Der Prophet Micha
Ausgelegt von Andreas Steinmeister
Vorwort
Vor vielen Jahren durfte ich einmal Vorträge über den Propheten Micha
halten und bin durch das Studium dieses Wortes reich gesegnet worden.
Ich erinnere mich daran, dass nach der Predigt über den Text in Micha
2,1.2 (in Verbindung mit Jesaja 30,1.2) einige junge Leute kamen, um mit
mir ein Gespräch über verborgene Sünden in ihrem Leben zu führen, die
keiner der Mitgläubigen bis dahin bemerkt hatte. Sie saßen Sonntag für
Sonntag unter den Gläubigen, sangen Lieder mit und sprachen auch selbst
Gebete, aber ihre Herzen waren schon weit vom Herrn entfernt. Doch sie
empfanden Gottes Reden zu ihnen bei den oben genannten Versen. Nach dem
Gespräch bekannten sie ihre Sünden vor Gott und vor den Mitgeschwistern.
Die Sünde wurde vergeben, aber der Herr konnte ihnen die Folgen ihres
Vergehens nicht ersparen.
Wie viele Gläubige leben ein Doppelleben, erweisen sich in den
Zusammenkünften zur Auferbauung, zum Gottesdienst, zum Gebet vor den
Mitmenschen als treue Christen, leben aber in Ehe, Familie, Beruf und in
ihrem sonstigen Privatleben wie Menschen ohne Gott.
Sind wir nicht alle in Gefahr, solch ein Doppelleben zu führen? Haben
wir uns nicht alle schon mehr oder weniger der Welt angepasst, den
Denkweisen der Welt, der Mode, dem Auftreten, der Art und Weise, mit
Geld und Eigentum umzugehen?
In den vergangenen Jahren habe ich mich immer wieder mit den
verschiedenen Propheten befasst und empfand die Notwendigkeit, ihre
Stimme genauer zu hören. Als ich dann während eines Sommers zu Hause
blieb, erinnerte ich mich an die Vorträge über den Propheten Micha. Und
so studierte ich diesen Propheten erneut. Diesmal – im Zeitalter des
Computers – schrieb ich meine Gedanken auf. Oftmals war ich persönlich
von den Worten getroffen und musste mich unter das Wort des Propheten
demütigen. Ich merkte, wie die Worte dieses Mannes Gottes in mein Leben
sprachen und mir zeigten, dass wir mehr vor dem Angesicht Gottes als vor
den Augen der Menschen leben müssen.
Welch einen Einfluss haben Menschen doch in unserem Leben. Davon müssen
wir befreit werden. Wahre Gemeinschaft mit Gott ist das höchste Gut, das
wir auf Erden besitzen können, und diese Gemeinschaft ist die Quelle für
bleibende Freude, für tiefen geistlichen Frieden und für ein Leben in
Hingabe an den Herrn Jesus.
Wie viele Versuche werden unter Christen unternommen, um möglichst
imposante, effektive christliche Aktionen durchzuführen, um die
Anerkennung der Welt zu haben, Titel verleihen zu dürfen, aber wie wenig
fragt man den, der auch heute noch unzweideutig durch sein Wort und
durch seinen Geist redet.
Mein Wunsch und Gebet ist es, dass dieses Buch für jeden Leser Anlass
zur tieferen Lektüre des Propheten Micha wird und dass eingefahrene
falsche Wege korrigiert werden, damit der Herr bei seinem Kommen solche
in dieser Welt vorfindet, die Ihm dienen, Ihn erwarten und die
Ereignisse in dieser Zeit aus Gottes Sicht sehen.
Andreas Steinmeister
Einleitung
Der Prophet Micha – sein Name bedeutet: Wer ist wie Gott? – stammte aus
dem kleinen Ort Moreschet-Gat (1,1.14), der etwa 35 km südwestlich von
Jerusalem lag. Er weissagte während der Regierungszeit der Könige Jotham
(757–742), Ahas (742–726) und Hiskia (726–697), also im 8.
vorchristlichen Jahrhundert1
und trat in seiner Heimat und in Jerusalem (3,9ff.) auf. Seine
Gerichtsworte sind deutlich, teilweise scharf, und wenden sich direkt an
die Zuhörer (2,3ff.; 3,1ff.; 5,9ff.). Da der Titel „Prophet“ fehlt und
auch sonst nur wenig über ihn bekannt ist, nehmen manche an, dass er ein
einfacher Landwirt und Dorfältester war, der von Gott zum Propheten
berufen wurde.
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Die Datierungen unterscheiden sich: Manche Ausleger datieren den
prophetischen Dienst Michas auf die Zeit von 740–697, wobei sein
zentrales Wirken auf die Zeit von 730–720 beschränkt wird.
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Er war ein Zeitgenosse Jesajas, Hoseas und Amos’1
und schrieb über die kommende Vernichtung Samarias und über die
Bedrohung Jerusalems und der Städte Judas.
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Jesaja weissagte zur Zeit der Könige von Juda, Ussija, Jotham,
Ahas und Hiskia, also etwa von 767–697 und richtete sich
vorwiegend an das Südreich Juda; Hosea weissagte ebenfalls in
der Zeit dieser vier Könige (um 760–720), aber er fügte noch
hinzu: „... und in den Tagen Jerobeams, des Sohnes Joas’, des
Königs von Israel.“ Beide Reiche stehen im Blickfeld Hoseas.
Amos prophezeite in den Tagen der Könige Ussija und Jerobeam (um
765–750), wendete sich aber vorwiegend an Samaria, die
Hauptstadt des Nordreichs. Um 722 wurde dann das Nordreich nach
Assyrien weggeführt. Gott tut also nichts, was er nicht seinen
Propheten vorher offenbart hätte (Amos 3,7).
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Ganz besonders richtet er sich an das allgemeine Volk, aber auch an die
selbstsüchtigen und tyrannischen „Häupter und Fürsten“ (3,1.9), an die
„Propheten“ (3,5) und schreibt auch über die „Priester“ (3,11). Er
geißelt die habsüchtigen „Reichen“ (6,12), die ungerechten „Richter“
(7,3), die gespaltenen Familien (1,16; 2,9) und die betrügerischen
Kaufleute. Sie alle haben Gottes gute Ordnungen beiseitegesetzt und sich
selbst zum Maßstab aller Dinge gesetzt. Micha wendet sich gegen jegliche
äußere geheuchelte Frömmigkeit (3,11). Er sucht „Wahrheit im Innern“ (Ps
51).
Martin Luther schreibt in seiner Vorrede zum Propheten Micha Folgendes:
„Summa – Er schimpft, er weissagt, predigt usw. Aber endlich ist das
seine Meinung: Wenn auch alles zertrümmert werden muss, Israel und Juda,
so wird doch der Christus kommen, der alles gut machen wird. Gleichwie
wir jetzt strafen müssen, schelten, trösten und predigen usw. und dazu
sagen: Wenn auch alles verloren ist, so wird doch Christus am Jüngsten
Tag kommen und uns aus allem Unglück helfen.“1
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Svmma / Er schilt / er weissaget / prediget / etc. Aber endlich
ist das seine meinung / Wenn es gleich alles mus zu drümmern
gehen / Jsrael vnd Juda / So wird doch der Christus komen / ders
alles gut machen wird. Gleich wie wir jtzt müssen straffen /
schelten /trösten / vnd predigen etc. / vnd dar auff sagen /Wenn
es denn alles verloren ist / So wird doch Christus am Jüngsten
tage komen / vnd vns von allem Vnglück helffen.
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J. N. Darby (1800–1881) schrieb über den Propheten: „Warum will Er
[Gott] nicht noch länger der Torheit der Nationen gegenüber seine
Langmut erzeigen und sie fern von Ihm auf ihren eigenen Wegen wandeln
lassen? Darum, weil sein eigenes Volk, das auf Erden von seinem Namen
hätte Zeugnis ablegen sollen, von Ihm abgefallen ist, indem es sich dem
Dienst anderer Götter und der Sünde hingegeben hat. Es gibt kein Zeugnis
für Gott auf Erden mehr, denn das Einzige, was diesen Namen trägt, ist
ein falsches Zeugnis; daher muss Gott sein eigener Zeuge sein. Nun
kommen alle Sünden der Nationen ins Gedächtnis vor Ihn; sie liegen offen
da vor Augen, die ihren Anblick nicht ertragen können. Sein Volk muss Er
die Folgen seiner Sünde tragen lassen. Es wird daher in die Gewalt
seiner Feinde gegeben, deren Hochmut um dieser Ursache willen zu solcher
Höhe steigt, dass Gott mit seinem Gericht einschreiten muss. Er befreit
den von Ihm geliebten Überrest und tritt als der gerechte Beherrscher
aller Nationen auf.“1
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J. N. Darby, Betrachtungen über das Wort Gottes – Jesaja bis
Maleachi, Neustadt (Ernst Paulus Verlag), 1972, S. 262–263.
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Obwohl Micha wesentlich auf den Zustand Judas eingeht, äußert er sich
aber auch über das Nordreich, über Samaria (Kap. 6), das schon bald von
dem Assyrer erobert würde. 150 Jahre später würde das von anderen
Propheten noch zu verkündigende Gericht über Jerusalem auch diese Stadt
treffen. Micha erhält nun den Auftrag, die Wurzeln des Versagens
aufzudecken und schonungslos in den Lichtkegel Gottes zu rücken.
Jesaja geht – ähnlich wie Micha – ebenfalls auf die religiösen und
sozialen Missstände ein, aber geißelt auch die politischen und
religiösen
werden zu ihm strömen; und viele Völker werden hingehen und sagen: Kommt
und lasst uns hinaufziehen zum Berg des Herrn, zum Haus des Gottes
Jakobs! Und er wird uns belehren aus seinen Wegen, und wir wollen
wandeln auf seinen Pfaden. Denn von Zion wird das Gesetz ausgehen, und
das Wort des Herrnvon Jerusalem; und er wird richten zwischen den
Nationen und Recht sprechen vielen Völkern. Und sie werden ihre
Schwerter zu Pflugmessern schmieden und ihre Speere zu Winzermessern;
nicht wird Nation gegen Nation das Schwert erheben, und sie werden den
Krieg nicht mehr lernen.“
Von Jesaja wird berichtet, dass er diesen Ausspruch „geschaut“ hat,
während Micha diese Worte ohne weitere Kommentierung niederschreibt.
Wurden Micha genau die gleichen Worte von Gott offenbart, oder wurde die
Prophezeiung Jesajas von Micha übernommen? Wir wissen es nicht. Micha
sagt es uns auch nicht. Der lebendige Gott könnte diese Weissagung wegen
ihrer immensen Bedeutung beiden Propheten getrennt voneinander offenbart
haben.
In Jesaja 8,23 wird gesagt: „Nicht bleibt Finsternis dem Land, das
Bedrängnis hat“, und in Micha 7,8 heißt es: „... denn sitze ich in
Finsternis, so ist der Herrmein Licht.“
M. F. Unger beschreibt den Unterschied zwischen Jesaja und Micha wie
folgt: „Jesaja war ein Poet am Hof der Könige, Micha dagegen ein Bauer
aus einem unbekannten Dorf. Jesaja war ein Staatsmann, Micha war ein
Evangelist und Sozialreformer. Jesaja war eine Stimme Gottes an die
Könige, Micha war ein Herold Gottes für das Volk; Jesaja stellt sich den
Problemen der Politik, Micha fast ausschließlich solchen der
persönlichen Frömmigkeit und sozialen Gerechtigkeit.“1
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M. F. Unger, Ungers großes Bibelhandbuch, Asslar (Verlag
Schulte & Gerth) 1987, S. 325.
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Erstaunlich ist auch, dass die Worte Michas 100 Jahre später
offensichtlich bei den Ältesten des Landes noch gut bekannt waren, denn
sie zitieren Micha 3,12 anlässlich der Verurteilung des Propheten
Jeremia: „Und die Fürsten und das ganze Volk sprachen zu den Priestern
und zu den Propheten: Diesem Mann gebührt nicht die Todesstrafe; denn er
hat im Namen des Herrn, unseres Gottes, zu uns geredet. Und Männer von
den Ältesten des Landes erhoben sich und sprachen zur ganzen Versammlung
des Volkes und sagten: Micha, der Moraschtiter, hat in den Tagen
Hiskias, des Königs von Juda, geweissagt und zum ganzen Volk von Juda
gesprochen und gesagt: So spricht der Herrder Heerscharen: ,Zion wird
als Feld gepflügt werden, und Jerusalem wird zu Trümmerhaufen und der
Berg des Hauses zu Waldeshöhen werden‘“ (Jer 26,16–18). Die Worte Michas
zur Zeit des Königs Hiskia haben eventuell dazu beigetragen, dass eine
Erweckung in Juda begann, die durch den König Hiskia unterstützt wurde.
Micha prophezeite den kommenden Messias als den Richter, der auf den
Backen geschlagen würde (4,14), den Geburtsort des kommenden Messias
(5,1ff.) und seine künftige Herrschaft (5,3f.) und die Segnung seines
Volkes Israel und der Nationen dadurch, dass sie teilhaben würden am
Reich des Messias (4,1–8). Obwohl das Volk Israel und auch die Nationen
manche schrecklichen Gerichte erleben werden, erzeigt sich der lebendige
Gott doch am Ende als der Gott, „der die Ungerechtigkeit vergibt und die
Übertretung des Überrestes seines Erbteils übersieht. Er behält seinen
Zorn nicht auf ewig, denn er hat Gefallen an Güte. Er wird sich unser
wieder erbarmen, wird unsere Ungerechtigkeiten niedertreten; und du
wirst alle ihre Sünden in die Tiefen des Meeres werfen. Du wirst an
Jakob Treue [o: Wahrheit], an Abraham Güte erweisen, die du von den
Tagen der Vorzeit her unseren Vätern geschworen hast“ (7,18–20).
Herrvon dir, als Recht zu üben und Güte zu lieben und demütig zu wandeln
mit deinem Gott?“ (6,7.8).
Anmerkungen zur Bibelkritik
Bibelkritiker wie Julius Wellhausen halten Micha 7,7–20 für exilisch und
denken, dass Micha zeitgleich mit dem sogenannten Deutero-Jesaja1
geschrieben habe. Einige seiner Nachfolger wie Driver und andere
hinterfragen diese Spätdatierung. Heinrich Ewald schreibt die Kapitel 6
und 7 einem unbekannten Verfasser zu. Alle Kritiker sind sich darin
einig, dass die Prophezeiung in Kapitel 4,10, wo es heißt: „Kreiße und
stöhne, Tochter Zion, wie eine Gebärende! Denn nun wirst du aus der
Stadt hinausziehen und auf dem Feld wohnen und bis nach Babel kommen. –
Dort wirst du errettet werden, dort wird der Herrdich aus der Hand
deiner Feinde erlösen“, nicht von dem Propheten Micha im letzten Drittel
des 8. Jahrhunderts geschrieben worden sein könne, da sie ja etwas
prophezeie, was erst etwa 100 Jahre später und dann noch weitere 70
Jahre später geschehen würde.
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Der Verfasser lehnt die bibelkritische Haltung, dass das Buch
Jesaja nicht insgesamt von dem Propheten Jesaja geschrieben sei,
grundsätzlich ab (Mt 3,3; Lk 3,4 zit. Jes 40,3; Mt 12,17.18 zit.
Jes 42,1-4; Joh 12,38 zit. Jes 53,1; Joh 12,40 zit. Jes 6,10;
Röm 10,16 zit. Jes 53,1; Röm 10,20 zit. Jes 65,1). Der Herr
Jesus und auch die Apostel zitieren Jesaja und zweifelten
offensichtlich nicht an der Einheit des Propheten. Wenn Christus
hier irrte, wer sagt uns dann, dass Er in anderen wichtigen
Dingen die Wahrheit sagte, Er, der von sich sagte, dass Er die
„Wahrheit“ sei (Joh 14,6)? Übrigens sagt Jesus Sirach (180 v.
Chr.) in seinem Buch (Kap. 48,20–25), dass Jesaja Trostworte für
die Trauernden in Zion „mit großer Geisteskraft“ vorhersagte. G.
L. Archer schreibt nach einer intensiven Untersuchung der
„Zerstückelungstheorie“: „Angesichts der oben angeführten Belege
kann man mit Recht behaupten, dass ein weitaus größeres Maß an
Leichtgläubigkeit erforderlich ist, um anzunehmen, dass Jesaja
40–66 nicht von dem historischen Jesaja des 8. Jahrhunderts
verfasst wurde, als um das Umgekehrte zu postulieren“.
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Die Ursache dieser Spätdatierung hat also nicht historische Gründe,
sondern wurzelt in der Ablehnung der Tatsache, dass Gott zukünftige
Ereignisse Menschen mitteilen kann. Jeder wahre Christ wird natürlich
solch einen Einfluss des Unglaubens ablehnen.
Der Verfasser dieses Buches lehnt grundsätzlich den Ansatz der
Bibelkritik, der historisch-kritischen Methode, ab und ist davon
überzeugt, dass der Gott, der das Universum erschaffen hat, der in die
Geschichte und Natur eingreifen kann, der auf wunderbare Weise sein Volk
Israel durch die Jahrhunderte bewahrt und sich in seinem Sohn Jesus
Christus offenbart hat, auch seinen Knechten prophetische Gedanken
mitteilen kann.
Das Merkmal der Propheten war, dass sie in der Nähe Gottes lebten, seine
Worte hörten und sie weitersagen durften. Oftmals verstanden sie gar
nicht, was ihre Botschaft alles beinhaltete, und trotzdem weissagten sie
(vgl. 1Pet 1,11). Der Prophet Amos schreibt: „Denn der Herr, Herr, tut
nichts, es sei denn, dass er sein Geheimnis1
seinen Knechten, den Propheten, offenbart habe“ (Amos 3,7). Das
hebräische Wort bedeutet, dass man – bildlich gesprochen – in einem
vertrauten Kreis die Ratschläge und Pläne des Allmächtigen hört, um sie
dann weiterzugeben. Jeremia weissagt: „Hätten sie aber in meinem Rat
gestanden, so würden sie mein Volk meine Worte hören lassen und es
abbringen von seinem bösen Weg und von der Bosheit seiner Handlungen“
(Jer 23,22). Auch der weise König David erklärt in einem Psalm, dass
„das Geheimnis des Herrn“für die ist, die Ihn fürchten (Ps
25,14).
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Das hebr. Wort sohd hat die Bedeutung von „vertrautes
Gespräch, gemeinsame Beratung, Plan, Kreis, Rat“.
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Wenn Theologen in unserer Zeit alles Supranaturalistische (Wunder,
Zeichen, prophetische Voraussagen) aus der Bibel entfernen wollen, dann
verleugnen sie den Gott, der auch heute noch durch sein Wort spricht.
Man muss sehr deutlich sagen, dass sie dann von einem anderen Gott
reden. Insofern unterscheidet sich der Verfasser von der Bibelkritik
nicht nur in hermeneutischen, exegetischen und dogmatischen Fragen,
sondern vor allem im Gottesbild.
1. Das drohende Gericht über Samaria und Jerusalem (Kapitel 1,1–16)
Jothams, Ahas’ und Jehiskias, der Könige von Juda, das er schaute über
Samaria und Jerusalem.
Gott ist ein persönlicher Gott. Er ist der eine allmächtige, aus
sich selbst heraus existierende Gott. Er ist der Gott, der redet und der
sich uns Menschen offenbart. Wollen wir sein Wort hören, wollen wir
seine Stimme in unseren Herzen vernehmen, so brauchen wir Augenblicke
der Ruhe, des stillen Hörens auf Ihn. Hast du Ihm heute schon das Ohr
geliehen? Hast du sein Wort an diesem Tag schon als Gottes Wort
aufgenommen?
Micha, der Prophet, hört das Wort Gottes und darf es niederschreiben. In
Vers 1 weist Micha uns auf vier wichtige Aspekte hin.
1.
Der Prophet bezeugt, dass der Herrdurch sein Wort zu ihm geredet hat.
Wir würden Micha gern fragen, wie er das erlebt hat. Er ist ja nicht der
erste Prophet, an den das Wort des Herrnerging. Schon der Erzvater
Abraham erlebte es zweimal, dass an ihn das Wort des Herrnerging: „Nach
diesen Dingen erging das Wort des HERRN
an Abram in einem Gesicht, und er sprach: Fürchte dich nicht, Abram; ich
bin dir ein Schild, dein sehr großer Lohn“ (1Mo 15,1). Und etwas später
redet Gott noch einmal deutlich zu ihm: „Und siehe, das Wort des HERRN
erging an ihn, und er sprach: Nicht dieser [Elieser] wird dich beerben,
sondern der aus deinem Leib hervorgehen wird, der wird dich beerben“
(1Mo 15,4).
In der Zeit des Hohenpriesters Eli war das Wort des HERRN
selten, Gesichte waren nicht häufig. Doch dann lesen wir: „Und der
Herrfuhr fort, in Silo zu erscheinen; denn der Herroffenbarte sich
Samuel in Silo durch das Wort des HERRN“
(1Sam 3,21), und in Kapitel 15,10 heißt es: „Da erging das Wort des HERRN
an Samuel.“ Auch die nicht-schreibenden Propheten Nathan (2Sam 7,4), Gad
(2Sam 24,11) und Elia (1Kön 17,2.8; 18,1; 19,9; 21,17.28) erlebten, wie
Gott zu ihnen redete. Die gleiche Erfahrung machte auch der König Salomo
(1Kön 6,11). Wenn wir das Alte Testament durchgehen, werden wir von
allen schreibenden Propheten lesen, dass das Wort des Herrnan sie
erging. Sehr oft lesen wir es von Jeremia (1,2.4.11; 2,1; 13,3; 14,1
usw.) und Hesekiel (1,3; 6,1; 7,1; 27,1; 28,1; 28,11; 28,20; 29,1 usw.),
aber auch von Hosea (1,1), Joel (1,1), Jona (1,1; 3,1), Zephanja (1,1)
und Sacharja (1,1.7; 4,8; 6,9; 7,1.4.8; 8,1.18). Von Haggai lesen wir,
dass das Wort des Herrn durch ihn erging (1,1.3; 2,1) und an ihn erging
(2,20).
Aber was bedeutet es, wenn die Propheten sagten, dass das Wort Gottes an
sie erging bzw. zu ihnen geschah? Das hebräische Wort hahjah
bezeichnet etwas, das geschieht, passiert, das wird. So kann es sich auf
das Eintreten von Naturerscheinungen wie Blitz oder Donner beziehen
(Jona 1,4; 2Mo 19,16; Jer 3,3), auf das Eintreten von Jahreszeiten (1Mo
1,5; 2Mo 19,16; Jer 33,20) oder auf das Eintreten von etwas
Unpersönlichem (1Mo 1,7; 41,13).
Wenn das Wort Gottes an jemanden ergeht, bedeutet das also, dass Gott
bestimmte Worte an eine Person direkt übermittelt. Der betreffende
Mensch kommt unter den Eindruck, dass der Schöpfer ihm Worte mitteilt,
die in ihm etwas auslösen sollen. Das Hören des Wortes Gottes muss also
den ganzen Menschen beeinflusst haben. Gott, der Heilige Geist, sprach
unmissverständlich, konkret, absolut und in menschlicher Sprache – ein
gewaltiges Wunder.
Es ist interessant, Nehemia 9 einmal zu lesen, denn dort wird die Gabe
des Geistes ganz eng mit dem Reden der Propheten verbunden: „Und du
gabst ihnen deinen guten Geist, um sie zu unterweisen...
Und du hattest viele Jahre Geduld mit ihnen und zeugtest gegen sie durch
deinen Geist, durch deine Propheten, aber sie gaben kein Gehör“
(Neh 9,20.30).
Gott gab also seinen Geist, um das Volk zu unterweisen. Aber dieser
Geist redete durch die Propheten. Es ist also der prophetische Geist,
der die Propheten befähigte, Gottes Wort in Kraft zu reden, ja, das Volk
zu unterweisen (vgl. Heb 1,1).
2.
1.
Juda, geweissagt und zum ganzen Volk von Juda gesprochen und gesagt: So
spricht der Herrder Heerscharen: ‚Zion wird als Feld gepflügt werden,
und Jerusalem wird zu Trümmerhaufen und der Berg des Hauses zu
Waldeshöhen werden‘. Haben denn Hiskia, der König von Juda, und ganz
Juda ihn getötet? Hat er [d. i. Hiskia] nicht den Herrngefürchtet und
den Herrnangefleht, so dass der Herrsich des Übels gereuen ließ, das er
über sie geredet hatte? Und wir wollen eine so große böse Tat gegen
unsere Seelen begehen!“ (Jer 26,18.19).
Aus diesem Text wird deutlich, dass das Urteil der Führer über Micha
lautete: „Dieser Mann ist gottesfürchtig und führt ein Gebetsleben, das
ihn immer wieder zur Fürbitte für das Volk veranlasst.“ Welch ein
wunderschönes Zeugnis. Gottesfurcht und Gebet sind Merkmale solcher
Menschen, die mit dem Gott des Himmels in Verbindung stehen und die das
Wort Gottes in Kraft predigen.
2.
Micha weissagte zur Zeit der Könige Jotham, Ahas und Hiskia, der Könige
von Juda, die seit Rehabeam vom Nordreich getrennt waren. Etwas früher –
zur Zeit Ussijas – begann Jesaja mit seiner Prophetie. Und etwas später
– zur Zeit des Königs Josia – prophezeiten auch Jeremia, Zephanja und
Habakuk. Es war offensichtlich eine außerordentlich unruhige Zeit.
Die Geschichte des Königs Ussija endet damit, dass er „stark wurde“ und
sich den Priesterdienst anmaßt. Sein Sohn Jotham tut zwar, was recht ist
in den Augen Gottes, aber das Volk handelt nicht nach den Geboten
Gottes. So muss man sich nicht wundern, dass dann unter der Regentschaft
des Königs Ahas der Götzendienst wieder eingeführt wird. Und obwohl
unter Hiskia wieder Gottes Wirken deutlich zu sehen ist, scheint der
innere Zustand des Volkes auch nicht grundlegend verändert worden zu
sein.
Auch in unserer Zeit gibt es immer wieder Erweckungen. Einzelne kehren
zurück zum Wort Gottes, verlangen mehr und mehr nach geistlicher
Einsicht, wünschen ein Leben mit dem Herrn Jesus zu führen, aber in der
Christenheit selbst – auch unter den sog. Evangelikalen – scheint es
moralisch immer mehr bergab zu gehen. Es ist dann gut, wenn Männer
Gottes aufstehen, die das Volk Gottes zu Gott und zu seinem Wort
zurückrufen, die deutlich und verständlich sagen, welchen Weg das Volk
Gottes zu gehen hat.
Wir denken in diesem Zusammenhang gerne an die Männer vom Stamm
Issaschar zur Zeit des Königs David. Sie hatten „Einsicht in die
Zeiten“, d. h. ein richtiges Urteil in der Erwägung der Zeitverhältnisse
(1Chr 12,33).
3.
Micha schaut das Wort des Herrnüber Samaria und Jerusalem. Es waren die
beiden Hauptstädte des geteilten Reiches. Samaria war die Hauptstadt des
Nordreiches Israel und Jerusalem die des Südreiches Juda. Beide waren
seit Rehabeam und Jerobeam I. voneinander getrennt. Um beide Reiche
stand es nicht gut. Da Micha irgendwann in der Zeit von 750–686 v. Chr.
geweissagt haben muss, stand offensichtlich die Invasion der Assyrer in
Samaria bevor. 722 v. Chr. wurden dann die Israeliten des Nordreiches
nach Assyrien weggeführt und sind insgesamt bis heute nicht
zurückgekehrt. Obwohl das Volk Gottes geteilt war, soll Micha das Wort
des Herrndem ganzen Volk Gottes mitteilen. Gottes Herz schlug für das
ganze Volk. Und die Propheten mussten bereit sein – wenn Gott den Weg
bahnte –, dem ganzen Volk seine Botschaft zu bringen.
1,2 – Hört, ihr Völker alle, höre zu, du Erde und ihre Fülle! Und der
Herr, HERR,
sei zum Zeugen gegen euch, der Herr aus seinem heiligen Palast!
Der lebendige Gott spricht aus seinem heiligen Palast. Das könnte sich
nach Auffassung mancher Bibelausleger auf den Tempel in Jerusalem
Habakuk 2,20: „Aber der Herrist in seinem heiligen Palast: Schweige
[o.
Still]vor
ihm, ganze Erde!“
Dieser himmlische Palast ist nicht den Veränderungen, die sich auf der
Erde abspielen, unterworfen. Nein, Gott in seinem heiligen Palast ist
derjenige, dessen Augen die ganze Erde durchlaufen (2Chr 16,9). Er ist
der Unbestechliche, der gerechte Gott, der nicht nur sieht, was
äußerlich ist, sondern dessen Augen tief in das Innere des Menschen
schauen.
„Denn das Wort Gottes ist lebendig und wirksam und schärfer als jedes
zweischneidige Schwert und durchdringend bis zur Scheidung von Seele und
Geist, sowohl der Gelenke als auch des Markes, und ein Beurteiler [o.
Richter] der Gedanken und Überlegungen [o. Gesinnungen] des Herzens; und
kein Geschöpf ist vor ihm unsichtbar, sondern alles ist bloß und
aufgedeckt vor den Augen dessen, mit dem wir es zu tun haben“ (Heb
4,12.13).
Er ruft die Völker auf, Ihm zuzuhören. Er, der gerechte Richter, spricht
Recht aus seinem „Gerichtssaal“. Er ist der allgegenwärtige Zeuge, der
wahre und treue Gott, der seinem Volk so wunderbare Rechte und Satzungen
gegeben (vgl. 5Mo 4,6) und sich immer wieder um sein Volk bemüht hat.
Aber das Volk wollte nicht hören. Wie deutlich reden die Propheten über
den Zustand des Volkes Gottes: „Sie aber sind widerspenstig gewesen und
haben seinen heiligen Geist betrübt; da wandelte er sich ihnen zum
Feind; er selbst kämpfte gegen sie“ (Jes 63,10). „... denn gegen mich
ist es widerspenstig gewesen, spricht der Herr“ (Jer 4,17). „Und es war
widerspenstig gegen meine Rechte in Gottlosigkeit, mehr als die
Nationen, und gegen meine Satzungen, mehr als die Länder, die rings um
es her sind; denn meine Rechte haben sie verworfen, und in meinen
Satzungen sind sie nicht gewandelt“ (Hes 5,6).
„Aber sie waren widerspenstig gegen mich und wollten nicht auf mich
hören; keiner warf die Scheusale seiner Augen weg, und von den Götzen
Ägyptens ließen sie nicht. Da gedachte ich meinen Grimm über sie
auszugießen, meinen Zorn an ihnen zu vollenden mitten im Land Ägypten“
(Hes 20,8).
Die Völker mögen über das Handeln Gottes staunen, mögen es nicht
verstehen, wenn sie gebraucht werden, um das Urteil über Gottes eigenes
Volk auszuführen. Aber Gott benutzt sie als Zuchtrute, sowohl den
Assyrer für das Nordreich als auch die Chaldäer für das Südreich.
„Wehe, Assur, Rute meines Zorns! Und der Stock in seiner Hand ist mein
Grimm“ (Jes 10,5). „Es wird nicht ins Land Ägypten zurückkehren; sondern
der Assyrer, der wird sein König sein, weil sie sich geweigert haben
umzukehren“ (Hos 11,5).
„Seht unter den Nationen und schaut und erstaunt, staunt; denn ich wirke
ein Werk in euren Tagen – ihr würdet es nicht glauben, wenn es erzählt
würde. Denn siehe, ich erwecke die Chaldäer, das grimmige und ungestüme
Volk, das die Breiten der Erde durchzieht, um Wohnungen in Besitz zu
nehmen, die ihm nicht gehören ... Sie kommen allesamt zur Gewalttat; das
Streben ihrer Angesichter ist vorwärts gerichtet, und Gefangene rafft es
zusammen wie Sand. Und es verspottet Könige, und Fürsten sind ihm ein
Gelächter; es lacht jeder Festung, und es schüttet Erde auf und nimmt
sie ein. Dann fährt es daher wie der Wind und zieht weiter und macht
sich schuldig: Diese seine Kraft ist sein Gott. Bist du nicht von alters
her, Herr, mein Gott, mein Heiliger? Wir werden nicht sterben. Herr, zum
Gericht hast du es gesetzt, und, o Fels, zur Züchtigung es bestellt“
(Hab 1,5ff.).
sieht einfach alles.
Manchmal denken wir vielleicht, dass Gott weit entfernt ist von dem
Geschehen in dieser Welt. Man könnte den Eindruck bekommen, dass Gott
politische Machenschaften in dieser Welt nicht zur Kenntnis nimmt, da
doch kein sichtbares Eingreifen Gottes zu bemerken ist.
Aber ist das wirklich wahr? In der Tat leben wir nicht in der Zeit, wo
Gott direkt das Böse straft und das Gute belohnt. Wir leben in einer
Zeitepoche, wo Gott indirekt regiert, aber Er regiert dennoch. Vergessen
wir es nicht: Keine Regierung kann herrschen ohne Gottes Willen. Er
setzt Regierungen ein und Er setzt sie letztlich ab – auch wenn Er es
mittels demokratischer Wahlen tut. Der Herr Jesus sagt zu Pilatus: „Du
hättest keinerlei Gewalt gegen mich, wenn sie dir nicht von oben gegeben
wäre“ (Joh 19,11), und in Römer 13,1 lesen wir: „... denn es gibt keine
Obrigkeit, außer von Gott, diejenigen aber, die bestehen, sind von Gott
eingesetzt. Wer sich daher der Obrigkeit widersetzt, widersteht der
Anordnung Gottes; die aber widerstehen, werden ein Urteil über sich
bringen.“ Dieser Text wurde in der Regierungszeit des Kaisers Nero
geschrieben. In Sprüche 8,16 heißt es: „Durch mich regieren Könige, ...
durch mich herrschen Herrscher und Edle“. In Daniel 2,21 sagt der weise
Daniel: „Und er ändert Zeiten und Zeitpunkte, setzt Könige ab und setzt
Könige ein“, und in Kapitel 4,29: „... bis du [Nebukadnezar] erkennst,
dass der Höchste über das Königtum der Menschen herrscht und es
verleiht, wem er will.“ Elihu (in Hiob 34,19–24) sagt über Regierende:
„Denn sie alle sind das Werk seiner Hände. In einem Augenblick sterben
sie; und in der Mitte der Nacht wird ein Volk erschüttert und vergeht,
und Mächtige werden beseitigt ohne Menschenhand. Denn seine Augen sind
auf die Wege des Menschen gerichtet, und er sieht alle seine Schritte.
Da ist keine Finsternis und kein Todesschatten, dass sich darin
verbergen könnten, die Frevel tun ... Er zerschmettert Gewaltige ohne
Untersuchung und setzt andere an ihre Stelle.“
Vergessen wir es nicht: Gott sitzt auf seinem Thron. Er regiert – wenn
auch jetzt nicht direkt, sondern indirekt. In 1. Petrus 3,22 heißt es,
dass der Herr Jesus Christus zur Rechten Gottes ist, „indem Engel und
Gewalten und Mächte ihm unterworfen sind“, aber wir lesen auch in
Hebräer 2,8: „Denn indem er [Gott] ihm alles unterworfen hat, hat er
nichts gelassen, was ihm nicht unterworfen wäre; jetzt aber sehen
wir ihm noch nicht alles unterworfen.“
Dem Sohn Gottes ist schon alles unterworfen – nur, wir sehen es jetzt
noch nicht. Erst im zukünftigen 1000-jährigen Reich werden wir und alle
dann lebenden Menschen es sehen.
Sollte uns das nicht dahin bringen, Ihm entschiedener zu vertrauen und
auszuharren, Geduld zu üben? Denn auch Er ist geduldig, wenn Er auch ab
und zu sein gewaltiges Eingreifen in Naturkatastrophen (Tsunami,
Erdbeben) oder politischen Veränderungen (der Fall des Kommunismus, aber
auch das Zunehmen des Terrorismus) deutlich macht.
1,3.4 – Denn siehe, der HERR
geht aus von seiner Stätte und kommt herab und schreitet einher auf den
Höhen der Erde. Und die Berge zerschmelzen unter ihm, und die Täler
spalten sich wie das Wachs vor dem Feuer, wie Wasser, ausgegossen am
Abhang.
Der Herrwird hier als jemand gesehen, der nicht in der Ferne bleibt,
sondern der seine Stätte verlässt. Er kommt uns Menschen ganz nahe. Er
Gedanke ist; der die Morgenröte und die Finsternis macht und
einherschreitet auf den Höhen der Erde: Herr, Gott der Heerscharen,
ist sein Name“ (Amos 4,12f.).
Wenn solche Aussagen gemacht werden, dann will Gott uns sagen, dass Er
einerseits als Schöpfer unendlich erhaben ist und weit über uns Menschen
steht, aber andererseits uns so nahekommen kann, dass Er Berge und Täler
durchschreitet und von den Geschehnissen auf der Erde Kenntnis nimmt.
„Denn ein großer Gott ist der Herr, und ein großer König über alle
Götter; in dessen Hand die Tiefen der Erde, und dessen die Höhen der
Berge sind“ (Ps 95,3).
Wenn die Berge unter Ihm zerschmelzen und die Täler sich wie Wachs vor
dem Feuer spalten, dann zeigt das Gottes Gerichtshandeln. Wenn schon
Berge und Täler nicht vor Ihm bestehen können, wie viel weniger der
Mensch, der letztlich „wie Gras“ vergeht.
Immer wieder wird Gottes Wirken mit Feuer in Verbindung gebracht. Als Er
am Sinai dem Mose das Gesetz gab, stieg Er herab im Feuer „und sein
Rauch stieg auf wie der Rauch eines Schmelzofens, und der ganze Berg
bebte sehr“ (2Mo 19,18). Der Herrhat auf dem Berg mit Mose von Angesicht
zu Angesicht geredet, „mitten aus dem Feuer“ (5Mo 5,4.22–26).In anderen
Textstellen lesen wir, dass Feuer, Schwefel und Glutwind auf die
Gesetzlosen regnen werden (Ps 11,6), ja, von Gott wird gesagt: „Rauch
stieg auf von seiner Nase, und Feuer fraß aus seinem Mund“ (Ps 18,9).
Wieder an anderer Stelle heißt es: „Feuer frisst vor ihm her“ (Ps 50,3),
und: „Feuer geht vor ihm her und entzündet seine Feinde ringsum“ (Ps
97,3).
Sehr bezeichnend ist auch das Wort in Jesaja 30,27: „Siehe, der Name des
Herrnkommt von fern her. Sein Zorn brennt, und der aufsteigende Rauch
ist gewaltig; seine Lippen sind voll Grimm, und seine Zunge ist wie ein
verzehrendes Feuer“ (vgl. auch Jer 23,29; Nah 1,6; Zeph 3,8). Man kann
gut verstehen, dass dann das Volk ruft: „Bis wann, Herr? Willst du
immerfort zürnen, soll wie Feuer brennen dein Eifer?“ (Ps 79,5).
Wenn Gott in dieser Weise redet, erzittert dann nicht unser Herz? Wir
lesen im Hebräerbrief: „Denn auch unser Gott ist ein verzehrendes Feuer“
(Heb 12,29; vgl. 5Mo 4,24). Auch als Christen, die wir Gottes Gnade und
Barmherzigkeit unverdienterweise in so reichem Maß erfahren haben,
sollten wir uns vor Gottes Gerichtshandeln fürchten.
Wenn Gottes Gerichtshandeln so ist „wie Wasser, ausgegossen am Abhang“,
dann verstehen wir sehr gut, dass von uns Menschen nichts übrig bleibt.
Gebe Gott, dass wir zurückkehren zu einer echten Gottesfurcht, die uns
wieder sensibel macht für Gottes Stimme und seinen vollkommenen Willen.
Warum nennt sich Gott ein Zeuge gegenüber den Völkern und warum geht Er
von seiner Stätte aus, kommt herab und schreitet auf den Höhen der Erde?
Ja, warum zerschmelzen die Berge vor Ihm? Warum wird das Kommen des
lebendigen Gottes in dieser Weise durch den Propheten beschrieben? Der
folgende Vers gibt uns die Antwort.
1,5 – Das alles wegen der Übertretung [o. des Abfalls] Jakobs und wegen
der Sünden des Hauses Israel. Von wem geht die Übertretung Jakobs aus?
Ist es nicht Samaria? Und von wem die Höhen [eig. Wer ist die
Übertretung Jakobs? ... Und wer die Höhen …] Judas? Ist es nicht
Jerusalem?
Sünden des Hauses Israel, die Gottes Eingreifen erforderlich machen.
Warum wird hier ein Unterschied zwischen „Jakob“ und „Haus Israel“
gemacht? Manche Ausleger denken, dass mit „Jakob“ das Nordreich
angesprochen ist und dass „Haus Israel“ einfach die Anrede noch einmal
unterstreicht. Wieder andere denken, dass mit beiden Begriffen das Volk
Gottes insgesamt angesprochen wird. Es ist aber auch möglich, dass Micha
mit „Jakob“ das Südreich Juda und mit „Haus Israel“ das Nordreich
anreden will. Der folgende Satz macht ja auch den Unterschied zwischen
beiden Reichen deutlich. Vielleicht sollten wir doch mit einer zu
starken Differenzierung vorsichtig sein. Wenn der Prophet das ganze Volk
im Blickfeld hat, obwohl er die Trennung der beiden Reiche mit ihren
Hauptstädten nicht übersieht, dann sieht er das Volk Gottes sozusagen
mit den Augen Gottes, der ja eigentlich ein Volk haben wollte und
es schließlich auch haben wird. Überall dort, wo im Buch Micha Jakob
erwähnt wird, kann es das ganze Volk Gottes bezeichnen.1
1
|
Siehe Micha 2,7.12; 3,1.8.9; 4,2; 5,6.7; 7,20; vgl. auch Amos
3,13.14; 9,7–9; Jesaja 2,5; 10,20; 14,1; Nahum 2,3. An manchen
Stellen kann man den Eindruck haben, dass sich „Jakob“ doch mehr
auf das Südreich und „Israel“ mehr auf das Nordreich bezieht.
Andere Stellen wiederum lassen mehr den Gedanken zu, dass sich
beide Begriffe als Synonyme auf das ganze Volk beziehen.
|
Wenn der Prophet von der „Übertretung“ bzw. von dem „Abfall“ Jakobs
spricht, dann gebraucht er ein Wort, das er mehrmals in seiner Prophetie
verwendet und das so viel wie „eine Grenze überschreiten“ oder
„durchbrechen“ bedeutet.1
Es kann auch mit „Abtrünnigkeit“ (Jes 1,28) wiedergegeben werden.
1
|
Hebr. päsch ag: „Spanne die Renner an den Wagen,
Bewohnerin von Lachis! Der Anfang der Sünde war es für die
Tochter Zion; denn in dir sind die Übertretungen Israels
gefunden worden“ (1,13). – „Ich hingegen, ich bin mit Kraft
erfüllt durch den Geist des Herrnund mit Recht und Stärke, um
Jakob seine Übertretung [o. seinen Abfall] kundzutun und
Israel seine Sünde“ (3,8). – „Wird der HerrWohlgefallen haben an
Tausenden von Widdern, an Zehntausenden von Strömen Öls? Soll
ich meinen Erstgeborenen geben für meine Übertretung, die
Frucht meines Leibes für die Sünde meiner Seele?“ (6,7). – „Wer
ist ein Gott wie du, der die Ungerechtigkeit [o. Missetat,
Schuld] vergibt, und die Übertretung des Überrestes
seines Erbteils übersieht [eig. über … weggeht]? Er behält
seinen Zorn nicht auf ewig, denn er hat Gefallen an Güte“
(7,18).
|
Wenn er aber von den Sünden des Hauses Israel redet, gebraucht er ein
Wort, das „ein Ziel verfehlen“ oder „ein Ziel nicht erreichen“ bedeutet.
Wir finden dieses Wort z. B. in dem Propheten Micha in genau den Texten,
wo auch das Wort „Übertretung“ („Abfall“) gebraucht wird.1
1
|
Hebr. chahtat: vgl. Fußnote 9: Zitate aus Kap. 1,13; 3,8;
6,7, wo es parallel zu päschag gebraucht wird; das Wort
wird auch in Micha 6,13 verwendet: „So will auch ich dich
unheilbar schlagen, dich verwüsten um deiner Sünden willen“, und
in Kap. 7,19: „Er wird sich unser wieder erbarmen, wird unsere
Ungerechtigkeiten niedertreten; und du wirst alle ihre Sünden in
die Tiefen des Meeres werfen“ (vgl. auch folgende Texte: 1Mo
4,7; 1Kön 8,34; Ps 32,5; 51,4.5.7; Spr 14,34).
|
Samaria wird hier als Wurzel für die Übertretung Jakobs und die Sünden
des Hauses Israel angesehen. Wann wurde denn Samaria Hauptstadt des
Nordreiches? Wenn wir die Geschichte des Nordreiches seit Jerobeam I.
verfolgen, so lesen wir, dass Jerobeam zuerst in Sichem wohnt (1Kön
12,25). Von dort aus erdenkt er seinen Götzendienst in Bethel und Dan.
Es heißt: „Und Jerobeam sprach in seinem Herzen: Nun wird das
Königreich an das Haus Davids zurückkommen. Wenn dieses Volk
hinaufziehen wird, um im Haus des Herrnin Jerusalem Schlachtopfer zu
opfern, so wird das Herz dieses Volkes sich zu ihrem Herrn zurückwenden,
zu Rehabeam, dem König von Juda; und sie werden mich töten und sich zu
Rehabeam, dem König von Juda, zurückwenden. Da beriet sich der König
und machte zwei goldene Kälber. Und er sprach zu dem Volk: Es ist zu
viel für euch, nach Jerusalem hinaufzuziehen; siehe da, Israel, deine
Götter, die dich aus dem Land Ägypten heraufgeführt haben. Und er
stellte das eine in Bethel auf, und das andere brachte er nach Dan. Und
diese Sache wurde zur Sünde, und das Volk ging vor das eine hin bis nach
Dan ... Und Jerobeam machte ein Fest im achten Monat, am fünfzehnten Tag
des Monats, wie das Fest, das in Juda stattfand [D. i. das
Laubhüttenfest, das am fünfzehnten Tag des siebten Monats gefeiert
wurde], und er opferte auf dem Altar. Ebenso tat er in Bethel, indem er
den Kälbern opferte, die er gemacht hatte; und er stellte in Bethel die
Priester der Höhen an, die er gemacht hatte. Und er opferte auf dem
Altar, den er in Bethel gemacht hatte, am fünfzehnten Tag im achten
Monat, in dem Monat, den er aus seinem Herzen erdacht hatte; und
er machte den Kindern Israel ein Fest und opferte auf dem Altar und
räucherte“ (1Kön 12,26–33).
Dan und Bethel wurden nun die Orte einer götzendienerischen Anbetung.
Jerobeam I. hatte sie aus seinem Herzen erdacht, und sie
wurden dem Volk zum Fallstrick. Nadab, sein Sohn, wurde nach
seinem Tod König über das Nordreich, wurde aber schon nach zwei Jahren
Opfer der Verschwörung Baesas, die von dem Propheten Achija vorausgesagt
worden war. Der Text lautet: „Und Baesa tötete ihn im dritten Jahr Asas,
des Königs von Juda, und wurde König an seiner statt. Und es geschah,
sobald er König geworden war, erschlug er das ganze Haus Jerobeams; er
ließ von Jerobeam nichts übrig, was Odem hatte, bis er ihn vertilgt
hatte, nach dem Wort des Herrn, das er durch seinen Knecht Achija, den
Siloniter, geredet hatte: wegen der Sünden Jerobeams, die er begangen
hatte, und die er Israel zu begehen veranlasst
Aber auch von Baesa lesen wir, dass er auf den „Wegen Jerobeams“
wandelte. Sein Regierungssitz war die Stadt Tirza. Er kämpfte als Erster
gegen sein Brudervolk Juda, das durch den König Asa regiert wurde,
verlor aber den Krieg, weil Asa Ben Hadad, den König von Syrien, zu
Hilfe gerufen hatte.
Nach einer vierundzwanzigjährigen Regentschaft Baesas übernahm Ela,
der Sohn Baesas, in Tirza die Regierungsverantwortung. Dieser liebte
offensichtlich nicht nur den Götzendienst, sondern auch den
Alkoholrausch und wurde schon nach zwei Jahren ebenfalls Opfer einer
Verschwörung, die Simri angezettelt hatte.
„So vertilgte Simri das ganze Haus Baesas nach dem Wort des
Herrn, das er durch Jehu, den Propheten, gegen Baesa geredet hatte:
wegen all der Sünden Baesas und der Sünden Elas, seines Sohnes, die sie
begangen und die sie Israel zu begehen veranlasst hatten, so dass sie
den Herrn, den Gott Israels, reizten durch ihre nichtigen Götzen“ (1Kön
16,12.13).
Simri regierte sieben Jahre in Tirza und flüchtete wegen einer
Belagerung der Stadt Tirza in die Burg des Königshauses. Diese
Belagerung war das Ergebnis einer Verschwörung des Generals
(Heerobersten) Omri. Simri verbrannte das Königshaus und sich selbst.
Das Wort Gottes fügt hinzu: „Und es geschah, als Simri sah, dass die
Stadt eingenommen war, da ging er in die Burg des Königshauses und
verbrannte das Königshaus über sich mit Feuer und starb: wegen seiner
Sünden, die er begangen hatte, indem er tat, was böse war in den
Augen des HERRN,
indem er wandelte auf dem Weg Jerobeams und in seiner Sünde, die er
getan,
so dass er Israel veranlasst hatte zu sündigen“ (1Kön 16,18.19).
Nun gab es wieder eine Teilung des Volkes. Die eine Hälfte folgte
Tibni, die andere Hälfte folgte Omri. Doch Omri und seine
Nachfolger überwältigten Tibni, und er regierte sechs Jahre in Tirza.
Für zwei Talente Silber kaufte er den Berg Schemer und baute dann eine
Stadt, die er Samaria nannte, „nach dem Namen Schemers, des Herrn des
Berges“ (1Kön 16,24).
Was lesen wir von dem König Omri und seinem Sohn Ahab? „Und Omri tat,
was böse war in den Augen des HERRN;
und er machte es schlimmer als alle, die vor ihm gewesen waren.
Und er wandelte auf allen Wegen Jerobeams, des Sohnes Nebats, und in
seinen Sünden, wodurch er Israel veranlasst hatte zu sündigen, so dass
sie den Herrn, den Gott Israels, reizten durch ihre nichtigen Götzen ...
Und Omri legte sich zu seinen Vätern, und er wurde in Samaria begraben.
Und Ahab, sein Sohn, wurde König an seiner statt … Und Ahab, der Sohn
Omris, tat, was böse war in den Augen des HERRN,
mehr als alle, die vor ihm gewesen waren.
Und es geschah – war es zu wenig, dass er in den Sünden Jerobeams, des
Sohnes Nebats, wandelte? –, dass er Isebel, die Tochter Etbaals, des
Königs der Sidonier, zur Frau nahm; und er ging hin und diente dem Baal
und beugte sich vor ihm nieder. Und er errichtete dem Baal einen Altar
im Haus des Baal, das er in Samaria gebaut hatte; auch machte Ahab die
Aschera. Und Ahab tat mehr, um den Herrn,den Gott Israels, zu reizen,
als alle Könige von Israel, die vor ihm gewesen waren“ (1Kön 16,25–33).
Omri hatte also Samaria erbaut. Aber er lebte in den Sünden und Wegen
Jerobeams I. Und sein Sohn Ahab übertraf ihn darin. Er wurde sogar –
dank des Einflusses seiner Frau Isebel – Baalsdiener.
Wenn wir uns die Nachkommen Ahabs etwas näher anschauen, dann lesen wir
von Ahasja, dem Sohn Ahabs, dass er in seiner zweijährigen
seine Mutter;
und er tat die Bildsäule des Baal weg, die sein Vater gemacht hatte.
Doch hielt er fest an den Sünden Jerobeams, des Sohnes Nebats, wodurch
er Israel veranlasst hatte zu sündigen; er wich nicht davon ab“ (2Kön
3,2ff.).
Jehu,
den Gott schon Elia als Zuchtrute für das Haus Omris genannt hatte,
tötete Joram, ließ auch dessen 70 Söhne in Samaria umbringen und
ermordete Ahasja, den König von Juda, der in das Haus Omris
eingeheiratet und so auch Juda zum Götzendienst verführt hatte. Weiter
tötete Jehu auch die Brüder Ahasjas und alle Baalsdiener während seiner
achtundzwanzigjährigen Regierungszeit. Aber auch von ihm lesen wir: „So
vertilgte Jehu den Baal aus Israel. Nur von den Sünden Jerobeams, des
Sohnes Nebats, die er Israel zu begehen veranlasst hatte, von denen wich
Jehu nicht ab: von den goldenen Kälbern, die in Bethel und in Dan waren“
(2Kön10,28ff.).
Wenn wir uns dann die Nachkommen Jehus – Joahas, Joas, Jerobeam II.
und Sekarja – ansehen, findet sich immer wieder dieselbe
Überschrift über ihr unmoralisches Leben: „Und er tat, was böse war in
den Augen des Herrn; und er wandelte den Sünden Jerobeams nach, des
Sohnes Nebats, wodurch er Israel zu sündigen veranlasst hatte: Er wich
nicht davon“ (2Kön 13,2.11; 14,24; 15,9).
Sallum,
der Sohn des Jabes, machte eine Verschwörung gegen Sekarja und erschlug
den König vor dem Volk. Nach einem Monat wurde Sallum von Menachem
getötet. Auch von diesem lesen wir: „Und er tat, was böse war in den
Augen des HERRN“
(2Kön 15,18).
Pekachja,
sein Sohn, lebte auch in den Sünden Jerobeams I. und wurde von Pekach,
dem Sohn Remaljas, dem General Pekachjas, umgebracht. Auch Pekach
wich nicht von den Sünden Jerobeams. In der Folge machte Hosea,
der Sohn Elas, eine Verschwörung gegen Pekach und wurde König an seiner
statt.
Mit diesem König Hosea endet die Geschichte des Nordreichs, die
Geschichte Samarias als Hauptstadt der Könige des Nordreichs. Im 2. Jahr
Pekachs wurde Jotham König in Juda, und im 17. Jahr Pekachs wurde Ahas
König, der Sohn Jothams. Genau in diese Zeit hinein weissagt der Prophet
Micha. Während Israel, das Nordreich, von Verschwörungen, Königsmorden
und dem Kälberdienst in Dan und Bethel, also einem schlimmen
Götzendienst, geprägt ist, sieht es in Juda auch nicht viel besser aus.
Mit der Regierungszeit Asarjas (in Chronika Ussija genannt), des Königs
von Juda, beginnt zunächst eine geistliche Reformation: „Und er tat, was
recht war in den Augen des Herrn, nach allem, was sein Vater Amazja
getan hatte. Und er suchte Gott in den Tagen Sekarjas, der kundig war in
den Gesichten Gottes; und in den Tagen, als er den Herrnsuchte, gab Gott
ihm Gelingen“ (2Chr 26,4ff.).
Aber am Ende seiner Regierungszeit wird von ihm gesagt: „Und als er
stark geworden war, erhob sich sein Herz, bis er zu Fall kam; und er
handelte treulos gegen den Herrn, seinen Gott, und trat in den Tempel
des Herrn, um auf dem Räucheraltar zu räuchern“ (2Chr 26,16). Sein Sohn
Jotham tut zwar, was recht ist in den Augen des Herrn, aber „das Volk
handelte noch böse“ (2Chr 27,2). Dessen Sohn Ahas schließt sich in
moralischer Hinsicht dem Volk an. „Zwanzig Jahre war Ahas alt, als er
König wurde, und er regierte sechzehn Jahre in Jerusalem. Und er tat
nicht, was recht war in den Augen des HERRN,
wie sein Vater David; sondern er wandelte auf den Wegen der Könige von
Israel, und auch machte er den Baalim gegossene Bilder; und er räucherte
im Tal des Sohnes Hinnoms, und er verbrannte seine Söhne im Feuer, nach
den Gräueln der Nationen, die der Herrvor den Kindern Israel vertrieben
hatte; und er opferte und räucherte auf den Höhen und auf den Hügeln und
unter jedem grünen Baum … Und Pekach, der Sohn Remaljas, erschlug in
Juda an einem Tag 120 000 Mann, alles tapfere Leute,
Empfindungen müssen da im Herzen des Propheten gewesen sein. Das
Nordreich lebt im Götzendienst, das Südreich Juda ebenfalls. Es wird von
den „Höhen Judas“ gesprochen. Diese Höhen weichen nicht. So lesen wir,
dass während der Regierungszeit des an sich recht gut stehenden Königs
Josaphat die Höhen nicht wichen, „und das Volk hatte sein Herz noch
nicht auf den Gott ihrer Väter gerichtet“ (2Chr 20,33). Wir wundern uns
nicht darüber, dass Joram, sein Sohn, und sein Enkel Ahasja dann in den
Sünden der Könige von Israel leben. Auch die folgenden Könige Joas und
Amazja lassen nach anfänglich guten Reformen den Götzendienst wieder zu.
Die Höhen Judas stehen also letztlich für den Götzendienst Judas. Was
hatte Gott eigentlich über die Höhen im Gesetz gesagt?
„... so sollt ihr alle Bewohner des Landes vor euch vertreiben und alle
ihre Bildwerke zerstören; und alle ihre gegossenen Bilder sollt ihr
zerstören, und alle ihre Höhen [d. h. Höhenaltäre, o.
Höhentempel; siehe 1Kön 13,32] sollt ihr vertilgen“ (4Mo 33,52; vgl. 3Mo
26,30).
Tatsächlich war es der König Rehabeam – direkt nach der Trennung von dem
Nordreich Israel –, der die Höhen einführte: „Und auch sie bauten sich
Höhen und Bildsäulen [o. Gedenksteine] und Ascherim auf jedem hohen
Hügel und unter jedem grünen Baum. Und es waren auch Geweihte [das sind
Prostituierte, deren Dienst kanaanitischen Gottheiten geweiht war] im
Land; sie taten nach allen Gräueln der Nationen, die der Herrvor den
Kindern Israel ausgetrieben hatte“ (1Kön 14,23). Hatte er den
Götzendienst vielleicht bei Salomo, seinem Vater, gesehen und war
deshalb davon beeinflusst?
