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Jona n. Wiersbe

 Jona Gliederung
Haupttfaema:
 Wenn wir Gottes Willen gehorchen, bringt das uns und durch uns auch anderen Menschen Segen;
Ungehorsam zieht Züchtigung nach sich.
Schlüsselvers: Jona 2,9 

Jon 2,9 Die auf nichtige Götzen achten, verlassen ihre Gnade.


I. Gottes Langmut mit Jona (Jon 1,1-2,1)
1. Jonas Ungehorsam (1,1-3)
2. Jonas Interesselosigkeit (1,4-10)
3. Jonas Verstocktheit (1,11-2,1)

II. Gottes Barmherzigkeit gegen Jona (Jon 2,2-11)
1. Er hört sein Gebet (2,2-3)
 2. Er züchtigt ihn (2,4)
3. Er achtet seinen Glauben (2,5-8)
4. Er nimmt sein Bekenntnis an (2,9-10)
5. Er stellt sein Wirken wieder her (2,11)

III. Gottes Macht durch Jona (Jon 3,1-10)
1. Der gnädige Herr (3,1-2)
2. Der gehorsame Diener (3,3-4)
3. Das reuige Volk (3,5-9)
 4. Die hinausgeschobene Bestrafung (3,10)

IV. Gottes Wirken in Jona (Jon 4,1-11)
 1. Gott hört ihn (4,1-4)
 2. Gott tröstet ihn (4,5-8)
 3. Gott lehrt ihn (4,9-11)

 Inhalt

 Jona in seiner Zeit 1764
1. Langmut und Vergebung (Jon 1-2) 1764
2. Predigen und schmollen (Jon 3-4) 1776

 1763

Jona
Jona in seiner Zeit

 Alle, die das Buch Jona als Sinnbild oder als Gleichnis sehen, sollten in Betracht ziehen, dass 2. Könige 14,25 Jona als reale Person ausweist, und zwar als jüdischen Propheten aus Gat-Hefer in Sebulon, der im nördlichen Königreich Israel während der Herrschaft von König Jerobeam II. (793-753 v. Chr.) wirkte.

Sie sollten außerdem bedenken, dass unser Herr Jona als historische Person ansah und auf ihn als Vorbild seines eigenen Todes, seines Begräbnisses und seiner Auferstehung hinwies (Mt 12,41; Lk 11,32) hinwies.

 Die Herrschaft Jerobeams II. war eine Zeit großen Wohlstandes in Israel; die Nation gewann verlorene Gebiete zurück und erweiterte sowohl ihre Grenzen als auch ihren Einfluss. Es war jedoch auch eine Zeit des moralischen und geistlichen Verfalls, denn die Nation entfernte sich zunehmend von Gott und wandte sich der Götzen verehrung zu. Jonas Zeitgenossen Hosea und Amos brandmarkten beide in mutiger Weise die Gottlosigkeit der Herrscher, der Priester und des Volkes.

 Es ist bemerkenswert, dass Hosea und Amos auch Gottes Fürsorge für andere Nationen betonten, die eines der Hauptthemen Jonas ist.
 Obwohl Jona in Ninive wirken sollte, einer der führenden Städte Assyriens, wirkte er durch dieses kleine Buch auch in Israel. Er enthüllte Gottes Mitgefühl mit den Menschen außerhalb Israels, so gar mit denen, die Israels Feinde waren.

 Gott hatte sein Volk dazu berufen, ein Segen für die Nichtjuden zu sein (1 Mo 12,1-3), aber ebenso wie Jona weigerten sich die Juden zu gehorchen.
Und ebenso wie Jona würden sie gezüchtigt werden, denn Assyrien würde Israel erobern und Babylon würde Juda in die Gefangenschaft führen.
 Jonas Buch verherrlicht die höchste Gewalt Gottes ebenso wie seine Liebe und Barmherzigkeit. Jahwe ist der »Gott der zweiten Chance«, sogar für widerspenstige Propheten!

1. Kapitel Jona 1-2
Langmut und Vergebung
Die meisten Menschen sind so vertraut mit der Geschichte von Jona, dass nichts daran sie mehr überrascht - noch nicht einmal die Tatsache, dass sie mit dem Wort »und«' beginnt.
Wenn ich eines meiner Bücher mit dem Wort »und« begänne, würde sich der Herausgeber wahrscheinlich fragen, ob etwas verlorengegangen wäre - einschließlich meiner Fähigkeit,

1764
 Jona
die englische Sprache sinnvoll zu benutzen.
 Jona ist eines von vierzehn Büchern des Alten Testaments, die mit dem Wörtchen »und« beginnen. Diese Bücher erinnern uns an Gottes »Fortsetzungsgeschichte« von Gnade und Barmherzigkeit.
Obwohl sie aus Sechsundsechzig unterschiedlichen Büchern besteht, erzählt uns die Bibel eine einzige Geschichte, und Gott fahrt fort, uns diese Botschaft mitzuteilen, obwohl wir nicht immer besonders aufmerksam zuhören.
Wie lang mütig er doch mit uns umgeht! Von was handelt das Buch Jona? Nun, es geht dabei nicht einfach um einen großen Fisch (der ledig lich viermal erwähnt wird) und auch nicht um einen ungehorsamen Propheten (der achtzehnmal erwähnt wird). Es geht um Gott! GoVi wird in diesen vier kurzen Kapiteln achtunddreißigmal erwähnt, und wenn man ihn aus dem Buch streichen würde, ergäbe die Geschichte keinen Sinn mehr. Das Buch Jona handelt von Gottes Willen und da von, wie wir darauf reagieren. Es handelt außerdem von Gottes Liebe und davon, wie wir sie mit ande ren Menschen teilen. In diesen ersten beiden Kapiteln macht Jona drei Erfahrungen.

1. Widerspenstigkeit (Jon 1,1-2,1) Jona muss in Israel ein beliebter Mann gewesen sein,
 denn seine Prophezeiung, dass die Nation das verlorene Gebiet von ihren Feinden zurückgewinnen würde, hatte sich erfüllt (2Kö 14,25). Es waren Tage des Friedens und des Wohlstands für Israel, aber es wa ren auch Herbsttage kurz vor dem schrecklichen Winter der Bestra fung.

Der Prophet Jona missachtet Gottes Ruf (Jon 1,1-3).


Jona bekam Probleme, weil seine Einstellungen falsch waren. Zuerst einmal hatte er die falsche Einstellung zum Willen Gottes. Für Gottes Diener ist der Gehorsam gegenüber dem Willen Gottes ebenso wichtig wie für die Menschen, unter denen sei ne Diener wirken. Indem wir dem Willen Gottes gehorchen, finden wir unsere
geistliche Nahrung (Joh 4,34),
Erkenntnis (7,17)
und Befähigung (Hehr 13,21).

Für Jesus war der Wille Gottes Speise, die ihn sättigte, für Jona aber war der Wille Gottes Arznei, die ihn zum Würgen brachte.
Jonas falsche Einstellung gegen über dem Willen Gottes entsprang dem Gefühl, dass der Herr etwas Unmögliches von ihm erwartete. Gott befahl dem Propheten, zu Israels Feind Assyrien zu gehen und der Stadt Ninive Gelegenheit zur Buße zu geben, obwohl Jona es viel lieber gesehen hätte, wenn diese Stadt zerstört worden wäre. Die Assyrer waren ein grausames Volk, das die Israeliten schon oft

 1765
Jona
 gequält hatte, und Jona stellte sei nen engstirnigen Patriotismus über seine Theologie.[2]
Jona vergaß, dass der Wille Gottes der Ausdruck sei ner Liebe ist (Ps 33,11) und dass Gott ihn nach Ninive gerufen hat te, weil er sowohl Jona als auch die Bewohner von Ninive lieb hatte.
Jona hatte auch eine falsche Einstellung zum Wort Gottes.
 Als das Wort des Herrn zu ihm kam, dachte Jona, dass es ihm freistand, es anzunehmen oder nicht. Doch wenn Gottes Wort uns befiehlt, müssen wir zuhören und gehorchen.
 Ungehorsam ist keine Alternative. »Was nennt ihr mich aber: Herr, Herr! und tut nicht, was ich sage?«
(Lk 6,46) Jona vergaß, dass es ein großes Privileg war, Prophet zu sein, Gottes Wort zu hören und Gottes Willen zu kennen.

 Deshalb trat er von seinem Prophetendienst zurück und floh in die Ninive entgegenge setzte Richtung.^ Jona wusste, dass er nicht vor Gottes Gegenwart da vonlaufen konnte (Ps 139,7-12),
 aber er war der Meinung, dass er das Recht hatte, seinen Rücktritt einzureichen.

Er vergaß, dass »die Gnadengaben und die Berufung Gottes unbereubar sind" (Röm 11,29). Irgendwann während ihres Wirkens verspürten auch Mose, Elia und Jeremia den Wunsch auf zugeben, aber Gott ließ es nicht zu. Jona brauchte Ninive ebenso sehr, wie Ninive Jona brauchte. Indem wir den Willen Gottes tun, wachsen wir in der Gnade und werden Christus ähnlicher. Jona hatte die falsche Einstel lung zu den Umständen', er dachte, dass sie für ihn arbeiteten, obwohl sie tatsächlich gegen ihn arbeite ten. Er floh nach Jafo"[4] und stellte fest, dass genau das richtige Schiff auf ihn wartete!
 Er hatte genug Geld, um den Fahrpreis für seine lange Schiffsreise zu bezahlen, und er war sogar in der Lage, hinab in den Bauch des Schiffes zu steigen und dort so tief einzuschlafen, dass der Sturm ihn nicht aufweckte.

