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Lieber Matthias

Nun drehen wir uns wirklich nur noch im Kreis. Du bringst Argumente, die ich in meinen Beiträgen schon längst beantwortet habe. Den Geschwistern zuliebe gehe ich aber nochmals auf einige wenige Punkte ein.

Wie bereits gesagt, steht der absolute Massstab nur Gott zu. Den Verstand bzw. das rationale Denken zum absoluten Massstab für die Beurteilung von Dingen zu erheben ist Wunschdenken. Erstens müsstest Du mir einen menschlichen Verstand liefern können, der keine Fehler macht, zweitens würde dies bedingen, dass sämtliche Probleme im Leben auf rationalem Wege zu lösen sind, denn eine rationale Beurteilung bedingt auch eine rationale Lösung. Beides ist unmöglich. Beispiele dafür habe ich Dir ja schon genug geliefert.

Alle Aspekte des Lebens zu beschreiben beinhaltet vielleicht auch analysieren, ergründen und verstehen. Ich habe niemals behauptet, dass bei diesem Vorgang der Verstand nicht voll aktiv sein darf. Doch Du schränkst das Beschreiben auf diese Tätigkeiten ein. Das tue ich nicht. Was "beschreibt" denn Beethoven mit seiner sechsten Symphonie, der "Pastorale"? Oder Tschaikowski mit seiner "Pathetique"? Oder Ravel mit seinem "Jeux d'Eau"? Werden hier nicht Gefühle und Eindrücke voll mit einbezogen? Musik, die Sprache der Gefühle.

Auch die verbale bzw. geschriebene Sprache ist keine rein rationale Sprache, wie etwa die Mathematik. Sie lebt vielfach von der Umschreibung von Vorgängen und Erfahrungen, die nicht genauer definiert werden und nur dann nachvollzogen werden können, wenn wir diese Erfahrungen auch selber gemacht haben und uns damit identifizieren können. Sie ist voller idiomatischer Ausdrücke, kultureller Konventionen und Andeutungen, die nur vom ganzen rationalen und emotionalen Hintergrund her erkannt werden können. Der Heilige Geist hat die von IHM inspirierten Autoren der Bibel nicht zu einer anderen - z.B. mathematischen, rationalistischen - Sprache vergewaltigt, sondern hat diese ebenfalls voll in ihrer Kultur und Umgebung belassen. Will man also die Bibel verstehen, muss man sich schon auf ihr Niveau "herab" begeben, was ja das Studium der Schrift so komplex macht.

Das auch andere Menschen in anderen Religionen den Herrn erfahren und ER sich ihnen offenbart ist doch völlig klar. Da wir Menschen zum grossen Teil emotional "denken" und empfinden, und daraus auch emotional reagieren, wird sich der Herr uns auch so offenbaren, dass wir Ihn "verstehen" können. Emotionale Erfahrungen prägen sich uns viel tiefer ein als rein rationale. Der Herr wird dann jede einzelne Person so führen, wie Er möchte und wie es in der gegebenen Situation möglich ist. Wenn eine Person wirklich dafür offen ist, wird Er sie in der Erkenntnis Seiner Person weiter führen. Hier kommt aber noch hinzu, dass wir nicht wissen, was Gott mit jeder einzelnen Person vor hat, was Sein Plan für eine bestimmte Person ist. Wir können wir also diesbezüglich urteilen? Ich lasse deshalb die Gotteserfahrungen von Personen aus anderen Glaubensrichtungen einfach einmal stehen.

Betreffend Frauen: Du interpretierst hier etwas in meine Aussage hinein, das nicht dort steht. Ich habe niemals gesagt, Frauen seien nicht zu verstehen. Ich habe gesagt, sie seien nicht rein verstandesmässig - also durch rein rationales Denken - zu verstehen. Das ist ein gewaltiger Unterschied! Ich bin seit 17 Jahren verheiratet und bin überzeugt, dass meine Frau eher ein Experte in Bezug auf das weibliche Denken ist als ich. Du kannst also gerne einmal mit ihr darüber reden, wenn Du möchtest. Du wirst dann recht schnell herausfinden, dass meine Frau gar nichts chauvinistisches an mir findet, und dass wir eine sehr schöne Beziehung zueinander haben. Hier ist nichts von Unterdrückung oder respektloses Herabsehen auf das schwache Geschlecht zu finden.

