MESSIAS
Das Wort
Messias ist eine Übersetzung des
hebräischen Wortes
mashîa h, ein Verbalsubstantiv mit der
Bedeutung »der Gesalbte«. Die griechische
Übersetzung des Wortes - verwendet in der
Septuaginta und im Neuen Testament - lautet
christo s, woraus das
deutsche Wort Christus abgeleitet ist.
Sowohl das hebräische Verb als auch das Substantiv werden in
alttestamentlicher Zeit hauptsächlich auf
drei Personentypen angewandt: auf Priester (
2Mo 28,41; 3Mo 4,3 ), auf Könige (
1Sam 12,3; 16,13 ) und auf Propheten (
1Kö 19,16; Ps 105,15 ). Die Vorstellung
ist die einer Person, die für geheiligte
Aufträge geweiht wird, die sie im Rahmen des
Planes Gottes ausführen soll.
Einige kritische Gelehrte leugnen, dass
mashîah im Alten Testament an
irgendeiner Stelle für einen persönlichen
Messias gebraucht wird. Jedenfalls steht das
Wort 39-mal im Alten Testament; mindestens
neunmal davon könnte es einen künftigen
Gesalbten in der Linie Davids beschreiben,
der Jahwes König sein soll (siehe
1Sam 2,10; 2,35; Ps 2,2; 20,6; 28,8; 84,9;
Hab 3,13; Dan 9,25-26 ).
Die Lehre von einem verheißenen Messias ist
allerdings nicht nur auf diesen Begriff
selbst beschränkt. Die alttestamentliche
Hoffnung auf einen Befreier, der Satans Kopf
zertreten wird (
1Mo 3,15 ) und ein Segen für die ganze
Menschheit ist (
1Mo 12,3 ), wird mit einer Vielzahl von
Begriffen zum Ausdruck gebracht. Einige
davon sind »Sohn« (
Ps 2,7 ), »Zweig« (
Sach 6,12-13 ) und »Knecht« (
Jes 41-53 ).
Über die genaue Zahl von Verheißungen über
den Messias gehen die Meinungen weit
auseinander. Rabbinische Schriften verweisen
auf 456 einzelne alttestamentliche Passagen,
die auf den Messias und auf die messianische
Zeit hinweisen
(Edersheim, 710-741).
Ein christlicher Gelehrter nennt 127
Prophetien auf die Person des Messias
(Payne, 667-668).
Die Unterschiede erwachsen aus der Art, wie sich das Neue Testament auf
die alttesta-mentlichen Verheißungen
bezieht. Es gibt direkte messianische
Prophetien (z.B.
Mi 5,2; Sach 9,9 ); typologische
messianische Prophetien, in denen ein
Bezugspunkt aus der Zeit des Propheten auf
den eigentlichen Bezugspunkt verweist (z.B.
das levitische Opfersystem) und Anwendungen
alttestamentlicher Begriffe auf den Messias
(z.B. der Hinweis in
Mt 2,23 auf die Aussage des Propheten:
»Er wird ein Nazarener genannt werden«).
Wenn wir uns auf die direkten messianischen
Prophetien beschränken, dürfte eine
vorsichtige Schätzung bei der Zahl 65
liegen.
Der Schlüssel zum Verständnis der Rolle des verheißenen Messias und
zugleich der Hauptunterschied zwischen dem
traditionellen jüdischen und dem
christlichen messianischen Verständnis ist
seine doppelte Rolle, und zwar die des
Leidenden und die des Herrschenden. Während
es viele Textstellen gibt, die seine
herrliche Herrschaft beschreiben (
Jer 23,5-6; 30,1-10; Sach 14 , 3ff)
stellen andere seine Zurückweisung und seine
Leiden dar (
Ps 22; Jes 53; Sach 9,9; 12,10; 13,5-7
). Das Neue Testament sieht diese Leidens-
und Herrlichkeitspassagen in Jesu erstem und
zweitem Kommen erfüllt (
Lk 24,25-27; 1Petr 1,10-11 ).
Aus theologischer Sicht besteht die
einzigartige Bedeutung des Messias darin,
dass er in seiner Person und in seinem Werk
die Rollen der drei zu unterscheidenden
Gesalbten der alttestamentlichen Theokratie
vereinigt und erfüllt:
die des Propheten,
die des Priesters und
die des Königs.
Es ist interessant, dass es einzelne
israelitische Beispiele für einen Priester
und Propheten gab (Hesekiel, Jeremia) und
auch für einen König und Propheten (David),
aber kein Beispiel für einen Priester und
König (vom nicht israelitischen Melchisedek
einmal abgesehen).
Dies ist so, weil nur der künftige Messias diese beiden Funktionen in sich
vereinigen konnte (
Sach 6,12-13 ). Darüber hinaus fand die
alttestamentliche Erwartung eines
eschatologischen Propheten (
5Mo 18,15-19 ) ihre Erfüllung im
messianischen Priesterkönig (siehe
Joh 1,21 und
Apg 3,22-26 ).
Daher würde der endgültige Messias der
ideale Prophet-Priester-König sein.
Die Bedeutung des Messiasbildes für den
Prämillennialismus liegt in der Erfüllung
dieser drei Ämter durch Jesus. Als der
Gesalbte des Herrn war und ist Jesus der
Prophet, der Priester und der König, und er
wird es auch in Zukunft sein.
Diese Rollen kamen jedoch zu
unterschiedlichen Zeiten während seines
Erlösungswerkes zum Tragen. Während seines
irdischen Dienstes des Lehrens und Predigens
stand seine Rolle
als Prophet im Vordergrund (siehe
Joh 6,14; 7,40 ). Sein Opfertod, seine
Auferstehung, seine Himmelfahrt und sein
gegenwärtiges Handeln zur Rechten des Vaters
rückt seine
Rolle als Priester ins Blickfeld (
Ps 110,1-2; Hebr 4,14; 10, 11-12 ).
Nach seiner Rückkehr auf die Erde, während
seiner tausendjährigen Herrschaft, wird
seine
Rolle als König hervorgehoben werden (
Offb 19,16 ). Der entscheidende Punkt
dabei liegt darin, dass er immer der
gesalbte König ist, dass er aber erst zu
Beginn des Tausendjährigen Reiches in sein
öffentliches Amt als König sichtbar
eintritt. Das alttestamentliche Vorbild
(Typus) dafür ist der Zeitraum zwischen
Davids Salbung zum König (
Jes 16,13 ) und seiner schließlichen
Inthronisierung als Nachfolger Sauls (
2Sam 5,3 ).
Daher kann nur ein prämillennialer
theologischer Rahmen uns in die Lage
versetzen, die wahre Rolle dessen völlig zu
würdigen, der die »Hoffnung Israels« ist.
Siehe auch:
Theokratisches Reich .
William Varner
David Baron,
Rays of Messiah Glory (Grand Rapids:
Zondervan); Alfred Eders heim,
Life and Times of Jesus the Messiah
(Grand Rapids: Eerdmans, 1953);
E.W.Hengstenberg,
Christology of the Old Tes t ament
(Grand Rapids: Kregel Publica-tions, 1970);
Walter Kaiser,
The Messiah in the Old Testament (Grand
Rapids: Zondervan, 1995); J. Barton Payne,
Encyclopedia of Biblical Prophecy (New
York: Harper and Row, 1973).
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