Es ist möglich, außerhalb des Willens Gottes zu stehen und dennoch den Eindruck zu haben, dass sich die Umstände günstig entwickeln.
Man kann gegen Gott rebellieren und dennoch ein falsches Gefühl der Sicherheit haben, das sich auch in einem ruhigen Nachtschlaf aus drückt. Gott in seiner Vorsehung bereitete Jona jedoch auf einen tie fen Fall vor. Und schließlich hatte Jona eine falsche Einstellung zu den Nichtjuden. Statt ihnen dabei zu helfen, den wahren und lebendigen Gott zu finden, wollte er sie ihrer Dunkelheit und ihrem geistlichen Tod überlassen. Er hasste nicht nur ihre Sünden - und die Assyrer waren tatsächlich unbarmherzige Feinde -, sondern er hasste auch die Sünder, die sie begingen. Es wäre ihm lieber gewesen, wenn Ninive

1766

Jona

zerstört worden wäre, statt dass die Asssyrer am Leben blieben und Israel angriffen.
Der Israelit Jona wird zum Fluch statt zum Segen (Jon 1,4-10).
Gott rief die Israeliten auf, ein Segen für alle Nationen der Erde zu sein ( 1Mo 12,1-3),
aber immer dann, wenn sie außerhalb des Willens Gottes standen, brachten sie Unglück statt Segen. [5] Abraham brachte in zwei Fällen Unglück über an dere Menschen, indem er log (Verse 10-20; 20,1-18);

Achan brachte Unglück über Israels Heer, als er Gott beraubte (Jos 7), und Jona brachte Unglück über ein Schiff voller nichijüdischer Seeleute, weil er floh. Bedenken Sie bitte, wie viel Jona verlor, weil er kein Segen für andere Menschen war. Zuallererst verlor er die Stimme Gottes (Jon 1,4). Wir lesen nicht, dass »das Wort des Herrn zu Jona kam«, sondern dass über dem Wasser ein großer Sturm losbrach. Gott sprach nicht mehr durch sein Wort zu Jona, sondern durch seine Werke: durch das Meer, den Wind, den Regen, den Donner und sogar durch den großen Fisch. Die gesamte Natur gehorchte Gott, außer seinem Diener.

Gott sprach sogar durch die heidnischen Seeleute, die Jahwe nicht kannten, zu Jona (Verse 6.8.10).
 Es ist schon traurig, wenn ein Diener Gottes von Heiden getadelt wird.
Jona verlor auch seine geistliche Energie (V. 5b). Er schlief während eines schlimmen Sturmes ein und machte sich keinerlei Sorgen um die Sicherheit seiner Mitreisenden.
 Die Matrosen warfen die Geräte und die Fracht über Bord und Jona stand kurz davor, alles zu verlie ren, aber er schlief weiter.

»Noch ein wenig Schlaf, noch ein wenig Schlummer, noch ein wenig Hän defalten, um auszuruhen - und wie ein Landstreicher kommt deine Armut, und dein Mangel wie ein unverschämter Mann« (Spr 24,33-34).

 Er verlor seine Krafi im Gebet (Jon l,5a.6).
Die heidnischen Seeleute riefen ihre Götter um Hilfe an, während Jona das Gebetstref fen verschlief
 - der einzige Mann an Bord, der den wahren Gott kannte und zu ihm beten konnte.

Allerdings hätte Jona zuerst seine Sünden bekennen und sich dafür entscheiden müssen, Gott zu gehorchen, aber das war etwas, was er nicht wollte.

»Wenn ich es in meinem Herzen auf Frevel abgesehen hätte, so würde der Herr nicht hören« (Ps 66,18).[6]

Falls Jona betete, wurde sein Gebet nicht erhört.

Der Verlust der Kraft des Gebets ist einer der ersten Hinweise dar auf, dass wir dem Herrn ferne sind und mit ihm ins Reine kommen müssen. Traurigerweise verlor Jona auch sein Zeugnis (Jon 1,7-10). Er wurde gewiss nicht seinem Na men gerecht, denn Jona bedeutet

1767
 Jona »
Taube«, und die Taube ist ein Friedenssymbol. Der Name von Jonas Vater war Amittai, was so viel be deutet wie »treu, wahrhaftig«, und das war Jona ebenfalls nicht. Wir haben bereits festgestellt, dass er seiner anspruchsvollen Berufung als Israelit nicht gerecht wurde, denn er hatte allen nur Unglück statt Segen gebracht, und er wurde auch seiner Berufung als Prophet nicht gerecht, denn er hatte keine Botschaft von Gott für sie. Als das Los Jona als den Schuldigen aus wies, konnte er eine Entscheidung nicht länger aufschieben. Jona hatte der Besatzung bereits erzählt, dass er vor Gott davonlief, aber nun teilte er ihnen mit, dass er der Prophet des Gottes war, der den Himmel, die Erde und das Meer geschaffen hatte. Diese In formation ängstigte die Seeleute nur noch mehr.

Der Gott, der das Meer geschaffen hatte, bestrafte seinen Diener, und sie befanden sich deswegen in Gefahr!
 Der Rebell Jona leidet für seine Sünden (Jon 1,11-2,1).
 Charles Spurgeon hat einmal gesagt, dass Gott seinen Kindern niemals erlaubt, erfolgreich zu sündigen, und Jona ist der Beweis für den Wahrheitsgehalt dieser Feststellung.
»Denn wen der Herr liebt, den züchtigt er; er schlägt aber jeden Sohn, den er aufnimmt« (Hebr 12,6).

 Wir dürfen nicht den Fehler be gehen, Jona zum Märtyrer zu ma chen, denn diese Bezeichnung wäre unverdient. Märtyrer sterben für die Herrlichkeit Gottes, aber Jona bot an zu sterben, weil er egoistischer weise liebersterben wollte, als den Wil len Gottes zu tunP Er sollte nicht mit Menschen wie Mose (2Mo 32,30- 35), Esther (Est 4,13-17) und Pau lus (Rom 9,1-3) in einem Atemzug genannt werden, die gewillt waren, ihr Leben Gott hinzugeben, um andere Menschen zu retten. Es ist lobenswert, dass Jona die Wahrheit sagt, aber nicht, dass er sein Leben selbst in die Hand nimmt. Er hätte sein Leben dem Herrn übergeben und seinen Befehlen gehorchen sollen. Jona hätte dann vielleicht erlebt, wie der Sturm aufhörte und sich daraus die großartige Gelegen heit des Bezeugens auf dem Schiff ergeben hätte.
 Es ist bemerkenswert, dass die heidnischen Seeleute zuerst Jonas Angebot ablehnten und noch härter arbeiteten, um dass Schiff zu retten.
Sie taten mehr für Jona, als Jona für sie getan hatte.
Als sie er kannten, dass die Sache hoffnungs los war, baten sie Jonzis Gott um Vergebung dafür, dass sie Jona in die stürmische See geworfen hat ten. Manchmal übertreffen nicht gerettete Menschen Gläubige mit ihrer Ehrlichkeit, ihrem Mitgefühl und ihrer Opferbereitschaft. Diese heidnischen Seeleute waren aber mit gewissen theolo gischen Grundsätzen vertraut:

1768

Jona
mit der Existenz von Jonas Gott, seiner Bestrafung der Sünde, ihrer eigenen Schuld vor ihm und sei ner höchsten Herrschaft über die Schöpfung. Sie bekannten: »Du, HERR, hast getan, wie es dir ge fallen hat« (Jon 1,14).
Es gibt allerdings keinen Hinweis darauf, dass sie von ihren alten Göttern abließen, sondern sie fugten Jahwe wohl einfach ihrer »Göttersammlung« hinzu.

 Sie unterwarfen sich erst Gottes Barmherzigkeit und warfen darm Jona in die tobende See, und Gott brach den Sturm ab. Als der Sturm aufhörte, fürch teten die Märmer Gott nur umso mehr und legten ihm Gelübde ab. Wie es ihnen möglich war, an Bord Schlachtopfer darzubringen, ist uns ein Rätsel, besonders da die Fracht über Bord geworfen wor den war, aber andererseits wissen wir auch nicht, was und wie sie op ferten. Vielleicht bedeutet Vers 16,
 dass sie das Tier Jahwe anboten und gelobten, es zu opfern, nach dem sie die Küste sicher erreicht hatten. Jeremy Taylor, ein englische Prediger des siebzehnten Jahrhun derts, sagte: »Gott droht uns mit schrecklichen Dingen, wenn wir nicht glücklich sind.« Er bezog sich dabei natürlich auf das Glücklich sein mit Gottes Willen für unser Leben. Wenn wir uns, wie Jona, Gottes Willen widersetzen, for dern wir dadurch die züchtigende Hand Gottes heraus. Deshalb stellt der Westminster-Katechismus fest: »Des Menschen Hauptziel besteht darin, Gott zu verherrhchen und sich seiner ewiglich zu erfreuen.« Wir verherrlichen Gott, indem wir uns seines Willen erfreuen und ihn aus ganzem Herzen tun (Eph 6,6), aber dabei versagte Jona. Jona konnte mit dem Psalmisten sprechen: »Hart hat mich Jah gezüchtigt, aber dem Tod hat er mich nicht übergeben« (Ps 118,18).