Wenn wir die Geschichte dieses Volkes überblicken, was denken wir dann?
Wird Gott zu seinem Volk, das sich Christenheit nennt, sagen: Ihr seid
viel besser? Wird Er uns schmeicheln, unseren Wohlstand, unsere
prächtigen Kirchen- oder Gemeindebauten als besondere Leistung würdigen?
Oder muss Er auch uns, dir und mir, sagen, dass Er sich aufmacht, um
sein Volk, die Christenheit, zu richten? Wie sieht es inmitten der
Christenheit aus? Müssen wir nicht aufrichtig und mit weinendem Herzen
sagen: „Die Übertretung Jakobs und die Sünden des Hauses Israel sind
auch bei uns vorhanden. Auch wir haben gesündigt und verderbt
gehandelt“?
In 1. Petrus 4,17 heißt es: „Denn die Zeit ist gekommen, dass das
Gericht anfange bei dem Haus Gottes; wenn aber zuerst bei uns, was wird
das Ende derer sein, die dem Evangelium Gottes nicht gehorchen!“ Lasst
uns beim Studium dieses Propheten auch immer wieder uns selbst im Licht
Gottes sehen und auf die Knie fallen, indem wir unsere Sünden bekennen
und umkehren von falschen Wegen.
Gott kündigt nun seinem Volk das Gericht an.
1,6.7 – So werde ich Samaria zu einem Steinhaufen des Feldes, zu
Weinbergpflanzungen machen, und ich werde ihre Steine ins Tal
hinabstürzen und ihre Grundfesten entblößen. Und alle ihre geschnitzten
Bilder werden zerschlagen und alle ihre Hurengeschenke mit Feuer
verbrannt werden, und ich werde alle ihre Götzenbilder zur Wüste machen;
denn sie hat sie durch Hurenlohn gesammelt, und zum Hurenlohn sollen sie
wieder werden.
Gott kündigt das kommende Verderben Samarias an. Diese von Omri so schön
gebaute Stadt wird schon bald zerstört werden. Steine werden ins Tal
hinabgestürzt. Die Stadt wird bis auf ihre Grundfesten entblößt. Alles,
was der Götzendienst der Stadt gebracht hat, wird vernichtet. Samaria
hat Hurengeschenke bekommen, die Ausdruck ihrer unheiligen Verbindungen
zu umliegenden Völkern sind. Sie werden mit Feuer
hat, die sie jetzt verehrt.
Durch Hurenlohn hat sie diese gesammelt und so sollen sie zum Hurenlohn
werden. Samaria stellt sich als Hure dar. Gott will ihr jetzt den Lohn
geben. Alle Götzenbilder werden in Staub und Stein zerfallen, ja, sie
werden zur Wüste gemacht. Wenn wir den sittlichen Zustand Samarias
zusammenfassend darstellen wollen, könnten wir sagen: Götzendienst und
Unzucht kennzeichnen das Nordreich, wobei hier neben der wirklichen
Unzucht und der Tempelprostitution sicher auch an geistliche Hurerei
gedacht ist, also an die Vermischung mit den religiösen Riten der
Nationen. Der Prophet Hesekiel beschreibt diesen Zustand in Kapitel 16
und stellt das Volk schonungslos als Hure dar: „Du hurtest mit
den Söhnen Ägyptens, deinen Nachbarn, die groß an Fleisch sind; und
du mehrtest deine Hurerei, um mich zu reizen … Und du hurtest
mit den Söhnen Assurs, weil du nie satt werden kannst; und du hurtest
mit ihnen und wurdest auch nicht satt. Und du mehrtest deine Hurerei
zum Händlerland Chaldäa hin; und auch davon wurdest du nicht satt.
Wie schmachtend ist dein Herz!, spricht der Herr, Herr, indem du dies
alles tust, das Tun eines ausgelassenen Hurenweibes, indem du deine
Gewölbe an jeder Wegecke baust und deine Höhen auf allen Straßen machst.
Und du warst nicht einmal wie eine Hure, weil du den Lohn verschmähtest;
die ehebrecherische Frau nimmt statt ihres Mannes [eig. unter ihrem Mann
stehend; vgl. Kap. 23,5; 4Mo 5,19] Fremde an! Allen Huren gibt man
Geschenke; du aber gabst deine Geschenke allen deinen Liebhabern, und du
beschenktest sie, damit sie von ringsumher zu dir kämen, um Hurerei mit
dir zu treiben. Und es war bei dir mit deinen Hurereien umgekehrt wie
bei anderen Frauen, dass man nicht dir nachhurte; denn weil du Lohn
gabst und dir kein Lohn gegeben wurde, war es bei dir umgekehrt.
Darum, Hure, höre das Wort des Herrn! So spricht der Herr, Herr: Weil
deine Unreinheit ausgegossen und deine Blöße aufgedeckt worden ist in
deinen Hurereien mit deinen Liebhabern, und wegen aller deiner
gräuelhaften Götzen und wegen des Blutes deiner Kinder, die du ihnen
gegeben hast, darum, siehe, werde ich alle deine Liebhaber sammeln,
denen du gefielst, und alle, die du geliebt hast, samt allen, die du
gehasst hast. Und ich werde sie von ringsumher gegen dich sammeln und
deine Blöße vor ihnen aufdecken, so dass sie deine ganze Blöße sehen
werden. Und ich werde dich richten nach den Rechten der Ehebrecherinnen
und der Blutvergießerinnen und dich zum Blut des Grimmes und der
Eifersucht machen“ (Hes 16,26ff.).
In Hesekiel 23 wird Samaria „Ohola“ genannt. Auch in diesem Kapitel
macht Gott deutlich, in welch einem Zustand sich Samaria befindet: „Und
Ohola hurte, als sie bei [w. unter; vgl. Kap. 16,3)] mir war. Und sie
entbrannte zu ihren Liebhabern, zu den Assyrern, die nahe waren,
gekleidet in Purpurblau, Statthalter und Vorsteher, allesamt anmutige
Jünglinge, Reiter, auf Pferden reitend. Und sie richtete ihre Hurereien
auf sie, die Auswahl der Söhne Assurs insgesamt; und mit allen, zu denen
sie entbrannte, mit allen deren Götzen verunreinigte sie sich. Und auch
ihre Hurereien von Ägypten her ließ sie nicht; denn sie hatten bei ihr
gelegen in ihrer Jugend und hatten ihren jungfräulichen Busen betastet
und ihre Hurerei über sie ausgegossen. Darum habe ich sie in die Hand
ihrer Liebhaber gegeben, in die Hand der Söhne Assurs, zu denen sie
entbrannt war. Sie deckten ihre Blöße auf, nahmen ihre Söhne und ihre
Töchter weg, und sie selbst töteten sie mit dem Schwert; und so wurde
sie berüchtigt unter den Frauen, und man übte Gerichte an ihr“ (Hes
23,5ff.).
Der Prophet Hosea weissagt ebenfalls in dieser vorexilischen Zeit,
während der Regierungszeit von Ussija, Jotham, Ahas und Hiskia, und
schreibt: „Sie treiben Hurerei, aber sie werden sich nicht ausbreiten;
denn sie haben es aufgegeben, auf den Herrnzu achten. Hurerei, Wein
ihren Gott“ (Hos 4,10–12; vgl. Kap. 4,18; 5,3; 6,10).
Genau diese Sünden sind es, vor denen Gott auch uns Christen warnt,
nämlich dass wir uns „enthalten von den Verunreinigungen der Götzen und
von der Hurerei und vom Erstickten und vom Blut“ (Apg 15,20.29).
Wir werden streng aufgefordert: „Flieht die Hurerei! Jede Sünde,
die ein Mensch begehen mag, ist außerhalb des Leibes; wer aber hurt,
sündigt gegen seinen eigenen Leib“ (1Kor 6,18). „Darum, meine Geliebten,
flieht den Götzendienst“ (1Kor 10,14). „Lasst uns auch nicht
Hurerei treiben, wie einige von ihnen Hurerei trieben, und es
fielen an einem Tag dreiundzwanzigtausend“ (1Kor 10,8). „Hurerei
aber und alle Unreinheit oder Habsucht [o. Gier] werde nicht einmal
unter euch genannt, wie es Heiligen geziemt“ (Eph 5,3).
„Tötet nun eure Glieder, die auf der Erde sind: Hurerei,
Unreinheit, Leidenschaft, böse Lust und Habsucht, die Götzendienst ist“
(Kol 3,5). „Denn dies ist Gottes Wille: eure Heiligkeit, dass ihr euch
der Hurerei enthaltet“ (1Thes 4,3).
Auch in unserer sogenannten postmodernen, ja, postchristlichen Zeit
werden die sogenannten christlichen Länder mit Unzucht, Ehebruch und
Götzendienst überschwemmt. Vielleicht haben wir nicht goldene und
silberne Götzen in unseren Häusern stehen, vor denen wir niederfallen,
aber die Schrift sagt, dass Habsüchtige Götzendiener sind (Eph 5,5; vgl.
Kol 3,5). Die Sucht, Gegenstände zu haben, die Gott uns nicht geben
möchte, der Hang, reich zu werden, ist nichts anderes als Götzendienst.
Gott sagte einst zu dem König Saul: „Denn wie Sünde der Wahrsagerei ist
Widerspenstigkeit, und der Eigenwille wie Abgötterei und Götzendienst.
Weil du das Wort des Herrnverworfen hast, so hat er dich verworfen, dass
du nicht mehr König sein sollst“ (1Sam 15,23).
Wir wollen uns fragen, ob unser Herz wirklich auf den Willen Gottes
gerichtet ist oder ob es etwas erstrebt, das Gott uns nicht geben will.
Müssen wir als Christen mit den größten Autos protzen? Müssen wir als
Christen in den herrlichsten Häusern der Umgebung wohnen? Müssen wir die
teuersten Kleider und Anzüge tragen?
Ja, es gibt Reiche unter den Christen. Ihnen wird gesagt: „Den Reichen
in dem gegenwärtigen Zeitlauf gebiete, nicht hochmütig zu sein noch auf
die Ungewissheit des Reichtums Hoffnung zu setzen, sondern auf Gott, der
uns alles reichlich darreicht zum Genuss; Gutes zu tun, reich zu sein an
guten Werken, freigebig zu sein, mitteilsam, indem sie sich selbst eine
gute Grundlage für die Zukunft sammeln, damit sie das wirkliche Leben
ergreifen“ (1Tim 6,17ff.).
Solchen, die reich werden wollen, wird gesagt: „Die aber, die reich
werden wollen, fallen in Versuchung und Fallstrick und in viele
unvernünftige und schädliche Begierden, die die Menschen versenken in
Verderben und Untergang. Denn die Geldliebe ist eine Wurzel alles Bösen,
der nachstrebend einige von dem Glauben abgeirrt sind und sich selbst
mit vielen Schmerzen durchbohrt haben. Du aber, o Mensch Gottes, fliehe
diese Dinge; strebe aber nach Gerechtigkeit, Gottseligkeit, Glauben,
Liebe, Ausharren, Sanftmut des Geistes. Kämpfe den guten Kampf des
Glaubens; ergreife das ewige Leben, zu dem du berufen worden bist und
bekannt hast das gute Bekenntnis vor vielen Zeugen“ (1Tim 6,9ff.).
Gerade dann, wenn wir nicht reich sind, sollten wir aufpassen, dass
nicht in unserem Leben dieser Neid aufkommt, das Verlangen nach mehr
Geld, nach mehr materiellen Dingen. Das Gebet Agurs sollte uns täglich
kennzeichnen: „Zweierlei erbitte ich von dir; verweigere es mir nicht,
an dem Namen meines Gottes“ (Spr 30,7).
Wir erleben aber nicht nur Habsucht, materielles Wohlstandsbegehren,
Anhäufung von Kapital, sondern auch einen erschreckenden Umgang mit der
Sexualität. Sex vor der Ehe im Teenageralter ist inzwischen an der
Tagesordnung, sexuell aufreizende Kleidung, die gerade das sexuelle
Bedürfnis im Menschen stimuliert, ist auch unter Christen nichts Fremdes
mehr. Wundern wir uns dann über immer mehr zerstörte Ehen und kaputte
familiäre Beziehungen? Wenn gläubige Väter bis in die Nacht vor den
Fernsehern sitzen und sich Pornofilme ansehen oder im Internet surfen
und sich im Verborgenen Pornobilder anschauen, so wundert es uns nicht,
dass die geistliche Kraft im Volk Gottes zurückgeht, dass die Energie
des Glaubens schwindet, dass die Absonderung von der Welt nicht mehr
gefunden wird. Lasst uns offen die Dinge ansprechen. Kennen wir diese
Gefahren nicht in unserem Leben? Und wenn wir bewahrt werden, dann ist
es Gnade – aber nicht nur Gnade. Wenn die visuellen Medien unsere
Wohnungen zieren und ein familiäres Leben ohne Video- und DVD-Filme,
Fernsehen und Internetsurfen nicht mehr denkbar ist, dann hat der
Götzendienst, der Bilderdienst, bereits unsere Herzen erreicht. Dann
sitzen wir vielleicht sonntags auf den Stühlen und Bänken, um das Wort
Gottes zu hören – aber wo sind unsere Gedanken? Können wir wirklich noch
Gott preisen aus ungeteiltem Herzen? Können wir Ihn noch anbeten in
Geist und Wahrheit, wenn wir samstagabends nur mit Dreck befasst waren?
Vor Gott können wir nichts verbergen, wohl vor Menschen. Gebe Gott, dass
Er unsere Herzen anrühren kann und uns zur Buße führt.
Natürlich bedeutet das nicht, dass wir keinen Film ansehen dürfen oder
keinen Computer in der Wohnung haben dürfen – das wäre einfach
gesetzliches Denken. Nein, es geht nicht um ein „Du darfst nicht“,
sondern es geht darum, zu erkennen, was Macht über mein Leben hat.
Vielleicht brauchst du das Internet beruflich; es gibt auch gute Video-
und DVD-Filme, aber denke daran, dass selbst das Gute zu schlechten
Zwecken verwendet werden kann. Nimm dir Zeit für das Gebet und das Lesen
des Wortes Gottes – und das Verlangen, einen guten Film zu sehen, wird
zurückgehen.
Im Jahre 719 v. Chr. zog der assyrische König Salmaneser nach Samaria,
belagerte die Stadt drei Jahre lang, nahm sie ein und führte Israel nach
Assyrien weg. „Und dies geschah, weil die Kinder Israel gesündigt hatten
gegen den Herrn, ihren Gott, der sie aus dem Land Ägypten heraufgeführt
hatte, aus der Hand des Pharaos, des Königs von Ägypten, und weil sie
andere Götter fürchteten und in den Satzungen der Nationen wandelten,
die der Herrvor den Kindern Israel vertrieben hatte, und der Könige von
Israel, die diese gemacht hatten. Und die Kinder Israel trieben gegen
den Herrn, ihren Gott, heimlich Dinge, die nicht recht waren; und sie
bauten sich Höhen in allen ihren Städten, von den Türmen der Wächter bis
zu den festen Städten; und sie errichteten sich Bildsäulen und Ascherim
auf jedem hohen Hügel und unter jedem grünen Baum, und sie räucherten
dort auf allen Höhen, wie die Nationen, die der Herrvor ihnen weggeführt
hatte; und sie taten böse Dinge, um den Herrnzu reizen; und sie dienten
den Götzen, von denen der Herrihnen gesagt hatte: So etwas sollt ihr
nicht tun! Und der Herrwarnte Israel und Juda durch alle Propheten, alle
Seher, indem er sprach: Kehrt um von euren bösen Wegen und haltet meine
Gebote, meine Satzungen, nach dem ganzen Gesetz, das ich euren Vätern
geboten und das ich euch gesandt habe durch meine Knechte, die
Propheten. Aber sie hörten nicht und verhärteten ihren Nacken, gleich
dem Nacken ihrer Väter, die dem Herrn, ihrem Gott, nicht geglaubt hatten
… Da erzürnte der Herrsehr über Israel und tat es vor seinem Angesicht
weg; es blieb nichts übrig, nur der Stamm Juda allein“ (2Kön 17,7–18).
Und dann heißt es aber auch noch: „Auch Juda hielt nicht die Gebote des
Herrn, seines Gottes; und sie wandelten in den Satzungen Israels, die
jene gemacht hatten. Da verwarf der Herrallen Samen Israels und
demütigte sie, und er gab sie in die Hand von Plünderern, bis er sie von
seinem
Gott benutzt das politische Handeln der Nationen, um sein Volk zu
züchtigen. Auch wir wollen es nicht vergessen, dass Gott durch das
Handeln der Regierungen sein himmlisches Volk züchtigen kann. Neue
Gesetze können schnell unsere Versammlungs- und Evangelisationsfreiheit
einschränken. Wenn der Staat immer mehr Menschen überwachen wird, dann
werden auch wir Christen irgendwann davon nicht mehr ausgenommen sein,
denn auch wir sind unbequem für unsere Gesellschaft. Wenn wir wirklich
Licht der Welt und Salz der Erde sind, dann werden wir irgendwann –
vielleicht schon bald – die Konsequenzen für ein Gott hingegebenes Leben
spüren, denn: „Alle aber auch, die gottselig leben wollen in Christus
Jesus, werden verfolgt werden“ (2Tim 3,12).
Und der Herr Jesus hat gesagt: „Wenn die Welt euch hasst, so wisst, dass
sie mich vor euch gehasst hat. Wenn ihr von der Welt wäret, würde die
Welt das Ihre lieb haben; weil ihr aber nicht von der Welt seid, sondern
ich euch aus der Welt auserwählt habe, darum hasst euch die Welt.
Erinnert euch an das Wort, das ich euch gesagt habe: Ein Knecht ist
nicht größer als sein Herr. Wenn sie mich verfolgt haben, werden sie
auch euch verfolgen; wenn sie mein Wort gehalten haben, werden sie auch
das eure halten. Aber dies alles werden sie euch tun um meines Namens
willen, weil sie den nicht kennen, der mich gesandt hat“ (Joh 15,18ff.).
Was muss den Propheten Micha, als er diese Worte in Kapitel 1 als Wort
Gottes niederschrieb, bewegt haben? Wie mag er sich wohl gefühlt haben?
1,8.9 – Darum will ich klagen und heulen, will entblößt [eig. beraubt,
o. geplündert] und nackt [d. h. ohne Oberkleid] umhergehen; ich will
eine Wehklage halten wie die Schakale und eine Trauer wie die Strauße.
Denn ihre Schläge sind tödlich; denn es kommt bis Juda, es reicht bis an
das Tor meines Volkes, bis an Jerusalem.
Micha will klagen, heulen, nackt umhergehen. Der Gebrauch dieser
Ausdrücke drückt die tiefe Trauer des Propheten aus. Gott sagte einst
dem Propheten Jesaja: „Geh und löse das Sacktuch von deinen Lenden und
zieh deine Sandalen von deinen Füßen. Und er tat so, ging nackt [d. h.
ohne Oberkleid] und barfuß“ (Jes 20,2; s. a. 22,12; 2Sam 15,30). In
diesem Zustand der Beschämung und der Bestürzung befindet sich Micha.
Wie Schakale und Strauße will er wehklagen. Hiob sagt in Kapitel 30,29:
„Ich bin ein Bruder geworden den Schakalen [vgl. Ps 44,20; Jes 35,7;
43,20; Jer 9,10; 10,22; 49,33; 51,37] und ein Genosse den Straußen“, und
in Jesaja 13,21 werden diese Tiere zu den Wüstentieren gerechnet. So
einsam fühlt sich der Prophet.
Er liebt sein Volk. Ihm ist der Zustand des gesamten Volkes Gottes, also
Samarias und Jerusalems, nicht egal. Die hier von dem Propheten
gemachten Aussagen erinnern uns an den Herrn Jesus, der über Jerusalem
weinte und klagte. Es war seine Stadt, die Stadt des großen Königs, die
in den Händen der Römer war und von irreleitenden Hohenpriestern,
Schriftgelehrten, Pharisäern und Sadduzäern beherrscht wurde. Micha
sieht das Gericht mit den Augen des Glaubens, er sieht Gott,
einherschreitend auf den Höhen der Berge. Er sieht Ihn nicht als
gnädigen und barmherzigen Gott, sondern in seiner Richterherrlichkeit.
Bald würde Samaria geschlagen werden. Tod und Elend, Leid und Trauer
würden dann das Teil Samarias sein, aber auch Jerusalem würde nicht
verschont bleiben. „Es kommt bis Juda, es reicht bis an das Tor meines
Volkes, bis an Jerusalem“. Tatsächlich kamen die Assyrer in die Städte
Judas und belagerten Jerusalem zur Zeit des Königs Hiskia.
Die folgenden Verse beschreiben die Invasion der Assyrer. Sie zeigen, in
welche Not die Städte kommen.
1,10 – Berichtet es nicht in Gat, weint nur nicht! In Beth-Leaphra wälze
ich mich im Staub.
Ussija hatte die Stadt Gat (= Weinkelter), die offensichtlich den
Philistern gehört hatte, einst erobert. Er hatte die Hilfe Gottes
erlebt, aber nun sollte diese Stadt nichts von dem bevorstehenden Ende
Jerusalems hören. Sie sollte nicht weinen. So wünscht es Micha. Gat soll
von dem Angriff auf Juda nichts erfahren. In dem nächsten Satz haben wir
es mit einem Wortspiel zu tun: Zu Aschenhausen wälze ich mich (o. wälze
dich) im Staub. Vielleicht bedeutet dies, dass Beth-Leaphra dem Staub
gleichgemacht werden soll.
1,11 – Zieh hin, Bewohnerin von Schaphir, in schimpflicher Blöße; die
Bewohnerin von Zaanan ist nicht ausgezogen; die Wehklage Beth-Ezels wird
dessen Rastort von euch wegnehmen [d. h. es euch unmöglich machen, dort
zu rasten. O. das Unglück wird nicht bei Beth-Ezel stehen bleiben].
Auch die Stadt „Schaphir“ (= schön, angenehm) würde ihre Schönheit mit
einer „schimpflichen Blöße“ eintauschen. Zaanan (= Auszug) wird
offensichtlich keine Fluchtversuche unternehmen, und Beth-Ezel (= Haus
der Nähe, des Schutzes) wird wehklagen. Sie wird schlimm leiden müssen
und kein Rast- oder Ruheort mehr sein können. Sie selbst wird der Ruhe
bedürfen.
1,12 – Denn die Bewohnerin von Marot zittert wegen ihrer Habe; denn von
Seiten des HERRN
ist Unglück zum Tor Jerusalems herabgekommen.
In Marot – klingt wie Bitterkeit, von mara – zittern die Menschen
um ihre Güter. Man sieht, dass die Assyrer gegen Jerusalem ziehen, und
so weiß man in Marot, dass bei einem Ansturm der Assyrer alle Habe
dieses Ortes weggebracht werden wird. Wie bitter ist das für diese
Stadt.
1,13 – Spanne die Renner an den Wagen, Bewohnerin von Lachis! Der Anfang
der Sünde war es [näml. Lachis] für die Tochter Zion; denn in dir sind
die Übertretungen Israels gefunden worden.
Die Königsstadt Lachis wurde einst von Josua erobert und dem Stamm Juda
zugeteilt. Sie wurde später von Rehabeam befestigt. Amazja wurde in
dieser Stadt ermordet. Unser Vers sagt aus, dass diese Stadt
offensichtlich durch Sünde gekennzeichnet war. Sie „war der Anfang der
Sünde für die Tochter Zion.“ Wahrscheinlich konnten sich bestimmte
Sünden in Lachis breit machen und hatten schließlich Einfluss auf
Jerusalem. Manche Ausleger nehmen an, dass Lachis Jerusalem zum
Götzendienst verführt hat. Lachis wird aufgefordert zu fliehen. Aus
Jeremia 34,7 wissen wir, dass sie als feste Stadt Judas bekannt war. Und
tatsächlich scheint es so, dass Lachis von den Assyrern nicht erobert
wurde, sondern erst durch Nebukadnezar I.
1,14 – Darum wirst du Moreschet-Gat ein Entlassungsgeschenk geben [d. h.
auf Moreschet-Gat verzichten müssen]. Die Häuser von Achsib werden zu
einem trügerischen Bach für die Könige von Israel.
den Königen von Israel nicht mehr helfen. Gab es in diesen Häusern
vielleicht falsche Berater für die Könige?
1,15 – Noch werde ich den Besitznehmer dir bringen, Bewohnerin von
Marescha. Bis Adullam wird die Herrlichkeit Israels kommen.
Der Besitznehmer ist Sanherib, der assyrische König, der Marescha (=
Besitz) einnehmen wird. Vor vielen Jahren war David nach Adullam
geflohen, nun würden auch die hochgestellten Personen aus Israel dorthin
fliehen.
1,16 – Mache dich kahl und schere dich um der Kinder deiner Wonne
willen, mache deine Glatze breit wie die des Geiers; denn sie sind von
dir weggeführt.
Noch einmal wird in herzzerreißenden Worten auf die Schrecklichkeit der
Invasion der Assyrer hingewiesen. Das Abschneiden der Haare galt als
Zeichen tiefer Bestürzung und Trauer. Eine Wegführung der Menschen
dieser Städte würde erfolgen. Und das alles wegen der Untreue Israels.
Diese einst blühenden Städte sollten nun Leid und Elend erfahren. Städte
hatten damals Mauern, die sie schützen sollten. Aber Gott hatte den
moralischen Schmutz innerhalb dieser Mauern schon längst gesehen. Dürfen
wir an dieser Stelle einmal eine Anwendung machen?
Städte können durchaus Sinnbilder für örtliche Versammlungen sein. So
wie Städte verwaltet werden mussten, so müssen auch die Gemeinden Gottes
verwaltet werden.
In 1. Korinther 4,1 lesen wir: „Dafür halte man uns: für Diener Christi
und Verwalter der Geheimnisse Gottes.“ Und den Aufsehern der
örtlichen Gemeinde wird in Titus 1,7 gesagt: „Denn der Aufseher muss
untadelig sein als Gottes Verwalter, nicht eigenmächtig, nicht
zornmütig, nicht dem Wein ergeben, nicht ein Schläger, nicht
schändlichem Gewinn nachgehend.“ Ja, jedem Christen, der eine Gnadengabe
empfangen hat, wird in 1. Petrus 4,10 ans Herz gelegt: „Je nachdem jeder
eine Gnadengabe empfangen hat, dient einander damit als gute
Verwalter der mancherlei Gnade Gottes.“
Die Gläubigen werden in 1. Timotheus 1,4 angewiesen, sich nicht „mit
Fabeln und endlosen Geschlechtsregistern abzugeben, die mehr
Streitfragen hervorbringen als die Verwaltung Gottes fördern, die im
Glauben ist“.
Eigentlich sollten diese Städte Judas von Gottesfurcht und geistlicher
Führung gekennzeichnet sein, aber das ist offensichtlich nicht mehr der
Fall. Wenn wir von Lachis lesen, dass von hier aus ein böser Einfluss
auf Jerusalem ausgeht, dann erschrecken wir. Ist Jerusalem denn nicht so
stark, dass sie sich gegen die gefährlichen Strömungen aus Lachis wehren
kann? Offensichtlich ist Juda so geschwächt, dass insgesamt keine Kraft
mehr da ist. Und denken wir daran: In Jerusalem leben die Könige, auch
solche, die Götzendienst treiben.
Was lernen wir daraus? Einzelne Gemeinden können auf andere gefährliche
Einflüsse ausüben. Gerade in einer Zeit der Mobilität, der schnellen
Kommunikation, der Digitaltechnik, können an sich gut stehende Gemeinden
infiltriert und letzten Endes verdorben werden. Was nützen da die Mauern
des Schutzes, der Absonderung, wenn Einflüsse von den Herzen ausgehen
und langsam aber sicher das Denken verändern. So kann
1
|
D. h. bezogen auf Gott.
|
2
|
D. h. auf den Menschen bezogen.
|
werden. Aus theozentrischen1
Gemeinden sind anthropozentrische2
Gemeinden geworden, aus Gemeinden, wo man den Wunsch hatte, dass der
Herr sich hier zu Hause fühlt, sind nun Wohlfühlgemeinden geworden, wo
der Mensch sich zu Hause fühlt, aber für Gottes Willen kein Platz mehr
ist. Gemeinden, wo man früher Gottes Wort in wirklich allen Fragen
befragte, sind nun Gemeinden geworden, in denen man zuerst nach den
Wünschen und Vorstellungen der Menschen fragt.
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D. h. bezogen auf Gott.
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D. h. auf den Menschen bezogen.
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2. Das kommende Gericht über die Habsüchtigen und die falschen Propheten
(Kapitel 2,1–11)
2,1 – Wehe denen, die Unheil ersinnen und Böses vorbereiten auf ihren
Lagern! Beim Morgenlicht führen sie es aus, weil es in der Macht ihrer
Hand steht.
Das prophetische „Wehe denen“ begegnet uns sehr oft in den prophetischen
Schriften der Bibel. Schauen wir uns einige Bibelstellen an, die sich
immer an unterschiedliche Personengruppen wenden: „Wehe denen, die Haus
an Haus reihen, Feld an Feld rücken, bis gar kein Raum mehr ist und ihr
allein sesshaft seid inmitten des Landes!“ (Jes 5,8). „Wehe denen, die
sich frühmorgens aufmachen, um starkem Getränk nachzulaufen, bis spät am
Abend bleiben – der Wein erhitzt sie!“ (Jes 5,11). „Wehe denen, die
Helden sind, um Wein zu trinken, und tapfere Männer, um starkes Getränk
zu mischen“ (Jes 5,22). „Wehe denen, die die Ungerechtigkeit
herbeiziehen mit Stricken der Falschheit und die Sünde wie mit
Wagenseilen!“ (Jes 5,18). „Wehe denen, die das Böse gut nennen und das
Gute böse; die Finsternis zu Licht machen und Licht zu Finsternis; die
Bitteres zu Süßem machen und Süßes zu Bitterem!“ (Jes 5,20). „Wehe
denen, die in ihren Augen weise und bei sich selbst verständig sind!“
(Jes 5,21; vgl. auch Jes 10,1; 29,15; 31,1; Hes 13,18; Am 5,18).
Solche, die sich auf ihren Reichtum stützen, die Alkoholiker, die
Falschen und die, die meinen, selbst klug zu sein, sie alle, die auf
sich selbst und auf menschliche Kraft und Weisheit Vertrauenden, müssen
das prophetische „Wehe“ hören.
Der Prophet hat durch Gottes Geist Einblick in die geheimen
Verhaltensweisen des Volkes Gottes. Auf den Lagern schmiedet man Pläne,
sinnt Unheil und vertraut darauf, dass man ja die nötigen Geldmittel und
Fähigkeiten hat. Wie töricht ist doch das Ansinnen dieser Menschen.
Der Prophet Jesaja schreibt in Jesaja 30,1: „Wehe den
widerspenstigen Kindern, spricht der Herr, die Pläne ausführen, aber
nicht von mir aus, und Bündnisse schließen, aber nicht nach meinem
Geist, um Sünde auf Sünde zu häufen“, und Jeremia warnt in Jeremia 23,1:
„Wehe den Hirten, die die Schafe meiner Weide zugrunde richten
und zerstreuen!, spricht der Herr.“ Auch Hesekiel sagt in Kapitel 13,3:
„So spricht der Herr, Herr: Wehe den törichten Propheten, die
ihrem eigenen Geist nachgehen und dem, was sie nicht gesehen haben!“
Wie spricht das auch zu unseren Herzen, wenn es heißt: „... weil es in
der Macht ihrer Hand steht.“ Wie oft baut das Volk auf eigene Kraft, auf
menschliche Methoden. Wie oft musste der Herr uns schon zeigen, dass
alles eigene Tun, Planen und Sinnen letztlich nichts anderes als
Veränderung, sind aber den jüngeren Intellektuellen argumentativ nicht
gewachsen – und dann kommt der Tag der großen Veränderung. Aus einer
geistlich geführten Gemeinde wird schließlich ein Werk von Menschen –
attraktiv, kreativ, nach Managementprinzipien organisiert, durch
Seminare trainiert, durch psychologische Techniken gesteuert, „die eine
Form der Gottseligkeit haben, deren Kraft aber verleugnen“ (2Tim 3,5).
Das Fleisch vertreibt den Geist, die Methode das Gebet, die menschliche
Anmaßung die Liebe und die insgeheim fließenden Tränen die Freude unter
den Heiligen.
2,2 – Und sie begehren Felder und rauben sie, und Häuser und nehmen sie
weg; und sie verüben Gewalttat an dem Mann und seinem Haus, an dem
Menschen und seinem Erbteil.
Die Menschen damals zielten auf fremde Äcker und Häuser. Sie versklavten
ihre Nachbarn, nahmen ihnen ihr Erbe weg, so dass diese mittellos
dastanden. Ein herzloses und gottloses Verhalten. Gott sieht das als
Raub an. Doch: „Der Herrwird ins Gericht gehen mit den Ältesten seines
Volkes und dessen Fürsten. Und ihr habt den Weinberg abgeweidet, das dem
Elenden Geraubte ist in euren Häusern“ (Jes 3,14).
2,3–5 – Darum, so spricht der HERR:
Siehe, ich ersinne ein Unglück gegen [o. über] dieses Geschlecht, aus
dem ihr eure Hälse nicht ziehen und unter dem ihr nicht aufrecht [w.
hoch] gehen werdet; denn es ist eine böse Zeit. An jenem Tag wird man
einen Spruch über euch anheben und ein Klagelied anstimmen. Es ist
geschehen!, wird man sagen. Wir sind ganz und gar verwüstet: Das Erbteil
meines Volkes vertauscht er; wie entzieht er es mir! Dem Abtrünnigen
verteilt er unsere Felder. Darum wirst du niemand haben, der in der
Versammlung des HERRN
die Mess-Schnur wirft, um ein Los zu bestimmen.
Gott wird Unglück über das Volk bringen. Und die Übeltäter werden sich
diesem nicht entziehen können. Niemals werden sie dann in der Lage sein,
mit gerecktem Hals und mit stolzen Herzen einherzugehen. Es wird eine
schlimme Zeit sein.
Ein Spruch und ein Klagelied wird erschallen: „Es ist geschehen. Wir
sind ganz verwüstet. Mein Eigentum wird mir genommen.“ Dieses Unglück
wird das Volk dahin führen, dass es anfängt nachzudenken. Hatten die
Propheten es denn nicht vorhergesagt? Haben wir nicht die Stimme Gottes
durch die Männer Gottes vernommen? Warum haben wir nicht gehört?
In der Versammlung des Herrnwird niemand mehr die Mess-Schnur (vgl. Jos
17,14; Jos 19,9) werfen, d. h. es wird keiner mehr da sein, der den
einzelnen Familien das ihnen gehörende Erbe gerecht zuteilen kann.
Geistliche Personen wird man suchen, aber nicht finden. Wie schrecklich
muss es sein, wenn das Licht und die Wahrheit Gottes zurückgedrängt sind
und Gott selbst keine Orientierung mehr gibt, wenn Er sozusagen sein
geliebtes Volk in die Hände seiner Feinde geben muss, weil es nicht
bereit ist zu gehorchen.
2,6 – Weissagt [eig. Träufelt Worte; so auch nachher] nicht“, weissagen
sie [d. h. die falschen Propheten]. Weissagt man nicht jenen [d. h. den
in den Versen 1 und 2 angeführten Gottlosen], so wird die Schmach nicht
weichen.
Mit diesem 6. Vers wendet sich der Prophet Gottes an die falschen
Propheten. Diese weissagen genauso wie die Propheten Gottes. Das Wort
1
|
Das Wort nataph wird in dieser Bedeutung an folgenden
Stellen gebraucht: Ri 5,4; Ps 68,9; Hld 5,5.13; Joel 4,18; Amos
9,13. Einige Verse, wo das Wort noch vorkommt, wollen wir hier
nennen: „Denn Honigseim träufeln die Lippen der Fremden, und
glatter als Öl ist ihr Gaumen“ (Spr 5,3), und wo Hiob sagt:
„Nach meinem Wort sprachen sie nicht noch einmal, und auf sie
träufelte meine Rede“ (Hiob 29,22). Hesekiel wird in Kapitel
21,2 von Gott aufgefordert: „Menschensohn, richte dein Angesicht
nach Süden und rede [eig. träufle deine Worte] gegen Mittag hin
und weissage über den Wald des Gebietes im Süden“; und in
Kapitel 21,7: „Menschensohn, richte dein Angesicht gegen
Jerusalem und rede [siehe V. 2] über die Heiligtümer und
weissage über das Land Israel.“
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sollst nicht reden [Eig. Worte träufeln] über das Haus Isaak. Darum, so
spricht der Herr: Deine Frau wird zur Hure werden in der Stadt, und
deine Söhne und deine Töchter werden durchs Schwert fallen, und dein
Land wird verteilt werden mit der Mess-Schnur, und du selbst wirst in
einem unreinen Land sterben; und Israel wird gewiss aus seinem Land
weggeführt werden.“
1
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Das Wort nataph wird in dieser Bedeutung an folgenden
Stellen gebraucht: Ri 5,4; Ps 68,9; Hld 5,5.13; Joel 4,18; Amos
9,13. Einige Verse, wo das Wort noch vorkommt, wollen wir hier
nennen: „Denn Honigseim träufeln die Lippen der Fremden, und
glatter als Öl ist ihr Gaumen“ (Spr 5,3), und wo Hiob sagt:
„Nach meinem Wort sprachen sie nicht noch einmal, und auf sie
träufelte meine Rede“ (Hiob 29,22). Hesekiel wird in Kapitel
21,2 von Gott aufgefordert: „Menschensohn, richte dein Angesicht
nach Süden und rede [eig. träufle deine Worte] gegen Mittag hin
und weissage über den Wald des Gebietes im Süden“; und in
Kapitel 21,7: „Menschensohn, richte dein Angesicht gegen
Jerusalem und rede [siehe V. 2] über die Heiligtümer und
weissage über das Land Israel.“
|
Immer wieder war das Volk unwillig gegenüber dem Wort des Herrn. Man
wollte nicht hören. Nun, dann musste man das Gericht Gottes erleben, das
furchtbare Gericht des lebendigen Gottes, der die falschen Propheten zu
nichts macht.
Der prophetische Dienst ist also von außerordentlich großer Bedeutung.
Die Schmach würde von dem Volk nicht weichen, wenn die Propheten nicht
reden würden. Immer wieder geschah es im Volk Gottes, dass man die
Propheten zum Schweigen bringen wollte. Zur Zeit Jeremias wollte man
Anklagen gegen Jeremia ersinnen. In Jeremia 18,18 heißt es: „Kommt und
lasst uns Pläne gegen Jeremia ersinnen ... Kommt und lasst uns ihn mit
der Zunge schlagen und nicht auf alle seine Worte hören!“
Nicht nur das Volk wandte sich gegen den prophetischen Dienst, den Gott
in der Mitte des Volkes tun wollte, sondern auch die falschen Propheten
standen auf, um gegen die wahren Propheten anzutreten. Wir werden im
Lauf der Betrachtung noch einmal auf die falschen Propheten
zurückkommen.
2,7 – Du, Haus Jakob genannt, ist der HERR
ungeduldig [o. zornmütig; o. ist der Geist des
HERRN
beschränkt?]? Oder sind dies seine Taten? Sind meine Worte nicht
gütig gegen den, der aufrichtig [rechtschaffen] wandelt?
Wie oft hat sich das Volk Gottes ein ganz falsches Bild von Gott
gemacht. Gott ist ein Gott der Liebe. Er will nicht den Tod des Sünders;
Er liebt sein Volk, und daher hat Er sich immer wieder aufgemacht, um
gerade dieses widerspenstige Volk zu sich zurückzurufen. Dazu gebrauchte
Er die Propheten: „Und der Herr, der Gott ihrer Väter, sandte zu ihnen
durch seine Boten, früh sich aufmachend und sendend; denn er erbarmte
sich seines Volkes und seiner Wohnung“ (2Chr 36,15; vgl. Jer 7,25; 25,4;
29,19; 32,33; 35,15; 44,4).
Nein, Gott hatte sehr viel Geduld, Er ist „langsam zum Zorn und groß an
Güte“. So kannte Ihn Mose (2Mo 34,6; 4Mo 14,18), der erste große Führer
des Volkes Gottes. Aber so erlebten Ihn auch Nehemia (9,17) und die
Propheten Joel (2,13), Jona und Nahum (1,3). Auch in den Psalmen wird
Gottes Güte und Erbarmen immer wieder hervorgehoben (Ps 86,15; 103,8; Ps
145,8).
Gott will lieber nicht das Gericht über sein Volk bringen. Das sind
nicht seine eigentlichen Taten. Viel lieber würde Er es segnen, auf
grünen Weiden lagern, durch Liebe zu sich ziehen. Aber Er kann eines
nicht: das Böse dort dulden, wo Er gegenwärtig ist.
Daher stimmen die Worte vollkommen, wenn Gott sagt: „Sind meine Worte
nicht gütig gegen den, der aufrichtig [rechtschaffen] wandelt?“ Ein
aufrichtiger, rechtschaffener Wandel vor Gott zeigt sich dadurch, dass
man auf Gottes Führung und Eingreifen in allen Umständen rechnet. Daher
orientiert man sich auch nicht an Menschen und menschlichen Normen,
sondern am Gesetz und Willen Gottes. Das Wort „aufrichtig“ oder
„rechtschaffen“ bezeichnet eine Eigenschaft, die davon gekennzeichnet
ist, dass man mit dem Recht Gottes rechnet. Ein aufrichtiger Mensch
handelt gerecht.
das Zelt der Aufrichtigen wird aufblühen“ (Spr 14,11). Es ist einfach
Wahrheit, dass der Pfad der Aufrichtigen gebahnt ist (Spr 15,19), dass
das Gebet der Aufrichtigen sein Wohlgefallen ist (Spr 15,8). Daher sagt
uns Gottes Weisheit auch: „Die Bahn der Aufrichtigen ist: vom Bösen
weichen; wer seinen Weg bewahrt, behütet seine Seele“ (Spr 16,17).
Das erste Mal, wo das Wort „rechtschaffen“ oder „aufrichtig“ (im
Hebräischen) in der Bibel vorkommt, ist 2. Mose 15,26. Dort, am Wasser
Mara (Bitterkeit) erlebt das Volk Gottes – gerade befreit aus Ägypten –
das Wunder des durch das Holz süß gewordenen Wassers.
Gott sagt: „Wenn du fleißig auf die Stimme des Herrn, deines Gottes,
hören wirst und tun wirst, was recht [o. rechtschaffen, aufrichtig] ist
in seinen Augen, und seinen Geboten gehorchen und alle seine Satzungen
halten wirst, so werde ich keine der Krankheiten auf dich legen, die ich
auf Ägypten gelegt habe; denn ich bin der Herr, der dich heilt.“ Ja,
Gottes Angesicht „schaut den Aufrichtigen an“ (Ps 11,7), „es wird
gesegnet werden das Geschlecht der Aufrichtigen“ (Ps 112,2), ihnen geht
„Licht auf in der Finsternis“ (Ps 112,4), und sie werden vor dem
Angesicht Gottes „wohnen“ (Ps 140,14).
Wir verstehen dann sehr gut, wenn es in Psalm 111,1 heißt: „Lobt den
Herrn! Preisen will ich den Herrnvon ganzem Herzen im Kreis der
Aufrichtigen und in der Gemeinde.“
Aufrichtige Menschen, die mit Gott leben, werden seine Worte immer als
„gütig“ erleben. Sie begreifen, dass Gottes Handeln nicht immer ihrem
menschlichen Gefühl entsprechen kann, sie verstehen, dass Gottes
Gedanken und Wege höher als ihre sind, aber sie ruhen in seinem Willen,
sie erfreuen sich an Ihm, der alles überblickt und dem nichts misslingt.
Welch einen Gott haben wir im Himmel. Lasst uns Ihn anbeten. Lasst uns
niederfallen vor dem König aller Könige und dem Herrn aller Herren.
2,8–11 – Aber noch unlängst lehnte sich mein Volk als Feind auf: Vom
Oberkleid zieht ihr den Mantel denen ab, die sorglos vorübergehen, vom
Kampf abgewandt sind; die Frauen meines Volkes vertreibt ihr aus dem
Haus ihrer Wonne, von ihren Kindern nehmt ihr meinen Schmuck für immer.
Macht euch auf und zieht hin! Denn dieses Land ist der Ruheort nicht, um
der Verunreinigung willen, die Verderben bringt, und zwar gewaltiges
Verderben. Wenn ein Mann da ist, der dem Wind nachgeht und betrügerisch
lügt: „Ich will dir weissagen von Wein und von starkem Getränk“, der
wird ein Prophet dieses Volkes sein.
In den ersten Versen werden drei Gruppen angesprochen, die unter dem
Wirken der falschen Propheten leiden müssen: Sorglos vorübergehende
Menschen, die vom Kampf abgewandt sind, müssen ihren Mantel den falschen
Propheten geben; die Frauen werden von ihnen aus dem Haus ihrer
Ehemänner vertrieben. Wahrscheinlich sollten die Häuser anderen gegeben
werden; die Kinder der Frauen verlieren alles das, was sie lieben, das,
was ihr eigentlicher Schmuck ist. Wahrscheinlich sind es hier die
Mütter. Ihr lieben Mütter: Ihr seid der Schmuck eurer Kinder. Wenn
Mütter von den Kindern weg vertrieben werden, dann kann das nur schlimme
familiäre und letztlich auch gesellschaftliche Folgen haben.
Vielleicht handelt es sich bei den Versen 8 und 9 um Familien, die durch
die falschen Propheten zerstört werden. Eine besondere Warnung an das
Volk Gottes, die Gemeinde: Familienzerstörende Gesetze kommen immer von
dem Geist falscher Propheten. Es ist eben nicht nach Gottes
„Ihr Kinder, gehorcht euren Eltern im Herrn, denn das ist recht. ,Ehre
deinen Vater und deine Mutter‘, welches das erste Gebot mit Verheißung
ist, ,damit es dir wohl ergehe und du lange lebest auf der Erde‘“ (Eph
6,1.2; vgl. 2Mo 20,12; 5Mo 5,16), und: „Du aber rede, was der gesunden
Lehre geziemt: dass die alten Männer nüchtern seien, würdig, besonnen,
gesund im Glauben, in der Liebe, im Ausharren; die alten Frauen ebenso
in ihrem Betragen, wie es dem heiligen Stand [o. dem Heiligtum] geziemt,
nicht verleumderisch, nicht Sklavinnen von vielem Wein, Lehrerinnen des
Guten; damit sie die jungen Frauen unterweisen [o. anleiten], ihre
Männer zu lieben, ihre Kinder zu lieben, besonnen, keusch, mit
häuslichen Arbeiten beschäftigt, gütig, sich den eigenen Männern
unterzuordnen, damit das Wort Gottes nicht verlästert werde“ (Tit 2,1).
Auch unsere Gesellschaft, die immer mehr darauf aus ist, dass Kinder von
den Eltern getrennt werden, damit Vater und Mutter arbeiten können, wird
die Ernte ihrer Saat über kurz oder lang erfahren. Gottes Wille ist,
dass die Mütter bei den Kindern bleiben und ihnen Geborgenheit und ein
Zuhause gewähren, wo sie den Geist echter Zuneigung erleben.
Der Prophet sagt dann: „Macht euch auf und zieht hin! Denn dieses Land
ist der Ruheort nicht!“ Ihr Land ist verunreinigt. Daher wird Gott
Verderben bringen. Es wird ein „gewaltiges Verderben“ kommen. Er muss
das Land durch Gericht reinigen. Das Volk, das noch Ohren hat, die
gehorchen können, wird nun aufgefordert zu fliehen. Die einstigen
Ruheorte würden keine mehr sein, denn das ganze Land war verunreinigt.
Spöttisch sagt nun der Prophet Micha, dass solche Männer, die dem Wind
nachgehen und betrügerisch von alkoholischem Getränk weissagen, als
Propheten des Volkes anerkannt werden. Erinnert uns das nicht an 2.
Timotheus 4,3? „Denn es wird eine Zeit sein, da sie die gesunde Lehre
nicht ertragen werden, sondern nach ihren eigenen Begierden sich selbst
Lehrer aufhäufen werden, indem es ihnen in den Ohren kitzelt; und sie
werden die Ohren von der Wahrheit abkehren, sich aber zu den Fabeln
hinwenden.“
Wie liebte das moralisch zersetzte Volk Gottes doch immer solche
Propheten, die ihm nach dem Mund redeten. Die Propheten sollten über
alkoholische Getränke weissagen. Eventuell steht dieser Begriff für
Wohlstand, Reichtum, Lust, emotionale Freude, Rausch. Das Volk wollte
also weiter im Wohlstand schwelgen, wollte seine Feten und Partys
weiterfeiern. Hatte es sich doch an die „Events“ bereits gewöhnt.
Ausschweifende Gesellschaftsabende, der Wein, der reichlich floss, das
Bier, das in Fässern herbeigeholt wurde, das war es, was das Volk Gottes
liebte.
Liebte – oder ist es nicht auch unter vielen Christen üblich geworden,
dass Wohlstand, berauschende Feiern, Alkoholkonsum zum normalen Leben
dazugehören?
Lieber Bruder, liebe Schwester, wenn du wirklich ein solches Lustleben
ein christliches Leben nennst, dann hast du von geistlichem Leben noch
gar nichts geschmeckt.
Natürlich dürfen wir als Christen Wein trinken, aber bedenke sehr wohl,
der Alkohol macht nicht weise: „Der Wein ist ein Spötter, starkes
Getränk ein Lärmer; und jeder, der davon taumelt, wird nicht weise“ (Spr
20,1). Alkohol und Ausgelassenheit führen oft zu einem ausschweifenden
Lebenswandel: „Um sich zu belustigen, hält man Mahlzeiten, und Wein
erheitert das Leben, und das Geld gewährt alles“ (Pred 10,19). Eines der
größten Probleme ist, dass durch den ständigen Genuss von Alkohol und
ein häufiges Berauschen mit Alkohol das geistliche und das moralische
Verstand weg“ (Hos 4,11).
Sehr schlimm war es zur Zeit des Propheten Amos. Man versuchte mit allen
Mitteln, solche von einem Leben mit Gott abzuhalten, die bereit waren,
das Gelübde eines Nasiräers zu erfüllen, und außerdem gebot man den
Propheten, Gottes Wort nicht zu reden. „Aber ihr habt den Nasiräern Wein
zu trinken gegeben und den Propheten geboten und gesagt: Ihr sollt nicht
weissagen!“ (Amos 2,12).
Wie viel Unheil hat der Alkohol schon angerichtet! Er gewährt nur
scheinbare und vorübergehende irdische Freude, während die Freude im
Herrn dies alles weit übersteigt. Daher wollen wir Epheser 5,17–20
beachten: „Darum seid nicht töricht, sondern verständig, was der Wille
des Herrn sei. Und berauscht euch nicht mit Wein, in dem Ausschweifung
ist, sondern werdet mit dem Geist erfüllt, redend zueinander in Psalmen
und Lobliedern und geistlichen Liedern, singend und spielend dem Herrn
in eurem Herzen, danksagend allezeit für alles dem Gott und Vater im
Namen unseres Herrn Jesus Christus, einander untergeordnet in der Furcht
Christi.“
Fassen wir den Abschnitt noch einmal kurz zusammen: Die falschen
Propheten wollen die Weissagung der wahren Propheten nicht. Sie
zerstören Familien, rufen das Volk Gottes nicht zur Buße, sondern reden
von Wohlstand und Lustbefriedigung. Gott erinnert das Volk daran, dass
Gottes Worte gütig gegen den Aufrichtigen sind. Aber Er mahnt die
Glaubenden, indem Er sie zur Flucht auffordert, denn das Land ist nicht
der Ruheort. Gott wird den Assyrer als Zuchtrute bringen.
3. Der kommende König und die anbrechende Segenszeit (Kapitel 2,12.13)
2,12.13 – Sammeln werde ich dich, Jakob, ganz sammeln; versammeln, ja,
versammeln werde ich den Überrest Israels. Ich werde ihn zusammenbringen
wie die Schafe von Bozra, wie eine Herde inmitten ihrer Weide; sie
werden lärmen vor Menge der Menschen. Der Durchbrecher zieht herauf vor
ihnen her; sie brechen durch und ziehen durchs Tor und gehen durch es
hinaus; und ihr König zieht vor ihnen her und der HERR
an ihrer Spitze.
In diesen zwei Versen redet Gott von dem, was Er tun will: Ich werde
dich sammeln, ich werde den Überrest versammeln, ich werde ihn
zusammenbringen. Dieses „Ich werde“ ist die prophetische
Verheißungssprache Gottes. Wenn Er sagt „Ich werde“, dann wird es
geschehen. So sprach Er einst: „Es werde Licht“ – und es wurde Licht.
Sein „Es werde“ ist hier genauso perfekt wie seine Aussage „Es werde
Licht“.
Hier werden nun drei Verben gebraucht, die mit der Sammlung des
Überrestes zu tun haben:
1.
Gott wird den Überrest sammeln. Das Wort asaph,1
das hier gebraucht wird, bedeutet auch „ernten, einsammeln, versammeln
von Gästen, aufnehmen, etwas sammeln, indem man es einzieht oder von
etwas wegnimmt.“ – Gott wird dieses Volk einmal von der Erde
1
|
Vgl. 1Mo 30,23; 2Mo 3,16; 3Mo 25,3; Ruth 2,7; 1Sam 14,52; 2Kön
22,20; Neh 8,13.
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2
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Hebr. kahbatz= versammeln (Ri 12,4; 1Sam 28,1; 1Kön 22,6;
2Kön 10,18; 2Chr 18,5; Esra 7,28; Neh 7,5; Hab 2,5.
|
1.
Gott will Jakob „ganz sammeln.“ Hier wird noch einmal das gleiche Wort,
verbunden mit dem Ausdruck „ganz“ gebraucht. Keine einzige Person
braucht sich zu fürchten. Wenn Gott ganz sammelt, dann wird nichts
fehlen.
2.
Er wird den Überrest versammeln2.
Dieses Wort beinhaltet ein Zusammenfassen, ein Sammeln von Menschen zu
einer Versammlung oder zum Kampf. Gott sagt: „Und er wird den Nationen
ein Banner erheben und die Vertriebenen Israels zusammenbringen,
und die Zerstreuten Judas wird er sammeln von den vier Enden der Erde“
(Jes 11,12). Der Ausdruck „versammeln“ wird sozusagen zu einem
Terminus technicus für das Wirken Gottes unter seinem Volk in allen
Ländern, wohin sie zerstreut waren und sind. Aber bedenken wir es gut:
Gott wird sie zusammenbringen. Niemals wird das in eigener Kraft
geschehen können. Nicht durch politisch kluges Handeln, durch
militärische Stärke, durch weltliche Bündnisse werden die Menschen aus
Israel gesammelt, sondern ausschließlich dadurch, dass Gott an ihnen
wirkt. Der Prophet Jesaja tröstet das Volk ab Kapitel 40 mit dem Hinweis
darauf, dass der Herrein „ewiger Schöpfer“ ist und nicht ermüdet und
ermattet. Er vergisst sein Volk nicht. Er sieht seinen Überrest in allen
Ländern und Er wird eingreifen. „Fürchte dich nicht, denn ich bin mit
dir; vom Aufgang her werde ich deine Nachkommen bringen, und vom
Niedergang her werde ich dich sammeln“ (Jes 43,5). „Einen kleinen
Augenblick habe ich dich verlassen, aber mit großem Erbarmen will ich
dich sammeln [o. aufnehmen]“ (Jes 54,7).
1
|
Vgl. 1Mo 30,23; 2Mo 3,16; 3Mo 25,3; Ruth 2,7; 1Sam 14,52; 2Kön
22,20; Neh 8,13.
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2
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Hebr. kahbatz= versammeln (Ri 12,4; 1Sam 28,1; 1Kön 22,6;
2Kön 10,18; 2Chr 18,5; Esra 7,28; Neh 7,5; Hab 2,5.
|
Ja, sie sind zwar in alle Länder zerstreut worden wegen ihres
Ungehorsams, wegen ihrer Untreue und ihres Götzendienstes, aber Gott
kennt seine Schafe auch in diesen Ländern. Er wird an ihren Herzen
wirken und sich von ihnen finden lassen. Es ist der große und lebendige
Gott, erhaben über alle Götter, über die Kraft Satans und seiner
Dämonen, der das Volk an den ursprünglichen Ort zurückführen wird – nach
Jerusalem und in das verheißene Land: „Und ich werde den Überrest meiner
Schafe sammeln aus allen Ländern, wohin ich sie vertrieben habe;
und ich werde sie auf ihre Weideplätze zurückbringen, dass sie fruchtbar
seien und sich mehren“ (Jer 23,3; vgl. 29,14; 32,37).
Auch der Prophet Hesekiel, der inmitten der Weggeführten am Fluss Kebar
saß und in Gesichten weit in die Zukunft schauen durfte, ja, sogar das
Volk im Land sah, verbunden mit einem herrlichen Tempel und einem reinen
Priestertum, schreibt:
„Darum sprich: So spricht der Herr, Herr: Ja, ich werde euch aus den
Völkern sammeln und euch zusammenbringen aus den Ländern, in die
ihr zerstreut worden seid, und werde euch das Land Israel geben“ (Hes
11,17; vgl. 20,34; 34,13; 36,24; 37,21).
Der Prophet Micha und der Prophet Zephanja sprechen von den Hinkenden,
die gesammelt werden. Das deutet darauf hin, dass dieser Überrest sich
in großer Not befindet und sich nach dem Eingreifen Gottes sehnt. Sie
leiden unter ihren Bedrückern und möchten nun Gott an dem Ort anbeten,
der ihr eigentliches Zuhause ist. Genauso redet auch der nachexilische
Prophet Sacharja, der davon spricht, dass Gott sein Volk „herbeizischen“
will und auch die Bedrücker des Volkes richten wird. Das Volk Gottes
wird unter den Völkern zum Lob sein und sich gewaltig mehren: „An jenem
Tag, spricht der Herr, werde ich das Hinkende sammeln und das
Vertriebene zusammenbringen und den, dem ich Übles getan habe“ (Mich
4,6ff.; vgl. Hos 8,10; Zeph 3,19.20; Sach 10,8.10).