Meine Frau ist mir eine gleichwertige Partnerin, die mir schon in vielen Dingen sehr geholfen hat, weil sie eine ganz andere Sicht der Welt hat, als ich das tue. Ich höre deshalb gerne auf das, was sie zu sagen hat, weil sich unsere Sichten dann gegenseitig ergänzen können. Ich musste es schon manches Mal bereuen, als ich ihre Ratschläge nicht ernst genommen habe, obwohl sie die Situation von der gefühlsmässigen Seite her besser beurteilt hatte. Aber eben: Frauen sehen die Welt eher auf einer emotionalen Ebene, was auch ihr Denken von der rein rationalen Seite her nicht immer sehr zugänglich macht. Dies kann man auch medizinisch belegen. Ich persönlich würde Dir empfehlen, einige Bücher über "Emotional Intelligence" zu lesen, die Dir diesbezüglich einige neue Aspekte eröffnen könnten.

Ich will nun Zusammenfassen. Du behauptest nach wie vor, dass das rationale Denken der absolute Massstab ist. Diese rationalistische Sicht der Welt ist ein philosophisches Modell, welches genauso wenig zu beweisen ist, wie das Christentum. Sie beruht genauso auf Annahmen und Axiomen, die nicht beweisbar sind, wie jedes andere Modell auch. Es handelt sich also um einen Glauben, ein Weltbild. Du glaubst, Du könnest alles in der Welt rational erklären.

Nun passt aber die Bibel nicht in Dein rationalistisches Weltbild, deshalb willst Du sie auch nicht als Wort Gottes stehen lassen. Ich habe damit keine Probleme, denn Du musst selber wissen, welchen Glauben Du anhangst. Was mich jedoch an Deiner Argumentation sehr stört, ist dass Du Deine Sicht, Deine Philosophie, Deinen Glauben, als allein gültiger Massstab hinstellst, den auch ich teilen muss. Du hast ja mit Deinen Argumenten bis heute nichts bewiesen, als das die Bibel nicht in Dein Weltbild passt, denn Du kannst vieles in der Bibel mit Deiner rationalistischen Sicht nicht erklären. Du selber nimmst nun in Deiner Überheblichkeit an (tut mir leid, aber Dein letzter Beitrag war nun wirklich sehr überheblich), dies sei der "Beweis", dass die Bibel nicht Gottes Wort ist.

Gott selber liegt ausserhalb unserer Welt, ausserhalb unseren erfassbaren Dimensionen. Wir haben keine Möglichkeit, IHN zu erklären, ihn zu beweisen, ihn zu messen, da unsere Instrumente nicht zu IHM hin reichen. Wir können höchstens spekulieren. Z.B. mit unserem Verstand. Aber es ist und bleibt Spekulation. Die einzige Möglichkeit, um wirklich über Gott etwas zu erfahren, ist wenn ER es uns mitteilt, wenn ER sich uns offenbart.

Du hast Dir ein bestimmtes Bild von Gott gemacht. Du hast Dir ein bestimmtes Bild vom rationalen Denken gemacht. Die Bibel passt nicht in dieses Bild, dass Du Dir gemacht hast. Darum lehnst Du sie ab.

Auch ich habe mir ein bestimmtes Bild von Gott gemacht. Ich habe mir ein bestimmtes Bild davon gemacht, wie das rationale Denken ist und wo seine Grenzen liegen. Die Bibel passt in dieses Bild, das ich habe. Darum kann ich sie als Gottes Wort akzeptieren.

Ob nun die Bibel wirklich Gottes Wort ist oder nicht, dass können wir beide weder dementieren noch beweisen. Da können wir nur irgendwann einmal Gott selber fragen. ER muss uns darauf die Antwort geben.

Ich habe nie versucht, Dich zu meinem Glauben zu bekehren oder Dich von meiner Sicht zu überzeugen. Ich habe nur versucht, Dir aufzuzeigen, wo die Grenzen unserer Möglichkeiten in Fragen der Metaphysik liegen. Du bist aber ständig daran, mich bekehren zu wollen und Deine Sicht als einzig gültigen Massstab hinzustellen. Genau gleich wie jeder andere Agnostiker, mit dem ich schon geredet habe. Darum nehme ich Dir auch Dein Beteuerungen bezüglich Aufrichtigkeit usw. nicht länger ab.