Gott ließ einen großen Fisch kommen und Jona verschlucken und schützte sein Leben drei Tage und drei Nächte lang.
 Wir werden später noch auf die Bedeutung zu rückkommen.

2. Buße (Jon 2,2-10)
 
Aus einer Erfahrung von Rebellion und Bestrafung ghtt Jona in eine Erfahrung von Buße und Hingabe, und Gott schenkte ihm gnädig ei nen Neuanfang. Zweifellos nahm Jona an, dass er im Meer ertrinken würde,® aber als er im Bauch des Fisches zu sich kam, wurde ihm bewusst, dass Gott ihm gnädig ge wesen war. Wie im Falle des Verlo renen Sohnes, dem Jona in seiner Widerspenstigkeit sehr ähnelt (Lk 15,11-24), war es die Güte Gottes, die ihn dazu brachte zu bereuen (Röm 2,4). Achten Sie bitte auf die Schritte Jonas geistlicher Er fahrung, die er in seinem Gebet beschreibt.

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Jona

 Er betete um Gottes Hilfe (Jon 2,2-3).
 Sein Gebet entstand nicht aus der Zuneigung heraus, sondern aus der Not. Er schrie zu Gott, weil er sich in Gefahr befand, und nicht, weil er sich am Herrn freute. Aber es war besser, dass er aus ir gendeinem Grund betete, als über haupt nicht. Es ist zu bezweifeln, dass jeder Gläubige stets aus rei nen und heiligen Motiven heraus betet, denn unsere Wünsche und Gottes Weisungen stehen manch mal im Widerspruch zueinander.
Obwohl er betete, war Jona im mer noch nicht mit Gottes Willen glücklich. In Kapitel 1 hatte er Angst vor dem Willen Gottes und widersetzte sich ihm, aber jetzt akzeptierte er Gottes Willen le diglich deshalb, weil er der einzige Ausweg aus seiner gefahrlichen Lage war. Wie so viele Menschen heutzutage sah Jona den Willen Gottes als etwas, dem man sich in der Not zuwendet und nicht als et was, nach dem man sich jeden Tag seines Lebens richtet. Jona erlebte nun das Gleiche wie die Seeleute während des Stur mes: Er hatte das Gefühl, dass er umkommen würde (1,6-14).

Es tut Gläubigen, und besonders Geistli chen, gut, sich daran zu erinnern, wie man sich fühlt, wenn man ver loren und ohne Hofihimg ist. Wie leicht wir doch gegen Sünder hart werden und unser Mitgefühl mit den Verlorenen verlieren! Indem Gott Jona in die Tiefe fallen ließ, erinnerte er ihn daran, was die Menschen von Ninive in ihrem sündigen Zustand durchlebten: Sie waren hilflos und hoffnungslos. Gott hörte Jonas Hilfeschreie. Das Gebet ist eines der stetigen Wunder des Christenlebens. Man bedenke, wie groß unser Gott ist, dass er die Rufe von Millionen Menschen gleichzeitig hören und sich persönlich ihrer Nöte anneh men kann! Eine Mutter oder ein Vater mit zwei oder drei Kindern hält es für unmöglich, sich stets um die Bedürfhisse aller Kinder zu kümmern, aber Gott kann für alle seine Kinder sorgen, ganz egal, wo sie sind und was sie brauchen. »Wer gelernt hat zu beten«, sagte William Law, »hat das größte Ge heimnis eines heiligen und glückli chen Lebens kennen gelernt.« Er nahm Gottes Züchtigung an (Jon 2,4). Es waren nicht die See leute, die Jona in die stürmische See warfen, sondern Gott. »Und du hattest mich >in< die Tiefe geworfen ... Alle deine Wogen und deine Wel len gingen über mich dahin« (V. 4, Hervorhebung durch den Autor). Indem Jona diese Worte sprach, erkannte er an, dass Gott ihn züch tigte und er es verdiente. Unsere Reaktion auf Züchti gung entscheidet darüber, inwie weit wir davon profitieren. Laut Hebräer 12,5-11 haben wir meh rere Möglichkeiten zur Auswahl:

1770
Jona

Wir können Gottes Züchtigung gering schätzen (V. 5), wir können ermatten (V. 5), wir können uns der Züchtigung widersetzen und dadurch eine noch schlimmere Züchtigung herausfordern, mög licherweise sogar den Tod (V. 9),' oder wir können uns dem Vater er geben und im Glauben und in der Liebe reifen (V. 7). Züchtigung ist für einen Gläubigen das Gleiche wie Training für einen Sportler (V. 11); wir werden dadurch befähigt, den Wettlauf mit Ausdauer zu lau fen und das gesetzte Ziel zu errei chen (Verse 1-2).

Die Tatsache, dass Gott sei nen Diener züchtigte, ist der Be weis dafür, dass Jona wahrhaftig ein Kind Gottes war, denn Gott züchtigt nur seine eigenen Kinder. »Wenn ihr aber ohne Züchtigung seid, deren alle teühaftig geworden sind, so seid ihr Bastarde und nicht Söhne« (Hebr 12,8). Und der Vater züchtigt uns in Liebe, damit wir »die friedvolle Frucht der Gerech tigkeit« dann »nachher« genießen können (V 11).

Er vertraute Gottes Versprechen (Jon 2,5-8).
 Jona ging nur in eine einzige Richtung - abwärts. Tat sächlich war er in diese Richtung gegangen, seit er sich Gottes Plan für sein Leben widersetzt hatte. Er ging »nach Jafo hinab« und »war in den untersten Schiffsraum hin abgestiegen« (1,3.5). Nun »sank er zu den Gründen der Berge hinab« (2,7), und irgendwann fand ihn der große Fisch und schluckte ihn hinab in den großen Fischbauch (2,1). Wenn man Gott den Rücken zudreht, kann man nur in eine Richtung gehen, nämlich abwärts. Was rettete Jona? Sein Glau be an Gottes Verheißung. Welche Verheißung? Die Verheißimg, die damit zu tun hat, »zu Gottes heili gem Tempel hinzublicken« (2,5.8). Als König Salomo den Tempel in Jerusalem einweihte, bat er Gott um diesen besonderen Gefallen (1. Kö 8,38-40): Wenn »dann ir gendein Gebet, irgendein Flehen aufsteigt, was von irgendeinem Menschen oder von deinem gan zen Volk Israel geschehen mag - je nachdem, was einer als Plage sei nes Herzens erkennt -, und er zu diesem Haus hin seine Hände aus breitet, dann höre du es im Him mel, der Stätte, wo du thronst, und vergib und hcmdle und gib jedem nach all seinen Wegen, da du sein Herz kennst - denn du, du allein kennst das Herz aller Menschen kinder, damit sie dich fürchten all die Tage, die sie in dem Land le ben, das du unsern Vätern gegeben hast!«

Jona nahm dieses Versprechen beim Wort. Gläubig blickte er zu Gottes Tempel hin (er konnte nur nach oben blicken) und bat Gott, ihn zu retten, und Gott hielt sein Versprechen und erhörte sein Ru fen. »Ich dachte an den HERRN«

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Jona (Jon 2,8) bedeutet: »Ich handelte auf der Grundlage seiner Bindung an mich«. Jona kannte Gottes Bun desversprechen, und er forderte sie ein.

Er überließ sich Gottes Willen (Jon 2,9-10).
Nun gibt Jona zu, dass es Götzen in seinem Leben gegeben hat, die ihn der Zunei gung Gottes beraubten. Ein Götze ist alles, was die Zuneigung und den Gehorsam von Gott ablenkt, die ihm rechtmäßigerweise zuste hen. Jonas starker Patriotismus war ein solcher Götze. Er war so sehr um die Sicherheit und den Wohlstand seiner eigenen Nation besorgt, dass er sich weigerte, als Gottes Botschafter zu den feind lichen Assyrem zu gehen. Wir werden in Kapitel 4 erfahren, dass Jona auch seinen eigenen Ruf schützen wollte (4,2), denn wenn Gott Ninive verschonte, würde Jona als falscher Prophet gebrand markt, dessen Warnungen sich nicht erfüllt hatten. Für jemanden, der berühmt Weu* für seine Prophe zeiungen (2Kö 14,25), wäre dies vernichtend. Jona schließt sein Gebet mit ei nigen feierlichen Gelübden, die er dem Herrn ablegte und wirklich halten wollte. Mit dem Psalmisten sprach er: »Ich will eingehen in dein Haus mit Brandopfern, will dir erfüllen meine Gelübde, zu denen sich meine Lippen auf getan haben und die mein Mund ausgesprochen hat in meiner Not« (Ps 66,13-14). Jona versprach, Gott im Tempel mit Opfern und Dankesliedern anzubeten. Er sagte uns nicht, welche anderen Verspre chen er dem Herrn gegeben hatte, aber eines davon lautete sicherlich: »Ich werde nach Ninive gehen und deine Botschaft verkünden, wenn du mir eine zweite Chance gibst.« Jona konnte sich nicht selbst retten, und auch niemand sonst auf Erden hätte ihn retten kön nen, aber der Herr konnte es, denn »bei dem Herrn ist Rettung« (Jona 2,10b). Dieses Zitat aus Psalm 3,9 und 37,39 und ist die zentrale Aus sage dieses Buches und auch das Hauptthema der Bibel. Wie klug von Jona, sich an das Wort Gottes zu erinnern, denn die Fähigkeit, die Bibel und dabei insbesondere die Psalmen zu zitieren, schenkte ihm Licht in der Dunkelheit und Hoffnung in seiner scheinbar hoff nungslosen Lage.