Welch eine Segenszeit wird das sein. Aber der Prophet sieht das Volk,
den Überrest, nicht einfach so ziehen, sondern er gebraucht dafür das
Wort „durchbrechen“. Es wird also eine Kraftanstrengung nötig sein. Ja,
hat der Überrest denn überhaupt Kraft? Nun, wir lesen weiter in Micha
2,13: „Der Durchbrecher zieht herauf vor ihnen her; ... und ihr König
zieht vor ihnen her und der Herran ihrer Spitze.“
Tatsache, dass hier der lebendige Gott erwähnt wird, zeigt, dass hier
nicht der Mensch Jesus vor dem Volk sichtbar hergeht, sondern dass Er
diesen Überrest unsichtbar führt. Der Prophet sieht dieses Ereignis
voraus in einem ihm von Gott offenbarten Gesicht.
Das Wort „Durchbrecher“ leitet sich von einem Verb (pahratz) ab,
das unter anderem auch niederreißen (Neh 1,3; 2,13), aufbrechen (Spr
25,28), abbrechen (Pred 3,3), ausbreiten (1Mo 28,14; 1Chr 4,38)
bedeutet. Der Durchbrecher reißt also alles nieder, was sich ihm und dem
Volk in den Weg stellt. Für ihn gibt es kein Hindernis, das zu groß
wäre. In Jesaja 54,3–5 kann es daher auch heißen: „Denn du wirst dich
ausbreiten1
nach rechts und nach links; und deine Nachkommenschaft wird die Nationen
in Besitz nehmen und die verödeten Städte bevölkern. Fürchte dich nicht,
denn du wirst nicht beschämt werden, und schäme dich nicht, denn du
wirst nicht zuschanden werden; sondern du wirst die Schmach deiner
Jugend vergessen und dich an die Schande deiner Witwenschaft nicht mehr
erinnern. Denn der dich gemacht hat, ist dein Mann –Herrder Heerscharen
ist sein Name –, und der Heilige Israels ist dein Erlöser: Er wird der
Gott der ganzen Erde genannt werden.“
1
|
Hebr. pahratz= du wirst „durchbrechen“.
|
Gott hat das Gebet des Überrestes gehört, das wir z. B. in Psalm
60,3–7.13.14 lesen: „Gott, du hast uns verworfen, hast uns zerstreut1
bist zornig gewesen; führe uns wieder zurück! Du hast das Land [o. die
Erde] erschüttert, hast es zerrissen; heile seine Risse, denn es wankt!
Du hast dein Volk Hartes sehen lassen, mit Taumelwein hast du uns
getränkt. Denen, die dich fürchten, hast du ein Banner gegeben, dass es
sich erhebe um der Wahrheit willen. – (Sela.) Damit deine Geliebten
befreit werden, rette durch deine Rechte und erhöre uns! ... Schaffe uns
Hilfe aus der Bedrängnis! Menschenrettung ist ja eitel. Mit Gott werden
wir Mächtiges tun; und er wird unsere Bedränger zertreten.“
1
|
Hebr. pahratz= abgebrochen.
|
Der König, der nun „ihr König“ ist, zieht vor ihnen her. Sie werden Ihn
schließlich sehen in seiner Schönheit, werden erkennen, dass ihr König,
der Feldherr, der Herrgewesen ist. Vor seinem Zorn können Nationen nicht
bestehen, aber sein Volk wird die wunderbare Rettung dieses Gottes
erleben: „Siehe, ein König wird regieren in Gerechtigkeit; und die
Fürsten, sie werden nach Recht herrschen“ (Jes 32,1). Dann werden die
Augen des Volkes auf die einzigartige Person ihres Retters sehen: „Deine
Augen werden den König schauen in seiner Schönheit, sehen werden sie ein
weithin offenes Land“ (Jes 33,17), und sie werden ausrufen: „Denn der
Herrist unser Richter, der Herrunser Feldherr [and. übers. Gesetzgeber],
der Herrunser König; er wird uns retten“ (Jes 33,22; vgl. 44,6; Jer
10,10).
Wenn wir nun diese Verse 12 und 13 noch einmal auch für uns ganz
praktisch sehen, dann denken wir daran, dass Gott zwar für sein
irdisches Volk eine zukünftige Sammlung vorgesehen hat und dass es wegen
seiner Untreue zerstreut worden ist, aber wir erkennen auch sehr klar,
dass Gottes Wille die Einheit seines Volkes ist. So wie Israel einmal in
der Zukunft ein Volk sein wird, so soll das Volk Gottes auch
jetzt eins sein. Dafür hat der Herr Jesus gebetet, dafür hat Gott seinen
Heiligen Geist gesandt. Aber damit diese Sammlung geschieht, bedarf es
auch des Durchbrechers.
Schon der Hohepriester Kajaphas hat einst geweissagt, dass Jesus für die
Nation sterben müsste mit dem Ziel, dass „er auch die zerstreuten Kinder
Gottes in eins versammelte“ (Joh 11,52). Der Herr Jesus hat in Johannes
10,15.16 gesagt: „... wie der Vater mich kennt und ich den Vater kenne;
und ich lasse mein Leben für die Schafe. Und ich habe andere Schafe, die
nicht aus diesem Hof sind; auch diese muss ich bringen, und sie werden
meine Stimme hören, und es wird eine Herde, ein Hirte
sein“, und Er hat für diese zerstreuten Kinder Gottes, für diese Schafe,
gebetet: „Und ich bin nicht mehr in der Welt, und diese sind in der
Welt, und ich komme zu dir. Heiliger Vater! Bewahre sie in deinem Namen,
den du mir gegeben hast, damit sie eins seien wie wir ...; damit
sie alle eins seien, wie du, Vater, in mir und ich in dir, damit
auch sie in uns
gesandt und sie geliebt hast, wie du mich geliebt hast“ (Joh
17,11.21–23).
Der Maßstab dieser Einheit zwischen den Kindern Gottes ist die Einheit
des himmlischen Vaters mit seinem himmlischen Sohn. Wenn diese Einheit
sichtbar ist, dann kann die Welt auch glauben, dass Jesus Christus der
Gesandte Gottes ist. Sie wird einmal erkennen, dass diese Kinder Gottes,
die leider jetzt auch noch in unterschiedlichste Gemeinderichtungen
zerstreut sind, von Gott geliebt sind. Welch ein herrlicher Gedanke.
Aber Gott hat niemals die Zerstreuung der Kinder Gottes in der
neutestamentlichen Gemeinde gewollt. In 1. Korinther 12,12ff. lesen wir:
„Denn so wie der Leib einer ist und viele Glieder hat, alle Glieder des
Leibes aber, obgleich viele, ein Leib sind: so auch der Christus. Denn
auch in [d. h. in der Kraft des] einem Geist sind wir alle zu
einem Leib getauft worden, es seien Juden oder Griechen, es seien
Sklaven oder Freie, und sind alle mit einem Geist getränkt
worden. Denn auch der Leib ist nicht ein Glied, sondern viele.“
Wenn wir heute nicht mehr die Gemeinde in ihrer Einheit und ihrer
praktischen Gemeinschaft erblicken, dann ist es wegen unserer Untreue
und unseres Versagens. Der Wille, durch menschliche Einheitsbestrebungen
Gemeinschaft und Einheit zu bewirken, wird immer mit Kompromissen und
menschlichem Versagen verbunden sein und daher auf Dauer scheitern.
Allein das, was Gott durch seinen Geist bewirkt, wird Bestand haben.
Daher muss die Ökumene scheitern und auch die Evangelische Allianz, weil
sie zwar gut gemeinte Einheitsmotive haben, aber die geistlichen
Prinzipien für eine von Gott gewollte Einheit ignorieren.
Es existiert eine Einheit, die Gott bewirkt hat – das ist der Leib Jesu
Christi. Dieser eine Leib besteht. Zu ihm gehören alle wahren
Gläubigen. Sie gehören nicht dazu, weil sie irgendeiner Gemeinderichtung
angehören, sondern einfach deshalb, weil sie den Geist Gottes in sich
wohnend haben und Glieder des Leibes sind. Wir brauchen nicht Mitglieder
einer Gemeinde oder Kirche zu sein. Wir müssen aber Glieder des Leibes
Christi sein. Glieder des Leibes Christi sind von ihren Sünden durch das
Blut Jesu gewaschen. Ihr Herr ist Christus, kein Papst, kein Bischof,
Pastor, Prediger oder irgendein Mensch – mag er noch so gebildet und
begabt sein.
Diese Gläubigen möchten dem Durchbrecher folgen, dem Herrn, der sie vom
Bösen absondert und vor ihnen herzieht. Er ist Gott, der Sohn, unser
Heiland, mein Heiland.
Lasst uns daher alles von Menschen mit Kompromissen Erdachte abweisen
und dem folgen, der uns erlöst hat, Ihm, unserem guten Hirten, dem
Aufseher unserer Seelen.
4. Das kommende Gericht über die politischen und religiösen Führer
(Kapitel 3,1–12)
3,1–4 – Und ich sprach: Hört doch, ihr Häupter Jakobs und ihr Fürsten
des Hauses Israel: Ist es nicht an euch, das Recht zu kennen? – die ihr
das Gute hasst und das Böse liebt; die ihr ihnen die Haut abzieht und
das Fleisch von ihren Gebeinen; und die
wird sein Angesicht vor ihnen verbergen zu jener Zeit, ebenso wie sie
ihre Handlungen böse gemacht haben.
In diesen Versen werden nun die Häupter und Fürsten des Volkes Gottes
angesprochen. Sie waren – neben dem König – an dem moralischen Zustand
des Volkes wesentlich beteiligt.
Wer waren denn nun eigentlich die „Häupter“ und die „Fürsten“ des
Volkes? Nun, es waren die Leiter eines Stammes oder die Leiter von
Familienverbänden. Wahrscheinlich sind hier die gleichen Personen
gemeint. Fürsten sind die Häupter der Stämme Israels, so wie auch im
Neuen Testament Aufseher immer auch Älteste sind. Ihre Verantwortung war
es, das Recht zu kennen, die Gesetze Gottes dem Volk vorzustellen, die
Familien darin zu unterweisen und sie anzuhalten, darin zu leben. So war
es zur Zeit Esras und Nehemias, wo wir lesen, dass sich die Häupter der
Väter des ganzen Volkes, die Priester und die Leviten, zu Esra, dem
Schriftgelehrten, versammelten, und zwar um aufzumerken auf die Worte
des Gesetzes (Neh 8,13). Aber so war es hier nicht. Diese Führer liebten
das Böse und hassten das Gute, sie zogen dem Volk die Haut und das
Fleisch vom Körper und fraßen das Fleisch. Eine sehr derbe
Ausdrucksweise. Was will der Prophet damit sagen? Diese Führer beuteten
das Volk durch ihren schrecklichen Egoismus aus. Sie ließen ihnen nichts
außer ihren Knochen. Es scheint so, dass das einfache Volk weder
Kleidung noch Nahrung hatte, weil sie alles den Führern geben mussten.
Ja, sie „zerbrachen die Gebeine“, das bedeutet, sie scheuten auch nicht
davor zurück, die Armen des Volkes dem Tod preiszugeben. Sie handelten
wie Tiere, wilde Tiere, die ihre Beute zerreißen.
Aber es wird der Augenblick kommen, wo sie mit ihrer Selbstsucht am Ende
sind. Dann werden sie sich an den lebendigen Gott erinnern und Ihn um
Hilfe anrufen, aber Er wird nicht antworten.
Bedenken wir es wohl: Ein Leben des Egoismus, der Selbstsucht, das Leben
auf Kosten anderer, wird nicht ewig währen. Es kommt der Augenblick des
Erwachens. Dann wird der Traum des Wohlstands, des lust- und
begierdevollen Lebens ausgeträumt sein. Aber Gott wird dann das Gebet
nicht erhören können. Das heißt, Er gibt diese Menschen dahin. Jahre,
ja, Jahrzehnte haben sie nur der Lust gefrönt, haben sich der Armen
nicht erbarmt. Nun erbarmt sich Gott auch nicht über ihren erbärmlichen
Zustand.
In Sprüche 1,24–31 finden wir eine Botschaft, die jeder Leser und auch
der Schreiber bedenken sollten: „Weil ich gerufen habe und ihr euch
geweigert habt, meine Hand ausgestreckt habe und niemand zugehört hat,
und ihr all meinen Rat verworfen und meine Zucht nicht gewollt habt, so
werde auch ich bei eurem Unglück lachen, werde spotten, wenn der
Schrecken über euch kommt; wenn der Schrecken über euch kommt wie ein
Unwetter, und euer Unglück hereinbricht wie ein Sturm, wenn Bedrängnis
und Angst über euch kommen. Dann werden sie zu mir rufen, und ich werde
nicht antworten; sie werden mich eifrig suchen und mich nicht finden,
weil sie Erkenntnis gehasst und die Furcht des Herrnnicht erwählt, nicht
eingewilligt haben in meinen Rat, verschmäht haben all meine Zucht. Und
sie werden essen von der Frucht ihres Weges und von ihren Plänen sich
sättigen.“
Diese Texte zeigen sehr deutlich, dass es nicht wahr ist, dass Gott
Gebete immer beantwortet. Manchmal hüllt sich Gott in eine Wolke, so
dass kein Gebet durchdringt (Klgl 3,44), und es kann dann sein, dass wir
klagen: „Wenn ich auch schreie und rufe, so hemmt er mein Gebet“ (Klgl
3,8).
In Sprüche 28,9 lesen wir: „Wer sein Ohr abwendet vom Hören des
Gesetzes: Sogar sein Gebet ist ein Gräuel“, und Jesaja muss weissagen:
voll Blut“ (Jes 1,15).
Gott wird sein Angesicht vor ihnen verbergen. In den Psalmen wird diese
Situation an einigen Stellen beschrieben: „Warum verbirgst du dein
Angesicht, vergisst unser Elend und unsere Bedrückung?“ (Ps 44,25; vgl.
88,15; 69,18; 102,3). Aber wenn man weiß, dass man Gottes Gesetz
übertreten hat, dann ist das erschreckend. Der Prophet Jesaja spricht
sehr deutlich über die Ursachen, warum Gottes Angesicht nicht leuchten
kann: „... sondern eure Ungerechtigkeiten haben eine Scheidung gemacht
zwischen euch und eurem Gott, und eure Sünden haben sein Angesicht vor
euch verhüllt, dass er nicht hört“ (Jes 59,2). Und Hesekiel fügt hinzu:
„Nach ihrer Unreinheit und nach ihren Übertretungen habe ich mit ihnen
gehandelt und habe mein Angesicht vor ihnen verborgen“ (Hes 39,24).
Da möchte man mit dem Psalmisten rufen: „O Gott der Heerscharen, führe
uns zurück und lass dein Angesicht leuchten, so werden wir gerettet
werden“ (Ps 80,7; vgl. V. 20), aber „er wird sein Angesicht vor ihnen
verbergen zu jener Zeit, ebenso wie sie ihre Handlungen böse gemacht
haben“ (Mich 3,4).
3,5–7 – So spricht der HERR
über die Propheten, die mein Volk irreführen, die mit ihren Zähnen
beißen und Frieden rufen; und wer ihnen nichts ins Maul gibt, gegen den
heiligen sie einen Krieg.1
Darum soll es Nacht für euch werden, ohne Gesicht, und Finsternis für
euch, ohne Wahrsagung. Und die Sonne wird über den Propheten untergehen
und der Tag über ihnen schwarz werden. Und die Seher werden beschämt und
die Wahrsager zuschanden werden, und sie werden allesamt den Lippenbart
verhüllen, weil keine Antwort Gottes da ist.
1
|
Einen „Krieg heiligen“ bedeutet „einen Krieg weihen“ (vgl. Jer
12,3; 22,7; 51,27). Das bedeutet hier, wie Zunz übersetzt: „Wer
ihnen nichts in den Mund gibt, gegen den richten sie Krieg.“
|
Der Prophet wendet sich jetzt ausdrücklich an die Propheten, die das
Volk irreführen. Wie werden diese Volksverführer charakterisiert? Es ist
fast nicht zu glauben, aber diese Propheten sind gewinnsüchtige
Verdreher der Wahrheit. Sie reden dem Volk nach dem Mund. Wenn sie ihren
Magen füllen können, dann predigen sie Frieden, Frieden für das Volk.
Gott sei mit dem Tun des Volkes einverstanden. Solche, die sie aber
nicht unterstützen, die vielleicht warnend ihre Stimme erheben oder
ihnen ins Angesicht widerstehen, gegen solche heiligen sie einen Krieg,
d. h. sie bedrohen diese letztlich mit dem Tod.
Hat nicht auch Jeremia schon mit scharfen Worten vor diesen Irrlehrern
gewarnt? „Siehe, ich will an die, spricht der Herr, die Lügenträume
weissagen und sie erzählen und mein Volk irreführen mit ihren Lügen und
mit ihrer Prahlerei; da ich sie doch nicht gesandt und ihnen nichts
geboten habe und sie diesem Volke gar nichts nützen, spricht der Herr“
(Jer 23,32). Auch Hesekiel warnt vor diesen Menschen: „Darum, ja, darum,
weil sie mein Volk irreführen und sprechen: „Frieden!“, obwohl kein
Frieden da ist; und baut es eine Wand, siehe, sie bestreichen sie mit
Tünche [eig. mit Kalkbewurf]“(Hes 13,10).
Wahrscheinlich haben diese Propheten vorgegeben, „Gesichte“ von Gott zu
bekommen, aber in Wirklichkeit handelte es sich um Wahrsagerei. Wenn
Nacht und Finsternis über sie hereinbrechen werden, dann werden sie kein
Gesicht haben, keine Wahrsagung, die Sonne wird über ihnen untergehen,
d. h. sie werden dem Gericht Gottes verfallen sein. Weder werden sie in
irgendeiner Weise durch Gott erleuchtet werden können, noch werden sie
am Tag ihre falschen Botschaften weitergeben können, denn der Tag würde
über ihnen „schwarz werden.“
befragt, aber nun haben sie keine Antwort mehr. Die Seher werden
beschämt und die Wahrsager zuschanden werden.
Was sind eigentlich Seher? Wir entnehmen aus 1. Samuel 9,9, dass Seher
Menschen waren, die Gottes Antwort in bestimmten Lebensumständen
übermittelten. Als z. B. die Eselinnen Sauls verschwunden waren, ging
dieser zu Samuel, dem Seher, und empfing die Antwort, dass die Eselinnen
gefunden seien. Außerdem konnte Samuel dem Saul auch sagen, was in
seinem Herzen war (1Sam 9,19). Auch Zadok, der Priester, wurde Seher
genannt, weil er als Priester Gottes Gedanken mitteilte (2Sam 15,27).
Als David das Volk gezählt hatte, offenbarte Gott dem Propheten, dem
Seher Gad, sein Wort und sandte ihn zu David (1Chr 21,9). Auch als Asa
bei der Auseinandersetzung mit Baesa, dem König Israels (des
Nordreichs), sein Vertrauen auf den König von Syrien setzte, redete Gott
durch den Seher Hanani, der folgende wichtige Botschaft überbrachte:
„Weil du dich auf den König von Syrien gestützt hast und dich nicht auf
den Herrn, deinen Gott, gestützt hast, darum ist das Heer des Königs von
Syrien deiner Hand entronnen. Waren nicht die Kuschiter und die Libyer
eine zahlreiche Heeresmacht, mit Wagen und Reitern in großer Menge? Aber
weil du dich auf den Herrnstütztest, gab er sie in deine Hand. Denn die
Augen des Herrndurchlaufen die ganze Erde, um sich mächtig zu erweisen
an denen, deren Herz ungeteilt auf ihn gerichtet ist. Hierin hast du
töricht gehandelt; denn von nun an wirst du Kriege haben“ (2Chr 16,7–9).
Auch zur Zeit Josaphats sandte Gott einen Seher, Hanani, der ihm
mitteilte: „Hilfst du dem Gesetzlosen, und liebst du, die den
Herrnhassen? Und darum ist Zorn über dir von Seiten des Herrn“ (2Chr
19,2). Selbst zur Zeit des gottlosen und menschenverachtenden Königs
Manasse redete Gott durch verschiedene Seher, um Manasse von seinem Tun
abzubringen (2Chr 33,18).
Zur Zeit der Wegführung des Nordreichs nach Assyrien berichtet 2. Könige
17,13 darüber, warum Gott dieses Gericht über das Volk bringen musste:
„Und der Herrwarnte Israel und Juda durch alle Propheten, alle Seher,
indem er sprach: Kehrt um von euren bösen Wegen und haltet meine Gebote,
meine Satzungen, nach dem ganzen Gesetz, das ich euren Vätern geboten
und das ich euch gesandt habe durch meine Knechte, die Propheten“ (2Kön
17,13ff.).
Doch das Volk Gottes hat nicht gehört. Also musste Gott als Richter
eingreifen und die Worte über sie bringen, die Er schon durch Mose im
Gesetz verkündet hatte: „Es wird aber geschehen, wenn du der Stimme des
Herrn, deines Gottes, nicht gehorchst, indem du darauf achtest, alle
seine Gebote und seine Satzungen zu tun, die ich dir heute gebiete, so
werden alle diese Flüche über dich kommen und dich treffen“ (5Mo 28,15),
und weiter: „Der Herrwird dich und deinen König, den du über dich setzen
wirst, zu einer Nation führen, die du nicht gekannt hast, weder du noch
deine Väter; und du wirst dort anderen Göttern dienen, Holz und Stein.
Und du wirst zum Entsetzen werden, zum Sprichwort und zum Gespött unter
allen Völkern, wohin der Herrdich wegtreiben wird“ (5Mo 28,36.37).
Wie furchtbar musste der Zustand im Volk Gottes sein, wenn Gott zwar
immer wieder Seher sandte, das Volk aber einfach nicht hören wollte.
Manasse tat schließlich Buße über seine schrecklichen Sünden, und Gott
hat ihm vergeben, aber es war schließlich so, dass die Stimme Gottes
nicht mehr durchdrang. Das Herz des Volkes war dick geworden, verhärtet,
und so musste der Prophet Jesaja schließlich weissagen: „Denn der
Herrhat einen Geist tiefen Schlafes über euch ausgegossen und hat eure
Augen geschlossen; die Propheten und eure Häupter, die Seher, hat
er verhüllt“ (Jes 29,10).
Wenn Gott über die falschen Propheten das Gericht hereinbrechen lässt,
wird man den Bart verhüllen. Der Bart war ein Kennzeichen des Propheten.
Aber was nützt dieses äußere Merkmal, wenn in Wirklichkeit kein wahrer
Prophetendienst stattfindet? Kein „Wort Gottes“ würde an
aber keine Antwort bekommst? Wie schlimm muss das sein! Diese Situation
hat Saul auf dem Gebirge Gilboa einmal erlebt, als die Philister sich
zum Krieg gegen Israel in Sunem versammelten. Sauls Herz zitterte, als
er die Philister sah. Aber warum zitterte er? Tat er denn nicht etwas
Gutes? Er befragte doch den Herrn. Aber dieser antwortete ihm nicht,
weder durch die Urim noch durch Träume, noch durch die Propheten (1Sam
28,4–6). Der Himmel war für Saul verschlossen. Gott schwieg. Was tut
Saul nun? Er sucht eine Frau mit einem Totenbeschwörergeist auf,
verstellt sich und lässt durch diese Frau Samuel „heraufbringen“. Wie
erschreckend, dass der König des Volkes Gottes bei einer wichtigen
Entscheidung eine Wahrsagerin aufsucht.
Was wird Saul nun gesagt? „Und Samuel sprach: Warum doch fragst du mich,
da der Herrvon dir gewichen und dein Feind geworden ist? Und der Herrhat
für sich getan, so wie er durch mich geredet hat; und der Herrhat das
Königtum aus deiner Hand gerissen und es deinem Nächsten, David,
gegeben. Weil du der Stimme des Herrn nicht gehorcht und seine
Zornglut nicht ausgeführt hast an Amalek, darum hat der Herrdir dies
heute getan. Und der Herrwird auch Israel mit dir in die Hand der
Philister geben; und morgen wirst du mit deinen Söhnen bei mir sein;
auch das Heerlager Israels wird der Herrin die Hand der Philister geben.
Da fiel Saul plötzlich seiner Länge nach zur Erde, und er fürchtete sich
sehr vor den Worten Samuels; auch war keine Kraft in ihm, denn er hatte
den ganzen Tag und die ganze Nacht nichts gegessen“ (1Sam 28,16–20).
Der Ungehorsam Gottes ausdrücklichen Geboten gegenüber war das Problem
in seinem Leben. Gott hatte ihm ganz klare Anweisungen gegeben, aber er
hat diese willentlich nicht befolgt. Als Saul starb, werden über sein
Leben drei Dinge gesagt: Er war treulos, befolgte das Wort Gottes
nicht und suchte eine Totenbeschwörerin auf (1Chr 10,13).
Die Gefahr in unserer Zeit ist sehr groß, dass wir durch unsere
Treulosigkeit und unseren Ungehorsam zu falschen Mitteln greifen, um
Gottes Willen zu erfragen. Die Schrift sagt in 1. Chronika 10,14 sehr
deutlich, dass Saul den Herrnnicht befragte, obwohl wir in 1. Samuel
28,6 lesen, dass er den Herrnbefragte, aber der Herrihm nicht
antwortete. Ist das ein Widerspruch? Nein, denn bei unserem Befragen des
Willens Gottes sieht Gott, ob unser Herz wirklich an der Offenbarung
seines Willens interessiert ist und ob wir auf Ihn und seine Zeit warten
können. Saul konnte es nicht, er befragte sofort die Totenbeschwörerin.
Der Herr will uns Mut machen, dass wir seinen Willen erkennen: „Werft
nun eure Zuversicht nicht weg, die eine große Belohnung hat. Denn ihr
habt Ausharren nötig, damit ihr, nachdem ihr den Willen Gottes getan
habt, die Verheißung davontragt“ (Heb 10,35). Und: „Deshalb hören auch
wir nicht auf, von dem Tag an, da wir es gehört haben, für euch zu beten
und zu bitten, damit ihr erfüllt sein mögt mit der Erkenntnis seines
Willens in aller Weisheit und geistlicher Einsicht, um würdig des Herrn
zu wandeln zu allem Wohlgefallen, in jedem guten Werk Frucht bringend
und wachsend durch die Erkenntnis Gottes, gekräftigt mit aller Kraft
nach der Macht seiner Herrlichkeit, zu allem Ausharren und aller Langmut
mit Freuden“ (Kol 1,9f.).
Man fragt sich auch, warum der Prophet Micha an dieser Stelle die
Wahrsager erwähnt. Zunächst bekommt man den Eindruck, dass Wahrsagerei
unter dem Volk Gottes inzwischen üblich geworden war. War Seher- und
Prophetendienst inzwischen nichts anderes als Wahrsagerei?1
In 5. Mose 18,10 lesen wir: „Es soll niemand unter dir gefunden werden,
der seinen Sohn oder seine Tochter durchs Feuer gehen lässt, niemand,
der Wahrsagerei treibt, kein Zauberer oder Beschwörer oder Magier“.
Wahrsager gab es in Ägypten und in Babylon (2Mo 7,11; Dan 2,2), aber im
Volk Gottes sollten sie nicht gefunden werden. So heißt es in 2. Mose
22,17: „Eine Magierin [Zauberin, Wahrsagerin] sollst du nicht leben
lassen.“
1
|
In den folgenden zitierten Stellen steht immer das hebräische
Wort quaschaph bzw. quakaschaphim (Pl.). Manchmal
wird es in der Elberfelder Bibel auch mit „Zauberei“ übersetzt.
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aber keine Antwort bekommst? Wie schlimm muss das sein! Diese Situation
hat Saul auf dem Gebirge Gilboa einmal erlebt, als die Philister sich
zum Krieg gegen Israel in Sunem versammelten. Sauls Herz zitterte, als
er die Philister sah. Aber warum zitterte er? Tat er denn nicht etwas
Gutes? Er befragte doch den Herrn. Aber dieser antwortete ihm nicht,
weder durch die Urim noch durch Träume, noch durch die Propheten (1Sam
28,4–6). Der Himmel war für Saul verschlossen. Gott schwieg. Was tut
Saul nun? Er sucht eine Frau mit einem Totenbeschwörergeist auf,
verstellt sich und lässt durch diese Frau Samuel „heraufbringen“. Wie
erschreckend, dass der König des Volkes Gottes bei einer wichtigen
Entscheidung eine Wahrsagerin aufsucht.
Was wird Saul nun gesagt? „Und Samuel sprach: Warum doch fragst du mich,
da der Herrvon dir gewichen und dein Feind geworden ist? Und der Herrhat
für sich getan, so wie er durch mich geredet hat; und der Herrhat das
Königtum aus deiner Hand gerissen und es deinem Nächsten, David,
gegeben. Weil du der Stimme des Herrn nicht gehorcht und seine
Zornglut nicht ausgeführt hast an Amalek, darum hat der Herrdir dies
heute getan. Und der Herrwird auch Israel mit dir in die Hand der
Philister geben; und morgen wirst du mit deinen Söhnen bei mir sein;
auch das Heerlager Israels wird der Herrin die Hand der Philister geben.
Da fiel Saul plötzlich seiner Länge nach zur Erde, und er fürchtete sich
sehr vor den Worten Samuels; auch war keine Kraft in ihm, denn er hatte
den ganzen Tag und die ganze Nacht nichts gegessen“ (1Sam 28,16–20).
Der Ungehorsam Gottes ausdrücklichen Geboten gegenüber war das Problem
in seinem Leben. Gott hatte ihm ganz klare Anweisungen gegeben, aber er
hat diese willentlich nicht befolgt. Als Saul starb, werden über sein
Leben drei Dinge gesagt: Er war treulos, befolgte das Wort Gottes
nicht und suchte eine Totenbeschwörerin auf (1Chr 10,13).
Die Gefahr in unserer Zeit ist sehr groß, dass wir durch unsere
Treulosigkeit und unseren Ungehorsam zu falschen Mitteln greifen, um
Gottes Willen zu erfragen. Die Schrift sagt in 1. Chronika 10,14 sehr
deutlich, dass Saul den Herrnnicht befragte, obwohl wir in 1. Samuel
28,6 lesen, dass er den Herrnbefragte, aber der Herrihm nicht
antwortete. Ist das ein Widerspruch? Nein, denn bei unserem Befragen des
Willens Gottes sieht Gott, ob unser Herz wirklich an der Offenbarung
seines Willens interessiert ist und ob wir auf Ihn und seine Zeit warten
können. Saul konnte es nicht, er befragte sofort die Totenbeschwörerin.
Der Herr will uns Mut machen, dass wir seinen Willen erkennen: „Werft
nun eure Zuversicht nicht weg, die eine große Belohnung hat. Denn ihr
habt Ausharren nötig, damit ihr, nachdem ihr den Willen Gottes getan
habt, die Verheißung davontragt“ (Heb 10,35). Und: „Deshalb hören auch
wir nicht auf, von dem Tag an, da wir es gehört haben, für euch zu beten
und zu bitten, damit ihr erfüllt sein mögt mit der Erkenntnis seines
Willens in aller Weisheit und geistlicher Einsicht, um würdig des Herrn
zu wandeln zu allem Wohlgefallen, in jedem guten Werk Frucht bringend
und wachsend durch die Erkenntnis Gottes, gekräftigt mit aller Kraft
nach der Macht seiner Herrlichkeit, zu allem Ausharren und aller Langmut
mit Freuden“ (Kol 1,9f.).
Man fragt sich auch, warum der Prophet Micha an dieser Stelle die
Wahrsager erwähnt. Zunächst bekommt man den Eindruck, dass Wahrsagerei
unter dem Volk Gottes inzwischen üblich geworden war. War Seher- und
Prophetendienst inzwischen nichts anderes als Wahrsagerei?1
In 5. Mose 18,10 lesen wir: „Es soll niemand unter dir gefunden werden,
der seinen Sohn oder seine Tochter durchs Feuer gehen lässt, niemand,
der Wahrsagerei treibt, kein Zauberer oder Beschwörer oder Magier“.
Wahrsager gab es in Ägypten und in Babylon (2Mo 7,11; Dan 2,2), aber im
Volk Gottes sollten sie nicht gefunden werden. So heißt es in 2. Mose
22,17: „Eine Magierin [Zauberin, Wahrsagerin] sollst du nicht leben
lassen.“
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In den folgenden zitierten Stellen steht immer das hebräische
Wort quaschaph bzw. quakaschaphim (Pl.). Manchmal
wird es in der Elberfelder Bibel auch mit „Zauberei“ übersetzt.
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aber keine Antwort bekommst? Wie schlimm muss das sein! Diese Situation
hat Saul auf dem Gebirge Gilboa einmal erlebt, als die Philister sich
zum Krieg gegen Israel in Sunem versammelten. Sauls Herz zitterte, als
er die Philister sah. Aber warum zitterte er? Tat er denn nicht etwas
Gutes? Er befragte doch den Herrn. Aber dieser antwortete ihm nicht,
weder durch die Urim noch durch Träume, noch durch die Propheten (1Sam
28,4–6). Der Himmel war für Saul verschlossen. Gott schwieg. Was tut
Saul nun? Er sucht eine Frau mit einem Totenbeschwörergeist auf,
verstellt sich und lässt durch diese Frau Samuel „heraufbringen“. Wie
erschreckend, dass der König des Volkes Gottes bei einer wichtigen
Entscheidung eine Wahrsagerin aufsucht.
Was wird Saul nun gesagt? „Und Samuel sprach: Warum doch fragst du mich,
da der Herrvon dir gewichen und dein Feind geworden ist? Und der Herrhat
für sich getan, so wie er durch mich geredet hat; und der Herrhat das
Königtum aus deiner Hand gerissen und es deinem Nächsten, David,
gegeben. Weil du der Stimme des Herrn nicht gehorcht und seine
Zornglut nicht ausgeführt hast an Amalek, darum hat der Herrdir dies
heute getan. Und der Herrwird auch Israel mit dir in die Hand der
Philister geben; und morgen wirst du mit deinen Söhnen bei mir sein;
auch das Heerlager Israels wird der Herrin die Hand der Philister geben.
Da fiel Saul plötzlich seiner Länge nach zur Erde, und er fürchtete sich
sehr vor den Worten Samuels; auch war keine Kraft in ihm, denn er hatte
den ganzen Tag und die ganze Nacht nichts gegessen“ (1Sam 28,16–20).
Der Ungehorsam Gottes ausdrücklichen Geboten gegenüber war das Problem
in seinem Leben. Gott hatte ihm ganz klare Anweisungen gegeben, aber er
hat diese willentlich nicht befolgt. Als Saul starb, werden über sein
Leben drei Dinge gesagt: Er war treulos, befolgte das Wort Gottes
nicht und suchte eine Totenbeschwörerin auf (1Chr 10,13).
Die Gefahr in unserer Zeit ist sehr groß, dass wir durch unsere
Treulosigkeit und unseren Ungehorsam zu falschen Mitteln greifen, um
Gottes Willen zu erfragen. Die Schrift sagt in 1. Chronika 10,14 sehr
deutlich, dass Saul den Herrnnicht befragte, obwohl wir in 1. Samuel
28,6 lesen, dass er den Herrnbefragte, aber der Herrihm nicht
antwortete. Ist das ein Widerspruch? Nein, denn bei unserem Befragen des
Willens Gottes sieht Gott, ob unser Herz wirklich an der Offenbarung
seines Willens interessiert ist und ob wir auf Ihn und seine Zeit warten
können. Saul konnte es nicht, er befragte sofort die Totenbeschwörerin.
Der Herr will uns Mut machen, dass wir seinen Willen erkennen: „Werft
nun eure Zuversicht nicht weg, die eine große Belohnung hat. Denn ihr
habt Ausharren nötig, damit ihr, nachdem ihr den Willen Gottes getan
habt, die Verheißung davontragt“ (Heb 10,35). Und: „Deshalb hören auch
wir nicht auf, von dem Tag an, da wir es gehört haben, für euch zu beten
und zu bitten, damit ihr erfüllt sein mögt mit der Erkenntnis seines
Willens in aller Weisheit und geistlicher Einsicht, um würdig des Herrn
zu wandeln zu allem Wohlgefallen, in jedem guten Werk Frucht bringend
und wachsend durch die Erkenntnis Gottes, gekräftigt mit aller Kraft
nach der Macht seiner Herrlichkeit, zu allem Ausharren und aller Langmut
mit Freuden“ (Kol 1,9f.).
Man fragt sich auch, warum der Prophet Micha an dieser Stelle die
Wahrsager erwähnt. Zunächst bekommt man den Eindruck, dass Wahrsagerei
unter dem Volk Gottes inzwischen üblich geworden war. War Seher- und
Prophetendienst inzwischen nichts anderes als Wahrsagerei?1
In 5. Mose 18,10 lesen wir: „Es soll niemand unter dir gefunden werden,
der seinen Sohn oder seine Tochter durchs Feuer gehen lässt, niemand,
der Wahrsagerei treibt, kein Zauberer oder Beschwörer oder Magier“.
Wahrsager gab es in Ägypten und in Babylon (2Mo 7,11; Dan 2,2), aber im
Volk Gottes sollten sie nicht gefunden werden. So heißt es in 2. Mose
22,17: „Eine Magierin [Zauberin, Wahrsagerin] sollst du nicht leben
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In den folgenden zitierten Stellen steht immer das hebräische
Wort quaschaph bzw. quakaschaphim (Pl.). Manchmal
wird es in der Elberfelder Bibel auch mit „Zauberei“ übersetzt.
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aber keine Antwort bekommst? Wie schlimm muss das sein! Diese Situation
hat Saul auf dem Gebirge Gilboa einmal erlebt, als die Philister sich
zum Krieg gegen Israel in Sunem versammelten. Sauls Herz zitterte, als
er die Philister sah. Aber warum zitterte er? Tat er denn nicht etwas
Gutes? Er befragte doch den Herrn. Aber dieser antwortete ihm nicht,
weder durch die Urim noch durch Träume, noch durch die Propheten (1Sam
28,4–6). Der Himmel war für Saul verschlossen. Gott schwieg. Was tut
Saul nun? Er sucht eine Frau mit einem Totenbeschwörergeist auf,
verstellt sich und lässt durch diese Frau Samuel „heraufbringen“. Wie
erschreckend, dass der König des Volkes Gottes bei einer wichtigen
Entscheidung eine Wahrsagerin aufsucht.
Was wird Saul nun gesagt? „Und Samuel sprach: Warum doch fragst du mich,
da der Herrvon dir gewichen und dein Feind geworden ist? Und der Herrhat
für sich getan, so wie er durch mich geredet hat; und der Herrhat das
Königtum aus deiner Hand gerissen und es deinem Nächsten, David,
gegeben. Weil du der Stimme des Herrn nicht gehorcht und seine
Zornglut nicht ausgeführt hast an Amalek, darum hat der Herrdir dies
heute getan. Und der Herrwird auch Israel mit dir in die Hand der
Philister geben; und morgen wirst du mit deinen Söhnen bei mir sein;
auch das Heerlager Israels wird der Herrin die Hand der Philister geben.
Da fiel Saul plötzlich seiner Länge nach zur Erde, und er fürchtete sich
sehr vor den Worten Samuels; auch war keine Kraft in ihm, denn er hatte
den ganzen Tag und die ganze Nacht nichts gegessen“ (1Sam 28,16–20).
Der Ungehorsam Gottes ausdrücklichen Geboten gegenüber war das Problem
in seinem Leben. Gott hatte ihm ganz klare Anweisungen gegeben, aber er
hat diese willentlich nicht befolgt. Als Saul starb, werden über sein
Leben drei Dinge gesagt: Er war treulos, befolgte das Wort Gottes
nicht und suchte eine Totenbeschwörerin auf (1Chr 10,13).
Die Gefahr in unserer Zeit ist sehr groß, dass wir durch unsere
Treulosigkeit und unseren Ungehorsam zu falschen Mitteln greifen, um
Gottes Willen zu erfragen. Die Schrift sagt in 1. Chronika 10,14 sehr
deutlich, dass Saul den Herrnnicht befragte, obwohl wir in 1. Samuel
28,6 lesen, dass er den Herrnbefragte, aber der Herrihm nicht
antwortete. Ist das ein Widerspruch? Nein, denn bei unserem Befragen des
Willens Gottes sieht Gott, ob unser Herz wirklich an der Offenbarung
seines Willens interessiert ist und ob wir auf Ihn und seine Zeit warten
können. Saul konnte es nicht, er befragte sofort die Totenbeschwörerin.
Der Herr will uns Mut machen, dass wir seinen Willen erkennen: „Werft
nun eure Zuversicht nicht weg, die eine große Belohnung hat. Denn ihr
habt Ausharren nötig, damit ihr, nachdem ihr den Willen Gottes getan
habt, die Verheißung davontragt“ (Heb 10,35). Und: „Deshalb hören auch
wir nicht auf, von dem Tag an, da wir es gehört haben, für euch zu beten
und zu bitten, damit ihr erfüllt sein mögt mit der Erkenntnis seines
Willens in aller Weisheit und geistlicher Einsicht, um würdig des Herrn
zu wandeln zu allem Wohlgefallen, in jedem guten Werk Frucht bringend
und wachsend durch die Erkenntnis Gottes, gekräftigt mit aller Kraft
nach der Macht seiner Herrlichkeit, zu allem Ausharren und aller Langmut
mit Freuden“ (Kol 1,9f.).
Man fragt sich auch, warum der Prophet Micha an dieser Stelle die
Wahrsager erwähnt. Zunächst bekommt man den Eindruck, dass Wahrsagerei
unter dem Volk Gottes inzwischen üblich geworden war. War Seher- und
Prophetendienst inzwischen nichts anderes als Wahrsagerei?1
In 5. Mose 18,10 lesen wir: „Es soll niemand unter dir gefunden werden,
der seinen Sohn oder seine Tochter durchs Feuer gehen lässt, niemand,
der Wahrsagerei treibt, kein Zauberer oder Beschwörer oder Magier“.
Wahrsager gab es in Ägypten und in Babylon (2Mo 7,11; Dan 2,2), aber im
Volk Gottes sollten sie nicht gefunden werden. So heißt es in 2. Mose
22,17: „Eine Magierin [Zauberin, Wahrsagerin] sollst du nicht leben
lassen.“
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In den folgenden zitierten Stellen steht immer das hebräische
Wort quaschaph bzw. quakaschaphim (Pl.). Manchmal
wird es in der Elberfelder Bibel auch mit „Zauberei“ übersetzt.
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aber keine Antwort bekommst? Wie schlimm muss das sein! Diese Situation
hat Saul auf dem Gebirge Gilboa einmal erlebt, als die Philister sich
zum Krieg gegen Israel in Sunem versammelten. Sauls Herz zitterte, als
er die Philister sah. Aber warum zitterte er? Tat er denn nicht etwas
Gutes? Er befragte doch den Herrn. Aber dieser antwortete ihm nicht,
weder durch die Urim noch durch Träume, noch durch die Propheten (1Sam
28,4–6). Der Himmel war für Saul verschlossen. Gott schwieg. Was tut
Saul nun? Er sucht eine Frau mit einem Totenbeschwörergeist auf,
verstellt sich und lässt durch diese Frau Samuel „heraufbringen“. Wie
erschreckend, dass der König des Volkes Gottes bei einer wichtigen
Entscheidung eine Wahrsagerin aufsucht.
Was wird Saul nun gesagt? „Und Samuel sprach: Warum doch fragst du mich,
da der Herrvon dir gewichen und dein Feind geworden ist? Und der Herrhat
für sich getan, so wie er durch mich geredet hat; und der Herrhat das
Königtum aus deiner Hand gerissen und es deinem Nächsten, David,
gegeben. Weil du der Stimme des Herrn nicht gehorcht und seine
Zornglut nicht ausgeführt hast an Amalek, darum hat der Herrdir dies
heute getan. Und der Herrwird auch Israel mit dir in die Hand der
Philister geben; und morgen wirst du mit deinen Söhnen bei mir sein;
auch das Heerlager Israels wird der Herrin die Hand der Philister geben.
Da fiel Saul plötzlich seiner Länge nach zur Erde, und er fürchtete sich
sehr vor den Worten Samuels; auch war keine Kraft in ihm, denn er hatte
den ganzen Tag und die ganze Nacht nichts gegessen“ (1Sam 28,16–20).
Der Ungehorsam Gottes ausdrücklichen Geboten gegenüber war das Problem
in seinem Leben. Gott hatte ihm ganz klare Anweisungen gegeben, aber er
hat diese willentlich nicht befolgt. Als Saul starb, werden über sein
Leben drei Dinge gesagt: Er war treulos, befolgte das Wort Gottes
nicht und suchte eine Totenbeschwörerin auf (1Chr 10,13).
Die Gefahr in unserer Zeit ist sehr groß, dass wir durch unsere
Treulosigkeit und unseren Ungehorsam zu falschen Mitteln greifen, um
Gottes Willen zu erfragen. Die Schrift sagt in 1. Chronika 10,14 sehr
deutlich, dass Saul den Herrnnicht befragte, obwohl wir in 1. Samuel
28,6 lesen, dass er den Herrnbefragte, aber der Herrihm nicht
antwortete. Ist das ein Widerspruch? Nein, denn bei unserem Befragen des
Willens Gottes sieht Gott, ob unser Herz wirklich an der Offenbarung
seines Willens interessiert ist und ob wir auf Ihn und seine Zeit warten
können. Saul konnte es nicht, er befragte sofort die Totenbeschwörerin.
Der Herr will uns Mut machen, dass wir seinen Willen erkennen: „Werft
nun eure Zuversicht nicht weg, die eine große Belohnung hat. Denn ihr
habt Ausharren nötig, damit ihr, nachdem ihr den Willen Gottes getan
habt, die Verheißung davontragt“ (Heb 10,35). Und: „Deshalb hören auch
wir nicht auf, von dem Tag an, da wir es gehört haben, für euch zu beten
und zu bitten, damit ihr erfüllt sein mögt mit der Erkenntnis seines
Willens in aller Weisheit und geistlicher Einsicht, um würdig des Herrn
zu wandeln zu allem Wohlgefallen, in jedem guten Werk Frucht bringend
und wachsend durch die Erkenntnis Gottes, gekräftigt mit aller Kraft
nach der Macht seiner Herrlichkeit, zu allem Ausharren und aller Langmut
mit Freuden“ (Kol 1,9f.).
Man fragt sich auch, warum der Prophet Micha an dieser Stelle die
Wahrsager erwähnt. Zunächst bekommt man den Eindruck, dass Wahrsagerei
unter dem Volk Gottes inzwischen üblich geworden war. War Seher- und
Prophetendienst inzwischen nichts anderes als Wahrsagerei?1
In 5. Mose 18,10 lesen wir: „Es soll niemand unter dir gefunden werden,
der seinen Sohn oder seine Tochter durchs Feuer gehen lässt, niemand,
der Wahrsagerei treibt, kein Zauberer oder Beschwörer oder Magier“.
Wahrsager gab es in Ägypten und in Babylon (2Mo 7,11; Dan 2,2), aber im
Volk Gottes sollten sie nicht gefunden werden. So heißt es in 2. Mose
22,17: „Eine Magierin [Zauberin, Wahrsagerin] sollst du nicht leben
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In den folgenden zitierten Stellen steht immer das hebräische
Wort quaschaph bzw. quakaschaphim (Pl.). Manchmal
wird es in der Elberfelder Bibel auch mit „Zauberei“ übersetzt.
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aber keine Antwort bekommst? Wie schlimm muss das sein! Diese Situation
hat Saul auf dem Gebirge Gilboa einmal erlebt, als die Philister sich
zum Krieg gegen Israel in Sunem versammelten. Sauls Herz zitterte, als
er die Philister sah. Aber warum zitterte er? Tat er denn nicht etwas
Gutes? Er befragte doch den Herrn. Aber dieser antwortete ihm nicht,
weder durch die Urim noch durch Träume, noch durch die Propheten (1Sam
28,4–6). Der Himmel war für Saul verschlossen. Gott schwieg. Was tut
Saul nun? Er sucht eine Frau mit einem Totenbeschwörergeist auf,
verstellt sich und lässt durch diese Frau Samuel „heraufbringen“. Wie
erschreckend, dass der König des Volkes Gottes bei einer wichtigen
Entscheidung eine Wahrsagerin aufsucht.
Was wird Saul nun gesagt? „Und Samuel sprach: Warum doch fragst du mich,
da der Herrvon dir gewichen und dein Feind geworden ist? Und der Herrhat
für sich getan, so wie er durch mich geredet hat; und der Herrhat das
Königtum aus deiner Hand gerissen und es deinem Nächsten, David,
gegeben. Weil du der Stimme des Herrn nicht gehorcht und seine
Zornglut nicht ausgeführt hast an Amalek, darum hat der Herrdir dies
heute getan. Und der Herrwird auch Israel mit dir in die Hand der
Philister geben; und morgen wirst du mit deinen Söhnen bei mir sein;
auch das Heerlager Israels wird der Herrin die Hand der Philister geben.
Da fiel Saul plötzlich seiner Länge nach zur Erde, und er fürchtete sich
sehr vor den Worten Samuels; auch war keine Kraft in ihm, denn er hatte
den ganzen Tag und die ganze Nacht nichts gegessen“ (1Sam 28,16–20).
Der Ungehorsam Gottes ausdrücklichen Geboten gegenüber war das Problem
in seinem Leben. Gott hatte ihm ganz klare Anweisungen gegeben, aber er
hat diese willentlich nicht befolgt. Als Saul starb, werden über sein
Leben drei Dinge gesagt: Er war treulos, befolgte das Wort Gottes
nicht und suchte eine Totenbeschwörerin auf (1Chr 10,13).
Die Gefahr in unserer Zeit ist sehr groß, dass wir durch unsere
Treulosigkeit und unseren Ungehorsam zu falschen Mitteln greifen, um
Gottes Willen zu erfragen. Die Schrift sagt in 1. Chronika 10,14 sehr
deutlich, dass Saul den Herrnnicht befragte, obwohl wir in 1. Samuel
28,6 lesen, dass er den Herrnbefragte, aber der Herrihm nicht
antwortete. Ist das ein Widerspruch? Nein, denn bei unserem Befragen des
Willens Gottes sieht Gott, ob unser Herz wirklich an der Offenbarung
seines Willens interessiert ist und ob wir auf Ihn und seine Zeit warten
können. Saul konnte es nicht, er befragte sofort die Totenbeschwörerin.
Der Herr will uns Mut machen, dass wir seinen Willen erkennen: „Werft
nun eure Zuversicht nicht weg, die eine große Belohnung hat. Denn ihr
habt Ausharren nötig, damit ihr, nachdem ihr den Willen Gottes getan
habt, die Verheißung davontragt“ (Heb 10,35). Und: „Deshalb hören auch
wir nicht auf, von dem Tag an, da wir es gehört haben, für euch zu beten
und zu bitten, damit ihr erfüllt sein mögt mit der Erkenntnis seines
Willens in aller Weisheit und geistlicher Einsicht, um würdig des Herrn
zu wandeln zu allem Wohlgefallen, in jedem guten Werk Frucht bringend
und wachsend durch die Erkenntnis Gottes, gekräftigt mit aller Kraft
nach der Macht seiner Herrlichkeit, zu allem Ausharren und aller Langmut
mit Freuden“ (Kol 1,9f.).
Man fragt sich auch, warum der Prophet Micha an dieser Stelle die
Wahrsager erwähnt. Zunächst bekommt man den Eindruck, dass Wahrsagerei
unter dem Volk Gottes inzwischen üblich geworden war. War Seher- und
Prophetendienst inzwischen nichts anderes als Wahrsagerei?1
In 5. Mose 18,10 lesen wir: „Es soll niemand unter dir gefunden werden,
der seinen Sohn oder seine Tochter durchs Feuer gehen lässt, niemand,
der Wahrsagerei treibt, kein Zauberer oder Beschwörer oder Magier“.
Wahrsager gab es in Ägypten und in Babylon (2Mo 7,11; Dan 2,2), aber im
Volk Gottes sollten sie nicht gefunden werden. So heißt es in 2. Mose
22,17: „Eine Magierin [Zauberin, Wahrsagerin] sollst du nicht leben
lassen.“
1
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In den folgenden zitierten Stellen steht immer das hebräische
Wort quaschaph bzw. quakaschaphim (Pl.). Manchmal
wird es in der Elberfelder Bibel auch mit „Zauberei“ übersetzt.
4. Das kommende Gericht über die politischen und religiösen
Führer (Kapitel 3,1–12)
3,1–4 – Und ich sprach: Hört doch, ihr Häupter Jakobs und ihr
Fürsten des Hauses Israel: Ist es nicht an euch, das Recht zu
kennen? – die ihr das Gute hasst und das Böse liebt; die ihr
ihnen die Haut abzieht und das Fleisch von ihren Gebeinen; und
die ihr das Fleisch meines Volkes fresst und ihre Haut von ihnen
abstreift und ihre Gebeine zerbrecht und zerstückelt wie in
einem Topf und wie Fleisch inmitten des Kessels. Dann werden sie
zu dem HERRN
schreien, und er wird ihnen nicht antworten; und er wird sein
Angesicht vor ihnen verbergen zu jener Zeit, ebenso wie sie ihre
Handlungen böse gemacht haben.
In diesen Versen werden nun die Häupter und Fürsten des Volkes
Gottes angesprochen. Sie waren – neben dem König – an dem
moralischen Zustand des Volkes wesentlich beteiligt.
Wer waren denn nun eigentlich die „Häupter“ und die „Fürsten“
des Volkes? Nun, es waren die Leiter eines Stammes oder die
Leiter von Familienverbänden.
Wahrscheinlich sind hier die gleichen Personen gemeint. Fürsten
sind die Häupter der Stämme Israels, so wie auch im Neuen
Testament Aufseher immer auch Älteste sind. Ihre Verantwortung
war es, das Recht zu kennen, die Gesetze Gottes dem Volk
vorzustellen, die Familien darin zu unterweisen und sie
anzuhalten, darin zu leben. So war es zur Zeit Esras und
Nehemias, wo wir lesen, dass sich die Häupter der Väter des
ganzen Volkes, die Priester und die Leviten, zu Esra, dem
Schriftgelehrten, versammelten, und zwar um aufzumerken auf die
Worte des Gesetzes (Neh 8,13). Aber so war es hier nicht. Diese
Führer liebten das Böse und hassten das Gute, sie zogen dem Volk
die Haut und das Fleisch vom Körper und fraßen das Fleisch. Eine
sehr derbe Ausdrucksweise. Was will der Prophet damit sagen?
Diese Führer beuteten das Volk durch ihren schrecklichen
Egoismus aus. Sie ließen ihnen nichts außer ihren Knochen. Es
scheint so, dass das einfache Volk weder Kleidung noch Nahrung
hatte, weil sie alles den Führern geben mussten. Ja, sie
„zerbrachen die Gebeine“, das bedeutet, sie scheuten auch nicht
davor zurück, die Armen des Volkes dem Tod preiszugeben. Sie
handelten wie Tiere, wilde Tiere, die ihre Beute zerreißen.
Aber es wird der Augenblick kommen, wo sie mit ihrer Selbstsucht
am Ende sind. Dann werden sie sich an den lebendigen Gott
erinnern und Ihn um Hilfe anrufen, aber Er wird nicht antworten.
Bedenken wir es wohl: Ein Leben des Egoismus, der Selbstsucht,
das Leben auf Kosten anderer, wird nicht ewig währen. Es kommt
der Augenblick des Erwachens. Dann wird der Traum des
Wohlstands, des lust- und begierdevollen Lebens ausgeträumt
sein. Aber Gott wird dann das Gebet nicht erhören können. Das
heißt, Er gibt diese Menschen dahin. Jahre, ja, Jahrzehnte haben
sie nur der Lust gefrönt, haben sich der Armen nicht erbarmt.
Nun erbarmt sich Gott auch nicht über ihren erbärmlichen
Zustand.
In Sprüche 1,24–31 finden wir eine Botschaft, die jeder Leser
und auch der Schreiber bedenken sollten: „Weil ich gerufen habe
und ihr euch geweigert habt, meine Hand ausgestreckt habe und
niemand zugehört hat, und ihr all meinen Rat verworfen und meine
Zucht nicht gewollt habt, so werde auch ich bei eurem Unglück
lachen, werde spotten, wenn der Schrecken über euch kommt; wenn
der Schrecken über euch kommt wie ein Unwetter, und euer Unglück
hereinbricht wie ein Sturm, wenn Bedrängnis und Angst über euch
kommen. Dann werden sie zu mir rufen, und ich werde nicht
antworten; sie werden mich eifrig suchen und mich nicht finden,
weil sie Erkenntnis gehasst und die Furcht des Herrnnicht
erwählt, nicht eingewilligt haben in meinen Rat, verschmäht
haben all meine Zucht. Und sie werden essen von der Frucht ihres
Weges und von ihren Plänen sich sättigen.“
Diese Texte zeigen sehr deutlich, dass es nicht wahr ist, dass
Gott Gebete immer beantwortet. Manchmal hüllt sich Gott in eine
Wolke, so dass kein Gebet durchdringt (Klgl 3,44), und es kann
dann sein, dass wir klagen: „Wenn ich auch schreie und rufe, so
hemmt er mein Gebet“ (Klgl 3,8).
In Sprüche 28,9 lesen wir: „Wer sein Ohr abwendet vom Hören des
Gesetzes: Sogar sein Gebet ist ein Gräuel“, und Jesaja muss
weissagen: „Und wenn ihr eure Hände ausbreitet, verhülle ich
meine Augen vor euch; selbst wenn ihr das Gebet vermehrt, höre
ich nicht: Eure Hände sind voll Blut“ (Jes 1,15).
Gott wird sein Angesicht vor ihnen verbergen. In den Psalmen
wird diese Situation an einigen Stellen beschrieben: „Warum
verbirgst du dein Angesicht, vergisst unser Elend und unsere
Bedrückung?“ (Ps 44,25; vgl. 88,15; 69,18; 102,3). Aber wenn man
weiß, dass man Gottes Gesetz übertreten hat, dann ist das
erschreckend. Der Prophet Jesaja spricht sehr deutlich über die
Ursachen, warum Gottes Angesicht nicht leuchten kann: „...
sondern eure Ungerechtigkeiten haben eine Scheidung gemacht
zwischen euch und eurem Gott, und eure Sünden haben sein
Angesicht vor euch verhüllt, dass er nicht hört“ (Jes 59,2). Und
Hesekiel fügt hinzu: „Nach ihrer Unreinheit und nach ihren
Übertretungen habe ich mit ihnen gehandelt und habe mein
Angesicht vor ihnen verborgen“ (Hes 39,24).
