moody: Chicago, 1983. S. 15
[7] Hervorhebung durch den Verfasser.
[8] z.B. 1Mo 22,11
[9] z.B. Ps 110,1
[10] Joh 3,16; 16,28; 20,21; Gal 4,4; 1Joh 1,1-2; 3,8; 4,10.14
[11] Hervorhebung durch den Verfasser
[12] Hervorhebungen durch den Verfasser.
[13] James Orr. Progress of Dogma. (Revell, n.d.: Old Tappan, N. J., 1975. S.
80.
[14] Tertullian. "Against Hermogenes", 3, in Alexander Roberts und James
Donaldson, Hrsg. The Ante-Nicene Fathers, Bd. 3. Eerdmans: Grand Rapids,
Neudruck 1973, S. 478.
[15] Orr, S. 81.