3. Erlösung (Jon 2,11)
»Und der HERR befahl dem Fisch, und er spie Jona auf das trockene Land aus« (Jon 2,11). Welch eine schmähliche Art und Weise für einen berühmten Propheten, an einer Küste zu landen! In Kapitel 1 behandelten die Seeleute Jona wie eine gefahrliche Fracht, die über Bord geworfen wurde, und nun wird er von dem Fisch wie ein Fremdkörper ausgespien. Als Jona

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 Jona
aufhörte, ein gehorsamer Prophet zu sein, minderte er seinen Wert, und deshalb trägt er selbst die Schuld daran. Wir können sicher sein, dass er sich entsprechend ge demütigt fühlte, als er wieder auf festem Boden stand. Das Wunder, Wenige Wunder in der Bibel sind so oft angezweifelt worden wie dieses, und christliche Gelehrte haben unterschiedlichste Beweise dafür gesammelt, dass es tatsächlich stattfand. Da uns die Bibel nicht sagt, welche Art Fisch Jona verschluckt hat, brauchen wir weder Haie noch Wale zu vermes sen oder die Geschichtsschreibung nach ähnlichen Vorkommnissen zu durchkämmen. Es war ein »be stellter« Fisch (2,1), von Gott für diesen Zweck geschaffen, und des halb war er für diese Aufgabe pas send. Jesus stellte die Geschicht lichkeit des Wunders nicht infrage, warum also sollten wir dies tun? Das Zeichen (Mt 12,39; 16,4; Lk 11,29). Das »Zeichen Jonas« ist sichtbar in seiner Erfahrung des »Todes«, des Begrabenwerdens und der Auferstehung am dritten Tag, und es war das einzige Zei chen, das Jesus dem Volk Israel gab. An Pfingsten predigte Petrus die Auferstehung (Apg 2,22-26), und Paulus tat das Gleiche, als er zu den Juden in anderen Natio nen predigte (13,26-37). Tatsäch lich liegt die Betonung der gesam ten Apostelgeschichte auf der Auferstehung Jesu Christi, denn die Apostel waren »Zeugen der Aufer stehung« (2,32;3,15; 5,32; 10,39). Manche Bibellehrer stört die Formulierung »drei Tage und drei Nächte«, insbesondere da sowohl die Schrift als auch die Tradition darauf schließen lassen, dass Jesus am Freitag gekreuzigt wurde. Um die Wahrheit der Bibel zu verteidi gen, haben manche vorgeschlagen, die Kreuzigung auf Donnerstag oder sogar auf Mittwoch zurückzuverlegen. Die Juden betrachte ten jedoch den Teil eines Tages als einen ganzen Tag, und wir müssen »drei Tage und drei Nächte« nicht unbedingt als exakt zweiundsieb zig Stunden auf die Sekunde in terpretieren. Wir können ja auch nicht beweisen, dass sich Jona ge nau zweiundsiebzig Stunden lang im Bauch des Fisches befand. Das Entscheidende daran war, dass Jona Jahrhunderte nach diesem Ereignis zu einem »Zeichen« für das jüdische Volk wurde und die Juden auf Christus hinwies. Jona war nun bereit, dem Herrn zu gehorchen und Gottes Bot schaft nach Ninive bringen, aber er hatte immer noch einige Lekti onen zu lernen.

 Fragen zum Bibelstudium
 1. Wiersbe schreibt, dass uns das Wort »und« zu Begiim des Bu ches Jona »cm Gottes >Fortsetzungsgeschichte< von Gnade und

1773
Jona

 Barmherzigkeit« erinnert. Inwie fern würde es Ihre Gedanken über Ihren Platz in Gottes Plan ändern, wenn Sie Ihr Leben und Zeugnis durch das Wort »und« in direkter Verbindung mit den biblischen Zeiten und der Kirchengeschichte sähen?
2. Welche drei Erfahrungen durch lebt Jona in den ersten beiden Ka piteln? Wie sind diese Erfahrungen mit dem Plan der Erlösung zu ver gleichen?
3. Gegen welche drei Dinge war Jona negativ eingestellt?
4. Woher kam Jonas falsche Hal tung gegenüber Gottes Willen? Nennen Sie ein Beispiel dafür aus Ihrem eigenen Leben.
5. Eines von Jonas Problemen be stand darin, dass »er seinen eng stirnigen Patriotismus über seine Theologie stellte«. Welche Ansicht haben Sie über die Beziehung zwi schen nationalem Patriotismus und unserem christlichen Glau ben?
6. Jona schien in Bezug auf das Wort des Herrn eine »nimm es oder lass es«-Haltung einzuneh men. Bei welchen Teilen des Wor tes Gottes (spezielle Abschnitte oder Themen) wciren Sie bisher in Versuchung, sie zu überspringen?
7. An welchem Punkt Ihres Lebens waren Sie am nächsten dran, bei Gott Ihren Rücktritt einzureichen?
8. Welche vier Dinge verlor Jona, weil er kein Segen für andere und überdies ungehorsam war? Wel ches davon verlieren Sie nach Ihrer eigenen Beobachtung am ehesten?
9. Was glauben Sie - wie sieht Gott Ihren Kampf mit unterschiedli chen Motiven in Ihren eigenen Ge beten?
10. Was kann uns helfen, uns dar an zu eriimern, wie es ist, verloren und ohne Hoflftiung zu sein?
11. Wie lautet die zentrale Bot schaft des Buches Jona? Was be deutet dies für Sie in Ihrem Leben?
 Anmerkungen
1. Die KJV-Bibelübersetzung über setzt das hebräische Bindewort mit »jetzt«, wohingegen die NIVBibelübersetzung und die NASBBibelübersetzung {New-ÄmericanStandard-Bible) es vollständig igno rieren.
2. Jonas Heimatstadt Gat-Hefer lag an der Grenze von Sebulon, einem der nördlichsten Stämme, und war daher ein nahe liegendes Ziel für die Angriffe von Eroberern. Viel leicht hatte er selbst erlebt, was die Assyrer fertig brachten.
3. Tarsis lag wahrscheinlich in Spanien, mehr als 1.500 km west lich von Jafo. Jona sollte jedoch in Richtung Osten nach Ninive rei sen. Die Juden waren keine See fahrer, aber Jona warf in seinem Bemühen, der Ausführung von Gottes Willen zu entfliehen, all seine Bedenken und Ängste über Bord.

1774
Jona
4. In Jafo, auch Joppe genannt, erhielt Petrus seine göttliche Be rufung, den Nichljuden die Bot schaft: des Evangeliums zu bringen (Apg 10). Obwohl er anfangs nicht ganz damit einverstanden wzir, ge horchte er im Gegensatz zu Jona Gottes Wort und öffnete die Tür des Glaubens für die Nich^uden. Welch ein Privileg!
5. Eine Ausnahme davon war, dass der Fall der Juden den Nichtjuden das Heil brachte (Röm 11.11ff.). Israel stand außerhalb von Gottes Willen, als sie Christus zurück wiesen und sich dem Evangelium widersetzten, aber dies öffnete den Nichtjuden die Tür zum Heil.
6. Das Wort, das mit »absehen« übersetzt wird, bedeutet »mit Wis sen und Zustimmung hinsehen«. Nicht nur unser Wissen um unsere Sünde behindert das Gebet, son dern das Festhalten an dieser Sün de, die Zustimmung dazu und ihre Verteidigung. (Siehe IJo 1,5-10.)
7. Die Tatsache, dass Jona sterben wollte, nachdem Ninive errettet war (4,8-9), lässt darauf schlie ßen, dass sein Herz immer noch verbittert und unbeugsam in Be zug auf Gottes Willen war. Ein ergebener Diener würde sagen: »Nicht mein, sondern dein Wille geschehe.«

8. Manche Kommentatoren glauben, dass Jona tatsächlich starb und wiederauferweckt -wurde; sie begründen ihre Interpretation mit Zitaten aus seinem Gebet wie »aus dem Schoß des Scheol schrie ich um Hilfe« (Jon 2,3) und »da führ test du mein Leben aus der Grube herauf« (V. 7): Jonas Gebet be steht jedoch aus Zitaten aus min destens fünfzehn verschiedenen Psalmen, und wenn auch manche dieser Psalmen Erfahrungen der Todesnähe beschreiben, erzählt doch keiner von einem Auferste hungswunder.