Da möchte man mit dem Psalmisten rufen: „O Gott der Heerscharen,
führe uns zurück und lass dein Angesicht leuchten, so werden wir
gerettet werden“ (Ps 80,7; vgl. V. 20), aber „er wird sein
Angesicht vor ihnen verbergen zu jener Zeit, ebenso wie sie ihre
Handlungen böse gemacht haben“ (Mich 3,4).
3,5–7 – So spricht der HERR
über die Propheten, die mein Volk irreführen, die mit ihren
Zähnen beißen und Frieden rufen; und wer ihnen nichts ins Maul
gibt, gegen den heiligen sie einen Krieg.1
Darum soll es Nacht für euch werden, ohne Gesicht, und
Finsternis für euch, ohne Wahrsagung. Und die Sonne wird über
den Propheten untergehen und der Tag über ihnen schwarz werden.
Und die Seher werden beschämt und die Wahrsager zuschanden
werden, und sie werden allesamt den Lippenbart verhüllen, weil
keine Antwort Gottes da ist.
1
|
Einen „Krieg heiligen“ bedeutet „einen Krieg weihen“
(vgl. Jer 12,3; 22,7; 51,27). Das bedeutet hier, wie
Zunz übersetzt: „Wer ihnen nichts in den Mund gibt,
gegen den richten sie Krieg.“
Der Prophet wendet sich jetzt ausdrücklich an die
Propheten, die das Volk irreführen. Wie werden diese
Volksverführer charakterisiert? Es ist fast nicht zu
glauben, aber diese Propheten sind gewinnsüchtige
Verdreher der Wahrheit. Sie reden dem Volk nach dem
Mund. Wenn sie ihren Magen füllen können, dann predigen
sie Frieden, Frieden für das Volk. Gott sei mit dem Tun
des Volkes einverstanden. Solche, die sie aber nicht
unterstützen, die vielleicht warnend ihre Stimme erheben
oder ihnen ins Angesicht widerstehen, gegen solche
heiligen sie einen Krieg, d. h. sie bedrohen diese
letztlich mit dem Tod.
Hat nicht auch Jeremia schon mit scharfen Worten vor
diesen Irrlehrern gewarnt? „Siehe, ich will an die,
spricht der Herr, die Lügenträume weissagen und sie
erzählen und mein Volk irreführen mit ihren Lügen und
mit ihrer Prahlerei; da ich sie doch nicht gesandt und
ihnen nichts geboten habe und sie diesem Volke gar
nichts nützen, spricht der Herr“ (Jer 23,32). Auch
Hesekiel warnt vor diesen Menschen: „Darum, ja, darum,
weil sie mein Volk irreführen und sprechen: „Frieden!“,
obwohl kein Frieden da ist; und baut es eine Wand,
siehe, sie bestreichen sie mit Tünche [eig. mit
Kalkbewurf]“(Hes 13,10).
Wahrscheinlich haben diese Propheten vorgegeben,
„Gesichte“ von Gott zu bekommen, aber in Wirklichkeit
handelte es sich um Wahrsagerei. Wenn Nacht und
Finsternis über sie hereinbrechen werden, dann werden
sie kein Gesicht haben, keine Wahrsagung, die Sonne wird
über ihnen untergehen, d. h. sie werden dem Gericht
Gottes verfallen sein. Weder werden sie in irgendeiner
Weise durch Gott erleuchtet werden können, noch werden
sie am Tag ihre falschen Botschaften weitergeben können,
denn der Tag würde über ihnen „schwarz werden.“
Alle diese Ausdrücke wie „Nacht, Finsternis, Sonne
untergehen“ drücken aus, dass diese falschen Propheten
das furchtbare Gericht Gottes über ihr Lügengebäude
erleben werden. Wie oft haben sie dem Volk Lügenträume
erzählt, Gesichte des Truges verbreitet, wie oft wurden
sie befragt, aber nun haben sie keine Antwort mehr. Die
Seher werden beschämt und die Wahrsager zuschanden
werden.
Was sind eigentlich Seher? Wir entnehmen aus 1. Samuel
9,9, dass Seher Menschen waren, die Gottes Antwort in
bestimmten Lebensumständen übermittelten. Als z. B. die
Eselinnen Sauls verschwunden waren, ging dieser zu
Samuel, dem Seher, und empfing die Antwort, dass die
Eselinnen gefunden seien. Außerdem konnte Samuel dem
Saul auch sagen, was in seinem Herzen war (1Sam 9,19).
Auch Zadok, der Priester, wurde Seher genannt, weil er
als Priester Gottes Gedanken mitteilte (2Sam 15,27). Als
David das Volk gezählt hatte, offenbarte Gott dem
Propheten, dem Seher Gad, sein Wort und sandte ihn zu
David (1Chr 21,9). Auch als Asa bei der
Auseinandersetzung mit Baesa, dem König Israels (des
Nordreichs), sein Vertrauen auf den König von Syrien
setzte, redete Gott durch den Seher Hanani, der folgende
wichtige Botschaft überbrachte: „Weil du dich auf den
König von Syrien gestützt hast und dich nicht auf den
Herrn, deinen Gott, gestützt hast, darum ist das Heer
des Königs von Syrien deiner Hand entronnen. Waren nicht
die Kuschiter und die Libyer eine zahlreiche
Heeresmacht, mit Wagen und Reitern in großer Menge? Aber
weil du dich auf den Herrnstütztest, gab er sie in deine
Hand. Denn die Augen des Herrndurchlaufen die ganze
Erde, um sich mächtig zu erweisen an denen, deren Herz
ungeteilt auf ihn gerichtet ist. Hierin hast du töricht
gehandelt; denn von nun an wirst du Kriege haben“ (2Chr
16,7–9). Auch zur Zeit Josaphats sandte Gott einen
Seher, Hanani, der ihm mitteilte: „Hilfst du dem
Gesetzlosen, und liebst du, die den Herrnhassen? Und
darum ist Zorn über dir von Seiten des Herrn“ (2Chr
19,2). Selbst zur Zeit des gottlosen und
menschenverachtenden Königs Manasse redete Gott durch
verschiedene Seher, um Manasse von seinem Tun
abzubringen (2Chr 33,18).
Zur Zeit der Wegführung des Nordreichs nach Assyrien
berichtet 2. Könige 17,13 darüber, warum Gott dieses
Gericht über das Volk bringen musste: „Und der
Herrwarnte Israel und Juda durch alle Propheten, alle
Seher, indem er sprach: Kehrt um von euren bösen
Wegen und haltet meine Gebote, meine Satzungen, nach dem
ganzen Gesetz, das ich euren Vätern geboten und das ich
euch gesandt habe durch meine Knechte, die Propheten“
(2Kön 17,13ff.).
Doch das Volk Gottes hat nicht gehört. Also musste Gott
als Richter eingreifen und die Worte über sie bringen,
die Er schon durch Mose im Gesetz verkündet hatte: „Es
wird aber geschehen, wenn du der Stimme des Herrn,
deines Gottes, nicht gehorchst, indem du darauf achtest,
alle seine Gebote und seine Satzungen zu tun, die ich
dir heute gebiete, so werden alle diese Flüche über dich
kommen und dich treffen“ (5Mo 28,15), und weiter: „Der
Herrwird dich und deinen König, den du über dich setzen
wirst, zu einer Nation führen, die du nicht gekannt
hast, weder du noch deine Väter; und du wirst dort
anderen Göttern dienen, Holz und Stein. Und du wirst zum
Entsetzen werden, zum Sprichwort und zum Gespött unter
allen Völkern, wohin der Herrdich wegtreiben wird“ (5Mo
28,36.37).
Wie furchtbar musste der Zustand im Volk Gottes sein,
wenn Gott zwar immer wieder Seher sandte, das Volk aber
einfach nicht hören wollte. Manasse tat schließlich Buße
über seine schrecklichen Sünden, und Gott hat ihm
vergeben, aber es war schließlich so, dass die Stimme
Gottes nicht mehr durchdrang. Das Herz des Volkes war
dick geworden, verhärtet, und so musste der Prophet
Jesaja schließlich weissagen: „Denn der Herrhat einen
Geist tiefen Schlafes über euch ausgegossen und hat eure
Augen geschlossen; die Propheten und eure Häupter, die
Seher, hat er verhüllt“ (Jes 29,10).
Wenn Gott über die falschen Propheten das Gericht
hereinbrechen lässt, wird man den Bart verhüllen. Der
Bart war ein Kennzeichen des Propheten. Aber was nützt
dieses äußere Merkmal, wenn in Wirklichkeit kein wahrer
Prophetendienst stattfindet? Kein „Wort Gottes“ würde an
sie ergehen. Der Himmel wird verschlossen sein. Gott
wird nicht mehr reden. Er wird handeln.
Versetzen wir uns in die Lage des Volkes: Kannst du dir
vorstellen, dass Gott deine Gebete nicht mehr erhört,
dass du Gottes Willen befragst, aber keine Antwort
bekommst? Wie schlimm muss das sein! Diese Situation hat
Saul auf dem Gebirge Gilboa einmal erlebt, als die
Philister sich zum Krieg gegen Israel in Sunem
versammelten. Sauls Herz zitterte, als er die Philister
sah. Aber warum zitterte er? Tat er denn nicht etwas
Gutes? Er befragte doch den Herrn. Aber dieser
antwortete ihm nicht, weder durch die Urim noch durch
Träume, noch durch die Propheten (1Sam 28,4–6). Der
Himmel war für Saul verschlossen. Gott schwieg. Was tut
Saul nun? Er sucht eine Frau mit einem
Totenbeschwörergeist auf, verstellt sich und lässt durch
diese Frau Samuel „heraufbringen“. Wie erschreckend,
dass der König des Volkes Gottes bei einer wichtigen
Entscheidung eine Wahrsagerin aufsucht.
Was wird Saul nun gesagt? „Und Samuel sprach: Warum doch
fragst du mich, da der Herrvon dir gewichen und dein
Feind geworden ist? Und der Herrhat für sich getan, so
wie er durch mich geredet hat; und der Herrhat das
Königtum aus deiner Hand gerissen und es deinem
Nächsten, David, gegeben. Weil du der Stimme des Herrn
nicht gehorcht und seine Zornglut nicht
ausgeführt hast an Amalek, darum hat der Herrdir dies
heute getan. Und der Herrwird auch Israel mit dir in die
Hand der Philister geben; und morgen wirst du mit deinen
Söhnen bei mir sein; auch das Heerlager Israels wird der
Herrin die Hand der Philister geben. Da fiel Saul
plötzlich seiner Länge nach zur Erde, und er fürchtete
sich sehr vor den Worten Samuels; auch war keine Kraft
in ihm, denn er hatte den ganzen Tag und die ganze Nacht
nichts gegessen“ (1Sam 28,16–20).
Der Ungehorsam Gottes ausdrücklichen Geboten gegenüber
war das Problem in seinem Leben. Gott hatte ihm ganz
klare Anweisungen gegeben, aber er hat diese willentlich
nicht befolgt. Als Saul starb, werden über sein Leben
drei Dinge gesagt: Er war treulos, befolgte das Wort
Gottes nicht und suchte eine Totenbeschwörerin
auf (1Chr 10,13).
Die Gefahr in unserer Zeit ist sehr groß, dass wir durch
unsere Treulosigkeit und unseren Ungehorsam zu falschen
Mitteln greifen, um Gottes Willen zu erfragen. Die
Schrift sagt in 1. Chronika 10,14 sehr deutlich, dass
Saul den Herrnnicht befragte, obwohl wir in 1. Samuel
28,6 lesen, dass er den Herrnbefragte, aber der Herrihm
nicht antwortete. Ist das ein Widerspruch? Nein, denn
bei unserem Befragen des Willens Gottes sieht Gott, ob
unser Herz wirklich an der Offenbarung seines Willens
interessiert ist und ob wir auf Ihn und seine Zeit
warten können. Saul konnte es nicht, er befragte sofort
die Totenbeschwörerin. Der Herr will uns Mut machen,
dass wir seinen Willen erkennen: „Werft nun eure
Zuversicht nicht weg, die eine große Belohnung hat. Denn
ihr habt Ausharren nötig, damit ihr, nachdem ihr den
Willen Gottes getan habt, die Verheißung davontragt“
(Heb 10,35). Und: „Deshalb hören auch wir nicht auf, von
dem Tag an, da wir es gehört haben, für euch zu beten
und zu bitten, damit ihr erfüllt sein mögt mit der
Erkenntnis seines Willens in aller Weisheit und
geistlicher Einsicht, um würdig des Herrn zu wandeln zu
allem Wohlgefallen, in jedem guten Werk Frucht bringend
und wachsend durch die Erkenntnis Gottes, gekräftigt mit
aller Kraft nach der Macht seiner Herrlichkeit, zu allem
Ausharren und aller Langmut mit Freuden“ (Kol 1,9f.).
Man fragt sich auch, warum der Prophet Micha an dieser
Stelle die Wahrsager erwähnt. Zunächst bekommt man den
Eindruck, dass Wahrsagerei unter dem Volk Gottes
inzwischen üblich geworden war. War Seher- und
Prophetendienst inzwischen nichts anderes als
Wahrsagerei? In 5. Mose 18,10 lesen wir: „Es soll
niemand unter dir gefunden werden, der seinen Sohn oder
seine Tochter durchs Feuer gehen lässt, niemand, der
Wahrsagerei treibt, kein Zauberer oder Beschwörer oder
Magier“. Wahrsager gab es in Ägypten und in Babylon (2Mo
7,11; Dan 2,2), aber im Volk Gottes sollten sie nicht
gefunden werden. So heißt es in 2. Mose 22,17: „Eine
Magierin [Zauberin, Wahrsagerin] sollst du nicht leben
lassen.“
Aber diese Gebote Gottes übertrat das Volk. Die Folge
war, dass sie den Göttern dienten, und damit verbunden
war dann auch Zauberei und Wahrsagerei. Denken wir nur
an König Joram aus dem Haus Ahabs, zu dem Jehu sagte:
„Was, Frieden, während der vielen Hurereien Isebels,
deiner Mutter, und ihrer vielen Zaubereien [Magie]!“
(2Kön 9,22). Und der Prophet Jesaja ruft dem Volk
ironisch zu: „Tritt doch auf mit deinen Bannsprüchen und
mit der Menge deiner Zaubereien, womit du dich abgemüht
hast von deiner Jugend an! Vielleicht kannst du dir
Nutzen schaffen, vielleicht wirst du Schrecken
einflößen“ (Jes 47,12).
Wenn man sich von dem lebendigen Gott und seinem Wort
abwendet, wenn man seinen Verstand und seine Gefühle,
seine seelischen Erfahrungen über das Wort Gottes
stellt, dann braucht man sich nicht zu wundern, wenn
Götzendienst, Wahrsagerei und Zauberei in den Geist des
Volkes Gottes einfließen. In 2. Korinther 11,3ff. heißt
es: „Ich fürchte aber, dass etwa, wie die Schlange Eva
durch ihre List verführte, so euer Sinn verdorben und
abgewandt werde von der Einfalt gegenüber dem Christus.
Denn wenn der, der kommt, einen anderen Jesus predigt,
den wir nicht gepredigt haben, oder ihr einen anderen
Geist empfangt, den ihr nicht empfangen habt, oder ein
anderes Evangelium, das ihr nicht angenommen habt, so
ertragt ihr es gut.“
Wie kann es möglich sein, dass Gläubige einen anderen
Geist empfangen und sie es gut ertragen? Nun, das
Fleisch in uns ist ein Bundesgenosse Satans, und über
das Fleisch kann er uns irreführen, uns berauschen, ja,
begeistern. So können auch Christen unter den Einfluss
von Dämonen kommen. Hüten wir uns also vor dem
Missachten des Willens Gottes, dem Eingehen auf Träume
von Menschen und vor Visionen von solchen, die sich
ihren sinnlichen Eingebungen hingeben.
„Ich habe gehört, was die Propheten sagen, die in meinem
Namen Lüge weissagen und sprechen: Einen Traum, einen
Traum habe ich gehabt!“ (Jer 23,25). Wer in der Wahrheit
Gottes leben will, wird sich nicht jedem Träumer, der
meint, von Gott Träume empfangen zu haben, hingeben.
Nein, und nochmals nein. Gott sagt durch Jeremia: „Der
Prophet, der einen Traum hat, erzähle den Traum; und
wer mein Wort hat, rede mein Wort in Wahrheit! Was
hat das Stroh mit dem Korn gemeinsam?, spricht der Herr“
(Jer 23, 28; vgl. Jer 27,9f.; 29,8.9).
Ähnelt diese Zeit nicht in gewisser Hinsicht unserer
Zeit? Lesen wir 2. Timotheus 4,3: „Denn es wird eine
Zeit sein, da sie die gesunde Lehre nicht ertragen
werden, sondern nach ihren eigenen Begierden sich selbst
Lehrer aufhäufen werden, indem es ihnen in den Ohren
kitzelt; und sie werden die Ohren von der Wahrheit
abkehren, sich aber zu den Fabeln hinwenden.“ Und was
sagt 2. Petrus 2,1ff.? „Es waren aber auch falsche
Propheten unter dem Volk, wie auch unter euch falsche
Lehrer sein werden, die Verderben bringende Sekten
[Parteiungen] nebeneinführen werden und den Gebieter
verleugnen, der sie erkauft hat, und sich selbst
schnelles Verderben zuziehen. Und viele werden ihren
Ausschweifungen nachfolgen, derentwegen der Weg der
Wahrheit verlästert werden wird. Und durch Habsucht
werden sie euch ausbeuten mit erdichteten [oder:
betrügerischen] Worten; denen das Gericht von alters her
nicht zögert, und ihr Verderben schlummert nicht.“
Wenn man diese beiden Texte gut untersucht, dann werden
wir daraus folgende zehn Aspekte erkennen können:
1.
Man wird die gesunde Lehre nicht ertragen können.
Wenn Christen anfangen, die gesunde Lehre der Schrift
nicht mehr hören zu wollen, wenn ihnen das Aufschlagen
der Bibel, das betende Erforschen des Wortes nicht mehr
ein Anliegen ist, dann ist „der Tod im Topf“. Wenn die
christlichen Familien zunehmend mehr christliche
Konzerte, Musicals, Theateraufführungen etc. lieber
besuchen als die wöchentliche Bibelstunde, die man dann
mehr und mehr als langweilig empfindet – glaube mir –,
dann wird der Säkularismus, die Weltförmigkeit und das
pragmatische Denken bald in die Gemeinde einziehen.
Aktivismus sowie medien- und methodengesteuerte
Evangelisation mögen dann noch verbleiben, aber
wirklicher Gottesdienst – so wie die Schrift ihn lehrt –
wird bald ganz ausbleiben.
Lassen wir uns nicht täuschen von der Masse, von manchen
Erfolgsquoten. Verführung kommt schleichend, unmerklich
für die meisten Gläubigen. Darum: „Was ich aber euch
sage, sage ich allen: Wacht!“ (Mk 13,37), und: „Darum
wacht und denkt daran, dass ich drei Jahre lang Nacht
und Tag nicht aufgehört habe, einen jeden mit Tränen zu
ermahnen“ (Apg 20,31), und: „Wacht, steht fest im
Glauben; seid mannhaft, seid stark!“ (1Kor 16,13), und:
„Verharrt im Gebet und wacht darin mit Danksagung“ (Kol
4,2).
2.
3.
Nach eigener Lust und Begierde wird man sich
Lehrer aufhäufen, die das sagen werden, was einem passt,
was man hören möchte. Wenn man die gesunde Lehre nicht
mehr liebt und dann auch nicht mehr ertragen wird, muss
man sich solche suchen, die nach dem Munde reden. Genau
solche „falschen Propheten“ hatte man zur Zeit Michas.
Sie dienten den Menschen, nicht Gott. Die Quelle für
dieses Herbeiholen ist a) das Lustprinzip in uns, das
fleischliche, seelische Begehren, und b) der Egoismus,
das Ausleben des Ich-Prinzips. Daher wird betont, dass
sie sich selbst Lehrer aufhäufen werden. Es werden keine
gottgegebenen Lehrer des Wortes Gottes sein, sondern
Lehrer, deren Worte wohlklingend und beruhigend sein
werden. Vielleicht werden sie witzig sein und
motivierend für das eigene Ich. Aber die
Botschaften sind anthropozentrisch und stimulieren das
Fleisch. Endlich werden Menschen die Bibel, das Wort
Gottes, so hinbiegen, dass für jeden etwas dabei ist.
Homosexuelle werden in ihren Begierden bestärkt,
Abtreibungsbefürworter werden beruhigt, und ihre Sünde
4.
wird relativiert, Feministinnen kommen endlich zu ihrem
Recht und können die Schöpfungsordnung infolge einer
neuen feministischen Bibelauslegungsmethode zugunsten
einer androgynen (zwittrigen) Ordnung umbiegen.
Gottesdienste werden Wohlfühlversammlungen mit
anthropozentrischem Charakter, anstatt theozentrisch zu
sein. Ein neues Zeitalter des Friedens wird anbrechen –
wirklich? Oder geben sich diese Lehrer einer schlimmen
Illusion hin? Denken wir daran, dass 2. Petrus 2,1 uns
mitteilt, dass die falschen Propheten in unserer Zeit
„die falschen Lehrer“ sind. Was sagt Gott?
„Und seine Propheten bestreichen ihnen [d. h. den
Priestern und den Fürsten] alles mit Tünche, da sie
Eitles schauen und ihnen Lügen wahrsagen und sprechen:
,So spricht der Herr, Herr!‘ – und doch hat der
Herrnicht geredet“ (Hes 22,28; vgl. Zeph 3,4; Sach
13,2.4).
5.
Schließlich werden diese Menschen mit ihren
selbsterwählten Lehrern die Ohren von der Wahrheit
abwenden. Nachdem man sich jahrelang einem
selbstsüchtigen Gottesdienst hingegeben hat, immer das
gehört hat, was dem Mund des Predigers angenehm war und
was in den Ohren kitzelte, wird man sich schließlich von
Gottes Wahrheit abwenden. Erleben wir das nicht in den
christlichen Gemeinschaften in beängstigender Weise? Was
jahrhundertelang als Gottes Wahrheit anerkannt war, wird
nun kurzerhand über Bord geworfen. Die Kirche Christi
hat immer an der biblischen Wahrheit festgehalten, dass
es schriftgemäß ist, dass Frauen keinen Ältestendienst
ausüben sollen und dass vorehelicher Geschlechtsverkehr
Sünde ist. Aber das gilt nun in vielen evangelikalen
Kreisen nicht mehr. Auch an die Verdrehung von 1.
Korinther 11 haben sich viele Christen gewöhnt: Man
akzeptiert die kurzen Haare bei Frauen und die langen
Haare bei Männern. Auch ist es bei vielen Gläubigen kein
Problem mehr, dass die Frauen arbeiten gehen und die
Männer als Hausmänner die Kinder hüten, obwohl Titus 2,5
anders lehrt.
6.
Man hat sich auch daran gewöhnt, bestimmte falsche
Lehren in den Gemeinden zu dulden. So hat die
Evangelische Allianz kein Problem mehr damit, Katholiken
bei ProChrist offiziell mitarbeiten zu lassen. Was noch
vor einigen Jahren undenkbar war, ist nun problemlos
möglich. Ist das alles ein Beweis für den guten,
geistlichen Weg der Christenheit? Wer das behauptet,
gibt sich gerade den Täuschungen hin, die falsche Lehrer
in die Welt setzen.
7.
8.
Sie werden sich zu den Fabeln (Mythen) hinwenden.
Es wundert uns dann natürlich auch nicht, wenn
bekennende Christen sich vermehrt den Fabeln zuwenden.
Sie glauben dann allem, was irgendwie spirituell klingt.
Und so können ostasiatische (buddhistische und
hinduistische) Gedanken und Methoden in das Leben der
Christen hineingenommen werden. So kann man getrost
Yoga-, Meditations- und Hypnosetechniken im christlichen
Gewand anbieten. An psychotherapeutische Methoden haben
sich schon so viele gewöhnt, dass man kaum noch etwas
dazu sagen darf, aber wirkliche biblische Seelsorge ist
rar geworden.
Ein gewaltiger Mythos ist der Wissenschaftsglaube, der
Glaube an die Fähigkeit der menschlichen Vernunft, alles
erforschen und begründen zu können. Lasst uns nicht
Mythen folgen, sondern dem lebendigen Gott, der uns zum
Denken befähigt und dem wir alles rechte Denken
verdanken.
9.
Die falschen Lehrer werden verderbliche Sekten
einführen und Gott und seinen Sohn als Gebieter
[despotäs] verleugnen. Diese falschen
Lehrer werden die Gemeinde Gottes spalten. Sie werden
Menschen hinter sich herziehen und durch ihr Leben
deutlich machen, dass sie letztlich den Herrn Jesus
nicht als Gebieter akzeptieren, sondern nur ihrem Willen
und ihrer Kraft vertrauen.
10.
11.
Ihr ganzes Denken wird von Habsucht und Egoismus
geprägt sein. Geldliebe und Eigenliebe charakterisieren
diese Menschen. Sie suchen nur Wohlstand, blicken auf
das Geld, auf Gewinn, auf Gewinnmaximierung und scheuen
sich nicht, für Geld die Seelen von Menschen in die Irre
zu führen.
12.
Viele werden diesen Irrlehrern mit ihren
Ausschweifungen, ihren Partynächten, folgen.
13.
Gottes Weg der Wahrheit wird verlästert.
Können wir dann nicht auch begreifen, dass immer mehr
Menschen fragen: „Aber was ist denn nun eigentlich der
Weg Gottes, der Wille Gottes?“ Ungläubige werden lästern
und sagen: „Schau dir die Christen an, sie leben wie
wir, reden von Gott und Heiligkeit, aber ihr wahres
Zuhause ist in dieser Welt. Sie unterscheiden sich in
nichts von uns. Im Gegenteil: Sie treiben es teilweise
schlimmer als wir.“
14.
Sie arbeiten mit betrügerischen Worten. Lüge wird
sie kennzeichnen. Sie dienen dem Teufel, dem Vater der
Lüge (Joh 8,44).
15.
Das Ende ist schreckliches Verderben. Ein ewiges
Verderben ist das Teil derer, die sich von Gott abwenden
und ihren Begierden nachgehen.
Wir leben in einer Gesellschaft, in der Spaß, Erlebnis
und Erfolgsorientierung Maßstäbe des eigenen
Wohlbefindens sind. Christliche „Events“ mit
ansprechender Musik, in der die Bandleader bewundert
werden, sind mehr und mehr an der Tagesordnung. Ich
erinnere mich an ein christliches Konzert mit
Evangelisation, wo es der Prediger fertig brachte, die
anwesenden Personen stehend zum Schaukeln zu bringen.
Die Musik dröhnte in den Lautsprechern, aber man merkte
überhaupt nicht, wie viele falsche Lehren schließlich
durch den Prediger vermittelt wurden. Als ich
anschließend zu ihm hinging, um ihn darauf anzusprechen,
ließ er mich kurzerhand stehen und meinte, dass es heute
um „Jesus, den Superstar“ ging. Bei einem anschließenden
Gespräch mit Besuchern stellte sich heraus, dass man
überhaupt nichts Tadelnswertes an dem fand, was da so
vor den Ohren und Augen der Besucher abgelaufen war.
In einer anderen christlichen Großveranstaltung wurden
handfeste Irrlehren verkündigt, aber keiner regte sich
auf. Erst in einer Zeitschrift wurde später zu der
Veranstaltung nüchtern und sachlich Stellung genommen.
In der Tat: Christliche „Events“ können begeistern,
berauschen, können die Emotionen zu
überschwänglichen Freudenergüssen provozieren, aber was
ist daran wirklich geistlich, biblisch, gottgemäß?
Wie oft werden wir in der Schrift daran erinnert,
nüchtern zu sein: „Also lasst uns nun nicht schlafen wie
die Übrigen, sondern wachen und nüchtern sein“ (1Thes
5,6; 2Tim 2,26; 4,5; 1Pet 4,7; 5,8). In 1. Timotheus 3,2
wird den Ältesten ausdrücklich gesagt, dass sie nüchtern
sein sollen; und in Titus 2,2 werden die alten Männer
angesprochen. Es geht also nicht um junge Leute, sondern
gerade um solche, die auch Aufseherdienste ausüben, die
gerade durch ihr Alter, ihre Erfahrung und ihre Weisheit
sowie ihr Vorbild von Nüchternheit und Besonnenheit
gekennzeichnet sein sollen.1
1
|
An dieser Stelle sollten auch die Texte über
Besonnenheit sehr gut gelesen werden: „Denn Gott
hat uns nicht einen Geist der Furchtsamkeit
gegeben, sondern der Kraft und der Liebe und der
Besonnenheit [o. des gesunden Sinnes.
And. üb.: der Zurechtweisung, Zucht]“ (2Tim 1,7;
vgl. auch Röm 12,3; 1Tim 3,2; Tit 1,8;
2,2.6.12).
|
1
|
An dieser Stelle sollten auch die Texte über
Besonnenheit sehr gut gelesen werden: „Denn Gott
hat uns nicht einen Geist der Furchtsamkeit
gegeben, sondern der Kraft und der Liebe und der
Besonnenheit [o. des gesunden Sinnes.
And. üb.: der Zurechtweisung, Zucht]“ (2Tim 1,7;
vgl. auch Röm 12,3; 1Tim 3,2; Tit 1,8;
2,2.6.12).
|
In einer solch wirren Zeit lebte Micha. Man könnte
meinen, dass er ein einsamer Prophet war. Aber besser
einsam mit Gott sein, als in der Masse Gottes Willen
verachten. So lesen wir nun:
3,8 – Ich hingegen, ich bin mit Kraft erfüllt durch den
Geist des HERRN
und mit Recht und Stärke, um Jakob seine Übertretung [o.
seinen Abfall] kundzutun und Israel seine Sünde.
Vorhin lasen wir von Saul, dass keine Kraft mehr in ihm
war, hier lesen wir von einem Propheten, der durch
Gottes Geist mit Kraft erfüllt war. Aber Kraft ist nicht
in sich selbst wichtig, sondern sie muss mit etwas
verbunden sein. Hier lesen wir, dass Micha mit Recht und
Stärke erfüllt war, um Gottes Volk seine Übertretung
vorzustellen.
Propheten, die im Namen Gottes reden und nicht von
Menschen abhängig sind, erleben in ganz besonderer Weise
die Kraft Gottes und haben daher Mut. Sie lassen sich
nicht von der Masse beeindrucken, lehnen
einschmeichelnde Worte ab, lassen sich nicht von ihren
Augen und seelischen Gefühlen leiten, sondern reden vor
Gott, aus Gott und mit Gott.
Jakob und Israel werden hier unterschieden. Vielleicht
werden beide Ausdrücke synonym gebraucht. Das Volk
Gottes ist von Gott abgefallen, es lebt in der Sünde,
und der Prophet muss diese Sünde mit Namen nennen. Das
hier mit „Übertretung“ wiedergegebene Wort bedeutet
auch, dass das Volk von Gott abgefallen ist.1
1
|
Hebr. pahschag (1Kön 12,19; 2Kön 1,1; Jes
59,13 u. v. m.).
|
In diesem revoltierenden, rebellierenden Zustand befand
sich das Volk Gottes. Erinnert uns das nicht an eine
messianische Prophezeiung in Jesaja 53,12: „Darum werde
ich ihm Anteil geben an den Vielen [o. den Großen], und
mit Gewaltigen wird er die Beute teilen: dafür, dass er
seine Seele ausgeschüttet hat in den Tod und den
Übertretern beigezählt worden ist; er aber hat die Sünde
vieler getragen und für die Übertreter Fürbitte getan“?
Das ist unser wahrer Zustand. Von Natur aus sind wir
Abtrünnige, und gerade für diese Menschen starb der Herr
Jesus. Er ist wie ein Abtrünniger, wie ein Übertreter,
am Kreuz gestorben, damit wir Leben bekommen könnten. Er
ist so von Gott behandelt worden, wie wir hätten
behandelt werden müssen. Gott hat Ihn zur Sünde gemacht
(2Kor 5,21). Er hat unsere Sünden an seinem Leib auf dem
Holz getragen (1Pet 2,24). Welche Liebe unseres
Heilandes, der sich an unseren Platz gestellt hat. Ich
hätte dort hängen müssen, aber Er hing dort am Kreuz,
der „Mann der Schmerzen und mit Leiden vertraut“ (Jes
53,3). Empfinden wir dann nicht Hass auf die Sünde? Kann
es dann sein, dass wir leichtfertig mit der Sünde
spielen oder gegen Gottes offenbarten Willen
rebellieren? Als Erlöste sind wir doch in die
Gemeinschaft des Herrn Jesus berufen worden (1Kor 1,9).
Sollten wir dann nicht auch unser Leben Ihm und
seiner Autorität unterstellen und erleben, wie der
Heilige Geist uns erfüllt?
„Und berauscht euch nicht mit Wein, in dem Ausschweifung
ist, sondern werdet mit dem Geist erfüllt, redend
zueinander in Psalmen und Lobliedern und geistlichen
Liedern, singend und spielend dem Herrn in eurem Herzen,
danksagend allezeit für alles dem Gott und Vater im
Namen unseres Herrn Jesus Christus“ (Eph 5,18–20).
Micha war mit Kraft durch den Geist erfüllt und hat dem
Volk Gottes seine Sünde mitgeteilt; wir sollten mit dem
Geist Gottes erfüllt sein und Christus verherrlichen.
3,9–11 – Hört doch dies, ihr Häupter des Hauses Jakob
und ihr Fürsten des Hauses Israel, die ihr das Recht
verabscheut und alles Gerade krümmt; die ihr Zion mit
Blut baut und Jerusalem mit Unrecht. Seine Häupter
richten für Geschenke und seine Priester lehren für
Lohn, und seine Propheten wahrsagen für Geld; und sie
stützen sich auf den HERRN
und sagen: Ist nicht der HERR
in unserer Mitte? Kein Unglück wird über uns kommen!
Jetzt werden die religiösen Führer angesprochen. Wieder
wird von den Häuptern des Hauses Jakob und den Fürsten
des Hauses Israel sowie von den Priestern und Propheten
geredet. Sie waren verantwortlich dafür, dass Gottes
Volk in den Satzungen und Ordnungen Gottes wandelte. Sie
waren verpflichtet, Gottes Rechte zu verkündigen und sie
zu wahren. Aber was tun sie nun?
16.
Sie verabscheuen das Recht : Das Gesetz enthält sehr
deutliche Anweisungen im Blick auf die Frage, wie man zu
den Mitmenschen sein soll: „Du sollst der Menge nicht
folgen, um Böses zu tun; und du sollst bei einem
Rechtsstreit nicht antworten, indem du dich nach der
Menge neigst, das Recht zu beugen“(2Mo 23,2; vgl. 2Mo
23,6; 5Mo 16,19; 24,17; 27,19).
Wenn hier nun steht, dass die Führer das Recht
verabscheuen, dann muss das bedeuten, dass den Priestern
einerseits das Recht Gottes gleichgültig ist, aber dass
sie andererseits auch ganz und gar aus egoistischen
Motiven ihre Mitmenschen falsch führen, um sich
letztlich an ihnen zu bereichern.
17.
Sie verabscheuen das Recht : Das Gesetz enthält sehr
deutliche Anweisungen im Blick auf die Frage, wie man zu
den Mitmenschen sein soll: „Du sollst der Menge nicht
folgen, um Böses zu tun; und du sollst bei einem
Rechtsstreit nicht antworten, indem du dich nach der
Menge neigst, das Recht zu beugen“(2Mo 23,2; vgl. 2Mo
23,6; 5Mo 16,19; 24,17; 27,19).
Wenn hier nun steht, dass die Führer das Recht
verabscheuen, dann muss das bedeuten, dass den Priestern
einerseits das Recht Gottes gleichgültig ist, aber dass
sie andererseits auch ganz und gar aus egoistischen
Motiven ihre Mitmenschen falsch führen, um sich
letztlich an ihnen zu bereichern.
Sie krümmen alles Gerade: Waren es die Dialektiker jener
Tage? In Sprüche 28,18 heißt es: „... wer aber verkehrt
[d. h. falsch, o. heuchlerisch] auf zwei Wegen geht,
wird auf einmal fallen“, und in Sprüche 10,9 lesen wir:
„... wer aber seine Wege krümmt, wird bekannt werden.“
Es traf auf diese Führer zu, was der Prophet Jesaja
sagt: „Den Weg des Friedens kennen sie nicht, und kein
Recht ist in ihren Spuren. Ihre Pfade machen sie krumm –
wer irgend sie betritt, kennt keinen Frieden“ (Jes
59,8).
1.
Diese Führer veränderten den Weg der göttlichen
Wahrheit. Sie sprachen von Gott, sicher auch von seinem
Willen, aber handelten nach ihrem eigenen Sinn. Kennen
wir das nicht auch in unserer Zeit? Wie verbiegen auch
heute sogenannte Theologen das Recht Gottes! Wie
versuchen sie, gleiche Begriffe zu gebrauchen, aber sie
verstehen etwas ganz anderes darunter. Und wie traurig,
dass Vieles, was jahrhundertelang für viele Christen
feststand, heute nicht mehr gilt.
1.
Sie bauen Zion mit Blut und Jerusalem mit Unrecht:
Denken wir nur an die Zeit des Königs Ahas, der seine
Söhne im Feuer verbrannte, nach den Gräueln der
Nationen. „Ahas beraubte das Haus des Herrnund das Haus
des Königs und der Obersten und gab das Geraubte dem
König von Assyrien“, denn er erwartete von den Assyrern
Hilfe. „In der Zeit seiner Bedrängnis, da handelte er
noch treuloser gegen den Herrn …Und er opferte den
Göttern von Damaskus, die ihn geschlagen hatten.“ Er
meinte, dass die Götter der Könige von Syrien auch ihm
helfen würden, wenn er ihnen nur opfern würde. Er
„brachte die Geräte des Hauses Gottes zusammen und
zerschlug die Geräte des Hauses Gottes; und er schloss
die Türen des Hauses des Herrnund machte sich Altäre an
allen Ecken in Jerusalem. Und in jeder einzelnen Stadt
von Juda machte er Höhen, um anderen Göttern zu
räuchern. Und er reizte den Herrn, den Gott seiner
Väter“ (2Chr 28,21ff.).
Alle diese götzendienerischen Handlungen wurden von den
Fürsten und Häuptern unterstützt. Offensichtlich floss
in Jerusalem Blut. Vielleicht gab es einige in dieser
Stadt des großen Königs, die mit dem Treiben des Königs
und seiner Obersten nicht einverstanden waren. Aber sehr
schnell entledigte man sich dieser „Miesmacher“, dieser
Fundamentalisten. Und so floss unschuldiges Blut.
2.
Die Häupter richten für Geschenke: Kannten diese denn
nicht das Gesetz? „Und kein Geschenk sollst du annehmen;
denn das Geschenk blendet die Sehenden und verkehrt die
Worte der Gerechten“ (2Mo 23,8, vgl. 5Mo 16,19; 27,25).
Wie ganz anders ist der lebendige Gott: „Denn der Herr,
euer Gott, er ist der Gott der Götter und der Herr der
Herren, der große, mächtige und furchtbare Gott, der
keine Person ansieht und kein Geschenk annimmt“ (5Mo
10,17; vgl. 2Chr 19,7). Aber ist das nicht auch eine
Gefahr für jeden Gläubigen? Wie schnell wird man von
Menschen abhängig, die uns Gutes tun, die vielleicht im
Verborgenen den Dienern Gottes Geld zustecken, Autos
schenken. Wie schnell können gut gemeinte Zuwendungen
die Kraft eines geistlichen Urteils schmälern. Ein
Rechtsurteil in einer Sache muss in Übereinstimmung mit
dem Recht Gottes sein, muss unabhängig von Einflüssen
von Menschen sein. Es heißt: „Richter und Vorsteher
sollst du dir einsetzen, nach deinen Stämmen, in allen
deinen Toren, die der Herr, dein Gott, dir gibt, damit
sie das Volk richten mit gerechtem Gericht“ (5Mo 16,18).
1.
Die Priester lehren für Lohn: Hatten die Priester kein
Auskommen mehr? Waren sie nicht mehr in der Lage, mit
dem, was ihnen gehörte, zufrieden zu sein? Die Priester
lebten ja von den Gaben, die das Volk Israel dem
Herrndarbrachte (4Mo 18,8.19). Auch musste jeweils der
Zehnte von den Zehnten, die das Volk den Leviten gab,
als Hebopfer an die Priester weitergegeben werden (4Mo
18,25–32). Auch die Gebrechlichen unter den Nachkommen
Aarons, die den Priesterdienst nicht ausüben durften,
hatten dennoch Teil an dem Einkommen (3Mo 21,21–23). Die
Aufgaben der Priester waren folgende: Sie mussten das
Volk vor Gott vertreten und im Heiligen der Stiftshütte
bzw. des Tempels dienen. Sie sollten aber auch das Volk
im Gesetz unterweisen, auf die kultische Reinheit des
Volkes achten und zudem besondere Rechtsstreitigkeiten
nach Gottes Maßstäben klären. Welch einen bedeutsamen
Dienst hatten die Priester! Doch in Michas Zeit lehrten
sie für Lohn. Offensichtlich waren sie damit auch
abhängig von dem Willen und den Forderungen ihrer
Geldgeber. Wie gefährlich. Und doch: Sind wir von Natur
aus besser? Gerade in unserer Zeit müssen diejenigen,
die ganz und gar auf das Geld von einzelnen Gläubigen
oder Missionswerken oder örtlichen
Versammlungen/Gemeinden angewiesen sind, sehr auf der
Hut sein, dass sie dennoch innerlich frei bleiben, ein
gutes Gewissen vor Gott und Menschen bewahren und
wirklich „aus Glauben leben“. Zur Ermutigung hier einige
Worte Gottes: „So seid nun nicht besorgt, indem ihr
sagt: Was sollen wir essen?, oder: Was sollen wir
trinken?, oder: Was sollen wir anziehen? Denn nach all
diesem trachten die Nationen; denn euer himmlischer
Vater weiß, dass ihr dies alles nötig habt. Trachtet
aber zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner
Gerechtigkeit, und dies alles wird euch hinzugefügt
werden. So seid nun nicht besorgt für den morgigen Tag,
denn der morgige Tag wird für sich selbst sorgen. Jeder
Tag hat an seinem Übel genug“ (Mt 6,31–34), und: „Nicht
dass ich dies des Mangels wegen sage, denn ich habe
gelernt, worin ich bin, mich zu begnügen. Ich weiß
sowohl erniedrigt zu sein, als ich weiß Überfluss zu
haben; in jedem und in allem bin ich unterwiesen, sowohl
satt zu sein als zu hungern, sowohl Überfluss zu haben
als Mangel zu leiden. Alles vermag ich in dem, der mich
kräftigt ... Mein Gott aber wird euch alles Nötige geben
nach seinem Reichtum in Herrlichkeit in Christus Jesus“
(Phil 4,11ff.).
2.
Die Propheten wahrsagen für Geld: Das Erschütternde hier
ist, dass Gott durch den Propheten ganz klar sagt, dass
die Propheten nicht weissagen, also prophezeien, sondern
sie wahrsagen. Wir hatten das auch schon in Kapitel 3,6
gelesen. Zur Zeit der Wegführung des Nordreiches, also
zur Zeit des Königs Hosea und des Königs Asa im Südreich
Juda, waren Wahrsagerei und Beschwörung offensichtlich
an der Tagesordnung (2Kön 17,17). Der Prophet Jesaja
muss sagen: „Denn siehe, der Herr, der Herrder
Heerscharen, nimmt von Jerusalem und von Juda Stütze und
Unterstützung weg, jede Stütze des Brotes und jede
Stütze des Wassers; Held und Kriegsmann, Richter und
Prophet und Wahrsager und Ältesten; den Obersten über
Fünfzig und den Angesehenen und den Ratgeber und den
geschickten Künstler und den Zauberkundigen. Und ich
werde Jünglinge zu ihren Fürsten machen, und kleine
Kinder sollen über sie herrschen. Und das Volk wird sich
gegenseitig bedrücken, der eine den anderen und jeder
seinen Nächsten; der Knabe wird frech auftreten gegen
den Greis und der Verachtete gegen den Geehrten“ (Jes
3,1–5; vgl. Hes 13,3ff.).
Daher lasst uns auf der Hut sein: Nicht alles, was als
Weissagung ausgegeben wird, ist wirklich gott- und
geistgewirkt. Sehr schnell kann sich auch ein böser
Geist in eine Zusammenkunft von Menschen einschleichen,
und es wird plötzlich gewahrsagt, aber nicht geweissagt.
Der untrügliche Maßstab des Wortes Gottes ist hier auch
anzuwenden. Insbesondere bei Veranstaltungen, wo
Menschen aufstehen und sagen: „So spricht der Herr“, und
von Träumen oder Gesichten reden, sollten wir äußerst
kritisch sein. Wir sollen uns durch Gottes Geist und
Wort leiten lassen und nicht durch Träume oder Visionen,
die über das geschriebene Wort hinausgehen. Immer dann,
wenn der Herr Jesus nicht im Mittelpunkt steht, müssen
wir grundsätzlich Fragezeichen setzen.
Sie stellen unbewiesene Behauptungen auf: „Ist nicht der
Herrin unserer Mitte? Kein Unglück wird über uns
kommen!“
Eine erschreckende Selbstgefälligkeit. Ihnen geht es
wesentlich um das Geld. Sie krümmen das Recht, es finden
Wahrsagungen statt, aber sie sind dennoch überzeugt,
dass der Herrin ihrer Mitte ist und dass kein Unglück
kommen würde. Welch eine Verblendung. Das erinnert uns
auch an die Worte des Propheten Jeremia: „Und verlasst
euch nicht auf Worte der Lüge, indem man spricht: Der
Tempel des Herrn, der Tempel des Herrn, der Tempel des
Herrnist dies! Sondern wenn ihr eure Wege und eure
Handlungen wirklich gut macht, wenn ihr wirklich Recht
übt zwischen dem einen und dem anderen, den Fremden, die
Waise und die Witwe nicht bedrückt und unschuldiges Blut
an diesem Orte nicht vergießt und anderen Göttern nicht
nachwandelt euch zum Unglück, so will ich euch an diesem
Ort, in dem Land, das ich euren Vätern gegeben habe,
wohnen lassen von Ewigkeit zu Ewigkeit. Siehe, ihr
verlasst euch auf Worte der Lüge, die nichts nützen.
Wie? Stehlen, morden und Ehebruch treiben und falsch
schwören und dem Baal räuchern und anderen Göttern
nachwandeln, die ihr nicht kennt! Und dann kommt ihr und
tretet vor mein Angesicht in diesem Haus, das nach
meinem Namen genannt ist, und sprecht: ,Wir sind
errettet!‘, damit ihr alle diese Gräuel verübt! Ist denn
dieses Haus, das nach meinem Namen genannt ist, eine
Räuberhöhle geworden in euren Augen? Ich selbst, siehe,
ich habe es gesehen, spricht der Herr... Und ich werde
euch wegwerfen von meinem Angesicht, so wie ich alle
eure Brüder, die ganze Nachkommenschaft Ephraims,
weggeworfen habe. Du aber, bitte nicht für dieses Volk
und erhebe weder Flehen noch Gebet für sie, und dringe
nicht in mich; denn ich werde nicht auf dich hören“ (Jer
7,4–11.15.16).
Auch diese Zeit wiederholt sich, denn es heißt in 2.
Timotheus 3,1: „Dies aber wisse, dass in den letzten
Tagen schwere [o. gefahrvolle] Zeiten eintreten werden;
denn die Menschen werden selbstsüchtig sein,
geldliebend, prahlerisch, hochmütig, Lästerer, den
Eltern ungehorsam, undankbar, unheilig, ohne natürliche
Liebe, unversöhnlich [o. wortbrüchig, o. treulos],
Verleumder, unenthaltsam, grausam, das Gute nicht
liebend, Verräter, verwegen, aufgeblasen, mehr das
Vergnügen liebend als Gott, die eine Form der
Gottseligkeit haben, deren Kraft aber verleugnen; und
von diesen wende dich weg... Böse Menschen aber und
Betrüger werden zu Schlimmerem fortschreiten, indem sie
verführen und verführt werden“ (2Tim 3,1–5.13). Wir
haben weiter vorne schon an die falschen Lehrer
erinnert, die inmitten des christlichen Zeugnisses
auftreten und viele verführen werden. Hier noch einmal
einige Verse aus 2. Petrus 2: „… so weiß der Herr die
Gottseligen aus der Versuchung zu retten, die
Ungerechten aber aufzubewahren auf den Tag des Gerichts,
damit sie bestraft werden; besonders aber die, die in
der Begierde der Befleckung dem Fleisch nachwandeln und
die Herrschaft verachten, Verwegene, Eigenmächtige;
sie erzittern nicht, Herrlichkeiten [o. Würden, o.
Gewalten] zu lästern, ... indem sie den Lohn der
Ungerechtigkeit empfangen; die die Schwelgerei bei
Tage für Vergnügen halten – Flecken und
Schandflecke, die in ihren eigenen Betrügereien
schwelgen und Festessen mit euch halten; die Augen voll
Ehebruch haben und von der Sünde nicht ablassen,
wobei sie unbefestigte Seelen anlocken; die ein Herz
haben, in Habsucht geübt, Kinder des Fluches,
die, da sie den geraden Weg verlassen haben, abgeirrt
sind, indem sie dem Weg Bileams nachfolgten, des Sohnes
Bosors, der den Lohn der Ungerechtigkeit liebte“ (V.
9.10.13–15).
Für einen Christen, der Christus nachfolgt, ist es nicht
schwer, solche inmitten der Christenheit auszumachen.
Formen mögen eingehalten werden. Äußerlich mag alles
stimmen, aber es fehlt die „Kraft der Gottseligkeit“,
das ist die Kraft, in der man das Böse verurteilt, die
falschen Lehren entlarvt, dem Mammon entsagt und
unbefestigte Seelen nicht hinter sich herzieht, sondern
in der man Menschen zu Christus führt, das Wort Gottes
ernst nimmt und alles tut, damit Seelen sich diesem Wort
zuwenden und es erforschen, um es zu tun.
Es geht nicht um Rufe wie: „Der Herr ist in unserer
Mitte“, oder: „Hier ist der Tempel des Herrn, das Haus
Gottes“, sondern es geht darum, dass wir Christus
verherrlichen, Gott lieben von ganzem Herzen und seinen
Willen tun.
3,12 – Darum wird euretwegen Zion als Feld gepflügt
werden, und Jerusalem wird zu Trümmerhaufen und der Berg
des Hauses zu Waldeshöhen werden [vgl. Jer 26,18].
Diese Botschaft ist nun die Gerichtsbotschaft, an die
die Ältesten des Landes zur Zeit Jojakims erinnern (Jer
26,18), als man Jeremia zum Tode verurteilen wollte.
Während ein anderer Botschafter – Urija, der Sohn
Schemajas – sterben musste, konnte Jeremia durch
Achikam, den Sohn Schaphans, gerettet werden.
Bald würde Jerusalem zerstört werden. Diese Stadt würde
in Trümmern liegen. Micha prophezeit es, Jeremia wird
sich dieser Prophezeiung anschließen und ebenso andere
Propheten. Auch Zephanja weissagt: „Und ich werde meine
Hand ausstrecken gegen Juda und gegen alle Bewohner von
Jerusalem. Und ich werde aus diesem Ort den
Überrest des Baal, den Namen der Götzenpriester samt den
Priestern ausrotten ... Und es wird geschehen zu jener
Zeit, da werde ich Jerusalem mit Leuchten
durchsuchen; und ich werde die Männer heimsuchen, die
auf ihren Hefen liegen, die in ihrem Herzen sprechen:
Der Herrtut nichts Gutes und tut nichts Böses“ (Zeph
1,4.12). Unser Vers sagt aus, dass nur noch Trümmer und
Gestrüpp übrig bleiben.
Jeremia klagt später in seinen Klageliedern: „In den
Tagen ihres Elends und ihres Umherirrens erinnert
Jerusalem sich an alle ihre Kostbarkeiten, die seit den
Tagen der Vorzeit waren, da nun ihr Volk durch die Hand
des Bedrängers gefallen ist und sie keinen Helfer hat;
die Bedränger sehen sie an, spotten über ihren
Untergang. Jerusalem hat schwer gesündigt, darum ist sie
wie eine Unreine geworden; alle, die sie ehrten,
verachten sie, weil sie ihre Blöße gesehen haben; auch
sie selbst seufzt und wendet sich ab!“ (Klgl 1,7.8; vgl.
1,17; 2,13–15).
Wenn Jeremia so klagt, was muss erst der lebendige Gott
denken über die Stadt, die eigentlich seinem Sohn
gehört? Es ist doch die Stadt des großen Königs! Doch es
wird der Tag kommen, wo Jerusalem nicht mehr weinen
wird: „Denn ein Volk wird in Zion wohnen, in
Jerusalem. Du wirst nie mehr weinen; er wird dir
gewiss Gnade erweisen auf die Stimme deines Schreiens.
Sobald er hört, wird er dir antworten“ (Jes 30,19). „Und
die Befreiten [eig. die Losgekauften] des Herrnwerden
zurückkehren und nach Zion kommen mit Jubel, und
ewige Freude wird über ihrem Haupt sein; sie werden
Wonne und Freude erlangen, und Kummer und Seufzen werden
entfliehen“ (Jes 35,10; 51,11).
5. Jerusalem – Sitz des Messias, Anziehungspunkt für die
Völker (Kapitel 4,1–8)
4,1.2 – Und es wird geschehen am Ende der Tage1
da wird der Berg des Hauses des HERRN
feststehen auf dem Gipfel der Berge und erhaben sein
über die Hügel. Und Völker werden zu ihm strömen; und
viele Nationen werden hingehen und sagen: Kommt und
lasst uns hinaufziehen zum Berg des HERRN
und zum Haus des Gottes Jakobs! Und er wird uns belehren
aus seinen Wegen, und wir wollen wandeln auf seinen
Pfaden. Denn von Zion wird das Gesetz ausgehen, und das
Wort des HERRN
von Jerusalem.
1
|
Der Ausdruck b’atarith hajamim kommt noch
vor in 1Mo 49,1; 4Mo 24,14; 5Mo 4,30; 31,29; Jes
2,2; Jer 23,20; 48,47; 49,39; Hes 38,16; Dan
2,28; 4,31; 10,14; 12,13; Hos 3,5.
|
Micha wendet sich jetzt weg von den falschen Führern,
den Lügenpropheten und den Geld liebenden Priestern und
schaut in eine ferne Zukunft. Schon Jakob prophezeite in
1. Mose 49,1 eine herrliche Zeit: „Und Jakob rief seine
Söhne und sprach: Versammelt euch, und ich will euch
verkünden, was euch begegnen wird in künftigen Tagen [o.
am Ende der Tage].“ Auch Bileam weissagte in 4. Mose
24,14 von künftigen Tagen: „Und nun siehe, ich gehe zu
meinem Volk. Komm, ich will dir kundtun, was dieses Volk
deinem Volk tun wird am Ende der Tage.“ Wann
würde denn das Ende der Tage sein?
Nun, in 5. Mose 4,30 sagt Gott: „In deiner Bedrängnis,
und wenn alle diese Dinge dich treffen werden am Ende
der Tage, wirst du umkehren zu dem Herrn, deinem
Gott, und seiner Stimme gehorchen“, und in 5. Mose 31,29
spricht auch Mose warnend von dem Ende der Tage: „Denn
ich weiß, dass ihr euch nach meinem Tod ganz und gar
verderben und von dem Weg abweichen werdet, den ich euch
geboten habe; und es wird euch das Unglück begegnen am
Ende der Tage, weil ihr tun werdet, was böse ist
in den Augen des Herrn, ihn zu reizen durch das Werk
eurer Hände.“ Das heißt also, dass es ein Ende der Tage
gibt, eine Zeitepoche, die von Bedrängnis und Not
gekennzeichnet ist. In diese Richtung weissagen auch die
Propheten Jeremia und Hesekiel: „Nicht wenden wird sich
der Zorn des Herrn, bis er getan und bis er ausgeführt
hat die Gedanken seines Herzens. Am Ende der Tage
werdet ihr es ganz verstehen“ (Jer 23,20; vgl. 30,24).
Der Prophet Hesekiel prophezeit einen schrecklichen
Krieg im Land, und er spricht von Gog, der gegen Israel
ziehen wird (Hes 38,16). Auch der Prophet Hosea spricht
von der Umkehr des Volkes Israel und sagt, dass sich
dieses zitternd zu seinem Gott und zu dessen Güte wenden
wird.
Der Prophet Daniel schreibt in Daniel 10,14, dass ein
Engel ihm über das Ende der Tage Auskunft geben will,
und in Kapitel 12,13 wird ihm selbst mitgeteilt, dass er
einmal am Ende der Tage auferstehen werde.
Der „Berg des Herrn“1
ist der Berg Zion. Der Berg, auf dem Abraham seinen Sohn
Isaak opfern wollte, wird in 1. Mose 22,14 ebenfalls
„Berg des Herrn“ genannt, und Abraham fügte hinzu: „Der
Herrwird ersehen“ (Jahwe Jireh). Auch in Jesaja 2,3 und
Micha 4,2 ist der Berg, auf dem die Stadt Jerusalem
gebaut worden ist, der Berg des Herrn.
1
|
In 4. Mose 10,33 wird der Berg Sinai ebenfalls
„Berg des Herrn“ genannt.
|
In Psalm 24,3 fragt der Psalmist: „Wer wird auf den Berg
des Herrnsteigen, und wer wird an seiner heiligen Stätte
stehen?“ Die Antwort ist: „Der unschuldiger Hände und
reinen Herzens ist, der nicht zur Falschheit seine Seele
erhebt und nicht schwört zum Trug. Er wird Segen
empfangen von dem Herrn, und Gerechtigkeit von dem Gott
seines Heils.“ In Jesaja 30,29 wird der Berg des
Herrnder „Felsen Israels“ genannt und in Sacharja 8,3
„der heilige Berg“. Es ist der Berg, auf dem der Tempel
stand, und es wird ebenfalls der Berg sein, auf dem
einmal in der Zukunft der Tempel im 1000-jährigen Reich
stehen wird.