Du hast ja deutlich genug gezeigt, dass Du es nicht ehrlich meinst, sondern einen neuen Glauben aufrichten möchtest, der Dir besser entspricht, als der christliche, und dass es Dir nur darum geht, alle Menschen von der Richtigkeit Deines Glaubens zu überzeugen. Du machst dies jedoch sehr geschickt, indem Du es im Deckmantel einer armen, bemitleidenswerten Person tust, die "aus rationalen Gründen" einfach nicht glauben kann. Die typische alte Leier der Agnostiker. Im Versuch, Dir aus Deinem "Knurz" heraus zu helfen, verirren sich viele Christen in Deinen rationalistischen Labyrinthen. Ein sehr gemeines Spiel, dass ich aber kenne und auf dass ich deshalb gar nicht erst einsteige. Ich vergleiche das mit einem Fernsehgerät, den man auf seine Funktionstüchtigkeit überprüfen muss. Dabei geht man nicht zuerst in den komplexen Innereien des Fernsehers wühlen, wo man sich schnell verlieren kann, sondern man schaut zuerst, ob der Stecker in der Steckdose steckt. Bei Dir war er nicht drin.

Ich nehme an, Du betrachtest sämtliche Akademiker und Philosophen der Welt, die von der Richtigkeit der Bibel als Wort Gottes überzeugt sind, als verblendet und verbohrt. Das muss ja so sein, da ja nur Deine Sicht und Dein Rationalismus als absoluter Massstab gelten können. Ich finde eine solche Haltung Deinerseits sehr schade und finde es auch schade, dass wir in eine solche Diskussion so viel Zeit und Kraft investiert haben, die wir für besseres hätten verwenden können. Aber so ist das halt, wenn jemand einen ausgeprägten missionarischen Eifer hat, wie ich es nun schon bei vielen Agnostikern erlebt habe.

Ich selber könnte das nicht. Ich bin mir meiner Grenzen zu sehr bewusst. Ich muss mir auch dessen bewusst sein, dass meine Gedanken und das Bild, dass ich mir von allem gemacht habe, mit Fehlern, Mängeln und Einseitigkeiten behaftet ist. Darum bin ich auch so vorsichtig geworden, wenn ich anderen Menschen etwas weiter gebe.

Ich hätte das, was Du sagst, viel eher akzeptieren können, bzw. unsere Diskussion wäre einiges fruchtbarer gewesen, wenn Du von Anfang an zugegeben hättest, dass für Dich das rationale Denken der absolute Massstab ist und die Grundlage Deines Glaubens darstellt. Ich hätte dann aber von Dir auch die nötige Demut erwartet, dass Du zugibst, dass Dein Denken und Deine Sicht ebenfalls mit Fehlern behaftet sein könnte und dass Du das, was Du sagst, nicht beweisen kannst. Das tust Du aber nicht. Du bist völlig darauf verbohrt, dass Du "beweisen" kannst, dass die Bibel nicht Gottes Wort ist.

Du hast ja bis heute noch keinen einzigen allgemeingültigen "Beweis" für Deine Behauptung vorweisen können, sondern nur rationalistische Gedankengebäude und Spekulationen, weil Du Dir gewisse Dinge in der Bibel mit Deinem rationalistischen Glauben nicht erklären kannst. Nur weil Du es Dir nicht erklären kannst, heisst noch lange nicht, dass Du damit etwas bewiesen hast.

Nun, ich selber werde nach wie vor abwarten, bis ich den Herrn selber fragen kann, was ER dazu meint, denn nur ER wird uns schlussendlich die richtige Antwort darauf geben können. Es wäre schön gewesen, wenn Du mindestens die nötige Demut aufgebracht hättest, zuzugeben, dass dies der einzige wirkliche "Beweis" für Deine Behauptung darstellt. Damit wären wir schon viel weiter gekommen.

Ich wünsche Dir auf jeden Fall bei Deiner Suche noch alles Liebe und Gute und hoffe, dass Du es lernst, ein wenig demütiger, toleranter und gemässigter vorzugehen. Nur so wirst Du nämlich schlussendlich Gott, und somit auch der Wahrheit, ein wenig näher kommen.

Ganz liebe Grüsse

Peter 

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