Der Bezug auf den Scheol in Vers 2 kommt aus Psalm 30,4 (und siehe Psalm 16,10 und 18,4-6), und der Bezug auf die »Grube« stammt aus Psalm 49,15, die beide von David verfasst wur den. Wenn diese beiden Psalmen Jonas Auferstehung beschreiben, müssten sie auch Davids Aufer stehung beschreiben; wir haben jedoch keinerlei Hinweis darauf, dass David jemals starb und wie der auferweckt wurde. Stattdessen beschreiben diese Psalmen beäng stigende Erlebnisse, als Gott seine Diener direkt vor den Toren des Todes errettete. Dies meint Jona offenbar, als er sie in seinem Gebet zitiert.
Wenn Jona gestorben und wieder auferstanden wäre, wäre er außerdem kein exaktes Muster Christi gewesen (Mt 12,39; 16,4; Lk 11,29), denn Muster zeigen zwar das Gegenbild, aber sie duplizieren es nicht, denn das Gegenbild ist stets größer.
 Es ist gefahrlich, eine Interpretation auf die poetische Sprache der Schrift zu gründen.

1775
 Jona wenn wir keine eindeutige neutestamentliche Interpretation haben, an die wir uns anlehnen können. 9. »Jede Ungerechtigkeit ist Sünde; und es gibt Sünde, die nicht zum Tod ist« (IJo 5,17). »Der Herr wird sein Volk richten. Es ist furchtbar, in die Hände des lebendigen Got tes zu fallen!« (Hebr 10,30-31). Bekennende Gläubige, die mit der Sünde tändeln und mit Gottes liebender Züchtigung leichtfertig umgehen, spielen mit dem Feuer. Es ist besser zu sterben, als sich Gottes Willen zu widersetzen und dem Namen Christi Schande zu bereiten.

2. Kapitel Jona 3-4
Predigen und SCHMOLLEN
............................................
Die folgende Frage wird üblicher weise in Kursen gestellt, die einen Überbhck über das Alte Testament vermitteln: »War der große Fisch erleichterter, Jona los zu sein, oder war Jona erleichterter, weil er sich nicht mehr im Inneren des großen Fisches befand?« Vielleicht war beider Gefühl der Erleichterung gleich. Wir hoffen jedenfalls, dass Jona Gott für den von ihm bestell ten Fisch dankte, der ihn vor dem sicheren Tod gerettet hatte. In diesen beiden Kapiteln be gegnen wir vier erstaunlichen As pekten, die wir nicht als selbstver ständlich hinnehmen sollten.

1. Die erstaunliche unverdiente
Beauftragung (Jon 3,1-2)
Hatte irgendjemand zugesehen, als Jona von dem großen Fisch an die trockene Küste ausgespien wurde? Falls das so war, hatte sich die Geschichte sicherlich schnell verbreitet imd war ihm vielleicht sogar nach Ninive vorausgeeilt, und das mag eine Erklärungshil fe sein für die Art und Weise, wie die Stadt ihn empfing. War Jona durch die Verdauungssäfte des Fi sches gebleicht worden? Sah er so seltsam aus, dass niemand anzwei feln konnte, wer er war und was mit ihm geschehen war? Dass Jona den Bewohnern von Ninive ein »Zeichen« war (Mt 12,38-41), be zog sich möglicherweise auch auf sein Aussehen. Es war eigentlich ganz unwich tig, was die Menschen sahen oder dachten. Wichtig war nur, was Gott dachte und was er nun mit seinem reuevollen Propheten tun würde. »Das Leben Jonas kann nicht ohne Gott niedergeschrieben werden«, sagte Charles Spurgeon. »Nimmt man Gott aus der Geschichte des Propheten heraus, bleibt keine Ge schichte mehr übrig.«'

  Gott traf Jona. Wir wissen nicht, wo der große Fisch Jona absetzte.

1776

 Jona
 aber wir wissen, dass der Herr dort war, wo auch immer Jona sich be fand. Denken Sie bitte daran, dass Gott sich mehr um seine Arbeiter als um deren Arbeit sorgt, denn wenn die Arbeiter so sind, wie sie sein sollten, dann wird auch die Arbeit so sein, wie sie sein sollte. Während des gesamten Zeitraums von Jonas Rebellion war Gott über seinen Diener verärgert, aber er verließ ihn zu keinem Zeitpunkt. Es war Gott, der den Sturm be herrschte, den großen Fisch be stellte und Jona aus der Tiefe erret tete. Sein Versprechen lautet: »Ich will dich nicht aufgeben und dich nicht verlassen« (Hebr 13,5; siehe Jos 1,5). »Wenn du durchs Wasser gehst, ich bin bei dir« (Jes 43,2). Gott sprach zu Jona. Nachdem sich Jona verstockt gezeigt und geweigert hatte, Gottes Stimme zu gehorchen, ist es ein Wunder, dass Gott überhaupt zu ihm redete. Jona hatte Gottes Wort den Rücken zu gekehrt, und deshalb war der Herr gezwungen, durch Donner, Regen und das stürmische Meer zu ihm zu sprechen. Aber nun, da Jona seine Sünden bekannt und sich wieder zum Herrn hingewandt hatte, konnte Gott wieder durch sein Wort zu ihm reden. Eine der Prüfungen unserer Beziehung zu Gott lautet: »Spricht Gott zu mir, wenn ich sein Wort lese und dar über nachsinne?« Wenn wir nicht hören, wie Gott in unseren Herzen zu uns spricht, gibt es vielleicht un geordnete Dinge, die wir mit ihm klären müssen.

Gott beauftragte Jona. »Das siegreiche Christenleben«, sagte George H. Morrison, »besteht aus einer Reihe von Neuanfangen«. Wenn wir hinfallen, möchte der Feind uns glauben machen, dass unser Dienst beendet ist und es keine Hoffnung auf Wiederher stellung gibt, aber unser Gott ist der Gott der zweiten Chance. »Da geschah das Wort des HERRN zum zweiten Mal zu Jona« (Jon 3,1). »Freue dich nicht über mich, meine Feindin! Denn bin ich ge fallen, stehe ich wieder auf; wenn ich auch in Finsternis sitze, ist der HERR doch mein Licht« (Mi 7,8).
Man muss nicht die ganze Bibel durchlesen, um zu entdecken, dass Gott seinen Dienern vergibt und sie zum Dienst wiederherstellt. Abraham flüchtete nach Ägypten, wo er in Bezug auf seine Frau log, aber Gott gab ihm noch eine Chance (IMo 12,10-13,4). Jakob belog seinen Vater Isaak, aber Gott stellte ihn wieder her und benutz te ihn zur Gründung der Nation Israel. Mose tötete einen Mann (wahrscheinlich in Notwehr) und floh aus Ägypten, aber Gott berief ihn dazu, der Führer seines Volkes zu sein. Petrus leugnete den Herrn dreimal, aber Jesus vergab ihm und sagte: »Folge mir nach« (Joh 21,19).

1777
Jona
Wie ermutigend diese Beispiele der Wiederherstellung auch sein mögen, sie dürfen niemals als Ent schuldigung für Sünde missbraucht werden. Wer sagt: »Ich kann ruhig sündigen, denn ich weiß, dass der Herr mir vergeben wird«, hat das Schreckliche der Sünde oder die Heiligkeit Gottes nicht verstan den. »Doch bei dir ist die Verge bung, damit man dich fürchte« (Ps 130,4). Gott in seiner Gnade ver gibt unsere Sünden, aber Gott in seiner Herrschaft beschließt, dass wir ernten sollen, was wir gesät ha ben, und die Ernte kann uns teuer zu stehen kommen. Jona zahlte ei nen hohen Preis für seinen Wider stand gegen den Herrn.

Gott forderte Jona heraus. Ninive wird in diesem Buch viermal als »große Stadt« bezeichnet (1,2; 3,2- 3; 4,11),^ und die Archäologie be stätigt uns, dass diese Bezeichnung wohlbegründet ist. Sie war groß in geschichtlicher Hinsicht, denn sie war vor langer Zeit von Noahs Urenkel Nimrod gegründet wor den (IMo 10,8-10).^ Sie war auch groß in ihren Ausmaßen. Der Um fang der Stadt einschließlich ihrer Vororte betrug mehr als neunzig Kilometer, und in der Stadt leb ten mehr als 120.000 Menschen. Eine der Stadtmauern war mehr als zwölf Kilometer lang und hatte 1.500 Türme aufzuweisen.

 Als eine der führenden Städte des mächtigen assyrischen Reiches war die Stadt groß an Prunk und Einfluss. Sie lag nahe dem Fluss Tigris und wurde von dem Fluss Khoser durchflössen. (Diese Tatsache wird sich noch als wichtig erweisen, wenn wir das Buch Nahum studieren.) Ihre Kaufleute durchreisten das Reich und brachten der Stadt gro ßen Wohlstand, und die assyrischen Heere waren weithin gefürchtet.
Ninive war groß im Sündigen, derm die Assyrer waren weit und breit wegen ihrer Brutalität gefürch tet und zeigten keinerlei Barmher zigkeit für ihre Feinde. Sie spießten ihre Opfer lebendig auf spitzen Pfählen auf und ließen sie in der Wüstensonne zu Tode rösten; sie enthaupteten Menschen zu Tau senden und stapelten ihre Köpfe zu Haufen an den Stadttoren auf und häuteten Menschen sogar bei lebendigem Leibe. Sie hatten weder vor dem Alter noch vor dem Ge schlecht Achtung und ihre Politik war es, Säuglinge und Kleinkinder zu töten, damit sie nicht für sie sor gen mussten (Nah 3,10).