Der Prophet Jesaja hat schon das Gleiche geweissagt wie
Micha: „Und es wird geschehen am Ende der Tage,
da wird der Berg des Hauses des Herrnfeststehen auf dem
Gipfel der Berge [d. h. hoch über allen Bergen] und
erhaben sein über die Hügel. Und alle Nationen werden zu
ihm strömen“ (Jes 2,2).
Aus allen diesen Texten wird sehr deutlich, dass dieses
Volk noch eine Zukunft hat. Es wird in der Zukunft eine
Wiederbelebung des Volkes Israel geben. Jerusalem wird
eine besondere Rolle spielen und Gott selbst wird als
König regieren.
Michas Prophetie weist nun auf folgende Ereignisse hin:
„… Da wird der Berg des Hauses des Herrn
feststehen auf dem Gipfel der Berge und erhaben
sein über die Hügel.“ Das ist der Berg Zion, den
Gott sich erwählt und den Er geliebt hat (Ps 78,68). In
Psalm 48,3 wird gesagt: „Schön ragt empor, eine Freude
der ganzen Erde, der Berg Zion, an der Nordseite,
die Stadt des großen Königs.“ Dieser Berg Zion, die
zukünftige Stadt Jerusalem, wird erhaben sein über alle
Hügel. Das kann bedeuten, dass diese Stadt allen
umliegenden Städten nicht vergleichbar ist. Sie überragt
alle Städte an Schönheit.
Der Ruf dieser Stadt wird so stark sein, dass Völker
dorthin strömen werden. Sie werden zu diesem Berg
reisen. Man wird unter den Nationen sagen: „Kommt und
lasst uns hinaufziehen zum Berg des Herrnund zum Haus
des Gottes Jakobs! Und er wird uns belehren aus seinen
Wegen, und wir wollen wandeln auf seinen Pfaden.“ Es
wird den Nationen klar sein, dass in dieser Stadt der
Messias zu sehen ist. Hier, von dieser Stadt, wird das
Gesetz, das Wort Gottes, ausgehen. Das muss eine
außerordentlich herrliche Zeit sein. Die Propheten reden
in vielfältiger Weise davon: „Siehe, ein König wird
regieren in Gerechtigkeit; und die Fürsten, sie werden
nach Recht herrschen“ (Jes 32,1).
„Und das Recht wird sich niederlassen in der Wüste und
die Gerechtigkeit im Baumgarten wohnen; und das Werk der
Gerechtigkeit wird Frieden sein und der Ertrag der
Gerechtigkeit Ruhe und Sicherheit in Ewigkeit. Und mein
Volk wird wohnen an einer Wohnstätte des Friedens und in
sicheren Wohnungen und an stillen Ruhestätten“ (Jes
32,16–18; vgl. Sach 8,20–23; 14,16–18).
Die Erhabenheit dieser Stadt ist gegründet auf die
Gegenwart des Königs, dessen Name Spross ist: „An jenem
Tag wird der Spross des Herrnzur Zierde und zur
Herrlichkeit sein und die Frucht der Erde zum Stolz und
zum Schmuck für die Entronnenen Israels“ (Jes 4,2); und:
„Siehe, Tage kommen, spricht der Herr, da ich David
einen gerechten Spross erwecken werde; und er wird als
König regieren und verständig handeln und Recht und
Gerechtigkeit üben im Land“ (Jer 23,5); und: „In jenen
Tagen und zu jener Zeit werde ich David einen Spross der
Gerechtigkeit hervorsprossen lassen, und er wird Recht
und Gerechtigkeit üben im Land“ (Jer 33,15); und: „Höre
doch, Josua, du Hoherpriester, du und deine Gefährten,
die vor dir sitzen – denn Männer des Wunders [zugl. des
Wahrzeichens; o. des Vorbilds] sind sie; denn siehe, ich
will meinen Knecht, Spross genannt, kommen lassen“ (Sach
3,8); und: „... und sprich zu ihm und sage: So spricht
der Herrder Heerscharen und sagt: Siehe, ein Mann, sein
Name ist Spross; und er wird von seiner Stelle
aufsprossen und den Tempel des Herrnbauen“ (Sach
6,11.12). Hier finden wir den Spross viermal, nämlich
als den Spross der Herrlichkeit (Johannesevangelium),
als König-Spross (Matthäusevangelium), als den Spross
der Gerechtigkeit (Lukasevangelium) und als den Knecht,
Spross genannt (Markusevangelium). Nur an diesen
Textstellen wird das hebräische Wort zämach
gebraucht. Erinnert uns das nicht sehr deutlich an
unseren Herrn Jesus Christus?
Aber die Stadt selbst wird auch neue Namen empfangen,
die wir im Folgenden kurz auflisten wollen:
-
Jahwe-Schammah =
Der Herr ist hier(Hes 48,35) – „Und der Name der
Stadt soll von nun an heißen: Der Herr ist hier.“
-
Qirjath Melek Rar = Stadt des großen Königs
(Ps 48,3) – „Schön ragt empor, eine Freude der
ganzen Erde, der Berg Zion, an der Nordseite, die
Stadt des großen Königs.“
-
Chäfzi-Bar = Mein Gefallen an ihr
(Jes 62,4) – „Nicht mehr wird man dich ,Verlassene‘
nennen, und dein Land nicht mehr ,Wüste‘ nennen;
sondern man wird dich nennen: ,Mein Gefallen an
ihr‘, und dein Land ,Vermählte‘; denn der Herrwird
Gefallen an dir haben, und dein Land wird vermählt
werden.“
-
Gir-HaÄmeth = Stadt der Wahrheit
(Sach 8,3) – „So spricht der Herr: Ich kehre nach
Zion zurück und will inmitten Jerusalems wohnen; und
Jerusalem wird ,Stadt der Wahrheit‘ genannt werden
und der Berg des Herrnder Heerscharen ,der heilige
Berg‘.“
-
D’Roscha = die gesuchte, die, nach der man fragt
(Jes 62,12) – „Und man wird sie nennen: ,Das heilige
Volk, die Erlösten des Herrn‘; und dich wird man
nennen: ,Die Gesuchte [Eig. die, nach der man fragt;
vgl. Jer 30,17], Stadt, die nicht mehr verlassen
wird‘.“
-
Ir-Jahwe Zion Quadosch Israel = Stadt des HERRN
, Zion des Heiligen Israels
(Jes 60,14) – „Und gebeugt werden zu dir kommen die
Kinder deiner Bedrücker, und alle deine Schmäher
werden niederfallen zu deinen Fußsohlen; und sie
werden dich nennen: Stadt des Herrn, Zion des
Heiligen Israels.“
-
Kisseh Jahwe = Thron des
HERRN
(Jer 3,17) – „In jener Zeit wird man Jerusalem den
Thron des Herrnnennen, und alle Nationen werden sich
zu ihr versammeln wegen des Namens des Herrnin
Jerusalem; und sie werden nicht mehr dem Starrsinn
ihres bösen Herzens nachwandeln.“
In unserer Zeit geht es nicht um eine Stadt, aber wir
sehnen uns nach dem himmlischen Jerusalem. Schon jetzt
dürfen wir einen Vorgeschmack von dieser zukünftigen
Herrlichkeit haben, wenn wir uns um den
versammeln, der gesagt hat: „Wahrlich, wiederum sage ich
euch: Wenn zwei von euch auf der Erde übereinkommen
werden über irgendeine Sache, welche sie auch erbitten
mögen, so wird sie ihnen zuteilwerden von meinem Vater,
der in den Himmeln ist. Denn wo zwei oder drei
versammelt sind in meinem Namen [w. zu meinem Namen
hin], da bin ich in ihrer Mitte“ (Mt 18,19.20). Er ist
hier! So wie der Herrzukünftig in Jerusalem im
neuen Tempel sein wird als der Jahwe Schamma, so will
der Herr Jesus jetzt da sein, wo man zu IHM hin
versammelt ist.1
Sind wir uns dessen bewusst? Wir möchten uns als das
Haus Gottes versammeln, als Pfeiler und Grundfeste der
Wahrheit, denn so lesen wir es in 1. Timotheus 3,15:
„... wenn ich aber zögere, damit du weißt, wie man sich
verhalten soll im Haus Gottes, das die Versammlung des
lebendigen Gottes ist, der Pfeiler und die Grundfeste
[o. Stütze] der Wahrheit.“ Daher soll die
Versammlung/Gemeinde Gottes sozusagen eine „Stadt der
Wahrheit“ sein, wo Gottes Wahrheit gelehrt und gelebt
wird. Dort steht in gewisser Hinsicht der „Thron des
Herrn“, denn hier wird geurteilt nach göttlichen
Maßstäben (vgl. Mt 18,17.18; 1Kor 5). Haben wir noch ein
Interesse daran, dass die Gemeinde nicht ein Ort ist, wo
wir uns wohlfühlen müssen, wo wir Spaß haben, wo
gefeiert wird, wo es eben um uns geht, sondern wo es um
Gottes Wahrheit geht, um göttliche Liebe, um einen Ort,
der von Heiligkeit, aber auch von Barmherzigkeit und
Milde geprägt ist, ja, wo es ausschließlich um Christus
geht?
1
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Man beachte die grammatische Form in Matthäus
18,20: synegmenoieis to emon onoma
bedeutet „versammelt sein zu meinem Namen“.
synegmenoi ist das Perfekt Partizip Passiv
von synago: vgl. die gleiche grammatische
Form im Part. Perf. Pass. in Joh 20,19; Apg
4,31; 20,7.8; das Wort synago wird in
Verbindung mit dem Zusammenkommen der gläubigen
Christen an folgenden Stellen verwendet: Apg
4,5; 11,26; 15,6.30; 1Kor 5,4.
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Man beachte die grammatische Form in
Matthäus 18,20: synegmenoieis to emon
onoma bedeutet „versammelt sein zu
meinem Namen“. synegmenoi ist das
Perfekt Partizip Passiv von synago:
vgl. die gleiche grammatische Form im
Part. Perf. Pass. in Joh 20,19; Apg
4,31; 20,7.8; das Wort synago
wird in Verbindung mit dem
Zusammenkommen der gläubigen Christen an
folgenden Stellen verwendet: Apg 4,5;
11,26; 15,6.30; 1Kor 5,4.
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Aber wo steht die Versammlung Gottes in
unserer Zeit? Sie ist zerrissen, gespalten, in
viele Gruppen und Gemeinschaften zerstreut.
Einheit ist nicht mehr zu sehen. Und selbst da,
wo man gern auf der Grundlage des einen Leibes
zusammenkommen will, wo man die Rechte des Herrn
beachten will, wo es doch um Ihn allein
gehen soll, ist so viel Schutt, ist
Weltförmigkeit, Gesetzlichkeit und häufig auch
einfach Oberflächlichkeit und Gleichgültigkeit.
Oh, lasst uns demütig bekennen: Wir haben
versagt. Aber dann lasst uns nicht dabei stehen
bleiben, sondern sagen: „Wir wollen wandeln auf
seinen Pfaden!“
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4,3–5 – und er wird richten zwischen vielen Völkern und
Recht sprechen mächtigen Nationen bis in die Ferne. Und
sie werden ihre Schwerter zu Pflugscharen schmieden und
ihre Speere zu Winzermessern; nicht wird Nation gegen
Nation das Schwert erheben, und sie werden den Krieg
nicht mehr lernen [vgl. Jes 2,2–4]. Und sie werden
sitzen, jeder unter seinem Weinstock und unter seinem
Feigenbaum, und niemand wird sie aufschrecken. Denn der
Mund des HERRN
der Heerscharen hat geredet. Denn alle Völker werden
wandeln, jedes im Namen seines Gottes; wir aber werden
wandeln im Namen des HERRN
, unseres Gottes, immer und ewig.
Wenn der Herr Jesus der wahre Mittelpunkt und der
König in Jerusalem sein wird, dann wird Er der letzte
Beurteiler jeder Sache sein. Er wird Recht sprechen. Und
dieses Recht wird auf den Inseln bekannt werden. Es gibt
dann keine demokratische Staatsform mehr, auch wird kein
ungerechter Diktator mehr die Welt beherrschen können,
kein Monarch wird mehr mit Prunk und Stolz auf einem
Prachtwagen daherfahren, nein, der König aller Könige
und Herr aller Herren, Jesus, wird regieren.
Waffen werden zu positiven Werkzeugen verändert. Krieg
wird es nicht mehr geben, ja, man wird keine
Militärakademien mehr haben, um neue Strategien für
Kriege zu erlernen. Die Menschen werden unter ihren
Fruchtbäumen sitzen, es wird wunderschöne
Kommunikationen geben. Gewalttäter können die ruhig sich
zusammenfindenden Familien nicht aufschrecken.
Die Völker werden wandeln im Namen ihres Gottes, aber
das Volk Gottes wandelt im Namen des Herrn, seines
Gottes. Diese Aussage erscheint auf den ersten Blick
recht schwierig. Gott hat doch für die Zukunft
verheißen, dass die Völker nach Jerusalem strömen werden
und dort von Gott belehrt werden. Wie kann es dann sein,
dass ein jeder im Namen seines Gottes wandelt? Das
hebräische Wort jaleku (von jahlak vgl.
Kap. 1,8; 2,3; 4,2; 6,16) macht auch die folgende
Übersetzung des Satzes möglich: „Mögen die Nationen im
Namen ihres Gottes wandeln, wir wollen im Namen des
Herrn, unseres Gottes, wandeln“ (Zunz). Es kann also gut
sein, dass die Zeitform hier die gegenwärtige Situation
Michas meint. Mögen die Nationen ihre Götter haben, so
wie es zur Zeit des Niedergangs im Nordreich war: „Und
sie machten sich, Nation für Nation, ihre Götter, und
stellten sie in die Höhenhäuser, die die Samariter
gemacht hatten, Nation für Nation in ihren Städten, in
denen sie wohnten ... Sie fürchteten den Herrn, und sie
dienten ihren Göttern nach der Weise der Nationen, aus
denen man sie weggeführt hatte. Bis auf diesen Tag tun
sie nach den früheren Weisen: Sie fürchten den
Herrnnicht, und sie tun nicht nach ihren Satzungen und
nach ihren Rechten und auch nicht nach dem Gesetz und
nach dem Gebot, das der Herrden Söhnen Jakobs geboten
hatte, dem er den Namen Israel gab“ (2Kön 17,29.33.34),
aber er und das wahre Volk Gottes wollten im Namen des
Herrn leben.
Sollten wir dieses „Wir aber“ nicht auch für
unsere Zeit auf unsere Herzen schreiben lassen? Wie
nötig haben wir als Christen das „Wir aber“ oder das „Du
aber“. Christen sind Nonkonformisten, sie denken
antithetisch, schwimmen gegen den Strom, ja, sie dienen
dem lebendigen Gott, ihrem Vater im Himmel. Daher
bedenken wir das göttliche „Du aber“, wie immer
wieder Einzelnen zugerufen wird: „Du aber gürte
deine Lenden und mach dich auf und rede zu ihnen alles,
was ich dir gebieten werde. Verzage nicht vor ihnen,
damit ich dich nicht vor ihnen verzagt mache“ (Jer 1,17;
7,16; 11,14; 46,27).
„Du aber, wenn du Wohltätigkeit übst, so lass
deine Linke nicht wissen, was deine Rechte tut“ (Mt
6,3); und: „Du aber, wenn du betest, so geh in
deine Kammer, und nachdem du deine Tür geschlossen hast,
bete zu deinem Vater, der im Verborgenen ist, und dein
Vater, der im Verborgenen sieht, wird es dir vergelten“
(Mt 6,6); und: „[Jesus] aber sprach zu ihm: Lass die
Toten ihre Toten begraben, du aber geh hin und
verkündige das Reich Gottes“ (Lk 9,60); und: „Du aber,
o Mensch Gottes, fliehe diese Dinge; strebe aber nach
Gerechtigkeit, Gottseligkeit, Glauben, Liebe, Ausharren,
Sanftmut des Geistes“ (1Tim 6,11); und: „Du aber
hast genau erkannt meine [o. bist genau gefolgt meiner
….; wie 1Tim 4,6] Lehre, mein Betragen, meinen Vorsatz,
meinen Glauben, meine Langmut, meine Liebe, mein
Ausharren“ (2Tim 3,10); und: „Du aber bleibe in
dem, was du gelernt hast und wovon du völlig überzeugt
bist, da du weißt, von wem du gelernt hast“ (2Tim 3,14);
und: „Du aber sei nüchtern in allem, leide
Trübsal, tu das Werk eines Evangelisten, vollführe
deinen Dienst“ (2Tim 4,5); und: „Du aber rede,
was der gesunden Lehre geziemt“ (Tit 2,1).
Genauso wichtig ist aber auch das „Wir aber“, das wir
nicht in eigener Kraft aussprechen dürfen, sondern im
Glaubensgehorsam gegenüber Gott, der uns durch den
Heiligen Geist kräftigen will: „Wir aber – der
Herrist unser Gott, und wir haben ihn nicht verlassen;
und Priester, Söhne Aarons, dienen dem Herrn, und die
Leviten tun ihre Arbeit“ (2Chr 13,10); und: „Diese
denken an Wagen und jene an Rosse, wir aber
erinnern uns an den Namen des Herrn, unseres Gottes“ (Ps
20,8); und: „Jene krümmen sich und fallen, wir aber
stehen und halten uns aufrecht“ (Ps 20,9); und: „Wir
aber, wir werden den Herrnpreisen von nun an bis in
Ewigkeit. Lobt den Herrn!“ (Ps 115,18). „Wir aber,
die Starken, sind schuldig, die Schwachheiten der
Schwachen zu tragen und nicht uns selbst zu gefallen“
(Röm 15,1; vgl. 1Kor 1,23; 2,12.16; 9,25; 1Thes 5,8; Heb
10,39).
4,6–8
– An jenem Tag, spricht der HERR
, werde ich das Hinkende sammeln und das Vertriebene
zusammenbringen und den, dem ich Übles getan habe. Und
ich werde das Hinkende zu einem Überrest und das weit
Entfernte zu einer gewaltigen Nation machen; und der HERR
wird König über sie sein auf dem Berg Zion, von nun an
bis in Ewigkeit. Und du, Herdenturm, du Hügel der
Tochter Zion, zu dir wird gelangen und zu dir wird
kommen die frühere Herrschaft, das Königtum der Tochter
Jerusalem.
In diesen beiden Versen wird eine wunderschöne
Ermutigung ausgesprochen: Der Herrwird das Hinkende
sammeln und das Vertriebene zusammenbringen. Das
Hinkende soll zu einem Überrest werden und das weit
Entfernte zu einer gewaltigen Nation. Und der, der
sammeln wird, wird zugleich König sein. Der Herrsammelt,
und Er wird König sein.
Das Hinkende wird der Herrsammeln. Warum wird hier
dieses Wort „hinken“1
gebraucht? Vielleicht deswegen, weil Jakob, der Urvater
dieses Volkes, in Pniel erlebte, wie er von dem Engel
angerührt wurde und hinkte. Seine eigene Kraft wurde
gebrochen, und so konnte ihm – geistlich gesprochen –
die „Sonne aufgehen“. Er sagte: „Denn ich habe Gott von
Angesicht zu Angesicht gesehen, und meine Seele ist
gerettet worden“ (1Mo 32,31f.).
1
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Hebr. tzahlag= hinken (1Mo 32,32; Mich
4,6.7; Zeph 3,19). Das sind die einzigen Texte
im AT, wo dieses Wort gebraucht wird.
In Zephanja 3,19 sagt Gott: „Siehe, ich werde zu
jener Zeit mit allen deinen Bedrückern abrechnen
und die Hinkenden retten und die Vertriebenen
sammeln; und ich werde sie zum Lob und zum Namen
machen in allen Ländern ihrer Schmach.“
Der Ausdruck „sammeln“1
deutet an, dass Gott in die politischen
Gegebenheiten eingreifen wird und kein Volk sein
Handeln und Wirken unterbinden kann. „Wenn deine
Vertriebenen am Ende des Himmels wären, so wird
der Herr, dein Gott, dich von dort sammeln und
dich von dort holen“ (5Mo 30,4); und: „...er
wird den Nationen ein Banner erheben und die
Vertriebenen Israels zusammenbringen, und die
Zerstreuten Judas wird er sammeln von den vier
Enden der Erde“ (Jes 11,12; vgl. Jes 43,5; 54,7;
Jer 23,3; 29,14; 31,10; Hes 11,17; 20,34; 28,25;
34,13; 36,24; 37,21; Zeph 3,19.20; Sach 10,8).
1
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Hebr. asaph= ein terminus
technicus u. a. für das Sammeln des
Volkes Gottes am Ende der Tage (Mich
2,12).
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Diese Verheißungen sind noch nicht erfüllt
worden. Augenblicklich wandern wohl Juden aus
verschiedenen Ländern aus, um nach Israel zu
ziehen, aber die in diesen Versen angedeutete
Sammlung geht von Gott selbst aus und steht in
Verbindung mit der Gegenwart des Messias in
Jerusalem.
Aber wir finden noch einen weiteren wichtigen
Hinweis. Das Volk war ja vertrieben (hebr.
nahdach) worden. Gott selbst hat es getan.
Er hatte es schon in 5. Mose 30,1 angedroht,
aber Er hat auch hinzugefügt, dass Er sie wieder
zurückbringen würde. Im 5. Buch Mose hat Gott es
prophezeit: „Und es wird geschehen, wenn alle
diese Worte über dich kommen, der Segen und der
Fluch, die ich dir vorgelegt habe, und du es zu
Herzen nimmst unter all den Nationen, wohin der
Herr, dein Gott, dich vertrieben hat, und
umkehrst zu dem Herrn, deinem Gott, und seiner
Stimme gehorchst nach allem, was ich dir heute
gebiete, du und deine Kinder, mit deinem ganzen
Herzen und mit deiner ganzen Seele – so wird der
Herr, dein Gott, deine Gefangenschaft wenden und
sich deiner erbarmen; und er wird dich wieder
sammeln aus all den Völkern, wohin der Herr,
dein Gott, dich zerstreut hat. Wenn deine
Vertriebenen am Ende des Himmels wären, so wird
der Herr, dein Gott, dich von dort sammeln und
dich von dort holen; und der Herr, dein Gott,
wird dich in das Land bringen, das deine Väter
besessen haben, und du wirst es besitzen; und er
wird dir Gutes tun und dich mehren über deine
Väter hinaus“ (5Mo 30,1–5).
Und auch Jeremia weissagt über diese Zeit: „,So
wahr der Herrlebt, der die Kinder Israel
heraufgeführt hat aus dem Land des Nordens und
aus allen Ländern, wohin er sie vertrieben
hatte!‘ Und ich werde sie in ihr Land
zurückbringen, das ich ihren Vätern gegeben
habe“ (Jer 16,15; vgl. 46,28; Dan 9,7).
Denken wir auch an das Gebet des Propheten
Daniel, der betete: „Dein, o Herr, ist die
Gerechtigkeit, unser aber die Beschämung des
Angesichts, wie es an diesem Tag ist: der Männer
von Juda und der Bewohner von Jerusalem, und des
ganzen Israel, der Nahen und der Fernen, in
allen Ländern, wohin du sie vertrieben
hast wegen ihrer Treulosigkeit, die sie gegen
dich begangen haben“ (Dan 9,7).
Vergessen wir es nie: Gott hat das Volk
vertrieben, indem Er die Assyrer und die
Babylonier als Werkzeuge gebrauchte. Es war ein
Gericht Gottes wegen der Untreue und der Sünden
seines Volkes. Aber Er hat Juda auch gesammelt,
als Er den Geist des Königs Kores erweckte, der
den Erlass herausgab, dass die Juden aus Babel
nach Jerusalem zurückkehren konnten.
Welch eine Gnade: Gott greift in seiner
richterlichen Autorität ein, aber Er ist auch
der treue Hirte seines Volkes und sammelt die
zerstreute Herde. Das will Er auch heute tun. Er
sammelt, Satan und der Mensch zerstreuen. Er
will zu sich ziehen, der Mensch will zum
Menschen ziehen. Wenn sein Geist sammelt, dann
ist Christus der Mittelpunkt, wenn der Mensch
sammelt, dann wirkt das Fleisch, dann geht es
nicht ohne Kompromisse, dann werden Verträge
gemacht, Satzungen entworfen, Ausschüsse
gebildet. Wenn Gott selbst handelt, dann liegen
die Gläubigen auf den Knien, dann wirkt Gottes
Geist durch Gottes Wort, und Er bewirkt
Glaubensgehorsam in den Herzen der Kinder
Gottes.
Das Vertriebene soll zusammengebracht1
werden. Während wir beim Sammeln (asaph)
mehr an das Einsammeln des Volkes denken, wird
in dem Wort kahbatz mehr an ein
„Zusammenfassen“ mit einem bestimmten Ziel
gedacht. „Und er wird den Nationen ein Banner
erheben und die Vertriebenen Israels
zusammenbringen, und die Zerstreuten Judas wird
er sammeln von den vier Enden der Erde“ (Jes
11,12; vgl. Hes 11,17; Ps 107,3; Hes 38,8).
1
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Hebr. kahbatz= zusammenbringen,
sammeln (5Mo 30,3; Ps 107,3; Jer 29,14;
Mich 2,12).
Das Sammeln und Zusammenbringen des
Volkes steht in Verbindung mit der
Herrschaft des Messias, des Christus,
der einmal alle seine Feinde unter seine
Füße treten wird. Er wird als
Menschensohn die Herrschaft für 1000
Jahre auf dieser Erde übernehmen.
Auch hier wollen wir das Wort Gottes
selbst sprechen lassen. So lesen wir
Botschaften über den König in den
Psalmen. Der König ist der Herr, obwohl
Er auch zugleich der gesalbte König auf
dem Berg Zion ist: „Habe ich doch meinen
König eingesetzt [viell. gesalbt]
auf Zion, meinem heiligen Berg!“ (Ps
2,6). „Erhebt, ihr Tore, eure Häupter,
und erhebt euch, ewige Pforten, damit
der König der Herrlichkeit
einziehe! Wer ist dieser König
der Herrlichkeit? Der Herr, stark und
mächtig! Der Herr, mächtig im Kampf!“
(Ps 24,7.8) „Gott ist ja mein König
von alters her, der Rettungen verschafft
inmitten des Landes“ (Ps 74,12).
Auch der Prophet Jesaja betont, dass der
Herrder König ist, obschon auch ein
Mensch: Er wird „regieren in
Gerechtigkeit“ (Jes 32,1), man wird
seine Schönheit sehen und ein weithin
offenes Land (Jes 33,17). Er ist
„Richter“, „der Herrunser Feldherr“, er
wird retten, Er, „der Heilige“, der
„Schöpfer Israels“ (Jes 43,15), der
König und „Erlöser“, „der Erste und der
Letzte“ (Jes 44,6).
Der Prophet Jeremia betont die gleiche
Tatsache. Der König ist ein Nachkomme
Davids, aber Er ist zugleich der
lebendige Gott und ein ewiger König:
„Aber der Herrist Gott in Wahrheit; er
ist der lebendige Gott und ein ewiger
König. Vor seinem Grimm erbebt die
Erde, und seinen Zorn können die
Nationen nicht ertragen“ (Jer 10,10).
Der Prophet Hesekiel redet von dem
zukünftigen Knecht David, dass dieser
ein Hirte ist: „Und mein Knecht David
wird König über sie sein, und sie
werden allesamt einen Hirten haben; und
sie werden in meinen Rechten wandeln und
meine Satzungen bewahren und sie tun“
(Hes 37,24).
Und Sacharja redet überdeutlich von
diesem König, der auf einem Esel reiten
wird, also ein Mensch ist. Aber der
König ist auch der Herr, zu dem Jahr für
Jahr Menschen aus den Nationen ziehen
werden, um Ihn anzubeten und das
Laubhüttenfest zu feiern. Ja,
diejenigen, die das verweigern werden,
müssen mit einer Trockenheit rechnen,
die letztlich dazu führen wird, dass sie
keine Nahrung mehr haben. Er, das Brot
des Lebens, ist Herrscher über alle
Naturgewalten. Er gibt Regen und
Sonnenschein, Er segnet und verflucht.
Er ist der ewige Schöpfer, der ewige
König, dem allein Anbetung gebührt.
„Frohlocke laut, Tochter Zion; jauchze,
Tochter Jerusalem! Siehe, dein König
wird zu dir kommen: Gerecht und ein
Retter [eig. ein mit Rettung (o. Heil)
Begabter] ist er, demütig und auf einem
Esel reitend, und zwar auf einem Fohlen,
einem Jungen der Eselin“ (Sach 9,9).
Und der Herrwird König sein über
die ganze Erde; an jenem Tag wird der
Herreiner sein und sein Name einer“
(Sach 14,9).
„Und es wird geschehen, dass alle
Übriggebliebenen von allen Nationen, die
gegen Jerusalem gekommen sind, Jahr für
Jahr hinaufziehen werden, um den
König, den Herrnder Heerscharen,
anzubeten und das Laubhüttenfest zu
feiern. Und es wird geschehen, wenn
eines von den Geschlechtern der Erde
nicht nach Jerusalem hinaufziehen wird,
um den König, den Herrn der
Heerscharen, anzubeten: über dieses wird
kein Regen kommen“ (Sach 14,16.17).
Es wird ganz konkret gesagt, dass der
König zum Herdenturm, zum Hügel der
Tochter Zion, kommen wird. Früher
überwachte der Hirte seine Herde oft von
einem Turm aus, aber wenn die Herde
zerstreut ist, nützt auch ein solcher
Turm nichts mehr. Doch nun wird
prophezeit, dass die frühere Herrschaft
wiederkehren wird. Jerusalem wird wieder
das Königtum bekommen; es wird eine
Königsstadt sein, die Stadt des großen
Königs.
Der König wird zugleich der eine
Hirte sein, der seine Schafe gesammelt
hat. Er wird sie bewachen, denn Er wird
Herrscher über die ganze Erde sein.
|
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Sie krümmen alles Gerade: Waren es die Dialektiker jener
Tage? In Sprüche 28,18 heißt es: „... wer aber verkehrt
[d. h. falsch, o. heuchlerisch] auf zwei Wegen geht,
wird auf einmal fallen“, und in Sprüche 10,9 lesen wir:
„... wer aber seine Wege krümmt, wird bekannt werden.“
Es traf auf diese Führer zu, was der Prophet Jesaja
sagt: „Den Weg des Friedens kennen sie nicht, und kein
Recht ist in ihren Spuren. Ihre Pfade machen sie krumm –
wer irgend sie betritt, kennt keinen Frieden“ (Jes
59,8).
Kennen wir auch diesen wunderbaren Ort, wo wir als
Kinder Gottes zusammenkommen, uns versammeln, um Gott,
den Vater, und seinen Sohn Jesus Christus, den großen
Hirten der Schafe, anzubeten in Geist und Wahrheit (vgl.
Joh 4,24)? Ist es nicht ein unermessliches Vorrecht,
„auf dem neuen und lebendigen Weg, den er uns eingeweiht
hat durch den Vorhang hin, das ist sein Fleisch“ (Heb
10,20), in das Heiligtum einzutreten? Ein Heiligtum,
nicht aus Holz und Stein, nicht aus Gold und Silber,
sondern ein geistliches Heiligtum? Wir dürfen in die
direkte Gegenwart Gottes mit Freimütigkeit treten,
dürfen hinzutreten zu dem „Thron der Gnade“ (Heb 4,16),
dürfen den „großen Priester über das Haus Gottes“ kennen
(Heb 10,21).
„Durch ihn nun lasst uns Gott stets ein Opfer des Lobes
darbringen, das ist die Frucht der Lippen, die seinen
Namen bekennen [o. segnen, o. preisen]“ (Heb 13,15). Der
Apostel Petrus schreibt: „Zu welchem kommend, als zu
einem lebendigen Stein, von Menschen zwar verworfen, bei
Gott aber auserwählt, kostbar, werdet auch ihr selbst
als lebendige Steine aufgebaut, ein geistliches Haus, zu
einer heiligen Priesterschaft, um darzubringen
geistliche Schlachtopfer, Gott wohlangenehm durch Jesus
Christus“ (1Pet 2,4.5).
Wenn wir so vor Gott hintreten, dann ist das nichts für
das Fleisch, nichts menschlich Attraktives. Nein, unser
Gottesdienst ist geistlich, geschieht durch den Heiligen
Geist: „Denn wir sind die Beschneidung, die wir durch
den Geist Gottes dienen1
und uns Christi Jesu rühmen und nicht auf Fleisch
vertrauen“ (Phil 3,3); und: „... wie viel mehr wird das
Blut des Christus, der durch den ewigen Geist sich
selbst ohne Flecken Gott geopfert hat, euer Gewissen
reinigen von toten Werken, um dem lebendigen Gott zu
dienen!“ (Heb 9,14). „Deshalb, da wir ein
unerschütterliches Reich empfangen, lasst uns Gnade
haben, durch die wir Gott wohlgefällig dienen
mögen mit Frömmigkeit [o. Ehrfurcht] und Furcht“ (Heb
12,28).
1
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In allen folgenden Bibelstellen steht immer das
Wort latreuo, was so viel wie
„Gottesdienst darbringen“ bedeutet.
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Wir verstehen dann auch, dass wahrer Gottesdienst nichts
mit Zeremonien und Ritualen zu tun hat, sondern einfach
mit unserem Leben. Unser ganzes Leben soll ein
Gottesdienst sein: „Ich ermahne euch nun, Brüder, durch
die Erbarmungen Gottes, eure Leiber darzustellen als ein
lebendiges, heiliges, Gott wohlgefälliges Schlachtopfer,
was euer vernünftiger Dienst [o. vernünftiger
Gottesdienst]1
ist“ (Röm 12,1).
1
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Hier steht das Hauptwort latreia.
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Wahrer Gottesdienst ist also ein gottgeweihtes
Leben, das darin besteht, dass wir Gottes Ehre
suchen, seine Herrlichkeit bewundern, Ihm
huldigen und Ihn verehren durch unsere Worte,
Taten und Wege. Gottesdienst ist kein
Aktionismus, keine Gefühlsduselei, kein „Event“,
wo man mit Instrumenten, Solos und Duos die
Gefühle aufpeitscht und künstlerisches Geschick
zeigt und so emotionale Regungen bewirkt. Nein,
Gottesdienst zeigt sich im Leben der Christen
und in ihren Zusammenkünften, wenn der Heilige
Geist Christus groß machen kann, wenn die
Gläubigen durch Gottes Wort erbaut werden, wenn
Christen ein Empfinden für die Gegenwart Gottes
erleben und sich vor Ihm demütigen.
Wenn Gläubige das Mahl des Herrn einnehmen, dann
denken sie an Ihn, bringen Ihm Lob und Dank dar,
dann bewundern sie seine Tat von Golgatha,
verkünden seinen Tod, gedenken an Ihn und
fallen geistlich (vielleicht auch körperlich)
vor Ihm nieder. Man wird nicht durcheinander
reden und beten, sondern nacheinander; man wird
aufeinander warten, weil die Liebe immer den
anderen zuerst sucht und nicht sich selbst.
Christus ist der Heiligende und der, der das Lob
inmitten der Versammlung anstimmt.
„Denn sowohl der, der heiligt, als auch die, die
geheiligt werden, sind alle von einem; um
welcher Ursache willen er sich nicht schämt, sie
Brüder zu nennen, indem er spricht: ‚Ich will
deinen Namen meinen Brüdern kundtun; inmitten
der Versammlung will ich dir lobsingen‘“ (Heb
2,11.12).
Wenn das Leben der einzelnen Gläubigen echter
Gottesdienst ist, dann wird auch das
Zusammenkommen der Gläubigen ein wirklicher
Gottesdienst, ein Vorgeschmack des Himmels,
sein.
Lasst uns noch einmal festhalten, was wir in
diesen acht Versen gelernt haben: Erstens wird
Jerusalem die Stadt des Messias sein, und von
dort aus wird das Recht ausgehen. Zweitens
werden Völker zum Haus des Herrn strömen und den
Herrn anbeten. Drittens werden die Menschen in
Ruhe und Sicherheit leben. Es wird kein Krieg
mehr gelernt werden. Viertens werden die
Menschen erleben, wie die Erde Frucht
hervorbringt. Fünftens werden die Gläubigen im
Namen des Herrn wandeln, sie werden den Herrnauf
dieser Erde groß machen. Sechstens: Christus,
der Messias, wird Richter sein, ein
unbestechlicher Richter. Noch einmal: Wahrer
Gottesdienst macht Gott groß und den Menschen
klein. Falscher Gottesdienst erhebt den Menschen
und verdunkelt dadurch die Herrlichkeit und
Majestät Gottes.
6. Die bevorstehende babylonische Gefangenschaft
(Kapitel 4,9–14)
4,9–11 – Nun, warum erhebst du ein Geschrei? Ist
kein König in dir? Oder ist dein Ratgeber
umgekommen, dass dich Wehen ergriffen haben wie
eine Gebärende? Kreiße und stöhne, Tochter Zion,
wie eine Gebärende! Denn nun wirst du aus der
Stadt hinausziehen und auf dem Feld wohnen und
bis nach Babel kommen. – Dort wirst du errettet
werden, dort wird der HERR
dich aus der Hand deiner Feinde erlösen. Und nun
haben sich viele Nationen gegen dich versammelt,
die sprechen: Sie werde entweiht, und unsere
Augen mögen mit Genugtuung auf Zion sehen!
In Vers 9 befinden wir uns wieder deutlich in
der historischen Situation, die Micha so hautnah
erlebt hat. Micha hört im Geist das Geschrei,
ja, auch Gott hört es. Der König war
offensichtlich nicht mehr der Führer des Volkes,
Ratgeber waren aus der Stadt verschwunden. Die
Tochter Zion, das Volk von Jerusalem, schrie wie
eine Gebärende. Der Schmerz muss furchtbar
gewesen sein. Das Volk wird nach Babel
weggeführt. Man übernachtete auf dem Feld. Man
war dem Feind schutzlos ausgeliefert. Alle
Hoffnung war entschwunden. Die Babylonier nahmen
Jerusalem ein, schändeten den Tempel und
zerstörten ihn, Menschen mussten sterben, und
viele wurden in die Gefangenschaft geführt. Wenn
wir die Empfindungen des Überrestes in Jerusalem
ein wenig nachempfinden wollen, müssen wir uns
den Klageliedern Jeremias zuwenden: „Wie sitzt
einsam die volkreiche Stadt, ist einer Witwe
gleich geworden die Große unter den Nationen!
Die Fürstin unter den Landschaften ist
fronpflichtig geworden! Bitterlich weint sie bei
Nacht, und ihre Tränen sind auf ihren Wangen;
sie hat keinen Tröster unter allen, die sie
liebten; alle ihre Freunde haben treulos an ihr
gehandelt, sind ihr zu Feinden geworden“ (Klgl
1,1.2). „Die Wege Zions trauern, weil niemand
zum Fest kommt; alle ihre Tore sind öde; ihre
Priester seufzen; ihre Jungfrauen sind betrübt,
und ihr selbst ist es bitter“ (Klgl 1,4). „In
den Tagen ihres Elends und ihres Umherirrens
erinnert Jerusalem sich an alle ihre
Kostbarkeiten, die seit den Tagen der Vorzeit
waren, da nun ihr Volk durch die Hand des
Bedrängers gefallen ist und sie keinen Helfer
hat; die Bedränger sehen sie an, spotten über
ihren Untergang. Jerusalem hat schwer gesündigt,
darum ist sie wie eine Unreine geworden; alle,
die sie ehrten, verachten sie, weil sie ihre
Blöße gesehen haben; auch sie selbst seufzt und
wendet sich ab. Ihre Unreinheit ist an ihren
Säumen, sie hat ihr Ende nicht bedacht und ist
erstaunlich gefallen: Da ist niemand, der sie
tröstet. Sieh, Herr, mein Elend, denn der Feind
hat großgetan!“ (Klgl 1,7–9). „Mach dich auf,
klage in der Nacht beim Beginn der Nachtwachen,
schütte dein Herz aus wie Wasser vor dem
Angesicht des Herrn; hebe deine Hände zu ihm
empor für die Seele deiner Kinder, die vor
Hunger verschmachten an allen Straßenecken!
Sieh, Herr, und schau, wem du so getan hast!
Sollen Frauen ihre Leibesfrucht essen, die
Kinder, die sie auf den Händen tragen? Sollen
Priester und Prophet im Heiligtum des Herrn
ermordet werden? Knaben und Greise liegen am
Boden auf den Gassen; meine Jungfrauen und meine
Jünglinge sind durchs Schwert gefallen;
hingemordet hast du am Tag deines Zorns,
geschlachtet ohne Schonung“ (Klgl 2,19–21).
Jesaja hatte schon während der Regierungsperiode
des Königs Hiskia von dieser Zeit prophezeit:
„Siehe, es kommen Tage, da alles, was in deinem
Haus ist und was deine Väter aufgehäuft haben
bis auf diesen Tag, nach Babel weggebracht
werden wird; es wird nichts übrig bleiben,
spricht der Herr. Und von deinen Söhnen, die aus
dir hervorkommen werden, die du zeugen wirst,
wird man nehmen, und sie werden Hofbeamte im
Palast des Königs von Babel sein“ (Jes 39,6.7).
Wie Gott es durch viele Propheten vorausgesagt
hatte, so ist es geschehen. Habakuk hatte es
prophezeit: „Denn siehe, ich erwecke die
Chaldäer, das grimmige und ungestüme Volk, das
die Breiten der Erde durchzieht, um Wohnungen in
Besitz zu nehmen, die ihm nicht gehören. Es ist
schrecklich und furchtbar; sein Recht und seine
Hoheit gehen von ihm aus. Und schneller als
Leoparden sind seine Pferde und rascher als
Abendwölfe; und seine Reiter sprengen daher, und
seine Reiter kommen von fern, fliegen herbei wie
ein Adler, der zum Fraß eilt. Sie kommen
allesamt zur Gewalttat; das Streben ihrer
Angesichter ist vorwärts gerichtet, und
Gefangene rafft es zusammen wie Sand. Und es
verspottet Könige, und Fürsten sind ihm ein
Gelächter; es lacht jeder Festung, und es
schüttet Erde auf und nimmt sie ein. Dann fährt
es daher wie der Wind und zieht weiter und macht
sich schuldig: Diese seine Kraft ist sein Gott
[hebr. Eloah]!“ (Hab 1,6–11).
Zephanja weissagte über die Folgen des Kommens
der Babylonier, obwohl er diesen Feind nicht mit
Namen nennt1
: „Und ich werde meine Hand ausstrecken gegen
Juda und gegen alle Bewohner von Jerusalem. Und
ich werde aus diesem Ort den Überrest des Baal,
den Namen der Götzenpriester samt den Priestern
ausrotten; und die, die auf den Dächern das Heer
des Himmels anbeten, und die Anbetenden, die dem
Herrnschwören und bei ihrem König2
schwören; und die, die von dem
Herrnzurückweichen und die den Herrnnicht suchen
noch nach ihm fragen“ (Zeph 1,4–6).
1
|
Zephanja prophezeite in den Tagen Josias
(Zeph 1,1).
|
2
|
Hebr. malkam; wahrscheinlich eine
Anspielung auf Milkom (o. Molech).
|
„Und es wird geschehen an dem Tag des
Schlachtopfers des Herrn, da werde ich die
Fürsten und die Königssöhne heimsuchen und alle,
die sich mit fremdländischer Kleidung bekleiden.
Und an jenem Tag werde ich jeden heimsuchen, der
über die Schwelle springt [d. h. gewaltsam in
die Häuser eindringt], alle, die das Haus ihres
Herrn mit Gewalttat und Betrug erfüllen. Und an
jenem Tag, spricht der Herr, wird ein Geschrei
vom Fischtor her erschallen und ein Geheul von
der Unterstadt [eig. vom zweiten Stadtteil] und
lautes Jammern von den Hügeln her“ (Zeph
1,8–10). „Und es wird geschehen zu jener Zeit,
da werde ich Jerusalem mit Leuchten durchsuchen;
und ich werde die Männer heimsuchen, die auf
ihren Hefen liegen, die in ihrem Herzen
sprechen: Der Herrtut nichts Gutes und tut
nichts Böses. Und ihr Vermögen wird zum Raub,
und ihre Häuser werden zur Wüste werden; und sie
werden Häuser bauen und sie nicht bewohnen, und
Weinberge pflanzen und deren Wein nicht trinken“
(Zeph 1,12.13). „Und ich werde die Menschen
ängstigen, und sie werden umhergehen wie die
Blinden, weil sie gegen den Herrngesündigt
haben; und ihr Blut wird verschüttet werden wie
Staub, und ihr Fleisch wie Kot; auch ihr Silber,
auch ihr Gold wird sie nicht retten können am
Tag des Grimmes des Herrn; und durch das Feuer
seines Eifers wird das ganze Land verzehrt
werden. Denn ein Ende, ja, ein plötzliches Ende
wird er mit allen Bewohnern des Landes machen“
(Zeph 1,17.18).
Aber es fehlt auch hier nicht der Trost, denn
Micha betont ausdrücklich, dass der hier
angesprochene Teil des Volkes Israel errettet
und erlöst werden wird aus der Hand seiner
Feinde. Wenn Gott Gericht und Züchtigung über
sein Volk bringen muss, so wird der Treue, der
sein Ohr dem Wort Gottes leiht und die Stimme
des guten Hirten kennt, doch auch immer
Verheißungen hören. Doch zunächst muss Jerusalem
erleben, dass viele Nationen sich gegen die
Stadt versammelt haben. Man hört die Worte des
Feindes: „Sie werde entweiht, und unsere Augen
mögen mit Genugtuung auf Zion sehen!“
4,12–14 – Aber sie kennen die Gedanken des HERRN
nicht und verstehen seinen Ratschluss nicht;
denn er hat sie gesammelt, wie man Garben auf
die Tenne sammelt. Mach dich auf und drisch,
Tochter Zion! Denn ich werde dein Horn zu Eisen
und deine Hufe zu Erz machen, und du wirst viele
Völker zermalmen; und ich werde ihren Raub [eig.
ihren unrechtmäßigen Gewinn] dem HERRN
verbannen [d. h. weihen; vgl. 3. Mose 27,21
usw.] und ihr Vermögen dem Herrn der ganzen
Erde. Nun dränge dich zusammen, Tochter des
Gedränges: Man hat eine Belagerung gegen uns
gerichtet; mit dem Stab schlagen sie den Richter
Israels auf die Wange.1
1
|
O. „… werden sie den Richter Israels auf
die Wange schlagen.“
|
Das ist genau das Problem vieler Völker dieser
Erde. Sie kennen nicht die Gedanken Gottes. Wie
viele politische Ratgeber, Könige, Präsidenten
haben ihre strategischen Pläne ohne Gott gemacht
und wussten nicht, dass sie sehr oft bei ihren
Siegen einfach Werkzeuge in Gottes Hand waren.
Auch die Babylonier waren nur das Werkzeug
Gottes. Und auch dieses Volk musste schließlich
erfahren, dass sich Gottes Gedanken auch gegen
Babel wendeten. Der Prophet Jeremia weissagte:
„Da erbebt und erzittert die Erde; denn die
Gedanken des Herrnerfüllen sich gegen Babel, um
das Land Babel zu einer Wüste zu machen, ohne
Bewohner“ (Jer 51,29). Das hätten Nebukadnezar
und die nachfolgenden Könige nicht gedacht.
Könige säen Leid, aber sie ernten es auch. „Wie
du getan hast, wird dir getan werden; dein Tun
wird auf deinen Kopf zurückkommen“ (Obad 15).
Auch das Volk Gottes kennt oft die Gedanken
Gottes nicht. Es handelt nach Gutdünken, nach
eigenen Überlegungen, Vorstellungen und Idealen,
aber eben ohne Gott, ohne Ihn zu befragen. Ist
das nicht auch häufig unser Problem? Erbitten,
ja, erflehen wir noch persönlich und auch als
örtliche Gemeinde die Erkenntnis des Willens
Gottes? Möchten wir Gottes Gedanken nicht gerne
kennenlernen? Dazu bedarf es eines intensiven
Gebetslebens und eines intensiven Studiums der
Aussagen Gottes in seinem Wort. Nehmen wir uns
Zeit dafür?
Sie verstehen Gottes Ratschluss1
nicht. Auch in Jeremia 50,45 lesen wir von
diesem Ratschluss im Blick auf den Untergang
Babels: „Darum hört den Ratschluss des Herrn,
den er über Babel beschlossen hat, und seine
Gedanken, die er über das Land der Chaldäer
denkt: Ja, man wird sie fortschleppen, die
Geringen der Herde; ja, der Weideplatz wird sich
über sie entsetzen!“2
1
|
Hebr. getzah= Ratschluss, Plan,
Rat, auch Ratgeber (Jes 40,13; Ps
119,24), Entschluss. So kann man im Rat
der Gottlosen wandeln (Ps 1,1) oder aber
durch Gottes Rat geleitet werden (Ps
73,24) und seinen Rat tun (Esra 10,3).
Manchmal wartet man nicht auf Gottes Rat
(Ps 106,13) und ist sogar gegen Ihn
widerspenstig mit seinen eigenen Plänen
(Ps 106,43). Das ist sehr ernst, denn
solchen ruft Sprüche 1,24–31 zu: „Weil
ich gerufen habe und ihr euch geweigert
habt, meine Hand ausgestreckt habe und
niemand zugehört hat, und ihr all meinen
Rat verworfen und meine Zucht nicht
gewollt habt, so werde auch ich bei
eurem Unglück lachen, werde spotten,
wenn der Schrecken über euch kommt; wenn
der Schrecken über euch kommt wie ein
Unwetter, und euer Unglück hereinbricht
wie ein Sturm, wenn Bedrängnis und Angst
über euch kommen. Dann werden sie zu mir
rufen, und ich werde nicht antworten;
sie werden mich eifrig suchen und mich
nicht finden, weil sie Erkenntnis
gehasst und die Furcht des Herrnnicht
erwählt, nicht eingewilligt haben in
meinen Rat, verschmäht haben all meine
Zucht. Und sie werden essen von der
Frucht ihres Weges und von ihren Plänen
sich sättigen“ (vgl. das Wort auch noch
in Spr 8,14; 12,15; 19,20.21; 20,5.18;
21,30; 27,9).
|
2
|
Ähnlich hat Gott seinen Ratschluss über
den Untergang Assyriens (Jes 14,26) und
Edoms (Jer 49,20) verkündigt.
Wie haben die Könige Babels ihr Land
gerühmt, wie haben sie sich selbst
dargestellt. Irgendwann wird der Hochmut
eines Menschen gerichtet, denn „Gott
widersteht den Hochmütigen, den
Demütigen aber gibt er Gnade“ (Jak 4,6;
1Pet 5,5).
Aber lasst uns uns selbst auch in das
Licht Gottes stellen. Sind nicht auch in
uns oft viele Gedanken? Schließen wir
Gott nicht oft aus unseren Plänen aus?
Wenn der Herrden Ratschluss der Nationen
zunichtemacht und die Gedanken der
Völker vereitelt (Ps 33,10), müssen wir
uns dann wundern, dass Er auch bei uns,
seinen Kindern, ähnlich handelt? Denn:
„Viele Gedanken sind im Herzen eines
Mannes; aber der Ratschluss des Herrn,
er kommt zustande“ (Spr 19,21).
Unsere Pläne sind nicht immer seine
Pläne, unsere Gedanken sind nicht seine
Gedanken. Doch eines steht fest:
„Der Ratschluss des Herrnbesteht ewig,
die Gedanken seines Herzens von
Geschlecht zu Geschlecht“ (Ps 33,11).
Wollen wir uns nicht gegenseitig
ermutigen, seine Pläne kennenzulernen,
seine Ratschlüsse zu lieben und ihnen
vorbehaltlos zu vertrauen?
Aber dann heißt es: „... denn er [Gott]
hat sie gesammelt, wie man Garben auf
die Tenne sammelt. Mach dich auf und
drisch, Tochter Zion! Denn ich werde
dein Horn zu Eisen und deine Hufe zu Erz
machen, und du wirst viele Völker
zermalmen“. Das Volk Gottes könnte vor
dieser Ansammlung von Völkern Angst
haben, könnte mutlos werden. Jegliche
Hoffnung, den Feind zu überwinden,
scheint dahin zu sein, aber dann heißt
es: „Gott hat sie gesammelt“, und Zion
soll nun stark sein und sie wie Weizen
auf der Tenne dreschen. Das „Horn“ Zions
und seine „Hufe“ – Ausdrücke für die
Kraft des Volkes Gottes und die
Geschwindigkeit, mit der das Volk siegen
wird – sollen zu Erz werden, sollen
unüberwindbar sein. Zion, das ist
Jerusalem, ist zwar von Feinden umgeben,
aber es soll im Glauben, im Vertrauen
auf Gott, den Sieg proklamieren. Im
Gehorsam dem Wort Gottes gegenüber
sollen sie kämpfen – und sie werden
siegen.
Wann ist das geschehen bzw. wann wird
dies geschehen? Aus der biblischen
Geschichte Israels ist keine Begebenheit
bekannt, wo sich Völker gegen Jerusalem
zusammengerottet haben und Jerusalem sie
besiegt hätte. Also muss hier an eine
zukünftige Schlacht gedacht werden.
Genau dasselbe finden wir auch in
Sacharja 14,3.4.12–15: „Und der Herrwird
ausziehen und gegen jene Nationen
kämpfen, wie an dem Tag, da er kämpft,
an dem Tag der Schlacht. Und seine Füße
werden an jenem Tag auf dem Ölberg
stehen, der vor Jerusalem im Osten
liegt; und der Ölberg wird sich in der
Mitte spalten nach Osten und nach Westen
hin, zu einem sehr großen Tal, und die
Hälfte des Berges wird nach Norden und
seine andere Hälfte nach Süden weichen …
Und dies wird die Plage sein, womit der
Herralle Völker plagen wird, die gegen
Jerusalem Krieg geführt haben: Er wird
eines jeden Fleisch verwesen lassen,
während er auf seinen Füßen steht, und
seine Augen werden verwesen in ihren
Höhlen, und seine Zunge wird in seinem
Mund verwesen. Und es wird geschehen an
jenem Tag, da wird eine große Verwirrung
von dem Herrnunter ihnen entstehen; und
sie werden einer die Hand des anderen
ergreifen, und eines jeden Hand wird
sich gegen die Hand seines Nächsten
erheben. Und auch Juda wird in Jerusalem
kämpfen; und der Reichtum aller Nationen
ringsum wird gesammelt werden: Gold und
Silber und Kleider in großer Menge. Und
ebenso wie diese Plage wird die Plage
der Pferde, der Maultiere, der Kamele
und der Esel und alles Viehs sein, das
in jenen Heerlagern sein wird.“1
1
|
Vgl. auch weitere prophetische
Texte, die darauf hinweisen,
dass Nationen sich gegen
Jerusalem versammeln (Jes
17,12–14; 29,8; 30,27–33; Joel
4,1ff.; Obad 15.16; Mich 5,14;
Zeph 3,8; Sach 12,2–9).
|
Prophetisch ist hier sicher an die
zukünftige Macht gedacht, an den König
des Nordens, wie er in Daniel 11,40
genannt wird und der mit dem Assyrer
verbunden ist. Manche Ausleger weisen
darauf hin, dass der Assyrer zuerst aus
dem Norden angreifen (vgl. Jes 28,14–19;
Joel 2,9–11; Zeph 1; Sach 14,1.2) und
Jerusalem belagern, ja, auch einnehmen
und bedrücken wird. Doch dann zieht er
weiter nach Ägypten, um anschließend
Jerusalem zum zweiten Mal zu belagern,
von Israel bekämpft und schließlich von
dem kommenden Herrnbesiegt zu werden
(vgl. Jes 29,3–5; Joel 2,17; Sach
12,3.4.12–15). Der Überrest Israels, der
so viel Leid durchstehen wird, soll dann
erleben, wie der Herrselbst dieses
bedrängte Volk durch sein göttliches
Eingreifen befreien wird.
Das Eigentum des Feindes soll dem
Herrngeweiht werden, ja, das ganze
Vermögen soll dem Herrn der ganzen Erde1
gehören. Was wird das für ein gewaltiger
Augenblick sein, wenn schließlich die
Füße des Herrn auf dem Ölberg stehen
werden und Er beweisen wird, dass seine
Herrschaft die ganze Erde umfasst,
letztlich das ganze Weltall.
1
|
Hebr. laadon kal haaretz=
der Herr der ganzen Erde (vgl.
Jos 3,11.13; Ps 97,5; Sach 4,14;
6,5).
|
Noch einmal folgt eine Aufforderung:
„Nun dränge dich zusammen, Tochter des
Gedränges: Man hat eine Belagerung gegen
uns gerichtet; mit dem Stab schlagen sie
den Richter Israels auf die Wange.“
Ein Zusammendrängen setzt Einmütigkeit
voraus. Das Volk soll seinen wahren
Feind erkennen, soll einen Blick für die
Belagerung bekommen. Dieses Volk, das so
zerstreut war, soll eins sein, soll den
Blick auf den kommenden Herrn richten
und dem Wort Gottes gehorsam sein, dann
werden sie den Sieg erringen. Die
Übermacht des Feindes ist zwar eine
Herausforderung, aber der Glaube sieht
nicht den Feind, sondern Gottes Macht.
Hat das einst nicht auch der Knecht
Elisas erlebt? „Aber er sprach: Fürchte
dich nicht! Denn mehr sind die, die bei
uns, als die bei ihnen sind. Und Elisa
betete und sprach: Herr, tu doch seine
Augen auf, dass er sehe! Da tat der
Herrdie Augen des Knaben auf; und er
sah: Und siehe, der Berg war voll
feuriger Pferde und Wagen, rings um
Elisa her. Und sie kamen zu ihm herab;
und Elisa betete zu dem Herrnund sprach:
Schlage doch dieses Volk mit Blindheit!
Und er schlug sie mit Blindheit nach dem
Wort Elisas“ (2Kön 6,16).
Doch dann steht dort in Micha
unvermittelt: „Mit dem Stab1
schlagen2
sie den Richter Israels auf die Wange.“
Wer ist der Richter, der auf die Wange
geschlagen wird? Da der Satz auch in der
Zeitform des Futurs wiedergegeben werden
kann, kann es sich hier um einen
zukünftigen Richter handeln.3
Man hat an Hiskia oder auch an Zedekia
gedacht. Aber dafür gibt es weder in den
Geschichtsbüchern Könige und Chronika
noch in den prophetischen Schriften
deutliche Hinweise.
1
|
Hebr. schebäth= Zepter
(1Mo 49,10; Ps 45,7; Hes 19,11;
Amos 1,5); Rute (Spr 13,24;
22,15; 23,13.14; 29,15; Jes
11,4); Stamm (1Mo 49,16.28; 4Mo
4,18; 5Mo 1,13; Hos 5,9 u. v. a.
St.).
|
2
|
Das Verb nahchah bedeutet
„schlagen“ und wird prophetisch
in Jesaja 50,6 auf den Messias
bezogen: „Ich bot meinen Rücken
den Schlagenden“, aber dann in
Jesaja 11,4: „Und er wird die
Erde schlagen mit der Rute
seines Mundes.“
|
3
|
Das hebr. Wort schaphat
wird hier als Partizip
gebraucht. In Micha 3,11; 7,3
wird es mit „richten“ bzw.
„Richter“ wiedergegeben,
manchmal auf Gott als Richter
bezogen (1Mo 18,25; Hiob 9,15;
23,7; Ps 7,12; 9,5; 68,6; 75,8;
94,2; Jes 33,22).
|
Viele nehmen an, dass sich dieser Text
auf den Messias bezieht. Es ist wahr,
dass man den Herrn mit dem Stab
geschlagen hat, allerdings steht
nirgends, dass Er mit dem Stab auf die
Wange geschlagen wurde. Er bot seine
Wangen1
den Raufenden.
1
|
Hebr. l’chij= Wange (Jes
50,6; vgl. Hld 1,10; 5,13; Klgl
3,30).
|
Nun muss man den Zusammenhang des Textes
gut bedenken. Zunächst wird deutlich
gemacht, dass in Jerusalem kein Ratgeber
mehr gefunden wird (4,9), dann wird
darauf hingewiesen, dass Zion nach Babel
verschleppt wird (4,10a); von dort aus
wird der Herrsie wieder erlösen (4,10b).
Doch dann wird eine erneute Belagerung
Jerusalems erwähnt. Viele Nationen
versammeln sich gegen die Stadt und
wollen sie entweihen. Aber dann redet
Gott durch den Propheten und weist auf
die Unwissenheit dieser Völker hin, denn
Er hat sie gesammelt (4,12a). Er fordert
zum Kampf auf.
Vers 14 führt nun zu einem neuen
Abschnitt: Für die Aufforderung, sich
zusammenzudrängen, werden zwei
Begründungen gegeben:
1. Die Belagerung durch die Feinde. Nun,
wenn wir uns einmal die Kämpfe um und
mit Jerusalem anschauen, dann gab es
verschiedene Kriege: Um 925 v.Chr. wurde
Jerusalem von dem ägyptischen König
Sisak erobert, um 843 v. Chr. von den
Arabern und Philistern, um 800 v. Chr.
bedrohte Hasael von Syrien die Stadt; um
792 v.Chr. riss Joas von Israel die
Mauer der Stadt ein, die damals von
Amazja regiert wurde. Um 701 – zur Zeit
des 14. Jahres der Regentschaft des
Königs Hiskia (2Kön 18,17; 2Chr 32,9.10)
– belagerte Sanherib die Stadt, wurde
aber durch einen Engel des Herrn
geschlagen. Nach 648 v. Chr. führten die
Assyrer den König Manasse gefangen weg
nach Babel. Da Manasse Buße tat, durfte
er später nach Jerusalem zurückkehren.
Um 609 v.Chr. besetzte Pharao Neko die
Stadt. Schließlich belagerte der
neubabylonische König Nebukadnezar um
605 und 597 die Stadt und nahm sie
schließlich nach 2½-jähriger Belagerung
im Jahre 586 v. Chr. ein. Obwohl sie zur
Zeit Esras und Nehemias (von 538 v. Chr.
an) wieder aufgebaut wurde, wurde sie
von Alexander dem Großen im Jahre 332 v.
Chr. bezwungen und wechselte in der Zeit
seiner Nachfolger und in der Zeit der
Makkabäer wiederholt den Besitzer. Im
Jahre 63 v. Chr. eroberte Pompejus
Jerusalem, und 40 v. Chr. fiel die Stadt
den Parthern in die Hände. Erst 37
v.Chr. eroberte Herodes, der Idumäer,
sie zurück. Im sog. „Jüdischen Krieg“
(70 n. Chr.) wurde Jerusalem von den
Römern vollständig zerstört. Kaiser
Hadrian baute in den Jahren 132–135 n.
Chr. auf den Trümmern eine heidnische
Stadt, Colonia Aelia Capitolina, mit
einem Jupitertempel auf dem Tempelplatz.
Um 638 eroberten die Araber diese Stadt
und errichteten den Felsendom der
Moslems. Erst nach 1948, als die Juden
in ihr Land zurückkehren durften, begann
man an den Wiederaufbau dieser Stadt zu
denken.
Wie viel Leid hat diese Stadt erfahren,
wie viele Belagerungen erlebt. Am Ende
der Zeit wird es noch eine schlimme
Belagerung durch den kommenden König des
Nordens geben, den Assyrer. Aber die
dann folgende Schlacht wird durch den
Mann entschieden, den man einst auf die
Wange schlug.
2. Damit sind wir bei der zweiten
Begründung: Der Richter Israels ist der
Messias, der einst geschlagen wurde, den
man verhöhnt hat, dem man völlig
vertrauen kann, der einst seinen Rücken
den Schlagenden bot und der sein
Angesicht nicht vor Schmach und Speichel
verbarg; der dann sagte: „Aber der Herr,
Herr, hilft mir; darum bin ich nicht
zuschanden geworden, darum machte ich
mein Angesicht wie einen Kieselstein und
wusste, dass ich nicht würde beschämt
werden. Nahe ist, der mich rechtfertigt:
Wer will mit mir rechten? Lasst uns
zusammen hintreten! Wer hat eine
Rechtssache gegen mich? Er trete her zu
mir! Siehe, der Herr, Herr, wird mir
helfen: Wer ist es, der mich für
schuldig erklären könnte? Siehe,
allesamt werden sie zerfallen wie ein
Kleid, die Motte wird sie fressen“ (Jes
50,7–9).
Es ist nicht von ungefähr, dass wir in
Vers 12 gelesen haben, dass die Völker
den Ratschluss Gottes nicht verstehen,
denn im Neuen Testament lesen wir, dass
dieser Richter Israels nach dem
bestimmten Ratschluss und nach
Vorkenntnis Gottes durch die Hand von
Gesetzlosen ans Kreuz geschlagen und
umgebracht worden ist (Apg 2,23f.), und
Petrus sagt dem Volk Israel noch einmal:
„Die Könige der Erde traten auf, und die
Obersten versammelten sich miteinander
gegen den Herrn und gegen seinen
Christus. Denn in dieser Stadt
versammelten sich in Wahrheit gegen
deinen heiligen Knecht Jesus, den du
gesalbt hast, sowohl Herodes als auch
Pontius Pilatus mit den Nationen und den
Völkern Israels, um alles zu tun, was
deine Hand und dein Ratschluss zuvor
bestimmt hat, dass es geschehen sollte“
(Apg 4,26–28).
Dieser Richter ist zugleich der König
der Könige und der Herr der Herren, der
Fürst der Könige der Erde (vgl. Off
17,14; 1,5).
Er, der wahre und gerechte Richter, ließ
sich einst von ungerechten Richtern
verurteilen und töten. Er musste klagen:
„Denn Hunde haben mich umgeben, eine
Rotte von Übeltätern hat mich umzingelt.
Sie haben meine Hände und meine Füße
durchgraben. Alle meine Gebeine könnte
ich zählen. Sie schauen und sehen mich
an; sie teilen meine Kleider unter sich,
und über mein Gewand werfen sie das Los.
Du aber, Herr, sei nicht fern! Meine
Stärke, eile mir zu Hilfe! Errette vom
Schwert meine Seele, meine einzige [o.
meine einsame; o. meine verlassene] von
der Gewalt des Hundes; rette mich aus
dem Rachen des Löwen!“(Ps 22,17–22).
Aber es kam auch das Wort über seine
Lippen: „Ja, du hast mich erhört von den
Hörnern der Büffel“ (Ps 22,22).
Aber das geschah, weil es Gottes Plan
war, sein unwandelbarer Ratschluss. Es
musste geschehen, damit du und ich für
ewig gerettet werden konnten. Ewig sei
dieser wunderbare Herr gelobt und
gepriesen. Ihm sei Lob und Dank.
7. Geburt und Herrschaft des Messias
(Kapitel 5,1–14)
5,1 – Und du, Bethlehem-Ephrata, zu
klein, um unter den Tausenden von Juda
zu sein, aus dir wird mir hervorkommen,
der Herrscher über Israel sein soll; und
seine Ursprünge [w. Ausgänge] sind von
der Urzeit, von den Tagen der Ewigkeit
her.
Dieser Vers zeigt uns nun, wer denn der
Richter wirklich ist. Die unscheinbare
Stadt Bethlehem-Ephrata (Haus des
Brotes- Fruchtbarkeit) hat eine
interessante Geschichte. Hier starb
Rahel, die Frau Jakobs (Israels), und
hier wurde Benjamin (Sohn meiner
Rechten) geboren. Aus dieser Stadt
stammt David, denn sein Urgroßvater Boas
und sein Vater Isai kamen aus ihr. Sie
heißt daher auch „Stadt Davids“ (1Sam
20,6; Lk 2,4). Aus dieser kleinen und
scheinbar unbedeutenden Stadt sollte der
Herrscher über Israel hervorkommen.
Lasst uns zusammen die Merkmale dieser
Person näher besehen:
1. Er wird hervorkommen1
: Der Messias wird dieser Stadt
entstammen. Hier starb Rahel (ein
Sinnbild des Volkes Israel) und brachte
Benjamin hervor (den „Sohn meiner
Rechten“). So wie Rahel durch den Tod
von Jakob getrennt wurde, so wurde das
Volk Israel beiseite gesetzt und brachte
den Messias hervor, der schließlich nach
seinen Leiden zur Rechten Gottes erhöht
wurde. Er kam einst als Mensch aus dem
Stamm Juda hervor, aus dem Mutterleib
der Maria, aber Er wird wieder
hervorkommen als der kommende Herrscher.
1
|
Hebr. jahtzah=
herauskommen, hervorkommen (1Mo
1,12.24; 8,19; 2Mo 3,11; 2Mo
13,3; Jes 2,3; das, was
hervorgebracht wird, steht in
engster Verbindung mit dem
Hervorbringenden.
|
2. Er ist der Herrscher1
über Israel: Wir lesen von der Weisheit
Gottes hinsichtlich aller Regierenden:
„Durch mich herrschen Herrscher und
Edle, alle Richter der Erde“ (Spr 8,16).
Von dem Herrnlesen wir: „Und er wird
herrschen von Meer zu Meer und vom Strom
bis an die Enden der Erde“ (Ps 72,8).
Und in der Zukunft wird jemand Bauherr
des Tempels, Regent, Priester und
Ratgeber zum Frieden sein. Wer anders
als der Messias, unser Herr Jesus
Christus, kann hier gemeint sein? „Ja,
er wird den Tempel des Herrnbauen; und
er wird Herrlichkeit tragen; und er wird
auf seinem Thron sitzen und herrschen,
und er wird Priester sein auf seinem
Thron; und der Rat des Friedens wird
zwischen ihnen beiden sein“ (Sach 6,13).
1
|
Partizip von maschal=
herrschen, regieren (1Mo 1,18;
3,16; 2Mo 21,8 u. v. a. St.).
|
Wie viele Jahrhunderte fehlte in Israel
ein Herrscher, der wirklich in
Gerechtigkeit regierte! Elend über Elend
hat dieses Volk gesehen, auf dem bis
heute die Decke liegt, so dass sie nicht
zu ihrem Herrscher umgekehrt sind. In
Lukas 1,33 heißt es: „... und er wird
über das Haus Jakobs herrschen in
Ewigkeit, und sein Reich wird kein Ende
haben.“ Aber Er wird nicht nur über das
Volk Israel herrschen, sondern auch über
die Nationen: „Es wird sein die Wurzel
Isais und der aufsteht, um über die
Nationen zu herrschen – auf ihn werden
die Nationen hoffen“ (Röm 15,12; vgl.
Jes 11,10). „Denn er muss herrschen, bis
er alle Feinde unter seine Füße gelegt
hat“ (1Kor 15,25). Wenn der siebte Engel
posaunen wird, dann werden Stimmen im
Himmel laut, und man hört den Ruf: „Das
Reich der Welt unseres Herrn und seines
Christus ist gekommen, und er wird
herrschen von Ewigkeit zu Ewigkeit“ (Off
11,15).
Soll Er nicht auch jetzt schon über uns
herrschen? Wünschen wir nicht seine
Herrschaft in unserem Leben? Ersehnen
wir es nicht, dass Er die Führung in
unserem Leben hat? Wie herrlich muss es
sein, wenn wir immer mehr erfassen, was
es bedeutet, dass jetzt die Gnade
herrscht „durch Gerechtigkeit zu ewigem
Leben“ (Röm 5,21). Seine Herrschaft ist
von göttlicher Liebe durchdrungen, von
Weisheit und Gerechtigkeit. Lasst uns
niederfallen vor Ihm und bitten: Herr
Jesus, herrsche Du in meinem Leben,
fülle mich mit deinem Geist, damit das
Reich Gottes sich jetzt schon geistlich
auf dieser Erde manifestieren kann,
indem hier Menschen leben, die sich
deiner Autorität unterwerfen: „Denn das
Reich Gottes ist nicht Essen und
Trinken, sondern Gerechtigkeit und
Friede und Freude im Heiligen Geist“
(Röm 14,17); und: „... denn das Reich
Gottes besteht nicht im Wort, sondern in
Kraft“ (1Kor 4,20).
3. Seine Ursprünge sind von der Urzeit1
von den Tagen der Ewigkeit her: Gott
wird „der Gott der Urzeit“ genannt (5Mo
33,27), d. h. der Gott, der schon immer
da war, auch bei den vergangenen
Geschlechtern, der, dessen Arme mächtig
sind, die uns tragen können. In Sprüche
8,22.23 heißt es: „Der Herrbesaß mich im
[o. als] Anfang seines Weges, vor [kähdem]
seinen Werken von jeher. Ich war
eingesetzt von Ewigkeit her, von
Anbeginn, vor den Uranfängen [kähdem]
der Erde.“
1
|
Hebr. kähdäm= ostwärts,
alt, Vorzeit, Urzeit, früher,
etwas, das lange zurückliegt,
weit weg ist, wie der Osten vom
Westen (1Mo 2,8; 3,24; 11,2;
2Kön 19,25; Hiob 29,2; Ps 74,12;
143,5; Jes 46,10.
|
Hier geht es um einen Herrscher, dessen
Ursprünge nicht nur schon sehr lange
zurückliegen, sondern von den Tagen der
Ewigkeit1
her. Das haben wir soeben gelesen: „Ich
war eingesetzt von Ewigkeit her, von
Anbeginn, vor den Uranfängen der Erde.“
Drücken diese beiden Verse nicht sehr
deutlich aus, dass Christus als die
Weisheit und Christus als der
Herrscher nicht Gottes Geschöpf ist,
sondern ewige Existenz hat?
Wir erinnern uns auch an Texte, die uns
sagen, dass Er der Sohn Gottes ist: „Vom
Beschluss will ich erzählen: Der Herrhat
zu mir gesprochen: Du bist mein Sohn,
heute habe ich dich gezeugt“ (Ps 2,7;
vgl. Apg 13,33; Heb 1,5; 5,5). Hier
redet Gott über seinen Sohn, und im
Neuen Testament wird dieser Vers
deutlich auf den Herrn Jesus bezogen;
oder: „Küsst den Sohn, damit er
nicht zürnt und ihr umkommt auf dem Weg,
wenn nur ein wenig entbrennt sein Zorn.
Glückselig alle, die zu ihm Zuflucht
nehmen!“ (Ps 2,12); und erfreuen wir uns
nicht auch an den Worten Agurs, der
sagt: „Wer ist hinaufgestiegen zum
Himmel und herabgekommen? Wer hat den
Wind in seine Fäuste gesammelt, wer die
Wasser in ein Tuch gebunden? Wer hat
alle Enden der Erde aufgerichtet? Was
ist sein Name, und was der Name seines
Sohnes, wenn du es weißt?“ (Spr 30,4).
Der Herr Jesus, geboren in Bethlehem,
ist das Brot des Lebens, Er ist der
Fruchttragende (Ephrata), der Sohn
Gottes, das Wort, das bei Gott und
zugleich Gott ist, der Sohn des Vaters,
der geliebte Sohn. Er ist ohne Anfang
und ohne Ende. Er ist der ewige Gott,
der Sohn, der ewig bei dem Vater gewesen
ist und sein wird (Mt 3,17; 16,16; 17,5;
Joh 1,1–3; Joh 6,40; 2Joh 3; 1Joh
2,23;). Wir können vor Ihm nur
niederfallen und den anbeten, der da
lebt von Ewigkeit zu Ewigkeit.
5,2.3 – Darum wird er sie hingeben bis
zur Zeit, da eine Gebärende geboren hat;
und der Rest seiner Brüder wird
zurückkehren zu den Kindern Israel. Und
er wird dastehen und seine Herde weiden
in der Kraft des HERRN
, in der Hoheit des Namens des HERRN
, seines Gottes. Und sie werden wohnen;
denn nun wird er groß sein bis an die
Enden der Erde.
In diesen Versen wird uns mitgeteilt,
dass Israel hingegeben wird; es wird
eine Zeit sein, wo dieses Volk ohne
Tempel und ohne echten Gottesdienst sein
wird. Diese Zeit wird mit einer Zeit des
Gebärens verglichen. Die Geburt steht
nahe bevor. Wehen sind bei diesem Volk
sicher schon zu spüren. Aber die
Gebärende ist der Überrest aus Juda, der
zuerst im Land sein wird und der in der
großen Drangsal schreckliche
Verfolgungen erleben wird. Viele werden
aus anderen Ländern nach Israel kommen,
und dieses Volk wird zu einer Herde
werden, die den wahren Hirten erleben
wird. Der Hirte ist ihr Messias, ist der
Herrscher, der dastehen wird und seine
Herde in der Kraft Gottes weiden wird.
Einst war die Herde zerstreut über die
ganze Erde hinweg, dann wird sie
gesammelt werden. Ungestört werden sie
im Land sein, in ihrem Land, dem
verheißenen Land Kanaan. Und der Hirte
wird groß sein bis an die Enden der
Erde. Hier haben wir das Ende der großen
Drangsal und den Beginn des sog.
1000-jährigen Reiches, in dem Christus
als König regieren wird.
Dann wird es wahr werden, was Hesekiel
sagt: „So wahr ich lebe, spricht der
Herr, Herr: Weil meine Schafe zur Beute
und meine Schafe allen Tieren des Feldes
zum Fraß geworden sind, weil kein
Hirte da ist und meine Hirten nicht
nach meinen Schafen fragen und die
Hirten sich selbst weiden, aber nicht
meine Schafe weiden, darum, ihr Hirten,
hört das Wort des Herrn! ... Denn so
spricht der Herr, Herr: Siehe, ich bin
da, und ich will nach meinen Schafen
fragen und mich ihrer annehmen ... Und
ich werde sie herausführen aus den
Völkern und sie aus den Ländern sammeln
und sie in ihr Land bringen; und ich
werde sie weiden auf den Bergen Israels,
in den Tälern und an allen Wohnplätzen
des Landes. Auf guter Weide werde ich
sie weiden, und auf den hohen Bergen
Israels wird ihr Weideplatz sein; dort,
auf den Bergen Israels, werden sie auf
gutem Weideplatz lagern und fette Weide
beweiden. Ich will meine Schafe weiden,
und ich will sie lagern, spricht der
Herr, Herr ... Und ihr, meine Herde, so
spricht der Herr, Herr: Siehe, ich werde
richten zwischen Schaf und Schaf, den
Widdern und den Böcken ... Darum, so
spricht der Herr, Herr, zu ihnen: Siehe,
ich bin da, und ich werde richten
zwischen fettem Schaf und magerem Schaf
... Und ich werde einen Hirten über sie
erwecken, und er wird sie weiden –
meinen Knecht David: Der wird sie
weiden, und der wird ihr Hirte sein“
(Hes 34,8ff.).
Auch Psalm 80,2 zeigt uns, wie das Rufen
des Überrests sein wird: „Hirte Israels,
nimm zu Ohren, der du Joseph leitest
wie eine Herde, der du thronst
zwischen den Cherubim, strahle hervor!“
Dann wird es wahr werden, was Psalm 23,1
sagt: „Der Herrist mein Hirte,
mir wird nichts mangeln.“
In diesem messianischen Friedensreich
werden sie wohnen1
d. h. sie werden in Sicherheit leben.
Man wird Häuser bauen und Weinberge
pflanzen (Hes 28,26). Es wird ein Land
der offenen Städte sein, ohne Mauern,
Riegel und Tore (Hes 38,11). Gott wird
einen Bund für das Volk schließen mit
den Tieren des Feldes und mit den Vögeln
des Himmels und mit den kriechenden
Tieren der Erde; und Er wird Bogen und
Schwert und den Krieg aus dem Land
zerbrechen und wird sein Volk in
Sicherheit wohnen lassen (Hos 2,20). Es
wird nicht ein vorübergehendes Wohnen
sein, sondern „sie werden darin wohnen,
sie und ihre Kinder und ihre
Kindeskinder, bis in Ewigkeit; und mein
Knecht David wird ihr Fürst sein in
Ewigkeit“ (Hes 37,25). Gott sagt
ausdrücklich, dass dann Jerusalem der
Ort seines Thrones und der Ort seiner
Fußsohlen ist, wo Er „in Ewigkeit
inmitten der Kinder Israel wohnen“ wird
(Hes 43,7)2.
Diese Stadt wird dann genannt werden
„Stadt der Wahrheit“ (Sach 8,3), und
„Jahwe Schamma“, das ist „der Herrist
hier“ (Hes 48,35). „Und man wird darin
wohnen, und kein Bann wird mehr darin
sein; und Jerusalem wird in Sicherheit
wohnen“ (Sach 14,11).
1
|
Hebr. jahschav= wohnen,
sitzen (vgl. Mich 4,4); das Wort
beinhaltet einen Zustand der
Ruhe und des Friedens (1Mo
13,12; 5Mo 12,10).
|
2
|
Vgl. Sach 2,14.15; 8,3: „Ich
werde in deiner Mitte [inmitten
Jerusalems] wohnen.“
|
Christus wird dann groß sein. Von
Jerusalem wird das Gesetz ausgehen. Er
wird diese Erde nach seinen göttlichen
Grundsätzen regieren. Die folgenden
Verse werden dann in Erfüllung gehen:
„Und er wird herrschen von Meer zu Meer
und vom Strom bis an die Enden der Erde“
(Ps 72,8; Ps 98,3; Jes 11,12).
Dann wird man staunen über das, was man
in Jerusalem sehen wird. Über viele
Jahrhunderte hat man Lügen über diese
Stadt erzählt, hat man Göttern und
Götzen vertraut, aber nun werden
Menschen sagen: Nicht die Hälfte hat man
uns gesagt. „Herr, meine Stärke und
meine Schutzwehr und meine Zuflucht am
Tag der Bedrängnis! Zu dir werden
Nationen kommen von den Enden der Erde
und sprechen: Nur Lüge haben unsere
Väter geerbt, nichtige Götter; und unter
ihnen ist keiner, der etwas nützt“ (Jer
16,19).
„Und ich werde die Streitwagen aus
Ephraim und die Pferde aus Jerusalem
ausrotten, und der Kriegsbogen wird
ausgerottet werden. Und er wird Frieden
reden zu den Nationen; und seine
Herrschaft wird sein von Meer zu Meer
und vom Strom bis an die Enden der Erde“
(Sach 9,10).
Wenn es nicht im Wort Gottes stehen
würde, könnte man es nicht glauben. Was
wird die Zukunft doch wunderbar sein für
solche, die ihr Vertrauen auf den
lebendigen Gott setzen!
5,4.5 – Und dieser wird Friede sein.
Wenn Assyrien in unser Land kommen und
wenn es in unsere Paläste treten wird,
so werden wir sieben Hirten und acht
Menschenfürsten [w. Eingesetzte, die
Menschen sind] dagegen aufstellen. Und
sie werden das Land Assyrien mit dem
Schwert weiden und das Land Nimrods in
seinen Toren; und er wird uns von
Assyrien erretten, wenn es in unser Land
kommen und wenn es in unsere Grenzen
treten wird.
In den vorherigen Versen wurde uns
gesagt, dass aus Bethlehem-Juda ein
Herrscher kommen würde, dessen Ursprünge
„von den Tagen der Ewigkeit her“ sind.
Dieser Herrscher wird ein Hirte genannt;
Er wird ein großer Hirte und ein großer
Herrscher sein. Er wird die Herde in der
Kraft Gottes weiden. Sein Name wird auf
der ganzen Erde bekannt sein, aber Er
wird auch „Friede sein“, d. h. Er wird
für Frieden sorgen, denn Er hat die
Autorität dazu. Viele Politiker dieser
Welt haben den aufrichtigen Wunsch
gehabt, bleibenden Frieden in dieser
Welt zu bewirken. Denken wir nur an die
Friedensbemühungen der Griechen. In
Griechenland entwickelte sich der
Friedensbegriff nach dem
Peloponnesischen Krieg, und in der
ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts v.
Chr. entstand eine dauerhafte
Friedensordnung, die auf dem Prinzip der
Gleichberechtigung aller Staaten
beruhte, die „koine eirene“, der
Allgemeine Friede. Bei den Römern wurde
Friede geschlossen, indem man Verträge
abschloss. Man nannte diesen Frieden
„Pax Romana“ bzw. „Pax Augusta“.
Hugo Grotius entwickelte den Gedanken
eines Völkerrechts 1625, und 1648 kam es
dann nach dem 30-jährigen Krieg zum
„Westfälischen Frieden“. So könnten wir
nun mit den Friedensbemühungen von
Thomas Hobbes in seinem Leviathan
oder Immanuel Kants Zum ewigen
Frieden fortfahren. Auch der
Völkerbund, die UNO und viele andere
Organisationen haben sich den Frieden
auf die Fahne geschrieben. Die Schrift
sagt aber: „Wenn sie sagen: Friede und
Sicherheit!, dann kommt ein plötzliches
Verderben über sie, wie die Geburtswehen
über die Schwangere; und sie werden
nicht entfliehen“ (1Thes 5,3).
Alle Friedensbewegungen unserer Zeit
beruhen sehr oft auf religiösen Quellen.
Sie rufen laut: „Schwerter zu
Pflugscharen!“, aber sie lesen den Text
nicht, der mit diesen Worten verbunden
ist. In Wirklichkeit verbergen sich
hinter diesen pazifistischen Bewegungen
ökologisch und philosophisch motivierte
Ungläubige, die weder dem Gott der Bibel
vertrauen noch echten Frieden bewirken
werden.
Das kann nur dieser EINE, Jesus,
der Christus, der Messias. Im Alten
Testament wird Er als der „Friedefürst“
prophezeit. Und es wird hinzugefügt:
„Die Mehrung der Herrschaft und der
Frieden werden kein Ende haben auf dem
Thron Davids und über sein Königreich,
um es zu befestigen und zu stützen durch
Gericht und durch Gerechtigkeit, von nun
an bis in Ewigkeit. Der Eifer des
Herrnder Heerscharen wird dies tun“(Jes
9,6).
Im Neuen Testament lesen wir von
Christus, dass Er „Frieden gemacht hat
durch das Blut seines Kreuzes“ (Kol
1,20). Dieser wunderbare Herr hat
gesagt: „Frieden lasse ich euch, meinen
Frieden gebe ich euch; nicht wie die
Welt gibt, gebe ich euch. Euer Herz
werde nicht bestürzt, sei auch nicht
furchtsam“ (Joh 14,27), und: „Dies habe
ich zu euch geredet, damit ihr in mir
Frieden habt. In der Welt habt ihr
Bedrängnis; aber seid guten Mutes, ich
habe die Welt überwunden“ (Joh 16,33).
Doch bedenken wir auch, dass der gleiche
Herr gesagt hat: „Denkt nicht, dass ich
gekommen sei, Frieden auf die Erde zu
bringen; ich bin nicht gekommen, Frieden
zu bringen, sondern das Schwert“ (Mt
10,34). „Meint ihr, dass ich gekommen
sei, Frieden auf der Erde zu geben?
Nein, sage ich euch, sondern vielmehr
Entzweiung“ (Lk 12,51).
Ohne Christus wird es keinen wahren,
bleibenden und ewigen Frieden geben –
weder im Herzen des einzelnen Menschen
noch in den Familien, noch in der Welt.
Alle Friedensapostel älterer oder
jüngerer Zeit werden sich als falsche
Propheten erweisen, die zwar rufen
„Friede, Friede!“ – aber da ist kein
Friede.
Der Prophet Jesaja sagt: „Kein Friede
den Gottlosen!, spricht der Herr“ (Jes
48,22). Und Jeremia ruft aus: „... und
sie heilen die Wunde der Tochter meines
Volkes leichthin und sprechen: ,Frieden,
Frieden!‘, und da ist doch kein Frieden“
(Jer 6,14; 8,11). Auch Hesekiel muss
weissagen: „Darum, ja, darum, weil sie
mein Volk irreführen und sprechen:
,Frieden!‘, obwohl kein Frieden da ist;
und baut es eine Wand, siehe, sie
bestreichen sie mit Tünche“ (Hes 13,10);
und etwas später: „... die Propheten
Israels, die über Jerusalem weissagen
und für es Gesichte des Friedens
schauen, obwohl kein Frieden da ist,
spricht der Herr, Herr“ (Hes 13,16).
Darf ich an dieser Stelle einmal den
Leser persönlich fragen: Kennst du den
Herrn Jesus als den Herrn, der dir
seinen Frieden gegeben hat? Hast du
Frieden mit Gott durch den Herrn Jesus
Christus? Kannst du sagen: „Christus ist
mein Friede, und der Friede des Christus
regiert (oder: entscheidet) in meinem
Herzen?“ (vgl. Röm 5,1; Eph 2,14; Kol
3,15).
Du wirst keinen Frieden bekommen, wenn
du nicht rückhaltlos dein Leben Christus
anvertraust. Er ist der Sohn Gottes, des
Gottes, der der „Gott des Friedens“
genannt wird (vgl. Röm 15,33; 16,20;
1Kor 14,33; 2Kor 13,11; Phil 4,9; 1Thes
5,23; 2Thes 3,16; Heb 13,20).
Es heißt in unserem Text weiter: „Wenn
Assyrien in unser Land kommen und wenn
es in unsere Paläste treten wird, so
werden wir sieben Hirten und acht
Menschenfürsten dagegen aufstellen.“
Hier spricht der Prophet von einem
kommenden Krieg, der zum Ziel hat, dass
Israel von den Assyrern erobert wird.
Doch das wird nicht geschehen, denn das
Volk wird im Auftrag des Messias acht
machtvolle Menschen aufstellen und
sieben Hirten.
Was werden diese tun? Sie werden das
Land Assyrien mit dem Schwert weiden, d.
h. sie sind in der Lage, Assyrien mit
ungeheurer Kraft zurückzuschlagen. Ganz
bewusst nennt Micha diesen Feind „Land
Nimrods“. Denn mit Nimrod fing nach der
Flut das Elend aggressiver Weltpolitik
an. Nimrod zog aus nach Assur und baute
Ninive (1Mo 10,11).
Doch dann heißt es ganz unvermittelt:
„... und er wird uns von Assyrien
erretten, wenn es in unser Land kommen
und wenn es in unsere Grenzen treten
wird.“ Er – das ist der Messias; unser
Land – das ist Israel; und wir – das ist
der Überrest, der auf den Messias warten
wird.
Unmöglich kann sich diese Prophetie auf
die Vergangenheit beziehen, denn die
hier beschriebenen Ereignisse sind in
der Geschichte Israels noch nicht
vorgekommen.
In welchem Zustand wird Israel sein,
wenn die hier geweissagten Ereignisse
geschehen? Nun, zunächst ist es klar,
dass das Volk im Land ist. Zum anderen
ist es deutlich, dass der Assyrer ins
Land kommen wird. Der Assyrer selbst ist
aber eine Zuchtrute. Das wird deutlich
aus der Tatsache, dass Gott dieses Volk
benutzt hat, um die 10 Stämme im Jahr
722 v. Chr. in die assyrische
Gefangenschaft zu führen. Aber die Stadt
Jerusalem hat der Assyrer nie erobert.
Er hat die Stadt wohl zur Zeit Hiskias
belagert (Jes 36–37).
Schauen wir uns zunächst einige
Charakterzüge des Assyrers an, des
Volkes, das Gott als Zuchtrute für sein
Volk gebraucht:
„Und es wird geschehen, wenn der Herr
sein ganzes Werk am Berg Zion und an
Jerusalem vollbracht hat, so werde ich
die Frucht der Überhebung des Herzens
des Königs von Assyrien und den Stolz
der Überheblichkeit seiner Augen
heimsuchen. Denn er hat gesagt:
Durch die Kraft meiner Hand und durch
meine Weisheit habe ich es getan, denn
ich bin verständig; und ich verrückte
die Grenzen der Völker und plünderte
ihre Schätze und stieß, wie ein
Gewaltiger, Thronende hinab. Und meine
Hand hat den Reichtum der Völker
erreicht wie ein Nest, und wie man
verlassene Eier zusammenrafft, so habe
ich die ganze Erde zusammengerafft; da
war keiner, der den Flügel regte oder
den Schnabel aufsperrte und zirpte.
Darf die Axt sich gegen den rühmen, der
damit haut, oder die Säge sich gegen den
brüsten, der sie zieht? – als schwänge
ein Stock die, die ihn emporheben, als
höbe ein Stab den empor, der kein Holz
ist!“ (Jes 10,12–15).
Der Assyrer ist die Axt, die Säge, der
Stock in Gottes Hand. Aber so sieht sich
der Assyrer nicht, sondern er handelt
nach eigenem Gutdünken. In Jesaja 10,5
heißt es: „Wehe, Assur, Rute meines
Zorns! Und der Stock in seiner Hand ist
mein Grimm.“ Sein Geist ist erfüllt mit
sich selbst. Er rühmt sich seiner Kraft,
seines Verstandes und seiner Weisheit.
Doch „Gott widersteht den Hochmütigen“
(Spr 3,34; Jak 4,6; 1Pet 5,5).
Lasst uns noch ein wenig bei dem Assyrer
bleiben. Historisch gesehen entstand das
Assyrerreich aus der Stadt Assur. Diese
Stadt wurde nach einer Person genannt,
die bekanntlich ein Nachkomme Sems war
(1Mo 10,22; 1Chr 1,17). Wahrscheinlich
ist die Stadt eine der größten und
ältesten Städte des Assyrerreiches, das
sich am Westufer des Tigris befand.
In dieser Stadt stand das Hauptheiligtum
des Gottes Assur. Daneben soll es noch
34 Heiligtümer gegeben haben, die
irgendwelchen Göttern geweiht waren. Die
weitere Geschichte Assyriens ist uns
teilweise aus der Archäologie bekannt.
Assyrien war zur Zeit des Babyloniers
Hammurabi abhängig von Babylon, später
ging es auf in dem Reich Mitanni. Im 14.
Jh. v. Chr. erhält Assyrien seine
Unabhängigkeit wieder, unterwirft
Babylon. Doch ab 1200 v. Chr. beginnt
der Niedergang Assyriens, der nur kurz
durch Tiglat-Pileser I. (1112–1074)
unterbrochen wird. Assyrien und auch
Babylon werden immer weiter geschwächt.
In dieser Zeit entsteht unter Saul,
David und Salomo das Königtum in Israel.
Aramäer bedrängen Assyrien.
Erst unter Assurnasirpal II. (883–859)
gewinnt Assyrien seine frühere Bedeutung
zurück. Dieser König bekämpft mit
äußerst gemeinen Mitteln die aramäischen
Kleinfürsten und stellt das Reich in der
Größe von Tiglat-Pileser I. wieder her.
Er organisiert das Reich ganz neu und
schafft eine straffe
Verwaltungshierarchie. Seine Hauptstadt
ist Kalah (Nimrud). Salmanassar III.
besiegt schließlich eine syrische
Koalition und Hasael, den König von
Syrien. Nach dem Tod des Königs kommt es
zu immer mehr äußeren und inneren
Unruhen. Kämpfe gegen das aufstrebende
Reich Urartu und Auseinandersetzungen im
Innern des Reiches schwächen Assyrien
erneut.
Doch dann erstarkt es wieder unter der
Führung des Königs Pul, der 745 als
Tiglat-Pileser III. den Thron besteigt.
Der israelitische König des Nordreiches
– Menachem – unterwirft sich
Tiglat-Pileser freiwillig (2Kön
15,19ff.), während der König Judas –
Ahas – ihn um Hilfe anruft, als Israel
und Syrien Juda angreifen wollen. Syrien
und Israel werden vernichtend
geschlagen. Ahas wird tributpflichtig.
Pekach, der König Israels, wird
abgesetzt, und Hosea wird als König über
die wenigen Einwohner von Samaria
eingesetzt (2Kön 16).
Salmanassar V. (727–722) hat Mühe, die
immer wieder aufquellenden Unruhen in
Syrien und Israel im Zaum zu halten.
Drei Jahre belagert er Samaria. Im Jahr
seines Todes, als Sargon II. (722–705)
sich auf den Thron Assyriens setzt, wird
die Stadt eingenommen. Sargon II. führt
27.290 Israeliten in die Gefangenschaft.
Er weitet seinen Herrschaftsbereich aus,
indem er das Königreich Urartu
unterwirft, die Meder besiegt und die
syrischen Kleinstaaten sowie
Merodak-Baladan von Babylon unterwirft.
Sein Sohn Sanherib (705–681) erobert
erneut Babylon und die meisten
phönizischen und palästinensischen
Städte. Er belagert auch Jerusalem,
versucht durch seinen Rabsake das Volk
zur Aufgabe zu überreden, indem er
Folgendes sagen lässt: „Und der Rabsake
sprach zu ihnen: Sagt doch zu Hiskia: So
spricht der große König, der
König von Assyrien: Was ist das für
ein Vertrauen, womit du vertraust?
Du sagst – doch nur ein Wort der Lippen
ist es –: Da ist Rat und Macht zum
Kampf. Nun, auf wen vertraust du, dass
du dich gegen mich empört hast? Nun,
siehe, du vertraust auf jenen geknickten
Rohrstab, auf Ägypten, der, wenn jemand
sich auf ihn stützt, ihm in die Hand
fährt und sie durchbohrt. So ist der
Pharao, der König von Ägypten, für alle,
die auf ihn vertrauen. Und wenn ihr zu
mir sprecht: Auf den Herrn, unseren
Gott, vertrauen wir! – ist er es nicht,
dessen Höhen und dessen Altäre Hiskia
weggetan hat, als er zu Juda und zu
Jerusalem gesagt hat: Vor diesem Altar
sollt ihr anbeten in Jerusalem? Und nun,
lass dich doch ein mit meinem Herrn, dem
König von Assyrien: Ich will dir 2000
Pferde geben, wenn du dir Reiter darauf
setzen kannst. Und wie willst du einen
einzigen Befehlshaber von den geringsten
Knechten meines Herrn zurücktreiben?
Aber du vertraust auf Ägypten wegen der
Wagen und Reiter.
Nun, bin ich etwa
ohne den HERRN
gegen diesen Ort heraufgezogen, um ihn
zu verheeren? Der HERR
hat zu mir gesagt: Zieh hinauf gegen
dieses Land und verheere es!
Und Eljakim, der Sohn Hilkijas, und
Schebna und Joach sprachen zum Rabsake:
Rede doch aramäisch zu deinen Knechten,
denn wir verstehen es; und rede nicht
jüdisch mit uns vor den Ohren des
Volkes, das auf der Mauer ist. Und der
Rabsake sprach zu ihnen: Hat mein Herr
mich zu deinem Herrn und zu dir gesandt,
um diese Worte zu reden? Nicht zu den
Männern, die auf der Mauer sitzen, um
mit euch ihren Kot zu essen und ihren
Harn zu trinken? Und der Rabsake trat
hin und rief mit lauter Stimme auf
Jüdisch und sprach: Hört das Wort des
großen Königs, des Königs von Assyrien!
So spricht der König:
Dass Hiskia
euch nicht täusche; denn er wird euch
nicht von seiner Hand erretten können.
Und dass Hiskia euch nicht auf den HERRN
vertröste, indem er spricht: Der HERR
wird uns gewiss erretten, und diese
Stadt wird nicht in die Hand des Königs
von Assyrien gegeben werden! Hört nicht
auf Hiskia!
Denn so spricht der König von Assyrien:
Macht Frieden mit mir und kommt zu
mir heraus, so sollt ihr jeder von
seinem Weinstock und jeder von seinem
Feigenbaum essen, und jeder das Wasser
seiner Zisterne trinken, bis ich komme
und euch in ein Land hole wie euer Land,
ein Land von Korn und Most, ein Land von
Brot und Weinbergen, ein Land von
Olivenbäumen und Honig, dass ihr lebt
und nicht sterbt. Aber hört nicht auf
Hiskia! Denn er verführt euch, indem er
spricht: Der HERR
wird uns erretten!
Haben die Götter der Nationen ein jeder
sein Land aus der Hand des Königs von
Assyrien errettet? Wo sind die Götter
von Hamat und Arpad? Wo die Götter von
Sepharwaim, von Hena und Iwa? Haben sie
[d. h. die Götter von Samaria] etwa
Samaria aus meiner Hand errettet? Welche
sind es unter allen Göttern der Länder,
die ihr Land aus meiner Hand errettet
haben, dass der HerrJerusalem aus meiner
Hand erretten sollte? Und das Volk
schwieg still und antwortete ihm kein
Wort; denn es war das Gebot des Königs,
der gesagt hatte: Ihr sollt ihm nicht
antworten!“ (2Kön 18,19–36).
Diese Rede kann das Volk sicher verzagt
machen, denn Assyrien ist inzwischen
eine starke, machtvolle Nation geworden.
Der König lässt Hiskia mittels eines
Boten einen Brief überbringen, der ihn
ängstigen soll. Doch Hiskia tut das
einzig Richtige. Er zerreißt seine
Kleider und beugt sich vor Gott nieder,
breitet den Brief vor Gott aus und
betet: „Und Hiskia betete vor dem
Herrnund sprach: Herr, Gott Israels, der
du zwischen den Cherubim thronst, du
allein bist es, der der Gott ist von
allen Königreichen der Erde; du hast den
Himmel und die Erde gemacht. Herr, neige
dein Ohr und höre! Herr, tu deine Augen
auf und sieh! Ja, höre die Worte
Sanheribs, die er gesandt hat, um den
lebendigen Gott zu verhöhnen. Wahrlich,
Herr, die Könige von Assyrien haben die
Nationen und ihr Land verwüstet, und sie
haben ihre Götter ins Feuer geworfen;
denn sie waren keine Götter, sondern ein
Werk von Menschenhänden, Holz und Stein,
und sie haben sie zerstört. Und nun,
Herr, unser Gott, rette uns doch aus
seiner Hand, damit alle Königreiche der
Erde erkennen, dass du, Herr, allein
Gott bist!
Da sandte Jesaja, der Sohn Amoz’, zu
Hiskia und ließ ihm sagen: So spricht
der Herr, der Gott Israels: Was du wegen
Sanheribs, des Königs von Assyrien, zu
mir gebetet hast, habe ich gehört. Dies
ist das Wort, das der Herrüber ihn
geredet hat: Es verachtet dich, es
verspottet dich die Jungfrau, die
Tochter Zion; die Tochter Jerusalem
schüttelt das Haupt hinter dir her ...
Und ich will diese Stadt beschirmen, um
sie zu retten, um meinet- und um meines
Knechtes David willen. Und es geschah in
jener Nacht, da ging der Engel des
Herrnaus und schlug im Lager der Assyrer
185.000 Mann. Und als man frühmorgens
aufstand, siehe, da waren sie allesamt
Leichname“ (2Kön 19,15–21.34.35).
Welch ein wunderschönes Beispiel für das
Eingreifen Gottes in ausweglosen
Situationen. Handeln wir auch so wie
Hiskia? Bringen wir die Sorgen unseres
Lebens auch vor das Angesicht Gottes,
unseres Vaters, und überlassen Ihm alles
Weitere? Gott kennt Zeit und Stunde, wo
Er gemäß seiner Weisheit eingreift.
Lasst uns Ihm in allen Dingen vertrauen.
Die weitere Geschichte Assyriens ist von
Kämpfen durchsetzt. Asar-Haddon (680–669
v. Chr) baut Babylon wieder auf und
besiegt die Kimmerier und Skythen. Im
Jahre 671 unterwirft er schließlich auch
die Ägypter. Assurbanipal (669–631?)
unterwirft Aufstände in Ägypten, ist mit
kriegerischen Auseinandersetzungen mit
Elamitern und Babyloniern befasst,
wodurch Psammetychos I. von Ägypten die
Unabhängigkeit Ägyptens zurückgewinnen
kann. Assurbanipal errichtet eine
riesige Bibliothek in Ninive, der
Hauptstadt des Assyrerreiches.
Schließlich geht das Assyrerreich unter.
Meder und Chaldäer teilen es unter sich
auf.
Wenn wir die Geschichte Assyriens kurz
gestreift haben, so fällt uns auf, dass
es keine Eroberung oder Besetzung
Jerusalems durch die Assyrer gegeben
hat. Aber die Schrift spricht sehr
deutlich von der Einnahme Jerusalems
durch den Assyrer und spricht auch
davon, dass Israel, Assyrien und Ägypten
„ein Segen inmitten der Erde“ sein
werden (Jes 19,24).
Nun, die Schrift spricht deutlich von
einer zukünftigen Belagerung und
Einnahme Jerusalems durch die Assyrer:
In Micha 5,4 lesen wir: „Wenn Assyrien
in unser Land kommen und wenn es in
unsere Paläste treten wird, so werden
wir sieben Hirten und acht
Menschenfürsten dagegen aufstellen.“ In
Jesaja 28,15ff. heißt es: „Denn ihr
sprecht: Wir haben einen Bund mit dem
Tod geschlossen und einen Vertrag mit
dem Scheol gemacht: Wenn die
überflutende Geißel1
hindurchfährt, wird sie an uns nicht
kommen; denn wir haben die Lüge zu
unserer Zuflucht gemacht und in der
Falschheit uns geborgen ... Und der
Hagel wird die Zuflucht der Lüge
wegraffen, und die Wasser werden den
Bergungsort wegschwemmen. Und euer Bund
mit dem Tod wird zunichtewerden, und
euer Vertrag mit dem Scheol nicht
bestehen: Wenn die überflutende
Geißel hindurchfährt, so werdet ihr
von ihr zertreten werden. Sooft sie
hindurchfährt, wird sie euch wegraffen;
denn jeden Morgen wird sie
hindurchfahren, bei Tag und bei Nacht.
Und es wird nichts als Schrecken sein,
die Botschaft zu vernehmen. Denn das
Bett ist zu kurz, um sich auszustrecken,
und die Decke zu schmal, um sich
einzuhüllen. Denn der Herrwird sich
aufmachen wie bei dem Berg Perazim, wie
im Tal bei Gibeon wird er zürnen: um
sein Werk zu tun – befremdend ist sein
Werk! – und um seine Arbeit zu
verrichten – außergewöhnlich [eig.
fremdartig] ist seine Arbeit!“
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Wenn von dem Assyrer gesprochen
wird, dann werden Begriffe wie
„Strom“, „überfluten“,
„Überschwemmung“ häufiger
verwendet. In Jesaja 8,7 wird
von dem Assyrer, dem König von
Assyrien und all seiner
Herrlichkeit, als „die Wasser
des Stromes, die mächtigen und
großen“ gesprochen. Er wird „in
Juda eindringen, überschwemmen
und überfluten“. In Jesaja
28,15.19 ist von ihm als einer
„überflutenden Geißel“ die Rede
(vgl. Jes 28,2; 59,19). In
Daniel 11,40.41 heißt es vom
König des Nordens, dass er zur
Zeit des Endes mit dem König des
Südens zusammenstoßen wird: „...
und der König des Nordens wird
gegen ihn anstürmen mit Wagen
und mit Reitern und mit vielen
Schiffen; und er wird in die
Länder eindringen und wird sie
überschwemmen und überfluten.“
Was ist denn eigentlich dieser
„Bund mit dem Tod und der
Vertrag mit dem Scheol“? Nun, es
ist das Bündnis des römischen
Tieres mit dem falschen
Propheten. Davon lesen wir auch
in Daniel 9,27, wo von dem
„kommenden Fürsten“ geschrieben
steht, dass er „einen festen
Bund mit den Vielen [d. h. mit
der Masse des jüdischen Volkes]
schließen [wird] für eine Woche
[das sind 7 Jahre].“ Wegen
dieses Bündnisses und der damit
in Verbindung stehenden Gräuel
wird ein „Verwüster“ kommen.
Auch Joel spricht von einem
„großen und mächtigen Volk“
(Kap. 1,6ff.; 2,2ff.) und
beschreibt es so: „Was der Nager
[d. i. eine Heuschreckenart]
übrig gelassen hatte, fraß die
Heuschrecke [gewöhnliche hebr.
Bezeichnung der Heuschrecke];
und was die Heuschrecke übrig
gelassen hatte, fraß der
Abfresser [d. i. eine
Heuschreckenart]; und was der
Abfresser übrig gelassen hatte,
fraß der Vertilger [d. i. eine
Heuschreckenart]. Wacht auf, ihr
Trunkenen, und weint! Und heult,
alle ihr Weinsäufer, über den
Most, weil er weggenommen ist
von eurem Mund! Denn eine Nation
ist über mein Land
heraufgezogen, mächtig und ohne
Zahl; ihre Zähne sind
Löwenzähne, und sie hat das
Gebiss einer Löwin. Sie hat
meinen Weinstock zu einer Wüste
gemacht und meinen Feigenbaum
zerknickt; sie hat ihn
vollständig abgeschält und
hingeworfen, seine Ranken sind
weiß geworden“ (Joel 1,4–7).
„Stoßt in die Posaune auf Zion,
und blast Lärm auf meinem
heiligen Berg! Beben sollen alle
Bewohner des Landes; denn es
kommt der Tag des Herrn, denn er
ist nahe: ein Tag der Finsternis
und der Dunkelheit, ein Tag des
Gewölks und der Wolkennacht. Wie
die Morgendämmerung ist es
ausgebreitet über die Berge,
ein großes und mächtiges Volk,
wie seinesgleichen von Ewigkeit
her nicht gewesen ist und nach
ihm nicht mehr sein wird bis
in die Jahre der Geschlechter
und Geschlechter. Vor ihm her
verzehrt das Feuer, und hinter
ihm lodert die Flamme; vor ihm
ist das Land wie der Garten
Eden, und hinter ihm eine öde
Wüste, und auch keine
Entronnenen lässt es übrig. Sein
Aussehen ist wie das Aussehen
von Pferden; und wie Reitpferde,
so rennen sie. Wie Wagengerassel
hüpfen sie auf den Gipfeln der
Berge, wie das Prasseln der
Feuerflamme, die Stoppeln
verzehrt; sie sind wie ein
mächtiges Volk, zum Kampf
gerüstet. Vor ihm zittern die
Völker, alle Angesichter
erblassen. Sie rennen wie
Helden, wie Kriegsleute
ersteigen sie die Mauer; und sie
ziehen jeder auf seinem Weg, und
ihre Pfade wechseln sie nicht
... Sie laufen in der Stadt
umher, rennen auf die Mauer,
steigen in die Häuser; durch die
Fenster dringen sie ein wie der
Dieb.
Vor ihnen erbebt die
Erde, erzittert der Himmel;
Sonne und Mond verfinstern sich,
und die Sterne verhalten ihren
Glanz. Und der HERR
lässt vor seiner Heeresmacht her
seine Stimme erschallen, denn
sein Heerlager ist sehr groß,
denn der Vollstrecker seines
Wortes ist mächtig; denn groß
ist der Tag des HERRN
und sehr furchtbar, und wer kann
ihn ertragen?
Aber auch jetzt noch, spricht
der Herr, kehrt um zu mir mit
eurem ganzen Herzen und mit
Fasten und mit Weinen und mit
Klagen. Und zerreißt euer Herz
und nicht eure Kleider, und
kehrt um zu dem Herrn, eurem
Gott; denn er ist gnädig und
barmherzig, langsam zum Zorn und
groß an Güte und lässt sich des
Übels gereuen. Wer weiß? Er
könnte umkehren und es sich
gereuen lassen, und er könnte
Segen hinter sich zurücklassen:
Speisopfer und Trankopfer für
den Herrn, euren Gott. Stoßt in
die Posaune auf Zion, heiligt
ein Fasten, ruft eine
Festversammlung aus! … Und ich
werde den von Norden
Kommenden von euch entfernen und
ihn in ein dürres und wüstes
Land vertreiben, seinen
Vortrab in das vordere Meer und
seinen Nachtrab in das hintere
Meer [d. h. in das Tote Meer und
in das Mittelmeer]; und sein
Gestank wird aufsteigen, und
aufsteigen sein übler Geruch,
weil er Großes getan hat“ (Joel
2,1–7.9–15.20).
Hier wird von einem mächtigen
Feind aus dem Norden gesprochen.
Es gibt noch andere Feinde aus
dem Norden, die wir hier kurz
nennen wollen: Da ist der König
des Nordens, der aus dem
griechischen Reich hervorgeht,
der König von Syrien. Von ihm
lesen wir in Daniel 11,40: „Und
zur Zeit des Endes wird der
König des Südens mit ihm [dem
König Israels; vgl. 11,36–39]
zusammenstoßen, und der König
des Nordens wird gegen ihn
anstürmen mit Wagen und mit
Reitern und mit vielen Schiffen;
und er wird in die Länder
eindringen und wird sie
überschwemmen und überfluten.“
Und da ist Gog mit seinen
Verbündeten aus dem äußersten
Norden, von dem wir in Hesekiel
38,14–18 lesen: „Darum weissage,
Menschensohn, und sprich zu Gog:
So spricht der Herr, Herr: Wirst
du es an jenem Tag nicht wissen,
wenn mein Volk Israel in
Sicherheit wohnt? Und du wirst
von deinem Ort kommen, vom
äußersten Norden her, du und
viele Völker mit dir, auf
Pferden reitend allesamt, eine
große Schar und ein zahlreiches
Heer. Und du wirst gegen mein
Volk Israel heraufziehen wie
eine Wolke, um das Land zu
bedecken. Am Ende der Tage wird
es geschehen, dass ich dich
heranbringen werde gegen mein
Land, damit die Nationen mich
kennen, wenn ich mich an dir,
Gog, vor ihren Augen heilige. So
spricht der Herr, Herr: Bist
du der, von dem ich in
vergangenen Tagen geredet habe
durch meine Knechte, die
Propheten Israels, die in jenen
Tagen jahrelang weissagten, dass
ich dich gegen sie heranbringen
würde? Und es wird geschehen
an jenem Tag, an dem Tag, wenn
Gog in das Land Israel kommt,
spricht der Herr, Herr, da wird
mein Grimm in meiner Nase
aufsteigen.“
Man fragt sich, wer das ist, von
dem die Propheten in vergangenen
Tagen redeten und der als
Zuchtrute über Israel herfallen
würde. Nun, das kann nur der
Assyrer sein. Somit scheint es
so, dass der Assyrer und Gog und
der König des Nordens in enger
Verbindung miteinander sein
werden. Sicher sind es nicht die
gleichen Völker, aber sie
arbeiten zusammen – eine
mächtige politisch-militärische
Koalition. Zudem werden sie mit
vielen Völkern kommen. Unter
anderem wird auch Edom mit
diesen Völkern verbunden sein.
Es wird ein gewaltiger und
schrecklicher Krieg sein.
Sacharja 14,1.2 bezieht sich
darauf: „Siehe, ein Tag kommt
für den Herrn, da wird deine
Beute in deiner Mitte verteilt
werden. Und ich werde alle
Nationen nach Jerusalem zum
Krieg versammeln; und die Stadt
wird eingenommen und die Häuser
werden geplündert und die Frauen
vergewaltigt werden; und die
Hälfte der Stadt wird in die
Gefangenschaft ausziehen, aber
das übrige Volk wird nicht aus
der Stadt ausgerottet werden.“
Allerdings werden wir in Jesaja
30,1–6 und 31,1–3 darüber
belehrt, dass die gottlosen
Juden bei den Ägyptern Hilfe
suchen. Und so wird nach der
Einnahme Jerusalems der Assyrer
weiterziehen, um Ägypten
einzunehmen. In Daniel 11,42.43
wird uns mitgeteilt: „Und zur
Zeit des Endes wird der König
des Südens mit ihm
zusammenstoßen, und der König
des Nordens wird gegen ihn
anstürmen mit Wagen und mit
Reitern und mit vielen Schiffen;
und er wird in die Länder
eindringen und wird sie
überschwemmen und überfluten.
Und er wird in das Land der
Zierde eindringen, und viele
Länder werden zu Fall kommen;
diese aber werden seiner Hand
entrinnen: Edom und Moab und die
Vornehmsten der Kinder Ammon.
Und er wird seine Hand an die
Länder legen, und das Land
Ägypten wird nicht entkommen;
und er wird die Schätze an Gold
und Silber und alle
Kostbarkeiten Ägyptens in seine
Gewalt bringen, und Libyer und
Äthiopier werden in seinem
Gefolge sein. Aber Gerüchte von
Osten und von Norden her werden
ihn erschrecken; und er wird
ausziehen in großem Grimm, um
viele zu vernichten und zu
vertilgen. Und er wird seine
Palastzelte aufschlagen zwischen
dem Meer [d. i. das Mittelmeer]
und dem Berg der heiligen
Zierde. Und er wird zu seinem
Ende kommen, und niemand wird
ihm helfen.“
Weiter heißt es dann: „Und in
jener Zeit wird Michael
aufstehen, der große Fürst, der
für die Kinder deines Volkes
steht; und es wird eine Zeit der
Drangsal sein, wie sie nicht
gewesen ist, seitdem eine Nation
besteht bis zu jener Zeit. Und
in jener Zeit wird dein Volk
errettet werden, jeder, der im
Buch geschrieben gefunden wird“
(Dan 12,1).