 Zu den bösen Menschen dieser großen Stadt schickte Gott seinen Diener Jona und versicherte ihm, dass er ihm die Botschaft mitteilen würde, die er weitergeben sollte. Nachdem er die notwendigen Vor bereitungen getroffen hatte, wür de Jona mindestens einen Monat brauchen, um von seinem Heimat land in die Stadt Ninive zu reisen, und während dieser Reise sollte er

1778
 Jona
 genügend Zeit haben, um über das nachzudenken, was der Herr ihn gelehrt hatte. Der Wille Gottes wird dich niemals dorthin fuhren, wo die Gnade Gottes dich nicht erhalten und die Kraft Gottes dich nicht ge brauchen kann. »Und wer ist dazu tüchtig? ... unser Tüchtigkeit ist von Gott« (2Kor 2,16 und 3,5).

 2. Die erstaunliche, beispiellose
Erweckung (Jon 3,3-10)
 Aus menschlicher Sicht erscheint diese ganze Unternehmung lä cherlich. Wie konnte ein einziger Mann, der von sich behauptete, Gottes Prophet zu sein. Tausende von Menschen mit seiner eigenar tigen Botschaft konfrontieren, ins besondere da es eine Botschaft der Bestrafung war? Wie konnte ein Jude, der den wahren Gott anbete te, jemals diese götzenverehrenden Nichljuden dazu bringen, seinen Worten Glauben zu schenken? So weit Jona wusste, konnte es auch geschehen, dass er sein Leben auf einen Pfahl gespießt oder bei leben digem Leibe gehäutet beschließen musste. Aber Jona war dem Herrn gehorsam und ging nach Ninive.

Jonas Botschaß an Ninive (Jon 3,3-4).
 »Drei Tage zu durchwan dern« bedeutet entweder, dass es drei Tage dauerte, die Stadt und ihre Vororte zu durchwandern, oder dass es drei Tage dauerte, sie zu umgehen. Die englischsprachige iV/F-Übersetzung (New Internati onal Version) von Vers 3 lässt uns annehmen, dass es drei Tage dau ern würde, das ganze Gebiet zu besuchen. Laut 1. Mose 10,11-12 bestand das »Ballungsgebiet Ni nive« aus vier Städten. Hier wird deutlich, dass Ninive kein bedeu tungsloser Ort war.
Als Jona einen Tag in der Stadt verbracht hatte, begann er, seine Botschaft zu verkünden: »Noch vierzig Tage, dann wird Ninive zerstört!« In der gesamten Bibel scheint die Zahl vierzig in Verbin dung mit Prüfling oder Bestrafung zu stehen. In den Tagen Noahs regnete es vierzig Tage und vierzig Nächte Iamg (1Mo 7,4.12.17). Die jüdischen Kundschafter erforsch ten Kanaan vierzig Tage lang (4Mo 14,34), imd die Nation Isra el wurde vierzig Jahre lang in der Wüste geprüft (5Mo 2,7). Der Rie se Goliat verhöhnte das Heer Isra els vierzig Tage lang (ISam 17,16), und der Herr gab den Bewohnern von Ninive vierzig Tage, um Buße zu tun und sich von ihrer Schlech tigkeit abzuwenden. An diesem Punkt müssen wir zugeben, dass wir gerne mehr über Jonas Wirken in Ninive wis sen würden. War das die einzige Botschaft, die er verkündete? Si cherlich verbrachte er auch Zeit damit, den Menschen vom wah ren und lebendigen Gott zu er zählen, denn uns wird gesagt: »Da

1779
 Jona
 glaubten die Leute von Ninive an Gott« (Jon 3,5). Sie mussten et was über diesen Gott Israels wis sen, um ihren Glauben wahrhaftig ausüben zu können (siehe Apg 17,22fF.). Führte Jona ihnen die Torheit ihrer Götzenverehrung vor Augen? Erzählte er seine ganz per sönliche Geschichte, um ihnen zu zeigen, dass dieser Gott mächtig und souverän war? Wir wissen es ganz einfach nicht. Das Wichtigste ist, dass Jona Gott gehorchte, nach Ninive ging und die Botschaft ver kündete, die Gott ihm aufgetragen hatte. Gott erledigte den Rest.

Ninives Botschafi an Gott (Jon 3,5-9)
. Im hebräischen Text besteht Jonas Botschaft aus nur fünf Wör tern, aber dennoch rüttelte Gott durch diese fünf Wörter die ge samte Bevölkerung auf, angefan gen vom König auf seinem Thron bis zum einfachsten Landarbeiter auf dem Feld. Gott schenkte den Menschen vierzig Tage der Gna de, aber sie brauchten gzir nicht so lange. Wir erhalten den Eindruck, dass sie seiner Botschaft Gehör schenkten, sobald sie Jona zum ersten Mal sahen und seine Worte hörten. Die Nachricht verbreitete sich schnell im ganzen Gebiet, und die Menschen demütigten sich, in dem sie fasteten und sich in Sack tuch kleideten. Als der König die Botschaft er hielt, kleidete er sich ebenfalls in Sacktuch und setzte sich in den Staub. Außerdem rief er einen Be fehl zum Fasten aus und dass sich das Volk demütigen, zu Gott rufen und von seinen bösen Wegen um kehren sollte. Sogar die Tiere wa ren mit Sacktuch zu bedecken und durften weder fressen noch Was ser trinken. Die Menschen sollten »mit aller Kraft« zu Gott rufen, denn dies war eine Sache von Le ben und Tod.

Als Jona
 in äußerster Not war, erinnerte er sich an die Verheißung in Verbindung mit Salomos Tempel (Jon 2,5.8; IKö 8,38-39; 2Chr 6,36- 39), sah zum Tempel hin imd rief um Hilfe. Salomos Tempelgebet umfasste auch eine Verheißimg für Menschen außerhalb der Nation Israel, und dazu gehörten auch die Bewohner von Ninive: »Und auch auf den Ausländer, der nicht von deinem Volk Israel ist ... wenn sie kommen und beten zu diesem Haus hin, dann höre du es vom Himmel her, der Stätte, wo du thronst! Und handle nach allem, worum der Ausländer zu dir ruft, damit alle Völker der Erde deinen Namen er kennen und damit sie dich fürchten wie dein Volk Israel und danüt sie erkennen, dass dein Name ausge rufen ist über diesem Haus, das ich gebaut habe!« (2Chr 6,32-33). Jona karmte dieses Versprechen ganz si cherlich, und vielleicht war es die Grundlage der ganzen Erweckung. Die Bewohner von Ninive wollten ebenso wenig zugrunde

1780
Jona
 gehen wie die Seeleute während des Sturms (Jon 3,9; 1,6.14). Das ist der Sinn des Bezeugens, dass »jeder, der an ihn glaubt, nicht ver loren geht, sondern ewiges Leben hat« (Joh 3,16). Ihr Fasten, Beten und sich Demütigen vor Gott, sandte eine Botschaft zum Him mel, aber die Bewohner von Ninive hatten keine Garantie dafür, dass sie gerettet werden würden. Sie hofften, dass Gottes großes Mitgefühl ihn dazu bewegen wür de, seinen Plan zu ändern und die Stadt zu verschonen. Wieder fragen wir uns: Woher wussten sie, dass der Gott der Heb räer ein gnädiger und mitfühlender Gott war? Zweifellos hatte Jona es ihnen erzählt, denn dies war ein Grundsatz, an den er selbst glaub te (Jon 4,2).

Gottes Botschaft an Ninive (Jon 3,10). An einem gewissen Punkt sprach Gott zu Jona und erzählte ihm, dass er die Buße der Men schen angenommen hatte und die Stadt nicht zerstören würde. Die Formulierung »Gott ließ sich das Unheil gereuen« bedeutet »Gott erbarmte sich und änderte seinen Plan«. Vom menschlichen Ge sichtspunkt her sah es wie Reue aus, aber aus der göttlichen Pers pektive war es ganz einfach Gottes Reaktion auf die Veränderung in den Herzen der Menschen. Gott ist äußerst konsequent; es scheint nur so, als ob er seine Meinung ändert. Die Bibel benutzt mensch liche Vergleiche, um das göttliche Wesen Gottes zu offenbaren (Jer 18,1-10).

Wie nachhaltig war die geistli che Erfahrung der Menschen in Ninive? Wenn Buße und Glauben die Grundvoraussetzungen der Rettung sind (Apg 20,21), können wir davon ausgehen, dass sie von Gott angenommen wurden, denn die Bewohner von Ninive taten Buße und glaubten an Gott (Jon 3,5). Die Tatsache, dass Jesus die Einwohner von Ninive benutzte, um die ungläubigen Juden seiner Zeit zu beschämen, ist ein weiterer Beweis dafür, dass ihre Reaktion auf Jonas Wirken ehrlich war (Mt 12,38-41).