Noch einmal wollen wir die
Ereignisse kurz zusammenfassen:
Juda wird mit dem kommenden
Haupt des Römischen Reiches ein
Bündnis schließen. Das nennt
Gott „Bund mit dem Tod, Vertrag
mit dem Scheol.“ In Jerusalem
wird es einen schrecklichen
Götzendienst geben. Gottlose
Juden werden die Stadt
beherrschen. Viele treue Juden,
der Überrest, werden aus der
Stadt fliehen, aber es wird auch
noch einen ganz kleinen Überrest
in der Stadt geben. Gott wird
dann die Zuchtrute aus dem
Norden senden. Das ist der
Assyrer, der in das Land Israel
einfallen und Jerusalem belagern
und einnehmen wird. Assyrien
zerstört vieles in Jerusalem,
zieht dann aber weiter nach
Ägypten. Durch unangenehme
Nachrichten zieht Assyrien dann
noch einmal nach Israel, um
Jerusalem anzugreifen. Das ist
der Augenblick, wo der
Herrerscheint und diesen Feind
Israels vernichtet.
Kommen wir nun zurück zu Micha
5,4. Wer sind nun die sieben
Hirten und die acht
Menschenfürsten, die gegen die
Assyrer aufgestellt werden?
Wir haben schon gesehen, dass
die Assyrer weitergezogen sind,
nachdem sie Jerusalem
eingenommen hatten. Doch blieb
sicher noch eine Besatzungsmacht
zurück. Sehr wahrscheinlich wird
das den Überrest ermutigen, sich
gegen die Besatzer aufzulehnen.
In Kapitel 4,13 wurde die
Tochter Zion aufgefordert zu
dreschen. Gott würde das Horn
des Überrestes zu Eisen und
seine Hufe zu Erz machen. Auch
der geflohene Überrest kommt
zurück und verbindet sich mit
dem Überrest in der Stadt. Die
Hirten und Menschenfürsten sind
offensichtlich intelligente und
einsichtsvolle, strategisch
geschulte Führer, die mit
wenigen Juden die Assyrer in die
Flucht schlagen werden, wobei
sicher Gott eingreifen wird.
Diese Führer werden die Assyrer
bis vor ihre eigenen Tore
zurückschlagen. In Sacharja
12,2–5 lesen wir von dieser
Zeit: „Siehe, ich mache
Jerusalem zu einer Taumelschale
für alle Völker ringsum; und
auch über Juda wird es [nämlich
das, was Jerusalem treffen wird]
kommen bei der Belagerung von
Jerusalem. Und es wird geschehen
an jenem Tag, da werde ich
Jerusalem zu einem Laststein für
alle Völker machen: Alle, die
ihn aufladen wollen, werden sich
gewiss daran verwunden. Und alle
Nationen der Erde werden sich
gegen es versammeln. An jenem
Tag, spricht der Herr, werde ich
alle Pferde mit Scheuwerden und
ihre Reiter mit Wahnsinn
schlagen; und über das Haus Juda
werde ich meine Augen offen
halten und alle Pferde der
Völker mit Blindheit schlagen.
Und die Fürsten von Juda werden
in ihrem Herzen sprechen: Eine
Stärke sind mir die Bewohner von
Jerusalem in dem Herrnder
Heerscharen, ihrem Gott.“
erusalem als Taumelschale. Was
wird dort für Blut fließen. Doch
schließlich wird der
Herreingreifen. In Sacharja
14,4–7 heißt es: „Und seine Füße
werden an jenem Tag auf dem
Ölberg stehen, der vor Jerusalem
gegen Osten liegt; und der
Ölberg wird sich in der Mitte
spalten nach Osten und nach
Westen hin, zu einem sehr großen
Tal, und die Hälfte des Berges
wird nach Norden und seine
andere Hälfte nach Süden
weichen. Und ihr werdet in das
Tal meiner Berge fliehen, und
das Tal der Berge wird bis Azel
reichen; und ihr werdet fliehen,
wie ihr vor dem Erdbeben
geflohen seid in den Tagen
Ussijas, des Königs von Juda.
Und kommen wird der Herr, mein
Gott, und alle Heiligen mit dir.
Und es wird geschehen an jenem
Tag, da wird kein Licht sein;
die Gestirne werden sich
verfinstern [eig. gerinnen, o.
sich zusammenziehen]. Und es
wird ein Tag [d. h.
einzig in seiner Art] sein (er
ist dem Herrnbekannt), nicht Tag
und nicht Nacht; und es wird
geschehen zur Zeit des Abends,
da wird es Licht sein. Und es
wird geschehen an jenem Tag, da
werden lebendige Wasser aus
Jerusalem fließen, zur Hälfte
zum östlichen Meer und zur
Hälfte zum hinteren Meer; im
Sommer und im Winter wird es
geschehen. Und der Herrwird
König sein über die ganze Erde;
an jenem Tag wird der Herreiner
sein und sein Name einer.“
Der Herr selbst wird kommen und
diese endgültige Schlacht
gewinnen. Erst dann kann sein
Reich auf dieser Erde gegründet
werden.
„Der Herrder Heerscharen hat
geschworen und gesprochen: Ja,
wie ich es zuvor bedacht habe,
so geschieht es; und wie ich es
beschlossen habe, so wird es
zustande kommen: dass ich
Assyrien in meinem Land
zerschmettern und es auf meinen
Bergen zertreten werde. Und so
wird sein Joch von ihnen
weichen, und seine Last wird
weichen von ihrer Schulter. Das
ist der Ratschluss, der
beschlossen ist über die ganze
Erde; und das ist die Hand, die
ausgestreckt ist über alle
Nationen. Denn der Herrder
Heerscharen hat es beschlossen,
und wer wird es vereiteln? Und
seine ausgestreckte Hand – wer
könnte sie abwenden?“ (Jes
14,24–27).
5,6–8 – Und der Überrest Jakobs
wird inmitten vieler Völker sein
wie ein Tau von dem HERRN
, wie Regenschauer auf das
Kraut, der nicht auf Menschen
wartet und nicht auf
Menschenkinder harrt. Und der
Überrest Jakobs wird unter den
Nationen, inmitten vieler
Völker, sein wie ein Löwe unter
den Tieren des Waldes, wie ein
junger Löwe unter den
Schafherden, der, wenn er
hindurchgeht, zertritt und
zerreißt, und niemand errettet.
– Hoch erhoben sei deine Hand
über deine Bedränger, und alle
deine Feinde mögen ausgerottet
werden!
Der so schrecklich bedrängte
Überrest, der gegen die
Völkermassen keine Chance hatte,
der so geworfelt wurde, dessen
Hoffnung allein das Kommen des
Messias gewesen ist, dieser
Überrest wird nun ein Segen
inmitten der Völker sein. Dieser
Überrest hat nicht auf
menschliche Rettung gewartet,
hat nicht vergänglichen Menschen
sein Vertrauen gegeben, sondern
allein auf Gott vertraut. Gebe
Gott, dass wir von diesen
Menschen lernen.
Dieser Überrest wird Autorität
haben, er gleicht einem Löwen,
einem jungen Löwen unter den
Schafherden. Man wird ihm mit
Respekt begegnen.
Wie herrlich liest sich Jesaja
10,20ff.: „Und es wird geschehen
an jenem Tag, da wird der
Überrest Israels und das
Entronnene des Hauses Jakob sich
nicht mehr stützen auf den, der
es schlägt; sondern es wird sich
stützen auf den Herrn, den
Heiligen Israels, in Wahrheit.
Der Überrest wird umkehren, der
Überrest Jakobs zu dem starken
Gott. Denn wenn auch dein Volk,
Israel, wie der Sand des Meeres
wäre, nur ein Überrest davon
wird umkehren. Vertilgung ist
fest beschlossen, sie bringt
einherflutend Gerechtigkeit.
Denn der Herr, der Herrder
Heerscharen, vollführt
Vernichtung und
Festbeschlossenes inmitten der
ganzen Erde. Darum, so spricht
der Herr, der Herrder
Heerscharen: Fürchte dich nicht,
mein Volk, das in Zion wohnt,
vor Assur, wenn er dich mit dem
Stock schlagen und seinen Stab
gegen dich erheben wird nach der
Weise Ägyptens! Denn noch eine
ganz kurze Zeit, so wird der
Grimm zu Ende sein und mein Zorn
sich wenden zu ihrer
Vernichtung.“
Gott wird am Ende der
Drangsalszeit deutlich machen,
dass Er das letzte Wort in allen
kriegerischen
Auseinandersetzungen hat.
Jerusalem wird der Mittelpunkt
dieser Auseinandersetzungen
sein. Westliche Staaten (Europa
und Amerika?) werden mit den
gottlosen Juden eine starke
Koalition bilden. Sie erheben
sich gegen den wahren Gott. Die
nördlichen Staaten (Russland,
Syrien, Irak) und die
muslimischen Nachbarstaaten
werden sich als Feinde des
Volkes erweisen und gleichzeitig
als Zuchtrute von Gott benutzt
werden. Die Masse des
ungläubigen Volkes wird sicher
furchtbar geschlagen werden,
aber der treue Überrest wird auf
wunderbare Weise außerhalb von
Jerusalem und in Jerusalem
bewahrt werden.
Im 1000-jährigen Reich wird
dieses Volk, dieser Überrest,
ein gewaltiger Segen inmitten
der Völker sein. Der Zustand des
gesamten Volkes Israel wird
gottlos sein. Die folgenden
Verse zeigen, auf welche Weise
Gott das Volk reinigen wird.
5,9–14 – Und es wird geschehen
an jenem Tag, spricht der HERR
, da werde ich deine Pferde aus
deiner Mitte ausrotten und deine
Wagen vernichten. Und ich werde
die Städte deines Landes
ausrotten und alle deine
Festungen niederreißen. Und ich
werde die Wahrsagereien aus
deiner Hand ausrotten, und du
wirst keine Zauberer mehr haben.
Und ich werde deine geschnitzten
Bilder und deine Bildsäulen aus
deiner Mitte ausrotten, und du
wirst dich nicht mehr
niederwerfen vor dem Werk deiner
Hände. Und ich werde deine
Ascherim aus deiner Mitte
herausreißen und deine Städte
vertilgen. Und ich werde in Zorn
und in Grimm Rache üben an den
Nationen, die nicht gehört
haben.
Pferde werden ausgerottet – sie
stehen für das Selbstvertrauen
des gottlosen Volkes. Jesaja
2,5–8 sagt: „Kommt, Haus Jakob,
und lasst uns wandeln im Licht
des Herrn! Denn du hast dein
Volk, das Haus Jakob, verstoßen;
denn sie sind voll von dem,
was vom Osten kommt, und
sind Zauberer wie die Philister
und schlagen ein mit den Kindern
der Fremden. Und sein Land ist
voller Silber und Gold, und
seiner Schätze ist kein Ende;
und sein Land ist voller
Pferde, und seiner Wagen ist
kein Ende. Und sein Land ist
voller Götzen; sie werfen sich
nieder vor dem Werk ihrer Hände,
vor dem, was ihre Finger gemacht
haben.“
In Jesaja 31,1 sagt der Prophet.
„Wehe denen, die nach Ägypten
hinabziehen um Hilfe, die sich
auf Pferde stützen und
ihr Vertrauen auf Wagen setzen,
weil es viele sind, und auf
Reiter, weil sie zahlreich sind;
und die nicht auf den Heiligen
Israels schauen und nicht nach
dem Herrnfragen!“ Daher muss
Gott diese Pferde aus Jerusalem
ausrotten: „Und ich werde die
Streitwagen aus Ephraim und die
Pferde aus Jerusalem ausrotten,
und der Kriegsbogen wird
ausgerottet werden. Und er wird
Frieden reden zu den Nationen;
und seine Herrschaft wird sein
von Meer zu Meer und vom Strom
[d. i. der Euphrat] bis an die
Enden der Erde“ (Sach 9,10).
Ohne diese Züchtigung Gottes
wird es keinen endgültigen
Frieden in Israel geben.
Festungen und Städte werden
ausgerottet werden. Aber auch
alle okkulten Mittel, wodurch
falsche Propheten das Volk
verführt haben, werden zerstört
und die Götzenbilder abgeschafft
werden. Ist es nicht
erschreckend, wie weit dieses
Volk gekommen sein wird? Kann
man dann nicht verstehen, dass
Gott Gericht über sein Volk
bringen muss? Niemals mehr wird
man sich vor den eigenen
technischen Errungenschaften
niederwerfen, vor dem Werk
eigener Hände. Man wird dem
ewigen Gott dienen und Ihm
gehorchen. Aber auch die
Nationen werden die Rache Gottes
erleben. Heute ist Israel ein
Volk, das auf sich selbst und
seine machtvollen politischen
Unterstützer vertraut. Aber
dieses Vertrauen muss
erschüttert werden.
Wie macht Gott das ? Wie kann Er
das Herz, das Gewissen des
Volkes erreichen? Kapitel 6
zeigt uns das. In den folgenden
Versen findet ein Gespräch
zwischen Gott und dem Überrest
statt, das von dem Propheten
unterbrochen wird.
8. Gottes Forderungen an den
Überrest seines Volkes (Kapitel
6,1–8)
6,1.2 – Hört doch, was der HERR
sagt: Mach dich auf, rechte vor
den Bergen und lass die Hügel
deine Stimme hören! Hört, ihr
Berge, den Rechtsstreit des HERRN
, und ihr Unwandelbaren, ihr
Grundfesten der Erde! Denn der HERR
hat einen Rechtsstreit mit
seinem Volk, und mit Israel wird
er rechten.
Der Prophet wendet sich an das
Volk und sogar an die leblose
Schöpfung, an die Berge und die
Hügel. Alle sollen die Stimme
hören. Es geht ja um einen
Rechtsstreit mit seinem Volk
Israel, der getrost öffentlich –
vor allen – ausgeführt werden
soll. In diesem Rechtsstreit
würde Gott Recht behalten.
Auch der Prophet Hosea spricht
über solch einen Rechtsstreit,
den der Herrmit Israel und Juda
hat: „Hört das Wort des Herrn,
ihr Kinder Israel! Denn der
Herrhat einen Rechtsstreit
mit den Bewohnern des Landes;
denn es ist keine Wahrheit und
keine Güte und keine Erkenntnis
Gottes im Land“ (Hos 4,1).
„Auch mit Juda hat der Herreinen
Rechtsstreit; und er wird
Jakob heimsuchen nach seinen
Wegen, nach seinen Handlungen
ihm vergelten“ (Hos 12,3). Wenn
Wahrheit, Güte und
Gotteserkenntnis nicht mehr das
Volk regieren, dann kann es nur
zu falschen und bösen
Handlungsweisen kommen. So ist
es im Nordreich, aber auch im
Südreich gewesen. Und so wird es
auch in Zukunft mit Israel sein.
Parallelen sehen wir auch in der
Christenheit. Göttliche Wahrheit
wird relativiert, göttliche Güte
wird nicht mehr gekannt. Wundert
es uns dann, dass echte
Gotteserkenntnis nicht mehr
vorhanden ist?
Woher soll denn Gotteserkenntnis
kommen, wenn die Bibel als
Gottes Wort nicht mehr
verbindlich ist, wenn Gottes
Wort mit Mitteln der begrenzten
Vernunft seziert wird und man
nur noch auf den eigenen
Verstand und die jämmerliche
menschliche Logik allein
vertrauen soll?
6,3.4 – Mein Volk, was habe ich
dir getan, und womit habe ich
dich ermüdet? Lege Zeugnis gegen
mich ab! Denn ich habe dich aus
dem Land Ägypten heraufgeführt
und dich aus dem Sklavenhaus
erlöst; und ich habe Mose, Aaron
und Mirjam vor dir hergesandt.
Mein Volk, erinnere dich doch
daran, was Balak, der König von
Moab, beratschlagt, und was
Bileam, der Sohn Beors, ihm
geantwortet hat, daran, was von
Sittim bis Gilgal geschehen ist;
damit du die gerechten Taten des
HERRN
erkennst.
Der Herr gibt seinem Volk nun
etwas Geschichtsunterricht. Er
fragt das Volk zunächst danach,
was Er denn eigentlich dem Volk
Schlechtes getan habe. Er
fordert es auf, Zeugnis
abzulegen. Welch ein Gott, der
sich so auf die Stufe seiner
Geschöpfe herablässt. Er beginnt
sozusagen eine Diskussion mit
dem Volk. Aber sogleich erwähnt
Er drei historische
Begebenheiten, in denen Er dem
Volk geholfen hat:
-
Er hat das Volk mit starker
Hand aus Ägypten, aus dem
Haus der Knechtschaft,
herausgeführt.
-
Er hat Mose als Führer,
Aaron als Hohenpriester und
Mirjam als Sängerin vor dem
Volk hergesandt. Hat Er
nicht wunderbare Dinge durch
diese drei Geschwister
getan?
Balak wollte gern, dass Bileam
das Volk Israel verfluchte, aber
Gott hat ihn daran gehindert.
So ist unser Gott! Muss Er nicht
auch dich und mich häufiger
daran erinnern, wie wunderbar Er
uns in unserem Leben geholfen
hat? Wie viele Bewahrungen und
wunderbare Fügungen durften wir
erleben. Sind wir dankbar dafür?
Oder haben wir alle Segnungen
Gottes schon vergessen? Sind wir
mit manchen Umständen
unzufrieden, bäumen wir uns
gegen Gottes Wege auf, hadern
wir gar? Gibt es einen
wirklichen Grund, warum wir uns
von Gott abwenden sollten? In
einem Lied heißt es:
„Wenn wir uns von ihm abwenden,
wird es finster um uns her;
unser Gang ist nicht mehr sicher
und das Herz ist freudenleer.“
Gott hat das Herz des Überrestes
getroffen.
6,6.7 – Womit soll ich vor den HERRN
treten, mich beugen vor dem Gott
der Höhe? Soll ich vor ihn
treten mit Brandopfern, mit
einjährigen Kälbern? Wird der HERR
Wohlgefallen haben an Tausenden
von Widdern, an Zehntausenden
von Strömen Öls? Soll ich meinen
Erstgeborenen geben für meine
Übertretung, die Frucht meines
Leibes für die Sünde meiner
Seele?
Der Überrest erkennt sehr
deutlich, dass jede fromme Form
absoluter Unsinn ist. Gott will
keine Form der Gottseligkeit,
sondern deren Kraft (vgl. 2Tim
3,5). Weder Brandopfer noch
Ströme von Öl oder gar die
Opferung des Erstgeborenen
würden etwas nützen. Die Sünde
kann durch diese Handlungen
nicht ausgetilgt werden. Das
erkennt der Überrest jetzt ganz
klar.
Man hat den Eindruck, dass
dieser Überrest die Stimme
anderer Propheten gehört hat,
die im Namen des lebendigen
Gottes geweissagt haben: „Hört
das Wort des Herrn, Vorsteher
von Sodom; horcht auf das Gesetz
unseres Gottes, Volk von
Gomorra! Wozu soll mir die Menge
eurer Schlachtopfer?, spricht
der Herr:Ich habe die Brandopfer
von Widdern und das Fett der
Mastkälber satt, und am Blut von
Stieren und Lämmern und jungen
Böcken habe ich kein Gefallen.
Wenn ihr kommt, um vor meinem
Angesicht zu erscheinen: Wer hat
dies von eurer Hand gefordert,
meine Vorhöfe zu zertreten?
Bringt keine wertlose [o.
falsche, o. lügenhafte]
Opfergabe mehr! Räucherwerk ist
mir ein Gräuel. Neumond und
Sabbat, das Berufen von
Versammlungen: Frevel und
Festversammlung kann ich nicht
ertragen. Eure Neumonde und eure
Festzeiten hasst meine Seele;
sie sind mir zur Last geworden,
ich bin des Tragens müde. Und
wenn ihr eure Hände ausbreitet,
verhülle ich meine Augen vor
euch; selbst wenn ihr das Gebet
vermehrt, höre ich nicht: Eure
Hände sind voll Blut. Wascht
euch, reinigt euch; schafft mir
die Schlechtigkeit eurer
Handlungen aus den Augen, hört
auf, Böses zu tun! Lernt, Gutes
zu tun, trachtet nach Recht,
leitet den Bedrückten; schafft
Recht der Waise, führt die
Rechtssache der Witwe! Kommt
denn und lasst uns miteinander
rechten, spricht der Herr. Wenn
eure Sünden wie Scharlach sind,
wie Schnee sollen sie weiß
werden; wenn sie rot sind wie
Karmesin, wie Wolle sollen sie
werden. Wenn ihr willig seid und
hört, so sollt ihr das Gute des
Landes essen“ (Jes 1,10–19).
„Wenn sie fasten, werde ich
nicht auf ihr Flehen hören; und
wenn sie Brandopfer und
Speisopfer opfern, werde ich
kein Wohlgefallen an ihnen
haben; sondern ich werde sie
durch Schwert und durch Hunger
und durch Pest vernichten“ (Jer
14,12).
„Als Schlachtopfer meiner
Opfergaben opfern sie Fleisch
und essen es; der Herrhat kein
Wohlgefallen daran. Nun wird er
sich an ihre Ungerechtigkeit
erinnern und ihre Sünden
heimsuchen“ (Hos 8,13).
„Denn wenn ihr mir Brandopfer
und eure Speisopfer opfert, habe
ich kein Wohlgefallen daran; und
das Friedensopfer von eurem
Mastvieh mag ich nicht ansehen“
(Amos 5,22).
Der weise Salomo sagte schon:
„Das Opfer der Gottlosen ist dem
Herrnein Gräuel, aber das Gebet
der Aufrichtigen sein
Wohlgefallen“ (Spr 15,8), und:
„Gerechtigkeit und Recht üben
ist dem Herrnangenehmer als
Opfer“ (Spr 21,3), und: „Das
Opfer der Gottlosen ist ein
Gräuel; wie viel mehr, wenn er
es in böser Absicht bringt“ (Spr
21,27).
Wie schnell täuschen äußere
religiöse Formen über den
inneren Herzenszustand weg.
Genau diese Situation zeigt sich
auch in der Christenheit. Lesen
wir dazu einige Texte: „Dies
aber wisse, dass in den letzten
Tagen schwere [o. gefahrvolle]
Zeiten eintreten werden; denn
die Menschen werden
selbstsüchtig sein, geldliebend,
prahlerisch, hochmütig,
Lästerer, den Eltern ungehorsam,
undankbar, unheilig, ohne
natürliche Liebe, unversöhnlich
[o. wortbrüchig, o. treulos],
Verleumder, unenthaltsam,
grausam, das Gute nicht liebend,
Verräter, verwegen, aufgeblasen,
mehr das Vergnügen liebend als
Gott, die eine Form der
Gottseligkeit haben, deren
Kraft aber verleugnen; und von
diesen wende dich weg“ (2Tim
3,1–5).
Damit einher geht ein Abwenden
von der gesunden Lehre: „Denn es
wird eine Zeit sein, da sie die
gesunde Lehre nicht ertragen
werden, sondern nach ihren
eigenen Begierden sich selbst
Lehrer aufhäufen werden, indem
es ihnen in den Ohren kitzelt;
und sie werden die Ohren von der
Wahrheit abkehren, sich aber zu
den Fabeln hinwenden“ (2Tim
4,3.4).
Ein moralischer Verfall kann
also durch äußere Formen eines
frommen Lebens verdeckt werden.
Man lebt nach seinen eigenen
Lüsten und sehnt sich nach
kitzelnden Ohren. Das sind
Ohren, die schmeichelhafte Worte
hören wollen, die nur das hören
wollen, was der eigene Verstand
und das eigene Herz sowieso
schon ausgedacht haben.
Wir leben auch heute in einer
solchen Zeit. Prediger reden
immer mehr davon, dass die
christlichen Veranstaltungen für
Menschen unserer Zeit attraktiv
sein müssen. Man muss schon
durch Theaterstücke, Musicals,
Anspiele oder beamerorientierte
Vorträge Menschen zu erreichen
suchen. Man kommt – wie man sagt
– sonst nicht an. Und natürlich
dürfen musikalische Darbietungen
nicht fehlen, denn sie laden die
Atmosphäre emotional auf und
bewirken dadurch positive
Voraussetzungen für die Aufnahme
der „Message“. Es geht nicht
darum, diese Dinge als böse zu
verwerfen, aber durch diese
Methoden kommt kein Mensch zum
Glauben an den Herrn Jesus
Christus. Es ist eine
außerordentlich bedauernswerte
Entwicklung, wenn Prediger mehr
über Methoden und
Organisationsmechanismen
nachdenken als auf den Knien zu
liegen und zu beten und das Wort
Gottes in geistlicher Kraft zu
verkündigen. Glauben wir
wirklich, dass der vielerorts
hoch gepriesene Methodenwahn
Menschen zum Heiland führt oder
Gläubige wirklich verändert? Es
bleibt weiterhin wahr, was Römer
10,17 sagt: „Also ist der Glaube
aus der Verkündigung, die
Verkündigung aber durch Gottes
Wort.“ Und 1. Petrus 1,23
belehrt uns darüber, dass „ihr
nicht wiedergeboren seid aus
verweslichem Samen, sondern
aus unverweslichem, durch das
lebendige und bleibende Wort
Gottes“. Jakobus 1,18 sagt:
„Nach seinem eigenen Willen hat
er uns durch das Wort der
Wahrheit gezeugt,
damit wir eine gewisse
Erstlingsfrucht seiner Geschöpfe
seien“, und in Apostelgeschichte
10,42–44 lesen wir: „Und er hat
uns befohlen, dem Volk zu
predigen und ernstlich zu
bezeugen, dass dieser der von
Gott bestimmte Richter der
Lebendigen und der Toten ist.
Diesem geben alle Propheten
Zeugnis, dass jeder, der an ihn
glaubt, Vergebung der Sünden
empfängt durch seinen Namen.
Während Petrus noch diese
Worte redete, fiel der
Heilige Geist auf alle, die das
Wort hörten.“
Der Herr Jesus selbst sagte in
Johannes 3,5.6: „Wahrlich,
wahrlich, ich sage dir: Wenn
jemand nicht aus Wasser und
Geist geboren wird, so kann er
nicht in das Reich Gottes
eingehen. Was aus dem Fleisch
geboren ist, ist Fleisch, und
was aus dem Geist geboren ist,
ist Geist“, und in Johannes 15,3
betont Er: „Ihr seid schon rein
um des Wortes willen, das
ich zu euch geredet habe.“ In
Johannes 6,63–69 äußert der
Herr: „Der Geist ist es, der
lebendig macht; das Fleisch
nützt nichts. Die Worte,
die ich zu euch geredet habe,
sind Geist und sind Leben ... Da
sprach Jesus zu den Zwölfen:
Wollt ihr etwa auch weggehen?
Simon Petrus antwortete ihm:
Herr, zu wem sollen wir gehen?
Du hast Worte ewigen Lebens;
und wir haben geglaubt und
erkannt, dass du der Heilige
Gottes bist.“
Wer besucht schon noch nüchterne
Vorträge, wo gottesfürchtige
Evangelisten, Lehrer oder Hirten
allein mittels des Wortes Gottes
die Herzen erreichen wollen?
Kann man sich eigentlich noch
Evangelisationen ohne Chor, ohne
Musikdarbietungen, ohne Band
vorstellen? Gibt es noch
Jugendtage, wo allein Gottes
Wort, der Herr Jesus Christus
und ein wortbezogener Gesang im
Mittelpunkt stehen? Werden bei
den großen christlichen „Events“
wirklich Herzen in das Licht
Gottes gebracht?
Oder muss uns der Prophet Amos
sagen: „Ich hasse, ich
verschmähe eure Feste, und eure
Festversammlungen mag ich nicht
riechen: Denn wenn ihr mir
Brandopfer und eure Speisopfer
opfert, habe ich kein
Wohlgefallen daran; und das
Friedensopfer von eurem Mastvieh
mag ich nicht ansehen. Tu den
Lärm deiner Lieder von mir weg,
und das Spiel deiner Harfen mag
ich nicht hören. Aber das
Recht wälze sich einher wie
Wasser, und die Gerechtigkeit
wie ein immer fließender Bach!“
(Amos 5,21–24).
Wenn wir das Neue Testament
untersuchen, um die Prinzipien
kennenzulernen, nach denen
Menschen aus der Finsternis ins
Licht kamen, dann halten wir das
fest, was der Apostel Paulus an
Timotheus und an Titus schrieb:
„Wenn du dies den Brüdern
vorstellst, so wirst du ein
guter Diener Christi Jesu sein,
auferzogen [o. genährt] durch
die Worte des Glaubens und der
guten Lehre, der du genau
gefolgt bist [o. die du genau
erkannt hast (vgl. 2Tim
3,10)].Die ungöttlichen und
altweibischen Fabeln aber weise
ab, übe dich aber zur
Gottseligkeit“ (1Tim 4,6.7).
„Niemand verachte deine Jugend,
sondern sei ein Vorbild der
Gläubigen in Wort, in Wandel, in
Liebe, in Glauben, in
Keuschheit. Bis ich komme, halte
an mit dem Vorlesen, mit dem
Ermahnen, mit dem Lehren“ (1Tim
4,11–13). „Du aber rede, was der
gesunden Lehre geziemt“ (Tit
2,1). „Predige das Wort, halte
darauf zu gelegener und
ungelegener Zeit; überführe,
weise ernstlich zurecht, ermahne
mit aller Langmut und Lehre“
(2Tim 4,2).
Wenn wir als Christen echte
geistliche Erweckung erleben
wollen, geht das nur über den
Weg der Buße, des Zerbruchs der
eigenen frommen, traditionellen
oder modernen Ideen. Dringend
müssen wir umkehren zum Wort
Gottes, zur Lehre der Schrift,
zu einem Leben aus und mit dem
Wort Gottes, zu einem
authentischen christlichen
Leben, das erfüllt ist mit
Gottes Heiligem Geist, dem Geist
der Wahrheit. Gibt es in den
Gemeinden noch regelmäßige
wöchentliche
Gebetszusammenkünfte, wo man
zusammen auf den Knien liegt, um
zu beten? Gibt es noch
Belehrungsstunden an den
Wochenabenden, wo Gottes Wort
gemeinsam erforscht wird? Wissen
wir noch, was wirklich Anbetung
in Geist und Wahrheit ist? Wie
viel Formalismus gibt es unter
den Gläubigen, wie viel
auswendig gelernte Gebete! Und
selbst da, wo man bekennt, Gott
in Geist und Wahrheit anzubeten,
ist sehr oft alles nur
Wiederholung. Die gleichen
Lieder, die gleichen
Gebetsformulierungen, die
gleichen Bibeltexte – jahraus,
jahrein. Wir benötigen dringend
Anbetungszusammenkünfte in
Abhängigkeit vom Geist Gottes,
in gottgemäßer Ordnung, aber in
Frische, in Lebendigkeit.
Sollten wir nicht die Gegenwart
unseres hochgelobten Herrn in
unserer Mitte erleben? Dafür ist
es nötig, dass Sünde bekannt
wird und starre Formen
durchbrochen werden.
6,8 – Er hat dir kundgetan, o
Mensch, was gut ist; und was
fordert der HERR
von dir, als Recht zu üben und
Güte zu lieben und demütig zu
wandeln mit deinem Gott?1
1
|
Dieser Vers in etwas
veränderter Übersetzung
war übrigens das Motto
des Ev. Kirchentages im
Jahr 1995: „Es ist dir
gesagt, Mensch, was gut
ist und was der Herrvon
dir fordert, nämlich
Gottes Wort halten und
Liebe üben und demütig
sein vor deinem Gott.“
Hier darf die Frage
gestellt werden: Sind
diese drei wichtigen
Punkte wirklich Motto
gewesen? Wenn man sich
die moralische und die
geistliche Entwicklung
der ev. Kirche ansieht,
die sich nicht scheut,
den Dalai Lama zum
Kirchentag einzuladen,
bleibt nur völliges
Unverständnis.
|
„O Mensch“1
– das ist hier die Anrede. Gott
fordert die Gläubigen auf, drei
Aspekte des geistlichen Lebens –
eines Lebens mit Gott – zu
verwirklichen: Recht2
üben – das ist die praktische
Anwendung des Wortes Gottes auf
alle Bereiche unseres Lebens.
Recht üben in der Ehe, in der
Familie, im Berufsleben und
unter dem Volk Gottes. „Recht
üben“ beinhaltet ein Bewusstsein
von der Notwendigkeit eines
täglichen Umgangs mit Gott. Das
bedeutet ein intensives Lesen
und Erforschen des Wortes Gottes
und ein reges Gebetsleben. Nur
so können wir nach der Weise
unseres Herrn leben. Um Recht
üben zu können, müssen wir mit
der Quelle des Rechts – mit Gott
– praktisch leben.
1
|
Hebr. adam=
Mensch.
|
2
|
Hebr. mischpath=
Recht (vgl. Mich
3,1.8.9; 6,8; 7,9; siehe
auch 1Mo 18,19.25;
40,13; 2Mo 15,25;
21,1.9.31; 23,6; 24,3;
der Ausdruck bedeutet:
nach einer rechtmäßigen,
d. h. festgelegten Weise
tun. In Jeremia 9,23
sagt der Herr: „...
sondern wer sich rühmt,
rühme sich dessen:
Einsicht zu haben und
mich zu erkennen, dass
ich der Herrbin, der
Güte, Recht und
Gerechtigkeit übt auf
der Erde; denn daran
habe ich Gefallen,
spricht der Herr“ (Ps
17,2; 25,9; Amos
5,15.24; Hab 1,4).
|
„Güte1
lieben“ – immer wieder lesen wir
in der Schrift von der Güte
Gottes. Diese Güte (chäsäd)
ist der Inbegriff der Liebe und
Barmherzigkeit Gottes. Güte ist
die Abwesenheit von Härte, von
Eigendünkel, von Überheblichkeit
dem Mitmenschen gegenüber. Wer
Güte liebt, sucht nicht sich
selbst, sondern sucht das Wohl
des anderen. Wer Güte liebt,
wandelt in Liebe, lebt in der
Gemeinschaft mit Gott, denn
„Gott ist Liebe“. Niemals kann
Güte von Wahrheit getrennt
werden. Aus diesem Grund werden
beide Begriffe auch immer wieder
zusammen gebraucht.2
Somit ist deutlich, dass Güte
nicht ein weiches Übersehen des
Bösen ist, sondern gerade ein
Feststellen des Bösen und ein
Ertragen des Menschen und ein
geduldiges Abwarten auf eine
Umkehr und gegebenfalls auch
Trennung bzw. Wegwenden vom
Bösen (2Tim 2,21ff.; Röm 16,17).
Im Neuen Testament ist es gerade
die Güte Gottes, die „zur Buße
leitet“ (Röm 2,4). War es nicht
die „Güte und die
Menschenliebe unseres
Heiland-Gottes“, die uns
errettet hat (Tit 3,4)? In den
kommenden Zeitaltern wird Gott
den „überragenden Reichtum
seiner Gnade in Güte“ an
uns erweisen in Christus Jesus
(Eph 2,7). Aber bedenken wir
auch: Diese Güte kann auch in
Strenge umschlagen. „Sieh nun
die Güte und die Strenge
Gottes: gegen die, die gefallen
sind, Strenge; gegen dich aber
Güte Gottes, wenn du an
der Güte bleibst; sonst
wirst auch du ausgeschnitten
werden“ (Röm 11,22). Wenn Gott
gegenüber den Undankbaren gütig
ist, wie viel mehr sollten wir
Güte gegenüber unserem Nächsten
offenbaren.
1
|
Hebr. chäsäd=
Güte (siehe auch Mich
7,18.20; vgl. weiter 2Mo
20,6; 34,7; 5Mo 7,9; Ps
32,10; 33,18.22;
36,6.8.11; 40,11;
107,1.8.15.21.31;
insbesondere Psalm 136 –
in diesem Lied wird in
jedem Vers die Güte
Gottes besungen –; Hos
4,1; 12,7; Joel 2,13).
|
2
|
2Mo 34,6; 2Sam 15,20; Ps
25,10; 61,8; 85,11;
86,15; 89,15; Spr 3,3;
14,22; 16,6; 20,28.
|
„Doch liebt eure Feinde, und tut
Gutes, und leiht, ohne etwas
zurückzuerhoffen, und euer Lohn
wird groß sein, und ihr werdet
Söhne des Höchsten sein; denn er
ist gütig gegen die
Undankbaren und Bösen“ (Lk
6,35). Wenn die Liebe langmütig
und gütig ist (1Kor 13,4)
– und diese Liebe ist in
unsere Herzen ausgegossen durch
den Heiligen Geist (Röm 5,5)
–,dann begreifen wir die
Ermahnungen gut, die in Kolosser
3,12 ausgerufen werden: „Zieht
nun an, als Auserwählte Gottes,
als Heilige und Geliebte:
herzliches Erbarmen, Güte,
Demut, Sanftmut, Langmut“, und
in Epheser 4,32: „Seid aber
zueinander gütig,
mitleidig, einander vergebend
[o. Gnade erweisend], wie auch
Gott in Christus euch vergeben
[o. Gnade erwiesen] hat.“
Demütig wandeln mit deinem Gott“
– Beachten wir, dass es hier um
die persönliche Beziehung zu
Gott geht. Wir sollen mit
unserem Gott wandeln, ich soll
mit meinem Gott wandeln. Wie
kann ich mit meinem Gott demütig
wandeln? Demut ist eine niedrige
Gesinnung, ein selbstloses
Denken. Man ist nicht demütig,
wenn man anderen sagt, wie
demütig man ist, sondern man ist
demütig, wenn man gar nicht auf
sich schaut.
In Sprüche 15,33 und 18,12 heißt
es, dass der Ehre Demut
vorausgeht. Zephanja ruft das
Volk auf: „Sucht den Herrn...,
die ihr sein Recht gewirkt habt;
sucht Gerechtigkeit, sucht
Demut; vielleicht werdet ihr am
Tag des Zorns des Herrngeborgen“
(Zeph 2,3). In Sprüche 3,34
lesen wir: „... den Demütigen
aber gibt er Gnade.“ Immer
wieder werden wir zur Demut
aufgefordert: „Ich ermahne euch
nun, ich, der Gefangene im
Herrn, dass ihr würdig wandelt
der Berufung, mit der ihr
berufen worden seid, mit aller
Demut und Sanftmut, mit Langmut,
einander ertragend in Liebe“
(Eph 4,1.2), oder: „... nichts
aus Streitsucht oder eitlem Ruhm
tuend, sondern in der Demut
einer den anderen höher achtend
als sich selbst“ (Phil 2,3). Ob
Jüngere oder Ältere, wir alle
werden ermutigt mit den Worten:
„Ebenso ihr Jüngeren, ordnet
euch den Älteren unter. Alle
aber seid gegeneinander mit
Demut fest umhüllt; denn ,Gott
widersteht den Hochmütigen, den
Demütigen aber gibt er Gnade‘“
(1Pet 5,5).
Das beste Vorbild, das wir als
Christen haben, ist unser
Lehrer, Meister und Herr. Er hat
uns das Wort hinterlassen:
„Nehmt auf euch mein Joch und
lernt von mir, denn ich bin
sanftmütig und von Herzen
demütig, und ihr werdet Ruhe
finden für eure Seelen“ (Mt
11,29).
Lasst uns nicht groß über Demut
reden, sondern demütig sein!
Wir wandeln dann demütig mit
unserem Gott, wenn wir in der
Gesinnung Christi leben.
9. Gottes warnende Stimme
(Kapitel 6,9–16)
6,9 – Die Stimme des HERRN
ruft der Stadt, und dein Name
hat Weisheit im Auge: Hört auf
die Rute und auf den, der sie
bestellt!
Wie immer man diesen Satz nun
genau übersetzt, eines
ist sicher: Das Merkmal von
Weisheit ist, auf die Stimme des
Herrnzu hören, seine Rute1
anzunehmen. Wenn Gott züchtigt,
dann ist es gut, stillzuhalten,
„... denn wen der Herr liebt,
den züchtigt er; er geißelt aber
jeden Sohn, den er aufnimmt“
(Heb 12,6); und: „Alle
Züchtigung aber scheint für die
Gegenwart nicht ein Gegenstand
der Freude, sondern der
Traurigkeit zu sein; danach aber
gibt sie die friedsame Frucht
der Gerechtigkeit denen, die
durch sie geübt worden sind“
(Heb 12,11).
1
|
Hebr. mattäh=
Stab (1Mo 38,18.25; 2Mo
4,2.4.17.20; 7,9ff.;
8,1.12.13; 17,5.9; Ps
110,2; Jes
10,5.15.24.26), Stamm
(2Mo 31,2.6; 35,30.34;
38,22.23; 4Mo 1,4ff.).
|
„Sobald sie hingehen, werde ich
mein Netz über sie ausbreiten,
wie die Vögel des Himmels werde
ich sie herabziehen. Ich werde
sie züchtigen gemäß dem, was
ihrer Gemeinde verkündigt worden
ist“ (Hos 7,12). Gott hatte
schon in 3. Mose 26 und 5. Mose
28,15ff. deutlich auf die Folgen
des Ungehorsams hingewiesen. Die
Gemeinde Israels konnte diese
Stellen im Gesetz nachlesen.
Aber man wollte nicht hören.
Schon Jeremia musste dem Volk
Gottes sagen: „Herr, sind deine
Augen nicht auf die Treue
gerichtet? Du hast sie
geschlagen, aber es hat sie
nicht geschmerzt; du hast sie
vernichtet – sie haben sich
geweigert, Zucht anzunehmen; sie
haben ihre Angesichter härter
gemacht als Fels, sie haben sich
geweigert umzukehren“ (Jer 5,3;
vgl. auch 2,30; 7,28; 17,23;
32,33; 35,13).
Leben wir nicht auch in einer
Zeit des Wissens? Wie viele
Kommentare zur Bibel gibt es,
wie viele gute Mahnschriften,
Erbauungsbücher. Gibt es nicht
über jedes Thema heute Bücher?
Viele reden eine deutliche
Sprache und warnen vor der
zunehmenden Verweltlichung des
Volkes Gottes. Manchmal greift
Gott auch züchtigend in
Gemeinden/Versammlungen ein.
Können wir noch hören auf Gottes
Stab, seine Rute?
6,10–12 – Sind noch im Haus des
Gottlosen Schätze der
Gottlosigkeit und das knappe,
verfluchte Epha? „Sollte ich
rein sein bei der Waage der
Gottlosigkeit und bei einem
Beutel mit betrügerischen
Gewichtssteinen?“ Ihre Reichen
sind voll Gewalttat, und ihre
Bewohner reden Lügen, und ihre
Zunge ist Trug in ihrem Mund!
In diesen drei Versen fragt Gott
nach den Schätzen der
Gottlosigkeit. Das waren
Gegenstände, die auf böse,
unrechtmäßige Weise angeschafft
worden waren. Offensichtlich war
es normal geworden, unehrliche
Geschäfte zu machen, um so
Reichtümer aufzuhäufen. Zudem
war das knappe, verfluchte Epha
im Haus. Dieses etwa 36 Liter
fassende Trockenhohlmaß war zu
klein. Vielleicht fasste es nur
30 Liter, aber man gab es für
ein 36-Liter-Maß aus. Keiner
wagte gegen diese unrechtmäßigen
Handlungsweisen aufzustehen,
keiner wagte gegen dieses
Unrecht anzukämpfen. Warum
nicht? Nun, die Reichen waren
gewaltbereit, und die Bewohner,
die wohl unter ihrem Einfluss
standen, belogen die übrigen
Menschen. Gewalttat und Betrug
sind die Mittel, durch die eine
Art Terrorherrschaft auf dem
Handelsmarkt ausgeübt werden
kann.
Was bedeutet nun der Satz:
„Sollte ich rein sein bei der
Waage der Gottlosigkeit und bei
einem Beutel mit betrügerischen
Gewichtssteinen?“ Das ist eine
rhetorische Frage. Jeder wird
sie mit Nein beantworten. Wenn
man von dieser Ungerechtigkeit
weiß und dazu schweigt, ist man
unrein. Hier finden wir den
wichtigen Grundsatz:
„Neutralität gegenüber dem Bösen
macht unrein!“
Es ist gut, dass wir uns dieses
Prinzip gründlich einprägen.
„Wer nun weiß, Gutes zu tun, und
tut es nicht, dem ist es Sünde“
(Jak 4,17). „Lasst euch nicht
verführen: Böser Verkehr
verdirbt gute Sitten“ (1Kor
15,33).
6,13–15 – So will auch ich dich
unheilbar schlagen, dich
verwüsten um deiner Sünden
willen. Du wirst essen, aber
nicht satt werden; und dein
Inneres wird leer bleiben. Und
du wirst fortschaffen und nicht
retten; und was du rettest,
werde ich dem Schwert hingeben.
Du wirst säen, aber nicht
ernten; du wirst Oliven keltern,
aber dich nicht mit Öl salben,
und Most, aber keinen Wein
trinken.
Gott sagt sehr klar, wie Er auf
diese Ungerechtigkeit reagieren
wird. Er wird das Volk unheilbar
schlagen. Dazu benutzt Er seine
Zuchtrute. Er nennt fünf
Reaktionsweisen:
Zunächst will Er das Volk
-
verwüsten, sodann wird Er
ihnen
-
die Speise entziehen; Er
wird dasjenige, was man vor
dem Feind retten möchte,
-
dem Tod preisgeben;
-
eine Ernte wird es nicht
geben, und
-
obwohl Öl und Most vorhanden
sind, wird man sich doch
nicht salben und genüsslich
Wein trinken können. Wenn
Gott Gericht über das Volk
bringt, wird man für den
Genuss dieser Luxusgüter
keine Zeit haben.
„Denn was nützt es einem
Menschen, wenn er die ganze Welt
gewinnt, sich selbst aber
verliert oder einbüßt?“ (Lk
9,25).
Wie ganz anders verläuft das
Leben, wenn man sich auf die
Worte des Herrn stützt, der
gesagt hat: „Deshalb sage ich
euch: Seid nicht besorgt für das
Leben, was ihr essen, noch für
den Leib, was ihr anziehen
sollt, denn das Leben ist mehr
als die Nahrung und der Leib
mehr als die Kleidung.
Betrachtet die Raben, dass sie
nicht säen noch ernten, die
weder Vorratskammer noch Scheune
haben, und Gott ernährt sie; um
wie viel vorzüglicher seid ihr
als die Vögel! Wer aber unter
euch vermag mit Sorgen seiner
Größe eine Elle zuzufügen? Wenn
ihr nun auch das Geringste nicht
vermögt, warum seid ihr um das
Übrige besorgt? Betrachtet die
Lilien, wie sie wachsen; sie
mühen sich nicht und spinnen
auch nicht. Ich sage euch aber:
Selbst nicht Salomo in all
seiner Herrlichkeit war
bekleidet wie eine von diesen.
Wenn aber Gott das Gras, das
heute auf dem Feld ist und
morgen in den Ofen geworfen
wird, so kleidet, wie viel mehr
euch, ihr Kleingläubigen! Und
ihr, trachtet nicht danach, was
ihr essen oder was ihr trinken
sollt, und seid nicht in Unruhe;
denn nach all diesem trachten
die Nationen der Welt; euer
Vater aber weiß, dass ihr dies
nötig habt. Trachtet jedoch nach
seinem Reich, und dies wird euch
hinzugefügt werden. Fürchte dich
nicht, du kleine Herde, denn es
hat eurem Vater wohlgefallen,
euch das Reich zu geben.
Verkauft eure Habe und gebt
Almosen; macht euch Geldbeutel,
die nicht veralten, einen
Schatz, unvergänglich, in den
Himmeln, wo kein Dieb sich
nähert und keine Motte verdirbt.
Denn wo euer Schatz ist, da wird
auch euer Herz sein“ (Lk
12,22–34).
6,16 – Und man beachtet eifrig
die Satzungen Omris und alles
Tun des Hauses Ahabs, und ihr
wandelt in ihren Plänen, damit
ich dich zum Entsetzen mache und
ihre [d. h. der Stadt; V. 9.12]
Bewohner zum Gezisch; und ihr
werdet die Schmach meines Volkes
tragen.
Das Haus Omris und das Haus
Ahabs haben einen schlimmen
Einfluss auf Juda ausgeübt. An
dieser Stelle wird sehr
deutlich, dass das Nordreich auf
das Südreich Juda negativ
ausgestrahlt hat. Und wieder
lernen wir, dass Einflüsse nicht
ohne Wirkung bleiben. Sage mir,
mit wem du umgehst, und ich sage
dir, wie du bald denken und
handeln wirst.
Was waren die Satzungen Omris?
Die Dynastie Jerobeams I. hielt
nur bis zu seinem Sohn Nadab.
Beide taten das, was böse in den
Augen des Herrnwar. Sie dienten
den Götzen. Baesa, der Sohn
Achijas, machte eine
Verschwörung gegen Nadab und
erschlug ihn bei Gibbeton. In
dieser Zeit regierte Asa in
Juda. Baesa handelte ebenfalls
böse, er regierte trotzdem 24
Jahre in der neuen Hauptstadt
Tirza. Ihm folgte sein Sohn Ela
für 2 Jahre auf dem Thron.
Während eines Saufgelages
erschien plötzlich sein Knecht
Simri und tötete ihn. Letztlich
tat er das, was Gott schon viele
Jahre vorher durch Jehu, den
Propheten, geweissagt hatte
(1Kön 16,12). Er musste zwar als
Zuchtrute Gottes das tun, was
Gott wollte, konnte sich aber
nur sieben Tage in der
Hauptstadt Tirza halten, denn
die Nachricht von der
Verschwörung und dem Mord an Ela
wurde schnell verbreitet. Das
Volk wollte einen solchen König
nicht, und so machte man Omri,
den Heerobersten, zum König.
Omri zog mit einem großen Heer
gegen die Hauptstadt Tirza und
belagerte sie. Simri sah keinen
Ausweg mehr auf Rettung und
verbrannte das ganze Königshaus
und starb. Der Selbstmord Simris
war das traurige Ende ständiger
Verschwörungen. Doch auch Omri
kam nicht zu einer ruhigen
Regierungszeit. Es folgte eine
Teilung. Die eine Hälfte folgte
Tibni und die andere Hälfte Omri
nach. Omris Heere überwältigten
schließlich die Heere Tibnis,
und so wurde Omri
Alleinherrscher über das
Nordreich. Er regierte 6 Jahre
in Tirza, kaufte den Berg
Samaria von Schemer für 2
Talente Silber und machte
Samaria zur Hauptstadt des
Reiches. Die Schrift umreißt das
Leben Omris wie folgt: „Und Omri
tat, was böse war in den Augen
des Herrn; und er machte es
schlimmer als alle, die vor ihm
gewesen waren“ (1Kön 16,25).
Im 38. Regierungsjahr Asas, des
Königs von Juda, wurde Ahab, der
Sohn Omris, König über das
Nordreich.
Das Leben Ahabs unter dem
Einfluss seiner Frau Isebel war
ebenso schrecklich wie das
seines Vaters. Wenn nun in
unserem obigen Vers von den
Satzungen Omris und den Plänen
Omris und Ahabs geschrieben
steht, dann beinhalten diese
Aussagen einfach, dass man Gott
bewusst verlassen wollte, um
sich dem Götzendienst und dem
Okkultismus hinzugeben. Leider
verschwägerte sich der Sohn
Asas, Josaphat, mit dem Haus
Ahabs. Josaphat hat viel Gutes
getan, aber hierin ging er
deutlich einen falschen Weg. Er
musste erleben, wie ein böser
Geist die Propheten Ahabs
erfüllte, und wäre fast als
Kampfgenosse Ahabs gestorben,
wenn Gott ihn nicht wunderbar
bewahrt hätte.
Könnte es sein, dass durch diese
Verbindung sehr viel Böses aus
dem Haus Omris und Ahabs nach
Juda kam?
Eine Warnung für uns. Es gibt
Weichenstellungen in unserem
Leben, die eine ganze
Entwicklung beeinflussen.
Josaphat hätte sich nicht mit
Ahab verschwägern dürfen. Dann
wäre er wahrscheinlich auch
nicht in die Lage gekommen,
durch Ahab verleitet zu werden,
mit ihm zusammen nach
Ramot-Gilead zu ziehen. „Und
Ahab, der König von Israel,
sprach zu Josaphat, dem König
von Juda: Willst du mit mir nach
Ramot-Gilead ziehen? Und er
sprach zu ihm: Ich will sein wie
du, und mein Volk wie dein Volk,
und will mit dir in den Kampf
ziehen“ (2Chr 18,3). Sind wir
nicht erschrocken über die Worte
Josaphats?
Es gab in dieser Zeit auch noch
Propheten Gottes, die sich sehr
zurückhielten – es waren 7000,
die ihre Knie nicht vor dem Baal
gebeugt haben. Aber es gab auch
einen Propheten, den Josaphat
kennen lernte – Micha, den Sohn
Jimlas. Dieser Prophet weissagte
gegen Ahab. Später, nachdem
Josaphat in Frieden wieder zu
Hause angekommen war, ging der
Seher Jehu, der Sohn Hananis,
auf ihn zu und sagte: „Hilfst du
dem Gottlosen, und liebst du,
die den Herrnhassen? Und darum
ist Zorn über dir von Seiten des
Herrn. Jedoch ist Gutes an dir
gefunden worden, weil du die
Ascherot aus dem Land
weggeschafft und dein Herz
darauf gerichtet hast, Gott zu
suchen“ (2Chr 19,2.3).
Wenn man sich so mit der
Geschichte befasst, muss man
feststellen, dass der Abfall im
Volk Gottes oft in einer ganz
bestimmten Zeit, unter ganz
besonderen Umständen und oft
durch treue Leute entsteht, die
auf einmal versagen. Eine
falsche eheliche Verbindung hat
schon zu schlimmen Schäden im
Volk Gottes geführt, eine
gemeinsame Arbeit mit Menschen,
die bekennen, gläubig zu sein,
aber eindeutig falsche Lehren
vertreten, hat immer
Konsequenzen, die oft sehr
weitreichend sind. Denken wir an
die Geschichte der Ökumene, aber
denken wir auch an die
Geschichte der Evangelikalen –
wo wird sie enden?
J. McArthur schreibt: „Die
evangelikale Bewegung scheint
von einer ganzen Armee
fleischlicher Image-Berater in
Beschlag genommen zu sein, die
um jeden Preis die Welt
überzeugen wollen, dass das
Christentum ebenso tolerant,
pluralistisch und freigeistig
sein kann wie der politisch
korrekteste Weltmensch. Das
Streben nach Anerkennung von der
Welt ist nichts Geringeres als
geistliche Hurerei.“1
1
|
John MacArthur, Alles
gleich gültig? – Jesu
Wahrheitsanspruch in
postmoderner Zeit,
Oerlinghausen (Betanien
Verlag) 2004, S. 11.
|
10. Sünde vernichtet echte
Gemeinschaft (Kapitel 7,1–6)
7,1 – Wehe mir! Denn mir ergeht
es wie bei der Obstlese, wie bei
der Nachlese der Weinernte:
keine Traube zu essen! Keine
Frühfeige, die meine Seele
begehrt!
Mit diesen Worten „Wehe mir“
will der Prophet ausdrücken, wie
ihm psychisch zumute ist. Schon
Jesaja rief angesichts der
Gegenwart Gottes aus: „Wehe
mir! Denn ich bin verloren;
denn ich bin ein Mann von
unreinen Lippen, und inmitten
eines Volkes mit unreinen Lippen
wohne ich; denn meine Augen
haben den König, den Herrnder
Heerscharen, gesehen“ (Jes 6,5).
So kann es einem Mann Gottes
ergehen, wenn er die Gegenwart
Gottes erlebt. Jeremia ruft
ebenfalls dieses „Wehe mir“ aus,
weil er als Prophet unter dem
Zustand des Volkes leidet: „Wehe
mir wegen meiner Wunde!
Schmerzhaft ist mein Schlag.
Doch ich spreche: Ja, das ist
mein Leiden, und ich will es
tragen“ (Jer 10,19); und: „Wehe
mir, meine Mutter, dass du
mich geboren hast, einen Mann
des Streites und einen Mann des
Zankes für das ganze Land! Ich
habe nicht ausgeliehen, und man
hat mir nicht geliehen; alle
fluchen mir“ (Jer 15,10); oder:
„Wehe mir, denn der
Herrhat Kummer zu meinem Schmerz
hinzugefügt! Ich bin müde von
meinem Seufzen, und Ruhe finde
ich nicht“ (Jer 45,3).
Wenn ein Prophet das „Wehe mir“
ausruft, dann tut er das, weil
er um Gottes Macht und
Gerichtshandeln weiß. Er erlebt
die Gegenwart Gottes, wenn Gott
zu ihm redet. Und so empfindet
er tiefes Mitleid mit seinem
Volk, denn er fühlt sich ja eins
mit diesem Volk – er ist ja Teil
des Volkes Gottes. Neben dem
„Wehe mir“ kann ein Prophet auch
das „Wehe“ über das Volk Gottes
ausrufen. Ein besonders
eindrückliches Beispiel haben
wir in der Prophetie Jesajas.
Nachdem er mehrmals das „Wehe“
über das Volk ausgerufen hat,
kommt er in Jesaja 6 dazu, „Wehe
mir“ auszurufen (Jes 1,4;
3,9.11; 5,8.11.18.20–22; vgl.
damit auch Mich 2,1). Wenn wir
uns dem Neuen Testament
zuwenden, finden wir ein „Wehe“
an folgende Personengruppen
gerichtet:
-
Schriftgelehrte und
Pharisäer (Mt
23,13.15.16.23.25.27.29; Lk
11,42–52)
-
an Menschen in den Städten,
die die Wunder und Zeichen
des Herrn Jesus erlebt haben
und sie letztlich verachtet
haben (Mt 11,21; Lk 10,13)
-
an die Reichen (Lk 6,24)
-
an solche, durch die
Ärgernisse entstehen (Mt
18,7; Lk 17,1)
-
an Judas Iskariot (Mt 26,24;
Mk 14,21; Lk 22,22)
-
an die „Vollen“, die Satten,
die Lachenden, die nichts
benötigen als ihren
Überfluss (Lk 6,25)
-
an die Schwangeren und
Säugenden in Zeiten großer
Drangsal (Mt 24,19; Mk
13,17; Lk 21,23)
-
an solche, die darauf aus
sind, dass man immer nur gut
von ihnen redet, die
Schmeichler, die auf nichts
anderes sinnen als auf die
Anerkennung der Menschen (Lk
6,26)
-
an solche, die den Weg Kains
gegangen sind, sich für Lohn
dem Irrtum Bileams
überliefert haben und in dem
Widerspruch Korahs
umgekommen sind (Jud 11)
-
an solche, die in der Zeit
zukünftiger großer Drangsal
„auf der Erde wohnen“ und
über die Satan Gewalt hat
(Off 8,13; 9,12; 11,14;
12,12)
-
an Babylon (Off 18,10.16.19)
In 1. Korinther 9,16 schreibt
der Apostel Paulus – wenn er die
Verlorenheit der Menschen sieht
und voller Mitgefühl ist – über
sich selbst: „Denn wenn ich das
Evangelium verkündige, so habe
ich keinen Ruhm, denn eine
Notwendigkeit liegt mir auf;
denn wehe mir, wenn ich
das Evangelium nicht
verkündigte!“
Kennen wir auch dieses „Wehe
mir“ in unserem Leben? Sind wir
auch schon auf die Knie gefallen
angesichts der Gegenwart Gottes?