 3. Der erstaunlich unglückliche Diener (Jon 4,1-11)
Wenn dieses Buch mit dem letzten Vers von Kapitel 3 zu Ende ge wesen wäre, hätte die Geschichte Jona als den größten ciller Prophe ten dargestellt. Immerhin war das Predigen einer einzigen Botschaft, die Tausende von Menschen dazu brachte, Buße zu tun und sich zu Gott hinzuwenden, keine gerin ge Leistung. Aber der Herr blickt nicht auf Äußerlichkeiten, son dern sieht auf das Herz (ISam 16,7) und prüft die Beweggründe (IKor 4,5). Deshalb wurde Kapi tel 4 in das Buch aufgenommen, denn es offenbart die Absichten

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 Jona
von Jonas Herz und enthüllt seine Sünden.
Wenn Jona in Kapitel 1 dem Verlorenen Sohn ähnelt, der auf seinen eigenen Willen besteht und stur seinen Weg geht (Lk 15,11- 32), dann gleicht er in Kapitel 4 dem älteren Bruder des Verlorenen Sohnes - kritisch, egoistisch, mür risch, zornig und unglücklich über das, was geschieht. Es genügt für Gottes Diener nicht, dass sie den Willen ihres Herren befolgen, sie müssen »den Willen Gottes von Herzen tun« (Eph 6,6). Der Kern jedes Problems ist das Problem im Herzen, und dort waren Jonas Pro bleme zu finden. »Und es missfiel Jona sehr, und er vrarde zornig« (Jon 4,1).

Das Bemerkenswerte an der Sache ist, dass Gott mit seinem schmollenden Diener sanft um ging und ihn wieder in einen Zu stand der Freude und Gemein schaft versetzen wollte. Gott hörte Jona zu (Jon 4,1-4). Zum zweiten Mal in dieser Erzäh lung betete Jona, aber dieses zwei te Gebet unterschied sich in Inhalt und Ziel erhebhch von dem ersten. Er betete sein bestes Gebet am schlimmsten Ort, im Bauch des Fisches, und er betete sein schlimmstes Gebet am besten Ort, in der Stadt Ninive, wo Gott wirkte. Sein erstes Gebet kam aus einem gebro chenen Herzen, aber sein zweites Gebet kam aus einem zornigen Herzen. In seinem ersten Gebet bat er Gott, ihn zu retten, doch in seinem zweiten Gebet bat er Gott, sein Leben zu nehmen. Wieder einmal wollte Jona lieber sterben, als nicht seinen Kopf durchzuset zen.

Sein verdrießliches Gebet lüf tet für uns das Geheinmis, war um Jona überhaupt davonzulau fen versuchte. Als guter Theologe kannte Jona die Attribute Gottes, dass er »ein gnädiger und barm herziger Gott« war, »langsam zum Zorn und groß an Güte, und ei ner, der sich das Unheil gereuen lässt« (V. 2). Deshalb war Jona sicher, dass Gott den Bewohnern von Ninive vergeben und seine Be strafung nicht durchführen würde, wenn er ihnen die Bestrafung ver kündete und sie Buße taten - und dann wäre Jona als falscher Prophet gebrandmarktfEnimern Sie sich bit te daran, dass Jonas Botschaft die bevorstehende Bestrafung lediglich verkündete, aber keine Bedingun gen zur Rettung anbot.

Jona war in Sorge um seinen Ruf - nicht nur bei den Bewoh nern von Ninive, sondern auch bei den Juden zu Hause. Seine jü dischen Freunde hätten es gerne gesehen, wenn nicht nur die Bevöl kerung von Ninive, sondern alle Assyrer vernichtet worden wären. Wenn Jonas Freunde hörten, dass Ninive durch ihn vor Gottes Zorn gerettet worden war, hätten sie ihn

1782
 Jona
 gemäß der offiziellen jüdischen Außenpolitik als Verräter ansehen können. Jona war ein engstirniger Patriot, der Assyrien lediglich als einen gefahrlichen Feind sah, der vernichtet gehörte, und nicht als eine Gemeinschaft von reuigen Sündern, die zum Herrn gefuhrt werden mussten.

Wenn uns der eigene gute Ruf wichtiger wird als unser Charak ter und es vordringlicher wird, unseren Freunden zu gefallen als Gott, laufen wir Gefahr, wie Jona zu werden. Wir leben dann, um unsere Vorurteile zu pflegen, statt unsere geistlichen Aufgaben zu er füllen.'' Jona hatte bestimmt eine gute Theologie, aber sein Wissen blieb im Kopf stecken und erreich te niemals das Herz und er war so aufgewühlt, das er sterben wollte!^ Gottes sanfte Reaktion bestand da rin, dass er ihn bat, sein Herz zu prüfen und den wahren Grund für seinen Zorn zu erkennen.

Gott tröstete Jona
 (Jon 4,5-8). Zum zweiten Mal in diesem Buch verließ Jona den Ort seines Wir kens, ging aus der Stadt hinaus und setzte sich nieder an einem Ort im Osten der Stadt, von wo aus er sehen konnte, was dort vorging. Wie der ältere Bruder im Gleich nis ging auch er nicht hinein und nahm am Fest teil (Lk 15,28). Er hätte den Bewohnern von Ninive so viel über den wahren Gott Isra els erzählen können, aber er zog es vor, seinen eigenen Willen durch zusetzen. Was für eine Tragödie ist es doch, wenn Gottes Diener für andere Menschen zum Segen wer den, aber selbst den Segen verpassen! Gott wusste, dass es für Jona recht ungemütlich war, in jener Hütte zu sitzen, deshalb ließ er gnä dig einen Rizinus wachsen, dessen große Blätter Jona vor der heißen Sonne schützten. Das machte Jona glücklich, aber als Gott am nächsten Morgen einen Wurm be stellte, der den Rizinus absterben ließ, war Jona wieder unglücklich. Die heiße Sonne in Verbindung mit dem stickigen Wüstenwind verstärkte nur noch seinen Wunsch zu sterben. Wie in den Tiefen des Meeres erinnerte Gott Jona wieder da ran, wie es war, wenn man sich verlo ren föhlte: hilflos, hoffnungslos, elend. Jona erlebte einen Vorgeschmack der Hölle, als er dort saß und die Stadt beobachtete.

Ein einfacher Persönlichkeits test besteht darin, sich zu fragen: »Was macht mich glücklich? Was macht mich zornig? Was bringt mich zum Aufgeben?« Jona war »ein wankelmütiger Mann, un beständig in allen seinen Wegen« (Jak 1,8). In der einen Minute pre digt er Gottes Wort, aber in der nächsten ist er diesem Wort unge horsam und verlässt seinen Posten. Während er im Bauch des großen Fisches war, betete er um Rettung, aber nun bittet er den Herrn, ihn

1783
 Jona
 zu töten. Er rief die Stadt auf, Buße zu tun, aber er selbst tat keine Buße. Er machte sich mehr Gedanken um die materiellen An nehmlichkeiten des Lebens als um die Rettung der Verlorenen. Die Bewohner von Ninive, der Rizinus, der Wurm und der Wind waren Gott alle gehorsam gewesen, aber Jona weigerte sich immer noch zu gehorchen, obwohl er dabei am meisten gewinnen konnte.

Gott lehrte Jona (Jon 4,9-11)
. Gott spricht immer noch zu Jona, und Jona hört immer noch zu und gibt Antworten, auch wenn es nicht die richtigen sind. Ungerechtfertigter Zorn nährt das Ego und produziert im Herzen das Gift der Selbstsucht. Jona hatte immer noch ein Problem mit dem Willen Gottes. In Kapitel 1 verstand sein Geist Gottes Willen, aber er weigerte sich zu gehorchen und bewegte seinen Körper in die entgegengesetzte Richtung. In Ka pitel 2 rief er um Hilfe, Gott rettete ihn und er gab seinen Körper unter die Herrschaft des Herrn zurück. In Kapitel 3 ordnete er seinen Willen dem Herrn unter und ging nach Ni nive, um zu predigen, aber sein Herz hatte sich noch nicht dem Herrn unter worfen. Jona tat den Willen Gottes, aber nicht aus ganzem Herzen. Jona hatte noch eine Lektion zu lernen, und sie war vielleicht die wichtigste von allen. In Kapitel 1 lernte er die Lektion über Gottes Vorsehung und Langmut und dass man nicht vor Gott davonlaufen kann. In Kapitel 2 lernte er die Lektion über Gottes Vergebung und dass Gott all jenen verzeiht, die ihn anrufen. In Kapitel 3 lernte er die Lektion über Gottes Macht und er sah, wie sich eine ganze Stadt vor dem Herrn demütigte. Nun musste er die Lektion von Gottes Mitleid lernen - dass Gott Erbarmen mit verlorenen Sündern wie den Be wohnern von Ninive hat und dass seine Diener ebenfalls barmherzig sein sollen.^ Es scheint unglaub lich, aber Jona brachte eine ganze Stadt zum Glauben an den Herrn und liebte doch die Menschen nicht, denen er predigte.

 Die Menschen, die nicht »un terscheiden können zwischen ihrer Rechten und ihrer Linken« (4,11), waren unreife kleine Kinder (5Mo 1,39), und wenn 120.000 von ih nen in Ninive und seinen Vororten lebten, war dies nicht wenig an Be völkerung. Gott sorgt bestimmt in besonderer Weise für die Kinder (Mk 10,13-16), aber ganz egal, ob sie Kinder oder Erwachsene wa ren, die Assyrer hatten es alle nö tig, den Herrn kennen zu lernen. Jona hatte Mitleid mit dem Rizi nus, der verwelkte, aber er hatte kein Mitgefühl mit den Menschen, die zugrunde gehen und auf ewig fern vom Herrn sein würden.

Jeremia und Jesus blickten auf die Stadt Jerusalem und weinten über sie (Jer 9,1.10; 23,14; Lk

1784
 Jona
 19,41), und Paulus betrachtete die Stadt Athen und »sein Geist in ihm wurde erregt« (Apg 17,16), aber Jona blickte auf die Stadt Ninive und kochte vor Zorn. Er musste die Lektion über Gottes Mitleid lernen und ein Herz vol ler Mitgefühl mit den verlorenen Seelen haben.

 4. Die wunderbare unbeantwor tete Frage (Jon 4,11) Jona und Nahum sind die einzigen Bücher der Bibel, die mit Fragen enden, und beide Bücher befassen sich mit der Stadt Ninive. Nahum schließt mit einer Frage, die sich auf Gottes Strafe für Ninive be zieht (Nah 3,19), wohingegen Jona mit einer Frage endet, die sich auf Gottes Mitleid mit Ninive bezieht. Es ist ein ungewöhnlicher Abschluss für solch ein dramatisches Buch wie das Buch Jona. Gott hat das erste Wort (Jon 1,1-2) und auch das letzte (4,11), und so soll te es auch sein, aber wir erfahren nicht Jonas Antwort auf Gottes abschließende Frage. Es ähnelt dem Ende von Frank Stocktons berühmter Kurzgeschichte »Die Dame oder der Tiger?« Was kam heraus, als der gutaussehende junge Mann die Tür öfftiete - die schöne Prinzessin oder der men schenverschlingende Tiger? Wir hoffen innigst, dass Jona auf Gottes liebevolles Werben re agierte und dem Beispiel der Be wohner von Ninive folgte, indem er Buße tat und das Angesicht Gottes suchte. Der berühmte schottische Prediger Alexander Whyte glaub te, dass Jonas Herz einen Wandel durchlebte. Er schrieb: »Aber Jona kam während dieser etwa fünfund zwanzig Tage wieder zu sich, wie der zurück vom östlichen Tor der Stadt Ninive nach Gat-Hefer, dem Haus seines Vaters.«^ Spurgeon sagte: »Lassen Sie uns hoffen, dass er sich für den Rest seines Lebens an der verschonenden Barmher zigkeit Gottes erfreute.«® War denn nicht Jona selbst durch Gottes Barmherzigkeit verschont worden?
 Gott wollte Ninive verschonen, aber aus diesem Grunde konnte er seinen eigenen Sohn nicht verschonen. Jemand musste för ihre Sünden sterben, ansonsten würden sie in ihren Sünden sterben. »Er, der doch seinen eigenen Sohn nicht verschont, sondern ihn für uns alle hingegeben hat: wie wird er uns mit ihm nicht auch alles schen ken?« (Röm 8,32). Jesus benutzte Jonas Wirken in Ninive, um den Juden zu zeigen, wie schuldig sie waren, weil sie sein Zeugnis ablehnten. »Männer von Ninive werden aufstehen im Gericht mit diesem Geschlecht und werden es verdammen, denn sie taten Buße auf die Predigt Jonas; und siehe, mehr als Jona ist hier« (Mt 12,41),
Inwiefern ist Jesus mehr als Jona? Sicherlich ist Jesus als Person

1785
 Jona
 mehr als Jona, denn obwohl beide Juden und Propheten waren, ist Jesus der Sohn Gottes. Er ist mehr in seiner Botschaft, denn Jona predigte eine Botschaft der Strafe, aber Jesus predigte eine Botschaft der Gnade und der Rettung (Joh 3,16-17). Jona stcirb beineihe wegen seiner eigenen Sünden, aber Jesus starb aus freien Stücken für die Sün den der ganzen Welt (1 Jo 2,2). Jona wirkte nur in einer ein zigen Stadt, aber Jesus ist »der Heiland der Welt« (Joh 4,42; IJo 4,14). Jonas Gehorsam kam nicht von Herzen, aber Jesus tat allezeit das seinem Vater Wohlgefällige (Joh 8,29). Jona liebte die Men schen nicht, zu denen er kam, um sie zu retten, aber Jesus hatte Mit leid mit Sündern und stellte seine Liebe unter Beweis, indem er am Kreuz für sie starb (Rom 5,6-8). Am Kreuz vor der Stadt bat Jesus Gott um Vergebung für jene, die ihn töteten (Lk 23,34), aber Jona wartete vor der Stadt, um zu se hen, ob Gott jene töten würde, de nen er selbst nicht vergab. Ja, Jesus ist mehr als Jona, und deshalb müssen wir uns das, was er uns sagt, auch mehr zu Herzen nehmen. Jene, die ihn ablehnen, erwartet eine größere Strafe, denn je heller das Licht, umso größer ist die Verantwortung. Der Punkt ist jedoch nicht, wie Jona Gottes Frage beantwor tete; die wirkliche Frage ist doch. wie Sie und ich heute Gottes Frage beantworten. Stimmen wir Gott zu, dass Menschen ohne Christus verloren sind? Haben wir, ebenso wie Gott, Mitleid mit den Verlo renen? Wie drücken wir dieses Mitgefühl aus? Sorgen wir uns um die Menschen in unseren großen Städten, in denen es so viel Sünde und so wenig Zeugnis gibt? Beten wir dafür, dass das Evangelium zu Menschen in allen Teilen der Welt kommt, und helfen wir dabei mit? Frohlocken wir, wenn Sünder Buße tun und sich dem Heiland anvertrauen?
Alle diese Fragen und noch mehr sind in Gottes Frage an Jona eingeschlossen.
Wir können nicht an seiner Stel le antworten, aber wir können für uns selbst antworten.
Lassen Sie uns Gott die richtige Antwort geben.

Fragen zum Bibelstudium
 1. Welche vier »erstaunlichen As pekte« werden in Jona 3-4 betont? Welcher ist für Sie am wunderbar sten? 2. Gott verließ Jona niemals, noch nicht einmal dann, als er wider spenstig war. Welchen Beweis die ser Fürsorge Gottes, die Verspre chen hält, haben Sie persönlich er lebt? Welchen Trost bedeutet dies für Ihre Zukunft? 3. Wie fühlen Sie sich in Gottes Gegenwart, wenn Sie sündigen?

1786
 Jona
 Wie reagieren Sie auf Gottes Neu anfange für Sie: (a) Sie nehmen ihn gerne an und sind dankbar, (b) Sie neigen dazu, ihn als selbst verständlich hinzunehmen, (c) Sie verlassen sich darauf oder (d) Sie können es kaum glauben, möch ten es aber gerne. Erklären Sie Ihre Haltung. 4. Welche Aktivitäten von Gläu bigen wirken auf Sie aus Ihrer menschlichen Perspektive ebenso lächerlich oder unmöglich wie das Predigen unter den bösen Bewoh nern von Ninive? 5. Wie kam es, dass sich diese ge walttätigen Bewohner von Ninive so leicht und schnell zum Herrn hinwendeten? 6. An welchen anderen Stellen der Bibel bereut Gott/erbarmt sich Gott/ändert Gott seine Meinung? Wie passt das zu Gottes Souverä nität? 7. Wenn Gott uns sogar dann ge brauchen kann, wenn wir eine negative Einstellung haben (wie Jona), gibt es dann überhaupt eine Zeit, in der er uns nicht gebrau chen kann? 8. Wie real ist die Zärtlichkeit Got tes für Sie? Wie können wir dafür sorgen, dass sich diese Zärtlichkeit in unserem Umgang mit unseren Mitmenschen widerspiegelt? 9. In welchen Situationen hat ten Sie damit zu kämpfen, dass es Ihnen wichtiger war, von den Menschen gemocht und geachtet zu werden, als Gott zu gefallen und einen frommen Charakter zu zeigen? 10. Welche Lektionen kann man jeweils aus den vier Kapiteln des Buches Jona lernen?

Anmerkungen
1. Charles H. Spurgeon, Metropolitan Tabernacle Fulpit, Band 43, Sei te 73.
2. »Groß« ist eines der Schlüssel wörter des Buches Jona. Neben der »großen Stadt« erwähnt das Buch einen großen Sturm (1,4.12), große Furcht (Verse 10.16), einen großen Fisch (2,1), große Leute, wahrscheinlich Edelleute (3,5.7) und Jonas großes Missfallen und seine große Freude (4,1.6).
3. Manche datieren die Gründung Ninives sogar auf die Zeit um 4500 V. Chr.
4. Die Urkirche hatte mit diesem Problem zu kämpfen, als Petrus den Nichtjuden das Evangelium brachte (Apg 10-11; 15). Gemäß der jüdischen Theologie mussten die Nichtjuden erst Juden (Proselyten) werden, bevor sie Christen werden konnten, aber Cornelius, seine Familie und seine Freunde wurden einfach deshalb gerettet, weil sie an Jesus Christus glaubten. Als Petrus sagte, dass »jeder, der an ihn glaubt, Vergebung der Sünden empfangt durch seinen Namen«, glaubten die anwesenden Men schen seinem Wort, vertrauten auf