Warum ruft nun Micha „Wehe mir“
aus? Er empfindet es wie bei der
Obstlese, bei der Nachlese der
Weinernte. Es gibt keine
saftigen Trauben mehr. Alles ist
abgepflückt. Er muss sich mit
dem zufriedengeben, was übrig
ist. Auch die Frühfeigen begehrt
er nicht. Was heißt das nun? Die
Nachlese war dem Armen, dem
Fremdling, der Witwe und der
Waise vorbehalten (3Mo 23,22;
5Mo 24,21).
Offensichtlich war keinerlei
Frucht mehr zu sehen. Der Wein
spricht von der Freude und die
Feigen von der Süßigkeit, die
dem Volk Gottes eigentlich durch
Gott zugesprochen waren. Das
Volk selbst wurde ja mit einem
Feigenbaum und einem Weinstock
verglichen. Aber es gab keine
Frucht mehr.
Was war das Merkmal des Volkes
Gottes? Die folgenden Verse
drücken den moralischen Zustand
treffend aus:
7,2–4 – Der Gütige [o. Fromme]
ist aus dem Land verschwunden,
und da ist kein Rechtschaffener
unter den Menschen; allesamt
lauern sie auf Blut, sie jagen
jeder seinen Bruder mit dem
Netz. Nach dem Bösen sind beide
Hände gerichtet, um es gut
auszuführen. Der Fürst fordert,
und der Richter richtet gegen
Entgelt, und der Große spricht
die Gier seiner Seele aus [o.
redet das Verderben, das er
begehrt], und sie flechten es
ineinander. Der Beste unter
ihnen ist wie ein Dornstrauch,
der Rechtschaffenste schlimmer
als eine Dornenhecke. – Der Tag
deiner Wächter, deine
Heimsuchung, ist gekommen; dann
wird ihre Verwirrung da sein.
Zwei Grundtugenden werden
vermisst: Güte und
Rechtschaffenheit. Güte und
Gerechtigkeit sind Attribute
Gottes, die solche kennzeichnen
sollten, die sich zu seinem Volk
bekennen. Güte ohne
Gerechtigkeit ist Schwäche, sie
wird sich allem Bösen öffnen;
Gerechtigkeit ohne Güte wird
hartherzig, lieblos,
selbstgerecht.
In den Psalmen wird gerade
dieses Thema behandelt:
-
„Er liebt Gerechtigkeit
und Recht; die Erde ist voll
der Güte des Herrn“
(Ps 33,5)
-
„Lass deine Güte
fortdauern denen, die dich
kennen, und deine
Gerechtigkeit den von
Herzen Aufrichtigen!“ (Ps
36,11)
-
„Deine Gerechtigkeit
habe ich nicht im Innern
meines Herzens verborgen;
deine Treue und deine
Rettung habe ich
ausgesprochen, deine Güte
und deine Wahrheit nicht vor
der großen Versammlung
verhehlt“ (Ps 40,11)
-
„Güte und Wahrheit
sind sich begegnet,
Gerechtigkeit und
Frieden haben sich geküsst“
(Ps 85,11)
-
„Gerechtigkeit und
Gericht [o. Recht] sind die
Grundfeste deines Thrones;
Güte und Wahrheit
gehen vor deinem Angesicht
her“ (Ps 89,15)
-
„Die Güte des
Herrnaber ist von Ewigkeit
zu Ewigkeit über denen, die
ihn fürchten, und seine
Gerechtigkeit auf
Kindeskinder hin“ (Ps
103,17)
-
„Das Gedächtnis deiner
großen Güte werden
sie hervorströmen lassen und
deine Gerechtigkeit
jubelnd preisen“ (Ps 145,7)
Auch der Prophet Jeremia redet
von diesen Attributen Gottes:
„... sondern wer sich rühmt,
rühme sich dessen: Einsicht zu
haben und mich zu erkennen, dass
ich der Herrbin, der Güte,
Recht und Gerechtigkeit
übt auf der Erde; denn daran
habe ich Gefallen, spricht der
Herr“ (Jer 9,23).
Jesaja prophezeit, dass in der
Zukunft der Thron Davids durch
Güte aufgerichtet werden wird,
und auf ihm wird einer sitzen,
der nach Recht trachtet und der
der Gerechtigkeit kundig ist
(Jes 16,5).
Somit kann man auch verstehen,
dass Hosea von dem zukünftigen
Überrest Israels sagt: „Und ich
will dich mir verloben in
Ewigkeit, und ich will dich mir
verloben in Gerechtigkeit
und in Gericht und in Güte
und in Barmherzigkeit“ (Hos
2,21).
Es ist dann auch nicht schwer zu
begreifen, dass für die Treuen
im Land gesagt wird: „Wer der
Gerechtigkeit und der
Güte nachjagt, wird Leben,
Gerechtigkeit und Ehre
finden“ (Spr 21,21); und: „Sät
euch zur Gerechtigkeit,
erntet der Güte
entsprechend: Pflügt euch einen
Neubruch, denn es ist Zeit, den
Herrnzu suchen, bis er kommt und
euch Gerechtigkeit regnen
lässt“ (Hos 10,12).
Diese Botschaft gilt nicht nur
dem treuen Überrest, sondern
auch uns Christen, die wir in
einer Zeit des Verfalls – oder
sollten wir besser sagen, des
Abfalls von Gott – leben. Lasst
uns die folgenden Worte in
Epheser 5,8–12 beherzigen: „Denn
einst wart ihr Finsternis, jetzt
aber seid ihr Licht in dem
Herrn; wandelt als Kinder des
Lichts (denn die Frucht des
Lichts besteht in aller
Gütigkeit und Gerechtigkeit und
Wahrheit), indem ihr prüft, was
dem Herrn wohlgefällig ist. Und
habt nicht Gemeinschaft mit den
unfruchtbaren Werken der
Finsternis, vielmehr aber straft
sie auch [o. stellt sie auch
bloß]; denn das, was heimlich
von ihnen geschieht, ist
schändlich auch nur zu sagen.“
Wenn Güte und Gerechtigkeit
nicht mehr gefunden werden,
mangelt es natürlich auch
konsequenterweise an Ordnungen.
Und so kann man gut
nachvollziehen, dass die
Menschen zu bösen Handlungen
bewegt werden. Das Herz ist nun
einmal böse, und wenn äußere
Grenzen fallen, wird man
versuchen, dem anderen
aufzulauern, um ihn möglichst zu
übervorteilen, um sich an dem
Gut des anderen zu bereichern.
Man wird nicht mehr die
ausgelegten Netze sehen, die
einem zum Fallstrick werden, die
Netze falscher Lehrer, die Netze
sittlicher Bosheit, die Netze,
die oft so attraktiv aussehen,
die wohl gestrickt sind, aber
dennoch von den Attributen
Gottes wegführen.
Der Fürst fordert – was fordert
er? Nun, sie zogen dem Volk die
Haut ab und das Fleisch von den
Gebeinen (3,2). Sie bereicherten
sich durch unrechtmäßigen
Gewinn. Sie waren extreme
Egozentriker, die entsprechend
ihren Bedürfnissen lebten. Keine
Nächstenliebe, kein gerechtes
Urteil, nein, sie forderten nur
und gaben nichts. Welch ein
erbärmlicher Zustand. Nicht
besser waren die Richter. Sie
richteten gegen Entgelt. Genau
das sollten sie nicht tun.
So sollte es sein: „Und du
sollst ... zu dem Richter
[kommen], der in jenen Tagen da
sein wird, und dich erkundigen;
und sie werden dir den
Rechtsspruch verkünden“ (5Mo
17,9); und: „Der Mann aber, der
mit Vermessenheit handelt, dass
er auf den Priester, der
dasteht, um den Dienst des
Herrn, deines Gottes, dort zu
verrichten, oder auf den Richter
nicht hört: Dieser Mann soll
sterben. Und du sollst das Böse
aus Israel hinwegschaffen“ (5Mo
17,12); und: „Die Richter sollen
genau nachforschen; und siehe,
ist der Zeuge ein falscher
Zeuge, hat er Falsches gegen
seinen Bruder bezeugt, so sollt
ihr ihm tun, wie er seinem
Bruder zu tun beabsichtigte“
(5Mo 19,18).
Die Aufgabe der Richter war es,
Rechtssprüche nach dem Gesetz
Gottes zu verkündigen. Ihre
Autorität war ihnen von Gott
gegeben, daher sollte man
unbedingt auf sie hören. Sie
sollten genau nachforschen,
objektiv urteilen, Fakten im
Licht der Ordnungen Gottes
besehen und sich nicht bestechen
lassen. So sollte es sein. Jetzt
war alles anders. Bezahlte
Richter richteten nach
menschlichem Ermessen, sie waren
käuflich und damit keine Diener
Gottes mehr. Sie alle waren
schlimmer als eine Dornenhecke.
Selbst die Besten und der
Rechtschaffenste, die man bisher
so ansah, waren verdorben. Ist
das nicht erschreckend? In welch
einem elenden Zustand befand
sich das Volk, das nach dem
Namen des Herrnbenannt war.
Schließlich wird noch von dem
„Tag deiner Wächter“ gesprochen.
„Wächter“ waren eigentlich
solche, die auf den Türmen der
Stadt waren, um nach Feinden
Ausschau zu halten (2Sam
18,24–27; 2Kön 9,17.18; Ps
127,1; Hld 5,7; Jes 21,6.11.12;
62,6). Wenn sie solche sahen,
schlugen sie Alarm, und die
Stadt machte sich für den Kampf
bereit; die Tore wurden
geschlossen.
Im übertragenen Sinn hat Gott
Propheten zu Wächtern bestellt.
So wird Hesekiel gesagt:
„Menschensohn, ich habe dich dem
Haus Israel zum Wächter gesetzt;
und du sollst das Wort aus
meinem Mund hören und sie in
meinem Namen warnen“ (Hes 3,17).
„Wenn aber der Wächter das
Schwert kommen sieht, und er
stößt nicht in die Posaune, und
das Volk wird nicht gewarnt, so
dass das Schwert kommt und von
ihnen eine Seele wegrafft, so
wird dieser wegen seiner
Ungerechtigkeit weggerafft; aber
sein Blut werde ich von der Hand
des Wächters fordern. Du nun,
Menschensohn, ich habe dich dem
Haus Israel zum Wächter gesetzt:
Du sollst das Wort aus meinem
Mund hören und sie in meinem
Namen warnen“ (Hes 33,6.7).
Es ist der Tag des Gerichts, den
die Wächter vorausgesagt haben.
Leider gab es nur wenige
wirkliche Wächter. Gott sagt zu
Jeremia in Kapitel 6,17: „Und
ich habe Wächter über euch
bestellt, die sagen: Achtet auf
den Schall der Posaune! Aber sie
sprechen: Wir wollen nicht
darauf achten“ (Jer 6,17).
Der „Tag deiner Heimsuchung“ ist
der „Tag der Wächter“, ist der
Tag des von dem
Herrnangekündigten Gerichts.
Beim Lesen des Propheten Jeremia
begegnen wir immer wieder einer
Formulierung, die deutlich
macht, dass Gott sich frühzeitig
aufgemacht hat, um das Volk zu
warnen. Jeremia sagt in Kapitel
25,3: „Vom dreizehnten Jahr
Josias, des Sohnes Amons, des
Königs von Juda, bis auf diesen
Tag, diese 23 Jahre, ist das
Wort des Herrnan mich ergangen;
und ich habe zu euch geredet,
früh mich aufmachend und redend,
aber ihr habt nicht gehört.“
Aber nicht nur er, sondern
verschiedene Propheten haben
diesen Tag der Heimsuchung
prophezeit: „Und ich habe alle
meine Knechte, die Propheten, zu
euch gesandt, früh mich
aufmachend und sendend, und habe
gesprochen: Kehrt doch um, jeder
von seinem bösen Weg, und macht
eure Handlungen gut, und wandelt
nicht anderen Göttern nach, um
ihnen zu dienen, so sollt ihr in
dem Land wohnen, das ich euch
und euren Vätern gegeben habe;
aber ihr habt euer Ohr nicht
geneigt und nicht auf mich
gehört“ (Jer 35,15; vgl.
7,13.25; 25,4; 26,5; 29,19;
44,4).
Gottes Geduld ist zu Ende.
Jahrzehntelang hat Er durch
seine Werkzeuge weissagen
lassen. Immer wieder bewirkte Er
Reformen, die zum Gehorsam dem
Wort Gottes gegenüber führten.
Aber selbst die letzte große
Erweckung unter Josia führte
letztlich nicht zu einer echten
Herzensveränderung im Volk. Ein
Studium von Jeremia 3 zeigt uns
das überdeutlich: „Und der
Herrsprach zu mir in den
Tagen des Königs Josia: Hast
du gesehen, was die abtrünnige
Israel getan hat? Sie ging auf
jeden hohen Berg und unter jeden
grünen Baum und hurte dort.
Und ich sprach: Nachdem sie dies
alles getan hat, wird sie zu mir
zurückkehren. Aber sie kehrte
nicht zurück. Und ihre treulose
Schwester Juda sah es; und ich
sah, dass trotz all dem, dass
ich die abtrünnige Israel, weil
sie die Ehe gebrochen, entlassen
und ihr einen Scheidebrief
gegeben hatte, doch die treulose
Juda, ihre Schwester, sich nicht
fürchtete, sondern hinging und
selbst auch hurte. Und es
geschah, wegen des Lärms ihrer
Hurerei entweihte sie das Land;
und sie trieb Ehebruch mit Stein
und mit Holz. Und selbst bei all
dem ist ihre treulose Schwester
Juda nicht zu mir zurückgekehrt
mit ihrem ganzen Herzen, sondern
nur mit Falschheit, spricht der
Herr. Und der Herrsprach zu mir:
Die abtrünnige Israel hat sich
gerechter erwiesen als die
treulose Juda“ (Jer 3,6–11).
Israel war treulos und wurde
nach Assyrien weggeführt, aber
„ihre treulose Schwester Juda“
war keineswegs besser, sondern
verfiel auch dem Götzendienst
und wurde schließlich nach
Babylon weggeführt.
Wir können verstehen, dass Micha
dann noch hinzufügt: „Dann wird
ihre Verwirrung da sein.“ Immer
wieder hat das Volk seinen
Nacken verhärtet. Das
prophetische Wort war ihnen eine
einzige Qual, so dass sie sich
häufiger zu der Aussage
verleiten ließen: „Wir wollen
nicht darauf wandeln“ (Jer
6,16), oder: „Wir wollen
nicht darauf achten“ (Jer
6,17). Gott musste später zu
Hesekiel im Voraus sagen: „Aber
das Haus Israel wird nicht auf
dich hören wollen, denn sie
wollen nicht auf mich hören.
Denn das ganze Haus Israel hat
eine harte Stirn und ein
verstocktes Herz“ (Hes 3,7).
Inwiefern wird ihre Verwirrung
da sein? Nun, sie werden sich
nach der Hilfe Gottes sehnen,
aber Er wird nicht helfen; sie
werden zu Ihm rufen, aber Er
wird nicht antworten. Sie
glauben an einen allmächtigen
Gott, aber wenn Er das ist,
warum greift Er nicht ein? Er
hat doch vollkommenes Wissen und
ist absolut weise; Er ist doch
langsam zum Zorn und groß an
Güte; Er ist doch ein Gott, der
mit ewiger Liebe liebt. Warum
hört Er nicht? Das prophetische
Wort ist fest. Gott hatte durch
Mose und durch die Propheten
geredet. Jetzt würde Er auch
sein Wort halten. Er musste das
schreckliche Gericht über sein
geliebtes Volk bringen: 3. Mose
26,15–18: „... und wenn ihr
meine Satzungen verachtet und
eure Seele meine Rechte
verabscheut, so dass ihr nicht
alle meine Gebote tut und dass
ihr meinen Bund brecht, so werde
auch ich euch dies tun: Ich
werde Schrecken über euch
bestellen, Schwindsucht und
Fieberglut, die bewirken werden,
dass die Augen erlöschen und die
Seele verschmachtet; und ihr
werdet vergeblich eure Saat
aussäen, denn eure Feinde werden
sie verzehren; und ich werde
mein Angesicht gegen euch
richten, dass ihr vor euren
Feinden geschlagen werdet; und
eure Hasser werden über euch
herrschen, und ihr werdet
fliehen, obwohl niemand euch
jagt. Und wenn ihr mir daraufhin
nicht gehorcht, so werde ich
euch siebenmal mehr züchtigen
wegen eurer Sünden.“
Jeremia 25,5–10: „Und er sprach:
Kehrt doch um, jeder von seinem
bösen Weg und von der Bosheit
eurer Handlungen, so sollt ihr
in dem Land, das der Herreuch
und euren Vätern gegeben hat,
wohnen von Ewigkeit zu Ewigkeit.
Und wandelt nicht anderen
Göttern nach, um ihnen zu dienen
und euch vor ihnen
niederzubeugen; und reizt mich
nicht durch das Werk eurer
Hände, dass ich euch nicht Böses
tue. Aber ihr habt nicht auf
mich gehört, spricht der Herr,
um mich durch das Werk eurer
Hände zu reizen, euch zum
Unglück. Darum, so spricht der
Herrder Heerscharen: Weil ihr
auf meine Worte nicht gehört
habt, siehe, so sende ich hin
und hole alle Völkerschaften
[Eig. Familien, o. Geschlechter]
des Nordens, spricht der Herr,
und sende zu Nebukadrezar, dem
König von Babel, meinem Knecht,
und bringe sie über dieses Land
und über seine Bewohner und über
alle diese Nationen ringsum; und
ich will sie verbannen und sie
zum Entsetzen machen und zum
Gezisch und zu ewigen Einöden.
Und ich will unter ihnen
aufhören lassen die Stimme der
Wonne und die Stimme der Freude,
die Stimme des Bräutigams und
die Stimme der Braut, das
Geräusch der Mühlen und das
Licht der Lampe.“
Gott steht zu seinem Wort.
Diese Verse finden wir in
Offenbarung 18,21ff. wieder, wo
wir lesen, dass ein starker
Engel einen Stein aufnimmt wie
einen großen Mühlstein und ihn
ins Meer wirft und spricht: „So
wird Babylon, die große Stadt,
mit Gewalt niedergeworfen und
nie mehr gefunden werden.“ Diese
Stadt Babylon ist die durch
Satan verführte Endzeitkirche.
Interessant ist, dass
offensichtlich die Musik eine
große Rolle in diesem System
spielen wird, denn es heißt:
„Und die Stimme der Harfensänger
und Musiker und Flötenspieler
und Trompeter wird nie mehr in
dir gehört werden, und nie mehr
wird ein Künstler irgendwelcher
Kunst in dir gefunden werden,
und das Geräusch der Mühle wird
nie mehr in dir gehört werden,
und das Licht einer Lampe wird
nie mehr in dir scheinen, und
die Stimme des Bräutigams und
der Braut wird nie mehr in dir
gehört werden; denn deine
Kaufleute waren die Großen der
Erde; denn durch deine Zauberei
sind alle Nationen verführt
worden. Und in ihr wurde das
Blut von Propheten und Heiligen
gefunden und von all denen, die
auf der Erde geschlachtet worden
sind.“
Musik, Kunst, echtes Licht und
Liebesbeziehungen wird es nicht
mehr geben. Diese Endzeitkirche
ist durch materiellen Reichtum
gekennzeichnet und durch okkulte
Machenschaften (Zauberei). Diese
Endzeitkirche verfolgte Gottes
Knechte und tötete sie. Das Blut
dieser treuen Gläubigen schreit
zu Gott.
7,5.6 – Traut nicht dem
Genossen, verlasst euch nicht
auf den Vertrauten; verwahre die
Pforten deines Mundes vor der,
die in deinem Schoß liegt. Denn
der Sohn verachtet den Vater,
die Tochter lehnt sich auf gegen
ihre Mutter, die
Schwiegertochter gegen ihre
Schwiegermutter; des Mannes
Feinde sind seine Hausgenossen.
Der Zustand im Volk war derart
schlecht, dass man keinem
wirklich vertrauen konnte.
Genossen und Vertraute, solche
also, mit denen man sich täglich
vertrauensvoll über alles
austauschte, waren nicht mehr
verlässlich. Angst vor Spionage,
vor Wortverdrehungen, vor
boshaften Unterstellungen
prägten das alltägliche
Miteinander. Selbst da, wo man
von Liebe redete, wo sich die
Frau auf den Schoß des Mannes
legte, sollte man vorsichtig
sein. Es konnte ja sein, dass
die eigene Frau oder Geliebte
nichts Besseres zu tun hatte,
als vertrauensvolle Mitteilungen
auszuplaudern – aus welchen
Gründen auch immer. Auch in der
Familie gab es keine gottgemäßen
Ordnungen mehr: Der Sohn
verachtete den Vater, anstatt
ihn zu ehren; die Tochter
rebellierte gegen die eigene
Mutter, anstatt ihr für ihre
Erziehung zu danken und ihr zu
gehorchen. Und die
Schwiegertochter verfuhr nicht
anders mit der Schwiegermutter.
Die Liebe war erkaltet, Güte gab
es nicht mehr, Rechtschaffenheit
war aus dem Land verschwunden.
Solche Freunde, die regelmäßig
im Haus waren, die
Gastfreundschaft genossen,
vielleicht sogar zum Hausgesinde
gehörten, entpuppten sich als
Feinde. Es gab keine göttliche
Ordnung und keinen echten
Frieden mehr. Wahre geistliche
und soziale Gemeinschaft waren
zerstört. Die Liebe in den
Vielen erkaltete, die Bitterkeit
der Herzen war prägendes Merkmal
aller sozialer Beziehungen.
Der Prophet Jesaja, dessen
Prophetendienst sich mindestens
über 58 Jahre erstreckte (etwa
von 739, als Ussija starb, bis
681, als Sanherib starb),
schreibt in der gleichen
Zeitepoche über Juda: „Der
Ausdruck ihres Angesichts zeugt
gegen sie; und von ihrer Sünde
sprechen sie offen wie Sodom,
sie verhehlen sie nicht. Wehe
ihrer Seele, denn sie bereiten
sich selbst Böses ... Mein Volk
– seine Bedrücker sind kleine
Kinder, und Frauen herrschen
über es. Mein Volk, deine Leiter
führen irre, und den Weg deiner
Pfade haben sie zunichte
gemacht“ (Jes 3,9–12).
Wie reagiert in einer solchen
Zeit ein Mann, eine Frau Gottes?
Die Botschaft Michas ist
eindeutig. Er will sich dem
schlimmen, gottlosen Trend nicht
anschließen. Schon in Kapitel
3,8 redete er davon, dass er mit
Kraft und dem Geist des
Herrnerfüllt und bereit war,
Jakob seine Übertretung
kundzutun, jetzt äußert er sich
genauso deutlich.
11. Du aber vertraue auf Gott –
seine Hilfe kommt (Kapitel
7,7–17)
7,7–10 – Ich aber will
ausschauen nach dem HERRN
, will harren auf den Gott
meines Heils; mein Gott wird
mich erhören. Freue dich nicht
über mich, meine Feindin! Denn
bin ich gefallen, so stehe ich
wieder auf; denn sitze ich in
Finsternis, so ist der HERR
mein Licht. Den Grimm des HERRN
will ich tragen – denn ich habe
gegen ihn gesündigt –, bis er
meinen Rechtsstreit führen und
mir Recht verschaffen wird. Er
wird mich herausführen ins
Licht, ich werde seine
Gerechtigkeit anschauen. Und
meine Feindin soll es sehen, und
Scham soll sie bedecken, die zu
mir sprach: Wo ist der HERR
, dein Gott? Meine Augen werden
mit Genugtuung auf sie sehen:
Nun wird sie wie Straßenkot
zertreten werden.
Wie herzerfrischend ist in
schweren Zeiten das entschiedene
„Ich aber“. Kennen wir das?
Nicht mit der Masse schwimmen,
kein Wendehals sein. Dem Herrn
Jesus folgen, auch wenn es gegen
die eigenen Gefühle geht.
Unerschrockenheit, ja,
praktischer Glaube, ein tiefes,
im Herzen angesiedeltes
Vertrauen auf den lebendigen
Gott. Diese Verse lehren uns
etwas über Michas Gesinnung:
1. Micha stellt sich gegen die
Masse des Volkes
„Ich aber will ausschauen nach
dem Herrn, will harren auf den
Gott meines Heils; mein Gott
wird mich erhören.“ Dieses „Ich
aber“ konnte Josua sagen, als er
dem Volk die Entscheidung
vorgelegt hatte, ob sie Gott
oder den Göttern dienen wollten.
Er sagte: „Ich aber und
mein Haus, wir wollen dem
Herrndienen!“ (Jos 24,15). Auch
David äußerte sich beim Kampf
gegen Goliath mit den Worten:
„Du kommst zu mir mit Schwert
und mit Speer und mit Wurfspieß;
ich aber komme zu dir im
Namen des Herrnder Heerscharen,
des Gottes der Schlachtreihen
Israels, den du verhöhnt hast“
(1Sam 17,45). Auch Nehemia, der
manche ungerechte
Handlungsweisen im Volk sah,
äußerte sich mit den Worten:
„Aber die früheren Statthalter,
die vor mir gewesen waren,
hatten das Volk beschwert und
Brot und Wein von ihnen
genommen, dazu vierzig Sekel
Silber; auch ihre Diener
herrschten willkürlich über das
Volk. Ich aber tat nicht
so, aus Furcht vor Gott“ (Neh
5,15).
Und in den Psalmen zeigen die
Schreiber immer wieder auf, dass
sie im Gegensatz zu anderen auf
Gott harren, auf Ihn vertrauen
wollen: „Ich aber, ich
werde in der Größe deiner Güte
eingehen in dein Haus, ich werde
anbeten in deiner Furcht gegen
deinen heiligen Tempel“ (Ps 5,8;
vgl. Ps 13,6; 31,15; 52,10;
55,17.24; 69,14).
Werfen wir auch noch einen Blick
auf den Propheten Habakuk, der
zwar sein prophetisches Buch mit
Fragen beginnt, aber dann mit
den Worten endet: „Ich aber,
ich will in dem Herrnfrohlocken,
will jubeln in dem Gott meines
Heils“ (Hab 3,18).
Micha will nach dem
Herrnausschauen1.
Dieses Ausschauen beinhaltet
eine feste Beziehung zu dem, auf
den das Herz vertraut. Das wird
durch die Anrede „mein Gott“ und
„der Gott meines Heils“
deutlich. So wie die Geliebte
den Geliebten erwartet, nach ihm
ausschaut, nach ihm „späht“, so
erwartet Micha das Handeln
Gottes. Er fühlt sich geborgen
in Gottes Hand, ist mit seinen
Wegen einverstanden; er kennt
den souveränen Gott, der ihn
niemals im Stich lassen würde.
Das tat auch David, wenn er in
Psalm 5,4 schreibt: „Früh [w. am
Morgen] wirst du, Herr, meine
Stimme hören, früh werde ich dir
mein Anliegen vorstellen und
harren [eig. ausschauen].“
1
|
Das Verb zaphah
bedeutet so viel wie
„spähen wie ein Wächter“
(vgl. Hab 2,1); daher
wird es auch in der
Partizipialform so
übersetzt (Jes 52,8;
56,10; Jer 6,17; Hes
33,2.6.7)
|
Habakuk lebte in etwa der
gleichen Zeit wie Micha, und er
fragte Gott, warum der Gottlose
den Gerechten umzingele.
Schließlich – nachdem Gott ihm
einige Antworten gegeben hat –
antwortet Habakuk mit den
Worten: „Auf meine Warte will
ich treten und auf den Turm mich
stellen und will spähen, um zu
sehen, was er mit mir reden wird
und was ich erwidern soll auf
meine Klage“ (Hab 2,1).
Immer wieder begegnen wir in den
Heiligen Schriften Menschen, die
auf Gott schauten, auf sein
Handeln achteten und nicht
umherspähten, um Hilfe von
Menschen zu erwarten. Bei
Habakuk kam denn auch die
Antwort: „Der Gerechte aber wird
durch seinen Glauben leben“ (Hab
2,4). Genauso reagiert Micha. Er
will auf den Gott seines Heils,
seiner Rettung harren, Er würde
ihn erhören. Man bekommt den
Eindruck, dass Micha inmitten
aller Umstände wie ein Bollwerk
stehen bleibt und seinen Blick
scharf nach oben richtet. Gott
wird antworten. Er ist der
souveräne Gott, dem nichts
unmöglich ist. Kennen wir diese
Gewissheit auch aus unserem
Leben? In Psalm 86,7 lesen wir:
„Am Tag meiner Bedrängnis werde
ich dich anrufen, denn du
wirst mich erhören.“
In Verbindung mit diesen Worten
sollten wir auch noch Sprüche
1,28–33 bedenken, denn diese
Verse beschreiben den Zustand
der Masse des Volkes: „Dann
werden sie zu mir rufen, und ich
werde nicht antworten; sie
werden mich eifrig suchen und
mich nicht finden, weil sie
Erkenntnis gehasst und die
Furcht des Herrnnicht erwählt,
nicht eingewilligt haben in
meinen Rat, verschmäht haben
alle meine Zucht. Und sie werden
essen von der Frucht ihres Weges
und von ihren Plänen sich
sättigen. Denn die Abtrünnigkeit
der Einfältigen wird sie töten,
und die Sorglosigkeit der Toren
wird sie umbringen; wer aber auf
mich hört, wird sicher wohnen
und wird ruhig sein vor des
Unglücks Schrecken.“
Gebe Gott, dass wir im Glauben,
d. h. erhörlich, beten:
„Geliebte, wenn unser Herz uns
nicht verurteilt, so haben wir
Freimütigkeit zu Gott, und was
irgend wir erbitten, empfangen
wir von ihm, weil wir seine
Gebote halten und das vor ihm
Wohlgefällige tun“ (1Joh
3,21.22). „Und dies ist die
Zuversicht, die wir zu ihm
haben, dass, wenn wir etwas nach
seinem Willen bitten, er uns
hört. Und wenn wir wissen, dass
er uns hört, um was irgend wir
bitten, so wissen wir, dass wir
die Bitten haben, die wir von
ihm erbeten haben“ (1Joh
5,14.15).
2. Micha macht sich mit dem Volk
eins
„Freue dich nicht über mich,
meine Feindin! Denn bin ich
gefallen, so stehe ich wieder
auf; denn sitze ich in
Finsternis, so ist der Herrmein
Licht. Den Grimm des Herrnwill
ich tragen – denn ich habe gegen
ihn gesündigt –, bis er meinen
Rechtsstreit führen und mir
Recht verschaffen wird.“
Schreibt hier Micha über sich,
oder vertritt er hier die
Herzenseinstellung des
bußfertigen Überrestes? Die
Schadenfreude der umliegenden
Nationen nimmt Micha wahr, er
nimmt auch das Volk wahr, aber
wenn Glaube in den
niederdrückenden Umständen
wächst, wenn das schlichte
Vertrauen auf Gott stärker wird,
dann sollen die Menschen wissen:
In der Tat, Gott züchtigt, Gott
schmettert nieder; Er übt
Gericht auch an seinem Volk,
aber – welch eine gewaltige
Tatsache – der von Gott
Gezüchtigte steht wieder auf, er
erlebt den Herrnals sein Licht.
Der Überrest ist sich nun
sicher, dass Gott selbst den
Rechtsstreit des Volkes
übernehmen wird. Man spürt in
Micha eine geistliche
Kraftentfaltung, die typisch für
den Überrest Israels in den
künftigen Tagen ist. Wir denken
an Psalm 37,3–7: „Vertraue auf
den Herrnund tu Gutes; wohne im
Land und weide dich an Treue und
ergötze dich an dem Herrn: So
wird er dir geben die Bitten
deines Herzens. Befiehl dem [w.
Wälze auf den] Herrndeinen Weg
und vertraue auf ihn, und er
wird handeln! Und er wird deine
Gerechtigkeit hervorkommen
lassen wie das Licht, und dein
Recht wie den Mittag. Vertraue
still dem Herrnund harre auf
ihn! Erzürne dich nicht über
den, dessen Weg gelingt, über
den Mann, der böse Anschläge
ausführt!“
Vielleicht ist das auch eine
Botschaft für dich und mich?
Vertraue auf den Herrn, Gott
kennt deine besonderen Umstände.
Meinst du nicht, dass Er
weit besser dein Problem lösen
kann, als du es lösen könntest?
Er wird handeln. Beneide nicht
die Übeltäter, beneide niemals
die Gottlosen. Gehe hinein in
die Heiligtümer Gottes und
bedenke, was deren Ende ist.1
1
|
Vgl. Psalm 73,16.17: „Da
dachte ich nach, um dies
zu begreifen: Eine
mühevolle Arbeit war es
in meinen Augen, bis ich
hineinging in die
Heiligtümer Gottes und
jener Ende gewahrte.“
|
Micha will den Grimm Gottes
tragen. Er bekennt seine Sünde –
oder ist es die Sünde des
Überrests, die er hier zu seiner
eigenen macht? Isst er hier
sozusagen das Sündopfer?
Lasst auch uns in dieser
Gesinnung leben. Der Zustand des
Volkes Gottes in unserer Zeit
sollte auch uns, auch mich
demütigen. Und wir sollten
priesterlich das Böse vor Gott
bekennen als unsere Schuld und
gleichzeitig den Herrn als unser
Licht betrachten. Er wird uns
über den rechten Weg erleuchten
und dafür sorgen, dass letztlich
Gottes Recht siegt – zu seiner
Zeit und auf seine Weise.
Wunderbarer Herr – wie
einzigartig bist Du!
3. Micha vertraut auf die
Verheißungen Gottes und kann
daher in geistgewirkter
Gewissheit leben
So sagt Micha: „Er wird mich
herausführen ins Licht.“ Wenn
man den Zustand im Volk Gottes
zur Zeit Michas betrachtet, gibt
es keinen Grund zu großer
Hoffnung – und doch: Micha lebt
zwar wie im Tunnel, aber er weiß
auch um den Ausgang des Tunnels.
Es mögen noch manche Kurven
sein, aber dann kommt das Licht
am Ende des Tunnels. Er wird die
Sonne wieder sehen. Dann fügt er
auch hinzu: „Ich werde seine
Gerechtigkeit anschauen.“
Umgeben von lauter
Ungerechtigkeit, ersehnt er
Gerechtigkeit. Er erwartet sie
von Gott, nicht von Menschen.
Dann wird auch die Feindin des
Volkes Gottes, die zugleich
Michas Feindin ist, mit Scham
bedeckt werden. In aller Not hat
diese Feindin von oben herab
gesagt: „Wo ist der Herr, dein
Gott, Volk Gottes?“ Alles wird
sich wenden. Gott greift ein.
Und nun wird der Überrest sehen,
wie Gott mit dem Feind des
Volkes Gottes handelt. Ja, der
Überrest wird dann sagen: „Meine
Augen werden mit Genugtuung auf
sie sehen: Nun wird sie wie
Straßenkot zertreten werden.“
Wie oft haben die Treuen im Volk
Gottes vor ihrem Herrn auf den
Knien gelegen und über den
Zustand des Volkes Gottes
getrauert. Vielleicht haben sie
ihr Herz ausgeschüttet und so
lange vor dem Herrn geseufzt,
bis Er ihnen antworten konnte.
Ihr Herz wurde dann ruhig, die
aufwallenden Gefühle beruhigten
sich, und plötzlich kamen
Gewissheiten in das Bewusstsein.
Man stand von den Knien auf und
konnte sagen: Das und jenes wird
geschehen, als ob es überhaupt
keine andere Möglichkeit gäbe.
7,11.12 – Ein Tag kommt, an dem
deine Mauern1
aufgebaut werden sollen. An
jenem Tag wird die Schranke2
entfernt werden; an jenem Tag,
da wird man zu dir kommen von
Assyrien und den Städten Mazors
[poetischer Name Ägyptens] und
von Mazor bis zum Strom und von
Meer zu Meer und von Gebirge zu
Gebirge.
1
|
Hebr. gader=
Mauer in Weinbergen, ein
ummauerter Ort (vgl. 4Mo
22,24; Esra 9,9; Ps
62,4; 80,13; Jes 5,5;
Hes 13,5; 22,30; 42,7;
Hos 2,8). Hier geht es
nicht um eine
Stadtmauer, sondern mehr
um einen eingezäunten
Bereich.
|
2
|
Hebr. chok=
Schranke; in den meisten
Schrifttexten des AT
wird dieses Wort mit
„Satzung“ übersetzt
(vgl. 5Mo 4,1; 5,1;
26,16; Ps 119,5ff. u. a.
m.), sodann mit
„Beschluss“ (Ps 2,7;
Zeph 2,2), aber eben
auch mit „Schranke“(Spr
8,29; Jer 5,22), etwas,
was auf jemand
zugeschnitten ist (Spr
30,8; 31,15), etwas
Festgesetztes (Jer
32,11).
|
Hier redet der Prophet von einem
künftigen Tag, an dem die Mauern
Israels aufgebaut werden und die
Schranke entfernt wird. Was ist
das für ein Tag?
Es ist der Tag, an dem Menschen
aus den Nationen kommen und den
Herrnin Jerusalem verehren
werden. Die Mauern dienen zur
Umzäunung der Weinberge oder
anderer Bereiche. Die nicht mehr
vorhandene Schranke ist die
Schranke des Hasses, der
Feindschaft. Von Assyrien wird
man kommen. Auch aus den Städten
Mazors (anderer Name für
Unterägypten) wird man kommen.
Ja, über das Meer werden
Menschen kommen, um Gott in
Jerusalem zu huldigen. Es ist
unbegreiflich, was Gott tun
wird. Die Feinde werden
plötzlich den Segen Gottes
erleben: „An jenem Tage wird
eine Straße sein von Ägypten
nach Assyrien; und die Assyrer
werden nach Ägypten und die
Ägypter nach Assyrien kommen,
und die Ägypter werden mit den
Assyrern dem Herrndienen. An
jenem Tage wird Israel das
Dritte sein mit Ägypten und mit
Assyrien, ein Segen inmitten der
Erde; denn der Herrder
Heerscharen segnet es und
spricht: Gesegnet sei mein Volk
Ägypten, und Assyrien, meiner
Hände Werk, und Israel, mein
Erbteil!“ (Jes 19,23–25).
„Und ich werde sie zurückführen
aus dem Land Ägypten und sie
sammeln aus Assyrien und
sie ins Land Gilead und auf den
Libanon bringen; und es wird
nicht Raum genug für sie
gefunden werden“ (Sach 10,10).
Der Psalm 72 kann uns deutlich
machen, wodurch dieser Segen
entsteht. Obwohl er von oder für
Salomo geschrieben wurde,
erkennt man doch, dass es sich
hier um einen prophetischen
Psalm handelt. Der König ist der
Messias, unser Herr Jesus
Christus.
„Für [o. Von] Salomo. O Gott,
gib dem König deine Gerichte,
und deine Gerechtigkeit dem Sohn
des Königs! Er wird dein
Volk richten in Gerechtigkeit,
und deine Elenden nach Recht.
Die Berge und die Hügel werden
dem Volk Frieden tragen durch
Gerechtigkeit. Er wird
den Elenden des Volkes Recht
verschaffen; er wird die
Kinder des Armen retten, und den
Bedrücker wird er
zertreten. Man wird dich
fürchten von Geschlecht zu
Geschlecht, solange Sonne und
Mond bestehen. Er wird
herabkommen wie ein Regen auf
die gemähte Flur, wie
Regenschauer, Regengüsse auf das
Land. In seinen Tagen wird der
Gerechte blühen, und Fülle von
Frieden wird sein, bis der Mond
nicht mehr ist. Und er
wird herrschen von Meer zu Meer
und vom Strom bis an die Enden
der Erde. Vor ihm werden
sich beugen die Bewohner der
Wüste, und seine Feinde werden
den Staub lecken; die Könige von
Tarsis und von den Inseln werden
Geschenke entrichten, die Könige
von Scheba und Seba werden
Abgaben darbringen. Und alle
Könige werden vor ihm
niederfallen, alle Nationen ihm
dienen. Denn erretten wird er
den Armen, der um Hilfe ruft,
und den Elenden, der keinen
Helfer hat; er wird sich
des Geringen und des Armen
erbarmen, und die Seelen der
Armen wird er retten. Von
Bedrückung und Gewalttat wird
er ihre Seele erlösen, und
ihr Blut wird teuer sein in
seinen Augen. Und er wird
leben, und vom Gold Schebas wird
man ihm geben; und man wird
beständig für ihn beten, den
ganzen Tag ihn segnen. Es wird
Überfluss an Getreide sein im
Land, auf dem Gipfel der Berge;
seine Frucht wird rauschen wie
der Libanon; und Menschen werden
aus den Städten wie das Kraut
der Erde hervorblühen. Sein
Name wird ewig sein. Solange
die Sonne besteht, wird sein
Name sprossen; und in ihm
wird man sich segnen; alle
Nationen werden ihn glücklich
preisen. – Gepriesen sei der
Herr, Gott, der Gott Israels,
der Wunder tut, er allein! Und
gepriesen sei sein herrlicher
Name in Ewigkeit! Und die ganze
Erde werde erfüllt mit seiner
Herrlichkeit! Amen, ja, Amen.
Die Gebete Davids, des Sohnes
Isais, sind zu Ende.“
7,13 – Und das Land wird zur
Wüste werden wegen seiner
Bewohner, wegen der Frucht ihrer
Handlungen.
Dieser kurze Vers weist noch
einmal darauf hin, dass Gott
aber richten muss. Vor dieser
Segenszeit wird eine
schreckliche Drangsalszeit
kommen, die als reinigende Kraft
Israel und die Nationen
durchschütteln muss.
7,14 – Weide dein Volk mit
deinem Stab, die Herde deines
Erbteils, die abgesondert wohnt
im Wald, inmitten des Karmel;
lass sie weiden in Basan und
Gilead1
wie in den Tagen der Vorzeit.
1
|
Basan und Gilead stehen
für das fruchtbare Land
östlich des Jordan (vgl.
5Mo 3,10.13; 4,43; Jos
12,5; 13,11.31; 17,1.5;
20,8).
|
Es ist anzunehmen, dass hier
Micha sich an den Herrnwendet.
Er hat die Bitte, dass der
Herrselbst als Hirte eingreift.
Er sieht die Herde Gottes als
ein abgesondertes, elendes Volk
inmitten des Karmel.
Offensichtlich erleidet das Volk
dort Not, und der Prophet bittet
Gott darum, dass Er sie wieder
dort weiden lässt, wo
fruchtbares Land ist – wie in
der Vorzeit. In Jeremia 50,19
verheißt Gott: „Und ich will
Israel zu seinem Weideplatz
zurückbringen, dass es den
Karmel und Basan beweide und
seine Seele sich sättige auf dem
Gebirge Ephraim und in Gilead.“
Die Bitte Michas wird also in
Erfüllung gehen. Wie oft
erinnern sich die Propheten an
die Vorzeit. Aber was bedeutet
eigentlich dieser Ausdruck
„Vorzeit“? Nun, er heißt
einfach: die frühere Zeit, die
sehr weit zurückliegen kann oder
auch noch nicht so weit. In
unserem Vers bezieht sich die
Vorzeit auf die Zeit, in der die
verschiedenen Stämme im Land und
östlich des Jordan ruhig wohnten
und die Frucht des Landes
genossen. Schon Mose erinnert in
den Worten seines Liedes an die
frühere Zeit: „Gedenke der Tage
der Vorzeit, merkt auf die Jahre
von Geschlecht zu Geschlecht;
frage deinen Vater, und er wird
es dir kundtun, deine Ältesten,
und sie werden es dir sagen“
(5Mo 32,7). Auch David redet
davon: „Ich gedenke der Tage der
Vorzeit, überlege all dein Tun;
ich sinne über das Werk deiner
Hände“ (Ps 143,5). Und Jeremia
ruft aus: „So spricht der Herr:
Tretet auf die Wege und seht und
fragt nach den Pfaden der
Vorzeit, welches der Weg des
Guten sei, und wandelt darauf;
so werdet ihr Ruhe finden für
eure Seelen“ (Jer 6,16).
Es ist also für den Gläubigen
immer wieder gut, dass er sich
mit der Vergangenheit befasst.
Wie hat Gott in der
Vergangenheit gehandelt? Was
haben treue Männer und Frauen
Gottes auf den Wegen Gottes
erlebt? Wir können auch in
unseren Gebeten Gott daran
erinnern, was Er in der
Vergangenheit getan hat. Sollte
Er heute nicht ebenso eingreifen
können?
7,15–17 – Wie in den Tagen, als
du aus dem Land Ägypten zogst,
werde ich es Wunder sehen
lassen. Die Nationen werden es
sehen und beschämt werden über
all ihre Macht: Sie werden die
Hand auf den Mund legen, ihre
Ohren werden taub werden; sie
werden Staub lecken wie die
Schlange, wie die kriechenden
Tiere der Erde; sie werden
hervorzittern aus ihren
Schlössern; sie werden sich
bebend wenden zu dem HERRN
, unserem Gott, und vor dir sich
fürchten.
Gott wird wieder zugunsten
seines Volkes eingreifen. Er
erinnert daran, dass Er einst,
als das Volk Israel aus Ägypten
zog, Wunder getan hat. Dieses
Volk wird wieder Wunder1
sehen.
1
|
Hebr. pahlah=
Wunder (2Mo 3,20).
|
„Ist für den Herrneine Sache zu
wunderbar?“(1Mo 18,14; vgl. Jer
32,17.27). Der Gott, der dem
Volk Gottes eine so wunderbare
Befreiung aus der Sklaverei
Ägyptens gab, der kann auch den
Überrest auf einzigartige Weise
bewahren. Lasst es uns nie
vergessen: Gott tat und tut
Wunder. Der Name unseres Herrn
ist ja „Wunderbarer“.1
1
|
Hebr. pehleh (Jes
9,5).
|
Wenn der Herr unsere Gebete
nicht immer erhören kann, so wie
wir es uns wünschen, dann ist
das seine Weisheit. Als David
die Lade Gottes nach Jerusalem
gebracht hatte, dichtete er
einen Psalm, den wir in 1.
Chronika 16,8ff. und Psalm
105,1–15 finden. In diesem Psalm
sagt er: „Singt ihm, singt ihm
Psalmen; sinnt über alle
seine Wunderwerke! ...
Erinnert euch an seine
Wunderwerke, die er getan hat,
an seine Wunderzeichen und an
die Gerichte seines Mundes! ...
Erzählt unter den
Nationen seine Herrlichkeit,
unter allen Völkern seine
Wundertaten!“ (1Chr 16,9.12.24).
Das ist die Aufforderung, die
David uns allen gibt: Sinnt über
Gottes Wundertun nach, erinnert
euch an das, was Gott in der
Vergangenheit getan hat, und
erzählt seine Wundertaten. Aber
erst dann, wenn wir wirklich
Gottes Wundertun überdenken,
weil wir es erlebt haben, dann
können wir es erzählen. Manchmal
lesen wir Biographien über
Männer und Frauen Gottes, die in
den vergangenen Jahrhunderten
Gottes Wunder erlebt haben, und
staunen über ihren Glauben. Aber
was erlebst du, was erlebe ich
mit dem lebendigen Gott? Ist Er
denn nicht immer noch der
lebendige Gott, der auch
dein und mein Leben wunderbar
leiten will? Glauben wir das?
Erfahren wir das?
Der Text sagt uns, dass die
Nationen die Macht Gottes
erkennen werden. Sie werden
sehen, beschämt werden, die Hand
auf den Mund legen, taub werden
– Ausdrücke des höchsten
Erstaunens. Was haben doch
Menschen dieser Welt schon Gott
gelästert, haben Gott verspottet
und seine Existenz geleugnet.
Sie hatten sich in dieser Welt
wohnlich eingerichtet, lebten in
Schlössern, in festen Häusern,
in Villen, die von keinem
Bettler betreten werden konnten.
Sie hatten kein Auge für das
Volk Gottes, für den Elenden;
Barmherzigkeit galt als
Schwäche. Das wird dann vorbei
sein. Ihr Verhalten gleicht dann
dem der kriechenden Tiere. Sie
werden Staub lecken. Die
Schlange sollte, nachdem sie den
Menschen zum Ungehorsam verführt
hatte, alle Tage ihres Lebens
Staub lecken (1Mo 3,14), während
der Mensch zum Staub des
Erdbodens zurückkehren sollte.1
Wie tief müssen die Nationen
doch gedemütigt werden, damit
sie endlich Gott anerkennen und
sich vor Ihm fürchten.
1
|
Hebr. gahphahr
(1Mo 3,19; Ps 104,29;
Pred 3,20; 12,7).
|
Was für eine wunderbare Zeit
wird das sein. Sehnen sich nicht
letztlich alle Völker nach einem
solchen Friedensreich? Auch in
Jesaja 49,22.23 heißt es: „So
spricht der Herr, Herr: Siehe,
ich werde meine Hand zu den
Nationen hin erheben und zu den
Völkern hin mein Banner
aufrichten; und sie werden deine
Söhne in ihrem Schoß bringen,
und deine Töchter werden auf der
Schulter getragen werden. Und
Könige werden deine Wärter sein,
und ihre Fürstinnen deine Ammen;
sie werden sich vor dir
niederwerfen mit dem Gesicht zur
Erde und den Staub deiner Füße
lecken. Und du wirst erkennen,
dass ich der Herrbin: Die auf
mich harren, werden nicht
beschämt werden.“
Nicht die Nationen werden das
letzte Wort auf dieser Erde
haben. Kein noch so machtvoller
Monarch, kein noch so brutaler
Diktator, kein noch so
diplomatisch versierter Kanzler
oder Präsident ist dann in der
Lage, gegen den Herrn der
Herren, den Fürsten der Könige
der Erde, etwas zu sagen, nein,
Christus wird dann als wahrer
König herrschen. Ihm wird dann
alles untertan sein, Ihm, dem
Sohn des Menschen.
12. Wer ist wie Gott? –
Gepriesen sei der Herr (Kapitel
7,18–20)
7,18.19 – Wer ist ein Gott wie
du, der die Ungerechtigkeit
vergibt und die Übertretung des
Überrestes seines Erbteils
übersieht [eig. über … weggeht]?
Er behält seinen Zorn nicht auf
ewig, denn er hat Gefallen an
Güte. Er wird sich unser wieder
erbarmen, wird unsere
Ungerechtigkeiten niedertreten;
und du wirst alle ihre Sünden in
die Tiefen des Meeres werfen.
Dieses Reich des Friedens, der
Gerechtigkeit und Freude kommt
aber erst, nachdem das Volk
Gottes, der Überrest in Israel,
eine schlimme Zeit der Leiden
durchgemacht hat – die große
Drangsal, die „Drangsal Jakobs.“
In verschiedenen Texten des
Alten Testaments wird davon sehr
deutlich gesprochen. Wir wollen
sie uns kurz ansehen: In Jeremia
30,7 wird von einer „Zeit der
Drangsal für Jakob“ gesprochen,
in Daniel 12,1 von einer Zeit
der „Drangsal, wie sie nicht
gewesen ist, seitdem eine Nation
besteht bis zu jener Zeit.“
Weiter lesen wir auch in den
Psalmen von einer solchen
Drangsal oder Bedrängnis (Ps
20,2; 37,39; 50,15) sowie in
Jesaja (Jes 33,2; 37,3), Jeremia
(Jer 15,11; 16,19), Obadja
(12.14), Nahum (Nah 1,7),
Habakuk (Hab 3,16) und Zephanja
(Zeph 1,15). Auch im Neuen
Testament wird von dieser
kommenden Drangsal berichtet.
Der Herr Jesus spricht in
Matthäus 24,20–22 (vgl. Mk
13,19) davon: „Betet aber, dass
eure Flucht nicht im Winter
stattfinde noch am Sabbat; denn
dann wird große Drangsal sein,
wie sie seit Anfang der Welt bis
jetzt nicht gewesen ist und auch
nicht wieder sein wird. Und wenn
jene Tage nicht verkürzt würden,
so würde kein Fleisch errettet
werden; aber um der Auserwählten
willen werden jene Tage verkürzt
werden.“ Auch in Offenbarung
7,13 heißt es: „Und einer von
den Ältesten hob an und sprach
zu mir: Diese, die mit den
weißen Gewändern bekleidet sind,
wer sind sie, und woher sind sie
gekommen? Und ich sprach zu ihm:
Mein Herr, du weißt es. Und er
sprach zu mir: Dies sind die,
die aus der großen Drangsal
kommen, und sie haben ihre
Gewänder gewaschen und haben sie
weiß gemacht in dem Blut des
Lammes.“ Schließlich lesen wir
in Offenbarung 3,10 auch noch
von einer „Stunde der
Versuchung, die über den ganzen
Erdkreis kommen wird“. Diese
Stunde der Versuchung ist nicht
genau identisch mit der großen
Drangsal, aber alle die
genannten Texte machen deutlich,
dass auf diese Erde, auf das
Volk Israel und auch auf die
Nationen, schwere Zeiten
zukommen werden.
Diese Zeit wird eine Zeit der
Läuterung sein. Israel wird dann
erkennen, dass es seinen Messias
gekreuzigt hat.
7,20 – Du wirst an Jakob Treue
[o. Wahrheit], an Abraham Güte
erweisen, die du von den Tagen
der Vorzeit her unseren Vätern
geschworen hast.
Mit diesem Vers endet die
Prophetie Michas. Zwei Namen
werden genannt: Abraham und
Jakob. An Jakob will Gott Treue
(o. Wahrheit) erweisen und an
Abraham Güte.
Wieso wird Jakob mit Treue in
Verbindung gebracht? Nun, Jakob,
dessen Name „Fersenhalter“ bzw.
„Überlister“ bedeutet, ist der
Mann, der in seinem frühen Leben
immer wieder durch raffinierte
Mittel zum Ziel kommen wollte.
Er überlistete seinen Vater,
hinterging seinen Bruder und
trickste Laban aus. Er musste
durch bittere Erfahrungen
lernen, dass Gott ein Gott der
Wahrheit ist. So steht Jakob für
das Volk Israel, das durch die
erlebte Drangsal hindurch lernen
muss, dass vor Gott Sünden nicht
bestehen können. Israel wird das
„Haus Jakob“ genannt, und Gott
redet zu diesem Haus.
Wenn die Propheten den Namen
„Abraham“ erwähnen, dann denken
sie an den Gott Abrahams, den
Gott, „der Abraham erlöst hat“
(Jes 29,22), und den Vater des
Volkes Israel, den Gott rief,
„den Einen“, von dem Gott
sagte: „… ich segnete ihn und
mehrte ihn“ (Jes 51,2). Dieser
Abraham war es, der Gott
glaubte, und es wurde ihm zur
Gerechtigkeit gerechnet (1Mo
15,6). Ihm und seinen Nachkommen
wurden schon im 1. Buch Mose
Verheißungen gegeben: In 1. Mose
12,2: „Und ich will dich zu
einer großen Nation machen und
dich segnen, und ich will deinen
Namen groß machen; und du sollst
ein Segen sein!“ In Kapitel
13,16: „Und ich will deine
Nachkommenschaft machen wie den
Staub der Erde, so dass, wenn
jemand den Staub der Erde zu
zählen vermag, auch deine
Nachkommenschaft gezählt werden
wird“, sowie in Kapitel 17,5–7:
„Und fortan soll dein Name nicht
Abram heißen, sondern Abraham
soll dein Name sein; denn zum
Vater einer Menge Nationen habe
ich dich gemacht. Und ich werde
dich sehr, sehr fruchtbar
machen, und ich werde dich zu
Nationen machen, und Könige
sollen aus dir hervorkommen. Und
ich werde meinen Bund errichten
zwischen mir und dir und deinen
Nachkommen nach dir, nach ihren
Generationen, zu einem ewigen
Bund, um dein Gott zu sein und
deinen Nachkommen nach dir“, und
in Kapitel 18,18: „Wird doch
Abraham gewiss zu einer großen
und mächtigen Nation werden, und
sollen doch in ihm gesegnet
werden alle Nationen der Erde!“
Schließlich lesen wir in Kapitel
22,16–18 von dem Engel des
Herrn, der sprach: „Ich schwöre
bei mir selbst, spricht der
Herr, dass, weil du dies getan
und deinen Sohn, deinen
einzigen, mir nicht vorenthalten
hast, ich dich reichlich segnen
und deine Nachkommen sehr mehren
werde, wie die Sterne des
Himmels und wie [den] Sand, der
am Ufer des Meeres ist; und
deine Nachkommen werden das Tor
ihrer Feinde besitzen; und in
deinem Nachkommen werden sich
segnen alle Nationen der Erde:
weil du meiner Stimme gehorcht
hast.“
Gott bleibt seinen
Versprechungen treu. Wie oft
lesen wir in der Schrift, dass
Gott seines Bundes mit Abraham,
aber auch mit Isaak und Jakob
gedenkt (siehe 2Mo 2,24; 3Mo
26,42; Ps 105,42).
Gott ist der treue Gott. Seine
Verheißungen sind Ja und Amen.
Anbetend wollen wir uns in
Ehrfurcht vor Ihm verneigen.
Dieser große und lebendige Gott
wird seinen Sohn, der einst auf
dieser Erde auf dem Hügel
Golgatha am Kreuz für uns starb,
als König einsetzen. Er wird den
Thron Davids erben und von dort
aus regieren, denn Er ist der
Nachkomme Abrahams, der Sohn
Davids und der Sohn Gottes.
Jeder Mund wird einmal bekennen
müssen, dass Er Herr und König
ist.
Lasst uns mit dem Jünger Thomas
sagen: „Mein
HERR
und mein Gott“, und
Ihm dienen.
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